Lemoine/Dufau, Baril – Spirou und Fantasio Spezial 43

Die Schweinebucht

Story: Christophe Lemoine

Zeichnungen: Elric Dufau, Baril

Originaltitel: La Baie Des Cohones

Carlsen Comics
Softcover | 64 Seiten | Farbe | 12,00 €
ISBN: 
978-3-551-80470-9

Cover Spirou und Fantasio Spezial

Auch bei Spirou haben sich die Zeiten geändert, die tatsächliche und die erdachte Welt nähern sich immer mehr an und tatsächliche Figuren aus Politik und Zeitgeschichte dürfen oder vielmehr müssen unter ihrem wahren Namen Rollen übernehmen. Ob das jede*r gut finden wird? Wahrscheinlich nicht! Aber Kritik ist die Serie ja gerade gewöhnt, die in Deutschland als Band 42 erschienene Geschichte von Yann und Dany wurde in Frankreich sogar zurückgezogen.

Abenteuer in Kuba …

Tatsächlich wagen sich die Macher der Serie an zwei Ikonen der lateinamerikanischen Befreiungsbewegungen: Fidel Castro und Che Guevara! Während ersterer nicht nur die kubanische Mafia aus Kuba vertrieben, sondern dadurch gleichzeitig auch den amerikanischen Einfluss dramatisch reduziert hatte, war letzterer sowohl vorher als auch nachher in anderen lateinamerikanischen Revolutionen aktiv. Das Portrait von Che auf rotem Hintergrund hat sich zu einem die Jahrzehnte überdauernden popkulturellen Postermotiv entwickelt dessen Entstehungsgeschichte hier karikiert wird.

Überhaupt sie die realen Akteure, gleich ob kubanischen oder amerikanischen Ursprungs nicht wirklich nett und vertrauenswürdig. Während die CIA-Agenten eher als dusselig geschildert werden, ist bei den kubanischen der Machismo überdeutlich prominent. Auf jeden Fall wird in die Schweinebucht deutlich, dass beide Seiten für das Erlangen ihrer Ziele über Leichen gehen würden und keine Rücksicht auf irgendjemand anders nehmen werden!

Spirou und Fantasio Spezial 43 page 3

Spirou wird verhaftet, Fantasio möchte ihn befreien, versucht aber gleichzeitig Steffani in Bezug auf eine Reportage über Kuba austzustechen. Das Marsupilami stiftet Chaos und zerstört dabei die eine oder andere Dekoration oder Auslage und Agent Longplaying darf nach langer Zeit (Franquins Tal der Budhhas) wieder einmal auftreten. Und auch der GAG spielt eine tragende (oder besser  schwebende) Rolle. Die Geschichte von Christophe Lemoine schwankt zwischen Real-Satire, Anklage und Splapstick-Spannung und versucht so, den klassischen Esprit der Serie wieder einzufangen.

… in klassischer Manier!

Die Zeichnungen von Elric Dufau und Baril versuchen, den klassischen Vorbildern zu folgen. Natürlich sind die Hintergründe, die Klamotten und auch die technischen Geräte wie Autos im Jahre 1961 nicht viel anders als diejenigen, die Andre Franquin inspiriert haben. Es gelingt daher auch relativ einfach, den Charme dieser Zeit einzufangen. Trotzdem bewegen sich die Figuren darin anders, moderner und von dem aktuellen Erwartungshorizont beeinflusst. Das betrifft nicht nur die Witze (niemand würde heute noch Gottschalk als Textgeber für aktuelle Produktionen haben wollen), sondern auch die Slapstickeinlagen.

Detail Spirou und Fantasio Spezial 43 page 5

Den beiden Zeichnern gelingt diese schwierige Spagatlage ziemlich gut. Zudem schaffen sie es, den kritisierten Persönlichkeiten ein wenig Würde zu lassen. Sie machen somit den Widerspruch zwischen einigen Revolutionserrungenschaften und der Missachtung der Interessen der Einzelnen deutlich und nachvollziehbar. Und auch das Thema der Emanzipation taucht unterschwellig immer wieder auf.

Eine Annäherung!

Grundsätzlich ist der Band eine gelungene Hommage an die wohl erfolgreichste Periode der Serie. Der kleine präpubertäre Giftzwerg ist nicht ganz mein Geschmack und erinnert zu sehr an die andere große belgische Serie. Ansonsten wird der Band den Fans sicherlich gefallen. Ob man damit neue Fans gewinnen kann, wage ich allerdings zu bezweifeln. Dafür ist das Thema heutzutage zu unbekannt und von aktuellen Krisen (und Popkultur-Heroen) bereits lange verdrängt.

Spirou und Fantasio Spezial 43 page 7

Das Backcover gefällt mir dagegen sehr gut, stellt es doch einen Zusammenhang des aktuellen Bandes mit Vorläufern und mit anderen Bänden der beteiligten Künstler her. Zudem wird endlich klar, wie groß der Kosmos um die miteinander verbundenen Serien bereits geworden ist!

Dazu passen „Viva la revolución“ in der Version von den Toten Hosen und ein kubanischer Rum.

© der Abbildungen DUPUIS, 2024 / 2024 Carlsen Verlag GmbH, Hamburg

ZACK 306 (Dezember 2024)

ZACK 306

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 100 Seiten | Farbe | 9,70 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK 306

Wow, das Jahr 2024 ist fast zu Ende, die Stifte für die Jahresbestenlisten werden gezückt, die Wahl des beliebtesten ZACK-Comics steht allerdings erst im Januar an. Wenn ich so zurückblicke, kann ich mich nicht daran erinnern, dass ich mich über irgendeine Ausgabe geärgert hätte, im Gegenteil, alle hatten ihren Reiz. Ein paar runderneuerte Klassiker haben neue Aspekte aufgezeigt und die Moderne in ihre Serien eingeführt, One-Shots wie Mata Hari konnten vollkommen überzeugen und mit den aktuellen Titelhelden hat auch die Humor-Sparte wieder einen tollen Part am Gesamten. Und so ist es auch zu verschmerzen, dass es keinen Neustart gibt.

Die Fortsetzungen

Heute frischer Fisch ist eine weitere Zusammenarbeit von Charel Cambré und Marc Legendre die sich selbst zeichnen. Sie sind En route! und sparen nicht mit Hinweisen auf ihr wirkliches Leben. So taucht auch gleich auf dem heutigen Opener eine Werbung für die Chroniken von Amoras auf, die in der ZACK-Edition gerade erschienen sind. Sie hadern mit der Moderne und den französischen Kreiseln und müssen ihren eigenen Weg durch eine sexualisierte Gesellschaft finden.

ZACK 306 page 5

Es wurde bereits angedeutet, dass bei Michel Vaillant scharf geschossen werden wird – nun passiert es. Das Ziel der Verschwörer ist Senator Steve Warson, der während der 24 Stunden von Le Mans sterben soll. Das Renngeschehen ist aber auch ohne Kugelhagel bereits spannend genug und Marc Bourgne & Benjamin Benéteau präsentieren die rasante Action in gewohnter Klasse. Der Vorgänger Cannonball ist gerade erschienen; obwohl zum Verständnis nicht unbedingt notwendig, hilft er doch. Spannende Unterhaltung von Denis Lapière.

Detail ZACK 306 page 24

In Libertalia sticht Olivier Misson wieder in See um für die freie Siedlung Geld, Waffen und neue Bewohner*innen zu finden. Das führt zu klassischen Seeschlachtszenen in dem sehr eigenwilligen Stil von Paolo Grella . Aber auch hinter den Mauern von Eden deuten sich Probleme an. Nicht alle Bewohner*innen teilen die Ideen der Gemeinschaft und auch Alkohol ist nicht immer hilfreich. Sehr hintergründige Story von Rudi Miehl & Fabienne Pigière in der fiktionale Action-Elemente und philosophische Fragen spannend verknüpft werden. Viele Leser*innen haben aber bereits kundgetan, dass sie die Serie lieber erst lesen, wenn alle Folgen vorhanden sind.

ZACK 306 page 41

Rick Master ist in ein Verbrechen am Meer verwickelt. Zwei etwas drömelige Gauner wollen sich eines kleinen Mädchens bemächtigen und versuchen sogar Rick, der das Mädchen beschützen möchte, zu erschießen. Daraus entwickelt sich eine schnelle Komödie mit stereotypen, dusseligen Beamten und Gaunern sowie einem cleveren Mädchen dessen Vater Menschen in Löcher in der Erde wirft… Deutlich humorigere Geschichte von Zidrou mit Zeichnungen von Simon van Liemt, die erkennen lassen, wie tief er die Figur bereits verinnerlicht hat. Sicher wieder ein Kandidat für vordere Plätze.

ZACK 306 page 57

Eine der besten aktuellen Serien ist meiner Meinung nach Amoras von Marc Legendre und Charel Cambré. Die Figuren sind glaubhaft, entwickeln sich weiter (noch mehr in den bereits oben angesprochenen Chroniken) und die Endzeit-Action bietet alle Elemente, die man hier erwarten darf.  Lambik ist bereits der vierte Teil von sechs, wir steuern also langsam auf das Ende zu.

Detail ZACK 306 page 70

Die Abschiede

Der fünfte Band von Rani ist mit diesem Heft abgeschlossen. Er handelte von dem nach der erfolgreichen Flucht eingetretenen Gedächtnisverlust der Heldin und ihrer weiteren Überlebensversuche. Es ist wegen ihrer Brandmarkung mit der Linie klar, dass sie in Frankreich gesucht wird, doch alles weitere bleibt im Unklaren. Nun aber muss ihr Protegé erfahren, dass Frankreich den Krieg in Europa verloren hat. Die Auswirkungen werden auch Jolanne betreffen… Die History-Serie von Jean Van Hamme & Alcante bedient das Segment der historischen Epen mit Herzschmerz, starken Heldinnen und exotischen Umgebungen. Auch in Die Wilde tragen die Zeichnungen von Francis Vallès wesentlich zu der Beliebtheit der Serie bei!

ZACK 306 page 84

Und sonst?

Parker & Badger beweisen, dass es immer noch schlimmer kommen kann, und in Tizombi lernen wir eine neue Sportart kennen, die definitiv niemals olympisch werden wird. Grott & Bott dagegen helfen dabei zu verstehen, wie wichtig es im Universum ist, regionale Unterschiede zu verstehen. Michael Klein beschreibt das ZACK vor fünfzig Jahren, Bernd Hinrichs berichtet über das phänomenale Werk aus dem Taschen Verlag zum 90. Geburtstag von Donald Duck und Christian Endres bringt uns die Manga-Miezen im Museum näher.

Wer nach der Lektüre dieses Heftes noch nicht genug hat von Magazinen mit frankobelgischen Comics, hat nun eine Alternative. Das ZACK-Sonderheft mit ebenfalls 100 Seiten bringt weitere Kurzgeschichten aus dem Tintin-Jubiläumsband (Besprechung folgt) und ist somit eine Weiterführung von ZACK 300. Bei Erfolg werden etwa alle sechs Monate weitere Sonderhefte erscheinen.

Dazu passen Keith & Tex mit „Stop that Train“ und ein Bier nach Wahl von der Freien Brau Union Bremen.

© der Abbildungen bei den jeweiligen Künstlern und Verlagen / Blattgold GmbH, Bad Dürkheim 2024

Ruiz/Miralles – Ava

Die barfüssige Gräfin

Story: Emilio Ruiz

Zeichnungen: Ana Miralles
Originaltitel: 
Ava

schreiber & leser

Hardcover | 112 Seiten | Farbe | 24,80 €
ISBN: 
978-3-96582-166-8

Cover Ava - Die barfüssige Gräfin

(Comic-)Biografien sind ein Longseller. Sie sind weniger davon abhängig, im Novitätenregal einen besonderen Platz zu finden da Fans der Figur im Mittelpunkt aktiv danach suchen. Das gilt natürlich auch für diejenigen, die sich aus anderen Gründen tiefer mit einer bestimmten Person auseinandersetzen wollen. Meistens geht es in ihnen jedoch um ein ganzes Leben, zumindest aber einen relevanten Teil davon. Ava geht hier einen anderen Weg, beschreibt es doch die Schauspielerin nur über einen sehr kurzen Zeitraum.

Die brasilianische Episode

Ava Gardner, eine der Leinwandgöttinnen Hollywoods aus den 50-er Jahren, hatte gerade ihren Film, Die barfüssige Gräfin, abgedreht. Um den Start zu promoten war es damals wie heute nötig, eine Tour durch Länder zu machen, in denen der Film potentiell erfolgreich sein würde. Nicht nur die Presse war zu begeistern, die Zuschauer*innen wollten ebenfalls ein Stück „große Welt“ begreifen können. Dieses Wort war damals übrigens durchaus wörtlich zu verstehen. Je nach Temperament, Kultur und „Star-Allüren“ konnte das erfolgreich ablaufen, es war aber auch ein Desaster möglich.

Emilio Ruiz konzentriert sich in seiner Erzählung auf die Zeit in Brasilien zwischen Landung und Abflug. In diesen wenigen Tagen in Rio de Janeiro entsprechen viele kleine Begebenheiten weder dem geplanten Ablauf noch den Wünschen des Stars. Ava reagiert darauf äußerst emotional und unbeherrscht. Schlimmer aber ist, dass die Presse sich nicht genügend gewertschätzt fühlt und daraufhin den Stab über der Künstlerin bricht.

Ava page 44

Die Geschichte kulminiert in einer vorzeitigen Abreise, sie wird aber von verschiedenen Akteuren komplett unterschiedlich benutzt. Geschickt verwoben werden eine romantische Affäre die brutal mit Gefühlen spielt, die (Nicht-mehr-)Beziehung zwischen Ava und Frank Sinatra und finanzielle Interessen von Firmen, die von Avas Ruhm profitieren wollen. Somit ist dieser Band nicht nur Wiedergabe der Geschehnisse, sondern auch Kritik am mörderischen Film-/Celebrity-Business!

Romantik, Glamour und echte Gefühle

Ana Miralles zeigt sowohl die geschminkte und polierte Scheinwelt als auch die raue Wirklichkeit. Während einerseits der herausgeputzte Star gute Miene machen muss, sorgen Alkohol, Frustration und Erschöpfung dafür, dass die Fassade schnell ins Wanken geraten kann. Miralles zeigt ersteres in leicht nostalgisch angehauchten Bildern, bei denen man fast die Filmmusik im Hintergrund wahrzunehmen meint: Leicht kitschig, aber beruhigend.

Doch schon das nächste Panel kann einen Ausbruch zeigen: verzerrte Gesichter, ein lautes Schreien und das Scheppern der missgestimmten Instrumente. Diese Vielseitigkeit hat sie bereits bei Djinn bewiesen. In Ava geht es aber nicht um die körperlichen Aspekte. Die einzelnen Bilder haben keinen Rahmen, als sollten sie sich – wie im Film – als Einzelnes gegenüber dem Ganzen mehr zurücknehmen.

Ava page 45

Ein perfekter Einstieg in das Leben der Ava Gardner

In dieser einen Episode wird so viel von der Person Ava Gardner angerissen, dass man fast zwangsläufig anfängt, sich näher mit dieser Person zu beschäftigen. Mehr kann man von einer Biografie nicht erwarten. Die Schauspielerin ist vielschichtig, einerseits teils gegen ihren Willen in eine Rolle gezwungen, andererseits doch süchtig nach Anerkennung. Sie möchte aber ihre Grenzen setzen können, was ihr als öffentlicher Person natürlich verwehrt wird.

Es wird aber auch deutlich, was ihr Ruhm für die Personen in ihrer Nähe bedeutet. Denn auch diese sind nur scheinbar privilegiert und müssen mit ganz anderen Herausforderungen klarkommen. Wunderschöne einbändige Ausgabe, die darauf wartet, gelesen und/oder verschenkt zu werden. Weihnachten steht schließlich vor der Tür. Der Titel ist unter dem Sublabel Alles Gute! bei schreiber & leser erschienen.

Dazu Ava Gardner herself mit „Can’t Help Lovin‘ That Man“ und ein Bombay Bramble.

© der Abbildungen Dargaud Benelux (Dargaud – Lombard s.a.) 2024, by Miralles; Ruiz | 2024 Verlag Schreiber & Leser, Hamburg

Mythic/Di Sano, Walthéry – Rubine 14

Serial Lover

Autor: Mythic

Zeichnungen: Bruno Di Sano, Francois Walthéry

Originaltitel: Serial Lover

Epsilon Verlag

Hardcover | Farbe | 48 Seiten | 13,50 €
ISBN: 978-3-866932-54-8

Cover Rubine 14

Es ist schon einige Jahre her, dass auf den Seiten des ZACK amerikanische Cops ihre regelmäßigen Auftritte hatten. Während Soda einen Polizisten als Helden hatte, der sich abends für seine Mutter als Priester verkleiden musste, bot die Serie Rubine Platz für eine toughe Ermittlerin, die nicht immer erfolgreich, aber immer mit vollem Einsatz versuchte, auf der Seite der Schwächeren zu stehen. Insgesamt 13 Folgen dieser Serie sind im Original zwischen 1993 und 2011 mit wechselnden Zeichnern erschienen und bei Epsilon als vierbändige Gesamtausgabe erhältlich.

Wo die Liebe hinfällt …

Der nach einer Pause von 10 Jahren 2021 erschienene Serial Lover ist eine sehr geschickt erzählte Story über einen verschwundenen Fast-Ehemann. Rubine hat wenig Lust, sich um einen Fall zu kümmern bei dem der Ehemann von der Trauung auf Nimmerwiedersehen verschwindet, scheint es sich doch um eine Alltäglichkeit zu handeln. Doch manchmal müssen Polizeichefinnen, die wiedergewählt werden wollen, auf äußere Einflüsse hören und dann eben auch die Ermittlerinnen.

Schnell wird klar, dass der verschwundene Partner eine falsche Identität benutzt hatte. Trotzdem gelingt es der rothaarigen Rubine und ihrer Kollegin Stück für Stück die Vergangenheit des Gesuchten aufzudecken. Diese ist gepflastert mit Liebschaften, die jeweils unter falschen Namen begonnen wurden und meistens mit einer Tragödie, also dem Tod des Mannes endeten. Nun wird langsam klar, dass doch mehr dahinterstecken könnte.

Rubine 14 page 3

Mythic spielt mit Erwartungen, die er dann aufgrund eines Twistes doch nicht erfüllt. Dadurch schafft er es, fast ein wenig Screwball in die Krimistory einzuführen. Auch die Archetypen der betrogenen Frauen sind stark überzeichnet, manchmal auch etwas zu aufgeladen, sind aber doch alle Bestandteile der Geschichte, die immer anders abbiegt als erwartet.

Funny mit Toughness-Factor

Die Zeichnungen der Serie sind sich über alle Bände treu geblieben, was kaum verwundert, da zumindest Francois Walthéry von Anfang bis Ende dabeigeblieben ist. Ursprünglich sollte es ihm nur etwas Abwechslung von Natascha, seiner Serie über eine Stewardess bieten, die Mischung aus freundlichen Zeichnungen und knallharter Action hat es ihm aber doch angetan. Und so ist auch dieser Band keineswegs ohne Begleitung für Kinder geeignet.

Rubine 14 page 4

Die Seiten sind fast schon übervoll mit kleinen Panels und vielen Sprechblasen. Der Ablauf der Geschichte wird teilweise sehr schnell und dann verlangsamt sich das Tempo wieder für längere Gesprächsszenen. Di Sano darf hier zeigen, dass er auch etwas anderes kann als Soft-Erotik im Stile der „Roten Ohren“.

Nicht nur für Kompletist*innen

Schön, dass Mark O. Fischer seine Serie nun vervollständigt. Im Original ist 2023 ein weiterer Titel erschienen, Midway, der bereits für Dezember angekündigt ist! Rubine ist eine spritzige Serie, die einerseits ein wenig mit Körperlichkeit spielt, andererseits aber Noir-Attitüde und schwierige Themen in einer Art Funny-Tarnung präsentiert.

Detail Rubine 14 page 8

Das Preis-Leistungs-Verhältnis der Hardcover-Ausgabe passt, Krimi-Freund*innen können hier zuschlagen. Während die Serie üblicherweise in Chicago spielt, machen die Heldinnen hier einen Ausflug in die Bayous der Südstaaten. Und auch das gelingt gut!

Dazu passen Toots & the Maytals mit „54-46 That’s my Number” und ein Southern Comfort on the rocks.

© der Abbildungen Walthéry/Di Sano/Mythic/Éditions du Tiroir 2021 | 2024 Epsilon Verlag Mark O. Fischer

Michel Vaillant Staffel 2 Band 11

Cannonball

Story:  Denis Lapière
Zeichnungen: 
Marc Bourgne, Olivier Marin
Originaltitel: 
Michel Vaillant – Season 2 11 – Cannonball

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Softcover | 56 Seiten | Farbe | 16,00 €

ISBN: 978-3-949987-33-5

Cover Michel Vaillant Staffel 2 Band 11

Von Anfang an war Jean Graton, der Schöpfer der Figur Michel Vaillant und des Kosmos um ihn herum, darauf bedacht, die aktuelle Welt des Motorsports einzubeziehen. Diesem Prinzip folgt auch das aktuell für die zweite Staffel verantwortliche Team. Neben aktuellen Rennstrecken und Herausforderungen wie Elektromobilität und Wasserstoffbetankung sind daher auch immer wieder reale Personen Bestandteil der Story. In diesem Fall POG, der einen sehr erfolgreichen Youtube-Kanal hat.

Ein illegales Straßenrennen

Michel Vaillant, der Saubermann schlechthin, wird von POG öffentlich zu einem Rennen quer durch die USA herausgefordert, dem Cannonball. Während Michel klar davon ausgeht, dass er sich darauf niemals einlassen werden muss, wird schnell klar, dass sein Umfeld ganz anders darüber denkt und den Marketingaspekt für den wichtigen US-Markt höher bewertet als das Risiko.

Tatsächlich wird beschlossen das Risiko einzugehen und das Rennen über mehrere 1000 Kilometer anzunehmen, um den neuen Vaillante MontlHéry zu promoten. Weil POG auf allen seinen Kanälen dafür die Werbetrommel schlägt, bekommen auch andere davon Wind und es steht zu befürchten, dass Bob Cramer und die hinter ihm stehende rechtsradikale Organisation erneut versuchen werden, das ausländische Unternehmen zu sabotieren.

Michel Vaillant Staffel 2 Band 11 page 3

Tatsächlich kommt es kurz vor dem Start zu einer Aktion, bei der sich Vermummte an den beiden Wagen von Michel und POG zu schaffen machen, doch zunächst scheint alles unter Kontrolle. Doch plötzlich wird klar, dass Michels Wagen gehackt wurde und ein dramatischer Wettlauf gegen Zeit und Geschwindigkeit beginnt. Denis Lapière gelingt erneut eine sehr spannende, actionreiche Verknüpfung aus Rennsport, Thriller und Soap, die sich sowohl Zeit für Charakterentwicklung nimmt, als auch herausfordernde, schnell ablaufende Actionszenen abspielt.

Modern, eigenständig und gut

Ein Serien-Reboot ist immer problematisch. Man möchte das Erfolgreiche übernehmen, gleichzeitig aber eigene Akzente setzen. Zudem ist Reminiszenz wichtig, um alte Fans mitzunehmen, man möchte ja aber auch gerade neue gewinnen, die mit dem alten nichts (mehr) anfangen konnten. Die erste Staffel stand fast schon ikonografisch für die „gute alte Zeit“ der klassischen Helden des frankobelgischen Comics. Erfolgreich? Ja, aber nur noch bei älteren Menschen und gegenüber der heutigen Jugend nicht mehr wirklich vermittelbar. Ein neuer Look war daher notwendig. Von jetzt an werde ich auf entsprechende Kommentare nicht mehr eingehen.

Michel Vaillant Staffel 2 Band 11 page 4

Marc Bourgne und Olivier Marin präsentieren diesen neuen Look! Während das Ambiente und die Rennszenen ähnlich geblieben sind, stellen sich die Figuren anders dar. Insbesondere Steve Warson ist weniger schematisch, sieht dafür amerikanischer aus und repräsentiert schließlich auch nicht mehr den jungen Draufgänger, sondern einen seriösen Senator. Dieser Wechsel ist dank der hohen Qualität gelungen!

Ein Ende mit Cliffhanger

Ohne spoilern zu wollen, das Ende ist ein leichter Schock für die alten Fans. Die zweite Staffel besteht aus Zyklen, in der die Story über mehrere Bände abläuft und somit viel mehr Tiefe bieten kann, als rund 50 Seiten es ermöglichen würden. Zwar werden der Held und seine Umgebung auch hier nicht wirklich altern, sie werden aber reifen! Damit ist die Serie viel mehr einem TV-Serien-Muster verhaftet als dem alten Modell.

Für mich ist diese Verjüngung der Ikone positiv und erfolgreich, bleibt sie doch ihrem Anspruch treu, technische Entwicklung und sportliche Höchstleistung mit „Leben“ zu verknüpfen. Dazu braucht es sympathische Personen mit Tiefe, echte Probleme und nachvollziehbare Herausforderungen. Check!

Dazu passen „Born to be Wild“ von Steppenwolf und ein Dr. Peppers.

© der Abbildungen Graton Editeur 2022 by Lapière – Bourgne – Marin / 2024 Blattgold GmbH, Bad Dürkheim

Legendre/Cambré – Die Chroniken von Amoras 1

Der Fall Krimson Teil 1

Story: Marc Legendre (Nach Willy Vandersteen)
Zeichnungen: 
Charel Cambré
Originaltitel: 
De Kronieken van Amoras – De Zaak Krimson 1

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Softcover | 56 Seiten | Farbe | 18,00 €

ISBN: 978-3-949987-40-3

Cover Chroniken von Amoras 1

Suske und Wiske ist eine der bekanntesten flämischen Comic-Serien. In den 40-er Jahren von Willy Vandersteen erfunden, läuft sie immer noch und präsentiert familientaugliche Geschichten. Das ursprüngliche Konzept ist allerdings mittlerweile etwas in die Jahre gekommen. Die Erben Vandersteens waren daher bereit, über eine „Modernisierung“ nachzudenken: Das sechsbändige Ergebnis Amoras 2047 läuft aktuell im ZACK und war bei unseren Nachbar*innen so erfolgreich, dass eine weitere Reihe geplant wurde: Die Chroniken von Amoras.

Warum wird man böse?

Das Prinzip der neuen Serie besteht darin, einzelne Teile aus dem modernisierten Kosmos herauszugreifen und um sie herum weitere Geschichten zu erzählen. Den Anfang macht ein dreiteiliges Prequel zur Amoras-Serie in dem es um die Frage geht, warum Krimson so böse geworden ist. Wurde er bereits als Psychopath geboren?

Es scheint so, dass Lambik den Gegenspieler bereits deutlich früher gekannt hat, als er seine Freund*innen bisher hat wissen lassen. Mithilfe der Zeitmaschine versucht der Professor nun, den Dingen auf den Grund zu gehen. Eingebettet ist diese Untersuchung in eine Erzählung der Jetztzeit, die eine weitere Figur näher beleuchtet: Jerusalem! Sie ist eine Söldnerin, die den Terror mit sehr eigenen Prinzipien bekämpft. Und so wird bereits auf den ersten Seiten deutlich, dass diese Serie keinesfalls kindgerecht sein möchte.

Chroniken von Amoras 1 page 3

Zudem treffen Suske und Wiske mit Krimson eher zufällig aufeinander, doch es wird klar, dass es dabei nicht bleiben wird. Legendre weiß, wie man einen spannenden Bogen über mehrere Teile aufbaut. Jede Seite hat ihren Sinn im Gesamtzusammenhang und führt sowohl zu einem Gesamtspannungsbogen als auch einem über die einzelnen Teile hinweg. Für mich eine der besten modernen Serien!

Realismus mit Tradition

Der Fall Krimson ist auch ohne die Originalserie verständlich. Charel Cambrés Figuren sind realistisch, genau wie auch die Hintergründe, verleugnen aber ihre Herkunft keineswegs. Jede Figur übernimmt die wesentlichen Züge und Eigenschaften der Originale, eine Eingewöhnung ist daher kaum nötig. Natürlich sind gerade die beiden Hauptfiguren allerdings ein paar Jahre älter und von Jugendlichen zu jungen Erwachsenen gereift.

Chroniken von Amoras 1 page 4

Das Cover der Vorzugsausgabe wurde übrigens exklusiv für die ZACK-Edition gestaltet und zeichnet einen leicht depressiven Irren im Regen mit einem dämonischen Gesichtsausdruck. Alleine dafür lohnt sich die Anschaffung! Aber auch bei den „normalen“ Zeichnungen beweist der Flame, dass ein hohes Produktionstempo nicht zu Lasten der Qualität gehen muss.

Endlich!

Ich fand es schon gut, dass die Hauptserie den Weg über die Grenze geschafft hatte und freue mich um so mehr, dass nun auch das Spinn-Off hier erscheint. Die Reihe ist ein gutes Beispiel dafür, dass man Klassiker „neu erfinden“ kann, ohne auf ein Remake verfallen zu müssen. Wie auch J.Rom spielt die Serie mit Reminiszenzen, geht aber einen komplett eigenständigen Weg. Für Die-Hards ist die Interpretation vielleicht zu eigenständig, sprich zu sehr auf Erwachsene ausgerichtet, sie spiegelt aber das heutzutage durch Netflix und Co gebotene wieder.

Detail Chroniken von Amoras 1 page 6

Neben dem speziellen Cover kommt die auf 99 Exemplare limitierte VZA auch mit einem signierten Druck, der Krimson in herbstlichem Ambiente zeigt. Spoiileralert: Natürlich wissen langjährige Leser*innen von comix-online, dass die Originalausgaben hier bereits besprochen wurden…

Cover Chroniken von Amoras 1 VZA

Dazu passen Citizen Fish mit „Manmade“ und ein Neumarkter Lammsbräu Bio.

© der Abbildungen 2017 Standaard Uitgeverij / 2024 Blattgold GmbH, Bad Dürkheim

Corteggiani, Ameur/Andrade – Chief Joseph

Die wahre Geschichte des Wilden Westens

Story: Francois Corteggiani, Beratung: Farid Ameur
Zeichnungen: 
Gabriel Andrade

Originaltitel: La Véritable Histoire du Far West : Chef Joseph

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |56 Seiten | Farbe | 17,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-124-9

Cover Chief Joseph

Die wahre Geschichte des Wilden Westens ist eine der aktuellen Konzeptserien, die versuchen das Erzählen einer spannenden Geschichte und die Wiedergabe historischer Details zu kombinieren. Der Historiker Farid Ameur steht hinter den Geschichten dieser Reihe und stellt sicher, dass anstatt von gefärbten Legenden die Wahrheit wiedergegeben wird. Zudem steuert er einen Anhang bei, der einzelne Aspekte besonders beleuchtet. Sie hat damit einen ganz anderen Ansatz als die ebenfalls bei Splitter erscheinenden Western Legenden.

Ein gewiefter Stratege

Chief Joseph ist einer derjenigen Häuptlinge, die für ihre Erfolge im Kampf gegen die übermächtige Kavallerie verehrt werden. Erzogen von Missionaren und deswegen vertraut mit einigen Bräuchen der Weißen musste er erdulden, dass das einst friedliche Volk der Nez Pencé aus ihrem angestammten Gebiet vertrieben und fast vollständig vernichtet wurde.

Chief Joseph selbst war ein Mann des Friedens. Er wusste, dass sein Volk eine militärische Auseinandersetzung nicht würde gewinnen können. Und doch wurde er gezwungen, diesen Weg zu gehen. Er versuchte, sein Volk aus dem Wallowa-Tal im Grenzgebiet zwischen Idaho, Washington und Oregon über die Rocky Mountains durch den Yellowstone-Park und Montana in die kanadische Sicherheit zu bringen. Dabei waren bis zu vier Armee-Einheiten auf seiner Spur.

Chief Joseph page 3

Corteggiani, im Western-Genre bereits sehr verdient, beschreibt, unter welchen Strapazen die schließlich doch erfolglose Flucht geschah und verschweigt dabei keinesfalls die Gewalt. Er zeigt klar auf, wo seine Sympathien liegen: Bei dem Volk, dass aufgrund der Gold-Gier der Siedler gezwungen werden sollte, in ein unfruchtbares Reservat zu ziehen und die ursprüngliche Kultur aufzugeben! Ein graphisch ganz anders umgesetztes Beispiel der Western-Erzählungen von Corteggiani ist Der Weg des Untergangs.

Ein klassischer Western in guter Qualität

Gabriel Andrade ist alles andere als unbekannt, hat aber bisher nichts mit dem klassischen Western-Setting zu tun gehabt. Seine Zeichnungen lassen allerdings das Gegenteil vermuten, ist es doch geprägt von allen Bestandteilen, die man als Leser*in sehen möchte: grandiose Weiten, der Wechsel von der Totalen in die Handlung, raue Männer im Kampf. Auch bei ihm wird deutlich, auf wessen Seite er sich sehen würde: Während die Nes Pencé Würde ausstrahlen, fehlt diese bei den Soldaten vollkommen.

Chief Joseph page 5

Ein Band mit vielen Schlachten hat naturgemäß auch eine Menge an Actionszenen. Andrades Körperdarstellungen sind auch in der Bewegung anatomisch korrekt. Der Schrecken des Krieges wird deutlich, es fließt aber nicht übermäßig viel Blut und auch Splatterszenen sind nicht zu entdecken. Jede*r Liebhaber*in dieser Gattung wird die Zeichnungen daher lieben.

Eine Art Rehabilitation

Natürlich kann man die Geschichte nicht mehr ändern. Die indianische Kultur und Tradition sind fast vernichtet und viele Völker, die ja größtenteils nur wenige 1000 Mitglieder umfassten, leben nur noch in den Geschichten über sie. Trotzdem ist es wichtig und richtig, dem Märchen „der historischen Eroberung und Urbarmachung des Westens“ die Wahrheit entgegenzusetzen. Und diese ist geprägt von falschen Versprechungen, Verrat und systematischer Ausrottung.

Chief Joseph page 10

Diese Geschichten zu erzählen und dabei nicht in die Rolle des geifernden Anklägers zu verfallen, sondern die Fakten für sich sprechen zu lassen ist ein Verdienst dieser Reihe! Der umfangreiche historische Anhang hilft dabei, enthält er doch ein paar Belege und Hinweise für eventuell gewünschte Vertiefungen.

Dazu passen Of Monsters And Men mit „Dirty Paws“, und ein frisches Quellwasser!

© der Abbildungen Editions Glenat 2023 Francois Corteggiani, Gabriel Andrade & Farid Ameur | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2024

Delporte/Forton – ZACK Spezial 13: Alain Cardan 3

Hallo … Hier Venus!

Story: Yvan Delporte
Zeichnungen: 
Gérald Forton

Originaltitel: Alain Cardan

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Softcover | 48 Seiten | Farbe| 14,00 € |

Limitiert auf 555 + 55 Exemplare

ISBN: n/a

Cover ZACK Spezial 13

Die Reihe ZACK-Spezial ist für Fans der klassischen frankobelgischen Abenteuer- und Science-Fiction Comics. Die hier erscheinenden Reihen haben es zu großen Teilen nie nach Deutschland geschafft, erscheinen nun aber in kleiner Auflage und im Direktvertrieb. Der erste Band über den Agenten Alain Cardan ist bereits vergriffen, die Detektive des Himmels sind noch lieferbar. Ein Abschlussband ist geplant.

Ein bemannter Flug zur Venus

Während sich die bemannte Weltraumfahrt aktuell darauf vorbereitet, erneut Menschen auf den Mond bringen zu wollen, hat sie in Literatur und Comic längst das komplette Weltall erobert. Die Geschichte aus den späten 50-er Jahren beginnt damit, dass das der UNO unterstehende International Forschungszentrum einen ersten bemannten interstellaren Flug zum Mond plant und somit ein neues Zeitalter starten möchte. Doch noch während der Vorbereitungen empfängt man plötzlich ein Signal Hallo … hier Venus!

Obwohl man sich beim IFZ nicht erklären kann, wieso ein Funkspruch von der Venus in menschlicher Sprache abgesetzt werden konnte, beschließt man, die geplante Mission neu zu planen und anstelle des Mondes die Venus anzufliegen. Alain Cardan wird zum Kommandanten der Reise ernannt. Sein Auftrag ist nicht nur zu beweisen, dass Reisen durch das Weltall möglich sind, sondern auch herauszufinden, von wem die Funksprüche stammen.

Der Science-Fiction Hintergrund ist durchaus vom damaligen Standpunkt der Technik gedeckt. Zwar hat man noch nicht so viel Wissen über die Atmosphären der anderen Planeten, man versucht aber zu extrapolieren. Parallel treibt Yvan Delporte einen Krimiplot voran. Der reichste Mann der Welt wird bei einem Unglück schwer verletzt, es ist aber nicht klar, ob es sich wirklich um einen Unfall handelt oder ob mehr dahintersteckt. Im Laufe der Zeit kulminieren beide Stränge in einem gleichzeitigen Höhepunkt.

Detail ZACK Spezial 13 page 15

Gelungene Reproduktion mit nostalgischem Flair

Alte Serien, die nicht ständig nachgedruckt worden sind und in umfassenden Integral-Bänden vorliegen, bedürfen oftmals einer liebevollen Restauration. Alte Druckvorlagen sind nicht mehr erhältlich, digitale schon gar nicht. Also geht es an das Scannen von erhaltenen Magazinen. Teilweise sieht man den Zeichnungen das Druckraster noch an. Zudem sind die Farben anders als man es heute erwarten würde. Diese nostalgischen Elemente beinträchtigen das Lesevergnügen allerdings keineswegs.

Forton beweist auch in seinen Bob Morane-Bänden, dass er ein Meister der SF-Action-Serien war. Seine Figuren sind glaubhaft, das Dekors je nach Setting modern, aber zeittypisch, bzw. technisch extrapolierend. Wer sich darauf einlassen möchte findet hier einen gut aufbereiteten Klassiker. Im Zweifel ist die Limitierung weniger der Wertsteigerung als dem zügigen Abverkauf geschuldet. Jeder Band, der unverkauft in einem Lager liegt, bindet Kapital, das nicht in eine neue Produktion investiert werden kann.

Klassiker aus den End-50-ern

Wer Jules Verne oder H.G. Wells mag, wird hier richtig liegen: Die Weltraumfahrt ist noch nicht von Katastrophen geprägt und scheint finanzierbar. Zudem sind viele Protagonisten (sic!) altruistisch geprägt und verfallen nicht unbedingt in nationale Sichtweisen. Natürlich gibt es schlechte Menschen, diese sind aber kriminell und somit wiederum Teil des Spiels.

Für mich eine schöne Reihe von Klassikern mit Serien, die zueinander passen, thematisch aber breit genug aufgestellt sind um viele anzusprechen!

Dazu passen Gene & The Esquires mit „Space Race“ und ein Cognac!

© der Abbildungen Forton/Delporte – Edition Hibou 2024| 2024 Blattgold GmbH

Achdé/Jul – Lucky Luke 102

Letzte Runde für die Daltons

Story: Achdé
Zeichnungen: 
Jul

Originaltitel: Lucky Luke – Un cow-boy sous pression

Egmont Comic Collection

Softcover/Hardcover | 48 Seiten | Farbe | 7,99 € / 15,00 € |

ISBN: n/a / 978-3-7704-0967-9

Cover Lucky Luke 102
© 2024 Lucky Comics/ Story House Egmont

Zum ersten Mal in seiner Geschichte muss der Cowboy, der schneller schießt als sein Schatten, den ganzen Wilden Westen retten. Tatsächlich scheint nichts mehr so zu sein, wie es sein soll. Der Grund: Es gibt wegen eines Streiks der Brauereiarbeiter kein Bier mehr.

Lucky Luke und die Deutschen

Lucky Luke hat sich schon mit allen Möglichen Personen und Bevölkerungsgruppen beschäftigt, seit dem Achdé und Jul übernommen haben sogar mit aktuellen gesellschaftspolitischen Themen. Eine Bevölkerungsgruppe, die einen nicht unwesentlichen Anteil an Einwander*innen gestellt hat, war allerdings bisher noch nicht gewürdigt worden: Die Deutschen! Nun also eine Sammlung an Klischees, Vorurteilen und kleinen Spitzen gegen die östlichen Nachbarn der Franzosen.

Detail Lucky Luke 102 page 11
© 2024 Lucky Comics/ Story House Egmont

Natürlich verlangt ein solches Setting eine ganz bestimmte Zutat: Bier! Und tatsächlich ist jenes nicht mehr verfügbar, da ein anderes deutsches Exportgut die Arbeiter in der Brauereiindustrie aufgescheucht hat: Die Ideen eines gewissen Herren mit Namen Karl Marx! Luke wird beauftragt, in der Stadt Milwaukee, dem Zentrum der deutschen Brauer, wieder für geordnete Verhältnisse zu sorgen und die Produktion des Gerstensaftes erneut in Gang zu bringen.

Zunächst aber hat der führende Brauereibesitzer eine „Schnapsidee“, denn er möchte Gefängnisinsassen als Streikbrecher einsetzen, unter ihnen auch die Daltons. Die Letzte Runde für die Daltons enthält die übliche Menge an Humor, die man in dieser Serie mittlerweile erwarten darf, einiges davon auch mit sehr gutem Wortwitz übertragen! Die Menge an Vorurteilen dürfte aber den einen oder die andere Leser*in überfordern, geht die Richtung hier doch gerade mal wieder in Richtung Großmannssucht. Gerade deswegen aktuell zu empfehlen!

Lucky Luke 102 page 11
© 2024 Lucky Comics/ Story House Egmont

Satire mal anders

Satire würde ich eher im Bereich der Cartoons erwarten, nicht aber bei einer so erfolgreichen und eingeführten Reihe, die sonst eher für den all-age-Humor steht. Jul schafft es aber, viele Gags über die Deutschen so genial umzusetzen, dass es beim Lesen teilweise weh tut, immer aber Spaß macht. So werden viele deutsche Eigenschaften von einem Vertreter der First Nations vorgeführt und die Daltons in Lederhosen sind schon genial.

Ansonsten bringt auch dieser Band alles das, was von einem LL zu erwarten ist: Wimmelbilder, abstruse Szenen und Gags, die erwarten, dass man zu mindestens das Grundkonzept der Serie kennt. Vielleicht nicht das stärkste Album der Serie aber trotzdem – für mich persönlich – ein Must Have in der unüberschaubaren Menge von Neuerscheinungen.

Detail Lucky Luke 102
© 2024 Lucky Comics/ Story House Egmont

Zum über-sich-selbst-Lachen

Die Welt wird immer verrückter und auch die jüngsten Ereignisse in den USA sind für Europa nicht unbedingt ein Grund zur Freude. Man muss daher anfangen, über sich selber lachen zu können! Eine erste Lektion dafür ist dieser Comic!

Wer möchte, kann zur Hardcover-Ausgabe greifen, die am 12. November erscheint. Die Softcover-Kiosk-Ausgabe ist bereits erhältlich.

Dazu passen ein Schell’s Pilsener und „Funkytown“ von den Lucky Chops.

© der Abbildungen 2024 Lucky Comics/ Story House Egmont

Beste Bilder 15

Die Cartoons des Jahres 2024

Hrsg: Antje Haubner, Jana Legal, Dieter Schwalm

Autor*innen, Zeichner*innen: 83 Cartoonist*innen

Lappan Verlag
Sofcover Querformat | 176 Seiten | Farbe | 14,00 €
ISBN: 978-3-8303-3686-0

Cover Beste Bilder 15

Woche für Woche, Tag für Tag passieren Tausend Dinge, die in einem Cartoon festgehalten werden. Einige davon sind nach kurzer Zeit schon nicht mehr aktuell, einige waren nie witzig oder haben Grenzen überschritten. Vieles davon ist subjektiv! Diese Reihe geht einen anderen Weg. Die Künstler*innen wurden gebeten, ihre nach eigener Auswahl besten Cartoons einzureichen. Bedingung: sie mussten aus der Zeit ab November 2023 stammen.

Ja, ist das denn witzig? Und nun?

Die Aufgabe des Cartoons ist es, den Finger in die Wunde zu legen. Davon gibt es wahrlich genug: Die Umwelt und das Klima spielen je nach Lesart verrückt oder reagieren wie vorhergesagt. Die Ampel ist mittlerweile beendet, hat aber über das Jahr hinweg genügend Possen gerissen. Kriege, Terrorismus, KI, Cannabis, …

Die Aufgabe von Cartoonist*innen ist nicht, Antworten zu geben! Ja, noch nicht einmal witzig zu sein! Es langt, wenn sie einen Denkanstoß geben. Und nebenbei gesagt, die Frage des Humors ist viel zu persönlich, um sie zu einem objektiven Kriterium machen zu können.

Beste Bilder 15 page 4

Wir finden in diesem Band daher eine extrem breite Auswahl, immerhin haben 83 Menschen ihre besten Werke eingereicht, die gefallen UND abstoßen wird. Fast alle werden ihre Lieblinge wiederfinden, denn auch die aus den Massenmedien bekannten Namen sind vertreten. Viele werden hoffentlich neue Lieblinge entdecken oder wiederfinden. Und ganz bestimmt wird es Bilder geben, die nicht gefallen. Das gehört dazu und schult in Toleranz!

Mehr als 300 Bilder

Mehr als 300 der besten Cartoons des Jahres für weniger als 15 € bedeuten ein extrem gutes Preis-Leistungs-Verhältnis! Der Band ist daher also nicht nur zum Selber-Lesen geeignet, man kann ihn ebenfalls (zur Not als Zweitausstattung) überall dorthin legen, wo Menschen etwas Zeit verbringen und sich gerne mal ein wenig ablenken lassen wollen. Insofern ist der Band auch das ideale Mitbringsel.

Beste Bilder 15 page 8

Die Cartoons machen Mut! Solange es noch Menschen gibt, die sich über etwas aufregen, solange ist noch nicht alles verloren. Insofern wünsche ich allen Leser*innen, dass sie etwas so sehr ärgert, dass sie anfangen, etwas zu tun. Das mag im Persönlichen sein, denn viele kleine (auch sprachliche) Nicklichkeiten haben große Bedeutung für die Opfer. Es mag aber auch im Größeren sein, wenn wir unsere Gewohnheiten und Wünsche unter dem Aspekt der Umweltverträglichkeit abklopfen.

Die Gewinner*innen aus den über 4100 eingereichten Bildern werden Mitte Januar bekanntgegeben!

Und sonst?

Beste Bilder 15 page 7

Mehr politisch korrekte Cartoons oder Satire lassen sich immer finden! Schon etwas älter ist eine Sammlung mit Cartoons zum Krieg in Syrien, die aber immer noch empfehlenswert ist.

Dazu passen die Bad Manners mit „Viva La Revolucion“ und eine leicht dekadente Flasche Spätburgunder.

© der Abbildungen 2024 Lappan Verlag in der Carlsen Verlag Gmbh Hamburg / 2024 bei den jeweiligen Autor*innen

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