Mit Pinsel und Schwert & Gnade
Manara Werkausgabe Band 18
Autor: Milo Manara
Zeichner: Milo Manara
Originaltitel: Caravaggio 1 e 2
Hardcover | 156 Seiten | Farbe | 30,00 €ISBN: 978-3-7416-2073-7
Das Leben des Michelangelo Merisi, genannt Caravaggio . . .
Milo Manara ist bekannt vor allem wegen seiner freizügigen Werke. Seit 1969 schreibt und zeichnet der in Bozen geborene Italiener Comics zunächst alleine, dann in Kooperation mit anderen wie etwa Hugo Pratt oder Frederico Fellini. Dabei ging es auch oft über die eigentlichen Grenzen der Kunstgattung hinaus, etwa bei den Werbespots für Chanel No. 5 die Manara mit Luc Besson zusammen erarbeitete.
Die beiden Bände über Caravaggio sind die letzten eigenständigen Arbeiten von Manara die die Werkausgabe im Panini-Verlag zunächst abschließen. Michelangelo Merisi ist – so scheint es – die ideale Figur für eine Biografie aus den Händen von Manara: Ein Visionär, Regeln missachtend und brechend, verfolgt von Teilen der Kirche, weil er eine Prostituierte als Modell für die Jungfrau Maria porträtierte, kurzum ein Querkopf.
Caravaggio ist rückblickend einer der größten Meister seiner Zeit, des Cinqueccento. Für ihn stand die Unmittelbarkeit des Lebens im Mittelpunkt seiner Kunst und er wollte weder nur für Privilegierte malen noch sie als Modell verwenden. Für ihn musste alles in Bezug zur Straße, zum einfachen Volk stehen.
Gleichzeitig war er aber auch dem Wein nicht abgeneigt, konnte seinen Mund nicht halten und verstand auch nichts von vornehmer Zurückhaltung. So kommt es, dass er während seines Aufenthaltes in Rom im ersten Teil nicht nur vom Niemand zum Meister der Malerei wird, er lernt auch das Gefängnis das eine oder andere Mal von innen kennen und legt sich mit einer Gruppe von Zuhältern an. Als er schließlich schwer verletzt wird, gelingt die Flucht nur mit Hilfe seiner Freunde.
Teil 2 zeigt seine langsame Genesung und den Versuch, sich zu rehabilitieren. Der einfachste Weg scheint es, ein Ordensritter der Malteser zu werden doch auch hier hilft ihm sein Temperament nicht wirklich. Auf jeden Fall muss er jedoch so viele Kunstwerke wie möglich erstellen und so stehen diese immer wieder im Vordergrund der Erzählung.
und seine Darstellung durch Milo Manara
Manara ist bekannt für seine Darstellungen des weiblichen Körpers, oft genug in sexuell expliziten Posen. Dem ersteren frönt er auch hier, die Darstellungen haben aber keinesfalls voyeuristischen Charakter. Die Frauen in diesem Stück haben tragende Rollen, sind gleichberechtigt und in keiner Weise ausgebeutet oder erniedrigt. Im Gegenteil: Ihr Schicksal als Prostituierte wird mit den Schattenseiten gezeigt: Die Bestrafung und Missachtung durch die bigotte Obrigkeit wie auch die Ausbeutung durch die Zuhälter. Auch die Gräfin wie auch die Zirkusartistin, die Merisi helfen, tun das aus eigenen Motiven und sind alles andere als Beiwerk.
Manara hat aber noch eine andere Fähigkeit, die oft nur am Rande erwähnt wird: Seine Bildkompositionen, die Ausschnitte und Perspektiven und sein Spiel mit dem Schatten machen die Geschichten zu einer sehr filmischen, spannenden Tour und seine Totalen sind denen der frankobelgischen Meister ebenbürtig!
Gerade dieses Details lassen sich vorzüglich im Anhang nachvollziehen. Sowohl von Teil 1 aus 2015 als auch vom zweiten Teil aus 2018 sind mehrere Seiten im schwarzweißen Original vor der Kolorierung beigefügt. Die getuschten Zwischenschritte zeigen ohne die Farbe das, was der Künstler selbst beigetragen hat. Die Farbe mag manchmal Schwächen überdecken, sie verschleiert hier aber Stärken! Im Anhang sind dann auch noch zwei der originalen Meisterwerke und die Schritte ihrer Neukreation durch Manara zu sehen.
Die Empfehlung
Einige Werke von Milo Manara sind durchaus kritikwürdig und stehen an der Grenze zur Pornographie. Seine Verbeugung vor dem großen italienischen Künstler aus Caravaggio gehört dagegen zu den absolut lesenswerten Comic-Biografien. Manara selbst schreibt in vorangestellten fiktiven Briefen an der Porträtierten von den künstlerischen Freiheiten, die er sich genommen hat. Wer nur Fakten lesen möchte ist mit einem Lexikon sicherlich besser bedient. Wer aber eine mögliche Abfolge akzeptiert, die die Grundzüge sicherlich nicht falsch aber lesbar und spannend darstellt, ist hier richtig.
Wenn dann jemand aufgrund der tollen Aufmachung auf die Idee kommt, den einen oder anderen Band der Werkausgabe auch noch haben zu wollen, liegt sicherlich auch nicht verkehrt! Auf jeden Fall ist Band 18 ein zwar etwas untypisches Spätwerk, nichtsdestotrotz aber auch eine Zierde jedes Comicregals.
Dazu passen ein guter Soave und Musik von Talco! © der Abbildungen 2020 Panini Verlags GmbH / 2015, 2018 Glenat