Oger/Div. – Gunmen of the West

Revolverhelden und ihre Geschichten

Story: Tiburce Oger
Zeichnungen: 
Tiburce Oger, Dominique Bertail, Benjamin Blasco-Martinez, Paul Gastine, Christian Rossi, Ronan Toulhoat, Hugues Labiano, Félix Meynet, Jef, Laurent Hirn, Olivier Vatine, Eric Hérenguel, Stefano Carloni, Nicolas Dumontheuil

Originaltitel: Gunmen of the West

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |112 Seiten | Farbe | 25,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-377-9

Cover Gunmen of the West

So schön wie (Comic-)Romane und langlaufende Serien sind, so schön ist es auch, knackige, auf den Punkt gebrachte Geschichten serviert zu bekommen. Bereits zum dritten Mal hat Tiburce Oger sich ein Thema vorgenommen, kleine Episoden mit einer Rahmenhandlung versehen, und befreundete Kolleg*innen um die zeichnerische Umsetzung gebeten. Das ergänzt sein Portfolio, das er selber umgesetzt hat, etwa Ghost Kid.

Erschafft die Waffe den Revolverhelden? Oder nutzt er die Waffe?

In der Sammlung über die Gunmen of the West dreht sich alles um Revolverhelden. Der Anknüpfungspunkt sind aber bestimmte Waffen, die ebenfalls eine gewisse Berühmtheit erlangt haben. Alles beginnt mit dem Überfall auf eine Waffenhandlung. Ein junger Spund überschätzt sich maßlos und will Patronen klauen. Der Inhaber des Ladens verwickelt ihn in eine Diskussion in dem er von bestimmten Waffen und ihren Besitzern zu erzählen beginnt.

Alle diese Geschichten beruhen auf wahren Geschichten (wobei auch hier natürlich niemand mehr mit Bestimmtheit sagen kann, wo die Wahrheit aufhört, und die Legende beginnt). Die entsprechenden Fakten sind im Anhang nachzulesen. Auf teilweise innovative Weise bestätigen die Stories die Regel, dass Revolverhelden oft nicht lange genug gelebt haben, um ihre Geschichte selber erzählen zu können. Trotzdem haben sie eine wichtige Rolle gespielt.

Gunmen of the West page 3

Allerdings sind die geschilderten Leben keineswegs identisch. Einige haben es geschafft, der Vernichtung zu entgehen, Motive für den Werdegang sind komplett unterschiedlich und schließlich sind auch die Charaktere der „Helden“ nicht zu vergleichen.

Ein aktueller Überblick über realistische Stilrichtungen

Da jede einzelne Geschichte von anderen Zeichner*innen umgesetzt wurde, bildet der Band einen guten Überblick über aktuelle Arten, einen Western-Comic umzusetzen. Es gibt Randbereiche, die hier (meiner Meinung nach) zum Glück fehlen, so gibt es zum Beispiel keine sehr karikativen Elemente. Aus dem Bereich der realistischen Zeichnungen sind hier aber viele Ansätze vertreten.

Wer am Western-Comic besonders die weiten Landschaften mag, wird hier nicht ganz glücklich werden. Wer aber am liebsten die Interaktion mehr oder weniger hartgesottener Raubeine (übrigens beiderlei Geschlechts) mag, ist hier vollkommen richtig! Allerdings gibt es auch Einschläge von Romantik, Rache, Kampf um Gerechtigkeit einerseits, Selbstüberschätzung, toxischer Männlichkeit und Größenwahn andererseits.

Gunmen of the West page 6

Wie eine klassische Western-TV-Serie

Die Sammlungen von Tiburce Oger sind irgendwie vergleichbar mit Staffeln einer alten TV-Western-Serie. Jeweils unter einem (Season-)Thema versammeln sich unterschiedliche Interpretationen, die alle ihren eigenen Reiz haben, trotzdem aber zusammengehalten werden. Für mich eine perfekte Ergänzung zu den Reihen, die sich nur um eine Hauptfigur gruppieren bzw. den epischen Einzelwerken.

Handwerklich ist der Band wie alle Splittertitel ohne Fehl und Tadel, das Cover ist fast schon genial und die Qualität der einzelnen Darbietungen ausgezeichnet. Was will man mehr?

Detail Gunmen of the West page 8

Dazu passen JohnnyCash, etwa mit „Man in Black“, und ein Schlitz Tall Boy!

© der Abbildungen 2023 Bamboo Édition | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2024

Giger  – Mythologies for the Future

The biomechanical art of HR Giger (dreisprachig EN FR DE)

Herausgeber/Autor: Hans Werner Holzwarth, Andreas J. Hirsch

Artist: HR Giger
Originalausgabe

Taschen Verlag

Hardcover XXL | 506 Seiten | Farbe | 175,00 €

ISBN: 978-3-8365- 7716-8 (Multilingual (EN FR DE)

Cover HR Giger

Ein Kunstband in einem Comic-Magazin, ja, passt das denn? Die Antwort kann nur lauten „Ja!“, ist doch die Neunte Kunst selber nur eine unter vielen anderen Kunstformen, unter denen es eine Unmenge an Überschneidungen gibt. Dabei sind immer wieder Trendsetter zu beobachten, die neue Wege eröffnet haben. Diese Wege breiten sich dann aber über viele Ausdrucksformen aus. So entstehen in der gestaltenden Kunst, der Malerei, im Film und eben auch im Comic Artefakte, die von dem Neuen inspiriert worden sind. Einer dieser Freigeister war Hans Rudolf Giger, dessen Todestag sich 2024 zum zehnten Mal jährte.

BLACK!

Der Schweizer Künstler, 1940 in Chur geboren, absolvierte nach dem Abitur zunächst eine Bauzeichnerlehre, bevor er Innenarchitektur und Industriedesign studiert. Bereits während dieser Zeit veröffentlicht er eigene Zeichnungen in Untergrundzeitungen. Seine späteren Themen lassen sich schon erkennen, die Stilrichtungen ändern sich allerdings noch. Ab 1968 arbeitet er nicht mehr als Angestellter und kann von seiner Kunst leben.

Der Weg führt weg von den Zeichnungen hin zu Öl und Acryl-Gemälden und Airbrushkunstwerken. Immer wieder tauchen Verbindungen von biologischen und mechanischen Bestandteilen auf. Die sogenannten Biomechanoiden zeigen einen düsteren Blick auf die Zukunft, sollen verstören und kommen gleichzeitig eigenartig morbid daher. Außerdem enthalten sie immer wieder sexuelle Komponenten, die sich auch auf den katholischen Hintergrund Gigers zurückführen lassen.

HR Giger page 108

Wesentlicher Bestandteil seines Schaffens sind seine Filmdesignbeiträge, insbesondere natürlich für Alien von 1979. Die ikonographische Figur ist mittlerweile Allgemeingut der Pop-Kultur, Giger wurde dafür mit einem Oscar (Visual Effects) belohnt. Und natürlich ist sie auch der Star einer Vielzahl von Comic-Stories und Cross-Overs. Der Band zeigt aber auch seine teilweise nicht einmal verwendeten Arbeiten für andere Filme, wie etwa Dune. Immer wieder zeigt sich darin seine Ausbildung im Möbeldesign, die er in sehr spezieller Weise mit seinen biomechanischen Themen verknüpft.

Die Ausgabe

Ich weiß nicht, wer schon einmal versucht hat, ein Kunstwerk durch das Betrachten einer Postkarte zu erschließen. Ich bin der Meinung, dass das gar nicht funktioniert. Das vom Taschen-Verlag gewählte Format geht einen anderen Weg: das Coffee-table-book im XXL-Format erlaubt tatsächlich eine Seitengröße von 29 x 39,5 cm und lässt sich durch Doppel- und Ausklappseiten noch deutlich erweitern. Natürlich sind es immer noch nicht die echten Kunstwerke, sie kommen dem Original aber schon sehr nahe.

Nun ist das Betrachten der Werke die eine Sache, die Erklärung der Werke (und ihrer Auswahl) sowie die Einordnung in das Weltgeschehen die andere. Hier ist es Andreas J. Hirsch zu verdanken, dass er die Leser*innen mit großem Sachverstand, aber eben auch in einer nicht abgehobenen Art und Weise durch das Werk des verstorbenen HR Giger führt. Obwohl dieses Buch kein Ausstellungskatalog ist, merkt man ihm doch an, dass der Autor bereits Ausstellungen, auch von Giger, kuratiert hat!

HR Giger page 78

Nicht jede*r ist des Englischen so weit mächtig, dass der gleiche Genuss in der fremden Sprache erzielt werden könnte. Das Werk ist daher komplett dreisprachig. Die einzige Schwierigkeit: Arme oder Unterlage müssen in der Lage sein, 6,2 Kg auf längere Zeit halten zu können.

Was lange wärt …

Dieses Buch wurde noch zu Lebzeiten des Künstlers begonnen. Nun hat sich sein Todestag bereits zum zehnten Mal gejährt. Alle hier aufgezeigten Befürchtungen sind in diesem Jahrzehnt allerdings keineswegs obsolet geworden. Im Gegenteil: Mit dem Einzug von Generative AI hat das Thema der künstlichen Intelligenz und der Bedrohung des „natürlichen“ Lebens eine neue Dimension bekommen. Umweltverschmutzung und Klimakrise sind nicht mehr nur noch globale Bedrohungen, die aktuellen Kriege haben gezeigt, dass ökologische Katastrophen als Folgeerscheinung geplant werden.

Wann also wäre diese Mischung aus Horror, psychedelischen Fragestellungen und Surrealismus relevanter als heute? Das Buch gibt natürlich einen Einblick in die Werke, vernachlässigt aber auch die Wirkung auf andere nicht und stellt dadurch immer wieder die Verbindung zu Politik, Kunst und Unterhaltung her. Anstatt jetzt sehr lange aufzuzählen, für welche Zielgruppen der Band geeignet wäre, entscheide ich mich für das Gegenteil: Wer auf Romantik und Liebe steht, ist hier möglicherweise falsch.

HR Giger The work

Dazu passen „Chrome“ von Debbie Harry (mit einen Album-Cover von Giger) und ein poor man’s Black Velvet.

© der Abbildungen 2024 Carmen Giger (HR Giger Estate) / 2024 Taschen GmbH

Niles/Wrightson/Jones – Frankenstein Alive, Alive!

Die Gesamtausgabe

Story: Steve Niles
Zeichnungen: 
Bernie Wrightson, Kelly Jones

Originaltitel: Frankenstein Alive, Alive – The Complete Collection

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |104 Seiten | Farbe | 25,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-252-9

Cover Frankenstein Alive Alive!

Es gibt einige Klassiker, von denen man nicht genug bekommen kann. Dazu gehören für mich auf jeden Fall einige Werke der Schauerromantik. Mary Shelley hat mit Frankenstein einen Roman geschrieben, der Fragen nach wissenschaftlicher Ethik, Verantwortung, aber auch über Rassismus und die Ausgrenzung des Andersartigen stellt. Steve Niles und Bernie Wrightson haben diese Themen aufgenommen.

Das Monster lebt!

Frankensteins Kreatur wollte ihre letzte Ruhe im ewigen Eis finden. Tatsächlich aber ist der belebte Körper unsterblich, eine Ruhe ist ihm genauso wenig gegönnt wie eine Flucht vor der Scham, Menschen umgebracht zu haben. Die Getöteten verfolgen das Wesen, das mehrere Versuche unternimmt, seine Existenz zu beenden – vergeblich! Und so führt es ein Leben als Frank, eine monströse Zirkusattraktion.

Dabei schien zwischendurch alles gut zu werden. Dr. Ingles, ein etwas verschrobener Wissenschaftler hatte das Wesen aufgenommen und über Jahre in seiner Bibliothek mit Bildung versorgt. Er schien keine Berührungsängste oder Vorbehalte zu haben und Frank begann sich als gleichberechtigtes Wesen, ja, fast als Mensch zu fühlen.

Frankenstein Alive Alive! page 7

Doch dann wurde er nicht nur von anderen Menschen wahrgenommen, er machte auch eine Entdeckung, die ihn zu einer Entscheidung zwingen sollte. Niles und Wrightson führen die Geschichte von Frankensteins Monster weiter und arbeiten an den gleichen Fragestellungen, die schon Shelley aufgeworfen hatte. Leider entwickelt sich die Menschheit oft nur technologisch weiter, Menschlichkeit scheint ein rares Gut zu sein.

Der Großmeister des Horrorcomics

Bernie Wrightson wird nicht zu Unrecht als der Großmeister des Horrorcomics bezeichnet. Seine im Mainstream vielleicht bekannteste Figur ist Swamp Thing, die Kreatur aus dem DC Universum, die immer mal wieder ökologische Themen einbringt. Frankenstein Alive, Alive! besticht durch die Akribie der schwarz-weißen Zeichnungen. Diese Technik hatte er während der Warren-Zeit vervollkommnen können.

Dieses Werk ist seine letzte Arbeit! Während er die ersten drei Teile hatte fertigstellen können, konnte er für den abschließenden Teil nur Entwürfe und Seiteneinteilungen machen. Diese wurden von Kelley Jones, dem Zeichner des dunkelsten Batman aller Zeiten, im gleichen Stil vollendet. Der Anhang enthält die Skizzen und Entwürfe und erlaubt daher festzustellen, welche Anteile von welchem Künstler stammen.

Frankenstein Alive Alive! page 8

Notwendiger Bestandteil jeder Horror-Comic-Sammlung

Natürlich sind Horror-Comics nicht jedermanns Sache. Zumal es eine ganze Reihe an unterschiedlichen Stilen gibt (vgl. die Übersicht bei Blees). Die Schauerromantik und die damit eng verknüpften Vampir-Geschichten reichen aber noch darüber hinaus. Wer sich für dafür begeistern kann, sollte hier auf jeden Fall zuschlagen! Nicht nur sind die Zeichnungen genial, auch die Story enthält genau die richtige Mischung aus Verzweiflung, Hoffnung und bitterer Realität!

Die Ausgabe enthält neben der kompletten Geschichte ein sehr persönliches Vorwort des Autors, der an die gemeinsame Zeit mit dem 2017 verstorbenen Zeichner erinnert, und den bereits angesprochenen Anhang, der deutlich macht, wie die Seiten von Wrightson entstanden sind! Dazu kommt dann noch ein wunderschön geprägtes Cover.

Detail Frankenstein Alive Alive! page 11

Dazu passen The Misfits, etwa mit „Saturday Night“, und ein Bordeaux!

© der Abbildungen Bernie Wrightson, IDW Publishing | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2024

Bottier/Callixte – Hercule Poirots Weihnachten

Agatha Christie Classics 3 – Ein Poirot-Krimi

Story: Isabelle Bottier nach Agatha Christie

Zeichnungen: Callixte

Originaltitel: Le Noel D’Hercule Poirot

Carlsen Comics
Hardcover | 64 Seiten | Farbe | 20,00 €
ISBN: 
978-3-551-80426-6

Cover Hercule Poirots Weihnachten

Es weihnachtet wieder. Während die einen anfangen, nervös zu werden, weil sie nicht wissen, was sie schenken sollen, fangen die anderen an, sich mit Plätzchen und Geschichten in die richtige Stimmung zu bringen. Auch Carlsen hat mindestens einen Weihnachtsklassiker pro Jahr im Angebot. Auf Dickens folgt nun die Queen of Crime.

Die Familie, ein Hort des Friedens

Und noch ein Gegensatz: Während die einen sich darauf freuen, im Kreis der Familie ein paar glückliche Tage zu verbringen, es zu genießen, dass alle wieder vereint sind und von ihren Leben erzählen, gibt es andere, die jetzt schon wissen, dass sie die Heuchelei nicht aushalten werden.

Diese Geschichte gehört eher zu der zweiten Kategorie: Der Hausherr, reich und alt, ist ein wenig speziell und gängelt seine Kinder durchaus. Die meisten von ihnen sind aber folgsam, hängen sie doch am finanziellen Tropf. Für dieses Jahr hat er aber auch das schwarze Schaf der Familie eingeladen und zusätzlich noch eine uneheliche Enkelin. Als dann auch noch bekannt wird, dass der alte Herr sein Testament ändern möchte, ist der Siedepunkt erreicht, die Stimmungen kochen über.

Natürlich wird der alte Simeon Lee tot aufgefunden und Hercule Poirot ist zur Stelle, den Fall aufzuklären. In für Agatha Christie typischer Manier wird eine verborgene Sache nach der anderen aufgedeckt und am Ende ist wirklich jede*r verdächtig. Trotzdem wird natürlich der Fall geklärt werden müssen.

Hercule Poirots Weihnachten page 3

Weiß!

Die Zeichnungen von Callixte bringen die Atmosphäre eines englischen Landgutes und seiner Bewohner*innen gut zum Tragen. Kostüme und Dekors sind sehr stimmig und die Eigenarten im Verbergen von Gefühlen, die einigen Bewohner‘*innen der englischen Inseln zugeschrieben werden, werden ebenfalls sehr glaubwürdig dargebracht. Mit den Gesichtern, speziell den Mundpartien, steht Callixte jedoch eindeutig auf Kriegsfuß!

Wer darüber hinwegsehen kann, dass – wie so oft – eine weiße Aussparung den Mund darstellt, findet hier eine unterhaltsame Wiedergabe des klassischen Krimistoffes. (Innen-)Architektur und Kleidung gelingen jedenfalls gut genug, um trotzdem eine Empfehlung abgeben zu können!

Hercule Poirots Weihnachten page 4

Zur Einstimmung!

Weihnachtliche Katastrophengeschichten erlauben einem immer, sich zu freuen, dass es bei einem selbst anders oder aber mindestens nicht so schlimm ist. Insofern eignen sie sich perfekt zur Einstimmung. Der Baum wird geschmückt, die entsprechenden Teilchen müssen doch irgendwo im Keller sein, oder? Nachdem alles bereitet ist, kann man sich mit Hercule Poirots Weihnachten gemütlich im Sessel zurücklegen und entspannen!

Doch halt: Es fehlen noch Geschenke! Zumindest zur Adventszeit ist dieses Buch eine sehr gelungene Möglichkeit, auch andere an der Freude teilhaben zu lassen!

Hercule Poirots Weihnachten page 5

Dazu passen „Rudolph“ in der Version von Amasic und ein erster Glühwein.

© der Abbildungen BELG Prod. (2017), 1938, Agatha Christie Limited / 2024 Carlsen Verlag GmbH, Hamburg

Nuyten – Apache Junction 4

Sierra Madre

Story: Peter Nuyten
Zeichnungen: 
Peter Nuyten

Originaltitel: Sierra Madre

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |64 Seiten | Farbe | 18,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-411-0

Cover Apache Junction 4

Immer wieder passiert es, dass Vergleiche von lebenden Künstlern mit verstorbenen „Helden“ gezogen werden. Oftmals soll das nur als Marketinginstrument dienen und dafür sorgen, dass Verkäufe anziehen und sich die Fans des Alten zu solchen des Neuen konvertieren lassen. Manchmal aber ist eine Ähnlichkeit nicht von der Hand zu weisen. Und so glaube ich, dass wer Blueberry von Giraud mochte, Apache Junction auch mögen wird.

Ein neuer Zyklus

Vor mittlerweile mehr als zehn Jahren war der erste Band dieser Reihe erschienen, der noch nicht einmal einen eigenen Titel hatte. Schon damals waren die Ähnlichkeiten mit der großen europäischen Western-Serie aufgefallen, Peter Nuyten schaffte es im Folgenden, dieses zu bestätigen. Der drei Bände umfassende erste Zyklus ist mittlerweile als Gesamtausgabe erhältlich.

Die Geschichte spielt im Grenzgebiet der Apacheria, dem angestammten Stammesland der Apachen-Völker, Mexikos und der Vereinigten Staaten. Während sich mexikanische Rurales und amerikanische Soldaten im Wesentlichen in Ruhe lassen und Kriminelle sich in den Weiten der Sierra Madre gut verstecken können, werden die Apachen von allen verfolgt. Die Mexikaner haben eine bereits lange andauernde Feindschaft mit ihnen, die Amerikaner wollen die ursprünglichen Bewohner*innen am liebsten ausrotten, wenigstens aber in weit entfernte und unfruchtbare Reservate verbannen.

Apache Junction 4 page 3

In diesem Grundsetting kämpfen verschiedene indianische Gruppen, teilweise unter Führung von Geronimo, gegen Alle und vor allem um das nackte Überleben. In einem zweiten Strang versucht Roy Clinton für Gerechtigkeit zu sorgen. Einerseits möchte er für seinen Taten geradestehen, er sucht aber auch Rehabilitation für die ihm zu Unrecht angelasteten Geschehnisse. Vor allem aber möchte er die Unschuld von Ann Bentley beweisen. Diese glaubt zwar nicht daran, bricht aber trotzdem mit ihm auf.

Grandiose Bilder!

Peter Nuyten hat die Serie nicht nur geschrieben, er setzt sie auch alleine grafisch um. Seine Bilder aus der Wüste sind grandios! Die Weite und die Lebensfeindlichkeit werden mit jedem Blick deutlich und auch die Gebirgslandschaften könnten fast ohne Geschichte auskommen! Hier wird seine Liebe zum Detail deutlich, denn keine Kleinigkeit stört weder diese großartigen Totalen noch die Hintergründe der Action-Szenen. Und auch seine Darstellungen der handelnden Personen lassen auf eine ausgezeichnete Recherche schließen!

Apache Junction 4 page 4

Dem Band ist ein Anhang beigefügt, der ein wenig in die damalige Zeit und ihre Hintergründe einführt und auch viele Illustrationen besitzt. Diese verdeutlichen die Übereinstimmung der Fiktion mit der Realität! Für Fans des realistischen Western ein Muss! Der Niederländer ist in vielen Settings ein Meister, einer endzeitlichen Metro, dem asiatischen Dschungel und eben der Apacheria. Mein Liebling ist definitiv die Sierra!

Must have!

Wer in seinem Regal Serien wie Jerry Spring und Blueberry stehen hat, wird an Apache Junction seine/ihre helle Freude haben! Nicht nur grafisch, auch von der Erzählweise her gibt es hier viele Gemeinsamkeiten. Eine gut erzählte Geschichte mit mehreren Ebenen, glaubwürdigen Figuren und genügend klassischen Elementen, um rundum zu gefallen!

Detail Apache Junction 4 page 5

Die Aufmachung (gutes Papier, Hardcover mit guter Bindung und das bekannte etwas größere Format) sorgen für eine angemessene Präsentation; der Anhang unterstreicht die Wertigkeit, die der Verlag dem Start des neuen Zyklus beimisst.

Dazu passen The Wolfgangs, etwa mit „Cannibal Family“, und ein Rye Whiskey!

© der Abbildungen 2023 Peter Nuyten | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2024

Jadoul/Piroton – ZACK Spezial 12: Michel und Thierry

Der große Wettkampf

Story: Charles Jadoul
Zeichnungen: 
Artur Piroton

Originaltitel: Le Grand Raid (Spirou 1239 – 1260 ; 1962)

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Softcover | 52 Seiten | Farbe| 16,00 € | Limitiert auf 555 + 55 Exemplare

ISBN: n/a

Cover ZACK Spezial 12

Zunächst einmal eine gute Nachricht für alle potentiellen Leser*innen, die das ZACK nicht abonniert haben. Ab jetzt können die Spezial-Alben auch ohne Abo direkt beim Verlag und bei einigen Zwischenhändlern erworben werden. Die ersten acht Bände sind aber definitiv verlagsvergriffen. In der Reihe erscheinen Klassiker aus der frankobelgischen Hochzeit der Magazine, die Auflage ist limitiert. Oft sind zusätzlich begleitende ExLibris vorbestellbar.

Sportsgeist ermöglicht Völkerverständigung

In Sportwettkämpfen treten schon seit der Antike Athlet*innen aus verschiedenen Ländern an, um friedlich herauszufinden, wer der oder die Beste sein möge. Während der ursprünglichen Olympischen Spiele herrschte daher eine Waffenruhe. Mittlerweile hat sich durch die Entwicklung von Technik und Technologie der Sportbegriff deutlich erweitert. Zudem finden die Vergleiche längst nicht mehr nur alle vier Jahre statt. Das Thema der „Friedlichkeit“ blenden wir für heute mal aus…

Die beiden Helden trennt nicht nur ein gewaltiger Altersunterschied, sie kommen auch aus zwei zwar benachbarten, aber doch selbständigen Ländern: Belgien und Frankreich. Sie vereint ihre Liebe zum Modelflugsport und ihre Fähigkeit, die selbstgebauten Maschinen zu beherrschen. Eine Firma veranstaltet zu einem 50-jährigen Jubiläum eines Fluges einen Wettkampf, bei dem die Modelle die damalige Flugstrecke von Stockholm nach Genf ebenfalls bewältigen müssen.

Der Comic beginnt mit einem der nationalen Ausscheidungswettkämpfe in dem die beiden Helden gegeneinander antreten. Aus anfänglichen Konkurrenten werden Freunde die gemeinsam als Team an dem Finale teilnehmen. Leider werden die Wettkämpfe durch Sabotage gestört und es entwickelt sich ein Krimi-artiger Nebenplot. Jadoul streut immer geographische oder wissenschaftliche Informationen ein, die die Spannung mit Wissensvermittlung kombinieren.

ZACK Spezial 12 page 14

Ein sehr typischer Vertreter seiner Zeit

Die Zeichnungen von Artur Piroton sind ein sehr gutes Beispiel für die realistischen Spirou-Comics der damaligen Zeit. Einerseits werden selbst die für die humoristischen Einlagen vorgesehen Personen mit Respekt gezeichnet, andererseits stecken die einzelnen Panel voll mit Details. Zwar erlauben die Zeichnungen aufgrund ihrer Konzeption noch einen Abdruck in schwarz-weiß, sie sind aber bereits als kolorierte Werke geplant.

Naben den (ausdrucksstarken) Gesichtern legt Piroton augenscheinlich viel Wert auf die Detailtiefe der Flugzeuge. Nicht nur am Boden oder während ihrer Entstehung, auch die Luftkämpfe der Modelle sind gut gelungen. Da diesem ersten Band weitere gefolgt sind, hat die Serie augenscheinlich auch damals ihre Fans gehabt. Das Nachwort gibt einen guten Überblick über die Serie und die Künstler!

Eine schöne Serie

Die ZACK-Spezial Alben richten sich an Fans der Comics aus den 60-ern und frühen 70-ern. Viele aus dem ZACK oder der MV bekannte Serien haben es auch hierzulande geschafft, eine stabile Fanbasis zu erhalten. Daneben gibt es aber immer noch viele bis heute ungehobene Schätze. Obwohl qualitativ gut, gibt der deutsche Comic-Markt eine reguläre Veröffentlichung nicht her. Daher gibt es gerade in diesem Segment eine Vielzahl an Kleinverlagen, die teilweise nur eine Serie oder aber ein Segment bearbeiten und in Kleinstauflagen veröffentlichen.

Die ZACK Spezial-Alben erreichen dagegen wegen des Markennamens ZACK und der Bewerbung in dieser Zeitschrift einen doch größeren potentiellen Kund*innenstamm, profitieren aber trotzdem von der im Direktvertrieb günstigeren Kostenstruktur. Wie auch immer, die hier präsentierten Serien finden bisher und hoffentlich auch weiterhin genügend Käufer*innen um die Serie fortzuführen und erlauben daher den Bewohner*innen des Comicentwicklungslandes Deutschland aufzuschließen!

Dazu passen The Kinks mit „Sunny Afternoon“ und ein Eierlikör!

© der Abbildungen Piroton/Jadoul – 2023 | 2024 Blattgold GmbH

O‘Donnell/Holdaway – Modesty Blaise 2

Die kompletten Comicstrips 1964 – 1965

Autor: Peter O‘Donnell

Zeichnungen: Jim Holdaway

Originaltitel: Modesty Blaise 355 – 743

Bocola Verlag

Hardcover Querformat | s/w | 144 Seiten | 29, 00 €
ISBN: 978-3-946842-76-7

Cover Modesty Blaise Gesamtausgabe 2

Die wohl charmanteste tödliche Heldin eines täglichen Thriller-Zeitungsstrips ist auf die deutsche Bühne zurückgekehrt. Im Bocola Verlag aus Klotten erscheint in mustergültiger Aufmachung eine Gesamtausgabe der Comic-Streifen über Modesty Blaise, sogar einschließlich der wenigen Strips, die wegen einer anderen Erscheinungsweise nur im Glasgow Evening Citizen erschienen sind.

Nicht ganz legal, aber immer ehrenvoll

Während Modesty Blaise und ihr Partner, Willie Garvin, im ersten Band noch eingeführt werden mussten, sind den Leser*innen Handlungsweisen und Motive jetzt bereits bekannt. Es bedarf also keiner weiteren Erklärungen, warum die beiden, die ihre kriminelle Kariere beendet haben, plötzlich dem britischen Geheimdienst helfen. Trotzdem fügt Peter O’Donnell immer neue Facetten hinzu!

Mister Sun stürzt die Heldin in einen großen innerlichen Konflikt. Ihr Mündel, Weng, hat sich mit Drogenschmugglern eingelassen und somit eigentlich jede Unterstützung verwirkt. Und doch könnte es für sie Gründe geben, einzugreifen. Neben diesen persönlichen Motiven spielen die große Politik, organisierte Kriminalität und asiatische Regeln eine große Rolle. Ein echter erster Höhepunkt der Reihe!

Die Fähigkeiten der Mrs. Drake bringt zeitgemäß ein wenig Grenzwissenschaftliches in das Setting ein. Wie auch in den Avengers (Mit Schirm, Charme und Melone) oder in Nicky Saxx spielen parapsychologische Themen eine große Rolle und Mrs. Drake scheint in der Lage zu sein, mehr wahrzunehmen als üblich. Nur leider werden diese Fähigkeiten ausgenutzt. Onkel Happy schließlich zeigt nicht nur, dass auch Modesty Liebhaber hat, sondern präsentiert ein Pärchen, dass gut scheint, es aber nicht ist.

Modesty Blaise Gesamtausgabe 2 page 62

Das wirkmächtige „Schwarz“

In den 60-er Jahren war das Papier vieler Zeitungen noch sehr holzhaltig, feine Details konnten schon mal untergehen. Glücklicherweise ist das Papier dieser Ausgabe zwar haptisch dem früheren sehr ähnlich, qualitativ aber Lichtjahre davon entfernt. Und so ist mittlerweile jeder feine Strich von Jim Holdaway perfekt zu sehen! Daher wirken nicht nur seine Schwarzflächen, sondern auch die feinen gestrichelten Details kommen zur Geltung.

Beeindruckend ist seine Fähigkeit, den Personen Leben einzuhauchen. Obwohl abstrahiert, wirken sie fast so, als könnten sie jeden Moment das Papier verlassen. Seine Modesty ist mondän, selbstbewusst, sexy, aber nie billig oder Opfer. Natürlich gab es in den Sechzigern schon verschiedene Rollenbilder von toughen, erfolgreichen und selbständigen Frauen. Man sollte aber nicht vergessen, dass damals noch die Unterschrift des Ehemannes notwendig war, wenn eine Frau arbeiten wollte!

Modesty Blaise Gesamtausgabe 2 page 79

Ein Klassiker in perfekter Darbietung

Wer mehr über die Serie wissen möchte, sollte einen Blick in die Sprechblase 249 werfen. Und auch die Vorworte der Bände enthalten gut lesbare Informationen. Schließlich wird jedes neue Kapitel von Peter O’Donnell himself eingeleitet. Wer also über den Genuss der Stories hinaus mehr wissen möchte, hat alle Möglichkeiten.

Die Serie war in Deutschland nicht wirklich optimal präsentiert worden. Es gab zwar einige Alben und auch in Heftchen immer mal wieder einzelnen Auftritte. Der wirkliche Genuss in Form des querformatigen, größeren Druckes ist aber erstmals eine wirklich angemessene Darbietung! Band 3 und 4 sind bereits angekündigt.

Dazu passen Nancy Sinatra mit „bang-bang“ und Espresso Martini.

© der Abbildungen Associated Newspapers Ltd. / Distr. Bulls / 2024 Bocola Verlag GmbH Klotten

Ankündigung – Donald Duck. The Ultimate History

Die ultimative Chronik zum 90. Geburtstag live auf der Frankfurter Buchmesse


Herausgeber:
Daniel Kothenschulte, David Gerstein, J. B. Kaufman
Originalausgabe

Taschen Verlag

Hardcover XXL | 564 Seiten | Farbe | 175,00 €

ISBN: 978-3-8365-5278-3 (Deutsche Ausgabe)

Cover Donald Duck. The Ultimate History

Seit 1934 ist Donald Duck eine der beliebtesten Comicfiguren, und er war in mehr Filmen zu sehen als jeder andere Protagonist von Disney. Dieser Band zeigt seltene Zeichnungen, Originalausgaben und Schnappschüsse aus der Produktion, charmante Sammlerstücke, unvollendete Filmprojekte sowie unveröffentlichte Arbeiten vom „Duck Man“ Carl Barks.

Was passiert, wenn ein Kunst-Verlag, ein passionierter Fan, und ein 90. Geburtstag zusammenkommen? Die ultimative (und wohl unüberbietbare) Chronik über die erfolgreichste erfolglose Ente der Welt!

Aus der Pressemitteilung:

Nichts ist so erfolgreich wie der Erfolg, sagt das Sprichwort, aber bei Donald Duck ist das Gegenteil der Fall: Die Offenheit, mit der Donald seine Schwächen preisgibt, gewinnt unsere Herzen und bleibt unvergesslich.

Erleben Sie Donalds Lebenswerk aus neun Jahrzehnten in einer der umfangreichsten illustrierten Publikationen über das Disney-Universum. Nach TASCHENs Mickey Mouse: Die ultimative Chronik verfolgen wir nun die Karriere von Mickeys einzigem Rivalen im Kampf um den Titel der beliebtesten Disney-Figur. Beginnend mit seinem Debüt im Kurzfilm The Wise Little Hen in der Reihe Silly Symphony am 9. Juni 1934 dokumentiert dieser Band Donalds über 170 Zeichentrickfilme, seine Abenteuer im Comic und im Fernsehen sowie seine Auftritte in Themenparks. Als besonderes Schmankerl für seine Fans sind die Autoren zudem tief in Disneys Schatzkammern eingetaucht, um die Geschichte seiner unvollendeten Filmprojekte zu erzählen.

Dank des beispiellosen Zugangs zu den umfangreichen historischen Archiven und Sammlungen von Disney sowie zu öffentlichen und privaten Sammlungen konnten seltene Konzeptzeichnungen, Story-Skizzen, Hintergrundbilder, Animations- und Comic-Zeichnungen sowie historische Fotos zutage gefördert werden. Wir begegnen dem Werk aller wichtigen Künstler in Film und Comic, die die Figur Donald geprägt haben. Eine umfassende Würdigung erfährt der als „Duck Man“ verehrte, legendäre Comicerzähler Carl Barks, dessen noch nie gezeigte frühe Storyboard-Zeichnungen hier zu sehen sind.

Das Must-Have für Fans

Comix-online durfte bereits einen Vorab-Blick in das großformatige Werk werfen und ich muss sagen, dass ich begeistert bin! Mehr Fakten sind nicht möglich und das Layout ist wie schon bei der Mickey-Mouse Chronik perfekt. Es lädt dazu ein, die Abbildungen (die bei diesem Seitenformat groß genug sind!) zu betrachten, erlaubt einen guten Lesefluss dank der gut strukturierten Texte und bietet selbst für Spezialist*innen noch Neues!

Man merkt dem Taschen-Verlag bei all seinen Publikationen an, dass die gesamte Mannschaft großen Respekt vor Kunst und Künstler*innen hat. Natürlich ist der Sinn eines Unternehmens, Geld zu verdienen. Aber man kann das eben auch mit dem gebührenden Maß an Hochachtung tun. Genau solche Kleinigkeiten sind es, die das Werk für die Leser*innen zu einer Besonderheit werden lassen!

Übrigens sei gesagt, dass Weihnachten vor der Tür steht …

Das Werk wird am 19. Oktober auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellt. Dabei werden sowohl Daniel Kothenschulte als auch Ulrich Schröder anwesend sein und Bücher signieren!

Dazu passen Bad Guy von den Interrupters und ein Kaffee für die Wartezeit in der Signierschlange …

© der Abbildungen 2024 Disney Enterprises, Inc. / 2024 Taschen GmbH

ZACK 304 (Oktober 2024)

ZACK 304

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 100 Seiten | Farbe | 9,70 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK 304

Das Jahr ist nun schon zu drei Vierteln passé, der Winter steht vor der Tür. Das bedeutet einerseits, dass es Zeit wird, einen Termin für das Aufziehen der Winterreifen zu organisieren, andererseits kehren aber auch alte Bekannte wieder ein! Mit einem Monat Verspätung startet das bereits 12. Abenteuer aus der Zweiten Staffel von Michel Vaillant! Zeitgleich sind auch der vierte Teil der Bob Morane Classics und ZACK-Spezial 12 erschienen. Das schlechte Wetter kann also kommen.

Der Neustart

Das Titelbild kündigt es bereits an, der aktuelle Michel Vaillant setzt neue Maßstäbe.  Cannonball hatte es schon angedeutet: Die Zeiten sind härter geworden und nationale Spinner machen sich immer mehr breit. Steve Warson ist theoretisch ein geeigneter Kandidat für das Amt des US-Vizepräsidenten und wird damit auch zum Ziel der Atomwaffen-Division, einer rechtsradikalen Terrortruppe mit Sitz in den USA. Und natürlich ist auch Bob Cramer involviert … Hochspannung von Denis Lapière mit Zeichnungen von Marc Bourgne & Benjamin Benéteau in der Schnittmenge aus Politthriller und Rennsport. Wie immer werden Purist*innen die Gesichter bemängeln.

ZACK 304 page 5

Die Fortsetzungen

Weiter geht die Serie von Kurzgeschichten mit Harry und Platte. In Gabrielle steht zunächst Action im Vordergrund, denn Platte und ein Gangster liefern sich eine Prügelei auf Leben und Tod auf den Waggondächern eines fahrenden Zuges. Erst im Laufe der Zeit erfahren wir aus eingestreuten Rückblicken etwas über die Hintergründe. Auch hier beweist Denis Lapière seine Klasse im Konstruieren eines extrem spannenden Szenarios. Wieder nimmt er aktuelle Probleme auf und verarbeitet sie in einer sehr wertenden Weise! Die Zeichnungen von Alain Sikorski zeigen einen eigenen Stil, müssen sich aber vor den „Klassikern“ der Serie nicht verstecken. Die Veröffentlichung dieser Kurzgeschichten und einiger längerer Alben kann nur als gelungener Coup bezeichnet werden.

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Lambik hat es mittlerweile geschafft, auf der Insel Amoras zu landen und läuft sofort ein paar Fatties über den Weg. Diese hatten sich allerdings etwas anderes versprochen! Suske wiederum soll nach seiner Gefangennahme exekutiert werden. Möglicherweise ist es allerdings von Vorteil, dass gerade jetzt die Erde bebt und nicht einmal potentielle Todesschützen gerne draußen herumlaufen möchten. Mit einer Familienserie hat diese Adaption von Marc Legendre und Charel Cambré wahrlich nichts mehr gemein, mit einer sehr spannenden Endzeit-Science-Fiction allerdings sehr wohl. Top-Tipp!

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Nach ihrer doppelten Flucht ist Rani noch immer ohne Erinnerungen an ihr früheres Leben. Die Wilde beweist allerdings, dass sie ihren unbedingten Überlebenswillen nicht eingebüßt hat und zeigt ein paar Strandräubern, dass mit ihr nicht gut Kirschen Essen ist. Schließlich erreicht sie Pondicherry, ein Territorium unter französischer Herrschaft. Dort gibt es einige, die Jolanne wiedererkennen. Die ursprünglich als TV-Serie geplante Geschichte von Jean Van Hamme & Alcante ist eine Mischung aus Historie, Schmonzette und Entwicklungsroman und zurecht sehr erfolgreich. Das liegt allerdings auch an den großartigen Zeichnungen von Francis Vallès.

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Die Abschiede

Zwei Abschiede bedeuten zweimal Vorfreude auf Neues im kommenden Heft, zwingen uns aber auch, Abschied zu nehmen.

Auch die Familiengeschichte der Saint-Huberts böte genügend Stoff für eine Verfilmung. Intrigen, Verfehlungen und maßlose Gewinne und Verluste sind miteinander verwoben und werden durch Missgunst zusammengehalten. Das Ende der Scheckhefte von Panama ist ein schöner Cliffhanger für die weitere Zukunft, ist die Familie doch mal wieder völlig unzufrieden mit den Entscheidungen eines Sprösslings. Pierre Boisserie & Philippe Guillaume zeigen uns in die Bank wie Familie „richtig“ geht und Stéphane Brangier findet bei all der Schlechtigkeit noch genügend Zeit für eingestreute schöne Szenen..

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Und auch Bootblack geht zu Ende. Mikaël vermischt mehrere Zeitebenen, deutet die Verzweiflung und die objektive Hoffnungslosigkeit von Verlieren an und erlaubt seinen Figuren doch immer wieder, nicht aufgeben zu wollen. Dabei ist es egal, ob die Unterlegenen diejenigen sind, die in der Stadt die dreckigen und gefährlichen Geschäfte erledigen müssen, ob sie in den Schützengräben stecken, oder ob sie mit den Hoffnungen ihrer Eltern leben müssen, Selbstbestimmung geht anders. Giant/Bootblack/Harlem war eine der besten Graphic-Novel-Serien der letzten Jahre!

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Und sonst?

Für Freund*innen des Zombie-Humors erleben Tizombi, das kleine Steak und Co eine längere Geschichte mit einer neuen Gattung: Spielfiguren, Kuscheltiere und auch Haustiere werden immer öfter begraben und können daher folgerichtig auch wiederkommen. Dazu Parker & Badger, Grott & Bott und die üblichen Rubriken von Frank Neubauer und Michael Klein. Die Artikel dieser Ausgabe (übrigens vom Verfasser dieser Zeilen) beschäftigen sich mit den Flüssen der Zeit und den Chroniken von Amoras, zwei neuen Serien in der ZACK-Edition.

Dazu passen The Wolfgangs und ein Oktoberfestbier (ohne Festzelt!).

© der Abbildungen bei den jeweiligen Künstlern und Verlagen / Blattgold GmbH, Bad Dürkheim 2024

Lee, Thomas/Heck – Avengers. Vol. 2. 1965–1967

Marvel Comics Library. Avengers. Vol. 2

Story: Stan Lee, Roy Thomas
Zeichnungen: Don Heck

Herausgeber: Christopher Priest
Originalausgabe

Taschen Verlag

Hardcover XXL | 666 Seiten | Farbe | 150,00 €

ISBN: 978-3-8365-9159-1

Cover Lee Thomas/Heck Avengers 2

Es ist nicht immer einfach, einen langen Atem zu haben. Viele Projekte sind schon (zu) schnell wieder gescheitert. Die XXL Marvel Comics Library jedoch ist jetzt schon in ihrem dritten Jahr! Die Library wurde gleich mit dem ersten Band mit einem Eisner-Award ausgezeichnet und hat es sich zum Ziel gesetzt, die herausragenden Anfänge der Marvel-Comics zu präsentieren. Das gewählte Format entspricht den Originalzeichnungen, bietet also eher den Blick der Künstler als den der damaligen Leser*innen. Alle Originale wurden sorgfältig digital reproduziert und auf einem Papier gedruckt, dass die Haptik des damaligen Papiers mit heutiger Qualität widerspiegelt.

Ein Team steht füreinander ein?

The Avengers war ursprünglich so etwas wie ein Schnellschuss. Einerseits sollte die Popularität der Hauptfiguren ausgenutzt werden, andererseits waren Autor und Zeichner mit den Figuren bereits vertraut. Christopher Priest weist in seinem einführenden Essay allerdings klar auf ein Problem hin. Zwar waren die Avengers-Stories fortlaufend, was zur damaligen Zeit alles andere als üblich war, die eigenen Reihen der Held*innen aber eben auch. Daher hatten sich viele damalige Fans in Briefen an Marvel gewandt, um nachzufragen, wie sie gleichzeitig in so unterschiedlichen Konflikten involviert sein könnten.

Detail Cover Marvel Comics Library Avengers 2 Intro

Bis auf Cap wurde das Team daraufhin neu besetzt und Hawkeye, Scarlet Witch und Quicksilver durften sich bewähren. Während in den meisten anderen Serien die Held*innen aber immer gut waren, war bei den Avengers der Wurm drin. Die Führungsrolle war streitig, persönliche Konflikte kamen hinzu und so hatte die Enchantress ein leichtes Spiel, die Avengers öffentlich fertig zu machen. Nicht nur waren sie nicht mehr ein Team, sie wurden sogar gesucht! Obwohl diese Herausforderung schlussendlich gemeinsam gelöst wurde, war das doch der Anfang vom Ende für dieses Team.

Im weiteren Verlauf kehrten The Wasp und Giant-Man zurück und versprühten noch einmal der Geist der Anfangsjahre! Die Stories werden wieder lustiger und sind erneut darauf ausgerichtet, ein Wir-für-die-Welt-und-gegen-den-Rest-Gefühl zu vermitteln. Dazu kommen Black Widow und Hercules, die das Team verstärken. Die Bedrohungen bleiben dabei im üblichen Rahmen: außerirdische Gegner haben außergewöhnliche Kräfte, lokale Gegner eher ein zu großes Selbstvertrauen.

Während die Verdienste von Stan Lee schon damals unbestritten waren, ist der Schritt zu Roy Thomas doch beachtlich. Zwar war er schon eine Zeitlang involviert, die The Avengers Ausgabe 35 (Cover date Dezember, Sales-date Oktober 1966) nennt den jungen Künstler allerdings erstmals als Script-Verantwortlichen. Eine lange Karriere sollte folgen!

Detail Cover Marvel Comics Library Avengers 2 Comic

Monat für Monat eine Überraschung!

Leser*innen von comix-online sind eher mit Comics aus dem frankobelgischen Raum sozialisiert worden. Zwar wurden und werden Geschichten oftmals in Magazinen vorangedruckt, die Frequenz ist aber relativ eindeutig: ein Album pro Jahr. Es gibt zwar Ausnahmen, etwa Sammy oder Amoras, grundsätzlich haben die Leser*innen aber Zeit, die Geschichten zu verdauen. Im amerikanischen Comic-Business ist das komplett anders! Im Normalfall erscheinen die Hefte monatlich, teilweise mit mehren parallelen Serien und zusätzlichen Kombinationen/Team-Ups.

Um die meist männlichen jugendlichen Leser zu fesseln ist daher etwas mehr nötig: Das Layout war bereits in den 60-er Jahren deutlich offener und flexibler, die Splash-page ein notwendiges Gestaltungselement. Und auch Elemente des Pulp flossen immer wieder ein, denn die Spandex-Anzüge der Heldinnen waren nicht unbedingt dazu geeignet, ihre Körper nicht herauszustellen. Und so finden wir auch bei Don Heck immer wieder Posen, die nur diesem Zweck dienen, in der Realität aber unerreichbar wären.

Detail Cover Marvel Comics Library Avengers 2 Illu

Grundsätzlich ist Heck aber ein Meister seines Faches: viel Action, die teilweise sehr vollen Textblasen sind gut eingearbeitet und die Perspektiven wechseln ständig, so dass beim Lesen kaum eine Atempause forciert wird. Für Hintergründe ist nicht wirklich viel Platz. Wenn sie aber doch vorhanden sind, bieten sie ein gutes Setting sowohl in der Großstadt, im Labor oder im Weltall.

Und auch für Fans des unvergleichlichen Wallace Wood lohnt sich im Übrigen ein Blick in diese Gesamtausgabe, zeichnet er doch für die Inks der ersten Ausgaben verantwortlich!

Eine voluminöse und wertige Sammlung

Warum kaufen wir uns heute noch/wieder Comics, die wir in unserer Jugend gelesen haben? Natürlich ist einer der Faktoren die Qualität der damaligen Sachen. Während vieles zu Recht vergessen wurde, hat einiges eben doch überdauert und bewiesen, dass es nicht nur auf seine Zeit bezogen war. Es gehört aber auch ein wenig Nostalgie dazu, die schönen Erinnerungen an die Fluchten der Kindheit und Jugend wiederholen zu wollen. Wenn man sich das heute leisten kann (und die meisten von uns können das), dann möchte man das auch in einer angemessenen Form präsentiert bekommen!

Die Taschen Marvel Comics Library macht genau das: die besten Marvel-Geschichten, die die Grundlage für die heutigen Blockbuster gelegt haben, in einer ultimativen Präsentation! Mit einem Seitenpreis von etwas über 22 Cent ist das Kompendium im Übrigen deutlich unter aktuellen Albenpreisen und der extra angefertigte Karton ist noch ein schöner Bonus!

Cover Lee Thomas/Heck Avengers 2 VZA

Wer es ganz besonders mag, kann eine limitierte Luxusausgabe in einem sehr speziellen Schuber für 500 € erwerben. Natürlich macht sich der zweite Band im Regal besonders gut, wenn Band 1 daneben steht. Es sind aber auch bereits Ausgaben von Spider-Man, Silver Surfer oder Fantastic Four erschienen.

Dazu passen Musik von Donovan (Sunshine Superman) und ein Rusty Nail bzw. ein Pink Squirrel.

© der Abbildungen 2024 Marvel / 2024 Taschen Verlag

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