Das Phantom-Magazin hat den Anspruch, die deutschen Phans mit relevantem aktuellem Material aus den unterschiedlichen nationalen Phantom-Produktionen zu versorgen und dazu wenn möglich den einen oder anderen unveröffentlichten Klassiker zu bringen. Dabei geht man bewusst das Risiko ein, dass nicht allen Leser*innen jeder Stil gefallen wird. Heft 4 präsentierte einen Mix, der in diesem Heft abgeschlossene Storybogen hatte bereits in Heft 3 begonnen und war in 5 fortgesetzt worden.
Terrorismus und Kindersoldaten
Leider ist das Phänomen der Kindersoldaten in großen Teilen Asiens und Afrikas immer noch Realität. Anstelle einer Kindheit erwartet die oft zwangsrekrutierten Jungen eine von Gewalt, Demütigung und seelischer Folter geprägte Zeit an deren Ende oft drogenabhängige, gefühlskalte Todesmaschinen stehen. Ihre Herren wissen, welche Schalter sie drücken müssen, um alte Bindungen zu zerstören und sich die Kinder zu Nutze zu machen. So hatten wir im letzten Heft bereits das Aufnahmeritual der Tötung der Anverwandten gesehen.
Ein Bestandteil dieser Machtmaschine ist oft – wie auch hier – die religiöse Verbrämung: Entweder ist der Auftrag von einer höheren Macht gekommen oder aber der „Chef“ erklärt sich gleich selber zu einer göttlichen oder zumindest gesandten Figur. Da auch das Phantom auf einer Legende der Unsterblichkeit basiert, ist die Idee, eine „gute“ gegen eine „böse“ Unwahrheit antreten zu lassen, geschickt gewählt!
Im Laufe der Episoden erklären sich die vorhergegangenen Stories und ordnen sich in einen Masterplan ein an dessen Ende die Tötung des Wandelnden Geists stehen soll. Im Laufe der Geschichte muss er sich mit den Kindersoldaten, unerwarteten Bekannten und menschlichen, wie tierischen Kampfmaschinen auseinandersetzen. Die größte Challenge allerdings kommt zum Schluss!
Dynamisches Artwork
Silvestre Szilagyi hat einen dynamischen Strich, der die Kampfszenen gut zur Geltung bringt. Er benutzt nur äußert selten ein Raster, meistens hat er klare Konturen und Schattierungen für die Tiefe. Viele Szenen spielen in einer Dungeon-artigen Ruine, deren Darstellung für eine düstere, geladene Spannung sorgt.
Ich vermisse bei solchen Szenen die filmische Umsetzung nicht! Dieser moderne amerikanische Stil erinnert allerdings nicht mehr wirklich an die Zeitungsstrips der Anfangstage. Wer sich nach den lila eigefärbten Bastei-Seiten zurücksehnt, mag hier enttäuscht sein. Tatsächlich ist das aber eine sehr moderne, professionelle Umsetzung!
Action zum Lesen!
Nicht alle Phantom-Ableger sind so actionlastig wie die amerikanischen Moonstone-Ausgaben. Da der Run hiermit zunächst einmal abgeschlossen ist, wissen wir aber schon, dass das kommende Heft wieder einen ganz anderen Geist präsentieren wird. Und das macht nun einmal einen großen Teil des Reizes dieser Figur aus: verschiedene Interpretationen, verschiedene Zeiten, verschiedene Helden, aber immer nur eine Legende! Das Heft hat übrigens wieder ein Poster zum Heraustrennen.
Dazu passen Motörhead “God Was Never on Your Side” und ein Classic-Gin von African Spirit.
Wie angekündigt setzt das Team von Zauberstern-Comics die deutschen Erstveröffentlichungen der Phantom-Comics von Moonstone zügig fort. Es werden aber auch weiterhin Comics aus den anderen Ländern zu lesen sein. Und auch aus deutschen Landen gibt es eine regelmäßige Beteiligung, die manchmal etwas übersehen wird: Timo Würz ist für die Poster und oft auch das Titelbild verantwortlich. Dieses kommt allerdings von Ertugrul Edirne, der ebenfalls kein Unbekannter ist!
Terror in allen Schattierungen
Ein Grundmotiv der amerikanischen Phantom-Stories aus der monatlichen Ghost who wallks-Reihe sind internationale Terrororganisationen, die Furcht und Schrecken verbreiten. Es gibt immer einen persönlichen Bezug zu dem wandelnden Geist, der zu seinem Eingreifen führt. Dabei steht einerseits der Schutz der Unterdrückten, Bedrohten im Vordergrund, es geht aber auch um die Perpetuierung des Mythos, wenn es heißt: Richte niemals eine Waffe auf das Phantom!
Die Rückkehr des Dunklen Ostens ist ein Zweiteiler; aufsetzend auf eine alte kriminelle Sekte, die im Laufe der Zeiten schon mehrfach mit dem jeweiligen Phantom im Clinch lag, hat eine neue Organisation die alten Symbole wieder aufgenommen und bereits mehrfach Menschen entführt. Als jedoch die ihn besuchende Jaime Salamy entführt wird, muss der Maskierte eingreifen.
Internationale Gewässer spielt erneut auf einem Containerschiff und präsentiert eine sehr moderne Form von Piraterie. Allerdings ist nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich, wer zu den Bösen gehört. Schließlich beginnt der Mehrteiler Götterdämmerung: Destabilisierung von afrikanischen Staaten, Kindersoldaten und vieles mehr! Spannende Geschichten, die den alten Helden mit modernen Gefahren und Situationen konfrontieren. So kann man einen Klassiker jung halten!
Modern American Style
Die Zeichnungen von Silvestre Szilagyi und Fernando Peniche entsprechen dem aktuellen amerikanischen Mainstream. Nichts weltbewegendes, aber solide Qualität mit einem Gefühl für Dramaturgie und Bewegung! Das Seitenlayout ist flexibel und wechselt zwischen den klassischen Streifen und komplexen Mosaiken mit allen Variationen auf dem Weg. Niemand wird also langweilig werden.
Diversität und Political Correctness sind insbesondere in den USA mittlerweile zum Standard geworden und so finden sich auch keine offensichtlichen Stereotypen mehr in den Zeichnungen. Im Übrigen ist auch der paternalistische Anspruch der Originalserie einer Partnerschaft gewichen.
Eine Bereicherung der Magazin-Sparte!
Der Magazin- und Heftchenmarkt in Deutschland war nach einem Kurzzeithoch zu Zeiten von Dino und Infinity stark geschrumpft und bot neben ZACK, mosaik, Kinderserien und Superheld*innen nur noch wenig Abwechslung. Phantom (und die weiteren bereits angekündigten Titel von Zauberstern) bedient ein anderes Segment und ist daher eine tolle Erweiterung!
Für die Phans des früher mal als Zeitungsstrip gestarteten Comics gibt es die Leser*innenseite, Cover und Poster als zusätzliche Dreingabe und sechs Ausgaben im Jahr sind auch mit kleinem Budget zu stemmen! Solange die abgedruckten Geschichten die bisherige Qualität und Vielfalt beibehalten, steht hoffentlich einem langen Run nichts entgegen!
Dazu passen Skamonics mit „Tainted Love“ und ein Märzen.
Der großartige André Franquin hat der Welt zwei Geschenke gemacht, die ein wenig Anarchie in sich tragen und die Welt, wie wir sie kennen, hinterfragen: Gaston und das Marsupilami. Ersterer hinterfragt nicht nur den Arbeitsalltag und das traditionelle Arbeitsethos, sondern führt es teilweise auch ad absurdum. Das Fabeltier wiederum ist eher dazu da, um Alltagssituationen „verkehrt“ zu lösen. Es vereinigt dabei kindliche Schläue, Naivität und vor allem Neugier und produziert dadurch immer wieder unerwartete Ergebnisse.
Die Tagesstreifen
Auch wenn die Hochzeit der Comicstrips in Tageszeitungen, ja, sogar des Mediums insgesamt, vorbei sind, gibt es doch immer noch genügend Fans dieser Comicgattung. Kein Wunder also, dass auch Batem gefragt worden war, ob er nicht neben seiner Reihe mit dem gelb-schwarzen Tier auch Strips produzieren könne. Er nahm sich schließlich Hubert Colson, das ist der richtige Name von Désert, dazu und die Huba Gags konnten ihren Lauf nehmen!
Natürlich ist der Platz in einem Streifen auf maximal vier bis fünf Panels begrenzt, statt langer Argumentation und Entwicklung ist daher eher schnelle Action oder Situationskomik gefragt. Eine große Anzahl der Gags dreht sich zum Beispiel um den acht Meter langen Schwanz des Marsupilamis, der sich verheddert, verknotet, aber auch als Waffe tätig werden kann.
Viele andere Gags beweisen, dass die Zielgruppe eher auf den Kinderseiten der Zeitungen verortet wird. Der Humor ist immer fröhlich und selbst Bring M. Backalive wird eher verächtlich gemacht als ernsthaft bedroht. Die tägliche Dosis Freude und Entspannung also und damit genau das, was von einem nicht Abenteuer/Action-orientierten Strip erwartet werden kann.
Die Zeichnungen
Naja, das Marsupilami von Batem sieht genau so aus, wie das Marsupilami von Batem! Fans werden sich hier also sofort heimisch fühlen, auch wenn formatbedingt die Panel etwas größer abgedruckt sind als das Zielformat. Wegen der Detailfülle in den Zeichnungen ist das aber alles andere als störend.
Alle Strips sind in Farbe. Das gute Papier gibt diese auch brillant und satt wieder. Obwohl die Seiten nicht glänzen, reflektieren sie doch das Sonnenlicht ein wenig und bekommen dadurch sogar noch etwas mehr Tiefe.
Weihnachten naht
Das Buch im Querformat wird wahrscheinlich seinen Weg in viele Nikolausstiefel und weihnachtliche Geschenkverpackungen finden, ist es doch ein Charakter, den die (Groß-)Eltern kennen und die Kleinen trotzdem mögen. Meiner Meinung nach kann man damit nichts verkehrt machen! Allerdings soll damit beileibe nicht gesagt werden, dass das Buch nur für Kinder wäre. Wie heißt es doch so schön: Für alle von 8 bis 77!
Dazu passen eine Limonade auf Zitronen-Ingwer-Basis sowie Dandy Livingstone mit „Rudy, A Message to You“!
In der Bibliothek der Comic-Klassiker erscheinen in unregelmäßiger Folge nationale wie internationale Must-Haves. Sie ist damit quasi die aktuelle Version der Reihen, die vor Jahren von der Bild und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung verlegt worden waren. Die Aufmachung wirkt aber etwas gediegener und präsentiert die Stoffe in lesbarerer Form! Die Gesamtausgabe enthält alle 18 Geschichten des deutschen Meisterdetektivs.
Kombiniere …
Deutschland im Jahre 1950. Es geht wieder aufwärts, das Wirtschaftswunder nimmt seinen Lauf und neben der Sorge um das nackte Überleben ist wieder Zeit für Zerstreuung. Bestandteil dieses Paketes ist die Illustrierte QUICK mit schnell konsumierbaren News aus aller Welt. Stars und Sternchen bildeten dabei eine Säule, schon ab dem zweiten Jahr aber auch die Geschichten um Nick Knatterton! Bis 1959 sollten die Comics im Magazin bleiben, Lizenzen wurden auch in das Ausland verkauft.
Manfred Schmidt, Erfinder, Texter und Zeichner der Serie, hatte die erste Geschichte als Parodie auf die aus Amerika kommende Kunstform der Comics, speziell Superman, geplant. Für einen deutschen Bildungsbürger waren Bildgeschichten bestenfalls etwas für Kinder, keinesfalls aber wertvoll. Überrascht vom Erfolg und Zuspruch der Leser*innen entstanden dann aber doch insgesamt 18 Episoden mit dem superschlauen Helden in markanter Kleidung mit Pfeife und spitzem Kinn.
Die Geschichten sind voll von Anspielungen auf die damalige politische Großwetterlage und präsentieren ein zeitgemäßes, krudes Frauenbild (giftiger Vamp oder naive Sekretärin) samt üppiger Kurven. Vor allem anfangs fühlt man sich an die wilden, Slapstick getriebenen Abenteuer von Tim bei den Sowjets erinnert. In den späteren Folgen wird die Handlung etwas systematischer entwickelt.
Detailreiche Zeichnungen mit Erklärungen
Ein wesentliches Merkmal der Zeichnungen von Schmidt sind die Kästchen, die Details aus den Bildern erklären. Manchmal wirken diese Texte, als ob der Zeichner seinen Leser*innen nicht zutrauen würde, die Bildsprache zu verstehen. Meistens sind sie aber ironische Anmerkungen, die den Fokus auf bestimmte Details legen. Die Zeichnungen sind schwarz-weiß, haben teilweise mit Wasserfarben gemalte Anteile, und nutzen ein Raster für die Kleidung der Hauptperson.
Schmidt setzt häufig auf Speedlines und Wölkchen, um Bewegung zu visualisieren und pflegt ansonsten einen karikaturesken Stil. Damit ist er mit seinen wöchentlichen zwei Streifen in der Tradition der Zeitungscomics ohne wirklich dazuzugehören. Nick Knatterton ist ein Produkt seiner Zeit und würde so heutzutage niemals ein Publikum finden. Der dahinterstehende rasante Slapstick, die Überhöhung der natürlichen menschlichen Eigenschaften in der Person des Helden und die teils bissigen Kommentare auf das Zeitgeschehen sind aber ein wertvoller Bestandteil der Geschichte des deutschen Comics und damit ein notwendiger Teil einer Comic-Bibliothek in unseren Landen!
Ansprechende Darbietung
Der Hamburger Verlag hat sich erfolgreich bemüht, Nick Knatterton in einer wertigen Form zu präsentieren! Das gut gebundene Hardcover im Querformat steckt in einem hochformatigem Schuber und passt daher in jedes Regal. Damit ähnelt dieser Band auch den anderen Teilen der Reihe. Die jeweiligen Wochenlieferungen wirken durch den großzügigen Weißraum ohne jede Ablenkung und jede der Geschichten bekommt eine kurze Einführung.
Sicherlich gibt es antiquarisch noch die eine oder andere Ausgabe der Geschichten für weniger Geld. Der Preis dieser Ausgabe ist aber für die Ausstattung angemessen und ein neues Buch hat, nicht nur für Sammler*innen, seine Vorteile! Vielleicht auch ein Geschenktipp für Weihnachten für die Opas!
Dazu passen ein klassischer Weinbrand sowie Bill Ramsey mit “Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett”, auch wenn dieser Schlager erst ein paar Jährchen nach der Einstellung der Comics aufgenommen wurde!
Das Phantom ist an die deutschen Kioske zurückgekehrt und deckt dort eine Lücke zwischen Superheld*innen, Asterix/Lucky Luke und Walt Disney ab, die jahrelang brach gelegen hat. Vom Zeitungsstrip herkommend, ist der maskierte Kämpfer für die Gerechtigkeit in den USA bereits seit 1936 unterwegs. Auch in Europa hat das Phantom sich eigenständig weiterentwickelt, vor allem in Spanien und Schweden. Mit dem neuen Magazin werden wir hier in Deutschland erneut aus allen Quellen das Beste präsentiert bekommen und vielleicht wird es ja auch wieder deutsche Eigenproduktionen geben.
Monster unter sich
Die zweite Hälfte der Story Der Geist und das Monster hilft zunächst den Titel besser verstehen zu können. Wer sich beim ersten Teil noch gefragt hatte, ob Adam, besser bekannt als Frankensteins Monster, wirklich so monströs sei, erfährt nun, dass ein echtes Monster auf der Jagd nach ihm ist. Gleich zu Beginn kommt es zu einem Kampf in Bangalla und es sterben nicht nur einige der treuen Helfer des Phantoms, seine Frau und Adam werden entführt und Kit Walker schwer verletzt.
Andrew Constant entwickelt eine spannende Story über Einsamkeit, Selbstüberschätzung und eigene Überhöhung, die zum Spirit der Serie passt. Was ist Böse und welche Schuld kann gesühnt werden? Natürlich wird über diese Aspekte nicht doziert, sie sind eingebunden in den Versuch, die Gefangenen zu befreien und die Welt vor dem Monster zu retten.
Als Phantom Classics kommt erneut eine Story von Lee Falk zum Abdruck: Die Giganten vom Niemandsland. Völkerverständigung ist ein schwieriges Thema, zumal wenn Vorurteile und Missverständnisse sich ergänzen. Und so können kleine Funken schließlich doch einen Steppenbrand auslösen, Aktion führt zu Reaktion zu Reaktion und schnell ist ein schier unlösbarer Konflikt entstanden. Auch wenn die Geschichte hier vielleicht etwas simplifiziert erscheint, ist der Kern natürlich richtig: Information beschaffen, einander verstehen wollen und Neues akzeptieren lernen sind die Schlüsselworte.
Actionorientierte Zeichnungen
Giancarlo Caracuzzo liefert seine Zeichnungen sehr actionorientiert ab, integriert aber auch detailliertere Positionen wo nötig. Es kann daher zum Beispiel vorkommen, dass ein Panel komplett mit der Darstellung einer Faust gefüllt ist. Während die Körperdarstellung und die Hintergründe ganz gut gelingen sind die Mundpartien manchmal etwas zu vereinfacht. Grundsätzlich gelingen aber sogar sie. Das im Vergleich zum Original etwas größere Papierformat steigert das Tempo der Story noch. Eine gute Wahl zum Einstieg in die neue Reihe!
Die Sonntagsseiten aus dem Jahr 1998 haben natürlich der Herausforderung zu genügen, dass jede Seite für sich wirken muss. Sie wurden zudem für das Magazin vom Quer- auf Hochformat umlayoutet, funktionieren aber auch so. George Olesen arbeitet sehr detailreich und mit vielen Schattierungen, um zur Not auch eine schwarz-weiße Produktion auf grobem Zeitungspapier zu ermöglichen. Für Fans von Zeitungsstrips eine sicherlich nicht mit Bruce Hogarth vergleichbare, aber sehr ordentliche Leistung!
Nostalgie in Serie
Das Phantom bringt Erinnerungen an die glorreiche Zeit des Kiosk-Comics zurück. Dazu tragen natürlich die Aufmerksamkeit erzeugenden Titelbilder bei, aber auch die Poster (Danke für da Bedrucken der Rückseite mit Werbung!). Der Preis ist angemessen und die ersten Kund*innenreaktionen scheinen sehr positiv!
Wenn die Auswahl der Stories abwechslungsreich und die Qualität hoch bleiben, sollte einem Erfolg nichts im Wege stehen. Wichtig dafür ist aber auch die Auswahl der „Classics“. Es gibt hier eine große Bandbreite, die auch genutzt werden sollte.
Dazu passen Alvin Lee & Ten Years Later als Erinnerung an den sagenhaften Rockpalast-Auftritt und ein Korn-Kirschsaft.
Nach mehr als 30 Jahren Pause ist der maskierte Beschützer, der älter ist als Batman oder Superman, zurück auf dem deutschen Markt. Seine großen Erfolge in Deutschland hatte das Phantom von Schöpfer Lee Falk in den 70-er und 80-er Jahren bei Bastei feiern dürfen. Am 17. Februar 1936 war die erste Folge von Tagesstrips in den USA erschienen und schon bald folgten auch farbige Sonntagsseiten. Beides wurde später im Comicbook-Format neu aufgelegt und in verschiedenen Ländern starteten eigene Reihen mit zum Teil exklusivem Material. Die deutschen Veröffentlichungen bedienten sich überall. Einen umfassenden Überblick gibt Christian Blees in Lee Falks Phantom!
Das Phantom und der Mythos der Unsterblichkeit
1536 überlebte Christopher Standish als einziger ein Schiffsunglück in den Gewässern vor Bangalla. Seine Retter brachten ihn in eine Höhle, die wie ein Totenkopf geformt war. Nach seiner Gesundung schwor der junge Mann, dass er fortan gegen die Finsternis und für Gerechtigkeit kämpfen werde. Er legte sich ein Kostüm zu und wurde von Verbrechern gefürchtet.
Seit dem wird das Kostüm und die Aufgabe vom Vater an den Sohn übergeben. Die daraus entsprungene Legende des wandelnden Geistes trägt zum Mythos des Kämpfers bei und das aktuelle 21. Phantom, Kit Walker, bewohnt immer noch die Totenkopfhöhle, auch wenn der Radius für die guten Taten aufgrund moderner Möglichkeiten inzwischen weltweit ist.
Auseinandersetzung mit der Vergangenheit
In Der Geist und das Monster bekommt es Phantom mit jemandem zu tun, der schon Kontakt mit dem 17. Phantom hatte. Tippfehler? Nein, denn das sogenannte Monster ist die Figur, die landläufig als Frankensteins Monster bekannt ist und deren Geschichte mehr oder weniger authentisch von Mary Shelley aufgezeichnet worden war. Die Kreatur bittet Phantom um Hilfe.
Zunächst ist aber fraglich, ob der Besucher wirklich in friedlicher und ehrlicher Absicht gekommen ist. Kit Walker und noch mehr seine Unterstützer sind sich diesbezüglich nicht so sicher und so kommt es zunächst einmal zu einem Kampf zwischen dem riesigen Wesen und dem trainierten Kämpfer.
Spannende Story aus dem Jahr 2021, die serientypisch immer wieder auf die Vergangenheit Bezug nimmt und es somit auch Neueinsteiger*innen erlaubt, sich schnell zurechtzufinden. Geschickt werden Pulp-Elemente, Heldenmomente, Schauerromantik und moderne Gepflogenheiten verwoben und somit sowohl alte Erwartungen als auch neue Anforderungen an zeitgemäße Comicliteratur befriedigt! Teil zwei ist für das nächste Heft angekündigt.
Friede auf Erden
Neben einer aktuellen Story wird es jeweils einen Beitrag in der Rubrik Phantom Classics geben. Den Anfang macht Das Geheimnis der Fischmenschen von 1997. Auch hier ist ein kräftiger Science-Fiction-Einschlag deutlich zu spüren. Um Bangalla ist alles friedlich, Tiere und Menschen leben in tiefer Harmonie, und Gewalt ist vollständig verbannt. Gewährleistet wird das unter anderem dadurch, dass das Volk der Mori andere, vorher von der Jagd lebende Völker sowie Raubtiere mit Fischen versorgt und so vom Töten abhält. Wir ignorieren dabei einfach mal die Tatsache, dass das Töten von Fischen keine Beeinträchtigung des Paradieses darstellt.
Eines Tages jedoch scheint alles in Gefahr, denn die Mori weigern sich, weiterhin auf Fischfang zu gehen und Phantom muss eingreifen. Abgesehen von der eben bereits aufgeworfenen Fragestellung ein perfektes Beispiel wie sich paternalistische Europäer und Amerikaner ein paradiesisches Leben unter Indigenen vorstellen. Die Geschichte ist sicherlich von dieser Warte aus heute alles andere als zeitgemäß, dient aber als klassisches Beispiel für die Vorstellung von „Frieden“ und „Güte“. Zeichnerisch und dramaturgisch ist dem Strip anzumerken, dass er ursprünglich als Tagestreifen konzipiert worden ist.
Die Wertung
Schön, dass der maskierte Geist seinen Weg zurück auf den deutschen Comicmarkt gefunden hat! Gerade die Kombination aus Klassikern und modernen Geschichten zeigt die Vielseitigkeit und Entwicklung des Comics und bietet Phans dadurch eine gute Mischung. Vom Layout her vermag die Zeitschrift zu gefallen und das Poster im Mittelteil weckt Erinnerungen.
Zwei Kleinigkeiten wären aber auf jeden Fall noch verbesserungsfähig: Zum einen sollte die Rückseite des Posters nicht mit der fortlaufenden Geschichte bedruckt sein. Wenn es nämlich tatsächlich aufgehängt würde, wäre der Comic nicht mehr komplett lesbar. Zum anderen gehört es heute eigentlich zum guten Ton, bibliografische Angaben zu Originalveröffentlichung und allen beteiligten Künstler*innen abzudrucken.
Ansonsten bleibt nur, dem Versuch von zwei Herren, mit Zauberstern Comics einen neuen Verlag zu gründen und das Phantom zurück an die Kioske zu bringen, viel Glück zu wünschen! comix-online drückt die Daumen.
Dazu passen Die Toten Hosen mit „Alle sagen das“ und ein kühles Kingfisher.
Die Texte zur Graphischen Literatur ergänzen das Programm der Edition Alfons seit einiger Zeit. Während das Alfonz seit 10 Jahren (Herzlichen Glückwunsch an dieser Stelle!) die aktuelle Information in Form von Marktübersichten, News, Besprechungen und Leseproben abdeckt, liefert die Reddition themenspezifisch vertiefte Information aus vielen Blickwinkeln. Im Mittelpunkt können dabei Kategorien (wie etwa Musik), Stilrichtungen (z. B. Zeitungsstrips) oder Serien stehen. Die aktuelle Nummer behandelt etwa André-Paul Duchâteau (Besprechung folgt). Daneben gibt es deutlich längere Abhandlungen über einen klassischen deutschen Comic, Hugo Pratt und die Geschichte des deutschen Schwermetall. Nun also alles über den wandelnden Geist und seine deutschen Auftritte.
Das Phantom – ein etwas anderer amerikanischer Held
Am 17. Februar 1936 tauchte das Phantom erstmals auf den Seiten einer Tageszeitung auf, die Geschichte begann ihren Lauf zu nehmen. Das Phantom war ein maskierter Held, er hatte aber keine Superkräfte. Er lebte im Dschungel, war aber kein Tarzan-Klon. Er bekämpfte das Böse und war doch auf eine Familie angewiesen. Er galt als unsterblich und war doch „nur“ ein Familienunternehmen, in dem die Rolle vom Vater auf den Sohn übertragen wurde. Kurzum, das Phantom war ein durchaus eigenständiger Charakter.
Christian Blees beschreibt sehr ausführlich die Geschichte dieses Helden, die Entwicklung über die verschiedenen Tagesstreifen-Abenteuer und später auch Sonntagsseiten hinweg und erklärt, welche Faszination auf die von Lee Falk erfundene und weiterentwickelte Figur zurückzuführen ist, und was eher aufgrund der Zeichnungen der unterschiedlichen Künstler passiert. Er arbeitet dabei die Unterschiede zwischen Ray Moore, Wilson McCoy und Sy Barry genauso verständlich aus wie die späteren amerikanischen Linien.
Der Hauptteil der Arbeit liegt aber auf der deutschen Veröffentlichungsgeschichte. Es begann mit dem Phantom-Heft im Aller Verlag und setzte sich im Buntes Allerlei fort. Danach durften Semic und Moewig ran bevor die große Zeit von Bastei begann. Mit insgesamt zwei „Alben“-Serien und zwei Taschenbuchreihen beglückte der Verlag seine deutschen Leser*innen zwischen 1974 und 1984. Leider zerschnippelte man dort Originale und kürzte, ergänzte oder verfälschte munter drauf los. Wer wissen will, welche Stories (auch mehrfach unterschiedlich) welche Unterschiede zum Original aufweisen, kann sich ab jetzt in dem Werk von Blees informieren!
Das europäische Phantom
Es gab aber neben dem amerikanischen Material auch in Lizenz hergestellte europäische Stories. Zunächst kamen sie aus Italien, später aus Schweden und auch aus Deutschland (zumindest die Szenarien, die Zeichnungen kamen entweder aus Spanien oder aus Italien). Da es passieren konnte, dass eine Originalstory adaptiert worden war und diese Adaption erneut Basis für eine solche war, konnte es vorkommen, dass die gleiche Geschichte dreimal den Weg nach Deutschland fand. Auch dafür bieten die 20 akribisch zusammengestellten Tabellen von Blees Orientierungshilfe.
Dazu kommt eine große Menge an Illustrationen und immer wieder eingestreute Lesetipps mit Hinweisen, warum eine bestimmte Geschichte „besonders“ ist. Das kann auf eine besonders krude Bearbeitung hindeuten, kann aber auch auf eine für einen Zeichner typische Leistung hinweisen. Auch hierbei gab es durchaus Unterschiede. Dank der von Blees zusammengetragenen Ergebnisse sind aber nur noch wenige Fragen über die Herkunft der einzelnen Stories offen!
Für wen lohnt sich der Band?
Nun ja, auf alle Fälle für alle Fans des Dschungelhelden! Nirgendwo findet man eine auch nur annähernd vergleichbare Information, was wann wo veröffentlicht worden ist und worauf beruht. Zudem ist der Band auch eine sehr gute Übersicht über die verschiedenen Handlungsstränge und vor allem auch Unterschiede über die Jahre hinweg. Da das Phantom gerade von zwei deutschen Verlagen „wiederentdeckt“ worden ist und mit neuen Reihen an den Start geht, ist davon auszugehen, dass es immer noch genügend „Phans“ gibt.
Außerdem ist es ein gut lesbares, mit Herzblut zusammengestelltes Werk, das die deutsche Comicgeschichte wieder ein kleines bisschen mehr erhellt und wegen der vielen persönlichen Informationen von Künstlern aber auch Aktiven aus der Bastei-Zeit zu empfehlen ist.
Dazu passen David Bowie als Ziggy Stardust und ein kräftiges Bockbier.
Ansgar Lüttgenau zum Programm des All Verlag für das zweite Halbjahr 2022
c-o: Hallo Ansgar, schon wieder ein halbes Jahr rum. Aktuell sieht es so aus, als ob ein wenig Normalität in das alltägliche Leben zurückkehren würde: Veranstaltungen dürfen wieder stattfinden und der direkte Kontakt mit den Leser*innen wird für Euch wieder möglich. Auf der anderen Seite führt der Krieg mitten in Europa natürlich allen vor Augen, wie labil und gefährdet Sicherheit und Frieden sind. Was erwartest du von den kommenden Monaten?
AL: Ich freue mich erstmal auf Erlangen. An unserem Stand im Hauptzelt auf dem Schlossplatz wird am Freitag und Samstag Philippe Aymond seine Serien Lady S. und Bruno Brazil signieren.
Was die nächsten Monate ansonsten für den Verlag bringen wird man sehen. Trotz den exorbitanten Papierpreiserhöhungen werden wir im 2. Halbjahr einige notwendige Nachdrucke z.B. von Lederstrumpf, Messalina und Wunderwaffen in Auftrag geben.
Die Klassiker
c-o: Dein neues Programm setzt die Schwerpunkte der vergangenen Jahre fort. Beginnen wir mit den Klassikern: Du hast die Cartoon-Reihe Hägar gestartet. Hast du schon eine Ahnung über den Erfolg der ersten beiden Teile?
AL: Die Jahrgänge bis 2016 gab es ja bereits einmal von Egmont, sind aber teilweise auch antiquarisch kaum noch zu finden. Deshalb verkaufen sich auch die alten Bände nochmal und die neuen Jahrgänge braucht man auf jeden Fall, um die Egmont Ausgabe zu komplettieren.
Natürlich haben wir nicht die Vertriebspower von Egmont aber die Bücher verkaufen sich zumindest so gut, dass wir schon eine weitere Cartoonserie in Vorbereitung haben.
Zum 50. Jubiläum von Hägar soll es ja nächstes Jahr auch noch eine große Ausstellung geben, was sicherlich auch nochmal einen Schub bringt.
c-o: Mit Yalek und Alain Chevallier werden zwei ZACK-Serien fortgesetzt, mit Spaghetti ein alter Klassiker aus dem Tintin-Magazin. Gibt es eigentlich noch ungehobene Schätze in den Archiven?
AL: Da gibt es noch eine ganze Menge toller Sachen. Leider liegen die Rechte dann in der Regel bei den Erben der Künstler und die sind zerstritten oder möchten aus irgendwelchen Gründen keine Veröffentlichung oder man findet sie einfach nicht. Damit ist so ein Projekt dann in der Regel gestorben. Mit genügend Zeit und detektivischem Spürsinn kann man aber manchmal doch einen Erfolg erzielen, wie z.B. bei Jerry Spring, Pharao und Lederstrumpf.
Graphic Novel im All Verlag
c-o: Mit Nur noch Stille gehst du in das Segment Graphic Novel, richtig? Wird das im Zweifel noch ausgebaut werden?
AL:Ein Stern aus schwarzer Baumwolle würde ich auch dort verorten und obwohl ich denke, dass das das beste Buch in unserem gesamten Programm ist, hat es sich nicht gut verkauft. Trotzdem machen wir einen weiteren Versuch mit Nur noch Stille. Die Serienmörderthematik ist vielleicht auch noch interessanter als Rassendiskriminierung. Und außerdem ist der Zeichner durch seine Serie „Der Gesang der Strygen“ auch noch vielen Lesern in positiver Erinnerung.
c-o: Lederstrumpf, die Wunderwaffen und auch die Sechste Waffe sind Serien, die der All Verlag in Deutschland etabliert hat. Man konnte in den letzten Monaten überall lesen, dass das Comicsegment einer der wenigen Bereiche mit Zuwächsen im Print war. Kannst du das bestätigen?
AL: In der Coronazeit wurde mehr gelesen, was sich auch in den Verkaufszahlen niedergeschlagen hat. Nicht umsonst haben wir unser Programm deutlich ausgebaut, obwohl das eigentlich erst in ein paar Jahren geplant war.
Nur für Erwachsene
c-o: Nach dem Erfolg von Messalina legst du jetzt im Bereich der Comics für Erwachsene deutlich nach. Gibt es schon Reaktionen darauf?
AL: Der Erfolg von Messalina hat mich ehrlich überrascht. Wir hatten die Lizenz ja schon einige Jahre und ich habe die Veröffentlichung immer wieder verschoben, weil ich dachte, dass das Thema Pornografie im Comic eigentlich durch ist. Aber da beide Bände kurzum vergriffen waren und weiterhin Nachfrage besteht, habe ich mich wohl getäuscht. Wir drucken jetzt bald nach und veröffentlichen mit Bang Bang von Jordi Bernet eine weitere Reihe mit ähnlicher Thematik. Man könnte sagen, „Torpedo“ für Erwachsene.
Tops’n‘Flops
c-o: Wie immer zum Abschluss die Frage nach deinem Lieblingstitel für die kommenden Monate und nach den Tops und Flops der Vergangenheit.
AL: Eigentlich waren für dieses Programm noch zwei weitere Titel geplant, und zwar ein weiterer EC Archiv-Band von Wally Wood, für den wir aber bis heute auf die Druckdaten aus den USA warten und ein Moebius-Titel, dessen Bonusmaterial bisher von Frau Giraud nicht freigegeben wurde und den wir deshalb ins nächste Programm verschoben haben. Der Moebius-Band hätte eigentlich der Toptitel in diesem Programm werden sollen. Nun fällt diese Ehre Nur noch Stille zu, der mit perfekter Zeichentechnik und konstanter Spannung in der Schnittmenge von Southern Gothic und spannungsgeladenem Thriller angesiedelt ist.
Am besten verkauft haben sich in den letzten 12 Monaten: Lady S., Die erotische Kunst von Wally Wood, Messalina, Wunderwaffen, Gil St. Andre, Lederstrumpf.
c-o: Vielen Dank, Ansgar für das Interview! Viel Spaß auf Messen und natürlich weiterhin viel Erfolg!
Das Programm im Einzelnen
Wie immer gibt es beim All Verlag zu jedem Titel auch eine auf 111 Exemplare limitierte Vorzugsausgabe mit Ex Libris und teilweise Variantcover. Zu Teil 1/2022.
Als Hägar der Schreckliche im Februar 1973 erstmals veröffentlicht wurde, war es der erfolgreichste Start eines Zeitungsstrips überhaupt. Auch heute noch ist der Strip über den gutmütigsten Barbaren der Welt, der mittlerweile von dem dritten Browne verantwortet wird, der in Deutschland meistverbreitete. Der All Verlag von Ansgar Lüttgenau wagt nun den Schritt in das quasi Geschenkbuchsegment und bringt alle Bände der Gesammelten Chroniken, die jeweils ein Jahr umfassen. Mehr zu Zeitungscomics bei der Reddition 71.
Eine typische Familie
Hägar ist zwar einerseits ein typischer Wikinger, der mit seinen Mannen Burgen und fremde Länder wir England oder Italien überfällt. Aus diesem Zusammenhang entstehen immer wieder Strips, die neben dem auf Hand liegenden Urlaub an den Beginn eines Sales erinnern oder den unerwünschten Besuch entfernter Verwandter. Auch die Verpflegung auf See („Schon wieder Fisch?“) und die Standhaftigkeit angesichts einer feindlichen Übermacht bieten Anlass für viele Tageserzählungen.
Hauptsächlich aber ist Hägar Ehemann und Familienvater. Die Beute, die er seiner Helga von den Raubzügen mitbringt, trifft selten ihren Geschmack. Der Sohn Hamlet ist völlig missraten, wäscht er sich doch gerne und liest Bücher. Die Tochter Honi macht keine Anstalten, sich einen guten Schwiegersohn zuzulegen, sondern trifft sich mit dem Looser Lute, einem Musiker.
Dadurch wird Hägar zu einem Abbild der Wirklichkeit. Jede*r kennt die Archetypen, wenn auch nicht aus dem eigenen Kreis so doch zu mindestens vom Hörensagen. Gleichzeitig ist aber die Verfremdung mit der zeitlichen Verpflanzung zu den Wikingern ein Schutz, der „Lachen ohne Reue“ ermöglicht.
Die Reduktion auf das Wesentliche
Zeitungsstrips müssen sich aus zwei Gründen auf das Wesentliche konzentrieren: Unter der Woche steht nur ein Streifen zur Verfügung der aus ein bis drei, im Extremfall vier Panels besteht. Es bleibt daher wenig Zeit, die Pointe vorzubereiten. Zumal ist (war) der Zeitungsdruck nicht dazu gemacht, Feinheiten zu präsentieren: dickes, saugendes Papier macht filigrane Linien fast unmöglich. Es kommt daher darauf an, erkennbar zu sein! Gerade am Anfang dieser Kunstform waren die Leser*innen zudem oftmals nur rudimentär in der Lage, Text zu lesen, das Bildwerk musste also zur Not allein bestehen können.
Dik Browne arbeitet mit groben Schraffuren, einfachen Formen und klaren Linien. Nicht zuletzt die Knollennasen und die unterschiedliche Kleidung machen die Personen zu einfach wiedererkennbaren Unikaten. Die Emotionen stehen den Handelnden „ins Gesicht geschrieben“ und erfordern kein Textverständnis und die stetig wiederkehrenden Themen sind Allgemeingut. Unter den aktuellen Zeitungsstrips versteht es kaum ein anderer, diese Kombination so prägnant auf das Papier zu bekommen.
Ein liebevoll präsentierter Klassiker
Ursprünglich für den schnellen Einmalkonsum kreiert, erfreuen sich Zeitungsstrips mittlerweile einer großen Fangemeinde, die die Geschichten auch gerne wiederholt und gesammelt genießen möchte. Themen- und Jahresbände haben daher schon seit längerem Konjunktur. Zudem eignen sie sich als Mitbringsel: Niemand wird sich zumindest ein Lächeln verkneifen können, wenn er/sie nach dem Auspacken auch nur einen kurzen Blick in das Innere wirft.
Für die Sammler*innen gibt es – wie immer beim All Verlag – auch hier eine auf 111 Exemplare limitierte Vorzugsausgabe mit beigefügtem ExLibris. Außerdem führt Stefan Schmatz mit zusätzlichen, teils farbigen Illustrationen ein in die Hintergründe der Serie und die deutsche Veröffentlichungsgeschichte.
Ex Libris der limitierten VZA
1973 begeisterten Suzi Quatro, The Sweet oder Albert Hammond. Außerdem wurde in diesem Jahr MezzoMix „erfunden“. Der Nostalgiefaktor kann also einfach bedient werden, auch wenn Häger eigentlich zeitlos ist.
Ansgar Lüttgenau zum Programm des All Verlag für das erste Halbjahr 2022
Der All Verlag hat mehr und mehr Serien im Programm, die früher im ZACK gelaufen sind. Man darf aber keinesfalls den Fehler machen, den Verlag auf die Titel für die Generation ZACK zu reduzieren. Im kommenden Jahr wird Ansgar Lüttgenau den Ausstoß seines Verlages noch einmal signifikant erhöhen. Wie mittlerweile üblich habe ich mit dem Verleger ein Gespräch geführt und ihm ein paar Aussagen zu den dreiundzwanzig neuen Titeln entlockt!
Neues für die Fans des alten ZACK
c-o: Hallo Ansgar! Wie immer um die Weihnachtszeit unterhalten wir uns über das Programm für die nächsten 6 Monate. Der All Verlag steht für eine Titelauswahl, die ZACK-Aficionados glücklich macht. Auch 2022 baust Du mit Kasimir und der ZACK-Chronik dieses Segment sogar noch aus. Ich gehe davon aus, dass Du eine gute Vorstellung davon hast, was der Markt bzw. das Budget deiner Kund*innen hergibt.
AL: Also wir machen keine Marktforschung, wenn du das meinst. Ich gehe da erstmal nach meinem persönlichen Geschmack und überlege mir dann im zweiten Schritt, ob man das dann auch verkaufen kann. Meistens passt das, aber manchmal liege ich natürlich auch daneben. Das darf allerdings nicht zu oft passieren, sonst hat der Verlag irgendwann ein Problem. Bisher haben die ausgewählten Titel aber fast immer zumindest die Kosten wieder eingespielt. Wobei meine Arbeitskraft nicht mit in die Berechnung eingeht.
Die Chronik
c-o: Was genau wird die ZACK-Chronik beinhalten?
AL: Bernd Weckwert, der als Herausgeber für das Buch verantwortlich ist, hat unter anderem zu jedem Heft einen kleinen Text zu Besonderheiten und Wissenswertem verfasst. Natürlich werden alle Cover der Hefte (auch Auslandsversionen), Alben und Taschenbücher abgedruckt. Aber auch (fast) alle Zack Clubartikel, der Zack Dummy von Gigi Spina, Cover von geplanten aber nicht mehr realisierten Alben usw. usw.
Hier schonmal eine grobe Inhaltsübersicht:
Vorgeschichte Der frankobelgische Comic in Deutschland bis 1972
Die Zeit der Vorbereitungen 1971/Anfang 1972
Cover Zack Magazin Für jeden Jahrgang eine kurze zweiseitige Einführung und ein Text zu jedem Heft
Cover Zack Alben
Zack Taschenbücher
Zack Zeitung/Zack Club
Zack-Merchandise
Galerie der Zack Poster
Die Zeit nach Einstellung von Zack in Deutschland
Die Zeit danach in Frankreich/Belgien und anderen Ländern
Verlagspolitik
Zack in der Außenwahrnehmung
Eigenproduktionen
Serienindex und Texter-/Zeichnerindex
c-o: Bruno Brazil, Dani Futuro, Luc Orient, Bob Morane und Pharao werden fortgesetzt – sind alle Titel bereits auf Deutsch erschienen oder sind auch hier wieder Erstausgaben dabei?
AL: Bei Bruno Brazil sind zum einen die Skriptseiten der abgebrochenen Story „Die rote Kette“ in deutscher Übersetzung enthalten und zum anderen 1 Seite aus einem Jam-Comic die eine deutsche Erstveröffentlichung ist. Ansonsten ist der Inhalt bis auf den redaktionellen Teil identisch mit der Egmont Ausgabe. Bei Bob Morane ist Band 10 eine deutsche Erstveröffentlichung und Dani Futuro auch, aber ich bin mir nicht 100 % sicher.
Die Funny-Offensive
c-o: Mit Spaghetti und Kasimir geht es in Richtung Humor und auch Hägar passt dazu. Schon Valentin bediente diese Richtung ja. Sind diese Titel eher für den Comic-Markt oder für den regulären Buchhandel? Vor allem mit Hägar hast Du ja auch eine neue Langzeitserie gestartet. Das spricht immerhin dafür, dass du noch viel vor hast.
AL: Ich höre ja immer, dass es Funny-Titel in Deutschland so schwer haben. Ich habe diese Erfahrung bisher nicht gemacht. Allerdings mag das auch daran liegen, welche Namen auf dem Cover stehen. Bei Valentin und den neuen Serien Spaghetti und Kasimir ist ja Goscinny der Texter und das garantiert natürlich für eine gewisse Qualität.
Hägar erscheint in mehr als 2000 Zeitungen weltweit. Da ist natürlich auch bei Nicht-Comiclesern eine große Bekanntheit vorhanden. Deshalb wollen wir damit auch in den Buchhandel. Auch Hägar wird es übrigens mit signiertem Exlibris geben. Das ist ja dann vielleicht auch wieder was für den gemeinen Comicliebhaber. Übrigens veröffentlichen wir mit dem Jahrgang 2017 auch das erste Jahr das in der Gesamtausgabe von Egmont nicht mehr erschienen ist.
Für Erwachsene …
c-o: Mit Messalina wird dein Programm für Erwachsene fortgesetzt. Wie sind denn die bisherigen Titel gelaufen? Gibt es dafür neben dem Internet überhaupt noch einen Markt?
AL: Ich habe die Lizenz schon einige Jahre und hab sie immer vor mir hergeschoben, weil ich dafür auch keinen wirklichen Markt mehr gesehen habe. Aber weit gefehlt. Beide Bände sind bis auf eine Handvoll Exemplare vergriffen. Das hat mich dann doch auch selbst überrascht. Deshalb werden wir im zweiten Halbjahr mit einem Sechsteiler eines sehr bekannten spanischen Zeichners nachlegen.
c-o: Mit Gil St. Andre und Malefosse setzt Du konsequent deine Integral-Reihen fort und bietest weiterhin jeweils eine limitierte Vorzugsausgabe an. Andere Verlage beschränken sich hier auf einige Bände der Serie. Gibt es bei langlaufenden Serien tatsächlich genug Käufer*innen für diese Schätzchen?
AL: Das kommt immer auf die Serie an. Mittlerweile gibt es aber einen festen Kundenstamm für diese Ausgaben. Natürlich ist es manchmal nicht so einfach das durchzuziehen, weil es kein geeignetes Bildmaterial gibt oder weil der Künstler vorsichtig gesagt etwas kompliziert ist. Aktuell hatten wir einigen Aufwand mit Loisel, der im Umgang etwas schwierig war und nicht so recht auf unsere Anforderungen eingehen wollte. Schlussendlich hat es dann doch alles funktioniert. Eigentlich wie immer.
Tops’n‘Flops
c-o: Da sich die Anzahl der angekündigten Titel deutlich erhöht hat, gehe ich mal davon aus, dass das letzte Jahr trotz COVID erfolgreich gelaufen ist. Magst du den Leser*innen von comix-online verraten, welche Titel besonders gut oder schlecht gelaufen sind?
AL: Die bestverkauften Titel der letzten 12 Monate waren Hombre 3, Lady S 3, Die erotische Kunst des Wally Wood, Wunderwaffen 10 und Die Erzählungen von Lederstrumpf 2.
c-o: Ich persönlich freue mich vor allem auf Jerry Spring in Farbe. Hast du einen Lieblingstitel im Programm?
AL: Jerry Spring ist für mich ja schon wieder Vergangenheit. Und selbst das kommende Programm ist eigentlich schon abgehakt. Aber da freue ich mich besonders auf Franka mit 32 Seiten redaktionellem Text in jedem Buch. Ich habe in letzter Zeit häufig mit Henk (Kuijpers, dem Zeichner von Franka) telefoniert und ihn als sehr angenehmen Gesprächspartner kennengelernt, was die Zusammenarbeit nochmal angenehmer macht. Und nicht zu vergessen, er spricht deutsch.
c-o: Vielen Dank für das Gespräch, Ansgar. Bis in sechs Monaten und viel Erfolg!
Das Programm im Überblick
Wie gehabt erscheint zu jedem Titel eine limitierte Vorzugsausgabe. Diese haben teilweise ein anderes Coverbild, immer einen Schutzumschlag und ein limitiertes ExLibris, das teilweise signiert ist. Sie sind auf 111 Exemplare beschränkt. Natürlich wird comix-online das Programm wie gehabt mit Rezensionen begleiten.