ZACK 287 (Mai 2023)
Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel
Heft Din A 4 | 92 Seiten | Farbe | 9,00 €
ISSN: 1438-2792
Obwohl noch auf der letzten Seite des Umschlags vermeldet, wird die Gesamtausgabe von Martin Freis Frau mit dem Silberstern leider aus lizenzrechtlichen Gründen nicht erscheinen können. Sehr schade, der Titel hätte es verdient. Dafür sind aber zwei andere Alben in der Produktion: Das Paris der Wunder von Pierre Pevel und Ètienne Willem (Die Flintenweiber) und ZACK-Spezial 8: Jimmy Stone – Operation Hinterhalt von André Fernez und Dino Attanasio. Natürlich werde ich versuchen, Euch auf dem Laufenden zu halten!
Der Neustart
Die Geschichte einer Stadt ist oft eng verbunden mit der Finanzierung von Umbauten bzw. Denkmälern. Die Beschreibung der oft nicht zimperlich durchgesetzten Modernisierungen in Paris von 1857 – 1871 sind Bestandteil des Comics über die Zweite Generation der Familie Saint-Hubert in Die Bank. Während auf der einen Seite schwierige finanzielle Lagen auch mit Intrigen gemanagt werden müssen, geht es auf der anderen Seite um die Vaterschaft eines kleinen Kindes. Insbesondere die Männer in dieser Reihe haben einen höchst beklagenswerten Mangel an Ehre! Gelungene Serie von Pierre Boisserie & Philippe Guillaume mit realistischen Bildern von Malo Kerfriden im Spannungsfeld der Hochfinanz.
Die Fortsetzungen
Bootblack von Mikaël ist die Coverstory im Mai. Die als Rückblick eines amerikanischen Soldaten erzählte Geschichte sah den Helden als kleinen Jungen 1925 zur Waise werden. Er schlägt sich als Schuhputzer (Bootblack) durch, muss aber erkennen, dass das dadurch zu erzielende Einkommen vielleicht zum Überleben reichen könnte; große Sprünge wären aber nicht möglich. Ein Weg, mehr Einkünfte zu erzielen, ist die Ausdehnung des Geschäftes auf Taschendiebstähle. Und dann sind da noch die Gangs der anderen Einwanderer-Gruppen. Mitreißende Graphic Novel über die Schattenseiten von New York in ähnlichen Stil wie bereits Giant.
Ebenfalls in Runde Zwei geht Bob Morane. Mittlerweile werden nicht mehr die Originalromane von Henri Vernes genommen, Die Gefangenen der Zeit ist von Christophe Bec und Corbeyran, spielt aber im bekannten Rahmen und verweist auch auf Originalstories. Die Gruppe um den Helden ist in die Vergangenheit gereist und muss feststellen, dass der Vortex verschwindet. Eine Rückkehr ist damit zunächst unmöglich und die Bewohner der gewählten Zeit sind nicht sehr gastfreundlich. Währenddessen versucht Bill Ballantime, sich ein Bild in der Jetztzeit zu verschaffen. Die Zeichnungen von Paolo Grella stellen keinen großen Bruch zu den „Klassikern“ dar, sind im Bereich der Gesichtszüge allerdings noch ausbaufähig. Landschaften und Dinos gelingen aber gut!
Bei Tanguy gegen Laverdure steht eine Kommandoaktion an. Es ist allen klar, dass offizielle Stellen diese Aktion ablehnen und die Karriere aller Beteiligten ernsthaft gefährdet ist. Die folgenden rasanten Passagen sind im Stil aktuellen Verfilmungen dieses Genres ebenbürtig, kommen aber logischerweise viel leiser daher. Sehr spannende, stimmige Episode der von Patrice Buendia und Frédéric Zumbiehl erneuerten Klassiker-Serie. Der moderne, realistische Zeichenstil von Sébastien Philipe übernimmt teilweise die karikaturesken Züge der Darstellung von Ernest und zeigt eine durchgehend ansprechende Leistung. Im Gegensatz zu anderen Bänden wird hier sogar ausnahmsweise mal das französische Militär (leicht) kritisiert.
In Harmony scheint Payne die Seiten gewechselt zu haben und beeinflusst auch Eden dementsprechend. So langsam wird überdeutlich, in welche Richtung die Gesellschaft sich entwickeln sollte, wenn Azhel aus seinem Grab aufsteigen würde. Dies Irae beinhaltet den Kampf der lange zuvor gegründeten Organisationen in entscheidender Phase. Mathieu Reynès hat in seiner Mystery-Serie lange auf diesen Punkt hingearbeitet, das Warten hat sich bisher eindeutig gelohnt!
Der Abschied
Der letzte Teil der Dreierwette auf den Tod beginnt mit der Rettung des Titelhelden Rick Master durch seine Freund*innen. Es ist aber nicht ausgemacht, ob der Reporter seine undercover als Jockey auftretende Freundin Nadine retten kann. Da das Pferderennen bereits gestartet ist, kann er telefonisch nichts mehr ausrichten. Simon Van Liemt hat eine Reihe von Seiten gezeichnet, die die Spannung von Bild zu Bild ansteigen lassen, bevor der dramatische Höhepunkt eintritt. Diese Szenen sind ein guter Grund warum Zidrou sicherlich noch viele weitere Geschichten dieser Reihe schreiben könnte. Die modernisierte Serie ist etwas härter geworden, hat aber von den Markenzeichen nichts verloren.
Und sonst?
Parker & Badger müssen sich erneut mit unerwarteten Folgen eines Mietzahlungsaufschubes plagen. Tizombi beweist, dass Liebe auch materielle Dinge kosten kann und Schimmel nicht nur im Käse eine Geschmacksfrage ist. Die Artikel führen in die neue Serie von Jeff Lemire, Little Monsters, und in den aktuellen Trend der Konzeptserien ein. Dazu kommen wie gewohnt der Rückblick auf das ZACK von vor 50 Jahren, News und Rezensionen.
Wer nur Comics einer Richtung, möglichst sogar nur mit eine*r Held*in lesen möchte, ist hier sicherlich gefordert. Für alle, die einen Überblick in viele aktuelle Richtungen des europäischen Comics genießen und nebenbei noch durch sicherlich spezielle, in ihrer Masse aber eben doch lesenswerte und informative Artikel zu Neuem verführt werden wollen, bleibt das ZACK die erste Wahl!
Dazu passen Jazz/Funk von Candy Dulfer aus Amsterdam und ein Frühlingsbock, da der Sommer immer noch auf sich warten lässt.
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