Band 4: 1977 bis 1984
Story: Edouard Aidans
Zeichnungen: Edouard Aidans
Originaltitel: Originalausgabe
Hardcover | 176 Seiten | Farbe | 29,95 € |
ISBN: 978-3-946722-41-0
Der am 6. September 2018 verstorbene Belgier Edouard Aidans war einer der Zeichner, die zunächst entweder in Tintin oder dem Konkurrenzprodukt Spirou veröffentlicht hatten, dann aber vom Hamburger Koralle-Verlag abgeworben worden waren. Das „alte“ ZACK hatte eine Zeitlang so hohe Verkaufszahlen, dass eine internationale Expansion erfolgversprechend schien. Sehr zum Leidwesen der deutschen Leser*innen, vor allem aber der Künstler, die auf das Angebot eingegangen waren, hielt der Hype nicht lange genug. So musste auch Aidans reuevoll zu Tintin bzw. Le Lombard zurück, wurde dort allerdings auch mit offenen Armen empfangen.
Mehr zu den Hintergründen dieser Geschichte findet sich im von Volker Hamann redaktionellen Teil dieses Integrals. Natürlich gibt es auch in diesem Teil wieder viele zusätzliche Illustrationen und Artikel über Aidans und Tunga. Die Besprechung zum dritten Teil bietet ebenfalls noch weitere Informationen zur Serie und zu ihrem Schöpfer.
Die ZACK-Ära
Ab 1978 produzierte Aidans für den Koralle-Verlag vier Kurzgeschichten, die inhaltlich eine fortlaufende Einheit bildeten und in der ZACK-Parade zum Abdruck kamen. Die ersten drei Teile wurden dabei auch in den internationalen Ablegern Super As, Wham! und Super J publiziert sowie unter dem Titel „Der Feuermacher“ in die Albenausgabe integriert. Die letzte, 1979 in der ZACK-Parade 35 erschienene Story „Im Tal der Dämonen“, brauchte fast 20 Jahre um in einem französischen Fanzine auf schwarz-weiß abgedruckt zu werden, schaffte es aber weder in ein Album noch in das Integrale von Joker Editions.
Alle Geschichten sind von Aidans nach dem altbewährten Muster geschaffen: Obwohl ursprünglich für das kleine Taschenbuchformat konzipiert können sie ohne Verlust in das größere Magazin-/Albenformat ummontiert werden wobei jeweils zwei kleine eine große Seite ergeben. Man kann die Meisterschaft des Künstlers dabei nicht zu hoch einschätzen, denn das Layout erzählt die Geschichte genauso wie der Text und dieses so anzulegen, dass es ohne Abstriche in zwei unterschiedlichen Aufbauten funktioniert ist hohe Kunst!
Inhaltlich geht es darum, dass Tunga, Ohama und Nooun in einem mysterienhaften Szenario auf ein unbekanntes Objekt stoßen. In einer Höhle in der Nähe treffen sie auf einen „Guru“ der Nooun die Gabe schenkt, mit Hilfe von Flintsteinen Feuer zu entfachen.
Zeichnerisch hat Aidans keine seiner Qualitäten verloren. Ob die Raptoren aber wirklich notwendig waren möchte ich bezweifeln. Wer weiß, von wem die Idee dazu kam, möchte dieses bitte im Kommentarfeld unten vermerken.
Rückkehr zu Tintin/Kuifje
Das ZACK war Geschichte und bis zum nächsten Ausflug in die Zeit vor 100.000 Jahren sollte es bis 1983 dauern: Mit „Die verlorene Fährte“ kehrte der Belgier triumphal auf die Seiten des angestammten Magazins zurück und präsentierte einen moderneren Helden.
Wieder einmal werden Tunga und Ohama getrennt und müssen ihre eigenen gefährlichen Situationen bewältigen. Dazu gehört auch der jeweils emotionale Konflikt der Sorge um die andere Person. Der Zeichenstil ist viel freizügiger, raumgreifender und dynamischer, natürlich auch aufgrund der Befreiung von den Zwängen zur Doppelverwendung. Auch die Kolorierung ist offensiver und überdeckt teilweise sogar Details der Zeichnungen, ermöglicht aber eine zusätzliche Ausdruckskraft gerade für emotionale Darstellungen. Auch die von Aidans (und seinem Vorbild Hogarth) schon immer eingesetzte Schraffur wird noch einmal feiner und lässt mich fast wünschen, es gäbe den Comic zusätzlich auch in einer nicht-farbigen, unverfälschten Version. Vielleicht findet sich ja tatsächlich genug Nachfrage?
„Die letzte Prüfung“ von 1984 beendet diesen Band mit einer erneut stark besetzten Frauenrolle. Tunga erlebt ein Soloabenteuer auf einer Insel, die von Amazonen bevölkert ist. Dort gibt es eine sehr kämpferische Frau namens Ulcha und eine eher bedächtige, heilende Ilcha. Unser Held braucht relativ lange, bis er erkennt, dass es sich tatsächlich nur um zwei Ausdrucksformen der gleichen Person handelt. Obwohl hier die Action durchaus im Mittelpunkt steht, wäre es verkehrt, die Erzählung darauf zu reduzieren.
Aidans gelingt es immer wieder, das prähistorische Setting zu benutzen um allgemeingültige Handlungsweisen positiv zu beschreiben: Planung, Vertrauen, Teamgeist und der Wille, gemeinsam zu Lernen sind die Facetten menschlichen Verhaltens die den Sieg und das Überleben in der Urzeit ermöglichen und auch heute noch gebraucht werden. Insofern ist Tunga sicherlich auch „ein Klassiker“, trotzdem aber weder angestaubt noch altmodisch!
Es wäre daher dem Comic und dem Verlag zu gönnen, dass die Serie nicht nur von ein paar alten Knackern die mittlerweile ihre Kindheitserinnerungen in guter Qualität neu erstehen können gekauft wird sondern ein breites Publikum findet. Verdient hat es gerade diese Phase der Serie allemal!
Es gibt übrigens auch wieder eine (verlagsvergriffene) Vorzugsausgabe, dieses Mal mit drei Ex Libris als Bonus für die Produktionsprobleme.
Dazu passen ein Getränk auf Mangobasis und als Gegenpol etwas Industrial oder etwa die Einstürzenden Neubauten.
© der Abbildungen 2019 Comic-Combo, Leipzig