Lapière/Dutreuil – Michel Vaillant Legenden 2

Die Seele der Fahrer

Story:  Denis Lapière
Zeichnungen: 
Vincent Dutreuil
Originaltitel: 
Michel Vaillant Légendes tome 2 – L´amedes pilotes

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Softcover | 64 Seiten | Farbe | 20,00 €

ISBN: 978-3-949987-10-6

Cover Michel Vaillant Legenden 2

Lange Zeit „gehörte” Michel Vaillant der Familie Graton. Vor einigen Jahren jedoch wurden die Rechte verkauft, Philippe hörte auf, Szenarios zu verfassen und plötzlich öffneten sich Türen. Neben der sog. zweiten Staffel, in der die aktuelle Geschichte fortgeschrieben wird, entsteht ein ganzer Kosmos. In der Reihe Legenden werden im klassischen Stil alte Rennen neu beleuchtet. In der leider nur auf Französisch erhältlichen Serie über Henri Vaillant werden die Anfänge erzählt (die Fanboxen sind übrigens wirklich sehr empfehlenswert!!) und selbst Julie Wood soll wieder auf die Piste gehen.

F1 GP vom Monaco 1971

Der große Preis von Monaco ist immer ein ganz besonderes Rennen. Noch mehr als sonst versammelt sich das große Geld zu diesem Rennen. Und für die Fahrer ist es besonders schwer, auf dem sehr engen Stadtkurs zu überholen. Umso wichtiger ist es, einen guten Startplatz zu ergattern. Allerdings spielt das Wetter nicht unbedingt mit, es regnet an zwei von drei Trainingstagen. Ausgerechnet an dem Schönwettertag ist Steve Warson im Auftrag des FBI in geheimer Mission unterwegs.

Michel Vaillant befindet sich aktuell in einer Pechsträhne. Nichts scheint ihm zu gelingen. Für die Presse ist das natürlich ein Top-Thema. Und so muss er sich der Fragen einer jungen Journalistin stellen. Tatsächlich geht das Interview tiefer als gewöhnlich und es geht gar um die Seele der Fahrer!

Neben diesen Krimi und Dramamotiven steht aber natürlich auch das Rennen selbst im Vordergrund. Wie immer in dieser Serie sind die meisten Beteiligten „echte“ Piloten die „echte“ Formel 1 Boliden fahren. Es kommt also auch darauf an, die Realität mit der Fiktion glaubhaft zu verknüpfen. Jean Graton und sein Sohn beherrschten das meisterlich doch auch Denis Lapière liefert ein spannendes und mögliches Szenario ab. Hut ab!

Druck Michel Vaillant Legenden 2 VZA

Landung auf dem Podium

Vincent Dutreuil hatte im ersten Band der Legenden noch ein paar Anpassungsschwierigkeiten. Zwar ist er perfekt mit seinem eigenen, modernen Stil in der zweiten Staffel unterwegs, die Graton’sche Art ist aber etwas anderes. Spielte Band 1 noch zu Zeiten der 60-er, ist diese Geschichte im Stil der 70-er gezeichnet. Und sie ist gelungen! Fans der klassischen Serie werden sich hier wohlfühlen.

Es ist keine Kopie des Altmeisters, sondern eine eigenständige Interpretation, die ihm allerdings sehr nahekommt. Sowohl die Gesichter der Helden als auch Fahrzeuge und Ambiente sind sehr gut getroffen und auch die Figuren wirken nun mehr wie aus einem Guss. Und Rennszenen konnte Dutreuil schon immer.

Gelungene Ergänzung

Anfangs war ich etwas unschlüssig, ob ich Michel Vaillant Legenden wirklich gut finden sollte. Die Idee, klassische Rennen und Themen neu zu beleben und anders darzustellen gefällt mir mittlerweile aber sehr. Sowohl Szenario als auch Zeichnungen sind eigenständige Werke und keinesfalls einfach nur ein schlechtes Remake. Zudem ist es eine Möglichkeit, die Fans der alten Serie ebenfalls mit neuen Stoffen zu versorgen. Als Zusatzreihe scheint das auch zu laufen, vor allem weil die neue Staffel auch neue Kund*innen geworben hat.

Cover Michel Vaillant Legenden 2 VZA

Universen sind eine Möglichkeit, sich von Konkurrenzanbietern abzusetzen. Was bei Disney, Netflix und Co klappt, sollte auch im Comic funktionieren. Freuen wir uns also auf neue Projekte aus diesem Kosmos. Die Aufmachung als Hardcover unter dem Label ZACK EDITION ist jedenfalls sehr passend. Für Sammler*innen gibt es wieder eine limitierte Vorzugsausgabe mit Druck.

Dazu passen Twenty One Pilots mit „Oldies Station“ und ein Champagner eigener Wahl.

© der Abbildungen Graton Editeur 2023 by Lapière, Dutreuil / 2024 Blattgold GmbH, Bad Dürkheim

Pevel/Willem – Das Paris der Wunder 2

Die Verzauberungen von Ambremer 2

Autor: Pierre Pevel

Zeichnungen: Étienne Willem

Originaltitel: Les Paris des Merveilles – Les Enchantements d’Ambremer 2/2

Blattgold Verlag

Hardcover | 56 Seiten | 18,00 €
ISBN: 978-3-949987-06-9

Cover Paris der Wunder 2

Diese Besprechung muss leider mit einem Nachruf beginnen: Der noch junge Künstler Étienne Willem hat seinem Leben ein Ende gesetzt und weilt nicht mehr unter uns. Insofern ist meine Aussage, dass man den Zeichnungen den Spaß des Zeichners angesehen habe, möglicherweise falsch gewesen. Auf jeden Fall eine Tragödie! Sollte sich jemand von Euch mit diesen Gedanken auseinandersetzen, hier findet ihr ein Gesprächsangebot.

Glücksspiel, Betrug, Staatsaffäre, Spionage

Es gibt gleich eine ganze Reihe an Inhalten, die in diese Geschichte Eingang gefunden haben. Sie spielt in der wunderbaren Parallelwelt in der sich zwischen unserer und einer magischen Welt voller Gnome, Feen und Drachen Verbindungen geöffnet haben, die es ermöglichen, zwischen den Welten hin- und herzuwandern. Natürlich passiert das auch und eröffnet somit sehr spannende Geschichten über Konflikte.

Der Held dieses Zweiteilers ist ein Magier und Gentleman, der eigentlich nur herausfinden soll, wer (und wie) ein Pariser Glücksspielclub ausgeraubt werden konnte. Er gerät jedoch schnell in eine Affäre mit viel größeren möglichen Auswirkungen. Pevel, der die Romane verfasst hat auf denen sowohl das Paris der Wunder als auch die Flintenweiber basieren, geht tief in die Geschichte der Anderswelt hinein und beschreibt eine Legende.

Die Personage umfasst neben menschlichen Wesen hauptsächlich ziemlich biestige Gargoyles, eine geflügelte Katze (die noch selbstverliebter ist als die bei uns heimischen Katzen und sich zudem mitteilen kann) und Einhörner. Zusammengehalten durch einen immer vorhandenen Humor entwickelt sich eine Spannung mit Einschüben von Suspense, die an klassische Poe-, Hitchcock– oder Doyle-Stories erinnert. Ich habe es genossen!

ExLibris Paris der Wunder 2 VZA

Jugendstil, Schauerromantik und Märchen

Die Bilder von Étienne Willem sind Kompositionen, die verschiedene Versatzstücke enthalten. Die menschlichen Personen, insbesondere ihre Kleidung erinnern an „die gute alte Zeit“ vor rund 130 Jahren. Auch die Umgebung passt eher in die Zeit eines Jules Verne, ist aber irgendwie standesgemäßer. Wieder andere Szenen strahlen Gefahr und Schauer aus, die den Leser*innen den Rücken hinunterrollen, dort aber eher ein wohliges Gruseln auslösen. Die Fabelwesen sind dagegen komplett phantastisch.

Das Layout ist grundsätzlich streifig, wird aber immer wieder aufgebrochen und unterstützt dann die Dynamik der Handlung. Langeweile kommt hier nicht auf. Der immer wieder kehrende Humor findet sich auch in den Zeichnungen wieder. Viele kleine Details laden zum Schmunzeln ein, viele Gesichtsausdrücke sind leicht überzeichnet und die eine oder andere Physiognomie ist auch übertrieben. Dabei macht sich Willem aber nie über seine Figuren lustig!

Fluchtlektüre der besten Art!

Die heutigen Zeiten sind nicht gerade dazu angetan, viel Freude und Optimismus zu verbreiten. Überall tauchen Probleme auf die jahrelang ignoriert wurden. Kriege in Europa und Nahost bestimmen die Handlungen, viele Menschen riskieren auf der Flucht und der Suche nach einem besseren Leben den Tod. Umso wichtiger ist es, auch mal in eine Welt abtauchen zu können, in der zwar auch nicht Friede, Freude, Eierkuchen vorherrschen, in der die Probleme aber doch lösbar sind.

Wer Fantasy-Geschichten jenseits von Sword & Sorcery mag die nicht nur von muskelbepackten Menschen handeln ist hier richtig. Die Welt ist abgedreht und entwickelt in jedem neuen Teil unerwartete Ergänzungen. Sie ist aber in sich absolut logisch und erlaubt vielen unterschiedlichen Personen eigenständige Abenteuer. Es wäre daher zu hoffen, dass sie weiter gehen.

Cover Paris der Wunder 2 VZA

Natürlich gibt es auch wieder eine limitierte Vorzugsausgabe mit entsprechendem Druck. Der Verlag weist darauf hin, dass die angekündigte Signatur nicht mehr stattfinden konnte.

Dazu passen Roxy Music mit „Love is the Drug“, und ein Ricard auf Eis.

© der Abbildung 2023 Drakoo par Pierre Pevel & Étienne Willem / 2024 Blattgold Verlag, Bad Dürkheim

Cauvin/Lambil – Die Blauen Boys GA 5

1977 – 1978

Story: Raoul Cauvin
Zeichnungen: Willy Lambil

Originaltitel: Le Tuniques Bleues 13, 14, 15

Salleck Publications

Hardcover | 160 Seiten | Farbe | 34,90 € | 
ISBN: 978-3-89908-817-5

Cover Blaue Boys Gesamtausgabe 5

Wo sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere. Die Blauen Boys haben schon mehrere solcher Türen hinter sich. Entstanden aufgrund des Weggangs einer anderen Serie verstarb der erste Zeichner Salvérius bereits nach wenigen Alben (GA 1 und 2) und Lambil (GA 3 und 4) musste einspringen. Mittlerweile ist auch der Texter Cauvin verstorben, die Serie läuft aber weiter (auf Deutsch in Vorbereitung). Dazu kommen ein einmaliger Band von BeKa und Munuera sowie eine Hommage, die ebenfalls bald auf Deutsch escheinen wird.

Schlachten ganz unterschiedlicher Art

Obwohl die Serie sich bei unseren westlichen Nachbarn ausgesprochen gut verkauft, hatte sie in Deutschland einen schwierigen Start. Als Bud und Chester bei Bastei gestartet, wurde die Serie eher ins Klamauk-hafte gepackt. Carlsen übernahm dann später, versuchte aber unterschiedliche Formate, unter anderem am Kiosk, und erst bei Salleck erhielt sie unter dem Namen Die Blauen Boys eine regelmäßige und angemessene Veröffentlichungsform. In der Gesamtausgabe werden nun die ersten Bände neu übersetzt und gelettert in einer dementsprechenden Weise präsentiert.

Die Schlammschlacht beschreibt eine Wettersituation, die von Soldaten im Feld gefürchtet wird. Lang andauernder Regen macht das Gelände weich und rutschig und fügt den Schrecken einen weiteren hinzu: die Unkalkulierbarkeit. Leider nehmen nicht alle Vorgesetzten darauf Rücksicht. In einer Parallelhandlung geht es um romantische Gefühle, Ehre und Verrat. Der Grünschnabel enthält noch viel mehr Gefühle, besucht Sergeant Chesterfield doch Fort Bow. Dort muss er feststellen, dass scheinbar jemand seiner Angebeteten den Hof macht.

Nach dem ganzen Chaos wird es in Rumberley wieder etwas ernster. Wie immer ist die Kavallerie fast komplett aufgerieben worden. Neben einer Unmenge an Toten gibt es auch ein paar schwer Verletzte. Aufgrund taktischer Überlegungen beschließt de Generalstab, die Verletzten in Örtchen Rumberley zurückzulassen. Dessen Bewohner*innen sind der Sache aber alles andere als wohlgesonnen und rufen die Südstaatler.

Die Kombination aus lieblich und grausam macht’s

Lambil ist ein wahrer Meister darin, wunderschöne Landschaften auf das Papier zu bringen. Grüne Bäume, kräftiges Gras, der eine oder andere Vogel pfeift fröhlich vor sich hin und man sieht fast die Eichhörnchen durch den Wald fegen. Doch schon die nächste Szene kann komplett gegenläufig sein und von Kanonendonner künden, Leichenteile zeigen oder sonstige Schreckensszenarios präsentieren.

Bei all diesen Schockmomenten verletzt Lambil niemals die Grenzen des guten Geschmacks. Der Comic kann durchaus von Jugendlichen gelesen werden, diese werden bestimmte Szenen einfach überlesen und sind aus dem Manga-TV eh Schlimmeres gewohnt. Für mich macht diese Spannung aber einen großen Teil des Reizes aus, der den schon ansonsten üblichen Marcinelle-Genuss deutlich erhöht. Vielleicht ist der Moment auch genau der richtige, ist ein Stellungskrieg in Europa doch seit mittlerweile drei Jahren wieder Realität.

Ein – bei uns – unterschätzter Western

Das Genre des Western-Comics ist extrem vielfältig. Neben den klassischen Narrativen Rache, Macht, Gewalt und Eroberung gibt und gab es auch immer wieder weichere Themen. Neben der Saddle Romance gehören dazu auch interne Konflikte wie der Wunsch, dem Soldatendasein durch Desertion zu entfliehen oder wohlverstandene Kameradschaft. Chesterfield und Blutch bilden diese Topics ab, agieren aber gleichzeitig in einem klassischen Armee-Szenario mit Semi-Funny Elementen.

Die gewählte Form der Gesamtausgabe bringt endlich (!!) auch die frühen Abenteuer der Beiden in einer lesbaren Übersetzung und Ausstattung nach Deutschland. Die Ausgabe inkludiert die Titelbilder der Spirou-Vorveröffentlichungen und die der deutschen Erstausgaben. Dazu kommt ein eigens von Volker Hamann verfasster Text über die Serie.

Dazu passen Alice Cooper, etwa mit “Go to Hell” und ein Cuba Libre!

© der Abbildungen DUPUIS 1978, 1979, by Cauvin & Lambil / 2024 Eckart Schott Verlag

Franquin – Für die Familie

Gezeichnete Gutscheine und Glückwünsche

Text und Zeichnungen: André Franquin

Originaltitel: Bon pour … Dessins de famille

All Verlag

Hardcover | 120 Seiten | Farbe | 19,80 € |

ISBN: 978-3-96804-269-5

Cover Franquin - Für die Familie

André Franquin, einer der beiden ganz großen Zeichner aus der Hochzeit des frankobelgischen Comic-(Magazin-)Booms und Vertreter der Dupuis/Marcinelle-Linie, wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Sein Hauptwerk erscheint in Deutschland bei Carlsen und wir durften bereits einige Jubiläumsausgaben genießen. Sein Werk umfasst aber auch Schmankerl außerhalb von Gaston,  Spirou und Marsupilami. Einige schöne Zeichnungen hat seine Tochter Isabelle hier zusammengestellt.

Gutscheine – Wohl dem, der es kann!

Gutscheine sind eine etwas zwiespältige Sache. Einerseits zeigt man dem/der Beschenkten, dass man an den Anlass gedacht hat und man ihn würdigen möchte. Andererseits hängt aber auch immer ein „Entschuldigung, ich bin zu spät“-Manko an Gutscheinen. Es sei denn, dass die Gestaltung des Gutscheins an sich schon eine zeitaufwändige, künstlerische und eigenständige Leistung ist.

Detail Franquin - Für die Familie 10

Der Zeichner Franquin hatte natürlich andere Voraussetzungen als der normale Mensch. Kreativität und Können erlaubten es ihm, teilweise wahre Kunstwerke zu schaffen. In diesem Band sind diejenigen zusammengefasst, die noch vorhanden und familienbezogen waren. Im Wesentlichen sind es Gutscheine an Frau und Mutter, unterzeichnet von Franquin selbst und der gemeinsamen Tochter Isabelle, deren Alterungsprozess Leser*innen sehr gut über die Illustrationen nachvollziehen können. Aus dem kleinen Mädchen wird eine Jugendliche und schließlich eine erwachsene Frau.

Kompositionen für den Moment

Es ist nicht einfach, eine einfache Zeichnung zu entwerfen! Gerade in der Reduktion auf das Wesentliche liegt eine Kunst, die hier über Jahre hinweg gut nachzuvollziehen ist. Die Anlässe sind immer wieder gleich (Geburtstag, Muttertag, Namenstag), die guten Wünsche auch. Geschenkideen und Emotionen sind dagegen sehr unterschiedlich und zeigen auch eine Entwicklung, sprechen aber immer eine liebevolle Sprache!

Detail Franquin - Für die Familie 14

Natürlich kann man diesen Band auch als eine Sammlung von Anregungen verstehen. Tatsächlich sehe ich das Ganze aber eher als Abrundung des Bildes über den Künstler André Franquin, der eben nicht nur aus – in gewisser Weise – Auftragsarbeiten für seine Comics bestanden hat, sondern auch ein privates Leben hatte, in dem er seine Talente genutzt hat.

Einfach schön!

Ist dieser Band notwendig? Nein, sicherlich nicht. Aber schön! Ein paar wenige Zeichnungen aus diesem Band sind bereits in dem alten Klassiker „Das große André Franquin-Buch“ abgedruckt worden, die meisten aber waren bisher nur der Familie zugänglich und bekannt. Sie zeigen Facetten des Künstlers abseits des Mainstreams und abseits von hochwissenschaftlicher Deutung, denn sie sind „Alltag“.

Detail Franquin - Für die Familie 12

Insofern wünsche ich allen Käufer*innen viel Spaß und Freude damit! Das Geschenk mag für andere sein oder für einen selbst. Man muss es nur genießen wollen! Das Hardcover ist auf jeden Fall eine angemessene Erscheinungsform. Und die einführenden Worte von Isabelle Franquin machen das Ganze noch etwas persönlicher.

Dazu passen Sophia George mit „Girlie Girlie“ und ein gemeinsames Feierabendgetränk.

© der Abbildungen 2023 Isabelle Franquin und CFC-Éditions / 2024 All Verlag

ZACK 301 (Juli 2024)

ZACK 301

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 100 Seiten | Farbe | 9,70 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK 301

Im letzten Heft, der 300. Ausgabe des „neuen“ ZACK, gab es außerhalb der Fortsetzungen nur Kurzgeschichten aus der Jubelnummer zu 77 Jahren Tintin-Magazin. Nicht nur comix-online fand das gut und so wird Ende des Jahres ein ZACK-Sonderheft erscheinen, das weitere Kurzgeschichten daraus präsentiert. Zu vermelden ist leider auch, dass Étienne Willem, Zeichner von Paris der Wunder, Die Flintenweiber, Das Mädchen von der Weltausstellung und vieler weiterer Titel aus dem Leben geschieden ist. R.I.P.

Die Neustarts

Coverboy dieser Ausgabe ist Al Chrysler, einer derjenigen, die sich als Bootblack im New York der 30-er Jahre das Geld verdienen. Al ist gerade aus dem Knast entlassen worden als er feststellen muss, dass die alten Sünden keineswegs vergeben sind. Der Mafiaboss hat ein gutes Gedächtnis und vermisst eine ganze Menge an Geld… Mikaël vermengt auch im zweiten Teil dieser Geschichte wieder Rückblicke des WWII-Teilnehmers auf seine Jugend in dem Moloch New York mit der Gegenwart. Der Vorgänger, Giant, wird in Kürze in der ZACK-Edition als Gesamtausgabe erscheinen.

Detail ZACK 301 page 5

Ebenfalls neu ist Die Bank. Band 5, Die Scheckhefte von Panama, setzt die Familiengeschichte aus der Welt der Kredite und Finanzspekulationen fort. Joseph de Saint-Hubert landet in New York, um die neue Welt zu erobern. Wie wir alle bereits wissen, wird das allerdings nicht einfach sein, besteht die Familie doch fast nur aus Intriganten! Das Team Pierre Boisserie & Philippe Guillaume (Szenario) sowie Stéphane Brangier (Zeichnungen) hat auch das Gold der Belgier verantwortet.

Detail ZACK 301 page 86

Die Fortsetzungen

Die Geschichte um Mata Hari, die mit ihrer Erschießung begonnen hatte und nun den Weg dorthin beschreibt, geht mit einer Episode in Paris weiter. Margaretha Zelle tanzt sich in die gehobene Gesellschaft, muss sich aber erstmals mit ihrer eigenen Geschichte und den darum sorgfältig konstruierten Lügen befassen. Sehr einfühlsame Erzählung von Esther Gil mit realistischen Zeichnungen von Laurant Paturaud. Ein Beweis dafür, dass Biographien sehr spannend aufbereitet werden können, obwohl der Inhalt eigentlich bekannt ist.

Detail ZACK 301 page 25

Metamorphosis ist der sechste Band von Harmony. Der Mystery-Thriller von Mathieu Reynès verbindet gesellschaftspolitische Themen (das Ausnutzen von Kindern für Geschäftsinteressen und Brutalität) mit paranormalen Topics wie Psy-Fähigkeiten und übernatürlichen Kulten. Die Spannung steigt tatsächlich von Folge zu Folge und obwohl immer mehr Fäden verknüpft werden, ist ein Ende nicht wirklich zu hoffen. Die Zeichnungen kombinieren dabei moderne Elemente der Tablet-Kunst, des Manga und der klassischen frankobelgischen Linie.

Detail ZACK 301 page 42

Aleksis Strogonov ist weiterhin im Umfeld der stupiden lila Hemden unterwegs. Die Geschichte Kino von Jean Regnaud verknüpft klassische Elemente des Rechtsradikalismus wie Rassismus und nationale Überhöhungen mit einem Drama über einen Menschen, der alles will, aber nicht bereit ist, dafür auch wirklich etwas zu leisten. Dadurch wird mir leider nicht klar, was der Autor eigentlich erreichen will. Émile Bravo versucht mit seinen Zeichnungen, das Beste daraus zu machen.

Detail ZACK 301 page 57

Die klassische Fliegerserie Tanguy & Laverdure entwickelt sich immer mehr zu einem Politthriller in der Schnittstelle zwischen Politik, Wirtschaft, Verschwörung auf der einen und Drama auf der anderen Seite. Auch Die unsichtbare Grenze ist wieder ein solcher Fall. Während Laverdure lernen muss, eine ihm unbekannte Maschine zu fliegen (und zu stehlen) entdeckt Tanguy, dass wesentlich mehr Player involviert sind als zunächst angenommen. Spannende Geschichte von Patrice Buendia & Frédéric Zumbiehl mit Zeichnungen von Sébastien Philippe, die den ursprünglichen Spirit gekonnt modernisiert haben.

Detail ZACK 301 page 71

Und sonst?

100 Seiten bedeuten, dass es jetzt monatlich sechs Geschichten in Fortsetzungen geben wird. Georg F.W. Tempel kann also zum Glück mehr Stories unterbringen. Parallel dazu werden immer mehr Ankündigungen für die ZACK-Edition bekanntgegeben. Neben den Tanguy & Laverdure-Bänden kehrt mit den Minimenschen auch die Hauptserie von Pierre Seron zurück: zum Label „ZACK“, aber auch zum Verleger, der die Serie im Feest-Verlag vor Jahrzehnten das erste Mal in adäquater Form in Deutschland präsentiert hatte.

Im Heft gibt es auch noch Parker & Badger, Grott & Bott sowie Tizombi als Onepager, die Seite über das ZACK vor 50 Jahren von Michael Klein sowie Artikel über ein Manga-Road-Movie und ein Interview mit Baru, einem französischen Graphic Novel Künstler.

Dazu passen die ebenfalls nicht älter werdenden AC/DC, etwa mit „Riff Raff“ und passend zum Wetter eine Weisweinschorle.

© der Abbildungen bei den jeweiligen Künstlern und Verlagen / Blattgold GmbH, Bad Dürkheim 2024

Zidrou/Lafebre – Wundervolle Sommer 6

Les Genêts (1970)

Story: Zidrou
Zeichnungen: Jordi Lafebre

Originaltitel: Les Beaux Etés 6 – Les Genêts

Salleck Publications

Hardcover | 56 Seiten | Farbe | 15,00 € | 
ISBN: 978-3-89908-815-1

Cover Wundervolle Sommer 6

Der Sommer naht mit großen Zügen. Bei uns in Deutschland ist diese Zeit in große Blöcke unterteilt, bei unseren Nachbar*innen ist das oft anders. Dann fährt das ganze Land zur gleichen Zeit und steht in noch viel größeren Staus. Dieses Wissen ist zum Verständnis des Wundervollen Sommers ganz hilfreich.

Eine Urlaubsfahrt mit Hindernissen

Die Serie beschreibt die Urlaube der Familie Faldérault, allerdings in einer netzwerkartigen Struktur, denn die Bände folgen nicht chronologisch aufeinander. Der aktuelle sechste Band spielt 1970. Madeleine ist schwanger mit dem vierten Kind, Pierre ist in den letzten Zügen eines Comics mit christlich-historischem Hintergrund. Sie haben daher bereits die ersten Ferientage versäumt und Madeleine setzt ihrem Gatten ein Ultimatum.

Wundervolle Sommer 6 page 9

Als die Familie schließlich doch fährt, geraten sie mit ihrem R4 in einen Unfall und können die Reise nicht fortsetzen. Sie finden Unterschlupf auf dem Hof Les Genêts, der von zwei jungen Frauen geführt wird. Da die Reparatur des Autos sich hinzieht, verbringen sie glückliche Tage inmitten von Hühnern, Ziegen und freundlichen Menschen. Doch es gibt auch ein Geheimnis zu entdecken. Hier spielen dann die „alten Zeiten“ eine Rolle die leider keineswegs immer „gut“ waren.

Zidrou ist einerseits bekannt für die neuen Abenteuer mit Rick Master, die bei uns im ZACK und bei Splitter erscheinen. Er ist aber auch ein Meister der Romantik und das ist heutzutage sehr selten geworden. Viel zu oft wird dieses Genre mit Romance verwechselt. Wer die Stimmung aus der Bestie, die allerdings viel düsterer ist als im Wundervollen Sommer, mochte oder vor allem das unabwendbare altern der gefühle, sollte hier unbedingt einen Blick hinein werfen. Wer die Serie kennt, wird wahrscheinlich eh schon sehnsüchtig auf den neuen Band gewartet haben.

Wundervolle Sommer 6 page 10

Relaxte Zeichnungen

Das Titelbild erinnert ein wenig an Geschichten über einen alten Mann und seinen Kater, und auch einige Panel sind fast so vollgestopft. Damit endet die Ähnlichkeit allerdings schon. Zwar spielt auch diese Geschichte zu wesentlichen Teilen auf dem Land und entsprechend viele Tiere sind beteiligt. Sie sind aber nicht anthropomorph und haben auch keine tragende Rolle. Vielmehr zeichnet Jordi Lafebre im ganz klassischen frankobelgischen Stil. Die Kinder und der Vater sind dabei knollennasig, die Frauen eher spitznasig.

Das Layout ist traditionell vierstreifig und inkludiert als Varianz schon mal ein kreisrundes eingebettetes Panel. Diese Ruhe passt aber vollkommen zur Geschichte, in der sich durchaus bewegende Themen immer wieder in den Alltag schleichen, dort aber nur ein kurzzeitiges Chaos auslösen und wieder in den Fluss zurückfinden. Zudem atmet fast jede Zeichnung eine sehr liebevolle und trotzdem humorvolle Grundstimmung aus.

Wundervolle Sommer 6 page 13

Es schmeckt nach Frankreich

Früher gab es schmale Bändchen mit „Familiengeschichten“, wenn ich mich richtig erinnere, waren sie in der Insel-Bücherei erschienen. Das ist in etwa vergleichbar mit dieser Serie. Es werden durchaus Probleme angesprochen (Vereinbarkeit von Familie und Beruf, männliche Vorrechte, gesellschaftliche Ächtung von sexuellen Orientierungen), allerdings werden keine Normen postuliert. Jede*r darf sich eine eigene Meinung bilden und überlegen, ob er/sie etwas anders machen würde!

Vor allem aber ist es natürlich der Optimismus, der gewinnt! Soll die Welt draußen doch verrücktspielen, wir machen sie uns schön! Wer französische Romantik mag, liegt hier richtig! Keine Juliette Binoche, keine Victoire Thivisol, keine Sophie Marceau, aber genau diese Stimmung – Der Sommer und die großen Ferien können kommen. Wer möchte, kann sich auch die limitierte Vorzugsausgabe mit gleich zwei zusätzlichen Drucken gönnen.

ExLibris Wundervolle Sommer 6 VZA

Dazu passen das Nancy Ska Jazz Orchestra, etwa mit “Anachronisme” und ein schwarzer Kaffee!

© der Abbildungen DARGAUD-BENELUX (DARGAUD-LOMBARD S.A.) 2018, by Zidrou, Jordi Lafebre / 2024 Eckart Schott Verlag

Vernes/Attanasio – Bob Morane Classic 3

Der grüne Schrecken

Story: Henri Vernes
Zeichnungen: 
Dino Attanasio
Originaltitel: 
La Terreur Verte

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Hardcover | 64 Seiten | Farbe | 20,00 €

ISBN: 978-3-949987-29-8

Cover Bob Morane Classic 3

Zurück in die Vergangenheit: Der Glaube an den Fortschritt ist noch wesentlich ungetrübter als heutzutage. Es gibt zwar Ahnungen über Gefahren, diese werden aber allgemein als beherrschbar angesehen. Dafür ist der Krieg noch nicht zum Spielfeld der Bildschirmakteure geworden und von Menschen durchgeführte Aktionen können noch Situationen entscheiden. Der dritte Band der Bob Morane Classic-Reihe enthält eine Geschichte, die erstmals 1960 veröffentlicht worden war.

Viva la revolución!

Diese Geschichte startet in Amazonia, der Hauptstadt eines fiktiven südamerikanischen Landes. Wie in fast allen entsprechenden Ländern zu Beginn der 60-er Jahre gab es einen Diktator und eine dagegen kämpfende Guerilla. In diesem Falle sind es die „Bartträger“, die dem Land die Freiheit bringen wollen. Gleich auf der ersten Seite geraten Bob Morane und seine Begleiter Bill Ballantime sowie Professor Clairembart in Konflikt mit der lokalen Polizei. Es gelingt ihnen jedoch, aus der Hauptstadt zu fliehen.

Ihr eigentliches Ziel war eine alte Ruine, die möglicherweise aus der Zeit vor den Inkas stammen könnte. Der Weg dorthin ist beschwerlich und von einigen überraschenden Momenten begleitet. Schließlich holt auch die politische Lage die Helden wieder ein und sie werden gezwungen, sich für eine Seite zu entscheiden.

Wissenschaftliches Begleitmotiv für die Geschichte ist die Tatsache, dass der Urwald mit Atombomben gerodet worden war, um Platz für die neue Metropole Amazonia zu schaffen. Heutzutage würde niemand mehr auf diese Idee kommen, damals war sie durchaus geeignet, einem Plot Suspens hinzuzufügen! Geschickt löst Henri Vernes das Spannungsverhältnis zwischen Nutzen und Folgen im Rahmen einer Actionstory und benennt es der grüne Schrecken!

Routinierter Realismus

Dino Attanasio folgt dem damaligen Standard und schafft eine sehr realistische, gleichwohl vierstreifig strukturierte Geschichte. Die einzelnen Panel sind teilweise extrem detailliert, die Farbgebung mutet etwas nostalgisch an, passt aber zu diesem Setting. Natürlich würde man die Geschichte heute anders zeichnen, so aber versprüht der Band einen zwar etwas altmodischen Charme, keinesfalls aber einen etwas muffigen Geruch!

Backcover Bob Morane Classic 3

Auffällig ist, dass man damals mit deutlich weniger „Pyro-Technik“ ausgekommen ist und die Kampfszenen keine epische Überbreite einnehmen. Davon könnte sich manch modernes Werk eine Scheibe abschneiden. Attanasio ist bei uns im Wesentlichen wegen seiner Funnies a la Spaghetti bekannt, beweist aber wie etwa auch in Jimmy Stone, dass ein Schwerpunkt im realistischen Abenteuercomic lag.

Gesamtausgabe in Einzelbänden

Die Reihe Bob Morane Classic wird alle 19 Geschichten von Dino Attanasio und Gérald Forton in 16 Bänden zusammenfassen. Die Bände haben eine sehr breite Zielgruppe, befriedigen sie doch einerseits die Abenteuerlust von Jungen, sollten aber trotzdem auch die Leserinnen einer der damals größten Frauenzeitschriften ansprechen. Diese Mischung erfordert eine etwas größere Werkzeugkiste und ist vermutlich auch der Grund, warum die Comics auch nach über 60 Jahren noch funktionieren!

Der Band kommt wie immer in einer schönen Hardcoverausgestaltung. Das leicht glänzende Papier bringt die Farben gut zur Geltung und fasst sich auch beim Lesen gut an. Wer den alten frankobelgischen Abenteuercomic mag und vor kleinen Science-Fiction-Elementen nicht zurückschreckt, liegt hier richtig!

Dazu passen Jethro Tull mit „Too old to Rock’n’Roll, too young to die“ und ein Stout eigener Wahl.

© der Abbildungen Vernes – Bob Morane Inc / Attanasio – Ed. Hibou | 2024 Blattgold GmbH, Bad Dürkheim

Diverse/Mitton – Das Phantom 2

1991 – 1993

Story: Scott Goodall, Norman Worker, Donne Avenell, Lennart Moberg
Zeichnungen: 
Jean-Yves Mitton
Originaltitel:
Fantomen

Kult Comics

Softcover | 148 Seiten | s/w | 25,00 € | 
ISBN: 978-3-96430-369-1

Cover Mitton - Phantom 2

Nicht allzu oft kommt es zu der Kombination, dass ein durchaus bekannter Zeichner frankobelgischer Serien eine sehr bekannte amerikanische Superheldenfigur zeichnen kann. Dabei ist die Erklärung relativ simpel: Mitton war bei einem französischen Verlag hauptsächlich mit Superheldenabenteuern wie etwa Mikros betraut als der Verlag an ein schwedisches Unternehmen (Semic) verkauft wurde. Dieses wiederum gab in Skandinavien die sehr erfolgreichen Ableger der Phantom-Geschichten heraus und erkannte das Talent des Franzosen. Für Mitton war das der erste Entwicklungsschritt hin zu Serien wie Alwilda oder Vae Victis! Bei Kult erscheinen die insgesamt 8 Geschichten in zwei Bänden.

Historische Abenteuer des wandelnden Geistes

Ein Markenzeichen der Phantom-Plots ist, dass der wandelnde Geist quasi unsterblich ist. Das Kostüm und die Aufgabe werden von Generation zu Generation jeweils in der Familie weitergegeben. Das ermöglicht den Kreativen, über die komplette Chronik der jeweiligen Inhaber als Aufhänger auch historische Abenteuer zu schreiben und sie sogar mit aktuellen Ereignissen zu verknüpfen. Natürlich erweitert sich dadurch das Spektrum möglicher Hintergründe gewaltig.

Mitton - Phantom 2 page 11

Das Geheimnis der Kathedrale führt zurück zu den Zeiten des 12. Phantoms. Bei Bauarbeiten an der Pariser Kathedrale kommt es zu einem Streit, bei dem ein Arbeiter stirbt. Auslöser war scheinbar ein Fund aus der Vergangenheit. Die Geschichte verwebt geschickt Gegenwart und Vergangenheit. Auch Tod in Brügge spielt in Westeuropas Vergangenheit. Ein Brief von Präsident Luanda veranlasst das aktuelle Phantom in die Chroniken einzusteigen. Das fünfte Phantom hatte 1656 dem damals noch unbekannten Rembrandt geholfen und war von ihm porträtiert worden. Nun taucht das Bild wieder auf.

Eine klassische Revenge-Story wird in Hoogans Rache erzählt. Ein Sträfling kommt nach Jahren der Haft frei und folgt einem lang ersonnenen Plan um alle, die ihm damals geschadet haben, zu bestrafen. Mit auf dieser Liste stehen der Präsident und das Phantom. Eine sehr spannende Geschichte mit guten Einfällen! Schließlich folgt noch das Geheimnis der Statue. Erneut spielt die Vergangenheit eine Rolle, dieses Mal allerdings eher alte Verpflichtungen! Gut konstruiert, geschickt die Ebenen wechselnd und den Dschungel als Lebensraum einbeziehend.

Mitton - Phantom 2 page 12

Für schwarz-weiß Fans!

Jean-Yves Mitton ist heutzutage für seine historischen Alben und seine oftmals leicht bekleideten Frauen bekannt. Seine Werke gehen dabei durchaus auch in das pornographische. Hier allerdings zeigt er zwar sein Verständnis für Körperbau und Bewegungen, hat aber fast nur männliche Protagonisten. Seine Zeichnungen sind sowohl in den Actionszenen als auch in eher statischen Gegebenheiten vorzüglich. Wegen des Fehlens der Farbe ist Mitton gezwungen (oder ermächtigt?), mit Licht und Schatten zu spielen und Tiefe durch Schwarzflächen zu erzeugen.

S/W-Ausgaben von kolorierten Werken werden durchaus teilweise als Vorzugsausgaben veröffentlicht und erlauben einen besseren Einblick in die Fähigkeiten des Zeichners. Hier allerdings war geplant, die Zeichnungen in dieser Weise auch zu veröffentlichen. Die Details sind daher gewolltermaßen mehr ausgearbeitet und das Schwarz muss für sich alleine stehen. Auch die Szenen im Dschungel haben sowohl Tiefe als auch Detail.

Detail Mitton - Phantom 2 page 21

Nicht nur für Phans

Nach einer (zu) langen Durststrecke dürfen sich Phans gerade über mehrere parallele Publikationen freuen und haben sogar ein Kompendium für die bisherigen deutschen Ausgaben an der Hand. Die beiden Mitton-Ausgaben von Kult sollten hier als absolutes Must-Have durchgehen. Die Zeichnungen sind so gut, dass sie für alle Liebhaber*innen von schwarz-weißen Geschichten in Frage kommen. Wer also die Jerry-Spring-Ausgabe, Modesty Blaise oder Terry and the Pirates mag, sollte hier unbedingt einen Blick riskieren!

Der Band kommt als gut gebundenes Softcover daher und enthält einen einführenden Teil sowohl zu Mitton als auch zu den Autoren, die in Deutschland eher unbekannt sind. Von ihnen hatte bei uns nur Donne Avenell mit Axa einen gewissen Erfolg und war auch im Kobra vertreten. Die Druckqualität ist dabei meilenweit über den alten Bastei-Klassikern anzusiedeln. Der Band ist auch als limitierte Vorzugsausgabe mit Variantcover und gleich zwei Drucken erhältlich!

Cover Mitton - Phantom 2 VZA

Dazu passen Jungle mit ihrem modernen Soul, und ein Whisky (!) Sour.

© der Abbildungen 2024 King Features Syndicate, Inc/Distr. Bulls / Egmont Publishing AB / 2024 Comic Combo, Leipzig

Cauvin/Berck – Sammy & Jack Integral 4

1978 – 1981

Story: Raoul Cauvin
Zeichnungen: 
Berck
Originaltitel:
Sammy Integraal 4

Kult Comics

Hardcover | 272 Seiten | Farbe | 39,00 € | 
ISBN: 978-3-96430-252-6

Cover Sammy & Jack Integral 4

Cauvin ist einer der produktivsten Szenarist*innen seiner Zeit gewesen. Dabei deckte er verschiedenste Gebiete ab, allerdings immer mit einem unverkennbaren Humor. Seine Westernserie Die Blauen Boys verband Situationskomik mit einer geharnischten Kritik an Kriegen, Kadavergehorsam und Autoritäten, Die kranken Schwestern nahmen Arztserien auf die Schippe, Pierre Tombal das Leben und Sterben an sich. Wie auch in Sammy & Jack ist der Humor dabei teils slapstikhaft, oft genug aber auch komplett anarchistisch. Die Integral-Reihe enthält alle Episoden, auch die Kurzgeschichten, erstmals komplett und in chronologischer Reihenfolge.

Leibwächter mit weltweiten Einsätzen

Das Setting mit zwei gegensätzlichen Charakteren funktioniert innerhalb einer Geschichte perfekt. Damit trotzdem genügend Abwechslung eingebaut werden kann, ist es notwendig den lokalen Bezug immer wieder zu verändern. Neben den in Chicago spielenden Prohibitionsstories versetzt Cauvin seine Leibwächter Sammy & Jack daher immer wieder in fremde Gegenden. Das große Bibbern ist eine Wissenschaftskatastrophenstory: Ein Experiment geht schief und einer der Beteiligten ist nun eine unermesslich heiße Batterie. Die einzige Chance ihn vor der Überhitzung zu bewahren ist eine Reise an den Nordpol. Leider erweckt sein Zustand auch Begehrlichkeiten.

Sammy & Jack Integral 4 page 53

Passend zur baldigen Fußball-EM thematisiert Die Gorillas machen ein Tor sowohl übergriffige Fußballfans als auch Hooliganismus. Manchmal vergessen wir alle, dass es doch nur ein Spiel ist bzw. sein sollte! Zurück in den USA werden unsere Gorillas in Hollywood für einen Mafiafilm gecastet. Die Darstellung einer queeren Persönlichkeit würde heutzutage sicherlich etwas anders laufen müssen, die Story an sich hat aber ihren Charme.

In deutscher Erstveröffentlichung kommt nun endlich auch die Episode Ku-Klux-Klan zu uns. Dieses Highlight parodiert die leider gar nicht lustige amerikanische rassistische Realität und spielt mit der Beschränktheit der weißen Protagonisten. Die Mischung aus Dumm und Böse liefert genügend Stoff für den explosiven Inhalt. Erstaunlich, dass diese Geschichte bisher immer ausgelassen worden war.

Sammy & Jack Integral 4 page 57

Bester Spirou-Style

Arthur Berckmans bzw. Berck hat seinen Stil über die Jahre perfektioniert und liefert hier sehr routiniert hochklassige Zeichnungen ab. Sowohl in den Kurzgeschichten als auch in den vier Alben ist zu merken, dass die Zusammenarbeit mit Cauvin klappt, seine eigenen Stärken eingesetzt werden können und Langeweile vermieden wird.

Der ausführliche redaktionelle Teil gibt einen Einblick in Zeiten der Karriere, in denen das nicht der Fall war. Anhand der ausführlichen Illustrationen ist der Werdegang und auch die Professionalisierung nachzuvollziehen.

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Fast schon ein Teil einer kommentierten Werksausgabe

Das hier übersetze Integral ist sehr ausführlich bezüglich des Werdeganges der Kreativen und enthält zudem noch umfassende Artikel zu den einzelnen Abenteuern. Den Leser*innen wird dadurch ein ganz anderer Zugang zu den Geschichten ermöglicht, liegen einige der Ereignisse doch schon mehr als 40 Jahre in der Vergangenheit. Trotzdem sind die Stories und Gags aber nicht veraltet, sondern entwickeln ihren Humor immer noch mit der gleichen Schärfe. Es sei hier erwähnt, dass der Verfasser dieser Zeilen für die Übersetzung der redaktionellen Beiträge verantwortlich war.

Wie immer gibt es auch eine limitierte Vorzugsausgabe mit Variantcover und drucksigniertem ExLibris. Zu empfehlen ist der Band definitiv allen, die Semi-Funnies aus der Hochzeit des Spirou-Magazins mögen: Explosionen, haarsträubende Experimente, ein sich kabbelndes Duo und spannende Handlungsabläufe!

Dazu passen Earth, Wind and Fire mit „Boogie Wonderland“, und ein Cuba Libre.

© der Abbildungen Dupuis, 1980, 1981, 1982, 1983 / Berck, 2023 / 2023 Comic Combo, Leipzig

Fromental, Bocquet/Floc‘h – Die Kunst des Krieges

Ein Abenteuer von Blake & Mortimer in New York

Story: Jean-Luc Fromental, José-Louis Bocquet nach Edgar P. Jacobs

Zeichnungen: Floc’h nach Edgar P. Jacobs

Originaltitel: Un autre regard sur Blake & Mortimer : L`Art de la guerre

Carlsen Comics
Hardcover | 124 Seiten | Farbe | 26,00 €
ISBN: 
978-3-551-79414-7

Cove Blake & Mortimer Spezial 3

Unter dem Reihentitel Blake & Mortimer Spezial bringt der Carlsen-Verlag in unregelmäßigen Abständen Werke heraus, die nicht in die reguläre Reihe und ihre Kontinuität gehören, trotzdem aber dem Blake & Mortimer Kosmos zugehörig sind. Als dritter Band ist gerade Die Kunst des Krieges erschienen.

Der Feind sitzt in Russland

Die Geschichte spielt in der Vergangenheit und könnte doch kaum aktueller sein. Während Blake vor der UN-Vollversammlung einen Vortrag über Abrüstung halten soll, passieren in New York seltsame Dinge. Unter anderem wird ein Mann dabei ertappt, dass er nachts im verschlossenen Metropolitan-Museum „Bei Horus Ver“ auf eine alte ägyptische Stele ritzt. Der verwirrt wirkende Täter kann festgenommen werden und entpuppt sich als … Olrik.

Natürlich sind unsere beiden Briten bemüht herauszufinden, was hinter dem Ganzen steckt. Immer wieder wird Blake allerdings in Form eines running gags daran erinnert, dass seine wirkliche Priorität der Vortrag sei und er ihn doch bitte einreichen möge. Bürokratie trifft hier auf Kriminalistik. Und auch das klassische Werk Die Kunst des Krieges spielt eine wiederkehrende Rolle.

Fromental und Bocquet schaffen es, eine spannende, verzwickte Suche zu schildern die viele falsche Wege andeutet. Wie immer gibt es dabei auch psychologische Aspekte zu beachten. Im Gegensatz zum Original ist der Anteil von erklärenden Textboxen allerdings sehr gering.

Klassische Moderne

Floc’h verbindet die Ligne Claire mit einer modernen Abstraktion. Da der Comic zudem in einem dreistreifigen Layout daherkommt, wirkt er zunächst ein wenig aufgebläht. Schon nach wenigen Seiten stellt sich dadurch aber eine einzigartige Stimmung ein, die in gewisser Weise an die sprichwörtliche britische Ruhe beim Teetrinken erinnert. Mag es auch noch so hektisch zugehen, die Helden nehmen sich Zeit.

Logo Blake & Mortimer

Dazu kommt, dass die Zeichnungen etwas grobschlächtig daherkommen. Nicht nur fehlen naturgemäß die Details im Hintergrund, auch die Figuren nähern sich in ihrer Darstellung an eine schematische Weise an. Dadurch schafft Floc’h seine eigene Interpretation des Klassikers und verhindert, als Epigone abgestempelt zu werden.

Passende Erweiterung der Serie

In der Spezial-Reihe erscheinen Bände, die nicht ganz den Vorgaben der Serie entsprechen. Hier sind weder die Autoren bereit, extrem lange Texte zu schreiben, noch folgt der Zeichner dem sehr realistischen Stil von Jacobs und abstrahiert kräftig. Bei anderen Reihen würde dieser Band daher als sehr eigenständige Hommage durchgehen. Inhaltlich werden Fans aber nicht antäuscht sein. Alle Elemente einer klassischen Blake & Mortimer-Geschichte sind vorhanden!

Die Herausgabe als Hardcover unterstreicht die Besonderheit, der Preis ist für Ausstattung und Umfang absolut angemessen. Fast mag man es bedauern dass das Backcover wohl nicht als eigenständiger Druck escheinen wird.

Dazu passen The Selecter mit “Celebrate the Bullet“ und Lander Bräu Strong Beer.

© der Abbildungen Éditions Blake & Mortimer / Studio Jacobs (Dargaud-Lombard S.A.) 2023 | 2024 Carlsen Verlag GmbH, Hamburg

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