Swolfs/Surzhenko – Die Jugend von Durango 1

Der Erste, den du töten wirst

Story: Yves Swolfs
Zeichnungen: Roman Surzhenko

Originaltitel: Durango La Jeunesse, Volume 1

Splitter Verlag

Hardcover Überformat | 48 Seiten | Farbe | 17,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-144-7

Cover die Jugend von Durango 1

Was tun mit einer Serie, deren Plot auserzählt ist, die aber noch viel Potential hat? Man kann Lücken füllen, wie es etwa bei Blake & Mortimer passiert, sich einzelne Aspekte herauspicken, etwa bei den Kronieken van Amoras, oder man switcht um auf Jugendabenteuer, die vor der eigentlichen Geschichte spielen. Dem letzteren Muster folgt die neue Westernserie Die Jugend von Durango von Yves Swolfs, die seinem Italo-Western geprägten Anti-Helden eine Jugend gibt.

Tradition vs. „Moderne“

Ein bekanntes Vorurteil gegen „Western“ ist, dass sie konservativ bis reaktionär sein, ein überaltertes Männerbild transportierten und den Konflikt zwischen Einwanderer*innen und dort bereits Lebenden aus der Sicht der Sieger/Vernichter darstellen würden. Natürlich gibt es Werke, für die alle drei Kategorien bejaht werden können. Es gibt aber auch andere, die sich bemühen, Dinge anders zu machen.

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Die Jugend von Durango gehört in die zweite Gruppe! Während es tatsächlich den Farmer gibt, der sich noch nicht von der Niederlage des Südens erholt hat und die alten Zeiten unter allen Umständen zurückhaben möchte, gibt es auch einen Farmer, der nicht nur bereit ist, seine Tochter zur Nachfolgerin zu machen, sondern auch nach gemeinsamen, nachhaltigen Lösungen sucht. Dazu gibt es dann auch noch eine Gruppe von Farmern indianischer Abstammung, die ebenfalls in eine traditionelle und eine zukunftsorientierte Seite zerfallen.

Demgegenüber steht die sich weiterentwickelnde, innovative Gesellschaft als Bedrohung des Status Quo. Rassismus wird in diesem Band teils sehr explizit dargestellt, zumindest was die Fraktion angeht, für die nur ein toter Indianer zählt. Demgegenüber stehen aber auch Überlegungen auf beiden Seiten wie eine „gemeinsame“ Zukunft aussehen könnte. Allein das Männerbild ist noch zu hinterfragen. Es gibt zwar eine handelnde Frau, der Mann mit dem Colt ist aber durchgängiges Prinzip.

Und: Yves Swolfs baut aus all diesen Ingredienzien ein sehr gut lesbares, spannendes Abenteuer mit viel Action und zeichnet die Anfänge des späteren Helden Durango sehr nachvollziehbar!

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Tolle, realistische Westernlandschaften und glaubwürdig Handelnde

Die Zeichnungen von Roman Surzhenko sind dem Skript von Yves Swolfs absolut ebenbürtig! Natürlich ist die erste Nagelprobe für Werke aus diesem Genre die Darstellung der grandiosen, weiten Natur in einer der Handlung angemessenen Weise. Obwohl die Berge und die Steppe grandios sind, muss es glaubwürdig sein, dass die Farmerstochter genug davon hat. Das gelingt hier!

Die zweite Klippe ist eine für alle realistisch gezeichneten Serien: Personen müssen eine nachvollziehbare und wiedererkennbare Mimik aufweisen. Nicht nur Menschen sollten in glaubwürdigen Positionen gezeichnet werden, auch besonders Pferde sollten als solche erkennbar sein. Surzhenko erweist sich als verdienter Nachfolger von Swolfs, der sich bereits seit Jahren nur noch auf Szenarios konzentriert.

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Schöne neue Western-Serie

Spin-offs lassen vermuten, dass das Original bereits so gut eingeführt ist, dass man vom Bekanntheitsgrad profitieren kann. Es bedeutet aber auch, dass zumindest der Szenarist davon ausgeht, dass die eingeführte Figur genügend Potential für eine weitere Serie hat. Ich traue Swolfs zu, dass er seinen Durango gut genug „kennt“, um dort noch einiges erzählen zu können. Coming-of-Thematiken sind en vogue, der tot gesagte Western hat sich neu erfunden und die Kombination aus beidem verspricht spannend zu werden.

Der erste Teil ist auf jeden Fall ein vielversprechender Anfang: Spannung, das Western-Feeling, neue Ansätze in Bezug auf die Rolle der Indianer*innen und der Frauenrollen und das schwierige Seelenleben eines angehenden Revolverhelden sind eine gute Mischung! Die Zeichnungen sind sehr gut und bringen die Atmosphäre nahezu perfekt rüber. Die Anteile der Gewalt- und Actionszenen sind bisher überschaubar und nicht unbedingt auf einem Italo-Western-Niveau. Der Band kann daher allen Fans der diversen Western-Spielarten empfohlen werden!

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Dazu passen The Incredible String Band mit ihrem „Everything’s Fine Right Now“ und ein Kaffee, der zu lange auf dem Feuer gestanden hat!

© der Abbildungen Editions Soleil, 2022 | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2023

Tynion IV/Dialynas – Wynd 1

Seltsames Blut

Story: James Tynion IV

Zeichnungen: Michael Dialynas

Originaltitel: Wynd

Carlsen Comics
Broschur | 128 Seiten | Farbe | 16,00 €
ISBN: 
978-3-551-01595-2

Cover Tynio IV/Dialynas Wynd 1

Fantasy ist oft verbunden mit dem Genre der Jugendliteratur: Der kleine Hobbit, Harry Potter, Quendel und viele andere Werke haben den Weg in die allgemeine Wahrnahme aus dieser Nische heraus gestartet. Mittlerweile sind die meisten Titel aus diesem Segment young-adult-Geschichten, in der ein großer Anteil an „Romance“ enthalten ist. Wynd beginnt dagegen eher klassisch. Aber die Serie würde nicht bei BOOM! erscheinen, wenn es keine Besonderheiten gäbe.

Fantasy meets Coming of Age

Die Geschichte, von der bereits 3 Bände angekündigt sind, beginnt in Pipetown. Die Stadt wird regiert von einem König und hat alles, was man von einer Stadt, die in einem früh-industriellen Setting existiert, erwartet. Allerdings hat sie sich gegenüber der Außenwelt abgeschottet und alles Magische verboten. Ein Verstoß gegen die strengen Regeln kennt nur eine Strafe: den Tod!

Wynd ist ein Junge, der gerne mal Regeln missachtet, neugierig ist und oft einen neuen Spaß ausbaldowert. Er muss allerdings sehr gut aufpassen, denn er hat spitze Ohren und damit magisches, also seltsames Blut. Normalerweise kann er damit gut umgehen und seine Ohren unter den wilden Haaren verstecken, doch es geht das Gerücht, dass der bandagierte Mann auf dem Weg in die Stadt ist.

Detail Wynd 1 page 3

Dieser ist ein Jäger allen Magischen und er muss sich nicht nur auf seine Augen verlassen, er kann angeblich Magie riechen. Wynd bleibt daher nichts anderes übrig, er muss fliehen. Zusammen mit seiner Schwester Oakley schmiedet er einen Plan. Und dann ist da auch noch die Liebe, denn Wynd schwärmt für den Sohn des Gärtners, Thorn, an dem aber auch jemand anders Gefallen gefunden hat.

Dynamische Zeichnungen

Michael Dialynas lebt in Griechenland, arbeitet aber trotzdem hauptsächlich für amerikanische Verlage und hat etwa Teenage Mutant Ninja Turtles gezeichnet, aber auch die DC Gotham Academy. Wynd ist seine zweite Serie zusammen mit James Tynion IV. Seine Panel sehen ein wenig so aus, als ob sie Standbilder einer animierten TV-Show währen, haben aber viel mehr Details als diese. Trotzdem wirken die Figuren manchmal wie auf einer Ebene vor dem Hintergrund und nicht wirklich integriert.

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Abgesehen davon sind die Zeichnungen aber sehr dynamisch und treiben die Geschichte voran. Schnelle Schnitte, die zudem unterschiedliche Perspektiven enthalten, verleiten dazu, der Story mit hohem Tempo zu folgen. Manchmal kann es daher hilfreich sein, innezuhalten und ein wenig zurückzugehen, um die Details ebenfalls aufzunehmen.

Gute Alternative!

Die Geschichte gefällt mir gut. Es geht weniger um den Reiz des „Bad Boy/Girl“-Ansatzes. Ein Junge, der anders ist, da er seltsames Blut in sich hat, muss mit seiner feindlichen Umwelt klarkommen, ja sich sogar vor ihr verstecken. Dieses klassische Thema wird hier sehr modern angegangen und mit viel alltäglichem Humor präsentiert. Gerade diese Kleinigkeiten halten die Leser*innen bei der Stange und machen den Unterschied zu vielen anderen Reihen.

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Das Thema Liebe/Romance wird sicherlich in den späteren Bänden noch eine größere Rolle einnehmen. Bisher ist es dankenswerter Weise eher Schwärmerei und macht die Figuren glaubwürdig, dominiert aber nicht. Da eher Jungen die Zielgruppe sind, wäre zu viel davon auch eher abschreckend. Wer diese zum Lesen anhalten möchte, könnte zu Nikolaus oder Weihnachten durchaus einen Versuch mit diesem Serieneinstieg wagen.

Dazu passen The Fortunes mit “ You’ve Got Your Troubles, I’ve Got Mine“ und ein KiBa.

© der Abbildungen Boom! Studios, a division of Boom Entertainment, Inc, 6920 Melrose Ave, Los Angeles, CA 90038 | 2023 James Tynion IV & Michael Dialynas | 2023 Carlsen Verlag GmbH, Hamburg

Karabulut – Das Tagebuch der Unruhe 1

Kapitel 1 bis 6

Story: Ersin Karabulut

Zeichnungen: Ersin Karabulut

Originaltitel: Journal Inquiet D`Istanbul – Volume 1

Carlsen Comics

Hardcover Book | 160 Seiten | Farbe | 25,00 €
ISBN: 
978-3-551-02094-9

Cover Karabulut - Tagebuch der Unruhe 1

Gute Autobiographien erlauben einen Einblick in das Seelenleben des Künstlers, lassen die Leser*innen nachvollziehen, warum wann welche Entscheidungen getroffen wurden, und sparen auch die Fehlentscheidungen des Lebens nicht aus. Möglicherweise ermutigen sie sogar andere, einen ähnlichen Weg einzuschlagen. Schlechte dagegen dienen nur der Selbstbeweihräucherung. Das Tagebuch der Unruhe gehört meiner Meinung nach in die erste Kategorie!

Aber ich möchte Comiczeichner werden …

Der Autor, Ersin Karabulut, zählt heute zu den bekanntesten und erfolgreichsten türkischen Comickünstlern. In dieser mehrteiligen Graphic Novel erzählt er nicht nur, warum er Comiczeichner werden wollte, er beschreibt auch die Schwierigkeiten auf dem Weg dahin. Geboren und aufgewachsen ist er in Istanbul. Diese Stadt war damals einerseits die modernste und offenste des ganzen Landes, gleichzeitig aber auch ein Beispiel für die traditionelle Türkei.

Die Jugend Karabuluts war geprägt von durchaus gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen linken Säkularisten, die aufbauend auf Atatürk eine moderne, dem Westen zugeneigte Türkei wollten, und den islamistisch orientierten rechten Kräften, die einen Gottesstaat wollten. Wer immer am öffentlichen Leben teilnehmen wollte, konnte davon ausgehen, dass mindestens eine der Seiten ihn gewinnen und benutzen wollte. Das führte oft zwangsläufig zu mindestens angedrohten Gegenmaßnahmen der anderen Seite.

Ersin Karabuluts Eltern hatten große Pläne mit und für ihren Sprössling. Er sollte es einmal besser haben und so wurde der Plan ausgearbeitet, einen Ingenieur aus ihm zu machen. Schon als kleiner Junge las dieser allerdings immer wieder Comics und träumte davon, später einmal Comiczeichner zu werden. Ein großer Teil der Story handelt davon, wie er seine Eltern schließlich überzeugen konnte und seinen Weg vom Bewunderer und Kopisten zum eigenständigen Zeichner gegangen ist. Dabei spart er auch nicht mit Kritik an seinem eigenen Verhalten, denn der frühe Starruhm hatte aus ihm nicht unbedingt einen besseren Menschen gemacht.

Tagebuch der Unruhe 1 page 5

Politische Cartoons

Am Anfang vieler Zeichner*innenkarieren stehen selten Bilderzählungen. Meistens beginnt es damit, die eine oder andere Zeichnung in zumeist kleinen Publikationen unterzubringen und sich langsam, aber stetig zu verbessern. Ersin Karabulut ist einen ähnlichen Weg gegangen. Die meisten Magazine in der damaligen Türkei, die für solche Zwecke in Frage kamen, waren aber der politischen Satire verpflichtet. Zwangsläufig nahmen die dort Publizierenden damit Stellung im Konflikt zwischen Rechts und Links.

Durch den Aufstieg der religiösen Parteien wurde allerdings der Spielraum für solche Provokationen immer kleiner und der erste Teil endet damit, dass Karabulut eine Wahl treffen muss: Will er mit seinen Zeichnungen, die nicht schön sind, den Kern der Materie aber sehr genau treffen, Kritik an den herrschenden Verhältnissen üben, oder will er sich in das Private, Unverfängliche und damit Zustimmende zurückziehen.

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Eine politisch brisante Frage

Natürlich ist diese Autobiographie zunächst einmal nur der Beginn einer Darstellung des Werdegangs eines bekannten Künstlers. Die Stationen werden deutlich, der Kampf gegen die traditionelle Kultur, die Comics nicht als etwas Wertvolles akzeptiert, und somit auch das Erwachsenwerden. Dazu gehört es Entscheidungen zu treffen, auch wenn sie falsch sind.

Daneben gibt es aber die politische Dimension. Der Band nimmt klar Stellung und erzählt aus persönlicher Sicht wie sich das Land von einer säkularen Idee zu einer islamistischen hin verändert hat. Waren die Demokratie und persönliche Freiheiten vorher das Ziel, stehen nun Gottgefälligkeit und Konformität im Vordergrund. Ein Beitrag der mit Sicherheit sehr kontrovers aufgenommen werden wird.

Dazu passen Athena (etwa “Kime Ne“) und ein Efes.

© der Abbildungen Dargaud 2022 | 2023 Carlsen Verlag GmbH, Hamburg

Vehlmann/Gazzotti – Allein 13

Die getigerten Seelen

Story: Fabien Vehlmann
Zeichnungen: 
Bruno Gazzotti

Piredda Verlag

Hardcover | 48 Seiten | Farbe | 15,00 € 
ISBN: 
978-3-941279-92-6

Cover Allein 13

Mit diesem Band geht schon der Dritte Zyklus dieser Serie zu Ende – Wie die Zeit vergeht. Zur Geschichte der Serie ist schon einiges gesagt. Allein verknüpft Fantasy-Elemente, Science-Fiction, Horror und Coming-of-Age zu einer einzigartigen Mischung. Kinder als Protagonisten einer Abenteuergeschichte mit fantastischen Elementen gab es schon bei Jules Verne. Immer blieb aber die Welt der Erwachsenen irgendwo im Hintergrund als Zielperspektive erhalten. In der Zwischenwelt ist ein Altern ausgeschlossen und die Kinder sind auf sich selbst angewiesen.

Allein 13 page 3

Die besonderen Gaben

Dodji befindet sich weiterhin in Gefangenschaft des verrückten Meisters. Seine einzige Ablenkung besteht in der Unterhaltung mit einem unbekannten Mitgefangenen durch ein kleines Loch in der Wand. Dann wird er erneut geprüft: er muss einem vorgegebenen Pfad folgen, ohne ihn zu verlassen.

Natürlich kann Dodji der Versuchung zu fliehen nicht widerstehen und tatsächlich scheint ihm die Flucht zu gelingen. Er stößt dabei auf den Kopf von Melchior der ihm weitere Geheimnisse der Zwischenwelt enthüllt. Während die Verflechtungen der Familien hier nicht gespoilert werden sollen, sei aber die Bemerkung erlaubt, dass es die getigerten Seelen gibt: Kinder mit besonderen Gaben!

Allein 13 page 5

Fabien Vehlmann ist ein sehr erfolgreicher Szenarist, der sich in vielen unterschiedlichen Bereichen bewiesen hat. Ian ist eine spannende Geschichte aus dem SF-Genre, der Marquis von Anaon eine History-Reihe und nicht zuletzt war er eine Zeit lang für die Serie Spirou und Fantasio verantwortlich. 2020 hat er den René-Goscinny-Preis erhalten. Seine längste und kommerziell auch erfolgreichste Serie ist aber Allein. Hier kann er alle Einflüsse kombinieren und – vor allem – eine lange und komplexe Geschichte erzählen.

Der Widerspruch zwischen kindlichem Aussehen und tödlicher Story

Ein Faktor, der Allein so außergewöhnlich macht, ist der Widerspruch des kindlichen Aussehens der Protagonist*innen und der tödlichen Gefahr, in der sie stecken. Brutale Machtkämpfe zwischen den ersten Familien, die Gladiator*innenspiele „neu“ erfunden haben, Dinosaurierspielfiguren, die plötzlich zu lebenden Bestien werden, und der Horror durch den Meister sind nur ein paar Beispiele.

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Bruno Gazzotti verknüpft dieses Niedliche mit dem Schrecklichen in grandioser Weise und trägt damit wesentlich zum Erfolg der Reihe bei. Die Handelnden bleiben Kinder, auch wenn sie sich weiterentwickeln. Auch dieser Gegensatz zwischen dem kindlichen Gesichtsausdruck des neunjährigen Terry und seiner mittlerweile erworbenen Erfahrung, die sich in der Mimik abzeichnet, gelingt dem Zeichner gut. Zudem ist der hungrige Saurier extrem gelungen!

Ein Must-Have des aktuellen frankobelgischen Comics

Allein ist nicht nur eine weitere Krimi-, Abenteuer- oder Fantasyserie des aktuellen frankobelgischen Comicmarktes. Sie basiert auf einer komplexen Struktur einer Gesellschaftsordnung, die bisher nur in Teilen bekannt ist. In ihr werden verschiedenste Gattungen miteinander verknüpft und die Hauptpersonen konsequent weiterentwickelt. Dabei lässt sich das Team Zeit und konzentriert sich auch auf Einzelne.

Detail Allein 13 page 7

Die dritte „Staffel“ ist mit den getigerten Seelen auserzählt, Die Beschützer stehen aber schon in den Startlöchern. Für mich eine der besten aktuell laufenden Serien und somit ein Must-Have! Der Piredda-Verlag hat sich glücklicherweise für eine Ausgabe im Hardcover entschieden und hält die einzelnen Teile lieferbar! Von diesem Band gibt es sogar eine auf 100 Exemplare limitierte Luxusausgabe.

Dazu passen The Detroit Cobras und eine Cola ohne Zucker mit Limettensaft.

© der Abbildungen Dupuis 2021 by Gazzotti, Vehlmann, 2022 Piredda Verlag

Bonnet – USS Constitution 1

Band 1: Vor Gericht und auf hoher See sind wir in Gottes Hand

Story: Franck Bonnet

Zeichnungen: Franck Bonnet

Originaltitel: USS CONSTITUTION 1 – LA JUSTICE À TERRE EST SOUVENT PIRE QU‘EN MER

Splitter Verlag

Hardcover | 64 Seiten | Farbe | 16,00 € |

ISBN: 978-3-96219-587-8

Majestätische Schiffe, unbeherrschbare Natur in ihrer ganzen Schönheit und Grausamkeit, monatelang andauerndes Eingesperrtsein auf einem sehr begrenzten Raum und die ständige Gefahr, angegriffen zu werden. Genügend Versatzstücke also, um daraus eine spannende Geschichte auf hoher See zu weben! Immer wieder erscheinen Abenteuer rund um die Seefahrt, oft aus dem Subgenre der Piratenerzählungen.

Familiengeheimnisse und weite See

Obwohl auch hier Piraten Teil der Story sind, ist die Perspektive doch eine andere. Zwar gibt es das namensgebende Kriegsschiff, die USS Constitution, nur aufgrund einer Bedrohung der amerikanischen Handelsflotte durch Piraten. Der früher gewährte Schutz durch die englische Royal Navy war nach der Unabhängigkeit Amerikas teilweise sogar durch eine gewisse Bedrohung ersetzt worden, und Amerika hatte eine eigene Kriegsflotte in Dienst zu stellen. Dabei ging es insbesondere um die Bekämpfung der Piraterie der Barbareskenstaaten im westlichen Mittelmeer. Das Schiff und seine Reise im Jahre 1803 von Boston in das Mittelmeer ist aber nur ein Hintergrundgeschehen für die Erlebnisse des jungen Fähnrichs Pierre-Mary Corbières.

Der nun 16-jährige hatte als Kind eine Ausbildung auf der Militärakademie bekommen und geht, nach dem Tod von Mutter und Großmutter, erstmals auf große Fahrt. Er stammt nicht aus einer reichen Familie ab und mag sich auch sonst nicht so recht an die Zwei-Klassen-Gesellschaft auf Deck zwischen Offizieren und Mannschaft einpassen. So freundet er sich mit einem Matrosen an und verbringt seine Freizeit lieber mit diesem als mit seinen Kollegen. Allerdings wird nicht nur seinem Freund, sondern auch seinem ärgsten Feind unter den jungen Offizieren klar, dass Pierre-Mary noch etwas anderes verbirgt.

Franck Bonnet ist für Zeichnungen und Szenario zuständig. Er kann daher optimal das Tempo variieren und sich Zeit lassen für die Darstellung der Schiffe und ihrer Aufbauten. Eine weitere Vorliebe von ihm ist, das Alltagsleben auf den Schiffen zu beschreiben: Sei es auf Wache, während der Freizeit oder unter Deck. Damit ist er sicherlich in der Tradition der alten Jugendmagazine in denen Albert Weinberg, Jean Graton oder Jean-Michel Charlier den Leser*innen Technik erklärt haben. Dazu passt auch das beigefügte Glossar mit maritimen Begriffen. Nicht zuletzt hat er auch schon eine große Erfahrung mit diesem Thema aus anderen Serien.

Die Zeichnungen – mehr als Wind und Wellen

Natürlich erwartet man bei einem Titel, der den Begriff hohe See in sich trägt, Wind und Wellen. Bonnet lässt uns auch die Weite des Meeres spüren. Verfolgungsjagden können nicht durch den Einsatz von Motoren beeinflusst werden, sondern benötigen das geschickte Ausnutzen der eigenen Stärken am Wind. Der Zeichner schafft es, einerseits die Kommandostrukturen und daraus resultierende Arbeiten zu visualisieren, andererseits auch das tägliche Gleiten und damit beide Seiten des maritimen Alltags darzustellen.

Dazu kommen die Ansichten der Segelschiffe mit oder ohne gesetzte Segel auf dem weiten Wasser oder im Hafen, die nostalgische Gefühle hervorrufen können. Nicht umsonst sind Windjammerparaden heutzutage eine riesige Touristenattraktion! Bonnet kann aber auch Personen in einem städtischen oder ländlichen Umfeld glaubhaft darstellen. Dazu bieten einerseits die Rückblicke auf die jeweiligen Vergangenheiten Möglichkeiten, andererseits gibt es auch einen ausführlichen Landgang in Tanger. Dieser spielt vielleicht etwas zu stark mit Vorurteilen.

Das Layout kommt sehr klassisch daher: rechteckige Panels mit klarem Rahmen und grid-definierter Position. Die Zeichnungen können sich aber sehen lassen: Gesichter sind gut konturiert und Hintergründe fein ausgearbeitet. Wer das ZACK mag, wird hier begeistert sein.

Die Empfehlung

Wer bei dem Titel nur an maritime Abenteuer und Schlachten denkt, greift hier sicherlich zu kurz. Bonnet verwebt ein coming-of-age-Szenario mit den Themen der Identitätsfindung und Freundschaft mit dem Leben auf See und der militärischen Organisation, die notwendig ist, um vor dem Feind bestehen zu können. Aufgrund der Überlänge ist auch genügend Zeit gegeben, die Personen und ihre Verhältnisse zueinander zu entwickeln und die Geschichte trotzdem voranzutreiben. So werden die typischen Probleme einer ersten Folge geschickt umschifft.

Splitter hat dem Ganzen einen perfekten Rahmen gegeben: Überformat mit gutem, stabilem Papier und Hardcover sind ja schon Tradition. Eine auf die geschichtlichen Hintergründe eingehende Einleitung und ein Glossar mit maritimen Begriffen erleichtern den Einstieg in die Welt der Seefahrt, stören aber alte Seebären überhaupt nicht. Gut gemacht! Eigentlich fehlt jetzt nur noch ein beigelegtes Poster mit einem der vielen tollen Panels aus dem Comic!

Beim Thema Seefahrt kommen als Getränk eigentlich nur die tägliche Portion Rum oder das widerstandsfähige India Pale Ale in Frage. Dazu passt Musik von den Bucaneers, auch wenn etwas zu Irish.

© der Abbildungen 2020 Editions Glénat by Franck Bonnet – Tous droits réservés / Splitter Verlag GmbH & Co. KG · Bielefeld 2020

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