Artbook
Story: Paolo Eleuteri Serpieri
Zeichnungen: Paolo Eleuteri Serpieri
Herausgeber: Roberto Guarino, Matteo Pollone
Originaltitel: Paolo Eleuteri Serpieri – West
Hardcover | 108 Seiten | Farbe | 39,80 € |
ISBN: 978-3-96582-067-8
Paolo Eleuteri Serpieri wurde im Februar 1944 in Venedig geboren. Schon sein Geburtsdatum ließ erahnen, dass der kleine Junge etwas besonderes werden könnte, kam er doch am Schalttag zur Welt. Nach dem Studium von Malerei und Architektur widmete er sich immer mehr dem Zeichnen von Comics und erlangte in zwei Gebieten Weltruhm: Kurzgeschichten und ein paar längere Bände aus dem Wilden Westen sowie die erotische Horror-Science-Fiction-Serie Druuna. Das erste von zwei Artbooks des Künstlers aus dem Hamburger Verlag, bei dem auch das übrige Werk des Italieners erscheint, ist dem Western gewidmet.
Wie ein Junge aus Italien auf den Western kam
Der Band wird eingeleitet durch ein längeres Interview von Roberto Guarino und Matteo Pollone mit dem Künstler. Darin wird deutlich, dass Paolos Vater beruflich öfter in den USA gewesen war und seine Liebe für den Westen und die amerikanischen Zeichner an den Jungen weitergegeben hat. Zusätzlich hat er die Liebe zum Zeichnen gefördert und sein eigenes Talent zur Schulung genutzt. Wieder einmal bestätigt sich also hier die Regel, dass erfolgreiche Zeichner*innen schon als Kinder ständig gezeichnet haben.
Serpieri führt des Weiteren aus, wie sich sein Stil entwickelt hat und welche Unterschiede zwischen Feder und Pinsel bestehen. Seine Art mit extrem vielen Schraffuren das Bild zu gestalten ist mittlerweile zu seinem Markenzeichen geworden, hat sich aber auch erst entwickeln müssen. Er wurde aber nicht nur von Gemälden beeinflusst, sondern auch vom Western-Film und entwickelte schon früh eine Liebe zur grandiosen Weite. Während seiner Reisen in die USA hat er viele der Kulissen für seine späteren Erzählungen quasi in sich aufgenommen.
Dabei interessieren den Zeichner verschiedene Dinge: Zunächst einmal bewundert und liebt er Pferde und zeichnet diese extrem gerne. Im Interview erläutert er dabei den Einfluss der bewegten Bilder auf die grafische Darstellung. Eine weitere Freude ist das Zeichnen von möglichst authentischen Dekors und Kleidung/Schmuck, auch wenn es nicht immer genau die historische Wirklichkeit abbilden muss. Und dann sind da natürlich auch noch Frauenkörper. Bei diesen erlaubt er sich nach eigener Auskunft die größten künstlerischen Freiheiten.
Ein Prachtband
Schon die Reihe mit seinen Western-Geschichten hatte gezeigt, dass Serpieri nicht nur gerne Western zeichnet, sondern auch ein Meister darin ist. In diesem quadratischen, großformatigen Bildband haben die einzelnen Bilder noch viel mehr Gelegenheit, um zu wirken. Damit sind sowohl die Zeichnungen und Entwürfe im originalen Schwarz-Weiß gemeint als auch die kolorierten Bilder. Teilweise steht sogar beides direkt nebeneinander und erlaubt so den Vergleich.
Serpieri gibt seinen Figuren und Settings Tiefe und Ausdruck durch eine Unzahl von Schraffuren. Dadurch erhalten sie eine Plastizität, die an Fotographien erinnert. Der Künstler selbst bezeichnet sich auch als Realisten, lehnt die Einordnung als Veristen aber ab, da es ihm nicht um die Wahrheit geht. Ein Coffee-Table-Book ist typischerweise noch etwas größer als der vorliegende Bildband. Auch dieses Artbook lädt aber dazu ein, auf den einzelnen Abbildungen zu verweilen und Details zu erkennen und erfüllt daher den gleichen Zweck.
Fazit
Für Fans des Italieners ohne Frage ein Must-Have! Das Interview ordnet mehrere Werke aus diesem Genre für verschiedene Verlage ein, beschreibt Intentionen und Herausforderungen und lässt auch das Marvel-Kapitel nicht aus. Die Zeichnungen sprechen für sich und bekommen genau den benötigten Raum. Serpieri ist auch klar, dass er als Nicht-Kulturangehöriger nie die Geschichte der First Nations erzählen kann und will das auch gar nicht. Der einzige Kritikpunkt, der kommen könnte, ist die Darstellung der Frauen. Zwar sind sie durchaus auch in aktiven Rollen zu sehen, es gibt aber genügend Bilder, die sie in eine Opferrolle zwingen. Es ist aber keineswegs intendiert, damit die Unterjochung zu verherrlichen.
Neben dem guten Papier und der entsprechenden Bindung hat sich der Verlag entschieden, allen Käufer*innen der Erstauflage einen beigelegten Kunstdruck zu spendieren. Mehr kann man nicht verlangen! Da der Western-Comic momentan zu neuer Blüte erwacht, ist das sicherlich genau der richtige Zeitpunkt, um ein solches Artbook auf den Markt zu bringen! Sehr lesenswert sind auch die Ausführungen zu „General“ Custer.
Dazu passen Musik von Siouxsie and the Banshees und ein Rye Whiskey.
© der Abbildungen 2021 Verlag Schreiber & Leser, Hamburg / Lo Scarabeo – Paolo Eleuteri Serpieri