Warnauts/Raives – Venezianische Affären 1

Venezianische Affären Gesamtausgabe Teil 1

Story: Eric Warnauts
Zeichnungen: 
Eric Warnauts, Guy Raives

Originaltitel: Les suites Véntiennes 1-3 (Intégrale 1)

Panini Comics
Hardcover Überformat | 160 Seiten | Farbe | 29,00 €
ISBN: 
978-3-7416-1288-6

Das Duo Eric Warnauts und Guy Raives ist in Deutschland wahrlich nicht unbekannt, gehörte aber bisher eher in die Kategorie Geheimtipp. In den neunziger Jahren brachte der Carlsen Verlag den Einzelband Congo 40, die Abrechnung mit Deutschlands Nationalsozialismus (Die zerbrochene Zeit) und die ersten vier Teile von Lou Cale, einer Krimiserie um einen Pressefotografen heraus, Finix führte vor ein paar Jahren fort. Panini hat bereits den Vierteiler Zeitenwende veröffentlicht, der ebenfalls im und kurz nach dem Zweiten Weltkrieg spielt.

Das Thema

Der aktuellen deutschen Erstveröffentlichung, die bei Casterman bereits vor rund 20 Jahren erschienen ist, liegt auch ein historisches Setting zugrunde: Das Venedig des 18. Jahrhunderts. Der Stadtstaat wird durch ein Konglomerat aus verschiedenen Institutionen beherrscht die sich wiederum aus traditionellen Familien rekrutieren. Dekadenz und Laster haben sich im Alltag der besser gestellten breitgemacht und unter der Fassade des Maskerade passieren die unglaublichsten Dinge.

Als mehrere Frauen ermordet und misshandelt aufgefunden werden, versucht Alessandro, die abscheulichen Verbrechen aufzuklären. Schnell wird klar, dass es sich bei der Serie um Ritualmorde handelt und dass Magie ebenfalls eine Rolle spielt. Zudem drängen sich Verbindungen in die Vergangenheit auf. Es scheint um Rache zu gehen… Außerdem spielen Rötelzeichnungen einer jungen, unbekleideten Schönheit eine große Rolle, allerdings erkennen nur wenige die Zeichen.

Die Titel der Einzelbände „Die Skizzen“, „Rotes Venedig“ und „Exil“ lassen den Handlungsablauf ein wenig erkennen, die Story ist aber vielschichtig genug, um nicht einfach nur einem Plot zu folgen: Es geht um (Miss-)Achtung, Rassismus und Machtgelüste, aber auch um den Versuch starker Frauen, sich eigenständig zu entwickeln und ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Während einige Männer dieses verstehen können, müssen andere es leidvoll am eigenen Körper erfahren lernen.

Die Umsetzung

Warnauts und Raives setzen bei ihren Seiten auf die Macht des Bildes: oft werden sie von wenigen, großen Panelen beherrscht; ganze Seiten kommen ohne Text aus. Mal wird gegen ein dreireihiges, mal gegen ein vierreihiges Grundraster verstoßen und ständig wechselt die Anordnung. Dahinter liegt aber kein chaotisches Ausprobieren: Die Formen folgen der Notwendigkeit der Handlung und ihrer Dynamik. Das Überformat bringt dabei die Seiten noch mehr zur Geltung als es das typische A4-Format täte.

Die Gesichter sind durch die etwas großflächige Kolorierung manchmal etwas entstellt, wirken dadurch aber auch im Alltag fast maskenhaft und stören daher in diesem Zusammenhang nicht. Die Formen und die Anatomie der Figuren zeigen dagegen keine unerwünschten Besonderheiten, sondern sind korrekt. Auch das architektonische und kleidungsbezogene Dekors ist aufwändig und stimmig.

Panini hat für jeden Band das Einzelcover in Farbe und als Vorzeichnung mit aufgenommen. Insofern wird die Erwartung an eine Gesamtausgabe erfüllt. Es gibt auch einen kurzen Textteil, der in das politische Venedig der damaligen Zeit einführt. Editorische Notizen, ergänzende Illustrationen und Texte, also alles, was die Leser*innen heute in einem Integral typischerweise geboten bekommen, fehlen dagegen. Hier kann der Panini-Verlag sich sicherlich noch eine Scheibe von seinen Konkurrenten abschneiden.

Vor einigen Jahren wäre die Serie wahrscheinlich bei comicplus+ erschienen. Vielleicht hilft dieser Hinweis zur Einordnung des Ganzen. Spannende und vielschichtige Story mit ansprechendem Artwork!

Dazu passen gelassen prickelnder Pro Secco und italienische Musik: Klasse Kriminale (und im speziellen Johnny too bad).

© der Abbildungen Editions du Lombard (Dargaud-Lombard S.A.) 2016 by Raives, Warnauts, c/o Panini Verlag

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