Warten auf Corto – Texte zur graphischen Literatur 3
Text: Hugo Pratt
Übersetzung: Dr. Peter Pohl
Verlag Volker Hamann Edition Alfons
Paperback | 164 Seiten | tw. Farbe | 19,95 €
ISBN: 978-3-946266-15-0
Hugo Pratt
Hugo Pratt ist einer der bekanntesten Comicschaffenden Europas, gleichzeitig sperren sich viele seine Werke der einfachen Rezeption.
Ende der 60-er Jahre wurde in Italien mit Sgt. Krk ein Comic-Magazin ausschließlich zu dem Zweck, Pratts Werke publizieren zu wollen, gegründet. In den 70-ern veröffentlichte Pratt Millionen-Auflagen in Frankreich und Italien und war gleichzeitig der einzige Autor, dessen Geschichte im damaligen ZACK noch während des Abdrucks des ersten Bandes von Corto Malteses Südseeballade abgebrochen werden musste.
Aktuell sind sowohl bei Schreiber & Leser mustergültige Ausgaben von Corto Maltese (in Schwarz-Weiß und in Farbe) und anderen Titeln aus der Zeit in Italien als auch z.B. beim avant-Verlag Eternauta oder Ticonderoga aus seiner Zeit in Argentinien erhältlich.
Über den 1995 gestorbenen Ugo Eugenio Pratt ist bereits viel geschrieben worden, zuletzt über die argentinischen Künstler Oesterheld, Breccia, Munoz aber eben auch Pratt in der Reddition 68. Seine Autobiographie war aber auf Deutsch bisher nicht verfügbar.
Die Gespräche
Nun gibt es die Möglichkeit, ihn im (übersetzten) Originalton kennen zu lernen. In Warten auf Corto erfahren wir, was der Autor seinem Freund Antonio de Rosa während einiger Autofahrten 1970 erzählt hat. War ursprünglich noch versucht worden, den Wortschwall irgendwie aufzubereiten, entschied man sich nach einigen erfolglosen Versuchen, die 10 Tonbandspulen zwar zeitlich sortiert, ansonsten aber unbearbeitet zu veröffentlichen. Mehr Original geht nicht! Die Geschichten fordern den/die Leser*in aber auch, denn sie sind nicht redaktionell geglättet, sondern sprunghaft, mal ernst mal angeberisch aber immer authentisch.
In sechs Kapiteln berichtet der Autor von seiner Jugend im faschistischen Italien und im italienisch besetzten Äthiopien, seinen Kriegserlebnissen, seiner Überfahrt nach Argentinien und seinen dortigen Erlebnissen mit Freund*innen, Kollegen und auch seinen Liebschaften.
Dr. Peter Pohl hat es übernommen, die Texte in das Deutsche zu übertragen. Im gelingt es ausgezeichnet, den erzählenden Menschen wiederzugeben. Man hört die Empathie, das Engagement und den Stolz aus den Zeilen heraus und ist fast mit in dem kleinen Fiat Millecento dabei.
Ergänzt wird der dritte Band der Texte zur graphischen Literatur durch eine Unzahl von Skizzen Pratts und Fotos und weiteren Abbildungen aus persönlichen Archiven. Der Text ist ursprünglich 1971 erschienen, 1986 und 1987 wurde er neu aufgelegt. Jeweils wurde neues Bildmaterial hinzugefügt und diese Veröffentlichung enthält nicht nur alle Abbildungen der bisherigen Ausgaben, sondern noch weiteres Material darüber hinaus! Dazu kommen noch eine Zeittafel und eine erneut überarbeitete Bibliographie der Comics von Hugo Pratt inklusive der deutschen Ausgaben.
Die Reihe
Volker Hamann bringt, oft zusammen mit Matthias Hofmann, in seinem Verlag Edition Alfons nicht nur die Magazine Alfonz und Reddition heraus, sondern mit den Texten auch Monographien zu bedeutenden Meilensteinen der Neunten Kunst. Im Vordergrund stehen dabei nicht wissenschaftliche Gründlichkeit, sondern populärwissenschaftliche Verständlichkeit.
Wer sich mit den Hintergründen von Pratts Geschichten beschäftigen oder aber Eindruck in die Entwicklung des Zeichners von jugendlichen, pubertären Skizzen hin zu einem der bedeutendsten italienischen Künstlern der Neuzeit gewinnen möchte, wird an diesem Band nicht vorbeikönnen!
Dazu passen ein gut gekühlter Aperol Spritz und als musikalische Untermalung die Geräusche der Stadt, die man hört, wenn man auf dem Balkon sitzt und liest.
© der Buchausgabe 2019 by Edition Alfons
3 Gedanken zu „Pratt – Warten auf Corto“