Renard – Wiedersehen mit Comanche

Oder: Der Fluch der bösen Tat

Story: Romain Renard (nach dem Werk von Greg & Hermann)

Zeichnungen: Romain Renard

Originaltitel: Revoir Comanche

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |152 Seiten | s/w | 35,00 € | 
ISBN: 978-3-68950-134-1

Cover Wiedersehen mit Comanche

Im Koralle-Zack waren soweit möglich in jedem Heft verschiedene Themenfelder besetzt, um ein möglichst großes Spektrum verbindlich bedienen zu können. Dazu zählte natürlich auch der Western-Comic. Es gab dabei sowohl humorige Serien wie etwa Lucky Luke oder Umpah-Pah als auch die eher realistische Sorte, etwa mit Caine oder Hondo/Ringo. Wirklich im Gedächtnis geblieben sind aus diesem Segment sowohl die Geschichten mit Blueberry als auch diejenigen mit Red Dust, die unter dem Titel Comanche erschienen sind. Beide waren auf ihrem Gebiet stilprägend für das Genre.

Die Rückkehr

Red Dust begann in der von Greg und Hermann produzierten Serie als Killer mit einem Auftrag. Er entschloss sich jedoch, die Seiten zu wechseln und auf der 666-Ranch von Comanche neu anzufangen. Das Personal war sehr divers: angeführt von einer Frau arbeiteten auf der Ranch ein alter Mann, ein Farbiger, ein Mitglied der First Nations, ein Greenhorn und eben der ehemalige Killer um die kleine Farm gegen alle Widerstände, insbesondere von den großen Farmern, über die Runden zu bringen. Es gab eine Szene, die zuvor noch nie in einem Jugendmagazin gezeigt worden war: Dust erschießt einen brutalen Mörder, obwohl dieser bereits wehrlos ist. Das beendet zwar die Gefahr für die ganze Gegend, macht den Schützen aber zu einem ebenfalls gesuchten Kriminellen.

Wiedersehen mit Comanche page 4

Das Wiedersehen mit Comanche setzt Jahrzehnte später ein. Eine junge, hochschwangere Frau taucht vor einer abgelegenen Hütte auf und behauptet, dass der ihr öffnende ältere Mann eben jener Red Dust sei. Sie möchte ihn überreden, ihr seine Geschichte zu erzählen und sie auf der Fahrt zur 666 begleiten. Tatsächlich lässt sich der Held der Vergangenheit schließlich darauf ein. Da er jedoch in einigen Staaten immer noch gesucht wird, müssen die Reisenden einige Umwege in Kauf nehmen.

Renard hat in Wiedersehen ein Geflecht aus Hinweisen auf die alte Serie, mögliche Weiterentwicklungen und die Jetztzeit der Geschichte, also den Anfang des letzten Jahrhunderts, erschaffen. Die junge Frau und der mürrische alte Cowboy nähern sich langsam aneinander an, geben aber ihre Deckung nur in sehr kleinen Häppchen auf. So entsteht eine sehr glaubwürdige Geschichte, die die Schicksale fast aller ehemaligen Mitstreiter*innen integriert. Und jede*r weiß beim Lesen, dass noch irgendetwas kommen muss. Dieser leichte Horror wird immer stärker, kommt dann aber doch überraschend! Mehr sei nicht verraten.

Wiedersehen mit Comanche page 6

Zeichnungen mit einer hohen Intensität

Wer hier knallbunte Farben erwartet, wird enttäuscht sein. Renard verwendet nur Weiß, Schwarz, und alle dazwischenliegenden Abstufungen. Dadurch gelingen intensive Seiten wie etwa die 81, die den erstmaligen Genuss eines Kinofilms zeigen. Dazu bedarf Renard keiner Worte, die Zeichnungen sind genug! Immer wieder wechselt er von der Zeichnung in einem Panel zu großflächigen, seitenfüllenden Illustrationen, oftmals um die Natur als Akteur zu zeigen.

Renard spart nicht mit Kritik an den Errungenschaften der Moderne, etwa an der übermäßigen Nutzung der Böden, die sie verwüsten lässt. Er zeigt aber in dem Gegensatz des alten Raubeins und der jungen Schwangeren auch die positiven Seiten der Entwicklung auf. Ein Thema dabei ist „Freiheit“, die auf viele unterschiedliche Arten definiert werden kann. Der Einfluss der Tragödie ist hier keinesfalls zu übersehen und auch die Romantik, die durch die Zeichnungen noch verstärkt wird, ordnet sich ihr unter.

Wiedersehen mit Comanche page 8

Eine ganz besondere Fortführung!

Viele klassische frankobelgische Serien wurden im Laufe der letzten Jahre neu gestartet oder fortgesetzt. Einige davon haben einfach ein neues Setting bekommen, die Beteiligten aber nicht wirklich altern lassen. Andere haben zwar Weiterentwicklungen angestoßen, die Zeit jedoch nur unwesentlich weitergedreht. Hier hat Renard einen radikalen Schnitt gewagt, Jahrzehnte im Leben der Figuren übersprungen und ist kurz vor dem Lebensende wieder gelandet.

Detail Wiedersehen mit Comanche page 9

Dieser Mut zahlt sich aus: die Protagonisten weisen alle ein glaubwürdiges Schicksal auf, ihre Linien haben sich teilweise getrennt, teilweise aber auch gekreuzt und vieles, was hätte gesagt werden können, ist (leider) unterblieben. Trotzdem geht es hier nicht um ein Kaffeekränzchen: Es gibt genügend Tote und nur selten erfolgen sie aufgrund von Alter oder Krankheit. Allerdings wollen die Fäuste nicht mehr wie früher. Ein Top-Tipp für alle Leser*innen der Originalserie und für Fans von Kevin Kostners Western!

Dazu passen Bob Dylan mit „A hard Rain’s a gonna fall“ (als Vertreter der mitgelieferten Playlist) und ein Whiskey!

© der Abbildungen Éditions du Lombard (Dargaud-Lombard S.A.) 2024, by Romain Renard | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2025

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