Was gehört eigentlich zum “richtigen Leben“ dazu?
Story: Mirka Andolfo
Zeichnungen: Mirka Andolfo
Originaltitel: Sweet Paprika 1 – 4
Hardcover | 112 Seiten | Farbe | 19,80 € |
ISBN: 978-3-96792-258-5
Mirka Andolfo ist nicht nur in Italien ein Superstar. Die Horror-Serie Mercy wurde zum Beispiel in mehreren Ländern fast zeitgleich veröffentlicht und ist auf Deutsch bei Panini erschienen. Die aktuelle Serie der Künstlerin hat sich aber der Splitter Verlag gesichert. Neben der regulären Ausgabe unter dem Titel Sweet Paprika gibt es auch eine limitierte Vorzugsausgabe als Hot Paprika mit expliziten Zeichnungen und einem signierten ExLibris.
Klamauk im Stil einer Teen-Serie
Während aktuelle Coming-of-Age Serien im TV on demand zunehmend ernsthaft mit Themen wie queerer Sexualität, Identitäten und den daraus erwachsenen Problemen beschäftigen, setzt Mirka Andolfo in ihrer Paprika-Serie eher auf den derben Humor.
Ihre Heldin ist eine erfolgreiche junge Frau, die als CCO des größten Verlagshauses der Welt arbeitet. Ihr steht genügend Geld zur Verfügung, sie hat ein tolles Apartment und könnte eigentlich sehr zufrieden sein. Sie leidet aber darunter, dass ihre soziale Kompetenz nicht gerade überwältigend ist und ihre privaten Kontakte sich auf ihre Familie beschränken. Sowohl sie selbst als auch ihre Umwelt (in Form von prä-pubertären männlichen notgeilen Archetypen) haben aber bestimmte Vorstellungen, die auf sexuelle Verhältnisse anspielen. Während die männlichen Wesen nichts als Sex wollen, ist die Heldin zwar einerseits verzweifelt, keine Kontakte zu haben, andererseits mit sich selbst aber auch zufrieden.
Passende Zeichnungen
Die Geschichte spielt damit, voyeuristische Einstellungen zu nutzen, um die Fantasie der Zielgruppe anzuregen. Nichts wird wirklich gezeigt, aber vieles entweder als reale Szenen, häufiger aber noch als „Träume“ angedeutet. Das zu Grunde liegende Frauenbild ist nicht wirklich modern, auch wenn Handlungen und Grenzen von ihr ausgehen, das Männerbild reduziert das Gehirn samt Denkvermögen auf das Sexualorgan.
Natürlich hat das allerdings mit unserem Leben nichts zu tun, denn die handelnden Personen sind unschwer als Teufel*in, Dämon*in oder Engel zu erkennen. Und ja, es gibt auch Elemente der Bürosatire und Kritik am Lifestyle der neureichen Manager*innen. Insgesamt wirkt das Ganze aber etwas pubertär.
Für wen ist das was?
Die angepeilte Zielgruppe sind wahrscheinlich 15-jährige Jungs. Diese werden hoffentlich schnell begreifen, dass die Darstellung der Personen nichts mit einer wie auch immer gearteten Wunschvorstellung zu tun hat. Die Protagonist*innen sind Abziehbilder und Karikaturen. Nur als Dystopie macht das Ganze vielleicht sogar Sinn. Ich bin mir aber nicht sicher, ob so viel Satireverständnis beim durchschnittlichen Leser vorhanden sein wird. Ansonsten beweist Andolfo aber auch hier, dass sie ihr Metier durchaus beherrscht.
Dazu passen The Troggs mit „With A Girl Like You” und heißes Wasser mit ordentlich Ingwer.
© der Abbildungen 2021 Star Comics/Arancia Studio / Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2022