Die französischen Kampfpiloten Mick Tanguy & Ernest Laverdure, Urgesteine des ZACK schon aus der Koralle-Ära, kehren mit den Sanddiamanten zurück. Es war schon immer ein Feature der Serie, aktuelle Inhalte aufzunehmen und so schicken Patrice Buendia und Frédéric Zumbiehl ihre von Sébastien Phillippe gezeichneten Helden in den Nahen Osten. Dort droht ein Krieg zwischen dem mit Frankreich verbündeten Dahman, parlamentarisch und relativ offen, und seinem Nachbarn Nijaq, einem Gottestaat. Aktueller kann ein Comic für technikbegeisterte Jungs wohl kaum sein und wir dürfen gespannt sein, wie die Integration der Politik gelingt. Der erste Teil lässt auf jeden Fall hoffen!
Die Fortsetzungen
Harmony geht mit Indigo fast schon in die Schlussrunde: Einerseits hat der militärische Drill dazu geführt, dass die Kinder ihre Fähigkeiten weiterentwickelt haben, er führt aber auch zu einer zunehmenden Konfrontation zwischen den Mutanten und ihren Bewachern. Es kommt sogar zu einem Aufstand!
Christopher Dantes
erzwingt die Konfrontation mit den Entführern seiner Tochter und muss dabei
einen herben Verlust erleiden. DerletzteAkt reduziert seine Mitstreiter weiter, bringt aber auch endlich –
zumindest für die Leser*innen – erste Anflüge von Klarheit in die vertrackte
Geschichte. Guter Thrillerplot von Boisserie
und Guillaume, routiniert umgesetzt
von Juszezak.
Die Serie Cassio
wechselt zwischen der Jetztzeit und der Vergangenheit hin und her. Der Titelheld
ist quasi unsterblich und im Konflikt mit seinem Halbbruder. Das Reich der Erinnerungen erlaubt auch
den Leser*innen die Teilhabe an den vergangenen Versuchen, den Konflikt zu
beenden. Alles läuft auf das große Finale hinaus, das noch zwei Teile entfernt
ist.
Die Erlebnisse von Michel Vaillant in Macau enden dagegen in diesem Heft. Werden Michel und Evelyne den Mordanschlägen entgehen können und das Material zur Aufdeckung des Betruges von Ethan Dasz übergeben können? Wird Steve Warson tatsächlich seine politische Karriere starten? Und außerdem gibt es ja auch noch das laufende F3-Rennen. Gelungenes Ende nicht nur dieses Bandes, sondern auch eines längeren Handlungsstranges.
Und sonst so?
Als redaktionelle Beiträge gibt es in dieser Ausgabe neben
einer Vorstellung der Serie Die Katze des
Rabbiners von Joann Sfar ein
Interview mit Jean-Claude Mézières.
Über Pierre Christin ist in der letzten
Zeit viel veröffentlicht worden und so ist der Zeichner der gemeinsamen Serie
Valerian & Veronique fast ein wenig untergegangen. Thomas Dräger beleuchtet mit seinen Fragen das gemeinsame Werk der
Beiden.
Dazu kommen die üblichen One-Pager Parker & Badger, der Vater der Sterne und Tizombi aber auch die erste Kurzgeschichte aus dem Rhonda-Universum von VanO: Das Mädchen aus Papier wirft einen genial schrägen Blick auf die Comicproduktion und geizt nicht mit Anspielungen auf die (nicht nur niederländische) Szene. Genial, lustig und ein unangekündigter Knaller!
Dazu passen The
Slackers und in Anbetracht der vielen bewegten Fahrzeuge in diesem Heft ein
Nojito.
Der Oktober bringt kurz nach der Jubiläumsausgabe im Mai eine Premiere: Zum ersten Mal überhaupt erleben die Abrafaxe ihre Abenteuer in der Jetztzeit! Manche Themen sind zu wichtig um erst in einigen Jahrhunderten in einer Rückschau betrachtet zu werden und genau darum geht es in dem in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft entstandenen Sonder-MOSAIK!
Keine einfache Lösung in Sicht
Wo kommt die Schokolade für den leckeren Kakao eigentlich her? Wie wird sie geerntet und wer verdient daran? Wie sieht es mit Kinder- oder Sklavenarbeit aus und gibt es nachhaltige Produktionen? Wenn ja, kann ich diese erkennen? Fragen über Fragen die in der Schokoladen-Expedition auf leicht verständliche Weise beantwortet werden.
Und da es heute auch andere Möglichkeiten als das Lesen eines langen trockenen Artikels gibt, ist das Ganze als typische Reisegeschichte mit den drei Abrafaxen aufbereitet worden. Der einzige Unterschied: sie spielt heute und zeigt daher auch allen Leser*innen auf, was man selbst ganz konkret sofort umsetzen kann. Dazu gibt es wie gewohnt lehrreiche und wissenswerte Details, Rezepte und Tricks. Wer es im Handel tatsächlich nicht mehr bekommen hat findet es auf der Seite des Ministeriums unter Publikationen.
Aber: Auch leicht verständlich bedeutet nicht einfach! Die Probleme sind viel zu weitgehend um einfach gelöst zu werden! Trotzdem muss man nicht zu Zusehen, sondern kann selbst anfangen, etwas zu tun.
Das Hanseabenteuer geht weiter
Auch die reguläre Ausgabe hat es in sich: In Piratengold treffen endlich die vier Schatzerben aufeinander! Wirklich? Nein, aber die vier Botschaften aller Schatzerben sind erstmals vereint und die Expedition zum daraus abgeleiteten Versteck verlässt den Hafen. Abrax und Califax treffen sich nach langer Zeit der Trennung endlich wieder und Herr Lüneborg spinnt weiter seine Fäden um seinen Reichtum zu mehren. Geht er dabei über Leichen? Der Mittelteil bringt wieder Wissenswertes aus der Zeit der Hanse und unterstützt das Thema des Heftes.
Rundum gelungene Mischung aus Spaß, Information und Bildung
und somit zurecht gefördert von der Stiftung Lesen!
Dazu passen Apfelsaft (selbst gesammelt?) und passend
zum Thema Knut Kiesewetter „Leeder vun
mien Fresenhof“.
Wie beschreibt man das Unbegreifbare? Und wie macht man
deutlich, dass ein eigentlich fast schon banales Arbeitstreffen mit
anschließendem Frühstück das Todesurteil für Millionen von Menschen besiegelt
hat?
Der Bretone Fabrice Le Hénanff versucht mit seiner Graphic Novel Wannsee genau das! In einer bürgerlichen Villa in Berlin-Wannsee kommen am 20. Januar 1942 fünfzehn hochrangige Vertreter des Nazi-Regimes unter Leitung von Adolf Eichmann zusammen um die Endlösung der Judenfrage zu diskutieren. Das Treffen ist auf maximal zwei Stunden ausgelegt und gut vorbereitet. Um der Nachwelt keine Informationen zu liefern wird das stenographische Protokoll sofort im Anschluss vernichtet und auch die später ausgegebenen Protokolle sollten nach der Besprechung mit den jeweiligen Vorgesetzten eigentlich vernichtet werden. Ein Protokoll aber überlebt und so wissen wir heute von dieser Konferenz.
Es wurden noch weitere Vorkehrungen getroffen um das zu planende
Grauen handhabbar zu machen. In feinster Orwellscher Manier wird nur von
Evakuierungen und Sonderkommandos gesprochen, nicht aber von Exekutionen.
Trotzdem geht es um eine Plankapazität von bis zu 60.000 Juden pro Tag in den
Vernichtungskammern. Die Begründung ist denkbar einfach: Munition ist knapp,
Massenerschießungen belasten die Ausführenden zu stark emotional, und
schließlich lassen sich damit auch nicht genügend große Zahlen „evakuieren“.
Die Beteiligten an dieser Konferenz sind zum größten Teil Juristen; nicht verwunderlich also, dass es auch darum geht, wie man diese Planungen rechtlich umsetzen und vereinfachen kann, etwa wenn es um die Behandlung von „Mischlingen“ geht oder um Ehen zwischen Ariern und Nicht-Volljuden. Die Abstraktionsfähigkeit der Teilnehmer führte später dazu, dass sie teilweise als Mitläufer mit nur leichter Belastung eingestuft worden sind. Deutsche Justiz in den ersten Jahren nach ´45 war nicht immer ein Ruhmesblatt um es mal höflich auszudrücken.
Die Umsetzung
Le Hénanff hält
sich nicht sklavisch an die im Protokoll überlieferten Abläufe und Inhalte, er
ergänzt etwa eine Beschreibung des Massakers von Babi Yar um das Grauen
greifbarer zu machen. Er ergänzt die Beschreibung der Konferenz auch um
Biographien der Teilnehmer. Hier führt er nicht nur auf, was die Männer vor der
Konferenz getan haben, sondern auch danach und eben auch, wie die Zeit bis zu
ihrem Tod verlaufen ist. Ihm kommt dabei zugute, dass er sich schon in früheren
Werken intensiv mit dem Zweiten Weltkrieg auseinandergesetzt hat.
Die Grundfarbe der Bilder ist ein Sepiaton. Dadurch wirkt
alles alt und dokumentarisch, obwohl es natürlich eine Fiktion ist. Bilder
erstrecken sich dabei manchmal über mehrere Panele einer oder sogar mehrerer
Reihen und ermöglichen dadurch ein Innehalten in einer Situation, die mehr Text
bedarf oder mehr Bedeutung hat. Durch das teilweise eingesetzte leichte Rot auf
den Gesichtern wirken die Personen einerseits wie gut genährte Schweinchen
(während die Bevölkerung in einen Hungerwinter geht) andererseits manchmal wie
verpickelt und mit Eiterbeulen überseht. Dadurch wird quasi eine maximale
Distanz zwischen Künstler und dargestellten Personen geschaffen.
In einer Sub-Story treffen Mäuse in eben jenem Gebäude auf eine hungrige Katze. Es sei dahingestellt, ob es sich dabei um eine Hommage an Art Spiegelmann handelt oder eine um Allegorie. Sie entspricht auf jeden Fall der gnadenlosen Umsetzung des Plans der Vernichtung des europäischen (und später weltweiten) Judentums mit deutscher Gründlichkeit und effizienter, industrieller Planung.
Zu der Hardcover-Ausgabe im Knesebeck-Verlag gehören auch
ein Vor- und ein Nachwort, Literaturangaben und Quellenverweise, die eine
Einordnung des Tages in die zeitliche Historie und die Geschichte des Holocaust
ermöglichen, trotzdem aber die singuläre Bedeutung dieser Konferenz
herausstreichen. Ein wichtiger Titel, der einigen nicht gefallen wird und eine
Mahnung an alle, niemandem zu vertrauen, der von Vogelschiss redet.
Dazu passen ein schwarzer Tee und „Zog nit keyn mol az du geyst dem letsn veg“ von Hirsch
Glik.
Vermisst jemand einen richtig guten Krimi? Einen, in dem es nicht um Entführung und Verstümmelung von Frauen oder Kindern geht, nicht um Massenmord oder Terroristen? Wenn ja, dann ist The Kitchen genau das richtige für euch!
Der Inhalt
Die Geschichte spielt in New York, der Titel deutet schon das Viertel an: Hells‘s Kitchen. Wir schreiben die 70-er Jahre: Digitalisierung, DNA-Proben und Kameraüberwachung haben noch keinen Einzug in die Polizeiarbeit gehalten und Verbrecher wie Opfer hatten noch eine gewisse Ehre und Solidarität.
Drei Frauen, Kath, Raven und Angie, stehen plötzlich vor dem nichts, denn ihre Männer sitzen alle im Knast. Ihre einzige Möglichkeit ist es, die Geschäfte weiter zu führen. Schon nach kurzer Zeit müssen sie sich entscheiden, ob sie Gewalt anwenden wollen oder aufgeben, und natürlich entscheiden sie sich für das Weitermachen. Der erste Tote kann ihnen zwar nicht zugerechnet werden, sie wurden jedoch beobachtet und werden nun erpresst und so ergibt eins das andere…
Schließlich führen die Drei die Geschäfte nicht nur weiter, sondern dehnen sie gehörig aus und erreichen eine ganz andere Dimension. Die Freundschaft der Mädels wird dadurch aber auf eine harte Probe gestellt, die Ambitionen und Skrupel sind keineswegs bei allen auch nur ähnlich. Und so entwickelt sich zu dem Hard Boiled Krimi auch noch ein Drama rund um Freundschaft, Verrat und Flucht…
Kein Wunder, dass dieser tolle Stoff von 2015 für einen
Blockbuster ausgegraben wurde: Der Film ist seit einigen Tagen in den Kinos.
Die Umsetzung
DC Vertigo ist das Label in dem die spannenden Comics veröffentlicht wurden. Oneshots, Miniserien und schräge Neustarts gaben sich ein Stelldichein und gerade britische Künstler waren hier Ende des letzten Jahrtausends zu Hause. Auch wenn die Menge an Veröffentlichungen unter diesem Label etwas zurückgegangen ist, ist es doch immer noch ein Qualitätssiegel.
Ollie Masters kommt ebenfalls aus Good Old England und hat schon mehrere Krimi-Szenarios abgeliefert, unter anderem für Sons of Anarchy. Seine Geschichte ist stimmig, spannend, hat genügend überraschenden Twist um als monatliche Heftchenserie zu überzeugen aber genügend Durchlauf um als Sammelband das gleiche zu tun und ist vor allem cool. Die Atmosphäre der Siebziger trieft aus jedem einzelnen Bild und man vermeint beim Lesen die Musik zu hören!
Ming Doyle kommt aus Boston und hat sich ebenfalls schon einen Ruf erarbeitet, in diesem Fall natürlich als Zeichnerin. Ihre Bilder sind nicht so bonbonhaft wie es Superhelden heute oft erfordern, für dieses Krimisujet aber perfekt. Die Farben sind gedämpft, die Konturen sichtbar, hart aber nicht übertrieben und die Akzentuierungen gestrichelt, also eigentlich eher europäisch.
Auch das Layout passt sich ein: klassisch, keine Ziselierungen, keine Schrägen. Eine „runde“ Sache also. Panini hat natürlich wieder die Cover der Hefte dazu gepackt.
Die Empfehlung
Sagte ich schon, dass The Kitchen ein toller Krimi ist? Ich denke schon, aber es ist auch eine absolute Empfehlung für alle Fans dieser Gattung!
Dazu passen Jim Beam und Bruce Springsteen mit Born to Run, der Musik über die Opfer des American Dream.
Dr. Who ist so britisch wie Fish & Chips oder Salt and Vinegar
Crisps, hat aber auch außerhalb der Insel eine immer größere Fangemeinde. Die
erste Folge dieser Kult-TV-Serie wurde am 23. November 1963 ausgestrahlt und
der erste Doctor verstarb bereits 1975. Während andere Serien sich mühsam über
nächste Generationen hangeln mussten, übernahm hier einfach der nächste Doctor als
weitere Inkarnation des vorherigen und so amtiert seit zwei Jahren der
mittlerweile Dreizehnte. Und da sich selbst in Good Old England alles ändert
ist „er“ erstmals weiblich: Jodie
Whittaker verkörpert den Doctor recht erfolgreich. Die Comics folgen der
TV-Serie mit ihrem Personal und so sind nun auch in Deutschland die hier bei
Panini erscheinenden ersten Bände des (oder der?) dreizehnten Doctors
erhältlich.
Der Doctor ist ein Timelord, ein Außerirdischer, der mit seiner Zeitmaschine in der Zeit reisen kann. Diese wird TARDIS genannt und sieht auf der Erde aus wie eine Polizeinotrufsäule, für Nicht-Engländer in etwa also wie eine Telefonzelle. Die TARDIS ist nicht nur eine Maschine sondern scheint auch eine Art KI zu sein und weiß daher auch von Zeit zu Zeit, wann sie ungerufen aufzutauchen hat. Und da das Alleinsein uncool ist hat der Doctor auch immer Begleiter*innen um sich.
Der Inhalt
Der dreizehnte Doctor und ihre Truppe werden bei der
Betrachtung eines besonderen Himmelsschauspiels von einem Mann gestört, der vom
Himmel fällt. Sie beschließen, der Sache auf den Grund zu gehen und gelangen
mit Hilfe der TARDIS in das Reich des Sammlers.
Dieser – ebenfalls ein Außerirdischer – hat zwei Menschen gezwungen, für ihn
wertvolle Kunstschätze zu stehlen. Zusätzlich hat er noch ein paar Kinder in
seiner Gewalt.
Der Timelord kann so eine Verfehlung natürlich nicht durchgehen lassen und daher geht es nun darum, den Sammler zu überlisten, die gefangenen Kinder unversehrt zu befreien und wenn möglich auch noch die Diebe wider Willen zu retten. Die Begleiter*innen, die ebenfalls neu und somit unbekannt sind, werden dabei mit ihren Eigenarten geschildert und dürfen sich profilieren.
Die Bonusstory des diesjährigen Free Comic Book Days zeigt die multinationale und diverse Truppe
auf einem Rummel. Leider gibt es eine besondere Regel beim Wurfstand: Der
Verlierer – also eigentlich jeder Teilnehmer – wird Bestandteil des
Gewinnsortiments und geht in den Besitz des Budenbesitzers über. Das ist mal
eine ganz andere Art der Jahrmarktsblamage…
Die Umsetzung
Technisch ist an der Klappenbroschur des Panini-Verlages
nichts auszusetzen: Vernünftige Bindung, gutes Papier, satte Farben und sogar
Glanzlackapplikationen auf dem Umschlag!
Auch storytechnisch gefallen mir die beiden Geschichten von Jody Houser, die sich ihre Meriten u. a. mit Star Wars, Spider-Man und Stranger Things redlich verdient hat: spannend, humorvoll und gut getimed. Auch Giorgia Sposito, die die Bonusgeschichte gezeichnet hat, liefert eine gute Leistung ab! Sie ist noch jung und steht am Anfang ihrer Karriere, wird aber in diesem Segment sicherlich eine brillante Zukunft haben. Enttäuschend sind dagegen die Zeichnungen von Rachael Stott. Auch Rachael hat eigentlich eine ganz beeindruckende Liste von Titeln in ihrer Liste, die Einfühlung in Dr. Who gelingt aber nur suboptimal. Die Titelheldin sieht fast in jeder Zeichnung anders aus; ihr geschätztes Alter reicht von etwa 15 bis 40 und das Gesicht geht von rundlich über länglich hin zu fast spitz. Auch die Haare wirken manchmal wie frisch gewaschen und sehen direkt im nächsten Bild fettig aus. Schade eigentlich, denn die anderen Figuren sind ganz ordentlich geraten und Dekors und der Sammler sogar gut. Ansonsten gibt es das typische „Heft-Layout“ mit Soundwords und bunten Knalleffekten in üblicher Qualität.
Natürlich gibt es wieder eine Galerie der Titelbilder der
verschiedenen Ausgaben als Bonus und eine Einführung in die Charaktere der
Doktrin und ihre Begleiter*innen.
Dazu passen ein englisches Bitter und The Carrols mit z. B. Surrender Your Love.
Eigentlich ist es schade, dass die vorbildliche Integralausgabe der Abenteuer der ersten Menschen vor 100.000 Jahren mit diesem fünften Band ihren Abschluss findet! Edouard Aidans hat über 40 Jahre lang Teile dieser Serie geschrieben und gezeichnet und so mit ihr die glorreiche Zeit in Tintin, für das ZACK, aber auch die Direktveröffentlichung im Album, zuletzt bei Joker bereichert. Jetzt liegt die gute bis grandiose Serie erstmals komplett auf Deutsch vor. Und sie ist definitiv nicht nur für die Generation ZACK zu empfehlen!
Der Inhalt
Der letzte Band enthält die im Abstand von jeweils 10 Jahren erschienenen Alben 15 bis 17 sowie einen großen Bonusteil. Den Beginn macht aber wie gehabt Volker Hamann, der die Rückkehr Aidans zu Tintin sowie seinen Ausflug zu Andy Morgan beschreibt. In diesem Beitrag finden auch zwei spezielle Seiten aus Tintin ihren Platz: eine von Aidans gezeichnete Hommage an Rick Master und in deutscher Erstveröffentlichung eine Seite, die Leser*innen an die Vielfalt in Tintin heranführen sollte und innerhalb einer SF-Rahmenhandlung die einzelnen Serien (hier natürlich Tunga) vorstellte. Alle fünf redaktionellen Beiträge zusammen geben einen sehr guten Überblick nicht nur über Zeichner und Serie sondern auch die sich verändernden Rahmenbedingungen für Comics im Europa der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts!
Gesetze und Blutsbündnisse von 1984 zeigt einmal mehr, wie weit sich Aidans bereits vom reinen Abenteuer weg entwickelt hatte. Ohama, Tungas langjährige Gefährtin, war vor langer Zeit von dem Stamm der Ghmour aufgenommen worden. Nun ist sie eifersüchtig auf die neuen Frauen im Stamm, Ulcha und Ilcha (vgl. Band 4), die sich als Kämpferinnen profilieren. Viel schlimmer ist allerdings, dass ihr Bruder mit weiteren Angehörigen seines Stammes kommt um sie abzuholen. Nach seinen Stammesregeln zähle die Verbindung mit Tunga nicht, ein brutaler und skrupelloser Krieger hätte ein Recht auf sie. Natürlich opfert sich Ohama um Blutvergießen zu vermeiden und genauso natürlich versucht Tunga, sie zu befreien. Eine sehr kurzweilige und spannende Geschichte mit mehreren Ebenen. Die Zeichnungen bieten zum Teil filmische Sequenzen in grandioser Qualität, etwa wenn die Männer sich den Ghmour nähern. Zu erwähnen wäre noch ergänzend zu den bibliographischen Angaben im Integral, dass diese Geschichte in Deutschland im Mosaik-ZACK 113 bis 115 unter dem Titel Gesetz und Blut veröffentlicht worden ist.
Der Tod des Riesen von 1995 führt einerseits den Subplot um Nooun weiter, der als Auserwählter Kontakt zu Weisen hat. Diese versorgen ihn mit Wissen, das zu damaliger Zeit wahrscheinlich nicht vorhanden war, und bildeten schon immer eine Art zusätzliches SF Motiv in der Reihe. In dieser Folge wird aber der bisherige Rahmen der Serie verlassen (oder erweitert), denn die Held*innen begegnen einem Raumschiff mit menschlichen Wesen (und teilweise auch mit menschlichen Trieben). Der Erstkontakt hat, wenn er aus der Sicht der überforderten Steinzeitbewohner*innen geschildert wird, einen gewissen Charme. Der inhaltliche Schwenk ist zudem eingebettet in ein klassisches Setting mit einem Streit zwischen zwei weiteren Völkern in den die Gefährt*innen hineingezogen werden.
Auch die grafische Umsetzung ändert sich mit dieser
Geschichte und modernere Techniken und Möglichkeiten halten ihren Einzug in das
Repertoire des Künstlers. Zeichnerisch ändern sich vor allem die Figuren: Waren
anfangs die Münder nicht immer geöffnet, die Lippen schmal und die
Gesichtsfarbe eher einheitlich, zeigt sich in den neueren Arbeiten, dass Aidans
zwischenzeitlich an einer erotisch angehauchten Gag-Reihe gearbeitet hat: Die
Münder sind immer offen, die Lippen voll und farblich akzentuiert und das
Gesicht Ohamas sieht aus wie geschminkt, was durch das bessere Papier erst
möglich geworden ist! Zudem tauchen auch auf immer mehr Einzelbildern ihre
Brüste auf und ihre Bekleidung wird unpraktischer („Ohama möchte Tunga gefallen
und ihn überraschen“).
2004 erschien dann der endgültig letzte Teil, passenderweise mit Das letzte Ufer betitelt. Wieder werden die drei Hauptpersonen samt dem Säbelzahntiger in eine fremde und feindliche Umgebung geworfen. Sie könnte direkt den Pulps der 30-er Jahre entsprechen: eine einsame Insel, Dinosaurier und verschiedene feindliche Stämme von Ureinwohnern. Dazu kommt allerdings wie auch schon in dem vorherigen Band ein SF-Element in Form von weiterentwickelten Lebewesen. Stünde die Story alleine, wäre sie nicht schlechter als ähnliche und würde eine Verfilmung a la Jurassic Park sicherlich erwarten. Im Zusammenhang der 40-jährigen Geschichte von Tunga, Ohama und Nooun fallen die letzten beiden Geschichten allerdings etwas aus der Reihe. Dies liegt nicht an den nicht wirklich dazugehörenden Dinos, die es auch früher schon zu Auftritten gebracht haben, sondern vor allem an den eigentlich gar nicht notwendigen Gastspielen der Weiterentwickelten Wesen. Soviel Däniken muss gar nicht sein.
Zeichnerisch hat sich Aidans
mit diesem letzten Teil noch einmal modernisiert. Die Bilder sind einfacher
konstruiert und wirken zumindest mit ihren Hintergründen wie aus den Frühzeiten
der digitalen Gestaltung. Trotzdem aber immer noch ein Hochgenuss und besser
als so manch amerikanische Kost!
Bonus
Die letzten Seiten werden gefüllt mit Skizzen und Vorzeichnungen für die Figuren oder die Tierwelt. Dabei handelt es sich teilweise um Bleistift-/Kohlezeichnungen, es sind aber auch kolorierte Bilder dabei. Sie helfen, das Bild des Künstlers abzurunden und leisten somit ihren Beitrag zu einer rund herum empfehlenswerten Integralausgabe. Kult Comics hat in diesem Bereich mit den editoriellen Beiträgen, den Informationen zu den bisherigen Veröffentlichungen, den Comics und Texten selbst aber auch mit den zusätzlichen Abbildungen sicherlich Standards gesetzt.
Nicht verschwiegen werden soll natürlich die limitierte Vorzugsausgabe,
die wieder mit einem Alternativcover daherkommt und ein signiertes Ex Libris
enthält.
Dazu passen ein stark gehopftes Bier eurer Wahl und Musik
von The Dead South!
Nun ist der glorreiche Conan also auch wieder in seinen angestammten Gefilden bei Marvel unterwegs, bei Crom! Und dabei hat sich das Haus de Ideen wohl gedacht, dass klotzen allemal besser sei als kleckern. Wir dürfen also einiges erwarten in den nächsten Wochen und Monaten denn Panini Deutschland wird alle neuen Serien auch bei uns herausbringen. Zudem dürfen wir ja auch schon die Geschichten um Conan, den Cimmerier von europäischen Teams (Deutsch bei Splitter) genießen.
Die Frage
Zeit also für die Frage, warum der Held der amerikanischen Pulps aus den Anfängen der 30-er Jahre des letzten Jahrhunderts plötzlich so eine Renaissance erlebt? Der Barbar ist zunächst einmal jemand, der Probleme löst. Er zögert nicht, lässt seine Erfahrung aus hunderten von gewonnenen Kämpfen in seine Überlegungen einfließen und baut auf seine Körperkraft. Ja, er ist auch ein Menschenkenner und hat so manchen Verrat aber auch Freundschaft und Kameradschaft erfahren und ist furchtlos auch gegenüber dem Übersinnlichen, ein echter Mann also.
Er bietet damit eine Projektionsfläche für eine kleine Flucht aus dem Alltag, der geprägt ist von Zukunftsangst, der Klimakrise, dem politischen Wahnsinn in Nahost, dem drohenden Handelskrieg und nicht zuletzt der Genderfrage, die tradierte Rollenbilder (zurecht!) über den Haufen geworfen hat. Der Populismus feiert Erfolge und die Gladiatorenspiele, die heutzutage Fußball genannt werden, sind von Skandalen geprägt und von Transaktionssummen, die die Vorstellungskraft des Durchschnittsbetrachters um ein Vielfaches übersteigen. Zeit also auch hier für einfache Lösungen?
So einfach ist es sicherlich nicht! Die Gattungen der
Superhelden und der Space Opera sind jetzt per se sicherlich auch nicht von
Tiefgang geprägt und die eine oder andere Diversifikation in Richtung
feministischer Heldinnen oder LGTB ist alles andere als Mainstream. Graphic Novels
haben ihren Hype hinter sich und es eben nicht geschafft, die Unterhaltung zu
verdrängen. Das ist allerdings auch nicht schlimm: Fluchtliteratur und ihre
Entsprechungen in Film und Musik hat es schon immer gegeben und Unterhaltung
soll vor allem eins: unterhalten! Damit bleibt die Frage, ob die neuen
Geschichten um Conan, den Barbaren genau das liefern?
Die Umsetzung
Der Sammelband enthält die ersten sechs Teile der übergreifenden Saga ‚Leben und Tod des Barbaren‘ von Jason Aaron. Die einzelnen Teile spielen in bekannten Gegenden und auch in bekannten Settings, fügen den Originalen aber neue Facetten hinzu. Die einzelnen Hefte sind dabei eher Mosaiksteinchen in einem Fight zwischen der Priesterin des Razazel und dem Barbaren. Besagter Dämon möchte die Welt wieder betreten, braucht dafür aber das Blut eines Helden, der dem Tod schon oft erfolgreich gegenübergestanden hat. Conan möchte sich allerdings keinesfalls opfern lassen, tötet seinerseits nun die Hexe und trifft sie und zwei kleine Kinder, die als Hilfstruppe dienen, immer wieder bei verschiedenen Gelegenheiten.
Grundsätzlich hat diese Geschichte alles, was eine Conanstory benötigt: Kampf, Suspense und ein wenig Horror sowie verschiedene Völker aus dem hyborischen Zeitalter. Durch die verbindende Rahmengeschichte kann sie sogar mehr Tiefe schöpfen als eine einzelne Geschichte es könnte und die einzelnen Versatzstücke etwa der Hexe, die sich von blonden Vamp zur grausamen Priesterin wandelt und später als schlecht zusammengebastelter Zombie weitermacht oder der beiden Kinder sind sehr treffend. Die Neuinszenierung ist also durchaus gelungen.
Allein: Verglichen mit den alten Sachen, etwa von John Buscema aber auch anderen, die in Deutschland von Panini unter dem Label Generation Comics veröffentlicht wurden, fehlt der letzte Kick! Vielleicht ist doch etwas zuviel Superheldenkrams in den Arbeiten von Mahmud Asrar verblieben. Gerardo Zaffino hat dagegen eine zwar sehr nervöse, aber sehr eigenständige und herausstechende Episode abgeliefert, die mit der aktuellen europäischen Reihe oder den Marvel-Vorgängern durchaus mithalten kann! Vielleicht stört mich auch einfach die Farbe…
Eins aber kann ich der Serie nicht absprechen: Sie liefert
pure Unterhaltung, ist abwechslungsreich und spannend. Sie hat keine
versteckten Themen im Gepäck und keine Anspielungen, sondern ist purer Pulp!
Wer das mag wird hier richtig liegen. Mal sehen, wie sich die anderen Titel Savage Sword of Conan und Age of Conan schlagen werden.
Natürlich liefert Panini auch in diesem Band wieder
Abbildungen von den verschiedensten Variantcovern und zusätzlich ein Interview
mit dem Hauptzeichner Mahmud Asrar.
Dazu passen ein leicht würziger Rotwein aus dem
Mittelmeerraum und Gwar!
Charles Darwin
dürfte dem Namen nach jedem bekannt sein; seine fast fünfjährige Reise auf der HMS Beagle erlaubte ihm, unzählige Artefakte
zu sammeln, Theorien zu entwickeln und diente als Basis für sein
wissenschaftliches Werk, das die Naturwissenschaften revolutionierte und ihn in
scharfen Gegensatz zu der damaligen Auffassung brachte. Über diese Reise gibt
es bereits viele Bücher, nicht zuletzt von Darwin
selbst aber auch vom Kapitän der Beagle Fitz
Roy. Nun liegt eine Graphic Novel aus dem Knesebeck-Verlag vor, die diese Reise beschreibt.
Der Hintergrund
Darwin war ein etwas kränklicher junger Mann und so war die erste Hürde, die zu nehmen war, das Einverständnis des Arztes der Familie. Seereisen waren damals, wir schreiben das Jahr 1831, noch etwas anderes: ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang. Die Überfahrt war gefährlich, Kommunikation nur möglich, wenn man ein anderes Schiff traf oder während des Aufenthaltes in einem Hafen und es gab genügend Hinweise auf Kannibalen und feindlich gesinnte Bewohner unbekannter Landstriche.
Zudem waren die Schiffe der damaligen Zeit zwar durchaus
seetauglich, Luxus wie auf einer heute so beliebten Kreuzfahrt war aber nicht
zu erwarten. Der Kapitän der HMS Beagle,
der auf der zweiten Fahrt dieses Schiffes die Küste Südamerikas kartographieren
sollte, wünschte sich Gesellschaft durch einen gebildeten Gefährten während der
Fahrt und so kam es, dass der junge Darwin
eingeladen worden war. Da es keine Smartphones mit Kamera gab war auch ein
Maler mit an Bord um die Eindrücke festzuhalten. Die erwünschte Konversation
muss allerdings sehr beschränkt gewesen sein, Darwin litt nicht unerheblich an Seekrankheit.
Er entwickelte aber schnell ein großes Interesse an
Naturforschung und Geografie und stellte bereits auf dem ersten Stopp auf den
Kapverden fest, dass die Erde wohl nicht erst 6000 Jahre alt ist – so die
damalige theologisch begründete Annahme, sondern wesentlich älter. Die Erde
schien sich entwickelt zu haben (Blasphemie 1) und das Antlitz ihrer Oberfläche
schien aus verschiedenen Schichten aufgebaut zu sein.
Ein weiterer Punkt, in dem der junge Forscher einen totalen Gegensatz zur damals herrschenden Meinung einnahm, war die Frage der Sklaverei. Er empfand durchaus, dass alle Menschen gleich sein und die postulierte Minderqualität nicht aus dem Menschen selbst heraus zu begründen war. Die Zivilisation sei es, die die Menschen und ihre kulturelle Entwicklung geprägt hätte und dort gäbe es tatsächlich Unterschiede. Natürlich glaubte der Engländer an die Superiorität seiner Kultur und empfand durchaus eurozentristisch und paternalistisch, zweifelte aber an der Gottgegebenheit dieser Situation (Blasphemie 2).
Auf seinen weiteren Stationen dieser fast fünf Jahre
andauernden Reise entdeckte er Skelette von Fossilien und entwickelte
schließlich aufgrund der Tatsache, dass sich auf den einzelnen Galapagos Inseln
unterschiedliche Ausprägungen zum Beispiel von Finken finden ließen, die Theorie,
dass sie sich aus einem gemeinsamen Ursprung entwickelt hätten (Blasphemie 3). Diese Theorie sollte später sein
Hauptwerk werden unter dem Namen Der
Ursprung der Arten, der Begründung der modernen Evolutionstheorie!
Die Umsetzung
Grolleau und Royer haben sich in ihrer Umsetzung
dagegen entschieden, alle Details haarklein nachzuerzählen. Sie wollen etwas
vereinfachen, ja sogar romantisieren, wie sie in ihrem Vorwort gestehen. Ihnen
kommt es nicht darauf an, jede Entdeckung, jeden Landgang und jede Idee
wiederzugeben, sie wollen die Linie und die Entwicklung aufzeigen die vom
jungen, idealistischen Träumer hin zu dem genauen Wissenschaftler verläuft. Dadurch
gelingt es ihnen zu zeigen, wie sich einzelne Begebenheiten und Funde quasi wie
Puzzlesteine mühsam zu einem Größeren zusammenfinden und erst langsam die
Grundlage für die Theorie bilden. Noch einmal zurück in die damalige Zeit:
Fundstücke mussten katalogisiert werden, verpackt und dann nach England
verschifft werden. Sie waren teilweise Jahre vor dem Forscher in der englischen
Heimat und hatten bereits eine Diskussion angeregt, die von Darwin selbst gar nicht zu beeinflussen
war.
Zudem waren auch die Kategorien gar nicht bekannt und entwickelten sich erst im Laufe der Zeit, zum Beispiel die Wichtigkeit der geographischen Bezeichnung der Fundorte. Wenn alle Arten gleichzeitig von Gott geschaffen worden waren, war es nicht so wichtig, ihren Fundort zu beschreiben. Erst dann, wenn man von separaten Entwicklungen ausgeht, macht der Fundort überhaupt Sinn! Diese Weiterentwicklung in der wissenschaftlichen Herangehensweise wird durch die beiden Kreativen quasi nebenbei erläutert und das ist auch schon ein Hinweis auf ihre Leistung: Wissenschaft und vor allem die langsame Theoriebildung und ihre Verifikation werden perfekt und spannend beschrieben und erwecken Verständnis für die Leistung aber auch Neugier und möglicherweise den Spaß an eigenen Versuchen.
Die Graphic Novel lässt sich daher vielschichtig lesen: Sie
ist zu erst einmal eine spannende biographische Bilderzählung einer
fünfjährigen Reise und insofern fast wie ein Roman von Jules Verne, nur in echt. Sie ist die Beschreibung der Entwicklung
einer revolutionären Theorie, die unsere Welt nachhaltig geändert hat (auch
wenn es immer noch eine Vielzahl von Menschen gibt, die glauben, dass die Bibel
und ihre Genesis wörtlich zu nehmen ist). Und sie ist die behutsame
Heranführung an Wissenschaft und ihre Anforderungen.
Die Zeichnungen
Mir wurde auf keiner einzigen der 170 Seiten langweilig – der Stil ist so abwechslungsreich und wechselt zwischen Nahaufnahmen der Gesichter, der Situationen oder Tierdarstellungen und weiten Landschaften hin und her. Dabei ist das Gesicht Darwins den Bildern der damaligen Zeit so gut nachempfunden, dass man ihn sofort wiedererkennt, seine Entwicklung über die beschriebene Zeit aber auch sehen kann. Aus dem offenen, etwas ängstlichen jungen Mann wird einer, der weiß, was er zu tun haben wird um seine gesammelten Eindrücke zusammenzufügen.
Auch die Härte der Seefahrt, die Schrecken der Sklaverei und
die Beschreibung der südamerikanischen Lebensverhältnisse sind gut und vor
allem nachvollziehbar getroffen. Dazu gibt es immer wieder grandiose Bilder wie
etwa das als Titelbild genutzte Panel oder die Sammlung der Käfer die in ihrer
Weite und Detailtiefe die emotionale Beteiligung des/der Leser*in geradezu
erzwingen. Trotz aller Details vereinfachen die Bilder genug um nicht vom
Wesentlichen abzulenken und sind daher besser geeignet als Fotos es wären.
Die Ausgabe
Der Knesebeck-Verlag
veröffentlicht seit geraumer Zeit Graphic Novels. Viele davon sind aus der
Schnittmenge von Zeitgeschichte und Biografie und alle setzen den Willen der
Konsument*innen voraus, sich auf das Thema einlassen zu müssen. Das kurze Vergnügen
mit anschließendem Vergessen ist nicht gewollt, eher schon die Basis für eine
tiefere Auseinandersetzung. So laden die Werke auch alle dazu ein, sie mehr als
einmal zu lesen.
Das Buch kommt als Hardcover mit festem Papier. Obwohl sehr glatt, glänzt es nicht und reflektiert daher auch nicht störend. Der Buchhändler würde es etwas altertümlich als wohlfeil beschreiben… Durch die strukturierenden Kapiteleinleitungen mit einem Kartenausschnitt wird die Leser*in geführt und der Überblick gewährleistet.
Uneingeschränkte Empfehlung für alle, die nicht nur die
schnelle Ablenkung suchen, sondern eine Bildgeschichte gerne auch wiederholt in
die Hand nehmen und als Ausgangspunkt für eigene Überlegungen nutzen wollen!
Dazu passen Joe
Jackson mit Big World und Mate jeglicher Geschmacksrichtung.
Schwarwel ist dem
einen oder der anderen frühen Leser*in von comix-online noch aus den Zeiten von
EEE (Extrem Erfolgreich Enterprises) und
als Mastermind des Schweinevogels bekannt.
Mittlerweile hat er sich hauptsächlich auf das Zeichnen von Karikaturen verlegt,
die unter anderem über Facebook für jede*n frei verfügbar sind und arbeitet bei
„Glücklicher Montag“ unter anderem an
Trickfilmen.
Gevatter ist Schwarwels erstes Comicprojekt seit einigen Jahren; der erste Teil ist gerade sowohl in einer regulären Ausgabe als auch als Variant mit einem Titelbild von Sascha Wüstefeld (Das UpGrade) erschienen. Die Hefte 2 – 5 sollen in kurzen Abständen folgen.
Der Inhalt
Die Graphic Novel wird von der FUNUS Stiftung herausgegeben die sich für einen unverkrampften Umgang mit dem Tod einsetzt. Jeder Mensch muss früher oder später sterben und mehr man sich im Vorfeld damit auseinandergesetzt hat, desto besser kann man damit umgehen. So veranstaltet die Stiftung z. B. das Leipziger Endlichkeitsfest „Die Stadt der Sterblichen“ vom 6. bis 29. September mit. Sie unterstützt aber auch Publikationen, die sich mit dem Tod beschäftigen und somit auch den Gevatter.
Schwarwel hat eine
sehr persönliche Geschichte geschrieben: Tim, der in seinem Heranwachsen gezeigt
wird, ist das Alter Ego des Autors. Es beginnt mit einem verzweifelten Anruf:
der „Held“ dieser Story steht kurz davor, sich das Leben zu nehmen, ruft aber
noch einmal einen Freund an, dem er damals in einer ähnlichen Situation
geholfen hatte. Nun also muss der Freund das Gleiche tun…
In Rückblicken wird dann die Geschichte des kleinen jungen erzählt, der wie alle Kinder immer wieder mit dem Tod konfrontiert wird. Sei es die alte Frau, der verletzte Igel oder die potentiell tödliche Krankheit. Keinem Kind können diese Situationen erspart werden. Es bleibt aber zu hoffen, dass nicht alle Kinder mit ihren Fragen alleine gelassen werden…
Im weiteren Verlauf der Serie werden noch weitere
persönliche Erlebnisse des Künstlers thematisiert werden: Alkohol,
Depressionen, Sucht und Verzweiflung. Es gehört unheimlich viel Mut dazu, sein
Innerstes so offen zu legen, sich angreifbar zu machen und die Deckung zu
verlassen.
Gerade dieser Mut ermöglicht es aber auch, die im Anhang abgedruckten
Adressen zur Hilfe bei Depressionen, schweren Krankheiten oder Trauerbegleitung
nicht als Werbung zu verstehen sondern als Angebot von jemand, der weiß, wovon
er spricht.
Genau diese Tiefe und der Wille zum Diskurs kommen auch aus
den Interviews mit Schwarwel selbst, Sascha Wüsterfeld und Frank Pasic, dem Vorsitzenden von FUNUS
zum Ausdruck.
Die Umsetzung
Die Graphic Novel erscheint in schwarz-weiß und damit in dem einzig passenden Rahmen. Farbe würde die Details überdecken und auch eine falsche Stimmung repräsentieren. Die Seiten folgen im Prinzip dem 3×3-Aufbau, sind aber flexibel und erlauben somit ein Zusammenfassen oder aber auch ein Verteilen des Motivs auf mehrere Panels.
Der Horror im Gesicht des jungen Tim, die Verzweiflung und
Hoffnung im Gesicht des älteren brauchen keine Worte zur Unterstützung sondern
erklären das gesamte Setting aus sich heraus. Machtverhältnisse, Schrecken und
Rückzugsräume sind deutlich zu erkennen und erlauben eine fast filmische
Rezeption.
Der faire Preis, die Gestaltung mit festem Einband und das
Variantcover von jeweils unterschiedlichen Künstler*innen sollten ebenfalls
dazu beitragen, dass die Geschichte über den Tod und den Umgang damit ihre
Käufer*innen findet! Für mich definitiv
ein Kandidat für die Top 5 des Jahres!
Dazu passen A place to
bury strangers und ein Rotwein.
Dantes kehrt zurück! Der Wirtschaftskrimi aus der Feder von Pierre Boisserie und Phillippe Guillaume mit den Zeichnungen von Erik Juszezak geht in die letzte Runde. Neben den gefälschten Kunstobjekten aus der New Yorker Werkstatt war im letzten Teil auch ein falsches Weinetikett aufgetaucht. Der (Luxus-)Wein existiert zwar, allerdings noch nicht mit dem angegebenen Jahrgang. Gleichzeitig kommt es zu einer Entführung des Babys von Dantes und seiner Frau aus der Säuglingsstation. Für Spannung ist also von Anfang an gesorgt. Welches Spiel spielen Christopher Dantes Vater und die Kunstfälscherin? – Solide Krimikost!
Die Fortsetzungen
Der zweite Band von Harmony namens Indigo
von Mathieu Reynès geht schon in die
dritte Runde: Die Kinder mit den übersinnlichen Fähigkeiten haben sich nicht so
weiterentwickelt wie gewünscht. Es übernimmt eine militärisch ausgebildete
Truppe die mit Folter nicht nur droht. Bei der blonden Titelheldin schlägt die
Methode an; ihre Kräfte verstärken sich. Der Cliffhanger erleichtert das Warten
auf das Oktoberheft nicht.
Michel Vaillant war schon immer mehr als reiner Motorsport. In der zweiten Staffel haben Phillipe Graton & Denis Lapière den Krimianteil aber noch einmal erhöht und vor allem auf eine lange Storyline gesetzt. Macau ist schon der siebte Band aber die Auseinandersetzung um die Firma Vaillante mit Ethan Dasz ist noch in vollem Gange. Evelyne hat Beweise, die sie Michel übergeben möchte. Zunächst aber müssen die Zwei auf einem Motorrad durch Macau flüchten. Das gibt Benjamin Benéteau die Gelegenheit zu beweisen, dass er rasante Rennszenen mit Autos genauso gut beherrscht wir Motorradszenen in einer vollen Innenstadt. Zurecht eine der Besten technikorientierten Serien dieses Jahrtausends!
Tessio, der „schlimme“ Bruder von Cassio, hat es endlich geschafft, die letzte Kanope zu bekommen.
Nun kann er versuchen, ihre Mutter wieder auferstehen zu lassen und endlich
eine Schreckensherrschaft zu etablieren. Es könnte aber sein, dass man ein Übel
mit einem anderem austreiben kann. Das
Reich der Erinnerungen wird – so scheint es – alle offenen Fragen
beantworten und steuert auf einen finalen Höhepunkt zu.
Endgültig und letztmalig verabschiedet sich der Agententhriller die Flügel des Herrn Plomb. In sieben Alben hat Christophe Gibelin ein Verwirrspiel mit Agenten beidseits des Eisernen Vorhangs aufgezogen, das durch persönliche Beziehungen und Konflikte zwischen befreundeten Diensten angereichert wurde. Im Zentrum all dieser Stürme stand ein Fotograf, geplant als Kollateralschaden und doch bis zum Schluss unter den Lebenden. Die Auflösung ist tatsächlich so zynisch wie vermutet!
Und sonst so?
Schon das Editorial des Chefredakteurs verkündet eine frohe Botschaft: Der absolut zu empfehlende Titel de Meimoorden von Eric Heuvel wird ab Februar im ZACK in deutscher Übersetzung erscheinen. Schon jetzt könnt ihr anfangen, die Tage zu zählen!
Neben wie immer genialen Abenteuern auf dem Friedhof
unter dem Titel Tizombi dürfen auch Parker & Badger und der Vater der Sterne wieder ran. Insbesondere
bei letzterem bleibt zu hoffen, dass irgendwann der Vorrat ausgeht und eine
neue Serie ihre Chance erhält.
Neben News und Rezensionen inklusive einer längeren der neuen Luc Orient-Gesamtausgabe im ALL-Verlag interviewt Christian Endres den neuen Zeichner von Conan der Barbar. Mahmud Asrar darf seine Eindrücke schildern und auf seine Vorbilder verweisen. Abgerundet wird das Ganze mit ein paar Einblicken in die neuen Seiten.
Zu der wie immer sehr kurzweiligen Lektüre passen The Selecter mit Daylight und ein
Nojito!