ZACK 276 (Juni 2022)
Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel
Heft Din A 4 | 92 Seiten | Farbe | 9,00 €
ISSN: 1438-2792
Schon wieder ist ein Jahr halb vorbei: die großen europäischen Fußball-Ligen sind durch, die bisher letzte COVID-Welle auch und selbst die Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag des ersten ZACK sind geschafft. Wirklich? Nein, es kommt (mindestens) noch die ZACK-Lach-Box! Mehr demnächst hier. Zunächst aber die reguläre Ausgabe, deren Aufgabe es ist, die Zeit bis zu den Ferien zu überbrücken!
Die Neustarts
Ein plötzlich hochaktuell gewordener Polit-Thriller kehrt zurück: In Empire USA 2.4 geht es um die Frage, wer den Freund und Partner des Helden, Jared Gail, erschossen hat. Die Ermittlungen haben bisher ergeben, dass sich im Gemisch aus früherem KGB und neuen Oligarchen zwei Fraktionen gebildet haben, die sich bis aufs Blut bekämpfen. Es könnte sein, dass der ermordete Duanne zwischen die Fronten geraten ist. Niemand konnte ahnen, dass diese Serie einmal so aktuell werden würde! Spannendes Szenario von Stephen Desberg. Den Zeichenstift hat nun Alain Mournier übernommen. Die Bilder sind weniger glatt als zuletzt bei Griffo, die Gesichter etwas schematischer.
Ebenfalls wieder dabei sind das kleine Bergdorf Luthon-Höge und seine schrägen Bewohner*innen. Willem Ritstier geht erneut in die Vergangenheit: Ein Unfall mit Folgen scheint unaufgeklärt geblieben zu sein. Als dann auch noch der Metzger im Schaufenster seines Ladens liegt, ist höchste Verwirrung angesagt. Auch Weder Fleisch noch Fisch ist wieder eine bitterböse Satire mit granteligen Zeichnungen von Michiel Offermann für Independent-Fans!
Die Fortsetzungen
Während ihr Verehrer die hübsche Wahrsagerin Julie Kleinnagel ins Bett bekommen möchte, denkt sie ans Heiraten. Es steht aber noch ein Konflikt mit ihrer Mutter ins Haus. Das Mädchen von der Weltausstellung vermischt auch in 1867 Politik und Menschliches. Der Freiheitskampf der polnischen Nation, Klassenunterschiede, Innovationen und der Kampf um ein kleines bisschen Glück sind die von Jack Manini virtuos kombinierten Ingredienzien. Étienne Willem setzt das Ganze in einer sehr humorvollen Weise um, die Emotionen überbetont, Spaß macht und altersgruppenübergreifend wirkt. Die Heldin gibt mit ihren Verehrern im Juni das Covergirl.
Bob Morane von Henri Vernes ist einer der Klassiker der belgischen Literatur. Auch im Comic war er jahrzehntelang vertreten. Nun haben Christophe Bec und Corbeyran eine neue Geschichte geschrieben, die zwar auf der Figur basiert aber keinen existierenden Roman zur Grundlage hat. Es scheint so, als ob die Legende der 100 Dämonen des Gelben Schatten einen wahren Kern hätte. Wie aber passen die offensichtlich geklonten Ninja-Kämpferinnen in das Bild? Die Helden vermuten, dass jemand den Krieg in Indochina als Deckung benutzt, um viel Schlimmeres anzugehen. Paulo Grella setzt das spannende Szenario im Dunstkreis zwischen Thriller und Science-Fiction in manchen Bildern etwas zu glatt um, in anderen wiederum sehr schön. Geben wir ihm etwas Zeit und einen Folgeband, um zu noch mehr Spitzenleistungen zu gelangen.
Die Abschiede
Von Rani müssen wir uns dagegen schon wieder verabschieden. Die zu Unrecht verfolgte Adelige hat sowohl den Transport auf dem Gefangenenschiff nach Indien als auch den Verkauf als Sklavin an das örtliche Bordell überstanden. Dort hat sie sich zur Chefin geputscht und verspricht nun den örtlichen Honoratioren und der Kirche mehr Profit. Ihre Methoden sind dabei fast schon revolutionär. Jean van Hamme und Alcante vermischen in ihrem Szenario Zeit- und Lokalkolorit mit einer Prise Kritik. Dabei haben sie eine patente und toughe Heldin geschaffen, die genregemäß immer wieder in Schwierigkeiten gerät, aber auch immer wieder eigene Lösungen findet. Klassisch grandios umgesetzte History-Schmonzette von Francis Vallès. Ein spoilernder Ausblick auf weitere Teile im Serienkompass.
Normalerweise lesen wir über Familienkriege nur in der Zeitung. Wenn sie sich in der Finanzwelt abspielen, haben sie Auswirkungen auf Börsenkurse und manchmal kommen sogar kriminelle Aspekte hinzu. Pierre Boisserie und Philippe Guillaume beschreiben in Die Bank einen sehr intensiven Krieg zwischen den Geschwistern Saint-Hubert, der mittlerweile die Zweite Generation zu Protagonist*innen gemacht hat. Die Kämpfe werden mit allen Mitteln geführt und zielen auf Leib und Leben aber auch die Ehre, mögliche Kollateralschäden inbegriffen. Sehr schöne Umsetzung durch Malo Kerfrieden, der Stadt und Zeitkolorit Raum gibt, die Geschichte aber dadurch nicht erdrückt!
Und sonst?
Der fälschlich angekündigte Johnny Focus wartet mit seinem nächsten Auftritt noch auf die angekündigte Gesamtausgabe. Natürlich gibt es aber wieder einen One-Pager mit Parker & Badger sowie die üblichen Infos und Kolumnen. Christian Endres stellt im ersten längeren Artikel die Gesamtausgabe von Jacques Tardis Klassiker Adeles Abenteuer vor. Der Verfasser dieser Zeilen blickt zurück auf 11 Jahre bahoe books, einen kleinen, aber sehr rührigen Verlag mit Anspruch aus Wien. Last but not least blickt Michael Klein auf den Juni 1972 und die damaligen ZACK-Ausgaben zurück.
Vor fünfzig Jahren hieß es „Jede Woche Spaß, Spannung, Abenteuer!“ Mittlerweile hat sich die Frequenz auf den Monat geändert, der Anspruch ist geblieben. Und er wird mit hoher Regelmäßigkeit qualitativ hochwertig bedient.
Dazu passen das Foolish Ska Jazz Orchestra und eine Rhabarberschorle mit Sprudel oder Secco.
© der Abbildungen 2022 bei den jeweiligen Autoren und Verlage c/o Blattgold GmbH
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