Es müssen nicht immer die ganz großen Erfolge sein, gerade bei Künstlern sind auch die Werke der vermeintlichen zweiten Reihe oft genug besser als ihr Ruf. Während Paape bei uns im Wesentlichen für Valhardi oder seine Science-Fiction-Stories mit Luc Orient bekannt ist, verbindet man den Namen Charlier mit Western wie Blueberry oder Jim Cutlass, Fliegerserien wie Buck Danny oder Tanguy & Laverdue oder die Biber-Patrouille. Zusammen haben beide das Frühwerk Marc Dacier geschaffen, das jetzt erstmals komplett in deutscher Sprache erscheint.
Eine aufregende Reise
Der Held, Marc Dacier, möchte unbedingt ein „richtiger Journalist“ werden und für eine große Zeitung arbeiten. Im ersten Band der Serie bekam er den Auftrag, die Welt zu umrunden und davon zu berichten. Die einzige Bedingung dafür war, dass er die Reise mittellos antreten musste. Es war allerdings erlaubt, währenddessen zu arbeiten.
Mittlerweile in Karatschi angekommen, glaubt der unerfahrene und junge Europäer, den indischen Fakiren in ihrem Heimatland die Kunden abspenstig machen zu können. Natürlich landet er daraufhin im Krankenhaus. Der Logik der Geschichte folgend, dass eine sich schließende Tür immer auch eine andere aufgehen lässt, erfährt er dort von einer Möglichkeit, die Reise fortzusetzen.
Dafür muss er leider fälschlicherweise behaupten, eine Fähigkeit zu besitzen. Natürlich führt diese Lüge zu einer Katastrophe. Charlier erfindet in Auf der Jagd nach der Sonne eine wilde Abfolge von Überraschungen, Fehlschlägen und Wendungen, die sehr spannend zu verfolgen ist. Heute würde man das Benehmen des jungen Mannes in fremden Ländern wohl hinterfragen müssen, Ende der 50-er Jahre war an ein Ende der Kolonien noch nicht zu denken und die zu Grunde liegende Überheblichkeit der Europäer noch „normal“.
Dynamische Zeichnungen
Die Zeichnungen von Eddy Paape haben schon die Dynamik der späteren Orient-Geschichten. Das verwundert wenig, war der Zeichner schließlich schon seit über 12 Jahren professionell tätig. Das Gesicht des jungen Helden ist manchmal etwas zu jugendlich, war dadurch aber umso leichter als Identifikationsfigur für die jugendlichen Leser geeignet. Die doch recht gelbe Kolorierung der asiatischen Menschen hätte man dagegen anpassen können.
Davon abgesehen sind die Zeichnungen aber ein gutes Beispiel für die Abenteuer der damaligen Zeit. Das an sich starre Raster wird manchmal aufgelockert, die Bilder sind stimmig und nehmen das teilweise irrwitzige Tempo der Geschichte gut auf. Es hat schon seinen Grund, dass viele angehende Zeichner bei Paape in die Lehre gegangen sind.
Ein klassischer Draufgänger
Das Thema von Marc Dacier wirkt zunächst in heutigen übertechnisierten Zeiten etwas veraltet. Dabei geht es doch nur darum, dass man sich für seinen Traum einsetzen muss. Niemand sonst wird an der Verwirklichung arbeiten. Und damit ist das Thema dann doch wieder nicht so alt!
Der All Verlag bietet wie von fast allen Werken wieder eine limitierte Vorzugsausgabe mit beigefügtem Druck an. Beide Varianten sind als Hardcover erschienen und haben das heute übliche leichte Überformat. Für Fans der Magazine Spirou und Tintin auf jeden Fall eine Empfehlung. Wer Spaß an den 5 Freunden, TKKG und ähnlichen Geschichten hat, sollte ebenfalls ruhig einen Blick riskieren.
Druck der limitierten VZA
Dazu passen The Flies mit „Doing the Mod“ und ein Winterbock.
Famous First Edition limited to 5000 numbered copies ISBN: 978-3-8365-9651-0
Das Marvel Universum hat im Laufe der Zeit eine ganze Menge an Charakteren kommen (und teilweise auch wieder gehen) gesehen. Einige davon sind Bestandteile der kollektiven Populärkultur geworden und haben einen deutlich höheren Bekanntheitsgrad als mancher Staatslenker. Die Marvel Comics Library bringt die Anfänge der bekanntesten und beliebtesten Reihen in XXL-Wälzern zurück! Die Eisner-Award-prämierte Serie besteht aus reproduzierten und digital überarbeiteten Originalserien im Riesen Coffee-Table Format und gewährt neue Einblicke in die großartigen Geschichten der 60-er und 70-er Jahre.
Aus großer Verantwortung erwächst große Kraft
Norrin Radd war einer der Bewohner von Zenn-La, einem Planeten dessen Zivilisation fast alles erreicht hatte. Armut und andere Bedrohungen waren besiegt worden, einem luxuriösen Leben stand nichts mehr im Wege. Norrin war in Shalla-Bal genauso verliebt wie sie in ihn und die Geschichte hätte hier ihr langweiliges Ende finden können. Doch es gab Galactus, den Weltenverschlinger, dem keine Zeit blieb, unbewohnte Welten zu finden, wenn er sich rechtzeitig ernähren wollte. So opferte Norrin sich selbst für seinen Planeten und bot an, Galactus künftig als Herald zu dienen und geeignete Planeten zu finden. Soweit die Originstory des Silver Surfer, des kosmischen Heralds, die als erste Ausgabe der Silver-Surfer-Reihe 1968 auf den Markt gekommen war.
Das Heft und ihr Held waren anders. Zunächst einmal kostete ein Heft mit 25 ct mehr als das Doppelte eines regulären Comics, war aber auch doppelt so dick. Zudem war der Silver Surfer, der seine „Karriere“ bei den Fantastischen Vier begonnen hatte, alles andere als ein typischer weiterer Super-Held! Kein Kostüm (teilweise ein angedeutetes Höschen) sondern ein weißer Überzug, der ihn im Weltall überleben lies, kosmische Superkräfte, aber verbannt auf die Erde, und vor allem ständig über die Verderbtheit und Beschränktheit der menschlichen Rasse philosophierend, entsprach sein Inneres so gar nicht der coolen Surfer-Pose.
Der Silver Surfer war ein Charakter für die älteren Leser*innen, durfte ein wenig Romantik in die gewaltorientierte Welt bringen und das Leiden aller Weltverbesserer auf seinen Schultern tragen. Dieser Ansatz trug zunächst und machte den galaktischen Wanderer zu einem Erfolg, führte wegen seiner Beschränktheit aber gleichzeitig auch zur Einstellung der Serie, da die Jungen eben nicht auf diesen Zug aufspringen wollten.
Epische Schlachten und totale Verkennung
Kaum ein anderer Held der Marvel-Ära musste gegen so viele mächtige Gegner bereits in den ersten Ausgaben antreten: Er wird von Galactus auf die Erde verbannt, rettet die Welt vor bösen Außerirdischen, der Brotherhood of Badoon, kämpft gegen Mephisto und wird von Loki in einen Kampf mit Thor verwickelt. Trotz aller guten Taten für die Erdbewohner sind diese allerdings der Meinung, dass er ein Außerirdischer sei, der nur eine einzige Aufgabe habe, nämlich zu Verschwinden. Und so finden sich immer ein paar Durchschnittsbürger, die diese Aufforderung auch mit körperlicher Gewalt durchsetzen wollen.
Gerade die Überlegungen des mit gewaltiger Macht ausgestatteten Wesens sind ein Schwerpunkt der Inhalte. Wie oft sinnt der Kerl über die schlechten Menschen und verzweifelt ob seines Schicksals, ausgerechnet auf diese Welt verbannt zu sein. Schließlich will er doch eigentlich nur zwei Dinge: Gutes tun und seine große Liebe wiedersehen. Dieser Wunsch ist natürlich eine offensichtliche Schwäche, die seine Gegner mehr oder weniger bösartig ausnutzen. Großartig ist die Szene, in der er wütend wird und ausrastet, sich kurze Zeit später dafür aber am liebsten geißeln würde.
Außergewöhnliches Artwork
John Buscema ist ein weiterer großer Zeichner, der für Marvel an vielen verschiedenen Serien tätig war. Aufgrund der Eigenarten von Stan Lee, der seine Skripte meistens gar nicht ausarbeitete, sondern mehr oder weniger umfassend andeutete und später nur den Text in die vorbereiteten, leeren Blasen einsetze, musste er die Serie nicht nur zeichnen, sondern auch weiterentwickeln. Seine Surfer-Zeichnungen sind dabei sowohl dazu geeignet als Postermotiv oder aber als alleinstehende Illustration in einer Werbung ikonografisch zu wirken, als auch die Emotionen des gemarterten Wesens wiederzugeben.
Niemand sonst war in der Lage, den Verzweifelten auf seinem Bord durch die Lüfte gleiten zu lassen und ihn so verloren aussehen zu lassen. Nicht vergessen darf man in diesem Zusammenhang das kongeniale Inken durch Sal Buscema! Das XXL-Format bringt Details zum Vorschein, die ansonsten untergegangen wären. Diese zeigen die Qualität der Arbeiten und machen das Lesen selbst für ein durch die heutigen technischen Möglichkeiten verwöhntes Auge zu einem Genuss. Ein besonderes Vergnügen wird das bei den späteren Ausgaben, die grafisch die Umwälzungen der end-60-er aufnehmen!
Interessanter Redaktioneller Teil
Ein großes Plus dieser Reihe ist der großartige, zweigeteilte redaktionelle Teil, der den Comics vorausgeht. Wie schon bei den anderen Teilen (Spider-Man, Avengers, Fantastic Four) eröffnet zunächst ein sehr persönlicher Beitrag das Buch. In diesem Fall ist es Sal Buscema, der in diesem doch sehr familiären Setting die Seiten seines Bruders John geinkt hat und seine Sicht auf die Zeit schildert.
Daran anschließend führt Douglas Wolk in die Historie des Silver Surfer ein. Er erzählt nicht nur von den Auftritten des Sentinels, die der eigenen Serie vorangingen, er weist auch auf die jeweiligen Besonderheiten der einzelnen Storys hin. Ohne diese Einführung wäre mir jedenfalls die Verbindung zum Shakespeare-Englisch und -Duktus nicht aufgefallen. Wolk selbst ist ebenfalls Eisner-Preisträger und lehrt Comics-History in Portland.
Natürlich enthält der Band auch eine Unmenge an Abbildungen, teilweise seitenfüllend, die noch mehr Details entblößen, Kurzbiographien aller beteiligten Künstler und ausführliche bibliographische Angaben zu den 18 Heften.
Für Fans ein Muss! Oder als Geschenk!
Dieser leinengebundene Prachtband enthält die komplette erste Silver Surfer Serie, also alle 18 Hefte, die zwischen 1968 und 1970 erschienen sind in Reproduktionen von Originalheften. Natürlich beinhaltet das die Titelbilder, Werbeanzeigen und Leserbriefseiten. Ebenfalls notwendigerweise ist der Band daher komplett in Englisch. Die Famous First Edition ist nummeriert und auf 5000 Exemplare limitiert und kommt in einem bedruckten, stabilen Karton. Die Rückeneinbände der Marvel Comics Library haben jeweils eine andere Farbe und ein Signet, sehen also auch geballt gut im Regal aus.
Der Preis mag einigen relativ hoch erscheinen, ergibt aber nur einen Seitenpreis von 21 ct bzw einen Preis von 3 ct pro Gramm. Für Fans des Surfers ein absolutes Muss. Nie gab es die Möglichkeit, den ersten Run in dieser Auflösung genießen zu können! Der Band wird sicherlich aber auch auf der einen oder anderen Liste für Weihnachten seinen Platz finden. Verdient hat er ihn dort allemal! Und wer es noch exklusiver mag, kann zur Luxusausgabe greifen!
Dazu passen Why?(Am i Treated so Bad) von den Staple Singers und ein Kaffee, denn der hilft immer…
Wally Wood war einer der besten amerikanischen Comic-Zeichner der 50-er und 60-er Jahre. Obwohl er auch für andere Verlage wie Timely/Marvel zeichnete (unter anderem ist das wohl bekannteste schwarz-rote Daredevil-Kostüm von Wood), sind seine besten Arbeiten für EC entstanden. Die ersten drei Bände dieser Reihe enthalten alle Science-Fiction und Fantasy Stories von Wood für EC. Zusätzlich ist bereits ein Sonderband mit seinen erotischen Arbeiten erschienen.
Die Schrecken des Krieges
In den beiden Jahrzehnten nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges waren in den Vereinigten Staaten Kriegs-Comics unheimlich populär. Während einige Verlage das Genre zum Anlass nahmen, ihre nationalen Soldaten zu verherrlichen, dem Machokult zu huldigen und die Schrecken des Krieges als „Schule für das Leben“ umzudeuten, hatte der EC-Verlag eine andere Absicht. Two-Fisted Tales und Frontline Combat waren eher dem Realismus verhaftet. Manchmal war durchaus eine Botschaft zu entnehmen, die gegen den Krieg und für Menschlichkeit ausgelegt werden konnte.
Im Wesentlichen ging es aber darum, die Action einzubetten in Storylines, die auch die Verluste und die Schrecken erwähnte. So ist durchaus nicht jede Rettungsmission erfolgreich, nicht nur Soldaten, sondern auch Anführer sterben auf dem Schlachtfeld und ein Zynismus gegenüber „Frischlingen“ wird eindringlich und doch ausweglos geschildert.
Ergänzt wird der Band mit den Geschichten aus Piracy und Valor, den Heften, die einer drohenden Indizierung des Verlages entgegenwirken sollten, nachdem die Horror-Titel eingestellt worden waren. Auch hier geht es um Kriege bzw. Soldaten, allerdings in historischen Auseinandersetzungen, zum Beispiel im Mittelalter, während der Segelschifffahrt oder des amerikanischen Bürgerkrieges.
Klarer Strich und ein Blick für Details
Die SF- und Horror-Stories von EC waren berühmt für ihre überraschende Wendung am Ende. Die Kriegsgeschichten enthalten diese naturgemäß nur selten. Ein weiterer Unterschied ist, dass Wood hier nur selten seine außerordentliche Fähigkeit zur Gestaltung von Monstern und Außerirdischen anbringen kann. Und zuallerletzt sind auch die Frauen, die Wood ansonsten in seine Geschichten einbaut, nicht mit von der Partie.
Dafür sind der feine Strich, Woods Auge für Bildkompensationen und die Liebe zum Detail aber in jedem Panel zu genießen. Seine Meisterschaft zeigt sich unter anderem in der sehr abgestimmten Nutzung von Rasterlinien und Mustern. Die meisten Einzelbilder haben klare Randlinien. Teilweise fehlen diese aber komplett und deuten dadurch größere Tiefe an. Auch mit diesen Geschichten beweist Wood seine Klasse.
Gelungene Ausgabe!
Wally Wood hat immer alles gegeben und Raubbau an Körper und Geist betrieben. Seine späteren Arbeiten zeigen dieses teilweise deutlich. Seine beste Zeit hatte er definitiv bei EC. Für die vielen Fans, die er immer noch hat, ist das EC-Archiv eine perfekte Reihe!
Wie immer gibt es eine limitierte Vorzugsausgabe. Der Band ist mit einem Variantcover und einer Druckgrafik mit einem Piratenmotiv erschienen!
Wie versprochen folgt nun der dritte „Reise-Comic“. Zunächst kam eine Reise um die Welt, dann in einem speziellen Fahrzeug und nun auf einer Welt, die ein Fahrzeug ist. Die Redaktion des alten Koralle-ZACK war nicht nur ein Zweitverwerter von lizensierten Serien, sie hatten auch eigene Reihen in Auftrag gegeben. Viele dieser Produktionen kamen aus Italien oder Spanien, wo große Studiokapazitäten zur Verfügung standen. Víctor Mora wurde dabei gleich zwei Mal um einen Science-Fiction-Plot gebeten: Neben Dani Futuro erschuf er auch Sigma-Gigantic.
Abenteuer im Weltall
Wir schreiben das Jahr 2078. Die Menschheit wird getrieben von der Frage nach anderen Lebewesen im Universum, hat man doch im eigenen Sonnensystem Leben auf vier Planeten entdeckt. Gleichzeitig gibt es Menschen, die sich ein Leben auf anderen Planeten vorstellen können und bereit sind, ihr bisheriges Leben aufzugeben. Das dafür vorgesehen Raumschiff Sigma-Gigantic gleicht einer künstlichen Welt mit Städten, Zoologischen Gärten und zwei künstlichen Satelliten als Begleitern.
Mit an Bord während der intergalaktischen Reise sind der Zoologe Bruno Castorp und Mitreia, die Enkelin des Ratsvorsitzenden Professor Glavius. Zusammen mit den beiden Robotern Piccolo und Goliath erleben sie mehr oder weniger gefährliche Abenteuer im All. Das auf drei Bände angelegte Integral enthält die ersten 5 Geschichten, die ihre Premiere als albenlange Stories im ZACK (1, 3, 4) oder als Kurzgeschichten in der ZACK-Parade (2, 5) hatten.
Im Griff der Kralle handelt von Weltrumpiraten, Gefahr lauert auf Pluvia stellt die Frage, ob eine Zoohaltung angemessen ist. Der Planet der Verdammten bringt nicht nur eine Szene, die wir ganz ähnlich schon aus Dani Futuro kennen, sondern stellt vor allem die Frage, ob der Überlebenswille fremder Spezies „böse“ ist. Titanen des Weltraums zeigt die Ambivalenz von Kriegsmaschinen und die grünen Ebenen Arkadias zeigt die versuchte Kolonialisierung einer neuen Welt.
Bunt und innovativ
Natürlich atmen auch die Zeichnungen den Zeitgeist der späten 70-er Jahre. José Cardona verwendet durchaus bunte und schrille Farben in seinen Bildern, die teilweise wie eine Mischung aus Pop-Art und früher Disco aussehen. Gleichzeitig hat er aber auch Spaß daran, jugendstilartige Kulissen zu erschaffen und schnörkellastige Klamotten zu entwerfen, die Hippies hätten tragen können. Seine Darstellungen fremder Flora und Fauna sind sehr kreativ und manchmal wirkt es wie ein Crossover von „Vergessene Welt“ und „Star Wars“.
Diese Bemerkungen wären aber nicht komplett ohne den Hinweis auf den grundsätzlich sehr realistisch angelegten Stil, der Technik und Darstellung menschlicher Körper gut kombiniert. Natürlich würde heutzutage niemand mehr so zeichnen. Aber von einer modernen Serie würde es auch kein Integral geben.
Eine weitere Perle aus dem Fundus der ZACK-Serien
Während einige der Serien aus dem damaligen ZACK-Magazin gefühlt zum zwanzigsten Mal neu aufgelegt werden, warten andere immer noch darauf, erstmals in Deutschland komplett verlegt zu werden. Für einige mag das auch ganz gut sein, Sigma-Gigantic hätte das aber schon lange verdient. Nicht nur für Fans des legendären Magazins ein endlich gehobener Schatz; auch Science-Fiction Fans und solche der etwas bunteren 70-er Jahre kommen hier auf ihre Kosten.
Das Integral enthält – wie immer bei Kult – einen redaktionellen Teil: Peter Nover führt gekonnt in die Entstehungsgeschichte, die Autoren und andere Serien des Blattes ein. Dazu kommen Illustrationen, bibliographische Angaben und die Möglichkeit, eine limitierte Vorzugsausgabe mit Variantcover und von Cardona signiertem Druck zu ergattern.
Cover der limitierten Vorzugsausgabe
Dazu passen Me First and the Gimme Gimmes, etwa mit Science Fiction Double Feature, und ein Rainbow Cocktail.
Ein Standbein des All Verlages von Ansgar Lüttgenau sind die Klassiker. Wenn möglich, sollte ein Bezug zum Koralle-ZACK dabei sein, dieser kann aber auch um ein paar Ecken verlaufen. Die neue, auf 13 Bände angelegte Serie über einen jungen Mann, der gerne Reporter werden möchte, entspricht genau diesen Vorgaben: Die Serie lief zwischen 1958 und 1967 in Spirou, also genau zur Hochzeit des klassischen frankobelgischen Abenteuer-Comics, und seine Schöpfer sind Stars der Szene, die mit mehreren Reihen im damaligen Magazin vertreten waren.
Eine Kostprobe gefällig?
Marc Dacier, der Held dieser Reihe, ist ein junger Journalist, der es bisher nur zu einigen Artikeln bei einem Lokalblatt gebracht hat. Er hat sich aber in den Kopf gesetzt, für eine renommierte Zeitung zu arbeiten. Diese möchte allerdings nur (zumindest angehende) Stars einstellen aber keine blutjungen Anfänger. Es kommt daher zunächst darauf an, den Chef überhaupt neugierig zu machen.
Dies gelingt auf durchaus witzige Weise und der zukünftige Held darf sich bewähren: Er muss ohne Startkapital die Welt in vier Monaten umrunden, darf sich kein Geld leihen oder schicken lassen, und soll dabei spannende Artikel verfassen.
Als erfahrene Leser*innen von Jules Verne wissen wir natürlich, dass das in vier Monaten zu schaffen ist, die Reise ist aber kein Plagiat. Die Etappen, Herausforderungen und Begleitumstände wurden von Charlier passgenau entworfen, um einen unerfahreneren, aber unerschrockenen jungen Mann „wachsen“ zu lassen.
Realistische Spirou-Schule
Eddy Paape hat unter anderem mit Luc Orient gezeigt, was für ein Meister er ist. Diese Serie liegt zeitlich etwas weiter zurück, und so ist nicht nur der Held etwas jünger und unerfahrener, auch Paape hat noch nicht die spätere Sicherheit. Allerdings beweist er bereits eine große Klasse in der Ausgestaltung von Landschaften: wilde Meere und weite Wüsten gelingen ausgezeichnet.
Auch die Spannung der Szenen auf dem engen Schiff wird durch die Zeichnungen unterstützt. Das Layout ist dabei klassisch vier-spaltig; die Abwechslung wird nicht durch die unterschiedlichen Panelgrößen erzeugt, sondern durch die unterschiedlich gewählten Perspektiven.
Ein gelungener Auftakt!
Nicht immer ist es einfach, auf dem doch teilweise sehr vollen deutschen Comicmarkt noch neue Serien zu platzieren. Viele große, alte Player setzen auf die Zugpferde und kreieren einen Kosmos von Nebenprodukten um diese herum. Andere versuchen es mit sehr modernen, künstlerischen Stoffen oder Konzept-Serien. Insofern ist ein Start einer „alten“ Serie mit 13 Bänden immer auch ein Wagnis.
Wer auf die alten Klassiker steht, wird auch an Marc Dacier seine Freude haben. Gelungen erzählt und sorgfältig umgesetzt! Wie immer gibt es auch eine limitierte Vorzugsausgabe mit Druck und Variantcover!
Dazu passen Billie Holiday und ein Grolsch Herfstbock aus der Dose.
Die späten 80-er und 90-er Jahre waren nicht unbedingt die Zeit für durchaus poetische Serien mit Abenteurern in Deutschland. Das Koralle-ZACK war verschwunden und Versuche, ein ähnliches Konzept erneut zu etablieren, scheiterten allesamt. Der Kiosk-Markt wurde von Reihen wie „Die großen XYZ-Comics“ dominiert, die Alben-Verlage waren mit großen Experimenten gestartet, stellten jedoch nicht rentable Reihen auch wieder ein. So kam es, dass viele Serien nur teilweise ihren Weg zu uns fanden, oft auch noch in fehlerhafter Reihenfolge.
Abenteuer in Asien und der Südsee
Umso besser, dass Adler, die Serie über den ehemaligen deutschen Luftwaffenpiloten Adler von Berg, nun endlich eine angemessene und vollständige Präsentation erfährt. Die von René Sterne getextete und gezeichnete Serie wurde von Chantal De Spiegeleer koloriert. Beide harmonieren extrem gut miteinander und haben auch später bei Blake & Mortimer zusammen gearbeitet. Dieser Band enthält im Übrigen ebenfalls den von Sterne geschriebenen und illustrierten Roman Die Hölle am Rio Negro, der auch als separates Hörbuch erhältlich ist.
Band 4, Die letzte Mission, war bereits vor Jahren auf Deutsch erschienen. Die beiden anderen Bände sind deutsche Erstveröffentlichungen. 1949: Adler und seine Begleitung, Helen, müssen ungewollt im Nord-Burmesischen Dschungel landen und geraten in Konflikt mit einer örtlichen Bande, die übriggebliebenes Kriegsmaterial nutzen will. In Black Bounty muss Adler zunächst einmal verdauen, dass Helen ihn verlassen hat. Mittlerweile befindet er sich auf einem Boot in der Südsee.
Im Verlauf der Geschichte gelangen er und seine Mitstreiter*innen an eine Schatzkarte, die ihnen allerdings wieder abhandenkommt. In Die verlorene Insel entwickelt sich eine Auseinandersetzung mit mehreren Parteien um den Schatz der legendären Bounty, der durchaus blutig verläuft. Trotz allem schwebt eine eigenartige Romantik über allem.
Moderner Tintin-Style
Die Geschichten stammen aus dem Tintin-Magazin, sind somit grundsätzlich der „klaren Linie“ verpflichtet. Sterne fügt ein wenig mehr an Hintergrund hinzu als üblich, insbesondere bei den unglaublichen Landschaften im Dschungel oder auf den Südsee-Inseln. Dafür reduziert er die Konturen ein wenig. Bei allem Realismus sind gerade die Personen doch abstrahiert.
Das Layout ist dagegen sehr kantig. Zwar gibt es Überspannungen, die Panel sind aber rechteckig und stehen in Streifen. Trotz dieser Struktur wirkt das Ganze recht aufgelockert und unschematisch, was den Schnitt- und Perspektivwechseln zu verdanken ist. Die Farben von Chantal De Spiegeleer nehmen der Gewalt ein wenig die Spitze, romantisieren aber nicht zu viel.
Eine wohlfeile Gesamtausgabe!
Integralbände bei Kult Comics haben eine Gemeinsamkeit: Alle enthalten einen umfangreichen editoriellen Teil mit einer Vielzahl an Abbildungen und Texten. Wer will, bekommt also eine Unmenge an Hintergrundinformationen, die das Verständnis erleichtern, insbesondere bei Serien, die vor 30 oder mehr Jahren entstanden sind. Wem das zu viel ist, mag die Texte einfach auslassen. (Anmerkung: Der Verfasser hat bei der Übersetzung mitgewirkt.) Der ebenfalls abgedruckte Roman bietet im Übrigen einen ganz besonderen Zugang zu dem Helden, nutzt er doch ein anderes Medium.
Drei Abenteuer, ein Roman und ein ausführlicher inhaltlicher Teil geben eine perfekte Mischung für diese Gesamtausgabe, die eine sehr schöne, außergewöhnliche Serie endlich komplett auf Deutsch präsentiert. Das satte Papier passt und bringt die Farben angemessen zur Geltung, ohne aufdringlich zu wirken. Für Fans gibt es eine Vorzugsausgabe mit Variant-Cover und einem beigelegten, limitierten Druck.
Manche Themen verschwinden nie. Dazu gehört unter anderem die Welt der amerikanischen Gangster Mitte der 30 Jahre des letzten Jahrhunderts. Man kann sich dem Thema auf die lustige Art nähern, wie es etwa Cauvin und Berck in Sammy & Jack machen, eher künstlerisch wie Darwyn Cooke in seinen Parker-Bänden, oder zynisch im Stil von Frank Millers Sin City. Die spanische Reihe Torpedo 1936 folgt dem letzteren Anspruch.
Ein misogyner Gangster ohne moralischen Kompass
Luca Torelli, genannt Torpedo, ist ein Auftragskiller. Er kümmert sich nicht darum, warum er jemanden umbringen soll, jedenfalls nicht, wenn der Auftrag gut bezahlt ist. Er arbeitet nicht allein, sondern hat einen Laufburschen bzw. Prügelknaben, den er manchmal auch als Partner bezeichnet: Rascal. Auch dieser kennt keine Skrupel. Ihre Auftraggeber sind Gangster, Ehemänner, Nebenbuhler, die von dem Tod des Opfers finanziell, organisatorisch oder emotional profitieren wollen.
Die im Normalfall achtseitigen Geschichten lassen wenig Raum für ausufernde Hintergründe. Die Geschichte muss schnell zu einem Auftrag kommen, der dann gewisse Schwierigkeiten beinhaltet und entweder mit einem überraschenden Twist oder extremen Zynismus endet. Nicht immer wird der Auftrag erfolgreich abgeschlossen, es gehört zum Konzept des harten Hundes, dass er Blessuren davonträgt.
Druck der limitierten VZA
Man kann nicht sagen, dass Torpedo gefühllos wäre. Er hasst, er hat Freude am Leid anderer, er bereitet Rache vor und genießt sie, vor allem aber übt er gerne Macht aus: er erniedrigt, vergewaltigt und foltert. Alex Toth war eigentlich als Zeichner vorgesehen, stand aber nach zwei Episoden nicht mehr zur Verfügung, da er einen anderen, „besseren“ Killer vor Augen hatte.
Ungeschminktes schwarz-weiß
Die Reihe ist schon mehrfach auf Deutsch erschienen, einmal sogar in einer kolorierten Fassung. Die Zeichnungen gewinnen durch Farbe aber nicht. Der harte schwarz-weiß Kontrast passt zum dreckigen Ambiente, die großen Flächen heben die Ausweglosigkeit hervor. Durch die Strichelung werden die Beschränktheiten der Figuren deutlich: Alter, lasterhaftes Leben und Verbrauchtheit.
Auch wenn viele der Zeichnungen Stereotype bedienen, liegt ihnen doch eine große künstlerische Darstellungskraft zugrunde. Es hat schon seinen Grund, warum gerade dieser Titel der am häufigsten übersetzte spanische Comic ist!
Cover der limitierten Vorzugsausgabe
Old-fashioned Thriller
Torpedo 1936 repräsentiert ein Männerbild, das heutzutage in Frage gestellt werden muss. Muss ein Mann so brutal und ohne Moral sein? Sicherlich nicht! Dieser Disput zeigt sich auch in der Auseinandersetzung mit Alex Toth. Ein anderer Torpedo wäre aber nur ein weiteres Beispiel für „Das Gleiche“ gewesen. Möge jede/r selbst abwägen, ob er/sie sich das historische Dokument antun möchte.
Die zeichnerische Qualität steht außer Frage und die Gesamtausgabe im All-Verlag ist tatsächlich nach Carlsen und zwei verschiedenen Reihen bei Cross Cult die vierte Publikation. Wie immer gibt es auch eine limitierte Vorzugsausgabe mit einem ExLibris und einem Variantcover. Zwei weitere Bände sind angekündigt. Hervorzuheben wäre noch das neue Vorwort, dass Einblicke in Serie und Künstler gibt!
Dazu passen Dutty Moonshine mit „Elephant in the Room“ und ein Rye Whiskey.
Johnny Focus ist neben Corto Maltese einer der zwei „erwachsenen“ ZACK-Helden der Koralle-Zeit. Während letzterer erleben musste, dass sein Auftritt abgebrochen wurde, schaffte der Reporter wenigstens fünf Abenteuer. Danach gab es noch einzelne Auftritte, vieles blieb aber auf Deutsch unveröffentlicht. Die vierbändige Gesamtausgabe wird nun endlich alle 24 Stories chronologisch und ungekürzt beinhalten. In diesem Band 2 sind auch die Geschichten versammelt, die in einem limitierten ZACK-Spezial ZACK-Abonnent*innen vorbehalten waren.
Abenteuer in Afrika und Nordamerika
Micheluzzi lässt seinen Helden, den Reporter Johnny Focus, der mit bürgerlichem Namen Hansen heißt, in seinen Kurzgeschichten nur überschaubare Episoden erleben, verknüpft aber häufig mehrere dieser Folgen zu einem Metaablauf. Dabei geht es nicht nur um den Spannungsbogen der Story, sondern auch um die „Geschichte dahinter“, etwa wenn Massai zwei Weiße um Diamanten kämpfen lassen, um deren Idiotie zu zeigen.
Es lässt sich nicht verkennen, dass die Sympathie von Schöpfer und erschaffener Figur auf Seiten der Unterdrückten und Entrechteten liegt. Alle Formen von Gier, Macht oder Großmannssucht werden verurteilt. Dabei geht es keineswegs um Gewaltfreiheit; Gewalt zur Erreichung oder Verteidigung von Freiheit ist selbstverständlich und legitim.
Cover der limitierten Vorzugsausgabe
Der Band versammelt die afrikanischen Teile Die Leopardenmenschen, Die verfluchte Flasche, Auf der Strasse nach Mombasa und Die Frau vom Fluss sowie Die gelbe Möwe und Der unsichtbare Mörder. Letztere haben dabei einen Krimiplot, auch dieser ist aber nur eine Form für die eigentlich vorgebrachte Kritik.
Licht und Schatten in grandioser Kombination
Wir sind mittlerweile als Leser*innen viel zu sehr an kolorierte Zeichnungen gewöhnt. Nur selten erscheinen Werke, die nicht als Zeitungsstrip konstruiert sind, zumindest auch in schwarz-weiß wie etwa Werke eines anderen großen italienischen Künstlers, Hugo Pratt, oder die Egmont-Ausgabe von Jerry Spring. Wir sind es also nicht mehr gewöhnt, aus dem Zusammenspiel von Licht und Schatten Stimmungen zu deuten und das Gezeichnete mit dem in Gedanken zu kombinieren, dass wir nicht sehen.
Attilio Micheluzzi ist ein Meister für diese Details und komponiert seine Seiten mit großem Bedacht. Gerade die erste Geschichte ist in ihrer Kombination aus Zeichnungen mit wechselnder Perspektive und der eingebrachten originalen (und als Anmerkung übersetzen) Lautmalerei grandios und erzeugt einen Sog, der Geräusche hören lässt und Spannung erzeugt.
Ausschnitt ExLibris der limitierten VZA
Ein Klassiker!
Mit dem Begriff „Klassiker“ wird viel zu häufig hantiert. Oftmals meint er einfach nur, dass man sich doch bitteschön Kindheitserinnerungen erneut zulegen sollte. Irgendwie muss man schließlich verkaufen, dass Sammler*innen sich den gleichen Inhalt zum dritten oder vierten Mal kaufen sollen. Hier aber sind die meisten Inhalte (in Deutschland) neu und außerdem repräsentieren sie einen Stil und Inhalt der obwohl zeitgebunden spielend, zeitunabhängig daherkommt.
Der Band ist auf glänzendem Papier gedruckt, daher nicht unbedingt bei jeder Lichteinstrahlung zu genießen. Dafür ist das Schwarz aber auch genau so, wie es sein sollte! Wer möchte, kann sich das Hardcover auch als limitierte Vorzugsausgabe inclusive Variant-Cover und Druck zulegen.
In vielen Western spielen aus China Eingewanderte eine Rolle: Mal als Arbeiter beim Bau der Eisenbahnen, mal mehr stereotypisch als Betreiber*innen einer Wäscherei. Als Hauptpersonen trifft man sie eher selten an. Zwei Serien, die teilweise im ZACK veröffentlicht worden sind, stellen hier die Ausnahme dar. Zum einen die TV-Serien Adaption von Kung Fu, die in den alten Koralle-Tagen die Abenteuer von Caine erzählt hatte. Zum anderen die davon beeinflusste moderne Serie Chinaman. Nach einer Irrfahrt über mehrere Verlage liegt sie nun endlich erstmals komplett in einer zweibändigen Gesamtausgabe vor.
Rassismus und Erwartungshaltungen
Wie im ersten Band zu lesen war, hat sich der chinesische Kämpfer Chen Long Anh gegen seine Herren und die Triaden gewandt und ein eigenes, selbstbestimmtes Leben als John Chinaman begonnen. Dabei wird er immer wieder mit rassistischen Vorurteilen konfrontiert. Band 5, Zwischen zwei Ufern, beschreibt, wie er Ada, eine angehende Lehrerin davor rettet, ausgeraubt und getötet zu werden. Die junge Frau ist durchaus dankbar, aber keinesfalls bereit zu vergessen, dass ihr Retter einer fremden Kultur entsprungen ist. Trotz allem lassen sie sich in Blutsbrüder, einer deutschen Erstveröffentlichung, zusammen nieder. Sie müssen allerdings feststellen, dass ein Chinese möglicherweise noch gerade so geduldet werden kann, mehrere aber schon nicht mehr.
Dass nicht nur die Weißen Vorurteile hegen, wird in Entscheidung in Blue Hill deutlich. Obwohl Chinaman seine Vergangenheit abgestreift hat, lässt sie ihn doch nicht los. Im Schatten des Galgens muss der Held die tragischen Ereignisse verdauen und heuert bei einem Unternehmer an. Während einer der Fahrten trifft er auf einen notorischen Falschspieler, der wiederholt in gefährliche Situationen gerät. Während sich einerseits neue Freundschaften etablieren, entwickeln sich auch neue Feindschaften.
Diese kulminieren schließlich in Tucano, der zweiten deutschen Erstveröffentlichung, in einem Show-Down, der keinen Vergleich mit einer anderen Serie scheuen müsste. Die Serie von Serge Le Tendre und Olivier TaDuc verbindet klassische Elemente des Westerns mit dem ungewohnten Personal und eröffnet dadurch eine neue Perspektive auf Bekanntes. Diese gelingt umso glaubwürdiger als Olivier TaDuc durchaus aus eigenen Erfahrungen schöpfen kann. Sie versuchen aber auch, der Action nicht die Handlungshoheit zu übertragen. Sie ist notwendiger und integraler Bestandteil der Story, aber nicht Selbstzweck.
Natur und Martial Arts
Action, Pferde und Kühe sind Bestandteil jedes Westerns, müssen daher nicht besonders herausgehoben werden. Natürlich sind sie auch hier zu genießen. TaDuc liefert aber etwas mehr als das Gewohnte, lässt er doch Kombattanten traditionell kämpfen. Die Martial Arts Szenen wirken teilweise wie Standbilder aus einem Kung Fu Film und erfordern eine hohe Kenntnis nicht nur der Kampftechnik, sondern auch des Körperbaus.
Ein weiteres Element der Bildsprache sind die großartigen Landschaften. Sie unterstützen einerseits meditative Situationen, können aber auch eine bedrohliche Kulisse abgeben. Das Layout ist grundsätzlich in Streifen sortiert, bietet aber genügend Abwechslung durch das teilweise Aufbrechen der Rahmen und Überlappungen.
Endlich komplett!
In unserem westlichen Nachbarland, den Niederlanden, war diese Serie schon lange komplett erhältlich. Nun also endlich auch hier, und zwar in einer sehr gefälligen, zweibändigen Ausgabe. Der Anhang enthält einige Illustrationen, die als ExLibris ihren Weg in französische Comichandlungen gefunden haben und ein Interview zu den Hintergründen und ist damit sehr informativ.
Für alle Fans des Comic-Westerns fast schon ein Muss, für alle Freund*innen des Easterns aber ebenfalls einen wohlwollenden Blick wert! Abseits des Mainstreams und doch mittendrin; dieser Versuch gelingt. Wer weiter lesen will, sei auf das 20 Jahre spätere Sequel Der Tiger erwacht verwiesen.
Dazu passen The Devil Makes Three und ein Knob Creek Rye Whiskey!
Was wäre die Geschichte eines Landes ohne „Nationalheld*innen“? Bevorzugt werden dabei (aus literarischer Sicht) diejenigen, die eine gewisse Moral vorweisen können und optimaler Weise gegen einen Schrecken (Drachen, Diktatoren oder Fremdherrscher) gekämpft haben. Eine gewisse Tragik kann dabei nicht schaden. In einigen Ländern haben sich unterschiedliche historische Persönlichkeiten zu einer virtuellen Kunstfigur addiert. Das wohl bekannteste Beispiel ist der französische Asterix. Gilles, der Gauner, wird immer wieder als sein niederländisches Pendant bezeichnet. Historischer Hintergrund ist der Achtzigjährige Krieg der Niederlande gegen die spanischen Besatzer (1568 bis 1648).
Vom Kleinkriminellen zum Volkshelden
Die bei unseren westlichen Nachbar*innen sehr erfolgreiche und beliebte Serie über Gilles, sein „Pferd“ und die Gruppe der Geusen lief mehr als 20 Jahre in diversen Magazinen wie Eppo, hat es aber nie über die Grenze geschafft. Nun endlich gibt es eine auf drei Bände angelegte Gesamtausgabe in einem angemessenen Rahmen und samt einer editoriellen Einführung.
Gilles ist etwas tumb, dafür aber stark und von sich eingenommen. Er lebt von Überfällen auf den im 16. Jahrhundert bekanntermaßen gefährlichen Wegen und muss sich dabei mit innovativen Konkurrenten, dem Wetter und ganz im Allgemeinen seiner totalen Inkompetenz herumplagen.
Wie der Zufall es aber manchmal so will (in diesem Fall eher die Idee des Szenaristen) gerät Gilles an eine Gruppe von Aufständischen, die Geusen, die noch Mitstreiter suchen. Er wird zum Anführer dieser Truppe. Wo Asterix von der Schlauheit und der Dummheit der Gegner lebt, bezieht diese Serie den Humor aus der Dummheit der eigenen Leute, gepaart mit Wahnwitz und Glück. Im Original heißt die Serie Gilles, de Geus. Eine wörtliche Übersetzung bietet sich allerdings nicht an, da hier kaum jemand den Begriff kennen dürfte.
limitiertes Variantcover
Irrsinn in Serie
Die Serie hat mit Kurzgeschichten in Magazinen begonnen und viele der Stories spielen sich auf höchstens drei Seiten ab. Der Band versammelt aber auch drei längere Geschichten: Der Wegelagerer, Die spanische Furie und Sturm über Dubbeldam. Der äußerlich an Errol Flynn angelegte Bandit ist aufgrund seines ständigen Scheiterns ein sehr sympathischer Held, der natürlich trotz allem ein Krimineller bleibt.
Erst als er sich der Gruppe von Freischärlern anschließt, werden seine Taten plötzlich geadelt, dienen sie doch jetzt einer höheren Sache. Die Erfolgsquote ändert sich dadurch allerdings nicht. Der vierstreifige Funny kommt in dem immergleichen Layout daher. Die Abwechslung kommt direkt aus der Situationskomik, die sowohl auf running gags als auch auf den spontanen Irrsinn setzt.
Endlich!
Es war dieser Serie schon seit längerem zu gönnen, dass sie einen deutschen Verleger finden würde. Panini ist aufgrund seiner Vernetzung mit dem stationären Buchhandel dafür wahrscheinlich auch eine gute Wahl. Für Carlsen und Ehapa wäre die Serie zu anarchisch, für Splitter zu klassisch und andere hätten nicht die Präsenz im Nicht-Comic-Fachhandel. Der Band wird hoffentlich auch in der Cartoon-Ecke und im Geschenkbuchsegment platziert werden und dort auch zum Reinschnuppern anregen.
Urkomischer Klamauk gepaart mit historischen Fakten, hier eine gelungene Mischung! Für alle Fans des klassischen frankobelgischen Humors, die auch eine niederländische Prise Absurdität vertragen können!
Dazu passen ein Dubbel-Friss und Lollypop Lorry mit „Simmer Down“!