Ein Märchen in New York
Story: Matt Fraction
Zeichnungen: Terry Dodson
Originaltitel: Adventureman Vol. 2
book | 168 Seiten | Farbe | 25,00 € |
ISBN: 978-3-96792-110-6
Schrill, schräg, lustig! Mit diesen drei Adjektiven wäre der Inhalt dieses Werkes schon mal ganz gut angerissen. Dazu kommt noch die Lust am Fabulieren und die Verbeugung vor den guten Seiten des Pulps, die fast auf jeder Seite zu spüren sind. Dabei herausgekommen ist eine wilde Mixtur aus heutigem, technisiertem Großstadtleben und Oldtimern mit aus Tommie-Guns feuernden Anzugträgern.
Geister-Schurken und Cowboys
Im ersten Band hatten wir uns schon daran gewöhnen müssen, dass klassische Trennlinien von dem Team um Adventureman nicht ernst genommen werden. Grenzen zwischen Realität und Literatur, Gegenwart und Vergangenheit, Geschlechterzuordnungen wurden einfach ignoriert. Vieles davon ist mittlerweile bekannt und muss nicht mehr eingeführt werden, die Story kann also ohne Umschweife beginnen.
Den Anfang macht ein Teil (Heft 5 der Originalserie), der irgendwie dazwischen steht und den Kampf zwischen Chaos und Überleben zum Inhalt hat. Nette Ideen, aber nicht überwältigend. Ab Teil 6 wird dann aufgedreht, als Crossdraw Kid seinen ersten Auftritt hat. Dazu kommen geisterhafte Erscheinungen, die ihren Ursprung in einer stillgelegten Metro-Station zu haben scheinen.
Im Anhang erklärt Matt Fraction den Prozess von der ersten Idee hin zu dem fertigen Comic und wirft einige der Fragen auf, die ihn (und die Dodsons) beschäftigt haben. Dazu gehört unter anderem die Frage, wie man denn Geister „bekämpfen“ kann, sind sie doch logischerweise mit einem Fausthieb nicht wirklich zu beeindrucken. Völlig überdrehte Action, die erneut alle Grenzen überschreitet.
Ein gedruckter Film
Die Geschichte läuft fast ab wie in einer Achterbahnfahrt, die gleichzeitig einen Kinofilm präsentiert. Die Bilder sind voll mit Perspektivwechseln, harten Schnitten und Bewegungsabläufen. Natürlich bewegt man sich nicht wirklich (und muss nebenbei auch noch umblättern), das Tempo ist aber entsprechend. Viele der Details habe ich erst beim zweiten Lesen wahrgenommen, um zunächst den Ablauf nicht zu unterbrechen.
Glücklicherweise verhält sich der Comic wie eine Miniserie, die zwar einen Cliffhanger-Moment hat, gleichzeitig aber auch die Möglichkeit einer Pause bietet. Wer kann, sollte aber durch-bingen! Der semi-realistische Stil in teilweise pastelligen Kaugummifarben schafft eine ganz eigenartige Stimmung, die von den semi-realistischen Zeichnungen unterstützt wird. Was man auf jeden Fall nicht machen sollte, ist zwischendurch nachzudenken. Logik spielt in dieser Serie keine große Rolle.
Ablenkung pur
Pulps waren die Literaturgattung, die den Leser*innen zu ihrer Zeit die beste Möglichkeit des Abschaltens geboten haben. Heute sind bewegte Bilder das Mittel der Wahl. Adventureman bringt ein paar dieser Elemente spielerisch zurück ohne dabei die Klischees, insbesondere in Richtung Sexismus zu bedienen. Wer sich darauf einlassen kann ist hier perfekt aufgehoben!
Wer dagegen die Ernsthaftigkeit eines Batmans oder die philosophischen Fragen eines Spider-Man braucht, ist hier falsch. Das Credo dieser Serie ist schräger und abgedrehter Spaß, der trotzdem gleichzeitig einige Klischees hinterfragt und eben nicht die Wiederholung des Altbekannten ist. Die Präsentation im Hardcover mit den Skizzen aus der Werkstatt ist optimal und bietet extra Vergnügen aufgrund der detaillierten Schilderungen (und Bebilderungen!).
Dazu passen Wir sind Helden mit dem offiziellen Video zu „Von hier an blind“ (naja, passend ist vielleicht nicht richtig, aber schön ist es doch) und ein Whiskey Sour.
© der Abbildungen 2022 Milkfed Criminal Masterminds, Inc. and Terry Dodson/ Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2023