Gay/Boiscommun – Die Lehrlinge
Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel
Heft Din A 4 | 100 Seiten | Farbe | 9,70 €
ISSN: 1438-2792

Nach zwei Heften mit Kurzgeschichten ist das dritte mit einer einzigen, abgeschlossenen Geschichte gefüllt. Sicher ist das einen Versuch wert. Die Frühjahrsausgabe 2026 kommt dann aber wieder mit mehreren Beiträgen, und zwar mit Comics aus den Michel Vaillant Dossiers. Dreizehn deutsche Erstveröffentlichungen warten darauf gelesen zu werden. Nun aber in eine mittelalterliche Fantasy-Welt …
Jung, mutig und unerfahren
Wer kennt sie nicht, die tollen Sprüche: Lehrjahre sind keine Herrenjahre, Früh übt sich, … Sie alle deuten darauf hin, dass die Lehrzeit von zwei Tatsachen geprägt ist: Die Lehrlinge dürfen nur selten selbst entscheiden, was sie zu tun gedenken ist die eine, die fehlenden Fähigkeiten die andere. Die Lehrlinge handelt von drei Jugendlichen, die eine Ausbildung begonnen haben: ein Krieger, eine Magierin, ein Heiler. Dazu kommt die abgewiesene Iris, die einen Ausweg aus jeder Situation weiß.
Ihre Meister*innen haben sie in einem kleinen Dorf, fast schon im Nirgendwo, zurückgelassen und nun machen sie sich Sorgen, ob ihnen etwas passiert sein könnte. Kaum haben sie sich auf ihre Reise begeben, werden sie auch schon von den Halbstarken des Dorfes attackiert. Aber erst als wenig später ein Ritter im Dorf nach ihnen fragt und Fahndungsplakate mit den Gesichtern ihrer Held*innen auftauchen, wird klar, wie vertrackt die Situation zu sein scheint.

Olivier Gay, von dem unter anderem auch das Szenario zu Asterix im Reich der Mitte stammt, hat eine sehr angenehm zu lesende Coming-of-Age-Geschichte geschrieben. Die Vier müssen über sich selbst hinauswachsen, ihre Vorurteile überwinden und nicht zuletzt lernen, dass es böse, machtgierige Menschen gibt. Besonders im Fokus stehen dabei die – oft humorigen – Auseinandersetzungen innerhalb der Gruppe, denn verschiedene Professionen verlangen oft auch nach unterschiedlichen Voraussetzungen.
Computergenerierte Hintergründe und eine neo-klare-Linie
Olivier Boiscommun hat schon viele unterschiedliche Genres bedient. Einen kleinen Überblick darüber gibt der einleitende Artikel des Sonderheftes vom Verfasser dieser Zeilen. Für sein neuestes Werk setzt er stark auf computergenerierte und -kolorierte Hintergründe. Diese geben ein sehr einheitliches Setting für zusammengehörende Gruppen von Panels. Dadurch wird eine Art von filmischen Sequenzen geschaffen die z.B. Dialogen einen übergreifenden Rahmen bieten. Auch bei den Figuren verzichtet Boiscommun auf nicht notwendige Details und konturiert eher durch den (digitalen) Farbauftrag.

Beides zusammen führt dazu, dass die Bilder, die für sich betrachtet sehr statisch wirken, zusammen eine hohe Dynamik entwickeln können, auch ohne die intensive Verwendung von Speedlines. Soundwords kommen dagegen relativ häufig vor. Obwohl Gewalt Bestandteil der Geschichte ist (es wird gekämpft, gehängt, gestochen, verbrannt, …), sind die Darstellungen doch sehr zurückhaltend. Man kann das Heft also tatsächlich auch denjenigen geben, die sich auf ihre Zukunft als Lehrlinge vorbereiten.
Eine überlange Geschichte zum Magazinpreis
Das ZACK Sonderheft hat sich zunächst einmal als alle 6 Monate erscheinende Ergänzung zum ZACK-Magazin etabliert. Da es auch im Pressehandel erhältlich ist, erreicht es ein ganz anderes Publikum als das klassische Alben-Geschäft. Es macht daher durchaus Sinn, dieses Format auch mal mit einer durchgehenden Geschichte anzutesten. Der Preis von knapp 10 € hat sich für diese Art mittlerweile durchgesetzt und könnte als Einstieg funktionieren.

Die Aufmachung mit einem einleitenden Artikel über beteiligte Künstler oder Medien erlaubt auch denjenigen, die etwas tiefer einsteigen wollen, einen guten Start, Papier- und Druckqualität sind allemal gut genug.
Dazu passen „Young, gifted, and black“ in der Fassung von Aretha Franklin und kraftspendender Ingwerdrink.
© der Abbildungen Drakoo – Gay & Boiscommun / Blattgold GmbH, Bad Dürkheim 2025