Bunn/Bagley – Deadpool

Deadpool – Mord ist sein Geschäft

Story: Cullen Bunn 
Zeichnungen: Mark Bagley

Originaltitel: US-Deadpool: Assassin 1-6 (2018)

Panini Comics

Broschur | 148 Seiten | Farbe | 16,99 € | 
ISBN: 978-3-7416-1173-5

Die Story

Deadpool ist einer der lustigsten Superhelden überhaupt, ist allerdings wahrlich nicht jedermanns Sache. Auch wenn er von Zeit zu Zeit mit den „Guten“ kämpft und seine Prinzipien hat; er ist und bleibt ein Auftragskiller! Ihm kommt zu Gute, dass seine Verletzungen rasend schnell heilen und er dadurch so etwas wie quasi unsterblich ist. Da Wade Wilson – so sein bürgerlicher Name – allerdings auch fast die größte Klappe im nicht eben leisen Marveluniversum hat, springt er von ungünstiger Situation zu Fettnapf und wieder zurück. Deadpool will allerdings nur noch wenige Jobs machen um sich dann auf sein Altenteil zurückzuziehen.

Seine Aufträge beschafft ihm Weasel, ein Broker für blutrünstige Aufträge der mittlerweile ein Doppelleben führt und privat eine bürgerliche Zweisamkeitsfassade aufgebaut hat. Weasel hat die Skrupel Deadpools nicht, jeder, der zahlt, wird vermittelt, denn auch Weasel möchte aussteigen. [und für alle, die sich jetzt fragen, wie das mit der Kontinuität zusammenhängt: Ja, Weasel ist eigentlich schon tot. Diese Miniserie gehört aber nicht unbedingt in die Kontinuität und so darf der Broker noch einmal auf Erden wandeln].

Während anfangs noch alles glatt läuft und unser Held nur eine Söldnertruppe nebst Ninja-Abteilung niedermetzeln muss ist der zweite Auftrag schon schwieriger. Einerseits geht es darum, einen Mann zu beschützen, und dabei eine Vielzahl von Killern aus der Mördergilde abzuwehren, andererseits erweist sich das zu schützende Menschlein als unwürdig und nicht mit den Prinzipien Wades vereinbar. Zu dem Stress zwischen Killer und Auftraggeber aufgrund des letzteren kommt also hinzu, dass sich Belladonna Boudreaux, die Anführerin der Mördergilde gezwungen sieht, eine Fehde gegen Deapool zu starten. Neben seinen auftragsbedingten Gegner*innen hat er es ab jetzt also auch mit der gesamten Gilde zu tun.

Er bekommt aber auch Unterstützung von Threnody, die ihre Energie aus dem Prozess des Sterbens anderer zieht. Für den Showdown fehlt noch eine Prise Herzschmerz: Weasel und seine schwangere Frau werden in den Konflikt mit hineingezogen und im Endeffekt geht es um Grusel-Alien-Momente…

Die Umsetzung

Inhaltlich hat Cullen Bunn keine allzu großen Herausforderungen zu bewältigen: Das Großmaul Deadpool muss sich nur mit abstrusen Gegner*innen prügeln, rasante Action durchleben und Sprüche in etwa im Niveau der 80-er absondern. Trotzdem gelingt es auch hier wieder, den vorlauten Antihelden sympathisch rüber kommen zu lassen. Durch seinen Ehrenkodex, der es nur erlaubt, böse Böse zu töten und seine hohe Meinung von Freundschaft und daraus erwachsende Pflichten relativiert sich der unmoralische Ansatz deutlich.

Mark Bagley ist vor allem durch seinen Spider-Man Run bekannt. Dekors, Kostüme und Monster gelingen sehr detailreich und selbst die Mundpartien sind nicht immer stereotyp. Was hier geboten wird ist die hohe Kunst des amerikanischen Anspruchs, ständig neue Kreative mit Abenteuern von dem Konzern gehörenden Held*innen zu beauftragen und dabei Höchstleistungen zu erwarten. Die Umsetzung gelingt gut: wechselnder Seitenaufbau von dreireihigem Standard bis zur Doppelseite; Perspektivenwechsel, Lautmalereien und Lichtgeblitzel bringen die Action rüber.

Für alle Fans des lauten Humors, die viel Blut sehen können (tatsächlich ist das Ganze sogar jugendfrei und harmloser als so manche TV-Serie; die positive Darstellung dieser Art von Broterwerb mag trotzdem einigen aufstoßen) und vor Teenager-Sprüchen keine Angst haben.

Dazu passen eine Bloody Mary (altersangemessenerweise möglicherweise ohne Alkohol) und Crossover etwa von Rage against the Machine.

© der Abbildungen Marvel Characters B.V. c/o Panini-Verlag 2018, 2019

Was Machine Learning mit Krazy Kat zu tun hat

Krazy Kat ist ein Comic aus der Frühzeit der Zeitungsstrips von George Herriman. Er erschien von 1913 bis 1944 in den Zeitungen des Hearst-Gruppe und gehört aufgrund seines anarchistischen Humors und seines surrealistischen Stils zu den Lieblingen des Feuilletons, war zu seiner Zeit allerdings nicht unbedingt extrem erfolgreich. Dementsprechend unvollständig ist die Liste der erhaltenen Bildfolgen.

Joel Franusic hat es sich zur Aufgabe gemacht, bisher unbekannte Veröffentlichungen dieses Strips mit Hilfe von Machine Learning ausfindig zu machen und der Öffentlichkeit sowohl seinen Weg (inclusive Code) als auch die Fundstücke anzubieten.

Der Artikel lohnt sich schon alleine wegen des Praxisbeispiels, wie viel menschliche Arbeit hinter der künstlichen Intelligenz steckt, die dann allerdings die Fleißarbeit verrichtet, die ansonsten unbezahlbar wäre.

StripGlossy 13 – Juni 2019

Stripglossy 13 – Schwerpunkt: Dino Attanasio

Herausgeber: Mirjam van der Kaaden & Seb van der Kaaden

Verlag StripGlossy Personalia vof
Heft Din A 4 | 132 Seiten | Farbe | 8,95 €
ISBN: 978-94-928-4054-7

Im Mittelpunkt der 13. Ausgabe der StripGlossy aus Leens bei Groningen steht der italienischstämmige Dino Attanasio. Attanasio arbeitete zunächst in Italien in der Zeichentrickfilmbranche, emigriert aber schon 1948 zusammen mit Vater und Bruder nach Brüssel. Nach kurzer Zeit wechselte er von dem Zeichentrickfilm zum unbewegten Comic. Da Belgien (mindestens) zweisprachig ist, kommt er dort auch ohne Kenntnisse des Holländischen gut zurecht und wenn es doch einmal von Nöten ist, übersetzt seine Frau.

Dino Attanasio

Dino Attanasio hat nie den Sprung in die erste Reihe der frankobelgischen Künstler*innen geschafft; umso mehr bleibt jetzt (wieder) zu entdecken. Seine Comic-Karriere began zunächst bei Spirou/Robbedoes doch schon bald erfolgt der Wechsel zu Tintin/Kuifje wo er unter anderem Ton en Tineke (auf Deutsch Mausi und Paul) von André Franquin übernimmt. Daneben entwickelte er Bob Morane und zeichnete nach Texten von René Goscinny den Funny Spaghetti. Ab 1964 kommen dann der Detektiv-Funny Johnny Goodby nach Szenarios u.a. von Martin Lodewijk für Pep/Eppo und gegen Ende der 60-er Jahre die Serie „Macaroni’s“ über einen italienischen Fußballverein im Spannungsfeld der (amerikanisch/italienischen) Mafia. Letztere erschien in Deutschland in dem Taschenbuch 1.FC Fußball & Comic, das die Möglichkeit bot, die Bundesligaergebnisse einzutragen und sich daher bei Jungen einer großen Beliebtheit erfreute.

Dino Attanasios Serien stehen aber fast noch mehr im Licht dieser Ausgabe. Schon das Titelbild ist eine Hommage von Danier (d.i. Daan Jippes) an die Serie Spaghetti und es folgt im Heft noch ein aktueller Vierseiter von Jippes nach einem Text von Frans Hasselaar. Daneben gibt es aber aus der Originalserie die (Sjors-)Einführungsseite von 1974 sowie die dort referenzierte erste Geschichte. Und da die Liebe (auch zu einer Comicfigur) ja bekanntlich durch den Magen geht, ermöglicht man den Leser*inneneinen ersten Einblick in das Ende des Jahres erscheinende Stripkookboek mit einem Rezept für Entenbrust in Limoncello!

Auch die Macaroni’s bekommen ihre Neuinterpretation, gezeichnet und getextet von Dick Matena. Zum Schluss darf natürlich auch Johnny Goodbye nicht fehlen: Neben dem Reprint einer Originalseite von Attanasio dürfen Robbert Damen und Michiel Offerman ihre Version zum Beste geben. Moderner, den Ton aber treffend!

StripGlossy bietet damit eine umfangreiche Mischung aus Informationen über den Künstler Dino Attanasio und Comics entweder von ihm selbst oder aber von anderen als Hommage ausgestaltet. Die informativen Beiträge sind dabei sowohl als Interview als auch als Artikel gestaltet und daher wiederum sehr abwechslungsreich. Durch diese ergibt sich ein gutes Bild des Wahlbelgiers. In den meisten Magazinen gibt es oft entweder nur das Eine oder das Andere und das alleine ist schon ein Grund, diese Ausgabe zu kaufen (auch für diejenigen Leser*innen ernst gemeint, die des Niederländischen nicht soo mächtig sind).

Die Comics

Wie gehabt enthält das StripGlossy aber auch eine ganze Reihe an anderen Comics. Das Spektrum reicht dabei von Ein-Bild-Karikaturen über klassische Strips wie Gilles de Geus, der großartige de Generaal oder Tom Poes und aktuelle Helden wie Beterman (von vanO, dessen Serie Rhonda in ZACK publiziert worden ist) über die regelmäßigen Serien wie FFlint (eine Detektivgeschichte von Ger Apeldoorn und Fred de Heij), Saul (eine Storm-ähnliche Serie von Willem Ritstier und Apri Kusbiantoro), den Noir-Krimi Nick Name von Alex van Koten und die Kreuzfahrergeschichte Jelmer von Josse Pietersma und Roelof Wijtsma.

Dazu kommen noch kürzere, von Artikeln begleitete Comic-Seiten etwa von den WiRoJas, Claire oder sogar einer Disney-Geschichte. Wer einen Überblick über die Entwicklung der Neunten Kunst in unserem Nachbarland abseits der Standaard Uitgeverij gewinnen möchte, kommt eigentlich an StripGlossy nicht herum.

Insgesamt also wieder 132 Seiten prall gefüllt mit aktuellen und klassischen Comics aus dem Niederländisch-sprachigen Raum (bzw. in der entsprechenden Übersetzung), Artikeln, Interviews und News über das aktuelle Geschehen, ein paar weiterführenden Anzeigen die mehrere Stunden lesevergnügen bereiten sollten und sich zudem auch noch für das Archiv eignen! In Kürze erfahrt ihr mehr über das StripGlossy und das neue Albenprogramm der Herausgeber auf comix-online – stay tuned!

Dazu passen ein eisgekühltes Peroni und italienischer Ska von Banda Bassotti.

Abbildungen © 2019 StripGlossy / Personalia vof

Fahrradmod – Klassiker des Monats Juli 2019

Dahmen – Fahrradmod

Story: Tobi Dahmen
Zeichnungen: 
Tobi Dahmen

Originaltitel: Originalausgabe

Carlsen Comics
Hardcover | 480 Seiten | Schwarz-Weiß | 29,99 €
ISBN: 
3-551-76308-2

Warum sollen Klassiker immer verstaubt und alt sein? Sie können auch als relativ neue Werke einen Themenkomplex so gut darstellen, dass anderes daneben verblasst. So ist es mit der autobiographischen Geschichte von Tobi Dahmen aus der Anfangszeit der deutschen Mods. Natürlich gibt es über dieses Genre auch andere Comics, etwa Blue Monday von Chynna Clugston-Majors oder die nur auf Englisch erhältlichen Kindergarten Kids, aber keiner davon ist so treffend. Überhaupt gibt es wenige Bücher über Subkulturen, die eine persönliche Note glaubhaft rüberbringen und nicht von Stars handeln. Dazu gehören etwa die Dorfpunks oder Ostkurve/Kein Weinfest in Tenever.

Aber von Anfang an: Die Modernists oder Mods waren eine aus England auf den Kontinent exportierte Jugendbewegung aus der Arbeiterklasse. Während sie einerseits Prügeleien nicht abgeneigt waren, legten sie andererseits viel Wert auf stilvolle Kleidung für ihre Beat- und Soul-Nighter und motzten gerne ihre Roller mit allem auf, was der Spiegelladen hergab. Später kam als Musikrichtung der Ska hinzu und während ein Teil der Mods immer mehr zu Konsumenten synthetischer Drogen wurde, entwickelten sich auf der anderen Seite über den Zwischenschritt der Hardmods die Skinheads. Gemeinsam ist ihnen, dass sie keine rassistischen Vorurteile hatten (wie auch, wenn fast alle verehrten Musikern nicht Weiß sind?) und dass sie Rock’n’Roll, Rocker und Teddieboys (sowie natürlich Popper) verabscheuten. Das soll zur Einführung genügen.

Die Geschichte

Tobi, bzw. der Held in seiner Graphic Novel, beginnt bereits als Schüler mit seiner Modkarriere. Es ist nicht einfach, alle Styleregeln zu befolgen und fast noch schwieriger, auch treffsicher den richtigen Musikgeschmack zu haben. Trotzdem bietet die kleine Gruppe Rückhalt, Zusammengehörigkeit und die Aussicht auf viele Partys, Alkohol und nicht zuletzt auch Mädchen.Da das Geld für einen Roller nicht langt, muss allerdings ein Fahrrad als Ersatz genügen.

Es zeigt sich, dass die Gruppe nicht immer da ist, und dass es trotz Gruppe durchaus mal einen Stärkeren geben kann. Es gibt auch immer mehr Boneheads und dementsprechend weniger Fun.  Außerdem wird der Held langsam aber sicher älter und stellt sich die Frage, ob es das wirklich noch so ist. Nicht die Attitude, nicht die Musik und nicht die Freunde aber die Ausschließlichkeit des Ganzen.

Jahre später kommt es zu einem Revival und fast alle sind wieder da. Es ist schön, aber trotzdem vergangen und lässt sich nicht zurückholen. Die Jugend hat ihre Zeit, aber sie vergeht.

Der Künstler

Trotzdem ist es wichtig und richtig, seine Wurzeln nicht zu vergessen oder zu verleugnen und so zeichnet Tobi Dahmen nicht nur den Fahrradmod sondern auch z.B. für das alljährliche Skafestival in Roslau und für einschlägige Plattenlabel. Wie es die Redskins sagen würden: Keep on keepin on! Das größte Kompliment habe ich übrigens von einem gehört, der damals wirklich dabei war: Ja, so war’s!

Der Comic ist im Din-A5-Format ein echter Schinken und in mehrere Teile aufgeteilt. Die Zeichnungen sind persönlich. Es gibt nur die wichtigen Details, es ist also sehr reduziert und auch auf Farbe hat der Künstler verzichtet (was besonders ungewöhnlich ist, handelte es sich doch ursprünglich um einen Webcomic). Die Seiten sind entweder klar strukturiert oder bilden überlappende Bilder, die ein Ganzes ergeben.

Für alle, die mit der Thematik nicht so vertraut sind gibt es ein ausführliches Glossar mit Erklärungen zu allen Feinheiten und einen Soundtrack mit passender Musik.

Dieser Band sollt in keinem Comicschrank fehlen, wenn es um Comics aus Deutschland geht, um Musik oder Subkultur oder einfach auch nur um den Spaß in der Jugend.

Ich empfehle dazu ein Guinness und die letzte Scheibe des zu früh verstorbenen Rankin‘ Roger mit The Beat: Public Confidential.

© 2015 Carlsen Verlag GmbH

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