Stellt euch eine Welt vor, auf der nicht nur Menschen leben. Sie hat auch so etwas wie eine „Unterwelt“, die von zwei weiteren Spezies bewohnt wird. Während die einen mit Menschen Verträge abschließen können, die den Unterzeichnenden Liebe versprechen, enthalten die anderen als angebotene Leistung Lust. Der Gegensatz dieser beiden Gefühlszustände wird hier wieder einmal neu interpretiert.
Warum ein göttlicher Vertrag nicht unbedingt das beste Heilmittel für ein gebrochenes Herz ist
Dieser etwas längere offizielle Untertitel weist schon darauf hin, dass Verträge mit Gottheiten fast immer irgendeinen Haken haben. Es handelt sich nicht um ein Geschenk, es wird eine Gegenleistung erwartet. Wir kennen dieses Muster aus unzähligen Beispielen wo „die Seele“ hingegeben werden muss. Von fast allen Menschen unbemerkt leben Succubi und Cupids unter uns. Wenn sie allerdings wahrgenommen werden, können sie Verträge unterschiedlicher Güteklassen anbieten.
Während erstere die Befriedigung der Begierden versprechen, fokussieren die anderen auf die Ermöglichung einer grenzenlosen Liebe. Beides ist nicht unbedingt einfach und ohne Nebenwirkungen. Zudem scheint es so, als ob Vertreter*innen dieser beiden fast schon antagonistischen Richtungen sich nicht immer als Gegner*innen verstehen, sogar unerlaubte Beziehungen eingehen können. Alle diese Verwicklungen schaffen einen schönen Mix aus unerfüllten Wünschen, falschen Entscheidungen und daraus folgenden Verwicklungen und dem langsamen Erwachsenwerden.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht Lauren Thomas. Sie ist nicht unbedingt der Star, verliebt sich aber in Mathew Collins. Lauren ist gut darin, falsche Entscheidungen zu treffen und so entscheidet sie sich denn auch gegen diese Beziehung und für eine internationale Karriere als Model. Der Preis dafür ist Einsamkeit … Es gibt aber auch weitere irdische wie göttliche Handlungsstränge.
Freizügig, aber nicht anstößig
Die Zeichnungen von Stjepan Sejic, der sowohl das Szenario als auch das Artwork von Fine Print verantwortet, zeigen viel nackte Haut. Das war aufgrund seiner anderen Serie Sonnenstein auch nicht anders zu erwarten. Die Serie richtet sich explizit an young adults und verlässt den Grenzbereich des Erlaubten nicht. Trotzdem sind neben den Alltagsgeschichten viele nackte und muskulöse Körper zu begutachten.
Die Gesichter weisen teilweise einen leichten Manga-Einfluss auf und vereinbaren europäische modern-Fantasy-Einflüsse und amerikanischen image-style. Mir gefällt gut, dass Panini sich gegen ein glänzendes Papier entschieden hat. Die leicht matte Oberfläche bringt die Zeichnungen besser zu Geltung. Das Layout ist teilweise klassisch streifig, bietet aber auch viele ganzseitige Gestaltungen, die teilweise sogar Poster-Qualitäten hätten.
Gelungen!
Panini präsentiert die Geschichte im Albenformat und versammelt die ersten Kapitel in einer Stärke, die wir sonst eher von Gesamtausgaben kennen. Dadurch wird der Einstieg in dieses neue Universum erleichtert; viele Aspekte erschließen sich erst durch die Gesamtschau. Im Nachwort erklärt Stjepan Sejic, dass die nächsten Bände bereits konzipiert sind und verspricht noch mehr Verwicklungen.
Man muss als Leser*in von Fine Print mit dem aktuellen, sexualisierten young-adult-Bereich einverstanden sein. Früher war weniger Erotik und mehr Romance. Wer sich damit allerdings anfreunden kann, findet eine durchaus neue, witzige Interpretation des klassischen Gegensatzes von Liebe und Lust, kombiniert mit all den falschen Entscheidungen, die man beim Erwachsenwerden machen kann. Ein anderer Ansatz findet sich etwa hier.
Das dritte Mal treffen der Mitternachtsdetektiv und der Hell-Spawn Al Simmons nun aufeinander, allerdings fanden die beiden anderen vor fast 30 Jahren, nämlich 1994 statt. Über Batman muss man nicht viel schreiben, die Serie läuft monatlich, in One-shots und Specials sowie unter dem Black Label. Spawn hat vor Kurzem den Rekord als längste Independent Serie geholt und ebenfalls einiges an Spinn-Offs hervorgebracht. In Deutschland erscheinen beide Serien bei Panini Comics.
Ein gemeinsames Schicksal
Der Rat der Eulen ist eine klandestine Organisation. Aus dem Verborgenen werden Fäden gezogen und Strategien über lange Zeiträume geplant und umgesetzt. Was wäre nun, wenn es einen entsprechenden Rat auch in anderen Dimensionen gäbe, diese gar miteinander in Verbindung stünden?
Bruce Wayne und Al Simmons mussten beide einen heftigen persönlichen Verlust verkraften. Der gewaltsame Tod der Eltern bzw. die gewaltsame Trennung von der Ehefrau haben die Helden zu teils gefühllosen Kämpfern gemacht und dafür gesorgt, dass sie die ihnen zugedachte Rolle übernommen haben. War das geplant? Diese deterministische Sichtweise ist zumindest eine der möglichen in den vielen Spielarten der Kontinuitäten.
Nun scheint es so zu sein, dass die Räte beschlossen haben, die beiden in der Todeszone Gotham gegeneinander antreten zu lassen. Beide scheinen zunächst nur Hass aufeinander zu empfinden und der Kampf könnte auf Leben und Tod gehen – Todd McFarlane entwickelt eine im Rahmen dieser Gegebenheiten logische Story mit viel Action, ein wenig Rückblick und einem perfekten Cliffhanger. Beide Universen werden repräsentiert, ohne dass größere Verrenkungen notwendig wären.
Beidseitig geschulter „alter Hase“
Greg Capullo hat nicht nur lange Spawn in seiner Serie Gestalt gegeben, er hat auch für eine lange Zeit Batman gezeichnet und ist somit in beiden Settings zu Hause. Während der Hochphase der Crossover war es oft– zumindest aus meiner Sicht – ein Manko, dass Szenarist und Zeichner entweder das Eine oder das Andere gut konnten, die andere Welt aber nicht wirklich verinnerlicht hatten. Hier sehen die Clowns und der Joker aus wie erwartet.
Beide Serien leben von düsteren Umgebungen, die die Macht der Umhänge und die dadurch ausgelöste Furcht zur Geltung kommen lassen. Während Spawn seine typische grüne Höllenenergie leuchten lässt, ist Batman auf Gadgets und Schnelligkeit angewiesen. Capullo gelingen die Actionszenen zwischen den Beiden gut.
Gelungenes Comeback!
Manchmal stellt sich die Frage, ob Dinge, die vor 30 Jahren funktioniert haben, wirklich wieder aus dem Schrank geholt werden müssen. Dieses Comeback allerdings funktioniert für mich. Natürlich ist es sehr actionlastig und damit auch gut für das gewählte überformatige Hardcover geeignet. Die Figuren dürfen aber auch ein wenig von ihrer Emotionalität ausleben.
Aufgrund der ebenfalls abgedruckten Alternativ-Cover stehen die Fanboys beider Serien natürlich als klar definierte Zielgruppe vorne. Aber auch normale Fans beider Serien werden sich hier wohlfühlen da beide „immanenten Regeln“ eingehalten werden. Zudem gibt es sicherlich noch Liebhaber des Image-Gründerzeiten-Stils! Der Band ist auch in 5 verschiedenen limitierten Variants erhältlich.
Cover der limitierten VZA E
Dazu passen ein starker Kaffee und der Android-Wecker-Killer „Where is my mind“ von den Pixies!
Holt das Kaugummi und das Popcorn raus, macht es euch gemütlich und seid gefasst auf eines der albernsten Abenteuer seit Langem! Was Serien wie Tunga oder Rahan bzw. Geschichten von E. R. Burroughs bereits angedeutet haben, nämlich, dass Menschen und Dinosaurier gleichzeitig gelebt haben können, wird hier durch Superkräfte noch aufgepeppt!
Batsaurus & Co gegen Darkyloseid
Warum eigentlich soll es unter den Dinosauriern nicht auch Mutationen mit Superkräfte gegeben haben? Wir haben gerade erfahren, dass eine Art entdeckt worden ist, die vermutlich einen 15 Meter langen Hals hatte. Warum also nicht Batsaurus oder Wonderdon? Und wenn man die Tatsache akzeptiert, dass ein Überlebender von Krypton auf der heutigen Erde landen kann und aufgrund verändertere Bedingungen hier quasi Superkräfte besitzt, ist eine Landung zu prähistorischer Zeit nicht weniger wahrscheinlich.
Um die Geschichte weiterzuspinnen (und die Dinosaurier und ähnliches Getier vollständig zu vermenschlichen) darf man die Wesen in Kategorien wie „gut“ oder „böse“ einteilen. Und schon kann man die wunderbarsten Keilereien beschreiben. Das (natürlich falsche, dramaturgisch aber hilfreiche) Hinzufügen von Menschen ergibt einen hilfreichen Spielball, der sowohl als hilfloses Opfer als auch als zu rettender Auslöser von Beschützerinstinkten taugt.
Als letzte Zutat eine ganz große Bedrohung für alles und fertig ist die Suppe, aus der Gedeon und Johnson eine Story gebastelt haben, die feinstes Actionspektakel bietet. Nehmt es entweder als Satire, die die Superheld*innensparte ad absurdum führt, oder als extreme Variante zum Abschalten (seit den Pulps eine typische Motivation).
Quietschbunt
Das ganze Spektakel ist passenderweise quietschbunt umgesetzt. Krasse Farben, heftige Zähne und viele Soundwords erinnern phasenweise eher an einen Manga als an einen DC-Titel. Die Seiten sind allerdings nicht unbedingt kindgerecht, können sie doch die eine oder andere Verunsicherung und Ängstigung auslösen.
Unerwartete Variante!
Auf die Jurassic-League muss man sich einlassen wollen. Die erdgeschichtlichen Widersprüche sind hanebüchen und die Logik darf man auch nicht suchen wollen. Wer das Ganze aber als Spaß sieht und als Komödie betrachtet, wird seinen Spaß daran haben! Der Band enthält die komplette Mini-Serie, ein paar Variant-Cover und ein paar Hinweise, welche*r Held*in mit welchem Dino verschmolzen wurde.
Dazu passen ein Rainbow-Cocktail und „Frontier Psychiatrist“ von The Avalanches!
Joe Hill ist das Pseudonym des Sohnes von Stephen King, der ohne Belastungen anfangen wollte. Mittlerweile hat er sich aus dem Schatten längst befreit und steht für gepflegten Horror. Hill schreibt dabei sowohl Romane als auch Szenarien für Comics, die in mehreren Miniserien erscheinen. Die Sea Dogs tauchten dabei in jedem dieser Hefte mit zwei bis drei Seiten auf und liegen hier nun komplett als Black Label Edition vor. Leinen los für die Werwölfe auf Hohe See!
Der amerikanische Unabhängigkeitskrieg als Hintergrund
Die heutigen Vereinigten Staaten waren lange Zeit eine englische Kolonie. Auch andere Kontinentalmächte wie die Niederlande und Frankreich hatten ihre Finger im Spiel, wieder andere wie Spanien hatten weiter südlich ihre Pfründe gefunden. Unter anderem wegen zu hohen Abgaben hatten amerikanische Siedler begonnen, für ihre Unabhängigkeit zu kämpfen. Von der Boston Tea Party im Jahre 1773 bis zum Jahr 1780 war es eine lange Zeit von bitteren Niederlagen und die Moral der Amerikaner war nicht mehr hoch.
Insbesondere war zu bemerken, dass die britische Flotte die amerikanische fast vollständig vernichtet hatte und nun drohte, jeden Hafen zu zerstören, der Ladung von französischen oder spanischen Schiffen gelöscht hatte. Tatsächlich half in dieser Situation der zerstörerischte Hurrikan aller Zeiten. Joe Hill erzählt aber eine andere Geschichte!
Es kam darauf an, die siegesgewohnten Briten zu verunsichern und ihnen den Glauben an die eigene Unverwundbarkeit zu nehmen. Was könnte da besser Helfen als eine Gruppe von Werwölfen „under cover“ einzuschiffen und sie ihre Arbeit erledigen zu lassen?
Das raue Leben auf hoher See
Typischerweise erzählen die meisten Comic-Abenteuer auf hoher See die kriegerischen Begegnungen mit englischen Schiffen aus der Sicht der Piraten. Diese sind cool, verwegen, gegen Ende allerdings oft kopflos. Hier ist der Fokus auf dem englischen Kriegsschiff; die Besatzung ist eingespielt und leicht in der Lage, neue Mitglieder zu integrieren. Dan McDaid beginnt dann auch damit, den rauen Alltag zu zeigen. Dann beginnen jedoch nachts Crewmitglieder zu verschwinden, werden hundeköpfige Kreaturen gesichtet und die Angst beginnt.
Als dann noch ein sehr starker Hurrikan aufkommt und mehrere feindliche Schiffe gesichtet werden, scheint die Zeit der Abrechnung gekommen. Die Zeichnungen nehmen sowohl die Angst der Besatzung als auch den Fanatismus der Offiziere auf und zeigen den zunehmenden Horror durch Wetter, Gegner und Monster.
Nette Variante!
Die Werwölfe sind hier, anders als in vielen young-adult Stories, mörderische Kreaturen. Sie verbreiten schon in normalen Situationen Angst und Schrecken und die Enge eines Schiffes, die nicht einmal die Idee einer Fluchtmöglichkeit eröffnet, verstärkt das noch. Die Zeichnungen sind – bei diesem Thema auch wohl nicht anders erwartbar – nichts für kleine Kinder, allerdings weit entfernt von einigen Splatter-Serien.
Die Verknüpfung von geschichtlichen Ereignissen mit mythischen Kreaturen ist durchaus nett zu lesen. Ein weiterer nicht üblicher Punkt ist die häppchenweise Veröffentlichung von nur zwei Seiten, die wegen der pausenlosen Cliffhanger eine ganz andere Spannung erzeugt als sie üblicherweise in den US-Heften serviert wird. Wie immer bei Panini gibt es ein wenig Hintergrundwissen über Beteiligte und die Geschichte. Der Band ist auch als limitiertes Hardcover erhältlich.
Cover der limitierten Ausgabe
Dazu passen ein Rum-Grog und „The Raven“ von The Stranglers!
Ein Superheld, der so viele Jahre auf dem Buckel hat, musste folgerichtig öfters „neu“ erfunden werden. Nicht immer sind die Fans der „Alten“ Inkarnation mit der aktuellen einverstanden und so macht es durchaus Sinn, ein Revival anzubieten. 1989 und 1992 liefen zwei sehr erfolgreiche Verfilmungen von Regisseur Tim Burton mit der Fledermaus im Kino. Nun also die offizielle Fortsetzung der Blockbuster, geschrieben vom damaligen Drehbuchautor Sam Hamm!
Kampf gegen die Korruption
Gotham ist ein Moloch, der regiert wird von korrupten Politikern, unterstützt durch ebensolche Polizist*innen. Zwar versucht Commissioner Gordon dagegen anzugehen, ist sogar ein Bündnis mit dem Vigilanten Batman eingegangen, der Erfolg ist bisher aber ausgeblieben. Staatsanwalt Harvey Dent will endlich aufräumen und in der Metropole für Recht und Ordnung sorgen. Es bleibt allerdings ein wenig im Unklaren, ob wirklich die Stadt im Fokus seiner Bemühungen steht oder doch die eigene Karriere.
Auf jeden Fall hat er eine Beziehung mit der Tochter des Polizeichefs, Barbara, und versucht, ihre Kenntnisse zu nutzen. Als Haupthindernis für ein „neues Gotham“ sind schnell zwei Hindernisse ausgemacht: Gordon und Batman! Dent setzt alle seine Kommunikationstricks ein und verschiedenste gesellschaftliche Gruppen auf seine Seite zu bringen.
Es gibt allerdings noch einen weiteren neuen Maskierten, ein junger Schwarzer macht seine ersten Schritte als Robin. Für die Verfilmungen war er ursprünglich geplant, fiel dann aber doch dem Kostendruck zum Opfer. Jetzt lässt Hamm ihn wie geplant auftreten und auch Catwoman ist wieder mit von der Partie. Alles wird anders als die linke Gesichtshälfte Dents durch einen Unfall entstellt wird.
Leicht nostalgische Zeichnungen
Umgesetzt wird das Ganze von Joe Quinones, einem Schüler von David Mazzucchelli. Er hat aber in mehreren Arbeiten für DC und Marvel einen eigenen Stil entwickelt. Für dieses Projekt hat er einen leichten nostalgischen Touch hinzugefügt. Das Werk wirkt dadurch gleichzeitig modern, erinnert aber auch ein wenig an die Zeit vor 40 Jahren. Auch sonst erinnert der Zeichner immer mal wieder an längst Vergangenes.
Wer sich damals im Kino wohlgefühlt hat, wird jetzt einiges wieder erkennen. Die Figuren entsprechen in ihrem Aussehen natürlich den damals besetzten Schauspieler*innen und die Beziehung aufeinander ist offensichtlich. Gleichzeitig atmet das Werk aber auch den Geist der damaligen Filme, weit entfernt vom heutigen Pyrotechnik/SFX-Overkill!
Lohnt sich!
Batman ist eigentlich mein Lieblings-Superheld! Er hat keine Superkräfte, muss neben Kraft seinen Grips einsetzen und hat(te) Gegner*innen, die ebenfalls diesem Schema entsprachen während anderswo Außerirdische und Gött*innen sich die Klinke in die Hand gaben. Dieser Charme ist über die Jahre irgendwie verloren gegangen und taucht mittlerweile nur noch in Sonderreihen auf.
Zum Glück gibt es aber genau diese und Batman 89 ist ein weiteres Beispiel dafür, dass auch heutzutage noch Geschichten im alten Stil erzählt werden können. Womit nicht gesagt werden soll, dass der aktuelle Batman nicht seine verdienten Fans hätte. Er ist nur anders. Allen, denen es genauso geht, wird dieser Band gefallen!
Dazu passen ein Korn-Kirsch im Rialto-Glas und The Choice!
Meine Jahresbestenliste und ein paar Worte zum Geleit
Es ist wieder so weit, das Jahr nähert sich dem Ende. Niemand hätte sich träumen lassen, dass die „Katastrophe“ Corona/COVID von viel Schlimmeren abgelöst werden würde. In diesem Sinne wünsche ich allen Leser*innen von comix-online Frohe Festtage und einen guten Start in ein hoffentlich gutes Neues Jahr.
Wie immer folgt eine rein persönliche Übersicht über meine Favoriten in den schon bekannten Kategorien. Dazu ein paar Worte über einige Künstler, die uns in diesem Jahr verlassen haben. Ihr könnt gerne die Kommentarmöglichkeit am Ende des Artikels nutzen, um entweder eure Favoriten mitzuteilen oder aber eure Gedanken zu meiner Auswahl zu posten.
Für comix-online war das Jahr sehr erfolgreich. Mehr als 83.000 gezielte Aufrufe einzelner Seiten (also ohne die Startseite) sind ein neuer Rekord. Die Charts mit den am häufigsten aufgerufenen Seiten der letzten 30 Tage bzw. der „All-Time-Favourites“ zeigen durchaus Bewegung und lassen eure Präferenzen deutlich werden. Trotzdem freue ich mich über Kommentare oder Feedback, gerade auch bezüglich Informationen, die euch fehlen.
Die besten Comics
Die Königskategorie ist in gewisser Weise schwierig: Eigentlich erwartet wahrscheinlich jede*r hier, das Marsupilami-Abenteuer von Flix zu sehen. Mit Sicherheit ein toller Titel, ein Verkaufserfolg und eine Anerkennung des deutschen Zeichners und Szenaristen durch die belgischen Markeneigner. Aber ich möchte hier trotzdem das Spotlight auf fünf andere Titel werfen:
Platz 1 geht an eine Künstlerin aus Deutschland: Jennifer Daniel mit Das Gutachten! Die Autorin wirft einen Blick auf die deutsche Geschichte der 70-er Jahre. Während die einen es die bleierne Zeit nennen, war es für andere die Zeit des Erwachens. Mit sehr persönlichem Blick seziert Jennifer Daniel das Gebilde, in dem der Held funktionieren soll, und das doch immer mehr Risse bekommt!
Knapp dahinter ein ebenfalls politischer Titel: Rorschach 4. 35 Jahre nach den Watchmen verkleidet sich jemand als Rorschach und verübt zusammen mit einer als Cowgirl verkleideten Begleiterin ein Attentat auf den Präsidentschaftskandidaten der Republikanischen Partei. Das FBI versucht, diesen Anschlag aufzudecken und Autor Tom King führt uns immer tiefer in eine Mischung aus Wahrheit und Fiktion, die kaum noch auseinander zu halten sind. Jorge Fornés setzt das in tolle Bilder um.
Adventureman ist eine sehr spannende Mischung aus Pulp und moderner Geschichte. So würde die Gattung wohl aussehen, wenn sie heutzutage entwickelt werden würde. Hohes Tempo, viel Action, eine große Prise Humor und ein Stückchen Irrwitz. Matt Fractions Story treibt Terry Dodson zu rasantem Tempo und macht sehr viel Spaß.
Platz 4 geht an einen wiederentdeckten Klassiker, Alain Cardain von Yvan Delporte und Gérald Forton. In der Reihe ZACK-Spezial, wofür dieser Band auch ein wenig stellvertretend steht, werden frankobelgische Klassiker, die es aus unterschiedlichen Gründen nicht nach Deutschland geschafft haben, ansprechend präsentiert. Hier geht es um die Anfänger der Eroberung des Weltalls. Die Ausgaben sind limitiert und nur für ZACK-Abonennt*innen erhältlich.
Platz 5 ist ein Doppelband: Die Fälle von Lord Harold dem Zwölften spielt im London während des Übergangs zur Moderne. Der junge Lord begeistert sich für die wissenschaftlichen Aspekte der Kriminologie und möchte sein Wissen anwenden. Dem Adel war damals eine Beschäftigung allerdings komplett fremd. Im Mittelpunkt steht der Stadtteil Blackwater, der modernisiert werden soll, gleichzeitig aber die Heimat auch der Kleinkriminellen ist. Sehr witzig, spannend und doch mit ernsthaftem Hintergrund erzählt von Philippe Charlot mit Bildern von Xavier Fourqemin.
Die besten Graphic Novels
Es ist immer ein wenig schwierig, Graphic Novels und „reguläre“ Comics voneinander abzugrenzen. Ich versuche mich gar nicht erst an einer Definition, habe aber klare Vorstellungen.
Platz 1 geht an die Literaturadaption Nur noch Stille aus dem All-Verlag. Fabrice Colin hat die Geschichte von R. J. Ellory für das Comicformat umgearbeitet, Richard Guérineau kongenial umgesetzt. Eine trügerische Kleinstadtidylle wird durch den brutalen Mord an kleinen Mädchen empfindlich gestört. Es gibt falsche Verdächtigungen, Alpträume und eine 60-Jahre lange Verfolgung!
Der folgende Platz geht an das Biopic Anaïs Nin von Léonie Bischoff. Die berühmt-berüchtigte Schriftstellerin wird in all ihren Widersprüchen porträtiert. Bischoff konzentriert sich dabei auf die Seele von Nin und ihre frühkindlich geprägte Verlassensangst, die später zu dem unstillbaren Bedürfnis nach körperlicher Zuneigung geführt hat. Leichte Zeichnungen mit Buntstiften schaffen ein Klima der Annäherung ohne Vorurteile.
Platz drei wird von wieder einer anderen Spielart eingenommen. bestemming: canada erzählt 10 Geschichten über Menschen, die aus den Niederlanden nach Kanada ausgewandert sind. Da die Berichte von zehn sehr unterschiedlichen Zeichner*innen umgesetzt werden, kommt dabei nicht nur eine interessante Sammlung von Schicksalen zum Ausdruck, der Band bietet auch noch einen guten überblick über die aktuelle niederländische Szene.
Die besten Gesamtausgaben
Gesamtausgaben von Klassikern waren schon immer im Programm auch von Verlagen, die ansonsten kein großes Comic-Segment hatten. So auch bei meinem diesjährigen Favoriten, der Marvel Comics Library aus dem Taschen-Verlag! In bisher drei Bänden im XXL-Format, jeweils mehrere Kilo schwer, mit Lesebändchen versehen, in einem speziellen Karton ausgeliefert und auf weltweit 5000 Exemplare limitiert, wurden die jeweils ersten 20 Ausgaben der bahnbrechenden Serien Spider-Man, Avengers und Fantastic Four publiziert. Neben kompetenten, persönlichen Einleitungen von Experten sind die Hefte in fantastischer Reproduktionsqualität abgedruckt, inklusive Werbung, Cover und Leserbriefseiten. Eine Vielzahl an Abbildungen und editorischen Notizen runden die Werke ab, die zurecht mit dem Will Eisner-Award ausgezeichnet worden sind. Coffetable books at their best!
Platz zwei wird gehalten von der Gesamtausgabe einer klassischen Westernserie, die in der Vergangenheit eine sehr wechselhafte Veröffentlichungsgeschichte in Deutschland erlebt hatte und trotzdem nie komplettiert worden war: Chinaman von Serge Le Tendre und Olivier TaDuc. Im Mittelpunkt steht der aus China ausgewanderte Chen Long Ann. Der ursprüngliche Triaden-Killer wendet sich gegen seinen Herren und kämpft fortan gegen Rassismus und Unterdrückung jeder Form. Man kann immer darüber streiten, ob Gesamtausgaben Geldschneiderei sind oder nicht. Solange sie Käufer*innen finden, sind sie für mich legitim. In diesem Falle jedoch wird es Zeit, dass das Highlight des Western-Genres jetzt endlich angemessen auf Deutsch vorliegt.
Auch Platz 3 wird von der Neuausgabe einer Western-Serie erobert: Die Blauen Boys haben in Deutschland nie die Wertschätzung wie bei unseren westlichen Nachbar*innen erfahren. Dabei stellen sie mit ihrer Mischung aus Komik und ernsthafter, faktenbasierter Kritik an Kriegen und Armee eine sehr seltene Mischung dar. Band 1 der Integral-Reihe ist schon vor geraumer Zeit erschienen, die Fortsetzung lag lange auf Eis. In diesem Jahr nun erfolgte mit den Bänden 2 und 3 der Re-Start! Die ersten Bände waren in Deutschland nur in heute fragwürdigen Übersetzungen erschienen.
Ein Novum in der Geschichte: Ein Szenarist nimmt gleich zwei Plätze hintereinander in der Rangliste ein. Cauvin ist nicht nur für die Blauen Boys verantwortlich, sondern auch für die Geschichten mit den Gorillas aus dem Chicago der Prohibitionszeit: Sammy & Jack. Die auf 10 Bände angelegte Reihe kommt mit ausführlichen redaktionellen Beiträgen und setzt auf Humor. Die Zeichnungen stammen von Berck. Auch diese Serie hat eine bewegte Publikationshistorie in Deutschland.
Platz 5 ist eine „echte“ Gesamtausgabe: Miss October von Stephen Desberg und Alain Queireix erzählt einen Krimi über eine junge Frau, die ein Trauma aufzuarbeiten hat und nebenbei als Diebin arbeitet, einen Bullen, der sich in die falschen Leute verliebt, und einen Serienkiller. Alle vier Bände sind jetzt in einem Integral wieder aufgelegt worden.
Die besten Sekundärwerke
Das beste Sekundärwerk in diesem Jahr hat bisher auf dieser Seite keine Rezension erhalten. Trotzdem hat der Ausstellungskatalog Horror im Comic von Alexander Braun jede*n Leser*in verdient! In verständlicher Sprache, trotzdem aber voller Details wird die Geschichte dieser Spielart hergeleitet, psychologisch erklärt und über die verschiedenen Varianten und Epochen sehr anschaulich präsentiert. Die dazugehörige Ausstellung im Dortmunder schauraum: comic und cartoon war für sechs Monate zu sehen und ist mittlerweile beendet. Der Katalog ist aber regulär beim avant-Verlag erhältlich.
Die deutsche Independent-Szene steht im Fokus des ICOM. Dabei geht es sowohl um Marketing nach außen als auch um Unterstützung für die Mitglieder nach Innen. Ein Schwerpunkt der jährlichen Comic!-Jahrbücher ist die Vorstellung der ICOM Preisträger*innen. Der inhaltliche Aspekt stand in diesem Jahr unter dem Motto Comics und Umwelt. Ein verdienter zweiter Preis!
Der dritte Platz geht eindeutig an das Team der Reddition. In 2022 ist leider nur ein Dossier erschienen, das dem Szenaristen André-Paul Duchâteau gewidmet war. Die Dezember-Ausgabe 2021 war eine Doppelnummer gewesen, insofern ist der Regelmäßigkeit des Erscheinens Genüge getan. Wer auch immer zu einem Thema der Comicwelt Informationen sucht, ist gut beraten zunächst im Archiv der Reddition-Ausgaben zu suchen. Für Abonnent*innen gibt es jeweils eine limitierte Extrabeilage.
Die besten Magazine
Auf Platz 1 in diesem Jahr das ZACK! Jeden Monat liefert Georg F. W. Tempel einen guten Querschnitt aus aktuellen Comics, Gags und Informationen ab, der nicht nur die „Generation ZACK“ bedient, sondern auch über den Tellerrand schaut und Comics nach Deutschland bringt, die hier (meistens) nicht als Alben erscheinen. Hervorzuheben ist dabei, dass angefangene Serien auch beendet werden, selbst wenn sie über Jahre laufen. Dabei stehen neben den runderneuerten Klassikern wie Michel Vaillant oder Rick Master auch spannende Projekte wie Amoras oder MADI im Fokus. Serien aus Deutschland haben dort ebenfalls ihren Platz, aber nicht um eine Quote zu erfüllen, sondern weil sie wie etwa die Frau mit dem Silberstern einfach gut sind! 50 Jahre ist es nun her, dass die erste Ausgabe erschienen ist und das Jubiläumsjahr hat unter anderem eine Erweiterung des Umfanges auf nun 92 Seiten gebracht. Weiter so!
Kann eine Zeitschrift, die nur alle drei Jahre erscheint und außerdem noch in der aktuellen Nummer keine einzige Comic-Seite enthält, den zweiten Platz im Ranking von Comic-Magazinen einnehmen? Ja! CAMP erscheint zwar nur selten und hat ein deutlich breiteres Spektrum, ist aber definitiv sehr unterhaltsam, anregend und die eigenen Lesegewohnheiten herausfordernd. Da es zudem viele Artikel enthält, die dem Comic-Segment zuzuordnen sind, stehe ich zu dieser Auswahl. Da wären etwa die Adaptionen der Nestor-Burma-Romane oder Nosferatu im Comic, aber auch Überlegungen zur Cancel-Kultur, zu Isaac Asimov oder dem Sammeln von Spielzeugrobotern. Rezension folgt!
Platz 3 geht an den Relaunch des Wandelnden Geist: Das Phantom ist zurück auf dem Kiosk-Markt! Alle zwei Monate werden Geschichten aus den unterschiedlichen internationalen Veröffentlichungen präsentiert. Dabei kommen sowohl „alte“ Sonntagsseiten von Lee Falk zum Abdruck wie auch aktuelle Stories aus Schweden oder den USA! Die Hefte haben in der Mitte jeweils ein Poster zum herausnehmen. Zauberstern Comics haben damit allen Phans einen Wunsch erfüllt.
Und dann ist da noch …
das Jubiläum des Jahres! Während in der realen Welt Superreiche wesentliche Teile ihres Einkommens spenden, aufgrund einer Scheidung riesige Summen abgeben müssen und trotzdem superreich bleiben oder sich aus Spaß eine Software mit blauen Häkchen kaufen, feiert die wahrlich reichste Ente der Welt bereits ihren 75. Geburtstag! Comix-online gratuliert Onkel Dagobert!
Ein vollständiger Nekrolog ist an dieser Stelle nicht möglich. Ein guter Anlaufpunkt dafür sind die entsprechenden Seiten von Wikipedia in den jeweiligen Landessprachen. Den vollständigsten Überblick findet man sicherlich auf der englischsprachigen Variante. Trotzdem soll hier an ein paar erinnert werden:
Jean-Claude Mézières, Neal Adams, George Pérez, Tim Sale, Alan Grant, François Corteggiani und viele mehr !
Auf comix-online ist es ein guter Brauch, Rezensionen mit einem Vorschlag für ein passendes Getränk und musikalische Begleitung abzuschließen. An dieser Stelle darf daher der Hinweis nicht fehlen, dass Im Dezember Terry Hall, der Sänger und Songwriter der Specials, Fun Boy Three und vieler weitere Combos von uns gegangen ist. In diesem Sinne: „Ghost Town“!
Könige kommen und gehen, Königreiche bleiben bestehen. Conan, der von Robert E. Howard erschaffene Prototyp eines Barbarenkriegers, ist ein multimediales Ereignis. Eine Erscheinungsform sind die auf Basis der Originalfigur weitergeführten Comics bei Marvel. Dort gibt es einerseits die typischen Team-Ups, es werden aber auch Lücken im Leben des Barbaren aus Cimmeria gefüllt.
Unerwartete Thronfolge und schwarze Magie
Dieser Sechs-Teiler spielt relativ weit am Ende des Conanschen Lebenszyklus. Er ist König von Aquilonien und sein Sohn, genannt Conn, ist zu einem jungen Mann herangewachsen. Zu einem Barbaren scheinen gewisse veraltete Erziehungsmethoden dazuzugehören und so hat der Alte seinen Sohn ständig Prüfungen unterworfen, gedemütigt und zur Härte geschult. Trotz allem glaubt der Vater, dass der Sohn nur im behüteten Luxus aufgewachsen sei und will ihn verstoßen, „damit der Junge etwas für das Leben lernt“. Dieser hat jedoch eigene Vorstellungen!
Schließlich ist es der Ältere, der in See sticht und nach langer Fahrt auf einer üblen Insel strandet. Dort muss sich Conan nicht nur mit einem seiner Erzfeinde, dem Zauberer Thoth-Amon auseinandersetzen, die Insel wird auch jede Nacht von untoten ertrunkenen Seeleuten heimgesucht. Alle haben es auf das Blut des Barbaren abgesehen.
Und dann gibt es da noch eine weitere Bewohnerin, die Prinzessin scheint ebenfalls eigene Absichten zu haben. Durchaus spannende Geschichte von Jason Aaron, der mit den bekannten Versatzstücken ein stimmiges neues Kapitel ausbreitet. Kampfkraft, Magie, emotionale Bindungsunfähigkeit und Ränkespiele stehen im Mittelpunkt.
American Mainstream trifft französische Moderne
Mahmud Asrar zählt in den USA zu den Top-Stars im Superheld*innen-Mainstream. Sein Stil weist aber auch europäische Einflüsse, etwa aus dem modernen Fantasy-Genre, auf. Er ist gekennzeichnet durch eine hohe Dynamik, sehr flexibles Layout und schnelle Perspektivwechsel. Die Hintergründe können detailliert ausfallen aber auch aus einfacher Farbgebung bestehen.
Es gelingt ihm ganz gut, den grimmigen Conan darzustellen, der sich seiner Fähigkeiten bewusst ist und aufgrund seiner Areligiosität auch keine Furcht kennt. Auch die Zombie-artigen Untoten wirken gelungen, die affenähnlichen Monster dagegen weniger.
Ein ansehnliches Kapitel!
Conan wird wohl niemals wirklich sterben. Selbst wenn: da die Geschichten keiner Chronologie folgen, gäbe es immer noch genügend Möglichkeiten für weitere Rückblicke. Aaron integriert die verschiedenen Konfliktlinien zwischen Vater und Sohn, Kämpfer und Zauberer sowie Lebewesen und verfluchter Person geschickt und spannend. Dabei schadet es keinesfalls, dass der Sammelband die monatlichen Wartezeiten erspart!
Für Fans des Schwertkämpfers ein guter Kauf, vor allem, da das zu einfache Menschenbild durchaus in Frage gestellt wird. Aaron und Asrar runden ihren Zyklus damit ab. Der Band passt im Übrigen vom äußeren Erscheinungsbild zu den anderen aktuellen Conan-Reihen bei Panini.
Dazu passen ein Primitivo und Die Ärzte mit „Junge“!
Den dunklen Ritter und die diebische Katzenfrau verbinden viele Liebesgeschichten. In der regulären Serie hatten die beiden heiraten wollen, Catwoman hatte allerdings kurz vorher einen Rückzieher gemacht. Im Black Label dürfen allerdings Geschichten erzählt werden, die sich nicht an die Kontinuität halten müssen und dementsprechend kann Tom King in Batman/Catwoman doch von dem Ehepaar Wayne berichten.
Der lange Schatten des Jokers
Selina Kyle und Bruce Wayne haben nicht nur geheiratet, sie sind auch zusammen alt geworden. Eigentlich haben beide ihre Kostüme an den Nagel gehängt und ihre Identitäten an die nächste Generation übertragen. Was also eine einfache Liebesgeschichte sein könnte, ist im Comic aller Wahrscheinlichkeit nach komplizierter, und so ist es auch hier: Der Joker und Catwomans Beziehung zu ihm standen immer ein wenig zwischen den Partner*innen und nun auch zwischen Mutter und Tochter Helena Wayne.
Welche Schuld trägt Selina am Tod des Schurken? Wird sie sich dafür verantworten müssen? Oder ist es nicht vielmehr ein Segen, dass das Monster endlich von der Bildfläche verschwunden ist? Tom King erzählt die ultimative Geschichte einer besonderen Beziehung und baut nicht nur die übliche Tragik der Batman-Stories ein. An ganz unerwarteten Stellen wird es wirklich witzig!
Die Weihnachtsgeschichte in 12 Kapiteln ist an und für sich schon ein echtes Meisterwerk im Bat-Kosmos, bekommt aber noch einen grandiosen Bonus im Special. Dieses dient zugleich als Hommage an den (zu früh) verstorbenen John Paul Leon und führt die Geschichte weiter. Ohne zu viel vorwegzunehmen kann es wohl nicht schaden zu sagen, dass der Kreis sich schließen wird.
Zeichnungen in Poster-Qualität
Das übergroße Format lässt die Zeichnungen von Clay Mann in noch besserem Licht erscheinen. Viele Seiten oder Panels könnten als Posterillustration Verwendung finden. Weiterhin springt die Geschichte zwischen verschiedenen Zeitsträngen hin und her und Mann schafft es, auch die stark gealterten Figuren mit Sympathie darzustellen!
Der Teil aus dem Special ist in einem ganz anderen Stil gehalten: Fast schon holzschnittartige, kräftige Konturen, die mit von Seite zu Seite unterschiedlichen Paletten eingefärbt worden sind. Durch diese Reduktion ist der Gegensatz zu den ersten drei Teilen besonders stark, fällt aber qualitativ nicht ab. Allein, es braucht ein paar Seiten zur Umgewöhnung.
Eine Bereicherung jeder Bat-Sammlung
Die Serie über Batman und Catwoman ist sicherlich in keiner Sammlung mit Charakteren aus Gotham ein Fremdkörper. Sauber erzählt und auf hohem Niveau grafisch umgesetzt, berührt die Serie von Tom King nicht nur das Verhältnis zwischen den Hauptpersonen, sondern auch Standard-Fragen: Ist das Verbrechen nur da wegen des dunklen Ritters oder ist er die Reaktion auf die Gewalt? Wie viele Geheimnisse verträgt eine Partnerschaft? Und nicht zuletzt, ist es richtig/erlaubt/verboten, Monster wie den Joker zu töten?
Das Hardcover im Überformat bringt die Zeichnungen gut zur Geltung, erlaubt natürlich aber auch einen etwas höheren Preis verglichen mit der Standard-Broschur. Wie fast immer gibt es auch noch ein limitiertes Variant mit anderem Covermotiv.
Fear State bzw. Stadt der Angst in deutscher Übersetzung ist eines der DC (Batman-) Mega-Events, das über viele Serien hinwegfegt. In Gotham hat der Magistrat die Macht übernommen und bekämpft Super-Held*innen wie Schurk*innen gleichermaßen. Die Stadt soll gleichgeschaltet werden und Individualität ausgerottet. Natürlich sind damit nicht alle einverstanden und es entstehen seltsame Allianzen aus vormals Gut und Böse; Grenzen erweisen sich als nicht mehr stabil und der Kampf um die Stadt ist in vollem Gange!
Die Beschützerin von Alleytown
Nachdem Selina Kyle aus ihrem selbstgewählten Exil zurückgekommen ist, haben sich die Ereignisse quasi überschlagen. Immerhin kann sie wieder mit ihrem Ex, dem Dunklen Ritter, obwohl sie die Hochzeit hatte platzen lassen. In Band 5 hatte sie begonnen, sich ihr altes Viertel, Alleytown, wieder zu erobern und eine neue Organisation mit Hilfe von bisher unorganisierten Jugendlichen aufzubauen. In Band 6 ist nachzulesen, wie und warum Catwoman das Leben des Riddler und von Poison Ivy gerettet hat.
In dem aktuellen, aus sechs Einzelheften bestehendem Sammelband, muss sich die maskierte Diebin dem Angriff der Privatarmee des Magistrats gegen ihr Viertel erwehren. Und auch die Sache mit dem auf sie angesetzten Killer, Pater Valley, ist nicht ausgestanden. Da es dabei hart auf hart geht, stellt sie sich die Frage, ob es richtig ist, das Leben von so vielen Menschen aufs Spiel zu setzen, um ihre Idee des Lebens durchzusetzen. Diese Emotionen werden umso stärker als die Gefahren für ihre Freund*innen und sogar ihre Familie immer größer werden. Tatsächlich – und das ist im amerikanischen Mainstream nicht so häufig – überleben auch bekannte Charaktere diese Auseinandersetzung nicht.
In der parallelen Handlung geht es um die „Team-Konflikte“: Kann es wirklich gut gehen, wenn Croc, der Riddler, Catwoman und andere auf einer Seite stehen? Es ist sehr unwahrscheinlich, dass der Pinguin sich damit abfinden wird, doch welches Ass hat er Im Ärmel? Vor allem aber stellt sich natürlich die Frage, ob es gelingen wird, Poison Ivy zu beschützen? Ram V präsentiert einen guten Abschluss seines Runs! Grundsätzlich ist mir dieses Event zu „ballerlastig“, es gelingt aber die emotionalen und persönlichen Elemente, die Catwoman bisher ausgezeichnet haben, auch innerhalb dieses Umfelds hochzuhalten und sogar noch auszubauen. Wir dürfen gespannt sein, wie sich das weiterentwickeln wird!
Unterschiedliche Zeichenstile
Im Gegensatz zu europäischen Comics, in denen ein Handlungsstrang typischerweise von einem Künstler*innengespann umgesetzt wird, können bei den US-Serien einzelne Kapitel von unterschiedlichen Autor*innen oder Zeichner*innen umgesetzt worden sein. Gerade bei einer Veröffentlichung in Sammelbänden fällt das natürlich mehr auf, als wenn ein Monat dazwischenliegen würde. Das kann irritierend sein oder aber auch, wie hier, erfrischend.
Fernando Blanco hat einen sehr realistischen Stil, der trotz allem sehr glatt rüberkommt. Nina Vakueva (teilweise zusammen mit Laura Braga) ist viel rauer. Der Schatten ist nicht mehr nur koloriert, sondern finden sich auch in Schraffuren und Rastern wieder. Vom Layout her fühlt man sich an Popcorn-Kino erinnert. Ständig explodiert etwas, schnelle und harte Schnitte sorgen für Tempo. Den Abschluss liefert Caspar Wijngaard: psychedelische Farben, teilweise an den animated style angelehnte Gesichter vor extrem detaillierten Hintergründen. Diese Überraschung ist für mich gelungen!
Ein würdiges Finale
Dieser Band ist gleich mehrfach ein Finale, denn die Strecke von Ram V endet hier. Er hat die Figur von Catwoman weiterentwickelt, die von allen akzeptierte Chefin von Alleytown kreiert und somit eine neue Inkarnation geschaffen. Gleichzeitig hat er aber auch die Ballerevents in die Serie integriert, ohne die Besonderheiten aufzugeben. Auch diese sind nun durch und die Serien separieren sich wieder etwas.
Eine sympathische Heldin, die prinzipiell „gut“ ist, ohne dabei moralinsauer rüberzukommen. Sie akzeptiert nicht nur in ihrem Gefolge (Klein-)Kriminalität, sondern bricht selbst das Gesetz ein ums andere Mal. Dieser Konflikt, auch mit ihrem Lover, ist ein wesentliches Erfolgsmerkmal!
Dazu passen ein Espresso Martini und Offspring – Kids aren’t allright!
Story: Ric Hoskin, Isaac Stewart nach Brandon Sanderson Zeichnungen: Julius Gopez, Nabetse Zitro, Justyna Gil, Ben McSweeney, Dan dos Santos Originaltitel: White Sand ™ A Cosmere® Graphic Novel
Neue Welten für ein Fantasy-Abenteuer zu kreieren ist gar nicht so einfach. Brandon Sanderson beschreibt in der Einleitung seine ersten Versuche und seine Schwierigkeiten, seinen Erfindungsgeist weg von den eingefahrenen Pfaden Arrakis oder Tatooine zu lenken. Glücklicherweise ist es ihm aber gelungen und Weisser Sand ist kein Klon einer schon existierenden Saga.
Die Sandmeister
Der Planet Taldain hat wie unser Mond eine Tag- und eine Nachtseite. Zwischen den beiden Hälften findet nur wenig Austausch statt, Religionen und Herrschaftssysteme sind jeweils auf ihren Bereich beschränkt. Auf der Tagseite lebt die Kaste der sogenannten Sandmeister. Sie sind in der Lage, eines oder mehrere sogenannte Sandbänder zu erschaffen. Sie bringen Sand dazu, sich in bestimmter Weise zu bewegen und können dadurch sich selbst oder andere durch die Luft transportieren, Gefahren abwehren oder etwa den Sand wie ein Lasso oder eine Peitsche benutzen. Sie sind hierarchisch strukturiert und vergeben jährlich nach Training und Prüfungen neue Ränge.
Kenton ist ein junger Sandmeister, der nicht mit allen Traditionen seiner Mistreiter konform geht. Überdies kann er nur ein Sandband kontrollieren, dieses allerdings besser und schneller als alle anderen. Sein Vater ist Fürst-Mastrell, also Anführer der Sandmeister, und weigert sich beharrlich, Kenton den Rang des Mastrells zu übertragen. Aus lauter Frust wagt Kenton eine gefährliche Prüfung. Neben der reinen Stärke geht es auch um Macht, Verantwortung und Ränkespiele.
Parallel ist eine Truppe von Dunkelseiter*innen unter Führung von Herzogin Khrissalla unterwegs auf der Tagseite. Sie glauben, dass allein Sandmeister ihnen noch im Kampf gegen die drohende Vernichtung ihres Reiches helfen können. Obwohl sie feststellen, dass es anscheinend mehr Austausch zwischen den Seiten gibt als gedacht, stellt ihre Sprache doch ein großes Hindernis dar. Werden sie sich verständlich machen können und Hilfe finden?
Emotionen, Kampf und Blut in Serie
Comics aus dem Hause Dynamite sind teilweise etwas neben dem Mainstream. Einerseits werden hier Serien wie 007 und Vampirella veröffentlicht, andererseits gibt es auch durchaus härtere Kost wie z.B. The Boys. Brandon Sandersons Weisser Sand ist im Spektrum Teen+ angesiedelt und damit fast schon im Nachmittagsprogramm anzutreffen. Julius Gopez setzt die Story in sehr detaillierten Bildern um. Das Layout erinnert dabei teilweise an Salzkristalle!
Tiefe wird hauptsächlich durch Schraffuren erreicht, was für die aktuelle Zeichenkunst in den Heftchen eher ungewöhnlich ist. Dadurch wird eine gewisse Unruhe erzeugt. Daneben nehmen die feinen Linien aber auch Schärfe aus dem Spiel und simulieren eine ganz eigene Stimmung, die insbesondere die Szenen in der Wüste deutlich glaubwürdiger macht.
Eine neue Welt
Taldain hat das Zeug zu einem Ort für viele weitere Geschichten. Der zugrundeliegende, bisher unveröffentlichte Roman von Brandon Sanderson enthält alle Zutaten für ein großes Fantasyepos: politische Ränkeschmiede, Gefahr, junge Menschen, die an den Traditionen rütteln und nicht zuletzt Kämpfe gegen schier übermächtige Gegner*innen. In mehreren Einschüben wird die Welt, ihre Gilden, die Währung etc erklärt. Damit wird vieles an sonst notwendigen Erklärungen aus der Handlung herausgezogen und behindert somit den Erzählfluss nicht.
Natürlich fühlt man sich hier und da an andere Epen erinnert, da die Anzahl der Grundmotive nun einmal begrenzt ist. Da zumindest ich aber nie das Gefühl hatte, eine Kopie vorgesetzt zu bekommen, stört das keinesfalls. Sanderson beweist, dass sein Kosmeer groß genug für mehrere Serien ist und sein eigenständiges Werk sich nicht hinter der Vollendung des Jordanschen Rad der Zeit verstecken muss. Tipp für alle, die eine spannende neue Welt und neue Fähigkeiten kennen lernen wollen. Im Original liegen bereits zwei weitere Bände vor.
Cover der Vorzugsausgabe
Dazu passen ein stilles, temperiertes Wasser (Viel trinken bei Hitze!) und The Molotovs!