Asterix der Gallier – Klassiker des Monats Oktober 2018

Asterix der Gallier – Jubiläumsausgabe 2018
Story: 
René Goscinny
Zeichnungen: 
Albert Uderzo
Originaltitel: 
Astérix le Gaulois

Egmont EHAPA Media
A4 | 56 Seiten | Farbe | Softcover 7,50 €  | Hardcover 15,00 €
ISBN: 
N/A | 978-3-7704-4043-6

Cover Jubilaeumsausgabe Asterix der Gallier
(c) ASTERIX®- OBELIX®- IDEFIX® / © 2018 LES EDITIONS ALBERT RENE / GOSCINNY – UDERZO

Was ist eigentlich ein Klassiker? Definitiv wohl ein Titel, der seit 50 Jahren auf dem deutschen Markt erhältlich ist und dessen immer noch erscheinende neue Folgen mit einer Millionenauflage über den Ladentisch gehen!

Asterix der Gallier ist das erste Abenteuer von 1959, ursprünglich in Pilote erschienen und von René Goscinny und Albert Uderzo in Eigenregie entwickelt um den immer wieder verlangten Klonen von erfolgreichen amerikanischen oder europäischen Serien etwas Eigenes entgegenzusetzen. Die beiden Franzosen haben sich dabei ein Setting ausgesucht, dass allen potentiellen Leser*innen in Frankreich aus der Schule bekannt, im Comic bisher aber noch nicht breitgetreten worden war: Die Geschichte der Gallier.

Asterix als Serie war nie als Comic für Kinder konzipiert, sondern bot und bietet mit all seinen Anspielungen auf die aktuelle politische Entwicklung Spaß auch für Erwachsene. Zudem liehen im Laufe der Zeit immer wieder bekannte Personen aus Politik, Film und Showbusiness Nebenfiguren ihr Gesicht. Der Name des Helden ist dabei das Ergebnis der Zusammenfassung von zwei Kriterien: er sollte mit A beginnen (jede*r Bibliothekar*in wird wissen, warum) und an den gallischen Helden Vercingetorix erinnern. Ein Asterikus ist die Bezeichnung für ein kleines Sternchen und da der Held nicht dem Model der Superhelden entsprechen sollte, sondern klein zu sein hatte, war der Name gefunden. Besonderen Spaß hatten die Beiden im Folgenden daran, alle Namen der Gallier auf –ix enden zu lassen. In späteren Abenteuern wurde dieses Spielchen auch auf andere Völker angewendet.

Die vorliegende Jubiläumsausgabe enthält den klassischen ersten Band in neuen Farben und mit dem noch von Uderzo 2006 gezeichneten neuen Titelbild sowie 8 zusätzliche Seiten mit Bildmaterial und einem Text von Volker Hamann zur Entstehungsgeschichte.

Cover Asterix 1 1971
Cover der Ausgabe von 1971 © ASTERIX®- OBELIX®- IDEFIX® / © 2018 LES EDITIONS ALBERT RENE / GOSCINNY – UDERZO

Obwohl schon viele zum Stammpersonal der Gallier gehörende Aktive vertreten sind, sehen sie teilweise noch etwas anders aus. Erst im Laufe der Zeit haben sie sich zu den ikonographischen Figuren entwickelt die heute nahezu jeder Westeuropäer kennt. Insbesondere Idefix fehlt hier aber noch, da er erst im 5.Asterix-Band Tour de France seinen ersten Auftritt hatte.

1966 wurde diese erste Asterix-Geschichte erstmals auf Deutsch in Kaukas LUPO modern veröffentlicht, allerdings in einer sehr eigenwilligen Übersetzung und unter dem Titel Siggi der Unverwüstliche. Rolf Kauka wurden die Lizenzen nach der Veröffentlichung von insgesamt 4 Titeln entzogen und Adolf Kabatek konnte den Stuttgarter EHAPA-Verlag überzeugen, nicht nur die freigewordene Lizenz für das Magazin MV-Comics zu übernehmen, sondern auch dem Beispiel der Tim-Bücher des Carlsen-Verlages zu folgen und ein Asterix-Buch herauszugeben. Das war der Beginn einer Erfolgsgeschichte ohne gleichen. 1968 erschienen die ersten beiden Bände sowohl in einer Softcover-Kiosk-Ausgabe als auch als gebundenes Hardcover für den Buchhandelsvertrieb und daran hat sich bis heute nichts geändert. Natürlich gibt und gab es zusätzliche Veröffentlichungen in Sammelbänden, Mundartausgaben, Wimmelbücher und und und.

Zur Story: Asterix, Obelix und die anderen Gallier wohnen zu Zeiten von Julius Cäsar in einem kleinen Dorf, das als einziges in Gallien nicht von den Römern besetzt worden ist. Es ist zwar von vier römischen Lagern umzingelt, die dort stationierten Legionäre haben allerdings kein leichtes Leben denn Miraculix, der Druide des Dorfes, besitzt das Rezept für einen unbesiegbar machenden Zaubertrank den die Dorfbewohner regelmäßig zu sich nehmen. Begegnungen zwischen Galliern und Römern nehmen daher immer einen sehr einseitigen und für die Römer äußerst schmerzhaften Verlauf. Um hinter das Geheimnis der übermenschlichen Kräfte der Gallier zu kommen wird ein Legionär als Gallier verkleidet und auf Spionagemission geschickt. Ihm gelingt es, den Trank zu probieren und beweist seine Stärke im Kampf gegen seine Legionärskollegen eindrücklich.

Detail Asterix 1 Jubilaeumsausgabe page 49
© ASTERIX®- OBELIX®- IDEFIX® / © 2018 LES EDITIONS ALBERT RENE / GOSCINNY – UDERZO

Da der Trank seine Wirkung allerdings nur zeitlich begrenzt entfaltet und der Spion das Rezept nicht mitgebracht hat, lässt Gaius Bonus den Druiden entführen um mithilfe des Trankes Cäsar werden zu können. Miraculix und der ihm zu Hilfe kommende Asterix machen sich als Gefangene über die Römer lustig und beweisen ein immer wiederkehrendes Grundmuster der Serie: Übermacht alleine genügt nicht, wenn Witz, Zusammenhalt, Schläue und ein wenig Zaubertrank auf Seiten der Gallier stehen…

Lohnt sich der Kauf dieser Sonderausgabe? Wer den Band schon sein Eigen nennt wird alleine wegen des neuen Covers möglicherweise nicht bereit sein, Geld auszugeben. Wer allerdings auch nur ein wenig Interesse an den Hintergründen zur Entstehungsgeschichte hat und gerne auch begleitendes Bildmaterial anschaut, wird an den acht zusätzlichen Seiten seine Freude haben! Wer Asterix der Gallier dagegen noch nicht gelesen haben sollte, kann jetzt unbedenklich zuschlagen!

Im Übrigen verlost COMIX-online fünf Exemplare der Softcover-Ausgabe! Wer teilnehmen möchte, erfährt im facebook-Auftritt von COMIX-online alles Notwendige. Vielen Dank an EGMONT EHAPA Media für die Bereitstellung der Gewinne!

Dazu passt natürlich lauwarme Cervesia und Musik aus vergangenen Zeiten. Die Aufzeichnungen von Troubadix sind im Laufe der Zeiten leider/glücklicherweise verloren gegangen aber Saltatio Mortis tut es auch.

Detail Asterix 1 Jubilaeumsausgabe page 48
© ASTERIX®- OBELIX®- IDEFIX® / © 2018 LES EDITIONS ALBERT RENE / GOSCINNY – UDERZO

© der Abbildungen ASTERIX®- OBELIX®- IDEFIX® / © 2018 LES EDITIONS ALBERT RENE / GOSCINNY – UDERZO

ZACK 232 – Oktober 2018

Cover ZACK 232

ZACK 232

Herausgeber: Klaus D. Schleiter

Chefredaktion: Georg F. W. Tempel
Verlag MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag
Heft Din A 4 | 84 Seiten | Farbe | 7,90 €
ISSN: 1438-2792

In diesem Heft müssen wir uns leider von Rick Master und seiner Nadine verabschieden. Der Kriminalfall um die so erfolgreiche Anleitung <wie man einen Mord begeht> wird mit einer klassischen Gegenüberstellung aller in Frage kommenden Personen gelöst und hat doch noch ein kleines Bonmot am Ende. Zidrou und van Liemt ist es gelungen, einem doch etwas faden Klassiker neues Leben einzuhauchen und trotzdem den alten Charme beizubehalten. Im mittlerweile dritten Album der neuen Fälle haben sie ihren eigenen Weg gefunden – weiter so!
Mic Mac Adam, der Titelheld diesen Monats darf ein amouröses Abenteuer erleben. Die ganze Situation erweist sich aber als Honigtopf, denn eigentlich ist die scheinbar so schutzbedürftige Eleonar alles andere als das. Über einen Antiquitätenhändler wird immerhin etwas deutlicher, worum es überhaupt gehen könnte. Magie ist wie auch schon bei den anderen Abenteuern im Spiel.

Detail aus pg 20 ZACK 232

In einer neuen Kurzgeschichte darf der einzige Zombie der als Zombie geboren wurde seine Liebe zur Poesie entdecken. Das „kleine Steak“ wird verschont wenn es denn seine Lebensgeschichte aufbereitet. In dieser ersten Folge von Tizombi werden zunächst einmal die Figuren vorgestellt. Vielversprechend!

Dantès und Harmony kommen in ihren jeweiligen Geschichten ihrer eigenen Geschichte näher; Dantès versucht, die Fehler seines Vaters auszubügeln, das blonde Mädchen beginnt zu erkennen, dass sie besondere Kräfte kontrollieren kann und akzeptiert den Namen Harmony für sich.

Solo, die Geschichte über eine Ratte auf der Suche nach seiner von Menschen entführten Frau in einer post-apokalyptischen Welt, in der jeder jeden zu fressen sucht, von Oscar Martin ist bereits in ihrem achten Teil. Obwohl auf den ersten Blick vielleicht (zu) brutal zeigt Martin immer wieder, dass er gerade die leisen Töne mag und Gewalt und Macht verachtet.

Detail page 43 ZACK 232

Dazu gib es wieder jede Menge an Rezensionen und News. Die längeren Artikel drehen sich in diesem Monat  um die Gesamtausgabe von Durango und die Fähigkeit seines Autoren Swolfes, seine Schwäche der Charakterentwicklung in diesem Fall zu einer Stärke gemacht zu haben sowie um die Karikaturen von Tom Gaud.

In Deutschland die kompakteste Möglichkeit, im franko-belgischen Bereich auf dem Laufenden zu bleiben.

Dazu passt wettergemäß ein heißer Tee (mit oder ohne Rum) und ein Sampler zum Beispiel aus dem neuen OX.


Abbildungen © 2018 MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag und den jeweiligen Zeichnern und Verlagen

Van Hamme / Vallès: Hopfen und Malz – Klassiker des Monats September 2018

Cover Gesamtausgabe Hopfen und Malz 1

Hopfen und Malz – Gesamtausgabe in drei Bänden

Originaltitel: Les Maitres de L‘Orge
Story: Jean van Hamme
Zeichnungen: Francis Vallès

Comicplus + Verlag Sackmann und Hörndl
Hardcover | 127 – 167 Seiten | Farbe | 34 € (1-2) bzw. 39 € (3)
ISBN: 978-3894742904 – 978-3894742911 – 978-3894742959

Bier ist seit einigen Jahren wieder in aller Munde, insbesondere, wenn es sich um neue Geschmäcker oder alte Sorten handelt. Um Bier, seinen Brauprozess im Wandel der Zeiten und natürlich auch um die persönlichen Schicksale der handelnden Personen geht es in dem 8-bändigen Zyklus „Hopfen und Malz“, der ursprünglich zwischen 1992 und 1999 bei Glenat erschienen ist.

Der Autor Jean van Hamme aus Brüssel ist einer der bekanntesten und erfolgreichsten europäischen Comic-Szenaristen und dem deutschen Publikum eher von XIII oder Thorgal bekannt obwohl fast alle Serien von ihm in deutscher Übersetzung vorliegen bzw. veröffentlicht werden. Ältere Einzelwerke wie Epoxy oder Western sind nur noch antiquarisch zu bekommen.

Von dem Zeichner Francis Vallès, der in den letzten Jahren hauptsächlich mit Stephan Desberg und eben van Hamme zusammengearbeitet hat, liegt nur wenig vor.

Cover Gesamtausgabe Hopfen und Malz 2

Hopfen und Malz ist eine Serie über die Brauerfamilie Steenfort; den prägenden Personen einer Epoche ist jeweils eines von insgesamt sieben Album gewidmet – von Charles, 1854 bis zu Frank, 1997. Comicplus + hat in seiner limitierten Gesamtausgabe von 2016/2017 den abschließenden achten Band mit Kurzgeschichten in den zeitlichen Ablauf integriert, so dass sich eine sehr lesbare Handlung über eineinhalb Jahrhunderte ergibt. Es sei dazu gesagt, dass die gesamte Story zwar auf historischen Fakten beruht, sich aber als reine Fiktion hinsichtlich der Personen und Unternehmen präsentiert.

Die Story beginnt 1854 in dem belgischen Dorp und dem Bierbrauer Alfred de Ruiter. Da er seine Angestellten allerdings nicht gerade vernünftig behandelt und er Moderne auch nicht so aufgeschlossen ist, schafft es einer seiner ehemaligen Arbeiter – Charles Steenfort – dem Alteingesessenen mit eigenem Bier Konkurrenz zu machen. Schon hier wird deutlich, dass es um Macht gehen wird, um Ränkespiele und um psychologische Profile der Akteure. Anders als sonst bei van Hamme üblich gibt es aber keine wiederkehrenden positiven Charaktere mit Identifikationspotential. Wen das an aktuelle TV-Serien erinnert liegt im Übrigen nicht falsch, denn das Skript war ursprünglich als Drehbuch geplant und wurde erst 10 Jahre später als Comic realisiert. Die Fernsehadaption erfolgte dann aber doch noch.

Der Comic führt beispielhaft durch die Geschichte des Brauens und die notwendigen Anpassungen der jahrhundertealten Tradition an moderne Errungenschaften.

Hopfen und Mals Gesamtausgabe 1 page 102

Das Thema der Marktkonzentration, das Ende des letzten Jahrtausends bereits sehr deutlich zu spüren war, wird ebenfalls nicht ausgespart. Alleine der Hype des keinen Craft-Brauereien wurde nicht vorhergesehen.

Daneben gibt es aber auch deutliche zeitgeschichtliche und politische Themen von Feindschaft, Kollaboration oder „Sünde“ die reflektiert werden. Hier zeigt sich die Limitierung des Ansatzes: Aufgrund der Beschränkung auf 48 Seiten pro Epoche und der Notwendigkeit, auch noch die Story und die Bier-bezogenen Aspekte voranzubringen, sind die Positionen viel zu oberflächlich und schwarz-weiß dargestellt um wirklich zu überzeugen. Immerhin beweist das aber, dass Fragestellungen dieser Art auch in nicht-graphic-novel-Formaten auftauchen können.

Auch wenn die Deutschen in dem 1917 spielenden dritten Band fast nur karikaturenhaft beschrieben werden, die Auseinandersetzung mit dem Faschismus in den eigenen (belgischen) Reihen ist in Band 4 schon wesentlich ehrlicher und verzichtet auf moralisch eindeutige Schuldzuweisungen.

Detail Hopfen und Malz Gesamtausgabe Tome 2 page 118

Die Darstellung des jeweiligen Ambientes und der Kleidung stehen der inhaltlichen Genauigkeit der Story in nichts nach. Vallès schafft es mit seinem realistischen Stil fast in jedem Bild, einen visuell stimmigen Eindruck zu hinterlassen und seine Gesichter (für mich immer ein erstes Kriterium der Qualität) sind nicht nur detailreich, sondern transportieren auch zum Text und der Geschichte passende Emotionen.

Das Layout der Geschichten ist dagegen eher klassisch: nur selten wird von der drei- oder vierreihigen Aufteilung abgewichen. Wenn, dann ist es meistens um einen schnellen Kameraschnitt zu simulieren und Emotion oder Geschwindigkeit zu transportieren.

Comicplus + integriert in die Gesamtausgabe nicht nur die Cover der einzelnen Ausgaben sondern ergänzt das Ganze mit viel Hintergrundmaterial über die TV-Serie, einzelnen Zeichnungen und Abbildungen von (imaginären) Werbematerialien für Steenfort-Biere.

Hopfen und Malz Gesamtausgabe Tome 2 page 127

Die im Original „Meister der Gerste“ genannte Serie ist nicht nur allen Freund*innen der Braukunst an Herz zu legen, sondern stellt auch einen spannenden und lesenswerten Versuch dar, einen so langen Zeitraum exemplarisch darzustellen. Niemand erwarte allerdings, dass hier objektive Fakten im Sinne eines aufgeklärten Schulunterrichts präsentiert würden denn dafür stehen viel zu viele Klischees im Vordergrund.

Der erste und zweite Band enthalten jeweils 2 Alben und die dazugehörigen, ergänzenden Überleitungen, der dritte versammelt die letzten drei Abenteuer. Alle Bände sind als Hardcover mit Glanzapplikationen auf dem Titelbild erschienen, auf jeweils 1000 Exemplare limitiert und noch lieferbar.

Die Serie bietet solides Handwerk mit einem nicht alltäglichen Setting. Van Hamme beweist einmal mehr seine Fähigkeit, lange Handlungsbögen zu spinnen, darf sich hier aber sogar Generationenübergreifend betätigen. Vallès ist in Deutschland eher unterschätzt. Neben dieser Serie liegt nur noch die Gesamtausgabe von Tosca vor. Die Serie selbst ist nicht nur ein tolles Geschenk für Bierliebhaber mit Comicleidenschaft oder Comicliebhaber, die gerne Bier trinken sondern auch für sich selbst eine nette Abwechslung zu der 25-sten Geschichte im gleichen Ambiente!

cover Hopfen und Malz gesamtausgabe 3

Dazu passt natürlich nichts Anderes als belgisches Bier! Wer mag, kann ein klassisches Lambiek probieren und mit einem Abtei-Bier weitermachen. Für alle anderen tut es aber auch ein Belgian Blonde! Im Hintergrund darf die Musik in diesem Falle nicht ablenken – Wie wäre es mit den australischen The Triffids?

Ein paar abschließende Worte zu dieser Rubrik: Neue Comics erscheinen mit einer hohen Frequenz Monat für Monat. Auch wenn sich der klassische Buchhandel vieler Orten mit einer Comic-Ecke schmückt, zeigt sich, dass der knappe Platz oft für Dauerseller und Neuerscheinungen gebraucht wird. Es gibt aber viele Veröffentlichungen der letzten Jahre die es nicht verdient haben, unterzugehen und dem Vergessen anheimzufallen.

Wenn jemand von euch einen bestimmten Titel hier gerne sehen würde oder gar selbst ein paar Worte darüber verlieren möchte: Dafür ist die Kommentarspalte dar 🙂

© der Abbildungen 2016/2017 Verlag Sackmann und Hörndl

R.I.P. Edouard Aidans

Am 6. September verstarb mit Edouard Aidans einer der letzten großen Akteure der Hochzeit des TinTin-Magazins.

Foto Edouard Aidans
(c) 2018 Lombard

In Deutschland war Aidans hauptsächlich den Leser*innen des alten ZACK-Magazins ein Begriff in dem sowohl Tunga als auch Sven Janssen abgedruckt worden war.

Aktuell sind auf Deutsch die ersten Bände der Tunga-Gesamtausgabe sowie der erste Teil einer vertiefenden Story über den Künstler in der Sprechblase 238 (Rezension) erhältlich.

Illustration Tunga 1982
(c) 1982 Lombard Uitgaven

Der am 13. August 1930 geborene Belgier begann als Photolaborant und hatte seine Höhepunkte in den 50er und 60er Jahren für das Magazin TinTin, arbeitete aber auch für Spirou, Super-As (den ZACK-Ableger) und andere Verlage. Einige seiner Arbeiten entstanden für die Rooie Oortjes-Serie unter Pseudonym.

90 Jahre Micky Maus

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(c) 2018 Disney

90 Jahre Micky Maus

Originalausgabe

Text: diverse

Zeichnungen: diverse

Egmont Comic Collection

Hardcover | 180 Seiten | Farbe | 25.00 €

ISBN: 978-3-7704-3994-2

Die wohl bekannteste Maus der Welt wird 90 Jahre alt und das muss gefeiert werden. Der deutsche Hausverlag des Disney-Imperiums bringt daher ein wohlfeiles Hardcover mit Glückwünschen und Stories heraus.

Da Egmont ja schon einige Erfahrung mit Jubiläumsbänden hat ist auch dieser eine Genuss für Leser*innen, die noch nicht alles haben. Die abgedruckten Stories bieten einen guten Querschnitt da sie aus den Jahren 1936, 1945, 1956, 1968, 1996, 1998, und 2004 stammen. Natürlich sind Floyd Gottfredson/Al Taliaferro und Carl Barks vertreten, auch Romano Scarpa darf nicht fehlen! Über die Auswahl der anderen Zeichner/Autoren kann man streiten. Mit Ulrich Schröder ist immerhin auch ein deutscher (Co-)Zeichner aufgenommen worden. Italien und Skandinavien sind dagegen jeweils zwei Mal vertreten.

Gleich die erste Geschichte ist ein Abenteuer, dass es nur im Comic geben kann: Micky versucht sich als Gärtner und probiert ein Mittelchen aus um seine Pflanzen wachsen zu lassen. Da der Erfolg leider etwas zu gewaltig ist, muss er die Pflanze wieder schrumpfen und verkleinert sich selbst gleich mit. Nach einer netten Interaktion mit einer Wespe gerät Micky in ein Buch mit den Abenteuern von Robin Hood und muss sich in diesem Setting beweisen. Natürlich bleibt Micky der unschlagbare Held und nimmt es sogar mit Richard Löwenherz auf. Pikanterweise trifft er dabei auf Minerva die seiner Minnie wie aus dem Gesicht geschnitten ist…

Detail aus 90 Jahre Micky Maus pg 26
(c) 2018 Disney

Der Hinweis auf Autoren und Zeichner erfolgt leider erst ganz am Ende in dem Quellenverzeichnis. Immerhin enthält es Egmont-typisch auch die Informationen zur Erstveröffentlichung sowohl überhaupt als auch in Deutschland. Immerhin gibt es direkt im Anschluss einen Artikel zu Gottfredson.

Die zweite Geschichte zeigt eine ganz andere Maus. Zu der damaligen Zeit war die Standardisierung der Figuren im Disney-Kosmos noch nicht weit fortgeschritten und so sind zum Beispiel die Ohren deutlich kleiner. Paul Murry zeichnet einen draufgängerischen Micky, der mit weniger Details auskommt, nicht ganz so chaotisch ist, aber auch noch nicht dem Vorstadtbewohner entspricht, der aus Abgrenzung zu Donald aus dem Charakter geworden ist. Auch hier erfolgt ein Beitrag über die Zeit und den Künstler, der eine Einordnung erlaubt.

Die folgende Episode um den roten Hut zeigt schon den heute bekannten Micky während Minnie noch etwas anders als gewohnt daherkommt. Natürlich sind alle bekannten Story-Elemente bereits vorhanden: Minnie ist schon etwas zickig und Micky stellt sich teilweise als Opfer dar. Im Wesentlichen ist das Setting der klassischen Detektivgeschichte aber nicht zu verkennen. Die Geschichte ist aber ein Unikum und daher wert, in diesem Jubiläumsband abgedruckt zu werden, handelt es sich doch um DAS Micky-Abenteuer von Carl Barks. Der folgende Artikel bezieht sich auch auf die begnadete Übersetzerin Dr. Erika Fuchs. Ihr Beitrag zum Erfolg der Geschichten in Deutschland kann sicherlich nicht hoch genug angesetzt werden.

Die folgenden Geschichten sind sicherlich repräsentativ für die „moderne“ Darstellung der Maus im Comic und für sich allemal lesenswert. Sie stellen aber keine Highlights dar und repräsentieren somit ein wenig das Schattendasein, dass die Maus im Vergleich zu ihrem cholerischen und liebenswetten Kollegen Donald führen muss. Trotzdem enthalten auch die Geschichten um den etwas tragischen Charakter immer wieder auch Innovationen wie die Traumsequenzen aus der Geschichte „Der Traumklau“ von den McGreals und Pelaez.

Die „Monstermaus“ von Cochet, Schröder und Rodriguez ist sogar extrem modern und ein Lesetipp!

Insgesamt ist der Band eine gelungene Darstellung der Entwicklung der Maus von einem chaotischen Slapstick-Charakter über einen Vorstadt-Spießer hin zu einem immer noch Innovationen aufgeschlossenen und liebenswerten Charakter.

Detail 90 Jahre Micky Maus pg 62
(c) Disney 2018

Wer wirklich das Potential der Ikone Micky Maus ausloten will, muss auch (!) zu den Hommagen der franko-belgischen Zeichner greifen. Wer wirklich etwas über die Künstler wissen will, muss zu Sekundärliteratur über die Zeichner greifen (wie dem gerade neu aufgelegten Bändchen über die Zeichner hinter der Signatur Walt Disney. Wer aber einfach nur Geschichten über die letzten 90 Jahre von Micky Maus in Deutschland genießen möchte ist mit diesem Band bestens bedient!

Was passt zu einem Band mit über 190 Seiten? Definitiv etwas, das lange Zeit benötigt um zu reifen: Setzt also einen Cold Brew Coffee an, genießt ein wenig von dem Comic, füllt ab und um, lest weiter und trinkt das leckere Resultat bei den letzten Geschichten! Hören könnt ihr dabei alles, was nicht ablenkt – Easy Listening oder Lounge würden sich anbieten.

© aller Abbildungen 2018 Disney

ZACK 231 – September 2018

Cover Zack 231

ZACK 231

Herausgeber: Klaus D. Schleiter

Chefredaktion: Georg F. W. Tempel
Verlag MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag
Heft Din A 4 | 84 Seiten | Farbe | 7,90 €
ISSN: 1438-2792

In der Septemberausgabe des ZACK starten gleich zwei neue Serien, die Abschiede einläuten:

Mit der letzten Episode von Mic Mac Adam sind dann leider alle längeren Abenteuer aus der Feder von Stephen Desberg und André Benn veröffentlicht. Hier dürfen die beiden aber noch mal zeigen, welche Brillanz sie im Laufe der Zeit entwickelt haben. Der Schotte gerät an eine sehr zwielichtige junge Frau deren Vater keinen besseren Eindruck macht. Schon auf den ersten Seiten versucht ein Mann zwei Mal mit einem Messer bewaffnet auf die junge Frau los zu gehen, stirbt aber wenig später durch ein anderes Messer. Zeichnerisch auf hohem Niveau und weit entfernt von Detailarmut!

ZACK 231 - pg 73

Ebenfalls neu ist der erste Teil des letzten Zweiteilers über Christopher Dantès dem keine Ruhe vergönnt ist. Nachdem scheinbare Ruhe eingekehrt ist, taucht sein Vater auf und droht, alte Geheimnisse zu verraten, wenn ihm nicht geholfen würde. Auch hier scheint die Straße ein gefährliches Pflaster zu sein, denn Dantès und sein Vater entgehen nur knapp einem Anschlag. Zeichnerisch lassen die Gesichter, insbesondere aber die Mundpartien,  manchmal etwas zu wünschen übrig. Im Gegensatz dazu sind andere Partien und Interieur mit großem Detailreichtum versehen!

Fortgesetzt werden Solo mit der Farbausgabe des schon vor Jahren nur als Hardcover erschienenen Abenteuers und Harmony. Letztere kann sich an nichts erinnern, beginnt aber langsam zu merken, dass sie etwas besonderes ist. Flächige Zeichnungen und rasantes Tempo lassen an eine Mischung aus Manga und Netflix denken. Mit dieser neuen Serie von Mathieu Reynès deren erst zweiter Teil in diesem Heft zu lesen ist, ist den Planern bei ZACK ein guter Wurf gelungen.

Highlight auch dieser Ausgabe ist aber der 4. Teil des aktuellen Vorabdrucks von Rick Master. Reminiszenzen en masse an klassische Comics und zugrunde liegende Romane, freche und von Ehrfurcht ungetrübte neue Darstellungen aller handelnden Personen, ein flotter Strich (und gekonnte Mundpartien) von Simon Van Liemt lassen die 12 Seiten viel zu schnell konsumiert sein. Zidrou muss so einen Spaß beim Schreiben gehabt haben! Hoffentlich bleibt das noch ein Weilchen so.

ZACK 231 - pg 48 Detail

Dazu kommen wie üblich verschiedene Serviceteile, zwei Parker und Badger one-pager, ein neuer Vater der Sterne, der in diesem Monat wohl notwendige Artikel über den „deutschen Spirou“ von Flix, aber auch ein Lust auf mehr machender Hinweis auf die in Deutschland über Netflix erhältliche Comicverfilmung Happy! in der ein abgehalfteter Ex-Bulle und ein kleines blaues Einhorn ein Mädchen retten müssen!

Dazu passen 70-er Jahre Soul-Klassiker (natürlich nur Northern!) und Southern Comfort on ice.

Abbildungen © 2018 MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag und den jeweiligen Zeichnern und Verlagen

Julie Wood Gesamtausgabe 1

Cover Julie Wood Gesamtausgabe 1

Julie Wood – Gesamtausgabe 1

Originaltitel: Julie Wood, L´integrale 1

Text: Jean Graton

Zeichnungen: Jean Graton

MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag

Hardcover | 180 Seiten | Farbe | 29,95 €

ISBN:978-3-86462-158-1

Jean Graton ist bekannt als der Vater von Michel Vaillant und damit dem Automotorsport auf das innigste verbunden, er hat in den siebziger Jahren aber auch eine Serie über eine Motorrad fahrende junge Frau geschrieben: Julie Wood! Der MOSAIK Verlag hat sich nicht nur der Aufgabe verschrieben, Michel Vaillant komplett und einheitlich zu veröffentlichen, er hat auch eine Gesamtausgabe mit den Abenteuern „der kleinen Schwester“ begonnen. Der erste Teil der Gesamtausgabe beinhaltet die ersten drei Alben, die ursprünglich noch unter dem Serientitel „Die Woods“ bei Dargaud erschienen sind. In Deutschland erschienen alle drei Bände bereits 1977 bzw. 1978 im alten ZACK, die ersten beiden später dann ebenfalls als Alben im Koralle-Verlag. Auf eine Neuveröffentlichung mussten die Fans also 40 Jahre warten!

Das Warten hat sich allerdings gelohnt: Man merkt den Zeichnungen an, wieviel Spaß Jean Graton dabei hatte, rasante Rennszenen mit Motorrädern zu erstellen! Die Geschichten sind auf dem Höhepunkt seines Schaffens entstanden und atmen den Geruch von Motoröl und die Lautstärke der aufheulenden Motoren förmlich aus.

Julie Wood Gesamtausgabe page 121

Julie Wood und ihr Bruder Indy sind mit Autos aufgewachsen. Beide verbindet der Wunsch, Rennen zu fahren und an ihren Fahrzeugen zu basteln. Während Indy als Mann zwar gewisse Widerstände zu überwinden hat, letztendlich aber relativ einfach seinen Berufswunsch umsetzen kann, hat es Julie als junge Frau deutlich schwieriger. Trotzdem schafft sie es, ihren Vormund zu überzeugen, und darf eine Lizenz als Fahrerin beantragen. Während ihres ersten Rennens muss sie sofort erfahren, dass Fahrkünste allein nicht ausreichen um sich auf der von Machos dominierten Piste durchzusetzen. Ihrem Status als zukünftige Heldin geschuldet kann sie aber trotzdem beweisen, dass sie eine gute Fahrerin ist.

Für die damalige Zeit äußerst selten ist, dass die Geschichten einen längeren Handlungsbogen transportieren. Zwar ließen sich alle Bände aufgrund der Einführungen auch alleine konsumieren, der Bogen um die Beziehungen zwischen Julie und ihren Kontrahenten, die Entwicklung im Verhältnis der beiden Geschwister und der Krimiplot im Hintergrund wird aber erst in der Kombination der Bände ersichtlich und spannend.

Eingeleitet wird die Gesamtausgabe mit einem Artikel über die „echte“ Julie, also die Frau, die für die den Zeichnungen zugrundeliegenden Fotos auf einem Motorrad posierte, und ihre Beziehung zu Jean Graton. Um das Gefühl der Siebziger besser verstehen zu können werden in der Einleitung des Weiteren DIE Motorräder der Zeit, prägende Schallplatten und wichtige politische Ereignisse beschrieben. Für alle, die die damalige Zeit nicht miterlebt haben, sicherlich eine sehr gute Hilfestellung um sich einzugrooven. Alles schien möglich, alles war neu und doch gab es schon Anzeichen, dass nicht alles toll sein würde. Definitiv war es aber die richtige Zeit um den Kerlen eine toughe Heldin an die Seite zu stellen, die nicht nur ihren eigenen Kopf hat, sondern aus eigenen Fähigkeiten heraus der männerdominierten Welt zeigen konnte, wo es langgehen wird.

Die Tatsache, dass es sich dabei um eine Blondine handelt, hat in einem Magazin, das hauptsächlich Jungs als Zielgruppe hatte, sicher nicht geschadet.

Julie Wood Gesamtausgabe page 38

Erwähnt werden sollte dabei, dass Graton mit diesem Thema durchaus offensiv umgeht. So muss sich die Heldin nicht nur damit herumschlagen, dass eine Fotoserie mit ihr nicht nur die Sportlerin zeigen soll sondern sie auch zu anzüglichen Posen aufgefordert wird. Zudem ist Julie sehr schlagkräftig und die von ihr verteilten Ohrfeigen entwickeln sich fast schon zum Running Gag!

Über die Handlung selbst möchte ich gar nicht allzu viel verraten. Neben den zu erwartenden Rennen gibt es eine Liebesgeschichte, den bereits erwähnten Krimiplot, der so auch von Greg in einem Andy Morgan Abenteuer hätte verwendet werden können, sehr schöne Wüstenlandschaften und das, was neudeutsch comig-of-age heißen würde: Das Erwachsenwerden ist nicht leicht und Träume sind in der Realität nicht immer so einfach umsetzbar.

Ist Julie Wood ein Comic für ältere Männer, die mit dem ZACK groß geworden sind? Sicherlich! Ein großer Schuss Nostalgie und die damit transportierten Erinnerungen an die eigene Jugend gehört für die Käufer dieser Gesamtausgabe bestimmt dazu! Trotzdem wird hier eine moderne Heldin dargestellt, die sich in einer Männerwelt zu behaupten weiß und ständig reflektiert, ob sie das richtige macht, sich letztendlich aber immer dafür entscheidet, keinen Rollenbildern zu gehorchen, sondern ihren eigenen Träumen zu folgen. Mag das Setting etwas veraltet wirken, das Thema ist es nicht.

Den Zeichnungen von Jean Graton ist anzumerken, dass sie zu seiner besten Zeit entstanden sind: kraftvoll, dynamisch und trotzdem voller Details. Wie für dieses Genre üblich sind oft Details über Maschinen oder Rennstrecken eingestreut, so dass der Textanteil manchmal etwas zu hoch wirkt. Er entspricht aber den Erwartungen der Leser*innen, dabei und informiert sein zu wollen. Die Übersetzung beinhaltet teilweise Sprechblasen mit englischem Content, insbesondere bei Ausrufen oder anderen emotionalen Inhalten, was teilweise etwas deplatziert wirkt.
Insgesamt hat Uwe Löhmann bei der Übersetzung aber einen guten Job gemacht!

Julie Wood Gesamtausgabe page 39

Da auch die Cover der deutschen und französischen Originale sowie einige Titelbilder des ZACK abgebildet sind und in der Einführung die oben bereits beschriebenen weiterführenden Informationen vorhanden sind, erfüllt die Ausgabe alle Anforderungen an eine moderne Gesamtausgabe und ist allen Freund*innen des klassischen Rennsportcomics wärmstens zu empfehlen!

Wer die Zeit bis zum Erscheinen des zweiten Bandes nicht abwarten kann, sollte einen Blick in die aktuellen Veröffentlichungen der Hauptserie Michel Vaillant werfen: im gerade erschienenen Band „Die Bugatti-Affäre“ spielt Julie Wood ebenfalls mit.

Da der Comic in den USA spielt, passt dazu ein klassisches Budweiser und nichts anderes als Joan Jetts „I love Rock’n’Roll“!

Abbildungen ©  2017 MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag

Klassiker des Monats August 2018 – Gaston – Galerie der Katastrophen & Guust – 60 Jaar

Cover Gaston - Galerie der Katstrophen

Gaston – Galerie der Katastrophen

Originaltitel: Gaston – La Galerie des Gaffes

Carlsen Verlag

Hardcover | 68 Seiten | Farbe | 14,99 €

ISBN:978-3-551-72970-5

Cover Guust 60 jaar

Guust – 60 Jaar

Herausgeber: Alexis Dragonetti

Dupuis
Hardcover | 56 Seiten | Farbe | 15,00 €
ISBN: 978-90-314-3585-2

In der Rubrik „Klassiker des Monats“ sollen Comics vorgestellt werden, die nicht mehr taufrisch sind. Sie können schon Jahrzehnte auf dem Buckel haben oder wie in diesem Fall erst ein Jahr. Ihnen allen ist aber gemein, dass Sie es nicht verdient haben unter der Flut der Neuerscheinungen begraben und vergessen zu werden!

Wenn man fragen würde, ob das Marsupilami oder Gaston die wichtigere Erfindung des Altmeisters André Franquin wären, würden die Antworten wohl in etwa gleichverteilt ausfallen. Der sympathische und chaotische Redaktionsbote war Franquins Möglichkeit, den Serienzwängen von Spirou zu entgehen und – auf seine Art und Weise – Kritik am Arbeitsablauf und den Verhältnissen bei Dupuis und in der Spirou-Redaktion zu äußern, und gehört zu den absoluten Klassikern der neunten Kunst.

Kalender Spirou 2014

Während in Frankreich schon 2014 die Rückkehr des Chaoten auf die Seiten des Spirou-Magazins mit einem Kalender gefeiert wurde und immer neue Texter*innen und Zeichner*innen um ihre Interpretation geboten wurden, mussten deutsche Leser*innen dagegen auf den „neuen“ Gaston warten.  Der deutsche Hausverlag Carlsen konzentrierte sich zunächst auf die vorbildliche Edition des „ganzen Gaston“ in einem fünf Hardcover vereinenden Schuber. Nicht enthalten sind darin allerdings verständlicherweise die Neukreationen mit dem vertrottelten Jo-Jo zu Kauka-Zeiten. Von 1968 bis 1978 veröffentlichte Kauka mit allen bekannten „Anpassungen“ die Abenteuer des Redaktionsboten Gaston Lagaffe erstmals in deutscher Sprache und bereitete damit die Basis für alles Weitere.

Die Tatsache, dass es überhaupt wieder neue Comics mit Gaston gibt, ist durchaus zu hinterfragen, hatte Franquin doch verfügt, dass die Figur von keinem anderen gezeichnet werden dürfe. Die Bewertung möge allerdings jede*r selbst vornehmen.

Im Februar 1957 hatte eine noch namenlose Figur ihren ersten Auftritt; anfangs stand sie einfach nur im Weg doch schon nach kurzer Zeit wurde Gaston der Star einer zunächst halb- und später ganzseitigen Geschichte. Während Gaston durchaus mit anderen Figuren aus dem Spirou-Universum interagierte entwickelte sich eine ganze Gemeinschaft aus speziell für diesen Strip kreierter Personen und Tiere mit zum Teil ikonographischen Auftritten.

2017 konnte nun also das 60-jährige Jubiläum gefeiert werden. Schon zu früheren Zeiten war es bei Spirou üblich, Jubiläen mit Hommagen anderer Künstler*innen zu feiern und so geschah es auch jetzt.

Gaston - Galerie Seite 34

Im Carlsen Verlag ist die deutsche Übersetzung des französischen Originals erschienen die XXX Beiträge ganz unterschiedlicher Stilrichtungen präsentiert. Von der Form her handelt es sich dabei um einzelne, ganzseitige Illustrationen, One-Pager aber auch mehrere Seiten umfassende Werke. Sie sind teilweise an den Stil der jeweiligen Hauptserie angelehnt, teilweise wird versucht, den Stil Franquins zu treffen oder zu karikieren und entwickeln die beliebten Hauptmotive der Originalserie weiter. Der/die Leser*in darf sich also nicht nur über neue technische Meistererfindungen oder Auftritte des Gastophons freuen, auch die unendliche Geschichte der gescheiterten Vertragsunterzeichnung wird fortgeführt.

Der Band ist vorbildlich als Hardcover ausgeführt. Leider vermisse ich eine Überblicksseite mit der Auflistung aller Beiträge, gemeinhin als Inhaltsverzeichnis tituliert. Das Auffinden eines speziellen Beitrages würde dadurch sicherlich erleichtert… Schön ist dagegen das einheitliche Layout das sowohl Akteure und Titel benennt, andererseits teilweise das von Franquin zur Meisterschaft veredelte Spiel mit der Signatur aufnimmt.

Gaston - Galerie Seite 46

Bereits im letzten Jahr ist in den Niederlanden ein Band erschienen, der 47 Beiträge von niederländisch-sprachigen Künstlern aus Holland und Belgien vereint. Die zwei erhältlichen Ausgaben unterscheiden sich neben dem Preis in der Bindung (Hard- bzw. Softcover) und im Motiv des Umschlags.

In zwei Vorworten des Herausgebers und von Marc Legendre werden noch einmal sehr persönlich die Bedeutung von Franquin und vor allem Gaston für den europäischen Comic und sein Einfluss auf viele der heute aktiven Künstler herausgestellt. Die Kombination aus menschlichem Slapstick, Alltag und tierischen Akteuren waren damals einzigartig.

Die beteiligten Künstler*innen versuchen jeweils mit ihrem Stil das Wesen von Gaston oder Guust, wie er bei unseren Nachbarn heißt, zu erfassen. Die Resultate bewegen sich daher zwischen einer seitenfüllenden Zeichnung und 24 Panelen auf einer Seite. Die Figurendarstellung ist von Franquin-ähnlich über karikierend bis zu grahic-novel-artig ebenfalls sehr unterschiedlich. Allen Beiträgen ist aber anzumerken, dass sie sich liebevoll und achtungsvoll dem Thema nähern.

Thematisch haben einige versucht, Gaston in eine andere Lebenszeit (sei es Jugend oder Rente) zu versetzen, um nicht zu nah am Original zu sein. Andere spielen dagegen mit den bekannten Szenarios der verhinderten Vertragsunterschrift, der Liebesbeziehung mit Fräulein Trudel oder der sagenhaften Faulheit.

Einige der beteiligten Künstler wie Marc Legendre, Daan Jippes, Eric Heuvel, Griffo oder Romano Molenaar sind auch teilweise auf Deutsch erhältlich, die meisten sind aber eine Neuentdeckung wert!

Eindeutig eine ideale Ergänzung zu der deutschen Ausgabe, zumal es keine Überschneidungen gibt.

Guust - 60 jaar - Seite 43

Gerade in ihrer Kombination beweisen die beiden Bände mit über 100 Beiträgen die Wichtigkeit von Gaston für den aktuellen europäischen Comic. Beide sind auf den üblichen Bezugswegen noch erhältlich.

Dazu passt nichts Anderes als Jazz und Cocktails! Wer es noch authentischer mag möge doch bitte das Geschrei einer Lachmöwe im Hintergrund laufen lassen.

PS: Sollte jemand von euch Leser*innen einen Wunsch für folgende Beiträge dieser Reihe haben oder gar selbst einen Klassiker vorstellen wollen: Es gibt eine Kommentarfunktion unter dem Beitrag!

Gaston - Galerie - Tanz

Abbildungen © 2014 Dupuis (Kalender); © 2017 Dupuis (Guust), © 2018 Carlsen Verlag GmbH (Gaston)

Michel Vaillant 54: Die Bugatti-Affäre

Cover Michel Vaillant 54

Story: Jean Graton
Zeichnungen: Jean Graton, Studio Graton

ZACK-Edition – MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag
Softcover | 48 Seiten | Farbe | 13,00 €
ISBN: 978-3-86462-148-2

Michel Vaillant ist wohl DIE bekannteste Rennfahrerserie überhaupt weltweit und ihr Erfinder und anfangs auch alleiniger Szenarist und Zeichner Jean Graton war ein ständiger Gast auf allen Rennstrecken dieser Erde um das Flair der Piste und der Boxen, den Geruch und das Adrenalin hautnah einzufangen. So spielen in dieser Serie nicht nur die erfundenen Personen des Clans Vailant und ihrer Hauptgegner mit, sondern auch unzählige echte Rennfahrer. Noch heute besteht diese enge Verbindung: So nahmen beispielsweise am 24 Stunden Rennen von Le Mans im letzten Jahr (2017) zwei Oreca 07 für das Team Vaillante Rebellion unter anderem gesteuert von Nelson Piquet junior, Nicolas Prost und Bruno Senna teil. Damit wurde ein Vaillante aus der zweiten Staffel von der neuen Generation vormaliger Weltmeister gefahren.

Die allererste Geschichte wurde bereits 1957 in Tintin veröffentlicht und war von Graton noch in der klaren Linie Herges angelegt. Später wurden die Zeichnungen aufgelockerter und moderner und Graton erhielt die Unterstützung seines Sohnes Phillippe bei den Szenarien und des Studios Graton bei den Zeichnungen. Bis 2007 sind 70 Alben in der nun sogenannten ersten Staffel erschienen von denen aktuell 61 Bände in der ZACK-Edition erhältlich sind!

Michel Vaillant 54 page 18

Nach den ersten Anfängen als Michael Voss noch in der Mickyvsision 1965 und den grandiosen Zeiten im alten ZACK hatte Michel Vaillant in Deutschland eine Verlags-Odyssee durchzustehen, ehe der jetzige Verlag vor 12 Jahren begann, nach und nach zunächst alle unveröffentlichten und dann alle vergriffenen Publikationen einheitlich neu herauszubringen. Auch die lesenswerte zweite Staffel mit neuen Kreativen und einer modernisierten Handlung läuft bereits seit 2012 und ist ebenfalls im MOSAIK Verlag auf Deutsch erschienen. Den Vorabdruck bietet der Tradition folgend das „neue“ ZACK!

Der aktuelle Band (Nummer 54) erschien erstmalig vor 20 Jahren auf Deutsch und ist jetzt um redaktionelle Inhalte ergänzt und in guter Druckqualität wieder aufgelegt worden. Da es sich bei „Die Bugatti-Affäre“ eigentlich eher um einen Krimi handelt, ist dieser Band sehr zeitlos! Steve Warson – zu dieser Zeit noch mit Julie Wood liiert, die daher ebenfalls kurze Auftritte hat – wird von einem ehemaligen Schulkameraden gebeten, an einer Geburtstagsüberraschung für dessen todkranken Vater mitzuwirken. Er möchte ihm ein Rennen in Zandvoort mit klassischen Bugatti-Autos und aktuellen erfolgreichen Fahren schenken und wer wäre besser für eine solche Aufgabe geeignet als Steve, der immer schnell zu begeistern ist. Da es für ein solches Unterfangen einiger Bugattis bedarf, kommt die Cité de l’Automobile – Musée National – Collection Schlumpf zu einem großen Auftritt, denn Steve besucht dieses größte Automobilmuseum der Welt in Mühlhausen. Alleine diese Bilder sind es schon wert, den Comic zu lesen!

Michel Vaillant 54, page 10

Wie für Serien aus dieser Zeit typisch, steht nicht alleine die Handlung im Vordergrund: Immer wieder werden Rennstrecken und Autos – wie auch hier – detailliert vorgestellt und beschrieben. Die Zielgruppe sind halt technikbegeisterte Jungen und männliche Erwachsene. Dass dieses Konzept auch heute noch funktioniert lässt sich immer wieder beobachten, wenn Jungen oder Jugendliche bei Messen am Stand von Michel Vaillant die Alben durchblättern! Ein wesentliches Erfolgsmerkmal von Michel Vaillant ist dabei die Akribie der Vorbereitungen und die Genauigkeit der Darstellungen. So ließe sich dieses Album durchaus als Museumsführer für einige Bugattis aus der Automobilstadt verwenden.

Zurück zum Ablauf: Nachdem Steve es unter großen Schwierigkeiten tatsächlich geschafft hat, alle Beteiligten zur Mitwirkung zu überreden und ein phantastisches Rennen in Zandvoort stattgefunden hat, soll dem todkranken, im Rollstuhl sitzenden und vor Rührung überwältigtem Mann eine Nacht im Kreise der Oldtimer ermöglicht werden.

ACHTUNG SPOILER: Am folgenden Tag beginnt dann die Krimihandlung, die auf sehr offensive Weise mit den guten und schlechten Charaktereigenschaften von Steve Warson aber auch von Michel Vaillant spielt. Der sonst so strahlende Held muss sich tatsächlich am Ende entschuldigen.

Die Zeichnungen bewegen sich hauptsächlich im strengen 4×2 Layout mit teilweisen Verbindungen innerhalb der Zeile oder von zwei Zeilen. Selten wird auch einmal ein dreizeiliger Aufbau verwendet. Die ganzseitigen Illustrationen dienen entweder der katalogartigen Darstellung vieler unterschiedlicher Modelle oder dienen der Dramatik und der Geschwindigkeit im Rennverlauf und sind daher bewusst eingesetztes und für die jeweilige Aufgabe optimales Stilmittel gerade wegen ihrer Exklusivität!

Michael Vaillant 54, page 46

Klare Kaufempfehlung für diesen Titel der trotz seines Alters auch heute noch nichts von seinem Reiz verloren hat: Klassische Autos, Lautstärke der Motoren und ein ehrlicher Betrug J

Dazu passen ein guter und starker Kaffee und der Sound dröhnender Motoren.

Abbildungen © 2018 MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag

Reddition 68 – Mai 2018

Reddition 68 – Mai 2018

Herausgeber: Volker Hamann
Verlag Volker Hamann, Edition Alfons
Heft Din A 4 | 76 Seiten | Farbe | 10,00 €
ISSN: n/a

 

Schon im 34. Jahrgang und mit einer hohen Verlässlichkeit zweimal im Jahr erscheint die Zeitschrift für Graphische Literatur REDDITION aus dem hohen Norden. Sie stellt damit eine der wenigen Konstanten im Sekundärbereich über die Neunte Kunst dar. Wie immer ist die Ausgabe Schwerpunktthema-zentriert. Während es in der letzten Ausgabe noch um eine Ikone der Popkultur, nämlich Batman, ging, ist das Dossier dieser Ausgabe der argentinischen Comicliteratur mit einem besonderen Fokus auf Hector German Oesterheld gewidmet. Der Einblick wäre aber nicht komplett ohne Beiträge zu Alberto Breccia und Hugo Pratt sowie zu weiteren Vertretern dieser Zeit und Provenienz.

Während die Zeitschrift als solche auch im Laden und im Bahnhofsbuchhandel erworben werden kann, erhalten Abonnenten jeweils eine Zugabe: in diesem Fall ist es die kleinformatige deutsche Erstausgabe von „Guardia Nocturna“ von Oesterheld und Pratt aus Cero Extra 39 vom April 1961. Eine Leseprobe der Reddition findet sich auf den Seiten der Edition Alfons.

Diese Ausgabe ist bereits die dritte, die sich mit Comics aus Argentinien befasst. In den 25 Jahren seit den letzten beiden Nummern hat sich aber vieles getan und es sind neue Quellen aufgetaucht, so dass es sich keinesfalls um einen Aufguss handelt. Zudem ist Deutschland gerade dabei, Oesterheld und insbesondere den auf dem Titel abgebildeten Helden Eternauta zu entdecken.

Es ist schwierig, den argentinischen Comicmarkt ohne die politische Entwicklung dieses Landes zu betrachten. Waren Comics in den 50-er Jahren ein Massenprodukt und der Markt somit auch ein Magnet für ausländische, insbesondere italienische Autoren und Zeichner, änderte sich mit dem Militärputsch gegen Allende und der Diktatur alles. So zählt auch Oesterheld neben seinen vier Töchtern zu den ermordeten Opfern und seine Witwe war eine der Madres de Plaza de Mayo, eines Zusammenschlusses von Müttern der verschwundenen Kinder. Dankenswerter Weise wird dieser Bereich weder verschwiegen noch in ideologischer Weise benutzt und mit Dokumenten (u.a. einem Brief von Hergé an den Präsidenten Argentiniens) und Interviews der eigenen Bewertung der Unmenschlichkeiten zugeführt.

Daneben stehen aber gerade auch die Kunst und das Vorgehen Oesterhelds im Vordergrund. In einem Interview und einem von ihm verfassten Beitrag wird deutlich, wie seiner Meinung nach eine Geschichte entstehen muss und welche Schritte, welches Engagement und welche Begeisterung dafür notwendig sind, einen guten Comic zu erschaffen. Selten wird den Gedanken eines Künstlers so viel Raum gegeben! Und Oesterheld hat bewiesen, dass seine Herangehensweise erfolgreich ist: Sgt. Kirk, Ernie Pike und nicht zuletzt der bereits genannte Eternauta sind dafür leuchtende Beispiele.

 

In weiteren Artikeln werden Zeitgenossen vorgestellt: Der schwierige Alberto Breccia, Lopez, Munoz, Del Castilla, Pratt und nicht zuletzt Enrique Breccia. Dabei wird Wert darauf gelegt, nicht nur die 50-er und 60-er darzustellen sondern auch die Arbeiten für den englischen und amerikanischen Markt mit der gewohnt sorgfältigen und vielfältigen Dokumentation des Bildwerkes einzubeziehen.

Ich möchte jetzt nicht weiter auf die einzelnen Artikel eingehen um den Lesespaß nicht zu gefährden! Unbedingte Kaufempfehlung!

 

Dazu passt natürlich argentinischer Tango und Rotwein. Da der ganze Text aber nicht so schnell verdaut werden kann sollte es zwischendurch vielleicht auch das eine oder andere Glas Wasser tun.

© Verlag Volker Hamann, Edition Alfons 2018 und die jeweiligen Künstler bzw. Agenturen

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