ZACK 293 (November 2023)

ZACK 293

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 92 Seiten | Farbe | 9,00 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK 293

Nachdem der Oktober mit teilweise über 30 Grad viel zu heiß war, hat nun endlich der Herbst begonnen. Das Laub fällt, die Tage wechseln sich ab zwischen sonnig und trüb und eine gewisse Melancholie macht sich breit. Wie gut, dass auch in diesem Monat das ZACK ein wenig Abwechslung und Farbe in den Alltag bringt!

Die Neustarts

Michel Vaillant ist nicht nur der Coverboy, sondern auch sonst in diesem Herbst kaum zu übersehen: In diesem Heft startet sein neues Abenteuer Cannonball. Er wird von einem bekannten Influencer namens POG zu einem Rennen quer durch die USA mit zwar aufgemotzten, aber straßentauglichen Wagen aufgefordert. Während Michel selbst dem eher ablehnend gegenüber steht, finden sowohl seine Familie als auch Vaillante die Idee vor allem aus Marketinggesichtspunkten brillant. Allerdings ist ein solches Rennen nicht gerade legal… Spannender Auftakt der Geschichte von Denis Lapière mit Zeichnungen von Marc Bourgne & Olivier Marin. Zusätzlich erscheinen im Herbst Pikes Peak endlich als Album und der erste Band der Gesamtausgabe der Zweiten Staffel. Und dann gibt es ja auch noch einen neuen Band der Collector’s Edition der ersten Staffel.

ZACK 293 page 5

Ebenfalls neu ist Libertalia. Triumpf oder Tod füllt die schon länger offene Lücke der Seefahrer- und Piratenerzählungen. Ende des 17., Anfang des 18. Jahrhunderts ist die Sklaverei auch für französische „Unternehmer“ ein gängiger Weg der Profitmaximierung. Gleichzeitig gibt es immer mehr hungernde Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, während Teile der Kirche ihre Schätze lieber horten möchten. Sowohl Olivier Mission, ein Franzose von Stand, als auch der italienische Priester Carracioli wollen die existierenden Zustände nicht länger hinnehmen. Spannende Geschichte über Menschen, die Ungerechtigkeit aktiv bekämpfen wollen, von Fabienne Pigière & Rudi Miel mit Zeichnungen des vom Bob Morane Restart bekannten Paolo Grella.

ZACK 293 page 44

Die Fortsetzungen

MADI erzählt von einer dystopischen Zukunft. Menschen haben die Möglichkeit, ihre Körper durch technische Bauteile zu erweitern. Das gibt Söldner*innen einerseits die Möglichkeit, ihre Aufträge besser als jemals zuvor ausführen zu können, macht sie aber auch zu Objekten, die ferngesteuert werden können. Der aktuelle Teil von Es war einmal in der Zukunft beschreibt die Schwierigkeiten, die Implantate wieder loszuwerden, und ist gezeichnet von Tonci Zonjic, Skylar Patridge & Marissa Louise. Der Stilmix gehört zum Konzept der Szenaristen Alex de Campi und Duncan Jones.

ZACK 293 page 21

Für mich persönlich geht es endlich weiter mit Tizombi. Die Serie, die üblicherweise mit einseitigen Gags auskommt, bringt die Storyline über Cassandra nun in einem siebenseitigen Special Das Ende der blauen Pest zu einem serientypischen Abschluss. Bis dahin müssen das kleine Steak und ihre Freunde aber noch einige Schrecksekunden überstehen. Geniale Satire auf Soaps von Cazenove und William!

Detail ZACK 293 page 36

Schließlich geht auch Movie Ghosts in die nächste Runde. In Sunset … und weiter begegnet Jerry Fifth immer wieder Geistern von Hollywoodgrößen (und Sternchen), die schon vor langer Zeit gestorben sind, sich aber noch nicht wirklich lösen konnten. Während Privatdetektive üblicherweise aktuelle Fälle lösen, wird Jerry in längst Vergangenes involviert. Dieses Mal stehen die Suche nach einer letzten Liebe und die Sorge um das Bild für die Nachwelt im Mittelpunkt. Schräge Idee von Stephen Desberg, die Attila Futaki in sehr dunklen Bildern umsetzt. Unerwartet gut!

ZACK 293 page 76

Der Abschied

Jack Manini und Ètienne Willem haben es sich zum Ziel gesetzt, alle Weltausstellungen, die in Paris stattgefunden haben, in einer Reihe zu verewigen. Im Mittelpunkt soll dabei jeweils Das Mädchen von der Weltausstellung, Julie Kleinnagel, stehen, die als Hellseherin arbeitet und von vielen Männern umschwärmt wird. Leider enden diese mehr oder weniger festen Beziehungen meistens tödlich. 1878 aber scheint es anders zu sein, obwohl immer noch die Bedrohung durch den entflohenen Massenmörder Pierre Paul Léon Francois im Raume steht. Ein spannendes Finale lässt uns nun leider erneut Monate auf den nächsten Teil warten.

Detail ZACK 293 page 59

Und sonst?

Dazu kommen Grott & Bott, Rezensionen, News und der monatliche Beitrag über das ZACK vor fünfzig Jahren! Komplettiert wird das Heft durch ein Interview mit den Schöpfern von Der kleine Perry, einer Umsetzung der Perry Rhodan Saga in Comics für Kinder, und über den neuen Titel in der ZACK Edition, Von der anderen Seite der Mauer, einem historischen Krimi aus der jüngeren Deutschen Vergangenheit.

Wer ein Mittel gehen den November-Blues sucht, wird hier auf jeden Fall fündig. Madi und Movie Ghosts erlauben das Ausleben dieser Stimmung, der Rest bekämpft sie erfolgreich mit guter Laune! Viel Spaß dabei!

Dazu passen ein Hot Aperol und das neue Album von The Inciters.

© der Abbildungen 2023 bei den jeweiligen Autoren und Verlagen c/o Blattgold GmbH

ZACK 292 (Oktober 2023)

ZACK 292

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 92 Seiten | Farbe | 9,00 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK 292

Mit diesem Heft hat das „neue“ ZACK nicht nur viel länger als das „alte“ ZACK seine Position am Markt halten können, es hat nun auch mehr Ausgaben geschafft, als das eine Generationsbezeichnung gründende Magazin aus dem Koralle-Verlag. comix-online gratuliert von ganzem Herzen! Wer hätte das gedacht als der Neustart vor über 20 Jahren erfolgte, waren doch in der Zwischenzeit einige Versuche etwas ähnliches aufzuziehen gescheitert.

Der Neustart

Es ist fast ein wenig vermessen, das erstmalige Auftreten von StarFixion als einen Neustart zu verkünden. Der durch Zufall vorgezogene Start der Serie, der eigentlich erst für den kommenden Monat geplant war, deckt in Zukunft den Humorpart ab. Der Gagstreifen von Jorge Bernstein und Obion macht zumindest erstmal einen guten Eindruck!

Die Fortsetzungen

Das Mädchen von der Weltausstellung, Julie Kleinnagel, muss sich bereits das dritte Mal mit kriminellen Vorfällen im Umfeld der Pariser Weltausstellungen herumschlagen. 1878 scheint es, dass ein entflohener Mörder es auf sie angesehen hat. Zum Glück hat sie einen tatkräftigen Beschützer. Diese Serie erlaubt Jack Manini ein unbeschwertes Fabulieren und Étienne Willem die Umsetzung dieser Ideen, was in Kombination ein tolles Erlebnis bietet. Einer der Favoriten für einen vorderen Platz im Jahresranking!

ZACK 292 page 5

Auch MADI geht weiter: Das etwas andere SF-Epos von Alex de Campi und Duncan Jones Es war einmal in der Zukunft erzählt zwar eine durchgehende Geschichte, wird aber von unterschiedlichen Künstler*innen gestaltet. Die Seiten dieses Heftes stammen von Rosemary Valero-O’Connel und Tonci Zonjic. Das Experiment erwartet die Bereitschaft aktiv mitzudenken und vor allem, die Referenzen nach vorne und hinten im Kopf zu behalten. Eher ein Kandidat für das mehrmalige Lesen! Grafisch auf jeden Fall ein Stück neben dem ZACK-Standard und daher besonders zu begrüßen.

ZACK 292 page 26

Schließlich ist Jerry Fifth in Movie Ghosts auf der Suche nach den Geistern ehemaliger Stars und Sternchen in Hollywood. Sobald er festgestellt und begriffen hat, dass er mit ihnen kommunizieren kann, möchte er tiefer einsteigen. Zunächst aber hat er seinen Auftrag zu erfüllen, den Mörder von Louise Sandler zu finden. Sunset … und weiter! ist ein witziger parapsychologischer Noir-Thriller von Stephen Desberg mit realistischen Zeichnungen von Attila Futaki. Diese sind klar konturiert und verteilen sich in abwechslungsreichen Layouts über die Seiten.

ZACK 292 page 76

Die Abschiede

Bei unseren niederländischen Nachbar*innen ist das Suske en Wiske Spin-of Amoras von Marc Legendre und Charel Cambré extrem erfolgreich. Krimson ist der dritte Band aus der Reihe und bringt die verschiedenen Hauptpersonen teilweise wieder dichter zusammen. Während Suske und Jerusalem immer noch davon ausgehen müssen, dass der verrückte Krimson Wiske getötet hat, können die beiden heimlich das geschützte Anwesen betreten. Wird Suske seinen Emotionen nachgeben und Rache üben? Wie immer endet die Serie mit einem spannenden Cliffhanger!

ZACK 292 page 41

Und auch Rani findet ein – vorläufiges – Ende. Die Herrin eines Bordells in Indien mag die unter falschen Namen geflohene Adlige geworden sein. Das erlaubt ihr aber weder sich selbst noch enge Freund*innen beschützen zu können. Sie hatte daher schon seit längerem darauf hingearbeitet, mit ihrem früheren Gefährten Gabriel und ihrer Vertrauten Indra per Boot fliehen zu können. Doch meistens kommen Dinge anders als gehofft. Ein spannendes Szenario von Altmeister Jean Van Hamme & Alcante, routiniert gezeichnet von Francis Valles. Wer spicken möchte, wie es weitergeht, kann hier nachlesen.

Detail ZACK 292 page 56

Und sonst?

Fast alle typischen Bestandteile des Heftes sind auch dieses Mal wieder dabei: Parker & Badger, Grott & Bott, Rezensionen, News, ein Artikel über einen gut lesbaren Batman & Joker-Comic von Christian Endres und ein weiterer über die Geschichte von Bob Morane angesichts der neuen Reihe mit den von Attanasio und Forton gezeichneten Bänden. Auch die Beiträge über das ZACK vor 50 Jahren sowie die launige Kolumne aus dem ZACK-Keller sind wieder dabei. Anstelle der Listung der Novitäten gibt es aber die „vergessene“ Seite zu Rick Master und der Dauerwette auf den Tod!

Vielleicht wäre es vermessen, nach der Einstellung des Rekordes als neue Zielmarke die Anzahl der Spirou-Hefte zu nennen. Auf jeden Fall wünschen sich viele Leser*innen noch eine möglichst lange Laufzeit des ZACK und damit auch weiterhin lesenswerte Serien, die größtenteils nicht in den Portfolios weder der „Klassiker-Verlage“ noch der „Bestseller“ auftauchen, und ein wenig Information!

Dazu passen ein kühles Blond-Bier und The Satelliters.

© der Abbildungen 2023 bei den jeweiligen Autoren und Verlagen c/o Blattgold GmbH

Mikaël – Harlem

New York City, 1931

Story: Mikaël
Zeichnungen: Mikaël

Originaltitel: Harlem – Tome 1 & 2

Splitter Verlag

Hardcover Überformat | 128 Seiten | Farbe | 25,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-052-5

Cover Mikael Harlem

Die Reihe Splitter Double ist die kleine Schwester der Gesamtausgaben, bringt sie doch kurze Serien in einem Band. Mikaël ist wahrscheinlich den meisten Leser*innen von comix-online aus dem ZACK bekannt, liefen dort doch bereits seine Serien Giant und Bootblack. Wie diese auch spielt Harlem in New York City, dem Schmelztiegel, in dem Menschen unterschiedlicher Herkunft mit ihren eigenen Geschichten und Dämonen zu kämpfen haben.

Gangster sind verschieden!

Auf den ersten Blick mögen die Gangs, die die Großstädte mit ihren illegalen Geschäften sowohl am Laufen halten als auch drangsalieren, alle gleich sein. Was macht es für das Leben im Viertel schon aus, wenn eine andere übernimmt. Tatsächlich ist es aber nicht nur für die Mitglieder der unterlegenen Gruppe ein immenser Unterschied. Einige sind in ihrer Hood verwurzelt und sorgen dafür, dass der Bezirk nicht vor die Hunde geht. Andere wollen nur so viel Geld wie möglich aus der Bevölkerung herauspressen. Man muss allerdings aufpassen, dass nicht zu viel Romantik in eine solche Konstellation hineininterpretiert wird.

Mikael Harlem page 3

Mikaël erzählt die Geschichte von Queenie, einer schwarzen Schönheit, die angeblich aus Paris kommt. Sie führt in Harlem einen Großteil der illegalen Lotterien und ist – in ihrem Viertel – eine der großen Nummern. Sie kann es sich sogar leisten, weiße Polizisten lächerlich zu machen und zu ignorieren. Natürlich ist ihre Stellung nicht unangefochten, ist sie doch eine Hinzugezogene. Aufgrund ihrer Unterstützung für Viertelprojekte hat sie aber eine große Gefolgschaft.

Eine gute Geschichte braucht sowohl Veränderung als auch Herausforderungen: Zunächst wären da der weiße Dutch Schultz und andere Mobster, die sich das Lotteriegeschäft unter die Nägel reißen wollen. Zudem sinnen einige der gedemütigten Polizisten auf Revanche und warten nur auf eine Gelegenheit. Wenn dann auch noch Liebe ins Spiel kommt und Verwundbarkeiten aufzeigt, sind alle Ingredienzien für eine spannende Story vorhanden.

Mikael Harlem page 4

Reduzierte Farben

Wie gewohnt nutzt Mikaël eine reduzierte Farbpalette für seine Zeichnungen. Die meisten Seiten sind entweder in Erdtönen oder in Blautönen gehalten. Das Papier unterstützt die matten Farben, die für ihre Wirkung keine Glanzeffekte benötigen. Alles ist ein wenig melancholisch, dadurch aber auch sehr emotional.

Wie auch bei Giant (der hier übrigens einen sehr kurzen Gastauftritt hat) als auch bei Bootblack geht es nicht darum, die Schönheit herauszustellen. Die Menschen werden bei ihren alltäglichen Dingen gezeigt, die Reaktionen sind ehrlich und so sind auch die Zeichnungen. Die Hochglanzpolitur fehlt hier und so ist die Drogenszene genau so real wie Enttäuschung und Hingabe.

Mikael Harlem page 7

Einer meiner Lieblingskünstler

Auch diese Erzählung aus New York ist ein Glanzstück. Wieder gelingt es Mikaël, eine ganz andere Facette der riesigen Stadt zu zeigen: andere Wünsche, andere Probleme, andere Architektur. Und doch passen alle diese Puzzlestücke auf Dauer zusammen und zeichnen ein liebevolles Porträt der Stadt und ihrer Bewohner*innen!

Obwohl nicht ohne Gewalt und Action, stehen (gezeichnete) Pyrotechnik und „laute“ Actionszenen nicht auf der Liste der in Harlem gebotenen Versatzstücke. Jede einzelne Begebenheit hat ihre Berechtigung in einem dramaturgischen Ablauf, der viele Held*innen aber keine Sieger hat. Das Leben selbst läuft einfach weiter, die Stadt pulsiert und wer nicht mitmacht, bleibt zurück. In der amerikanischen Literatur gibt es eine Gattung, die die amerikanische Mittelklasse demontiert. Mikaël geht noch weiter, nimmt er sich doch alle Schichten zum Ziel.

Mikael Harlem page 11

Dazu passen The Inciters mit ihrem Neo-Northern Soul und trockener Sekt!

© der Abbildungen Dargaud Benelux (Dargaud-Lombard S. A.) 2022, 2023, by Mikaël | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2023

ZACK 291 (September 2023)

ZACK 291

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 92 Seiten | Farbe | 9,00 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK 291

Obwohl auch dieser Sommer wieder zu warm war, fühlt er sich teilweise anders an. Wahrscheinlich wird aber die Mehrheit bestätigen können, dass er – zumindest in Deutschland – zu nass war. Das Titelbild, das den Helden aus der neuen Serie Movie Ghosts im Regen zeigt, passt daher sehr gut. Mittlerweile sind auch die Besprechungen zu dem zweiten Abenteuer mit Alain Cardan und der ganz neuen Michel Vaillant Serie Legenden online.

Die Neustarts

Bereits auf dem Cover angekündigt wird der Neustart von Movie Ghosts, einer neuen Serie von Stephen Desberg mit Zeichnungen von Attila Futaki. Der Held ist ein Privatdetektiv namens Jerry Filth. Die Story spielt in Los Angeles, in dem all die gestorbenen Stars und Sternchen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht mit dem Leben abschließen können, herumgeistern. Die ermordete Louise Sandler möchte Gerechtigkeit: ihr ungeklärter Fall soll zu Ende geführt und der Mörder überführt werden. Die Geschichte erinnert an Klassiker des Genres mit düsterer Stimmung, viel Alkohol und Selbstmitleid, verknüpft aber geschickt ein übernatürliches Element, das dem Altbekannten neuen Drive versetzt. Spannend! Desberg ist auch im ZACK ein alter Bekannter, Futaki hat etwa Percy Jackson in Szene gesetzt.

ZACK 291 page 5

Und MADI ist mit dem zweiten Teil von Es war einmal in der Zukunft zurück! Das SF-Epos von Alex de Campi und Duncan Jones ist eine Herausforderung, sind doch die jeweiligen kleinen Teile von unterschiedlichen Zeichner*innen gestaltet. Die aktuelle Episode stammt von Rosemary Valero-O´Connell. Es geht um Söldner*innen, die ihre menschlichen Körper mit allerlei Gadgets anreichern und in einer teils virtuellen, teils realen Welt Aufträge ausführen. Angesichts der Tatsache, dass implantierte NFC-Chips schon Realität sind, vielleicht gar nicht mal so weit hergeholt.

ZACK 291 page 75

Die Fortsetzungen

Die unter falschem Namen geflohene französische Adlige Jolanne De Valcourt hat es zwar zur Herrin eines Bordells in Indien gebracht, ist aber weiterhin als Sträfling relativ rechtlos und den Launen einiger mächtiger Männer ausgesetzt. Nicht alle ihre Pläne sind erfolgreich und nicht immer hat nur sie selbst die Folgen zu tragen. Immerhin schafft sie es aber, Kontakt zu ihrem ehemaligen Gefährten aufzunehmen und Pläne für eine Flucht zu schmieden. Rani ist ein abwechslungsreicher Stoff von Jean Van Hamme & Alcante, farbenfroh umgesetzt von Francis Valles. Man merkt der Serie an, dass sie ursprünglich als Drehbuch geplant war.

ZACK 291 page 23

Ebenfalls bereits im dritten Teil ist Krimson aus der Serie Amoras. Die Schergen des verrückten, superreichen Schurken versuchen immer noch, Suske zu töten, haben dabei aber nicht mit Jerusalem gerechnet. Gnadenlos stark ist der Auftritt von Tante Sidonie, die sich nichts gefallen lässt. Bei unseren niederländischen Nachbarn sind nicht nur die 6 Bände der Originalserie, sondern auch bereits 13 Bände der folgenden Kronieken von Marc Legendre und Charel Cambré erschienen. Es bleibt zu hoffen, dass die Serie auch hier mehr und mehr Fans gewinnt.

ZACK 291 page 39

Weiter geht es mit Jack Manini’s Das Mädchen von der Weltausstellung. Die dritte Pariser Weltausstellung 1878 findet just zu einer Zeit statt, die ein Mörder zur Flucht genutzt hat. Obduktionen sind zu jener Zeit noch neu und stellen ebenfalls eine Attraktion dar. Leider verdichten sich die Hinweise, dass die Heldin in ernster Gefahr schwebt. Die erfrischenden Zeichnungen von Étienne Willem machen Lust auf mehr!

Detail ZACK 291 page 57

Und sonst?

Parker & Badger sind den Tücken des Alltags nicht gewachsen, Grott & Bott gehen auf Nummer sicher, Christian Endres berichtet über Die Horde und der Verfasser bespricht die Geschichte der Presse-Grafik. Dazu kommen die ständigen Rubriken über das ZACK vor 50 Jahren, News, Klatsch und Tratsch und Rezensionen.

Fast könnte man verzweifeln: Draußen regnet es und wir lesen von Ermordeten, die nicht loslassen können, Mensch-Maschine-Wesen, entflohenen Mördern und misshandelten Frauen … Wir lesen aber auch von Lösungsansätzen, Menschen, die den Status Quo nicht hinnehmen wollen, und dem Verfechten von Idealen. Frei nach dem Motto: Nur den Kopf nicht hängen lassen!

Dazu passen ein lokaler Kräuterschnaps und Pop von Slade, etwa „Wild Winds are Blowing“.

© der Abbildungen 2023 bei den jeweiligen Autoren und Verlagen c/o Blattgold GmbH

Abuli/Bernet – Torpedo GA 1

Gesamtausgabe Teil 1 von 3

Text: Enrique Sánchez Abulí

Zeichnungen: Jordi Bernet

Originaltitel: Torpedo 1936 – Obra Completa 1

All Verlag

Hardcover | 248 Seiten | Schwarz-Weiß | 39,80 € |

ISBN: 978-3-96804-197-1

Cover Torpedo GA 1

Manche Themen verschwinden nie. Dazu gehört unter anderem die Welt der amerikanischen Gangster Mitte der 30 Jahre des letzten Jahrhunderts. Man kann sich dem Thema auf die lustige Art nähern, wie es etwa Cauvin und Berck in Sammy & Jack machen, eher künstlerisch wie Darwyn Cooke in seinen Parker-Bänden, oder zynisch im Stil von Frank Millers Sin City. Die spanische Reihe Torpedo 1936 folgt dem letzteren Anspruch.

Ein misogyner Gangster ohne moralischen Kompass

Luca Torelli, genannt Torpedo, ist ein Auftragskiller. Er kümmert sich nicht darum, warum er jemanden umbringen soll, jedenfalls nicht, wenn der Auftrag gut bezahlt ist. Er arbeitet nicht allein, sondern hat einen Laufburschen bzw. Prügelknaben, den er manchmal auch als Partner bezeichnet: Rascal. Auch dieser kennt keine Skrupel. Ihre Auftraggeber sind Gangster, Ehemänner, Nebenbuhler, die von dem Tod des Opfers finanziell, organisatorisch oder emotional profitieren wollen.

Die im Normalfall achtseitigen Geschichten lassen wenig Raum für ausufernde Hintergründe. Die Geschichte muss schnell zu einem Auftrag kommen, der dann gewisse Schwierigkeiten beinhaltet und entweder mit einem überraschenden Twist oder extremen Zynismus endet. Nicht immer wird der Auftrag erfolgreich abgeschlossen, es gehört zum Konzept des harten Hundes, dass er Blessuren davonträgt.

ExLibris Torpedo GA 1 VZA
Druck der limitierten VZA

Man kann nicht sagen, dass Torpedo gefühllos wäre. Er hasst, er hat Freude am Leid anderer, er bereitet Rache vor und genießt sie, vor allem aber übt er gerne Macht aus: er erniedrigt, vergewaltigt und foltert. Alex Toth war eigentlich als Zeichner vorgesehen, stand aber nach zwei Episoden nicht mehr zur Verfügung, da er einen anderen, „besseren“ Killer vor Augen hatte.

Ungeschminktes schwarz-weiß

Die Reihe ist schon mehrfach auf Deutsch erschienen, einmal sogar in einer kolorierten Fassung. Die Zeichnungen gewinnen durch Farbe aber nicht. Der harte schwarz-weiß Kontrast passt zum dreckigen Ambiente, die großen Flächen heben die Ausweglosigkeit hervor. Durch die Strichelung werden die Beschränktheiten der Figuren deutlich: Alter, lasterhaftes Leben und Verbrauchtheit.

Auch wenn viele der Zeichnungen Stereotype bedienen, liegt ihnen doch eine große künstlerische Darstellungskraft zugrunde. Es hat schon seinen Grund, warum gerade dieser Titel der am häufigsten übersetzte spanische Comic ist!

Cover Torpedo GA 1 VZA
Cover der limitierten Vorzugsausgabe

Old-fashioned Thriller

Torpedo 1936 repräsentiert ein Männerbild, das heutzutage in Frage gestellt werden muss. Muss ein Mann so brutal und ohne Moral sein? Sicherlich nicht! Dieser Disput zeigt sich auch in der Auseinandersetzung mit Alex Toth. Ein anderer Torpedo wäre aber nur ein weiteres Beispiel für „Das Gleiche“ gewesen. Möge jede/r selbst abwägen, ob er/sie sich das historische Dokument antun möchte.

Die zeichnerische Qualität steht außer Frage und die Gesamtausgabe im All-Verlag ist tatsächlich nach Carlsen und zwei verschiedenen Reihen bei Cross Cult die vierte Publikation. Wie immer gibt es auch eine limitierte Vorzugsausgabe mit einem ExLibris und einem Variantcover. Zwei weitere Bände sind angekündigt. Hervorzuheben wäre noch das neue Vorwort, dass Einblicke in Serie und Künstler gibt!

Dazu passen Dutty Moonshine mit „Elephant in the Room“ und ein Rye Whiskey.

© der Abbildungen 2023 Enrique Sánchez Abuli and Jordi Bernet / 2023 All Verlag

Bollée/Aymond – Bruno Brazil – Die neuen Abenteuer 3

Eisiger Terror in Eskimo Point

Story: LF Bollée
Zeichnungen:  
Philippe Aymond
Originaltitel: 
Terreur boréale à Eskimo Point

Basierend auf den Charakteren von Greg und Vance

All Verlag

Hardcover | 56 Seiten | Farbe | je 17,80 € |

ISBN: 978-3-96804-160-5

Cover Bruno Brazil neu 3

Das Kommando Kaiman existiert nicht mehr; drei seiner sieben Mitglieder sind tot, zwei weitere waren verwundet worden. Der Leiter dieser Einheit, Bruno Brazil, musste sich daraufhin in psychologische Behandlung begeben. Wer mehr über den Original-Zyklus aus den Zeiten des Koralle-ZACK erfahren möchte, kann im Serienkompass nachlesen. Mit den „neuen Abenteuern“ setzen LF Bollée und Philippe Aymond genau zu diesem Zeitpunkt an. Bruno und Nomade sind aus der Behandlung entlassen, Whip Rafale sitzt im Rollstuhl und Gaucho Morales ist immer noch im Dienst.

Der wahnsinnige Wissenschaftler im Eis

Die restlichen Kaimane arbeiten für das WSIO, eine internationale Behörde. Als eine in einem Fischcontainer aus Kanada gefundene Leiche kurz darauf aus der Leichenhalle gestohlen wird, beschließt Brunos Chef, einen Einsatz vor Ort zu genehmigen, um die Hintergründe aufzudecken. In Eskimo Point, einem kleinen Fischerort in Kanada, stellt sich heraus, dass der Tote einer von vor längerer Zeit aus Heimen verschwundenen Jungen war. Die drei waren danach nicht wieder aufgetaucht.

Im örtlichen Fernsehen wird täglich der für die Bewohner*innen des Ortes lebenswichtige Wetterbericht ausgestrahlt und aufgrund seiner Bedeutung auch in Gebärdensprache übersetzt. Verwirrend ist, dass gerade als Bruno und Gaucho in der örtlichen Kneipe auf Jagd nach Informationen sind, der Bericht nicht korrekt übersetzt wird.

Langsam kommen sie auf die Spur eines Veteranen, der sich als Wissenschaftler in der Nähe des Ortes niedergelassen hat. Unterstützung bekommen die zwei Agenten dabei von dem örtlichen Scheriff und einem taubstummen Jugendlichen. Dieser muss schon anfangs der Geschichte eingreifen als es zu einer Begegnung des weißhaarigen Bruno mit einem Eisbären kommt. Spannende Geschichte mit glaubhaftem Hintergrund. Wahrscheinlich wäre das Ende von Eisiger Terror im Eskimo Point im echten Leben etwas weniger dramatisch. Dann würde es allerdings weniger Leser*innen finden.

Ex Libris VZA Bruno Brazil neu
ExLibris der VZA

Ein modern interpretierter Klassiker

Philipe Aymond hat sich mit seinem realistischem Stil dem Vergleich mit dem Altmeister Vance bewusst gestellt. Natürlich ist er modernisierter. Sowohl heutige Drucktechnik als auch der Publikumsgeschmack haben sich verändert. Die Hintergründe sind teilweise sehr detailliert, allerdings nur dann, wenn es auch wirklich notwendig ist. Ansonsten langen ein paar Striche und ein wenig Farbe.

Einige Zeichner haben davon berichtet, dass Eiswüsten eine extrem heraufordernde Umgebung darstellen. Diese Aufgabe meistert Aymond perfekt. Auch die Gesichtspartien aller Akteur*innen gelingen schon besser. Das bleibt aber der Punkt der größten Unterschiede zur Originalserie. Papier und Format unterstützen die Zeichnungen und machen es zu einem gelungenen Abenteuer des klassischen realistischen frankobelgischen Comics.

Sinnvoll modernisiert

Bruno Brazil ist ein Agent der alten Schule. Hart, aber doch mit einem weichen Kern. Zu diesem Persönlichkeitsbild kommt im aktuellen Album übrigens eine neue Facette hinzu, die im zweiten Band bereits angedeutet worden war. Das Aufgreifen der Personalisierungen der Held*innen ist meines Erachtens ein wichtiger Teil der Serie und erlaubt des Fans, dabeizubleiben. Thematisch spielt die Reihe zwar noch in den 70-er, die Themen sind aber heutige. Der Spagat, neue Themen „alt“ darzustellen gelingt dabei ausgesprochen gut.

Und: Im Gegensatz zu einem gewissen Film-Helden mit einer Lizenz zum Töten gibt es hier erfreulich wenig pyrotechnisches Weltuntergangsgeballer und vor allem keine blöden Sprüche. Fazit: Spannend erzählte Agentenstory mit guten Bildern, die unterhält und fast nebenbei eine ganze Menge ethische Fragen stellt!

Dazu passen Johnny Rivers mit „Secret Agent Man“ und ein Becks Ice Lime & Mint.

© der Abbildungen Éditions du Lombard (Dargaud-Lombard S.A.) 2022 by Aymond, Bollée / 2023 All Verlag

Vernes/Forton – ZACK Spezial 7: Bob Morane 2

Die Seelenfresser

Story: Henri Vernes
Zeichnungen: 
Gérald Forton
Originaltitel: 
Les mangeurs d‘âmes

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Softcover | 48 Seiten | Farbe | 14,00 € | Limitiert auf 555 + 55 Exemplare

ISBN: n/a – Nur für ZACK-Abonnent*innen

Cover Vernes/Forton – ZACK Spezial 7: Bob Morane 2

Bob Morane ist ursprünglich ein Romanheld gewesen. Der im Sommer 2021 verstorbene belgische Autor Henri Vernes hat seit 1953 insgesamt rund 230 Romane mit seinem Helden verfasst. Schon sechs Jahre später erschien die erste Comic-Adaption in der französischen Zeitschrift Femmes d’aujourd’hui mit Zeichnungen von Dino Attanasio. Zeitweise erschienen die Abenteuer in mehreren Zeitschriften gleichzeitig. Mittlerweile gibt es auch modernisierte Varianten, die nur noch auf den Ideen basieren, sich von den Skripten des Autors aber losgelöst haben. Ein erstes Album dieses Teams war als Band 3 der Reihe erschienen: Operation Equus.

Kriminelle Voodoopriester

2005 wurden Die Seelenfresser, die Umsetzung des 93. Romans, als Album in Frankreich veröffentlicht. Diese letzte Arbeit von Gérald Forton mit dem Helden hatte allerdings bisher den Weg nach Deutschland nicht geschafft. Bob Morane und sein leicht aufbrausender Sidekick Bill Ballantime müssen mit ansehen, wie eine junge Frau in Paris von verkleideten Männern auf offener Straße angegriffen wird. Natürlich stürzen sie sich gleich in den Kampf, nur um zu erfahren, dass diese eine Voodoo-Zeremonie gestört hat, bei der ihre Tante scheinbar geopfert werden sollte.

Zwar ist an dem betreffenden Ort niemand mehr anzutreffen, die beiden Helden machen sich aber auf die Suche nach weiteren Hinweisen und nach mehreren rasanten Actionszenen stellt sich heraus, dass es scheinbar um große Erbschaften geht. Irgendwie scheint auch Athanasius Xhatan, Bruder eines der Lieblingsfeinde der Beiden in die Sache verwickelt zu sein.

Vernes/Forton – ZACK Spezial 7: Bob Morane 2 page 1

Wieder präsentiert Vernes eine spannende Story im Grenzbereich aus Thriller und Geheimagentenverschwörungstheorie. Wer James Bond mag, wird sich hier sofort zurecht finden (wenn er denn auf die teilweise sehr unangebrachten Sprüche von 007 verzichten kann). Routiniert erzählt, mit einem ganz leichten nostalgischen Touch und ohne allzu viel pyrotechnischen Schnick-Schnack!

Realistische Action

Gérald Forton hat 16 albenlange Geschichten mit dem ehemaligen Piloten gezeichnet, hatte also durchaus Routine. Seitenaufbau und Tempiwechsel zwischen eher ruhigen und sehr actionlastigen Szenen beweisen, dass Forton diese Klaviatur beherrscht. Die Bilder wechseln zwischen Nahaufnahmen, schnellen Schnittfolgen und Totalen. Die Körper der Protagonist*innen sind dabei nicht wie in einigen anderen Serien übertrieben, sondern nachvollziehbar sportlich.

ZACK Spezial 7 page 19

Ein Markenzeichen, übernommen aus der Zeit der Magazinpublikationen auf schlechtem Papier, sind die Schraffuren die Forton gerne nutzt. Das wirkt bei der Vignette auf dem Cover etwas „verschmutzt“, stört aber im Comic nicht. Im Gegenteil, es erlaubt dem Künstler neben Mimik, Ausschnitt und Kolorierung noch ein weiteres Mittel zur Variation der Settings.

Ein Klassiker des frankobelgischen Comics

Bob Morane ist eine der äußerst langlebigen Reihen im Krimi/Agenten/Abenteurer-Milieu. Dass die Serie nichts von ihrer Zugkraft eingebüßt hat, beweisen die aktuellen, neuen Interpretationen, die auf Deutsch im ZACK und bei Splitter laufen. Neben diesen Varianten werden aktuell auch die Bände von William Vance wieder auf den Markt gebracht. Eine gute Gelegenheit also, um die Ausgaben nebeneinander halten zu können und den persönlichen Liebling zu finden. Ein weiterer Band von Forton ist bereits für den Herbst angekündigt.

Detail Druck ZACK Spezial 7
limitiertes passendes ExLibris (Ausschnitt)

Unterhaltung, die nicht weh tut, wäre die negative Umschreibung. Für mich passt besser, dass es sich hier um eine spannende, gut konstruierte Geschichte handelt, in der das Gute siegt, das Böse aber nicht in Form von Werwölfen, Zombies oder Orks daher gelaufen kommt. Obwohl schon etwas älter, halten sich die Stereotypen im Rahmen und übertriebene Gewalt oder sexualisierte Inhalte finden sich hier auch nicht. Kurz: Die Generation ZACK wird hier bedenkenlos zugreifen können! Und genau für diese Zielgruppe ist auch die Einschränkung passend: Wie alle Bände dieser Reihe ist er nur für ZACK-Abonnent*innen käuflich zu erwerben. Wer wollte, hatte zusätzlich ein limitiertes Ex Libris ordern können.

Dazu passen die Kaiser Chiefs und ein Old Pulteney.

© der Abbildungen Vernes – Bob Morane Inc./Forton – Ed. Hibou / 2023 Blattgold GmbH, Bad Dürkheim

Zauberstern – Phantom 4

Neues aus Schweden, den USA und Australien

Story: Lennart Moberg, Elizabeth Massie/Raffael Nieves, Pidde Andersson
Zeichnungen: 
Roy Felmag/Antony Benny, Paul Daly, Wendell Vavalcanti

Originaltitel: Fantomet 12 (1996), Julie Walker is the Phantom (2010), The Phantom 1830 (2022)

Zauberstern Comics

Heft |100 Seiten | Farbe | 9,99 € |

ISSN: N/A

Cover Phantom 4

Und auch die vierte Nummer des neuen Magazins kommt pünktlich! Allein das ist schon eine Leistung für jemanden, der frisch in das Kiosk-Geschäft eingestiegen ist. Erneut präsentiert Zauberstern Comics ein von Timo Würz eigens für Deutschland entworfenes Cover und einen Querschnitt durch die nationalen Phantom-Produktionen und Epochen. Kurz gefasst sind das die Gründe, warum das Magazin es in die Jahrescharts von comix-online geschafft hat!

Freundschaft und Gerechtigkeit – zwei Grundmotive

Ein Klassiker aus Schweden eröffnet diese Nummer: Blutsbrüder beginnt mit einem Raubüberfall. Eine Truppe von (heute nicht mehr so gezeichneten) Frauen entkommt nicht nur mit der beträchtlichen Beute, sie lassen auch ihre männlichen Kollegen zurück. Diese machen sich natürlich an die Verfolgung. Währenddessen wird der Arzt und ehemalige Präsident Luanga, der sich mit dem Phantom treffen wollte, abgepasst und soll eine der verletzten Frauen retten.

Der One-Shot über Julie Walker nimmt die Schwester des 17. Phantoms in die Pflicht. Eine junge, engagierte Frau will 1889 beweisen, dass sie die Welt schneller als in 80 Tagen umrunden kann, doch einige alte Herren scheinen etwas dagegen zu haben. Julie Walker beweist quer über den Globus, dass auch Frauen Heldinnentaten vollbringen können.

Requiem schließlich führt zurück in die Zeiten des Ersten Weltkrieges. Eine Truppe von Deutschen nistet sich in einem kleinen französischen Dörfchen ein und terrorisiert die Bevölkerung. Private Walker soll einen Geheimauftrag hinter den Linien ausführen und stellt fest, dass die Mörderbande Anhänger einer bekannten Organisation sind.

Backcover Phantom

Die ganze zeichnerische Bandbreite

Die Zeichnungen von Roy Felmag und Antony Benny leiden ein wenig unter der Qualität der Vorlagen. Teilweise hat man das Gefühl, dass sie etwas verwaschen wirken. Schade eigentlich, denn ansonsten wäre es ein sehr gutes Beispiel für die Zeit am Ende des letzten Jahrtausends. Und auch die Kolorierung passt dazu. Paul Daly ist dagegen ein typischer Vertreter des US-Styles. Detailliert ausgeführt, Hintergründe nur wenn nötig, dann aber auch sehr akribisch und eine Pose, die eher an Catwoman erinnert.

Der australische Beitrag von Wendell Vavalcanti arbeitet sehr stark mit Soundwords und scheint digital entstanden zu sein. Das Streifgenlayout wird immer wieder aufgebrochen, insbesondere durch die übergreifenden Sprechblasen.

Gelungen!

Wieder haben die Zauberstern-Jungs eine gute Mischung ausgewählt. Die Gefahr dabei ist immer, dass die eine Seite sich über die andere aufregt und alle unzufrieden sind. Ich würde das genau andersrum sehen: Durch den Mix der verschiedenen Richtungen ist für jede*n etwas dabei, das man nicht kennenlernen würde, wenn man sich auf die Lieblingsrichtung beschränkte.

Illustration Phantom

In diesem Sinne für mich ein gelungenes Heft mit den notwendigen bibliographischen Angaben, (sehr!) wenig Werbung und gefüllten Leser*innenseiten! Das spezielle Cover tut ein Übriges. Und vor die Alternative gestellt zwei Seiten zu kürzen oder auf das Poster zu verzichten, fällt mir die Antwort nicht wirklich schwer!

Dazu passt klassischer Rock von Jehtro Tull mit „Too old to Rock’n‘Roll“ und ein Kingfisher.

© der Abbildungen 2022 by King Features Syndicate, Inc TM Hearst Holdings, Inc. & Egmont Schweden 1996, Moonstone Books 2010, Frew Comics 2022 / 2022 Zauberstern Comics

Desberg/Queireix – Miss October

Gesamtausgabe

Story: Stephen Desberg
Zeichnungen: 
Alain Queireix
Originaltitel: 
Intégrale Miss Octobre

schreiber & leser Alles Gute!

Hardcover | 192 Seiten | Farbe | 39,80 €
ISBN: 
978-3-96582-107-1

Cover Miss October GA

So schön wie durchgehende Geschichten sind, so nervig können sie sein, wenn man auf die Auflösung des Cliffhangers warten muss. Vor allem im Thriller-Bereich, der von der Spannung lebt, kann das sehr anstrengend sein. Umso erfreulicher ist es, dass von dieser Serie nun gleich alle vier Teile in der einbändigen Gesamtausgabe auf den Markt gebracht werden.

Pin-Up des Todes

Stephen Desberg ist wahrlich kein Anfänger im Bereich der spannend erzählten Comics: 421, Empire USA oder Mic Mac Adam deuten die Bandbreite an. Miss October startet mit dem Versuch einer blonden Diebin, ein Kunstartefakt zu stehlen. Auf ihrer Flucht läuft sie Detective Clegg in die Arme und küsst ihn. Zwei Jahre zuvor wird ebenjener Clegg damit beauftragt, einen ganz speziellen Killer festzunehmen. Junge Frauen zwischen denen kein Zusammenhang zu bestehen scheint werden entführt, vergewaltigt und gefoltert und schließlich in Pin-Up-Posen als Miss Januar, Februar usw. zur Schau gestellt.

Clegg war der Star des LAPD, spürt aber jetzt den Atem seines Konkurrenten im Nacken. Dieser kämpft mit harten Bandagen und politischer Unterstützung und soll mit der Aufklärung der Einbruchsserie, deren Täterin wir Leser*innen bereits kennen, seine Fähigkeit für große Fälle beweisen. Die angespannte Situation zwischen den beiden wird nicht besser als Affären dazukommen und neben die (kaputte) Liebe Eifersucht und Machtgelüste treten.

Detail Miss October GA

Lynn Scott kämpft derweil mit ihren eigenen Dämonen: Vor einiger Zeit hat sie ihr Gehör verloren, kann sich an die Situation aber nicht mehr erinnern. Und so sucht sie ständig nach Hinweisen auf den vermeintlichen Überfall und betäubt ihre Hilflosigkeit mit waghalsigen Einbrüchen. Sie scheint aber auf der To-Do-Liste des Killers zu stehen, und zwar als Miss October!

Realistische Zeichnungen und Action

Alain Queireix bringt die Geschichte sehr realistisch auf das Papier! Das von Schreiber & Leser gewählte Hochglanzpapier unterstützt die Qualität der Zeichnungen. Die Körper sind in ihren Posen ebenso glaubwürdig wie die frustrierten, zermürbten Gesichtszüge der Cops. Da der Comic zu Beginn der 60-er spielt, sind auch Kleidung und Technik, etwa der Autos, noch sehr unterschiedlich und erfordern viele unterschiedliche Ausstattungen durch den Zeichner.

Die Story betrifft im Wesentlichen Leute aus dem gehobeneren Milieu der oberen Mittelschicht. Armut und Dreck tauchen daher nur am Rand auf und selbst Erotik und die Gewalt, die keinesfalls verschämt dargestellt wird, sehen ästhetisch aus. In der Welt der Reichen und Schönen ist aber keinesfalls alles „gut“ und so stehen die freundlichen Zeichnungen immer öfter in krassem Gegensatz zu den sich auftuenden Abgründen.

Miss October GA page 17

Thriller Tipp!

Es gibt seit Jahren die Tendenz, immer mehr Marken zu entwickeln und erfolgreiche Konzepte auszuwringen, bis wirklich kein Tropfen mehr rauskommt. Miss October ist da erfreulich anders. Natürlich sind einzelne Versatzstücke wiederzuerkennen, die Mischung ist aber neu und vor allem eigenständig. Trotzdem haben sich Desberg und Queireix mit vier Bänden genügend Zeit genommen, um verständlich zu erzählen. Miniserie statt überlangem und doch zu kurzem Einzelband!

Für alle Fans dieses Genres ein Versuch wert! Auch wer etwa auf Lady S. steht, sollte hier einen Blick riskieren. Und nicht zuletzt ist genug hard-boiled enthalten um auch von dieser Seite kommend einen Blick zu riskieren. Der Band enthält alle vier Alben samt Titelbildern. Dazu erscheint eine limitierte Vorzugsausgabe mit signiertem Druck.

ExLibris Miss October GA VZA
ExLibris der limitierten Vorzugsausgabe

Im Hintergrund läuft das North East Ska Jazz Ensemble und es wartet ein Emmerich Koebernik Dornfelder.

© der Abbildungen Éditions Du Lombard (Dargaud Lombard s.a.) 2022, by Desberg, Queireix  / 2022 Schreiber & Leser, Hamburg

Zauberstern – Phantom 3

Flammen der Vergeltung & Hetzjagd

Story: Mike Bullock, David Michelinie
Zeichnungen: 
Silvester Szilagy

Originaltitel: The Phantom  – Ghost who walks 1-4

Zauberstern Comics

Heft |100 Seiten | Farbe | 9,99 € |

ISSN: N/A

Cover Phantom 3 Zauberstern Comics

Das Phantom unterscheidet sich von anderen Held*innen nicht nur dadurch, dass es viele Generationen des Protagonisten gibt, da das Kostüm jeweils vom Vater and den Sohn weitergegeben wird. Es war auch schon sehr früh ein Franchise, das nicht nur im Ursprungsland verschiedene Zeichner und nach Lee Falks Tod auch Szenaristen vereinigte, es gab auch eigenständige Produktionen in anderen Ländern. Diese Vielseitigkeit möchte auch das Herausgeberteam von Zauberstern abbilden.

Organisierter, religiös verbrämter Terror

In dieser Ausgabe beginnt der Abdruck von Geschichten, die ab 2009 bei Moonstone Books erschienen sind. Sie sind allesamt sehr modern und actionorientiert, übernehmen aber gleichwohl die wesentlichen Elemente des Phantom-Universums. Mike Bullock und David Michelinie haben den Dreiteiler Flammen der Vergeltung sehr nah an der (2009-er) Wirklichkeit orientiert. Ein Passagierschiff wird nahe der afrikanischen Küste scheinbar von Piraten geentert. Da allerdings das Phantom ebenfalls als Passagier anwesend ist, müssen die Piraten einiges einstecken.

Im Verlauf wird deutlich, dass der Überfall nur Teil eines wesentlich größeren Plans war. Eine islamistische Organisation will den Kreuzrittern so viel Schaden wie möglich zu fügen und spielt geschickt mit einer Mischung aus Aktion, Fake News und Erwartungen. Allerdings ist es schon wichtig zu betonen, dass hier eine ganze Menge Blut fließt.

Von der zweiten Story Hetzjagd, ebenfalls aus der Reihe Phantom – Ghost who walks, kommt nur das erste Kapitel zum Abdruck. Ein Krimineller, der mit sich hadert, da er seinen letzten Auftrag in den Sand gesetzt hat und nun Erfolg haben muss, um seine Familie nicht zu gefährden, soll ein bestimmtes Artefakt stehlen. Zwar gelingt ihm das, er wird dabei aber von einem „Geist“ beobachtet.

Phantom 3 Zauberstern Comics page 34

American Mainstream

Die Zeichnungen von Silvester Szilagy sind wesentlich detaillierter als die in Ausgabe 1 und 2. Zudem enthalten sie viel mehr Konturen und Schatten, wirken also kompletter. Das größere Format (ich vermute mal, dass die Moonstone Books Veröffentlichungen im Original dem US-Heftformat entsprochen haben) schadet keinesfalls. Die Zeichnungen scheinen allerdings digital entstanden zu sein.

Einige Zeichnungen wirken auf den ersten Blick sehr brutal, etwa wenn nach einer Explosion mehrere Körper durch die Gegend fliegen. Tatsächlich ist im Detail aber kaum etwas zu erkennen: Weder Blut noch Wunden werden dargestellt. Um ein Beispiel aus der Thrillerwelt zu nehmen: Während das Original eher einer Verfilmung eines Kommissar Maigret-Romans entsprach, ist die aktuelle Umsetzung eher einem aktuellen James Bond vergleichbar. Das wird nicht allen gefallen, ist aber die einzige Möglichkeit, auch neue Leser*innen zu gewinnen.

Innovation und Nostalgie

Natürlich zielt die Rückkehr eines Klassikerswie Das Phantom zunächst einmal auf diejenigen, die den Comic noch von früher kennen. Die Bereitschaft der Macher bereits sehr früh auch aktuelles Material zu bringen, beweist aber, dass man nicht den Nostalgiemarkt bedienen möchte sondern versucht, auf dem aktuellen Comic-Geschehen aufzusetzen. Das finde ich persönlich genau richtig, wenn man sich wie Zauberstern es tut entscheidet, den Kiosk- und Verkaufsstellenmarkt zu beliefern und nicht in eine Spezialversandecke zu gehen.

Logo Das Phantom

Über Geschmäcker lässt sich (nicht) streiten, die Story ist jedenfalls spannend, aktuell und gut gezeichnet. Das große Format erlaubt Gimmicks wie das Poster in jeder Ausgabe und einen kostendeckenden Preis, während das Heftchenformat eher in der Menge untergehen könnte. Auch das Konzept, verschiedene Phasen abzubilden und damit vielfältiger zu sein, ist absolut positiv zu bewerten!

Dazu passt Klassisches in neuem Gewand: Dropkick Murphys mit „Ten Times More“ und ein wieder modernes Kellerbier.

© der Abbildungen 2022 by King Features Syndicate, Inc TM Hearst Holdings, Inc. & Moonstone Books 2009 / 2022 Zauberstern Comics

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