ZACK 246

ZACK 246 (Dezember 2019)

Herausgeber: Klaus D. Schleiter

Chefredaktion: Georg F. W. Tempel
MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag
Heft Din A 4 | 84 Seiten | Farbe | 7,90 €
ISSN: 1438-2792

Mit dieser Ausgabe endet das Jubiläumsjahr mit dem das ZACK das 20-jährige Bestehen gefeiert hat. Zeit also für einen kleinen Rückblick:  Alle bisherigen Chefredakteure und ihre jeweiligen Konzepte wurden mit einem Artikel bedacht, klassische ZACK-Helden erleben ihre Abenteuer immer noch oder wieder in ihren runderneuerten Varianten auf diesen Seiten, vieles Neues und auch Experimentelles ist aber dazugekommen. Das Publikum hat sich vom Nostalgiker zum an modernem Comic Interessierten gewandelt und das ZACK ist nicht länger ein Vorpublikationsorgan, sondern oft die einzige deutsche Veröffentlichung und somit auch ein Wert für sich. Dazu kommen fein ausgewogen Informationen von sehr kurz und knapp bis zu ziemlich ausführlich, Adressen und Titellistungen sowie zwei immer anregende Meinungskolumnen am Anfang und am Ende…

Die laufenden Serien

Den Opener macht Giant von Mikaël und aus dieser Serie stammt auch das Covermotiv. Zu Beginn der 1930-er Jahre war das Leben hart, speziell für Iren in den USA und Irinnen in Irland. Nicht immer waren die Männer in der Lage, ihre zurückgebliebenen Familien zu versorgen und nicht immer wussten die Frauen, warum. Manchmal geht es aber auch nur um die Hoffnung! Ein sozialkritisches Drama in einem sehr eigenen Stil!

Tanguy & Laverdue sorgen mit dem dritten Teil der Sanddiamanten eher für die Unterhaltung der technikbegeisterten Leser. Buendia und Zumbiehl haben eine Geschichte kreiert, die sich Nahe an den aktuellen Konflikten im Nahen Osten bewegt, die Freundschaft der beiden Piloten aber trotzdem in den Vordergrund stellen kann. Zudem geben sie Sébastien Philippe die Möglichkeit, Autos und Flugzeuge in Szene zu setzen. Diese Neuinterpretation hat den Sprung aus den 60-ern geschafft!

Die Bank zeigt gleich mehrere Konflikte auf, die im Übrigen auch heute noch nicht als gelöst betrachtet werden können: Sind Frauen als Handelnde akzeptiert oder werden sie vielmehr als Staffage betrachtet? Können sich Notleidende Moral leisten? Und zuletzt: In welchem Verhältnis stehen geschäftliche Notwendigkeiten und liebesbezogene Wünsche? Guillaume & Boisserie entwerfen ein spannendes Szenario, das von Maffre perfekt umgesetzt wird. Für mich einer der besten Starts in diesem Jahr!

Dazu kommen die üblichen kürzeren Sachen: Parker & Badger, Der Vater der Sterne und Tizombi sowie der schon fünfte Teil des Abrisses von Bernd Hinrichs über Verfilmungen frankobelgischer Comics und eine Würdigung von Amazon’s The Boys von Christian Endres.

Die Abschiede

Gleich zwei Serien verabschieden sich in diesem Heft für immer! Den Anfang macht Cassio von Stephen Desberg, gezeichnet von Henri Reculé. Der Römer hatte sich über neuen Alben mit den Attacken seines Halbbruders Tessio auseinandersetzen müssen. Dabei waren die Geschichten immer wieder zwischen verschiedenen Zeitebenen hin- und hergesprungen und hatten grafisch und inhaltlich unterschiedliche Themen und Stile benutzt. Der Abschluss löst die offenen Fragen tatsächlich auf, liefert grafisch mit einem schrägen Layout eine gute Unterstützung des Kampfes und endet tatsächlich mit einem Happy End.

Auch die Vorkommnisse rund um Christopher Dantès sind nun Geschichte. Er hatte Gefängnis, Folter, Reichtum und tiefen Fall, Intrigen und persönliches Glück durchlebt bis ihm nun mit der Entführung seines kleinen Kindes die seelische Vernichtung drohte. Guillaume & Boisserie haben nichts ausgelassen, gleichzeitig aber auch Hintergrundwissen der aktuellen Finanzwelt, der Umweltzerstörung und der unseligen Verflechtung von Politik und Wirtschaft geliefert. Erik Juszcak hat dem Ganzen einen angemessenen, eher klassischen Rahmen gegeben. Beide Serien gibt es im Übrigen auf Deutsch in keiner anderen Form!

In der gespannten Erwartung auf die bald kommende 250. Ausgabe empfehle ich zur aktuellen Lektüre Joy Crookes, etwa „London Mine“ und eine Tasse warmen Kakao mit Berliner Luft!

Abbildungen © 2019 MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag und den jeweiligen Zeichnern und Verlagen

Prugne – Vanikoro

Vanikoro

Story: Patrick Prugne
Zeichnungen: Patrick Prugne

Originaltitel: Vanikoro

Splitter Verlag

Hardcover Überformat | 104 Seiten | Farbe | 22,00 € |

ISBN:  978-3- 96219-314-0

Der Meister der Aquarelle ist wieder da! Nachdem zunächst die jüngere französische Geschichte den Hintergrund für zwei Geschichten geliefert hatte, dann die „Besiedlung der amerikanischen Ostküste“ im Kampf mit den Indianern den Stoff für vier weitere grandiose Werke gelegt hatte, zieht es Patrick Prugne jetzt noch weiter in die Welt hinaus: Das aktuelle Werk spielt im Südpazifik, im Juni 1788.

Der Hintergrund

Drei Jahre zuvor hatten zwei Fregatten den Hafen von Brest verlassen um mit 200 Mann an Bord naturkundliche Forschungen zu betreiben und Pflanzen, Insekten, Gewürze und andere Schätze einzusammeln, Küstenlinien zu beschreiben und Architektur und Landschaft bildlich festzuhalten. Das Zeitalter der Aufklärung ermöglichte den Wissensgewinn als Begründung für solch ein Unterfangen und versprach ihren Teilnehmern Ruhm und Anerkennung im Falle eines glücklichen Ausgangs.

Dieser allerdings war nicht immer zu erwarten und auch diese beiden Schiffe gerieten in einen schweren Sturm, wahrscheinlich in der Nähe der Insel Vanikoro. Und hier setzt die Geschichte des Erzählers Prugne ein, der wie gewohnt gekonnt Fakten und Fiktion zu einer spannenden Story vermengt. Vieles über die Expedition ist verbürgt, auch die beschriebenen Akteure haben tatsächlich gelebt. Über ihr Schicksal in und nach dem Sturm gibt es aber nur anthropologische Hinweise.

Bei schwerer See zerbricht zunächst eine der beiden Fregatten und nur sehr wenige Überlebende können sich auch eine nahe Insel retten. Nicht alle überleben dort allerdings, denn die Insel ist keineswegs unbewohnt. Das andere Schiff kann sich schwer beschädigt der Insel nähern und ermöglicht es fast der gesamten Besatzung überzusetzen und das Schiff auszuschlachten. Ziel dieser Gruppe ist der Bau eines seetüchtigen Fahrzeugs, das sie in die Nähe der Schifffahrtsrouten bringen soll.

Im weiteren Verlauf der Geschichte sehen wir Überfälle, Piraten, die von einem Schiff am Horizont ausgelöste Hoffnung, die Unbillen der Natur und erfahren auch etwas über den religiösen Hintergrund der Bewohner des Eilands. Prugne lässt also kein Versatzstück für eine Schiffbrüchigengeschichte aus und verwebt die bekannten Bestandteile auf angenehme, spannende Weise.

Die Umsetzung

Wer schon einmal etwas von Prugne in Händen gehabt hat, wird seinen Stil immer wieder erkennen. Seine Darstellung der wilden Natur ist perfekt; jedes Blatt hat seinen genau richtigen Platz in der Komposition und die Tier- und Menschenwelt findet sich entweder ein oder wirkt im Falle der Europäer wie ein unverständlicher Fremdkörper. Ihnen gesteht Prugne aber eine Entwicklung zu: Einige werden im Laufe der Zeit assimiliert, andere bleiben fremd.

Auch seine Kunst in der Darstellung von Uniformen, sowohl geputzt als auch derangiert findet sich in dieser Geschichte vom anderen ende der Welt wieder und erlaubt herrliche Kontraste zwischen den „Offiziellen“ und den einfachen Matrosen.

Die Landschaften laden einerseits zum Träumen ein und könnten das gemalte Abbild eines Reisekataloges mit Traumzielen sein, andererseits sind sie aber auch voll mit gefährlichen Stellen, giftigen Tieren und Pflanzen und dienen zudem als Versteck für feindliche Krieger. Diese Ambivalenz in der Schönheit ist meines Erachtens schon für sich ein Grund, Prugne zu genießen!

 Wer von den Bildern, die es in den Comic geschafft haben, noch nicht genug hat, sollte einen Blick in den Anhang werfen! Hier gibt es neben Skizzen und ganzseitigen Illustrationen auch noch ein wenig Wissen über die Theorien um das „wahre“ Schicksal der Schiffe und ihrer Besatzungen.

Wie immer eine runde Sache in der Präsentation und nebenbei bemerkt eines der Highlights der diesjährigen Produktion! 5 Sterne!

Dazu passen ein oder zwei India Pale Ale mit ihrem frischem zitronigem Geschmack nach Hopfen und eine Mischung aus traditioneller und moderner Musik, etwa von The Brothers Cazimero.

© der Abbildungen 2018 Editions & Galerie Daniel Maghen

© der Abbildungen Splitter Verlag GmbH & Co. KG ·   Bielefeld 2019

Pietersma/Wijtsma – Jelmer 1

Wie dienen wij hiermee?

Story: Josse Pietersma
Zeichnungen: Roelof Wijtsma

Originalausgabe

Uitgeverij Personalia

Softcover | 56 Seiten | Farbe | 8,95 € |

ISBN: 978-94-928-4050-9

Ein neuer Comic über die Kreuzzüge? Mit Blut und Schwert gegen die Ungläubigen und Hau-Drauf?

Der Inhalt

Nein, Jelmer ist anders! Eigentlich möchte der Held der Abenteuer gar nicht in den Krieg ziehen, sondern in seinem Friesland für den Unterhalt seiner Familie sorgen. Doch es kommt anders und so sticht eine große Gruppe Friesen in See um für die Befreiung Jerusalems zu streiten.

In verschiedenen Rückblicken wird diese Fahrt geschildert und auch gezeigt, wie willkommen die Pilger für alle Beutelschneider und Taugenichtse waren. Schließlich hat der Tross 1218 Damiste, eine Stadt in Ägypten, erreicht. Die Stadt blockiert durch eine zwischen ihren Stadtmauern und einem auf einer kleinen Insel in der Mündung gebauten Turm gespannte Eisenkette die einfahrt in den Fluss und damit den Zugriff auf das Hinterland.

Damiste scheint zunächst einmal uneinnehmbar doch Jelmer scheint vom Herrn ausgewählt und sein Freund und Begleiter ist ein innovativer Baumeister. Werden die beiden das Blatt wenden können? In einem parallelen Strang fragt sich Jelmer immer intensiver, ob seine Vorstellung von religiösen Pilgern, die die Heilige Stadt demütig befreien werden, und die Wirklichkeit zueinander passen.

Das Szenario stammt von Josse Pietersma, der im Anhang auch näher vorgestellt wird. Eigentlich hatte Josse Geschichte studiert und war damit weit weg von Comics. Es ergab sich aber ein Erkenntnisgewinn, dass über dieses Medium Inhalte gut vermittelbar sind. Dem verdanken wir nun diese Serie, die natürlich eine fiktive Geschichte erzählt, sich dabei aber immer en g an bekannte Fakten hält.

Das Artwork

Roetof Wijtsma ist schon etwas bekannter, läuft sein Fußball-Strip über Roel Dijkstra doch schon etwas länger. Hier darf er zeigen, dass er auch die Vergangenheit darstellen kann: Farbpalette, Dekors, Gebäude, Kleidung und Frisuren bedürfen einer großen Recherche, wenn sie glaubhaft sein wollen und dürfen doch nicht steif und lehrbuchartig daherkommen.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: die Mischung aus realistischem Hintergrund und leicht überzeichneten Gesichtern in der Nahaufnahme passt gut zueinander und nimmt uns als Leser*innen von Anfang an mit. Die Sorgen der zurückbleibenden Familien drücken sich genauso glaubhaft aus wie die Horden von Geschäftemachern vor den Sehenswürdigkeiten der Pilgerfahrt und der Luxus der Priester in ihren Zelten!

In Jelmer stehen nicht die heldenhaften Ritter in ihren Schlachten im Vordergrund, sondern die Mitglieder des einfachen, gutgläubigen Fußvolks, das zu Tausenden geopfert wurde.

Da der zweite Band schon für Oktober kommenden Jahres angekündigt ist, würde sich auch eine Übersetzung in das Deutsche anbieten. Natürlich gibt es einen Bezug zu den niederländischen Friesen, das sollte aber kein Hindernis darstellen.

Dazu passen ein Abteibier (Karmeliet) eurer Wahl und The Templars aus NYC.

© der Abbildungen 2019 Uitgevereij Personalia

Howard/Niemczyk – Age of Conan 1

Bêlit

Story: Tini Howard
Zeichnungen: 
Kate Niemczyk

Originaltitel: US-Age of Conan 1 – 5 (2019)

Panini Comics

Broschur | 116 Seiten | Farbe | 13,99 €
ISBN: 
978-3-7416-1380-7

Und damit wäre also auch die dritte neue Conan-Reihe bei Panini auf dem Markt. Während sich die beiden anderen um Conan selbst „kümmern“ stehen bei Age of Conan Nebenfiguren im Mittelpunkt. Es handelt sich also quasi um eine Reihe für Miniserien. Den Anfang macht Bêlit, die Piratenkönigin der schwarzen Küste. Die Originalerzählung ist übrigens vor kurzem in der Splitter-Reihe mit Interpretationen der Erzählungen von Robert E. Howard durch wechselnde europäische Teams erschienen.

Die Story

Tini Howard kreiert aus den wenigen Hinweisen ihres Namensvetters die Herkunftsgeschichte der starken Frau, die so gar nicht dem Pulp-Bild der schönen aber doch untergeordneten Frau entspricht. Bêlit wird als jugendliche Tochter des Königs der Piraten eingeführt. Sie träumt von gefährlichen Abenteuern, Meeresungeheuern und ihrer Zukunft als Piratenkönigin. Ihr Vater unterstützt sie zwar, hält sie aber noch nicht für reif genug um tatsächlich ein Kommando zu übernehmen.

Als er getötet wird, weil er sich zur Ruhe gesetzt hat und seine Position damit sozusagen vakant geworden ist, bleibt der jungen Frau nichts anderes übrig als sich den Gefahren zu stellen. Natürlich wird es dabei um Meeresungeheuer gehen, um Machtkämpfe und Führung aber auch um strategische Allianzen. Das ist auch die sehr positive Seite dieser Geschichte: Kraft und Hau-Drauf Mentalität alleine sind keineswegs ausreichend um eine führende Rolle zu spielen, wenn sie nicht von Geschick, Planung, Erfahrung und dem Willen, lernen zu wollen, begleitet werden. Insofern handelt es sich fast schon um eine Coming-of-Age Story.

Dazu passt auch, dass die junge Bêlit irgendwie an Pippi Langstrumpf erinnert. Sie akzeptiert keine Grenzen außer den selbsterfahrenen, verhält sich altersunangemessen und ist bereit, immer wieder aufzustehen und nicht aufzugeben.

Die Zeichnungen

Selten, aber wahr: Dieser Conan-Band ist nicht nur von einer Frau geschrieben, sondern auch von einer gezeichnet: Kate Niemczyk setzt die Vorgaben von Tini Howard in einer Weise um, die einerseits die erwarteten Leserfantasien erfüllt, etwa wenn es um die Tracht der dann schon etwas älteren Piratin geht. Andererseits ist sie aber in ihren Zeichnungen so jugendlich, dass auch bisher nicht typische Leserinnen sich wiederfinden können. Hier stehen nicht das Blut, der Muskel oder das Gemetzel im Vordergrund!

Dabei gelingt es Niemczyk auch, den Prozess des Reifens und Älterwerdens grafisch in Szene zu setzen. Das junge Mädchen wird zur Frau und auch die Umgebungen passen sich an!

Dabei ist das Ganze natürlich typisch amerikanisch: Das Heftchenformat erlaubt keine europäischen Layouts und der monatliche Erscheinungsrhythmus erfordert andere Qualitäten als alle zwei Jahre 48 Seiten abzuliefern.

Die Wertung

Eine in sich stimmige Story mit dazu passenden Zeichnungen versprechen einen sehr gelungenen Start in diese neue Reihe, setzen aber auch hohe Erwartungen an das Kommende! Natürlich gibt es auch wieder ein paar einführende und erläuternde Worte und die üblichen Abbildungen der unterschiedlichen Cover der Marvel-Hefte. Einziges Manko: Ich weiß nicht so richtig, ob die Frontcoverauswahl gelungen ist oder die Zielgruppe unnötigerweise eingrenzt.

Auf jeden Fall ein Tipp für alle nicht nur testosterongesteuerten Leser*innen!

Dazu passen Doro Pesch und ein Chai Latte!

© der Abbildungen 2019 Conan Properties international LLC c/o Panini Verlag GmbH

Feldstein/Wood – Aus dem EC-Archiv 2

Alle Science Fiction und Fantasy Stories Band 2 (1951 – 1952)

Story: Bill Gaines & Al Feldstein
Zeichnungen: Wallace Wood

Originaltitel: EC Archive 2

All Verlag

Hardcover | 160 Seiten | Farbe | 29,80 € |

ISBN: 978-3-946522-68-3

Let’s get weird!

Ach was waren das für Zeiten: unaufgeregt, von keiner Klima- oder Gesundheitskrise betroffen und zukunftsorientiert! Schick angezogene Männer und Frauen, gerne im Fantasie-Uniform-Style, laufen rauchend durch Raumschiffe, betreten fremde Welten und erkennen, dass der Schein manchmal trügt, gleiche Entwicklung auch gleiche Ergebnisse bringt oder dass heiraten tödliche Folgen haben kann.

In allen im zweiten Band der Sammlung von Wally Woods Geschichten aus den EC-Magazinen steht die Technik nicht im Vordergrund. Sie ermöglicht Raumflüge, Zeitsprünge und alles andere, hat aber immer nur unterstützenden Charakter. Der Mensch bleibt derjenige, der Katastrophen auslöst, wenn er sich mal wieder allmächtig fühlt, seinen sexistischen Vorlieben folgt oder einfach nur zu spät reagiert.

Dazu kommen dann auch noch Geschichten, die der Menschheit einen Spiegel vorhalten, etwa indem sich die Entdecker einer uralten Marszivilisation mit dem Konzept des „Monsters“ auseinandersetzen müssen.  Mein Tipp für ein erstes Reinlesen ist aber „ Projekt … Überleben“.

Die Umsetzung

Insgesamt 18-mal darf Wally Wood seine Zeichenkunst in Geschichten zeigen, 7-mal werden zusätzlich ganzseitige Illustrationen von Covermotiven integriert. Im Mittelpunkt stehen dabei wieder die beiden Reihen Weird Fantasy und Weird Science aber auch der in Shock Suspenstory 2 enthaltene Beitrag fehlt nicht.

Keiner kann Monster so genial in Szene setzen ohne im Vorfeld schon eine klare Richtung vor zu geben. Oft ist bis zum letzten pageturner nicht klar, auf welcher Seite sich Monstrositäten offenbaren werden und wo die Opfer zu verorten sind. Der Seitenaufbau ist dabei gar nicht mal so abwechslungsreich. Auf die grafisch ansprechende, individuelle (und in der deutschen Ausgabe perfekt übersetzte/angepasste) Startseite erfolgt ein relativ starres dreireihiges Schema. Dieses variiert in der Anzahl der Panele sowie der Höhe häufig und bietet anhand der Schraffuren und der vielen Details ein perfektes Gerüst für die kräftige aber immer noch unterstützende Kolorierung.

Wood bietet aber nicht nur anregende fremde Landschaften sondern auch einen fast perfekten Einblick in die Emotionen seiner Figuren über die Gesichtszüge und Körperhaltung und lässt sich den Stress der kurzen Abgabefristen nicht anmerken.

Abgerundet wird der Band durch den Essay von Helmut Kronthaler über das offizielle Verhältnis zwischen Verleger Gaines und Ideenlieferant Ray Bradbury sowie einer Comicographie der von Bradbury autorisierten Adaptionen seiner Stories in den EC-Titeln.

Der Ausblick

Leider wird es nur drei Bände geben, denn dann ist das Material erschöpft. Diese lohnen sich aber unbedingt und sollten nicht nur bei allen Liebhaber*innen klassischer Science Fiction, der Gruselgeschichten und der Pulps im Regal stehen, sondern auch bei denjenigen, die gute, kurze Geschichten lieben, die nicht vorhersehbar sind, spannend und ohne Popcornkinoelemente auskommen! Schade, dass aufgrund der politischen Umstände diese Blüte der Horror/Fantasy/Science Fiction-Literatur nur eine kurze Lebensspanne hatte. Aber vielleicht verdanken wir dieser Situation dafür die Langlebigkeit des MAD.

ExLibri der Vorzugsausgabe

Natürlich gibt es auch wieder eine limitierte Vorzugsausgabe mit anderem Cover und einem ExLibris. – Zu Band 1.

Dazu passen quietschbunte Cocktails und die herrlich schrägen Horrorpops!

© der Abbildungen 2019 All-Verlag, Wipperfürth

© 2019 William M. Gaines, Agent, Inc

Katalog zur Moebius-Ausstellung in Brühl

Katalog MOEBIUS – Surreale Comicwelten

Hardcover Überformat | 272 Seiten | Farbe | 49,90 € |
ISBN: 978-3-944453-18-7

Wo: Im Museumsshop des Max Ernst Museum Brühl des LVR, Comesstraße 42/Max-Ernst-Allee 1, 50321 Brühl noch bis zum 16. Februar 2020 (montags geschlossen) – VERLÄNGERT bis zum 29. März!!

Es gibt zwei Arten von Ausstellungskatalogen

Auf der einen Seite stehen diejenigen, die ein Thema aufnehmen, Leser*innen abholen wo auch immer sie stehen mögen und die gezeigten Exponate im Kontext des Textes präsentieren. Im comic-Bereich wären Beispiele dafür etwa die Kataloge von Dr. Alexander Braun (Going West oder die beiden Dortmunder Ausstellungen zu Carl Barks und dem Zweiten Weltkrieg im Comic) oder zur Ausstellung in Oberhausen über Rolf Kauka und sein Universum. Bei diesen handelt es sich eher um bebilderte Sekundärwerke.

Auf der anderen Seite stehen die Kataloge, die sich eher am traditionellen Kunstbetrieb orientieren. Die Ausstellung, also die ausgestellten Werke stehen im Vordergrund und sollen in möglichst farbechter, angemessener Weise die Ausstellungsbesucher*innen noch Jahre später an den Besuch erinnern. Auch hier gibt es natürlich begleitenden Text. Dieser richtet sich aber nicht an die Masse, sondern führt einen kunsthistorischen oder kunstphilosophischen Diskurs (fort).

Porträt-Jean-Giraud-2010-Foto-Isabelle-Giraud-©-2019-Mœbius-Production

Beide habe ihre Vor- und Nachteile, bedienen sie doch vollkommen unterschiedliche Segmente der Besucher*innen und schließen sich in gewisser Weise sogar aus.

Der Katalog zur Moebius-Ausstellung

gehört eher in die zweite Kategorie. Hochpreisig und auf gutem Papier präsentiert er die meisten Exponate der Ausstellung und ist in gewisser Weise selbst Kunst, keinesfalls aber ein Gebrauchsgegenstand. Natürlich enthält er die notwendigen Fakten über den Künstler Jean Giraud und ebenso natürlich ist ihm die Begründung zu entnehmen, warum die Exponate des Visionärs genau hier im Max-Brühl-Museum gezeigt werden; welche Verbindungslinien können zwischen dem als entartet beschimpften Mitbegründer der Moderne und dem Träumer und visionär gezogen werden, wo sind Grenzen? Moebius ist also einer der Comicschaffenden, der den Sprung vom Alltagsvergnügen bereitenden zum Künstler (der 9. Kunst) geschafft hat.

©-2019-Mœbius-Production

Viele dieser Verbindungen laden möglicherweise sogar zu einem zweiten, jetzt informierteren Besuch in die Ausstellungen ein!

Auch das Informationsbedürfnis des Comicfans wird aber bedient. In verschiedenen Beiträgen wird auf die Inhalte, die Motive und Inspirationen eingegangen und nicht nur analysiert, sondern auch erklärt. Insbesondere wird auf Moebius als Wanderer zwischen Innen- und Außenwelt eingegangen, seine Reisen, die die Welten ermöglicht haben und das ständige Bedürfnis, ‚aus dem Rahmen zu fallen‘.

Im Mittelpunkt aber stehen die Abbildungen: großformatig, manchmal allerdings über zwei Seiten ausgeführt, erlauben sie es, den Genuss zu verlängern.

Für Fans sicherlich kaum eine Entscheidungsfrage. Gelegenheitsbesucher*innen, die sich vertieft mit Moebius beschäftigen wollen, finden mit dem Katalog einen soliden Startpunkt! Da der Katalog zweisprachig ist (deutsch/english) kann man ihn guten Gewissens auch allen Besucher*innen empfehlen!

©-2019-Mœbius-Production

Der Katalog ist leider ausverkauft und nur noch mit Glück antiquarisch zu bekommen.

Dazu passen ein leicht temperierter Barolo und Jean Michel Jarre.

© der Abbildungen 2019 Mœbius Production.

Mikolajczak/Möller – die spinne

die spinne.

Story: Michael Mikolajczak
Zeichnungen: Andreas Möller

Originaltitel: Originalausgabe

Kult Comics

Hardcover | 200 Seiten | s/w | 25,00 € |

ISBN: 978-3-96430-075-1

Schon seit Jahren werden die Krimi- und Thriller-Bestsellerlisten auch von Autor*innen aus deutschen Landen angeführt. Im Comicbereich waren dagegen eher andere Themenbereiche mit Künstler*innen aus Deutschland assoziiert. Mit dem Band die spinne von Mikolajczak und Möller ändert sich das gewaltig!

Der Inhalt

Amerika im Jahre 1972: Kerle sind noch Kerle, Autos groß und blubbernd und LGTB, Selbstverwirklichung oder auch nur Toleranz unbekannte Worte ohne Bedeutung.

Die junge Amber hat die Kleinstadt Tinkerville im Streit verlassen und kehrt zurück. Allerdings kommt sie nicht allein, sondern mit ihrem Freund, der nicht nur als Fremder sofort abgelehnt wird. Da er eine dunkle Hautfarbe besitzt, lernt er sofort alle Feinheiten des kleinbürgerlichen Rassismus kennen und bezahlt mit seinem Leben.

Amber hingegen glaubt, dass er nur abgereist wäre und bezieht eine kleine Wohnung im Haus des Kriegsveteranen Jimmy. Dieser hat ein besonderes Verhältnis zu jungen Frauen, beobachtet sie durch Löcher in den Wänden und entspricht schon sehr schnell dem Muster eines Psychopathen. Eigentlich weiß der ganze Ort von all den verschwundenen Frauen, niemand erzählt es aber rechtzeitig genug für Amber.

Besonders beeindruckend sind zwei Narrative: Zunächst schafft es Michael Mikolajczak sehr glaubwürdig den typischen local Cop zu beschreiben: eigentlich obrigkeitshörig, regelorientiert und konservativ, andererseits aber auch bemüht, „Freunden“ zu helfen und im richtigen Moment wegzuschauen. Die andere sehr gelungene, durch ihre Widerkehr Struktur schaffende Situation ist der Barbier. Die Situation der Rasur scheint in den USA eine hier nur schwer zu verstehende Kommunikationszentrale darzustellen, in der über Leib und Leben entschieden wird.

Der Autor hat bei Kult schon einige Graphic Novels veröffentlicht!

Das Artwork

Andreas Möller lehrt Kunstdidaktik an der Hochschule der Bildenden Künste Saar. Er hat zwar schon Illustrationen für einen Tatort angefertigt und einen eher dem Horrorgenre zugehörigen Comic illustriert, ist aber eher noch neu im Geschäft. Die spinne im reinen schwarz-weiß veröffentlicht bringt seine Zeichnungen sehr gut zur Geltung. Die Körper sind anatomisch korrekt und dynamisch in ihren Bewegungen. Die Gesichter (aber auch die Körperhaltungen) deuten an, dass das Leben der meisten Akteure bisher kein Zuckerschlecken war.

Der Horror des Alltags aber auch der der Gefahr finden sich in den Figuren aber auch im Seitenaufbau wieder. Während oft rechte Winkel das Layout beherrschen, geraten auch die Begrenzungen in Schieflage, wenn es brenzlig wird! Auch der Wechsel zwischen Schwarz auf Weiß hin zu den bedrohlichen schwarzen Hintergründen gelingt perfekt und treibt die Geschichte genauso stark wie der Text.

Die Empfehlung

Kult Comics fördert schon seit längerem auch den Deutschen Comic. Gerade die spinne zeigt, wie richtig das ist, denn diese Graphic Novel braucht den Vergleich mit internationalen Werken nicht zu scheuen! Unbedingte Kaufempfehlung mit Spannung und unerwarteten Twists! Es gibt im Übrigen auch eine limitierte Vorzugsausgabe mit signiertem Exlibris!

Ex Libris der limitierten Vorzugsausgabe

Dazu passen The Adicts und Tennessee Whiskey.

© der Abbildungen 2019 Comic Combo, Leipzig und Michael Mikolajczak, Andreas Möller

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