Dritter Zyklus: Indien
Story: Jean Dufaux
Zeichnungen: Ana Miralles
Originaltitel: Djinn L´Integrale – Cycle India
Schreiber & Leser – Alles Gute!
Hardcover | 232 Seiten | Farbe | 39,80 € |
ISBN: 978-3-96582-200-9

Der finale Zyklus spielt zeitlich sowohl nach dem zweiten als auch zwischen ersten und zweitem Sammelband, Dufaux beherrscht das Spiel mit den Zeitebenen perfekt. Die Djinn ist sowohl aktive Treiberin des Geschehens als auch selbst Opfer, kann sie doch keine Liebe empfinden. Parallel dazu ist der Band aber auch eine Darstellung von Ereignissen, die schließlich zur Unabhängigkeit Indiens von den englischen Besatzern führten.
Politik, Macht und ihre Abhängigkeiten
Die Erzählung beginnt im Jahre 1919 in Eschnapur, einer fiktiven Stadt in Indien. In ihr herrscht eine Rani, mit der Heirat ihres Sohnes soll jedoch die Regierungsgewalt an ihn als neuen Maharadscha übergehen. In Indien gibt es zu jener Zeit überall Unabhängigkeitsbestrebungen, die teilweise auf gewaltlosen Widerstand setzen (Gandhi), teilweise vor Anschlägen und Auseinandersetzungen nicht zurückschrecken. Die Rani möchte, dass ihr Sohn sich nicht wie von ihm geplant als Verbündeter der Engländer verstehen wird. Sie beauftragt daher die Djinn Jade, seine zukünftige Frau, die Tochter eines abgetauchten Rebellenführers, in der Kunst der Verführung zu unterweisen, um sicherzustellen, dass ihr Mann ihr nicht widerstehen könne.
Die zukünftige Frau wird in den Palast der Lüste verbracht und dort von Jade unterrichtet. Gleichzeitig gilt es aber auch, sich der Attacken der vormaligen Favoritin des künftigen Herrschers zu erwahren. Diese ist keineswegs damit einverstanden, ihre führende Position zu verlieren. Und auch Lord und Lady Nelson, die Jade begleitet haben, werden von der Djinn gedemütigt und gleichzeitig bei Laune gehalten. Nicht zuletzt nehmen sie aber auch eine Rolle in den Kämpfen zwischen Indern und Engländern ein.

Gleichzeitig hat Jean Dufaux noch eine Nebenhandlung integriert: Die Tochter der Rani ist aufgrund einer Verfehlung ihrer Mutter verflucht, im Körper einer 12-jährigen fest zu stecken. Während ihr Bruder im Laufe der Geschichte erfahren wird, ob und wie er seiner Schwester helfen könnte, wird doch deutlich, dass nur Jade entscheidend dazu beitragen kann. Dazu muss sie nach Afrika aufbrechen (Afrika-Zyklus). Der abschließende Band wiederum ist nur noch Kim Nelson gewidmet. Sie, die auf der Suche nach ihrer mutmaßlichen Vorfahrin Jade war, begegnet nun in Eschnapur ihrer eigenen Vergangenheit aus dem Orient-Zyklus.
Opulente Bilder mit versteckten Inhalten
Ana Miralles erklärt im Anhang ihre Schwierigkeiten mit der Geschichte. Frauen werden im Prinzip nicht so dargestellt, wie es richtig wäre. Andererseits versteht sie aber auch den Plan, den Dufaux verfolgen wollte. Und so hat sie im Hintergrund symbolhafte Darstellungen von Frauen untergebracht, die das im Vordergrund gezeigte konterkarieren und es so in eine andere Richtung bewegen können, wenn die Leser*innen denn bereit sind, dieses aufzunehmen.

Ihre Bilder zeichnen wieder eine Traumwelt, zusammengesetzt aus Erwartungen und Vorurteilen über eine fremde Kultur und ihre Sitten. Vieles davon hat natürlich historische, echte Wurzeln, die Fiktion hat aber sicherlich zum Erfolg dieser nun in drei Sammelbänden komplett vorliegenden Serie beigetragen. Die Erotik ist angedeutet, neben brutalen Szenen gibt es immer wieder solche, in denen die Lust im Vordergrund steht. Fast immer geht es aber darum, dass körperliche Liebe auch ein Ausdruck von Verflechtungen, Verpflichtungen und Versprechen ist.
Alles andere als platt!
Bei erotischen Comics ist die Grenze zwischen platt und anspruchsvoll, voyeuristisch und anregend, banal und interessant oft nur schmal. In Djinn zeigt Ana Miralles viel nackte Haut, beschreibt Jean Dufaux durchaus Szenen, in denen Frauen als Objekte behandelt werden. Trotz allem geht es hier aber auch um die Macht, die Frauen ausüben können (in politischer, ökonomischer und gesellschaftlicher Stellung) wenn sie die Schwächen der männlichen Eitelkeit ausnutzen. Die Handlung ist komplex und überspannt mehrere Kulturkreise und Zeitebenen und dient keinesfalls nur als Rahmen für expliziten Szenen.
Mit zu dem Verständnis der Geschichte tragen auch die jeweiligen Einführungen von Dufaux und der zusammenfassende Anhang von Miralles bei. Beide beschreiben Intention und Schwierigkeiten während der Umsetzung und erläutern Kompromisse. Daher ist sowohl die Geschichte als auch vor allem die Aufmachung der Sammelbände zu empfehlen, richtet sich aber an Erwachsene. Wer nur eine Vorlage sucht, wird hier nicht glücklich werden!

Wer möchte, kann die limitierte Vorzugsausgabe mit signiertem Druck erwerben.
Dazu passen Tim Timebomb and Friends mit “30 Pieces of Silver” und ein Old Fashioned.
© der Abbildungen Dargaud Benelux (Dargaud-Lombard S.A.) 2018, by Dufaux, Miralles / 2025 Verlag Schreiber & Leser