Lee/Kirby – Avengers Vol. 1 1963 – 1965

Marvel Comics Library Avengers Vol. 1

Story: Stan Lee
Zeichnungen: 
Jack Kirby

Herausgeber: Kurt Busiek, Kevin Feige
Originalausgabe

Taschen Verlag

Hardcover XXL | 630 Seiten | Farbe | 150,00 €

Nummerierte Erstauflage von 5000 Exemplaren

ISBN: 978-3-8365-8234-6

Cover Lee/Kirby – Avengers Vol. 1 1963 - 1965

Taschen lässt nicht locker! Wie angekündigt, ist vor kurzem ein weiterer XXL-Band aus der Marvel Comics Library erschienen. Präsentiert werden im Coffee-Table-Format die ersten zwei Jahre der Avengers, die in ihren frühen deutschen Ausgaben noch „Die Rächer“ hießen. Was damals auf holzigem Papier für den amerikanischen Massenmarkt publiziert wurde, ließ viele Details der Zeichnungen untergehen. Nun gibt es die Möglichkeit, die ersten 20 Ausgaben in einer wohlfeilen Ausgabe zu genießen.

Avengers, assemble!

Wie schon bei der Neuausgabe der ersten Spider-Man Stories gibt es auch hier zunächst eine Einführung eines Fachmannes: Kurt Busiek. Kurt ist seit 40 Jahren erfolgreicher Autor von Comics, unter anderem für Marvel. Marvel war 1963 bereits ein sehr erfolgreicher Verlag, der seine Anfänge als Timely weit hinter sich gelassen hatte und mit DC auf Augenhöhe war. Die Konkurrenz unter den Verlagen war allerdings mörderisch, erfolgreiche Titel wurden gnadenlos kopiert, erfolglose eingestellt. Die Superhelden waren nicht mehr so erfolgreich wie früher, schickten sich aber an, in das Silver-Age zu gehen. Marvel hatte mit seinem eigenen Stil, seiner Jugendlichkeit wie etwa bei Spider-Man schon einige Erfolge erzielt. DC konnte aber mit einem sehr erfolgreichen Titel mit einem Team von Helden punkten.

Lee/Kirby – Avengers Vol. 1 1963 - 1965 Limitierung
limitiert auf 5000 Exemplare

Auch Stan Lee hatte mit den Fantastic Four eine erfolgreiche Marke, es fehlte aber ein Comic, der existierende Einzelheld*innen vereinen würde und somit bestenfalls zu gegenseitigem Upsell führen würde. Lee war für die Ideen zuständig und Jack Kirby sollte trotz seiner hohen Auslastung die Zeichnungen übernehmen. Was also lag näher als Held*innen zu vereinen, die der Künstler sowieso schon zeichnete? Keine Einarbeitung nötig, Plots waren bereits vor der Umsetzung bekannt und die Kontinuität konnte somit störungsfrei gewährleistet werden.

Abgesehen von dieser hilfreichen Komponente entwickelten die Avengers aber sehr schnell ganz eigene Beiträge zu diesem Team-Genre. Zunächst einmal waren nicht alle Mitglieder „gut“. Insbesondere Hulk, der zur Startformation gehörte, war eher unkontrolliert und gewalttätig. Und der Ton der Recken untereinander war nicht immer freundlich. Eine weitere Überraschung kam schon mit der zweiten Ausgabe, denn das Team war variabel. Mitglieder konnten ausscheiden, sich gar gegen das alte Team stellen. Als dann auch noch der re-aktivierte Captain America ab der Nummer 4 mitmachen durfte, standen dem potenziellen Erfolg alle Türen offen.

Lee/Kirby – Avengers Vol. 1 1963 - 1965 Detail vol 1 page 1

Nuff said

Und noch ein weiterer Punkt war nicht unbedingt üblich: Die anderen Teams kannten ihre Geheimidentitäten und waren eine mehr oder minder glückliche Art von Familie. Die Avengers aber trafen sich im Gebäude von Tony Stark, ohne zu wissen, dass dieser in seiner Identität als Iron Man mit am Tisch saß. Aus heutiger Sicht gibt es allerdings auch eine Bemerkung zu machen: Wir kennen Thor, Ant Man, Hulk und Iron Man als die erste Besetzung, die ebenfalls dazugehörende Wasp wird gerne verschwiegen!

Die meisten Leser*innen dieser Rezension dürften den Auftritt damals allerdings verpasst haben. Es gab zwar 1974 eine deutsche Ausgabe im Williams Verlag, viele der Hintergründe fehlten hier aber und es wurden auch nicht alle Serien, zudem nicht in der richtigen zeitlichen Einordnung veröffentlicht. Nicht zuletzt waren die Übersetzungen nicht immer glücklich. Und so dürfen wir hier natürlich auch lesen, dass der sagenhafte Nuff gar kein Kerl war, sondern nur ein Slangausdruck!

Die XXL-Library bietet nun die Möglichkeit, die ersten beiden Jahre am Stück im Original zu verfolgen. Wer jetzt stutzt, der/dem sei gesagt, dass sowohl der einführende Text als auch die Comics weltweit in einer einzigen, auf 5000 Stück limitierten Ausgabe, und damit zwangsläufig auf Englisch erscheinen. Es werden aber tatsächlich die kompletten Hefte faksimiliert, also inklusive der Werbeanzeigen, die für sich selbst schon ein witziges Stück Zeitgeschichte sind.

Lee/Kirby – Avengers Vol. 1 1963 - 1965 Detail vol 1 page 2

Vengeance is ours!

Es bleibt jeder/m selbst überlassen, ob er/sie die Avengers für die mächtigsten (Super)-Held*innen der Welt hält. Sie waren auf jeden Fall ein einzigartiges Team, das schon früh seine eigenen Feind*innen hatte, die einzeln oder als Team teilweise auch einfach nur Lust auf eine ordentliche Prügelei hatten.  Während heute vieler der Stories, insbesondere die großen Events, mit sehr viel Pathos aufgeladen sind, war damals viel mehr Humor im Spiel.

Zudem sind – zumindest für mich – die von Jack Kirby gezeichneten Held*innen genau diejenigen, die ich immer noch suche, wenn ich ein Marvel-Heft öffne. Natürlich ist heute alles viel diverser, korrekter und multidimensionaler. Der Reiz des „Neuen“, Unbekannten, sehnsüchtig Erwarteten war damals aber größer!

Lee/Kirby – Avengers Vol. 1 1963 - 1965 Detail vol 19

Die letzte enthaltene Nummer hat dabei noch ein besonderes Schmankerl bereit, wird sie doch von keinem geringeren als dem „großartigen Wallace Wood“ geinkt!

Must Have für den Marvel Fan

Marvel, das House of Wonder, hat sich immer wieder neu erfunden. Das aktuelle MCU sorgt für einen Blockbuster nach dem nächsten und hat als Teil der Streaming Plattform Disney+ erneut ganz eigene, neue Maßstäbe gesetzt. Die Anfänge aber, ohne die alles nicht möglich gewesen wäre, liegen in der Neudefinition des in die Jahre gekommenen Konzeptes von Super-Held*innen zu Beginn der 60-er Jahre. Ansonsten hätte das Genre vielleicht das Schicksal so vieler Spielarten geteilt: Wer kennt heute denn noch amerikanische Westerncomics, Romance-Titel oder Kriegsgeschichten?

Wer verstehen möchte, wie alles begann, wer das kongeniale Zusammenspiel von Stan Lee und Jack Kirby erleben möchte, der muss in die Vergangenheit eintauchen. Was gäbe es Besseres als eine Sammlung, die alle Details zugänglich macht, die eine historische Einordnung aus erster Hand bietet, und zudem noch einen sichtbaren Ehrenplatz im Regal genauso selbstverständlich ausfüllt wie die Ablage auf einem Tisch für alle Gäste. Eine Bibliothek der Superlative im XXL-Format.

Lee/Kirby – Avengers Vol. 1 1963 - 1965 Trenner
riesige Abbildungen

Dazu passen Mike Oldfield und „Tubular Bells“ sowie ein klassischer Coktail: Whiskey Sour.

© der Abbildungen 2022 Marvel / 2022 Taschen Verlag

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