Das Monster aus dem Meer
Story: Pierre Gabus
Zeichnungen: Romuald Reutimann
Originaltitel: New Cherbourg Stories Vol. 1 – Le Monstre de Querqueville
Carlsen Comics
Softcover | 64 Seiten | Farbe | 12,00 €
ISBN: 978-3-551-02395-7
Eine neue Serie aus Frankreich, die in ihren Zeichnungen sehr klassisch daherkommt, Science-Fiction- und Mystery-Elemente verknüpft und auch noch humorige Bestandteile hat – Das klingt fantastisch! Das Team Gabus/Reutimann hat übrigens bereits 2012 mit einer anderen Serie in Angoulême gewonnen, ist in Deutschland aber bisher noch sehr unbekannt.
Geheimes Leben im Meer
Das kleine, fiktive Städtchen New Cherbourg liegt irgendwo am Meer im Norden Frankreichs. Der Hafen der Geheimnisse spielt in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Der Tourismus ist bereits eine Einnahmequelle, der Luftverkehr wird mit Zeppelinen durchgeführt. Ein kleiner Junge ist damit beschäftigt, Möwen zu dressieren und wird auf den folgenden Seiten immer wieder auftauchen. Mit seinen Eltern und Geschwistern steht er für das alltägliche Leben.
Am Strand wird plötzlich eine walartige, behaarte Kreatur entdeckt, das Monster aus dem Meer. Die Gemeinde beschließt, den Fund geheim zu halten und es wird klar, dass es bereits andere Begegnungen gegeben hat. Neben den Walen gibt es auch noch die Gründler, die unter Wasser eine eigene Zivilisation gegründet haben. Um sie vor Ausbeutung durch den Menschen zu schützen, soll niemand etwas von ihnen erfahren. Leider ist allerdings eine Akte über diese Wesen verschwunden.
Zwei Geheimagenten mit wunderlichen Kräften sollen die Akte finden und zurückholen. Sie bekommen bald Unterstützung von einer jungen Kollegin, die wiederum die Schwester des eingangs erwähnten Jungen ist. Und dann ist da auch noch der Regierungsvertreter, der der Stadt einen Besuch abstattet.
Moderne Klare Linie
Die Zeichnungen von Romuald Reutimann passen perfekt zu dem Szenario. Die Klare Linie lässt Geheimagent*innen alten Stils lebendig werden, ohne dabei die moderne Interpretation durch die Kollegin zu behindern. Die fremdartigen Unterwasserwesen haben die richtige Mischung aus „Monster“ und „akzeptabel“, um gleichzeitig fremdartig, aber nicht gefährlich zu wirken. Und nicht zuletzt ist durch das nostalgische Ambiente keine Notwendigkeit für eine allzu realistische Darstellung.
Die Zeichnungen wirken dabei allerdings keineswegs aus der Zeit gefallen. Sie sind variabel, detailreich wo nötig und transportieren eine ganze Menge an humorigen Szenen, ohne dabei allerdings in einen Slapstick wie bei Hergé zu verfallen. Die Seitenaufteilung ist meistens drei- oder vierreihig, lässt aber Überspannungen zu und es gibt sogar ein paar ganzseitige Illustrationen.
Vielschichtig, spannend und gesellschaftskritisch
Die Reihe spart nicht mit Kritik an der profitorientierten Gesellschaft, an Karrieristen aus dem Politbusiness und fragt nach den Grenzen der erlaubten Ausbeutung. Die Nutzung von Errungenschaften der fremden Zivilisation wird zwar nicht abgelehnt, sie soll aber nicht zur Vernichtung führen. Insofern werden durchaus aktuelle Themen angesprochen. Dazu gibt es aber auch die lustigen Superkräfte der Agenten, die skurrilen Nebenfiguren und den Charme der irgendwie relaxten Pre-Mobile-Device-Zeit.
Für alle, die die Geschichten aus Tintin mochten, seien sie von Edgar Jacobs, Roger Leloup, Tibet oder Duchateau, und somit auch für die aktuellen Leser*innen des ZACK sollte der Hafen der Geheimnisse einen Blick wert sein! Band 2 ist bereits angekündigt.
Dazu passen Of Monters and Men und ein Noblesse Oblige der Brasserie Au Baron.
© der Abbildungen Casterman 2020, Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2021