Lee/Ditko – Spider-Man Vol. 2 1965 – 1966

Marvel Comics Library. Spider-Man. Vol. 2

Story: Stan Lee
Zeichnungen: Steve Ditko

Herausgeber: Jonathan Ross
Originalausgabe

Taschen Verlag

Hardcover XXL | 626 Seiten | Farbe | 150,00 €

Nummerierte Erstauflage von 5000 Exemplaren

ISBN: 978-3-8365-9652-7

Cover Marvel Taschen Library Spider-Man Vol 2

Die XXL Marvel Comics Library nimmt immer mehr Fahrt auf. Die Eisner-gekrönte Serie präsentierte zunächst die fabelhaften Anfänge der goldenen Marvel-Zeit und legte sowohl einzelnen Helden wie Spider-Man und den Silver Surfer als auch Teams wie Fantastic Four und Avengers auf. Damit waren prinzipiell die ersten zwei Jahre abgedeckt. Nun also mit Spider-Man Vol. 2 erstmals ein zweiter Band: Die Serie hat sich bereits etabliert, erste Routinen haben sich eingeschliffen und nun kommt es darauf an, den Erfolg zu verstetigen!

Die Bürde, ein Superheld zu sein

Superheld*innen sind heroisch, kämpfen für das Gute und wissen, was sie tun! Nun ja, für die meisten kostümierten Heroen der damaligen Comics mag das stimmen, für einen mittellosen Teenager eher nicht. Es fängt schon damit an, dass erwachsene Gangster möglicherweise nicht so überzeugt davon sind, dass eine halbe Portion ihnen wirklich gefährlich werden kann. Abhilfe konnte nur eine Maske schaffen, die das gesamte Gesicht verdeckt und damit nicht nur Identität, sondern auch Alter verschleiert.

Marvel Taschen Spider-Man 2 page 96

Und so sind auch die Gegner des Netzschwingers etwas anders als üblich. Natürlich bekommt er es mit üblen Superschurken zu tun, etwa dem Goblin, Dr. Octopus oder dem Skorpion. Oft genug muss er sich aber auch mit einfachen Kleinkriminellen und Gangmitgliedern prügeln. Die wichtigsten „Gegner“ aber sind seine Hormone und sein Verantwortungsgefühl. Beide Themenlinien werden in dieser Compilation entscheidend ausgebaut.

Zunächst ist da die Krankheit seiner Tante. Der Waise hatte schon den Tod seines Onkels verschuldet und befürchtet nun, seiner erkrankten Tante nicht helfen zu können. Dieser Plot beginnt mit vorübergehenden Schwindelanfällen und endet mit einem Krankenhausaufenthalt, der über mehrere Hefte in der Schwebe gehalten wird. Und auch in Sachen Liebe kommt der Einzelgänger in seinem Privatleben nicht weiter, denn seine Geheimidentität scheint zwischen ihm und seinem Glück zu stehen. Nachdem er die High School ohne Beziehung beendet hat, versucht er natürlich dies in der Collegezeit zu ändern…

Die beiden ersten Bände der Spider-Man Library enthalten den kompletten Lee/Ditko-Run inklusive der Annuals.

Marvel Taschen Spider-Man 2 page 286

Zwischen Genialität und Massenware

Steve Ditko ist einer der besten Zeichner der damaligen Zeit. Seine Panels sind teilweise auf den Punkt gebracht und fangen genau den richtigen Moment der Action ein. Das Tempo der Kampfszenen ist stimmig und viele der Panels haben Verwendung gefunden als T-Shirt Motiv, Plakat oder Werbebild. Natürlich ist eine Superheldenseite vom Aufwand her nicht mit einer europäischen Comicseite zu vergleichen. Trotzdem ist eine monatliche Leistung von 20 Seiten plus Annual nicht zu unterschätzen. Es ist daher klar, dass manchmal auch ein wenig Zeit eingespart werden musste.

Ditko ist dabei nicht nur für die Zeichnungen verantwortlich gewesen. Stan Lee folgte bereits generell dem Prinzip, Zeichnern nur grobe Vorgaben zu machen. Hier hat er Ditko noch größere Freiheiten gelassen und so taucht der Zeichner auch offiziell als Co-Creator auf. Das Vorwort geht auch noch auf die Serie ein, die Ditko nach seinem Zerwürfnis mit Lee geschrieben hat und bewertet sie als „Spidey-Stories“ mit einem anderen Kostüm.

Marvel Taschen Spider-Man 2 page 416

Das gewählte XXL-Format entspricht im Übrigen der Größe der originalen Artboards. Wir sehen also das, was auch Steve Ditko gesehen hat, als er die Seiten erschuf. Die Vorlagen stammen aus der per Guiness World Record definierten größten Comic-Sammlung der Welt.

Geniale Momente in einer Library für die Ewigkeit

Nicht umsonst ist die Marvel Comics Library mit einem der wichtigsten Preise der Comicwelt ausgezeichnet worden. Auf den ersten Blick sammelt sie nur vergessene Kioskmassenware, um sie an heute potente Ex-Käufer erneut zu verkaufen. Auf den zweiten Blick erlaubt sie aber einen einzigartigen Rückblick auf die damalige Zeit und die grandiosen Innovationen, die erst im Rückblick ihre Bedeutung erkennen lassen. Die Tatsache, dass der Band international vermarktet wird und deshalb komplett auf Englisch ist, sollte heutzutage nicht mehr stören.

Marvel Taschen Spider-Man 2 Intro

Die Kombination aus einer gehaltvollen Einführung und Einordnung von Jonathan Ross und der übergroßen, sorgfältigen Reproduktion der damaligen Spider-Man Seiten lässt die Leser*innen eintauchen in den Spirit der Serie aber eben auch in die Details, die damals gar nicht sichtbar waren. Begleitet wird das von sehr ausführlichen editorischen Informationen. Lesebändchen und die Leinenbindung machen das extragroße Coffeetable-Buch zu einem Hingucker, egal ob es (neben den anderen Bänden der Reihe) im Regal steht oder tatsächlich auf einem Tisch liegt und zum Lesen einlädt. Dazu passt auch die Nummerierung der Bände der „Famous First Edition“.

Marvel Taschen Spider-Man 2 Number

Wer es noch exklusiver mag, kann im übrigen auf die auf 1000 Exemplare limitierte Luxusausgabe setzen!

Dazu passen Musik von George Harrison (etwa My Sweet Lord) und eine Erdbeerbowle mit Altbier.

© der Abbildungen 2023 Marvel / 2023 Taschen Verlag

Mitton – Das Phantom 1

Die ersten vier Geschichten aus der Feder von Jean-Yves Mitton 1989 – 1990

Story: Scott Goodall, Norman Worker, Donne Avenell, Lennart Moberg
Zeichnungen: 
Jean-Yves Mitton
Originaltitel:
Fantomen (SW) 7, 22 (1989), 7, 15 (1990)

Kult Comics

Softcover | 148 Seiten | s/w | 25,00 € | 
ISBN: 978-3-96430-367-7

Cover Mitton - Das Phantom 1

Das Phantom ist ein echtes Phänomen: jahrelang war es vom deutschen Markt verschwunden und nun erscheinen neue Geschichten gleichzeitig hier bei Kult, bei Zauberstern, bei ECR und bei Wick. Während bei den letzteren Publikationen die Titelfigur im Vordergrund steht, fokussiert Kult Comics auf den Zeichner! Dieser hatte zunächst für einen kleinen französischen Verlag an Superheldencomics gearbeitet. Jener Verlag wurde dann von Semic gekauft, der wiederum in einigen Ländern das Phantom-Magazin herausgab. Und so markiert Das Phantom einen Wendepunkt in der Karriere des Zeichners von Stoffen wie Mikros zu Alwilda oder Vae Victis.

Einsatz für die Schwächsten

Ich möchte nicht behaupten, dass schwarz-weiße Zeichnungen und Comic-Geschichten per se besser wären als kolorierte. Oft fehlt ohne Farbe etwas und Zeichner wie etwa Prugne haben eine solche Meisterschaft mit dem Pinsel erreicht, dass es blödsinnig wäre, ihre Werke in einen solchen Vergleich zu ziehen. Auf der anderen Seite lassen sich etwa die verschiedenen Jerry Spring-Ausgaben von Jije nebeneinanderlegen und offenbaren ihre jeweiligen Stärken. Die Geschichten von Mitton für das schwedische Fantomen-Magazin erscheinen nun erstmals komplett auf Deutsch in der schwarz-weißen Originalfassung.

Mitton - Das Phantom 1 page 17

Der gelbe Tod stellt eines der immer wieder kehrenden Themen in den Mittelpunkt: die aufgrund von Profitinteressen in-Kauf-genommene Zerstörung von Lebensräumen für Mensch und Umwelt. Worubu ist eher traditionell: Es gibt einen Gangster, der mit Hilfe von mehr oder weniger freiwilligen Komplizen versucht, einen Coup zu landen. Dabei werden Unbeteiligte in Mitleidenschaft gezogen. Hier wird in einer sehr spannenden Weise die Dschungelpatrouille mit einbezogen.

Die Kinder des Dschungels handelt erneut von der scham- und grenzenlosen Ausbeutung der Natur und ihrer tödlichen Folgen auf die indigene Bevölkerung. Zwar nennen die Autoren es weder Völkermord noch Rassismus, nehmen aber klar Stellung in der Verurteilung. Den Abschluss bildet Der Nektar der Götter, eine Story mit mehr Fantasy-Einfluss. Man nehme ein wenig Conan, ein wenig Edgar Rice Burroughs und eine Prise Phantom und eine sehr spannende Erzählung ist das Ergebnis!

Mitton - Das Phantom 1 page 18

Lichte Schattenmalerei!

Mitton darf hier zeigen, was er kann! Sein Spiel mit Licht und Schatten ist grandios und lässt die Zeichnungen sehr plastisch wirken. Emotionen sind klar ersichtlich, die Actionsequenzen sind punktgenau getroffen. Der zum Absprung bereite Panther drückt sämtliche Konzentration und Anspannung aus die notwendig ist, um im geistigen Auge des/der Leser*in den Sprung folgen zu lassen!

Die Zeichnungen enthalten dabei genug Referenzen an die Vergangenheit als Zeitungsstrip und die großen Meister dieses Stils. Sie zeigen aber auch die Meisterschaft in der Komposition der gesamten Seite, die nicht auf den Cliffhanger am Ende jeder Zeile setzen muss. Wer hier allerdings die eher spärlich bekleideten Frauen aus dem Spät-Werk Mittons sucht, wird enttäuscht sein.

Mitton - Das Phantom 1 page 24

Schöne Zusammenstellung

Die Grundlage eines der ältesten kostümierten Helden überhaupt ist der Pulp: einfach konstruierte und spannungsgetriebene Geschichten, die die täglich kleine Flucht ermöglichen. Aus dieser Einfachheit hat sich das Phantom schon lange entfernt. Trotz einer internationalen Lizenzproduktion ist allen Produkten gemein, dass sie auf der Seite des Richtigen stehen und Missachtung fremder Kulturen, Zerstörungen von Lebensräumen und persönliche Gier zutiefst verachten! Insofern ist es schön, dass sie auch in Deutschland wieder Fuß fassen konnte.

 Die Softcover-Reihe mit den Geschichten von Jean-Yves Mitton ergänzt die aktuellen Hefte, indem sie einen Zeichner in den Fokus nimmt und herausstellt. Wick und ECR sind eher an den Sammler gerichtet, Zauberstern setzt auch auf Gelegenheitskäufer*innen. Wer möchte, kann sich auch die limitierte Vorzugsausgabe ansehen, die gleich mit zwei Ex Libris daherkommt!

Mitton - Das Phantom 1 VZA Ex Libris
Ex Libris der Vorzugsausgabe (Ausschnitt)

Dazu passen The Offenders mit „Hasta La Muerte“, und ein Gouden Carolus Noël.

© der Abbildungen 2023 King Features Syndicate, Inc./Distr. Bulls | Egmont Publishing AB / 2023 Comic Combo, Leipzig

Zauberstern – Phantom 9

Betondschungel

Story: Mike Bullock & Kevin Grevioux, Tony DePaul

Zeichnungen: Samicler Concales, Paul Ryan

Originaltitel: The Phantom Annual 2 (2008), Phantom Daily Strip 2006 (5/15 – 12/30) USA

Zauberstern Comics

Heft |100 Seiten | Farbe | 9,99 € |

ISBN: 978-3-98953-058-4

Cover Zauberstern Phantom 9

Alle zwei Monate gibt es für Phans neues Lesefutter am Kiosk. Simeon Hrissomallis bemüht sich dabei, sowohl die Liebhaber*innen des klassischen Zeitungsstrips zufrieden zu stellen als auch diejenigen, die Comichefte bevorzugen. Da in Deutschland über Jahrzehnte kein Material erschienen ist, ist der Fundus an „guten“ Geschichten groß genug, um jeweils 100 Seiten zu füllen!

Gute Freunde und böse Menschen

Die aktuelle Ausgabe wird von einem Crossover eröffnet: Mit dem Phantom, Mandrake und Lothar treten gleich mehrere Figuren von Lee Falk auf. In Betondschungel werden daher Gangster auch mit magischen Mitteln bekämpft. Der Hintergrund ist aber eine ernsthafte Thematik, die tatsächlich ein großes Problem ist: Viele bisher unbekannte Dschungel-Pflanzen enthalten Substanzen, die je nach Dosierung positive oder negative Einsatzmöglichkeiten haben. Es geht nicht nur darum, die Ausbeutung der Natur nicht ungeregelt zuzulassen, es gibt auch einen nicht immer fair ausgetragenen Wettlauf zwischen Konzernen. Nicht zuletzt versprechen solche Substanzen leider auch einen hohen Gewinn für illegale Organisationen.

Dazu kommen zwei Storylines aus den Dailys: In Die Rückkehr der Python kehrt ein „alter Bekannter“ zurück: Chatu. Dieser nimmt irrtümlicher Weise an, dass er das Phantom vor Jahren getötet habe und startet nun erneut seine terroristischen Aktivitäten in Bangalla. Sklavenhändler weist erneut auf ein immer noch aktuelles Problem hin. Obwohl die Sklaverei offiziell abgeschafft ist, gibt es Organisationen die Flüchtlinge (oft genug gegen teures Geld) illegal an einen Ort bringen, an dem sie ihre „Schulden“ tilgen müssen und unter menschenunwürdigen Bedingungen zur Arbeit gezwungen werden.

Backcover Phantom

US-Mainstream und Zeitungsstrip

Die Zeichenstile sind naturgemäß sehr unterschiedlich. Während Samicler Concales den Comicheft-Markt bedient und sich im amerikanischen (Super-)Helden Mainstream befindet, ist Paul Ryan einer der guten Zeichner der Tagesstrips gewesen. Er hatte den Niedergang des Strips bremsen können.

Die Comic-Heft-Reihen waren in der Vergangenheit in verschiedenen Häusern heimisch, unter anderem hatten sowohl DC als auch Marvel eine entsprechende Phase. Seit mittlerweile über 20 Jahren erscheinen Phantom-Titel bei Moonstone.

Kandidat für die Jahresbestenliste

So langsam nähert sich das Jahr dem Ende und Spekulationen über die Jahresbestenliste gewinnen an Substanz. Der (geglückte) Versuch, beide Traditionslinien des Phantoms (Strip & Comic) miteinander zu verbinden, und dabei gleichzeitig auch noch Material aus unterschiedlichen Ländern zu verwenden, ist sicherlich ein Wagnis gewesen. Außerdem hat die Vergangenheit bewiesen, wie schwierig es ist, in Deutschland ein Comic-Magazin am Kiosk zu etablieren.

Zum Erfolg beigetragen hat die Qualität der ausgewählten Stories, die erfolgreiche Ansprache der Phans, die auf den Leser*innenseiten kräftig mitmachen, und sicherlich auch ein wenig die Rückkehr der Pulps. Die kleine Flucht ist wieder modern und hier wird sie möglich. Das wird nicht zuletzt auch dadurch ermöglicht, dass die Portionen mit 100 Seiten relativ groß sind und nicht nur kurze 5 Minuten-Pausen ermöglichen!

Dazu passen Sweet („Hellraizer“) und ein Schwarzriesling.

© der Abbildungen 2023 King Features Syndicate, Inc TM Hearst Holdings, Inc 2006 & Moonstone Books 2008 / Zauberstern Comics 2023

Lee/Buscema – Silver Surfer. Vol. 1. 1968–1970

Marvel Comics Library (Band 5)

Story: Stan Lee
Zeichnungen: 
John Buscema

Herausgeber: Douglas Wolk, Sal Buscema
Originalausgabe

Taschen Verlag

Hardcover XXL | 706 Seiten | Farbe | 150,00 €

Famous First Edition limited to 5000 numbered copies
ISBN: 
978-3-8365-9651-0

Cover Marvel Comics Library Silver Surfer 1

Das Marvel Universum hat im Laufe der Zeit eine ganze Menge an Charakteren kommen (und teilweise auch wieder gehen) gesehen. Einige davon sind Bestandteile der kollektiven Populärkultur geworden und haben einen deutlich höheren Bekanntheitsgrad als mancher Staatslenker. Die Marvel Comics Library bringt die Anfänge der bekanntesten und beliebtesten Reihen in XXL-Wälzern zurück! Die Eisner-Award-prämierte Serie besteht aus reproduzierten und digital überarbeiteten Originalserien im Riesen Coffee-Table Format und gewährt neue Einblicke in die großartigen Geschichten der 60-er und 70-er Jahre.

Aus großer Verantwortung erwächst große Kraft

Norrin Radd war einer der Bewohner von Zenn-La, einem Planeten dessen Zivilisation fast alles erreicht hatte. Armut und andere Bedrohungen waren besiegt worden, einem luxuriösen Leben stand nichts mehr im Wege. Norrin war in Shalla-Bal genauso verliebt wie sie in ihn und die Geschichte hätte hier ihr langweiliges Ende finden können. Doch es gab Galactus, den Weltenverschlinger, dem keine Zeit blieb, unbewohnte Welten zu finden, wenn er sich rechtzeitig ernähren wollte. So opferte Norrin sich selbst für seinen Planeten und bot an, Galactus künftig als Herald zu dienen und geeignete Planeten zu finden. Soweit die Originstory des Silver Surfer, des kosmischen Heralds, die als erste Ausgabe der Silver-Surfer-Reihe 1968 auf den Markt gekommen war.

Taschen - Silver Surfer 1 page 10

Das Heft und ihr Held waren anders. Zunächst einmal kostete ein Heft mit 25 ct mehr als das Doppelte eines regulären Comics, war aber auch doppelt so dick. Zudem war der Silver Surfer, der seine „Karriere“ bei den Fantastischen Vier begonnen hatte, alles andere als ein typischer weiterer Super-Held! Kein Kostüm (teilweise ein angedeutetes Höschen) sondern ein weißer Überzug, der ihn im Weltall überleben lies, kosmische Superkräfte, aber verbannt auf die Erde, und vor allem ständig über die Verderbtheit und Beschränktheit der menschlichen Rasse philosophierend, entsprach sein Inneres so gar nicht der coolen Surfer-Pose.

Der Silver Surfer war ein Charakter für die älteren Leser*innen, durfte ein wenig Romantik in die gewaltorientierte Welt bringen und das Leiden aller Weltverbesserer auf seinen Schultern tragen. Dieser Ansatz trug zunächst und machte den galaktischen Wanderer zu einem Erfolg, führte wegen seiner Beschränktheit aber gleichzeitig auch zur Einstellung der Serie, da die Jungen eben nicht auf diesen Zug aufspringen wollten.

Taschen - Silver Surfer 1 page 20

Epische Schlachten und totale Verkennung

Kaum ein anderer Held der Marvel-Ära musste gegen so viele mächtige Gegner bereits in den ersten Ausgaben antreten: Er wird von Galactus auf die Erde verbannt, rettet die Welt vor bösen Außerirdischen, der Brotherhood of Badoon, kämpft gegen Mephisto und wird von Loki in einen Kampf mit Thor verwickelt. Trotz aller guten Taten für die Erdbewohner sind diese allerdings der Meinung, dass er ein Außerirdischer sei, der nur eine einzige Aufgabe habe, nämlich zu Verschwinden. Und so finden sich immer ein paar Durchschnittsbürger, die diese Aufforderung auch mit körperlicher Gewalt durchsetzen wollen.

Gerade die Überlegungen des mit gewaltiger Macht ausgestatteten Wesens sind ein Schwerpunkt der Inhalte. Wie oft sinnt der Kerl über die schlechten Menschen und verzweifelt ob seines Schicksals, ausgerechnet auf diese Welt verbannt zu sein. Schließlich will er doch eigentlich nur zwei Dinge: Gutes tun und seine große Liebe wiedersehen. Dieser Wunsch ist natürlich eine offensichtliche Schwäche, die seine Gegner mehr oder weniger bösartig ausnutzen. Großartig ist die Szene, in der er wütend wird und ausrastet, sich kurze Zeit später dafür aber am liebsten geißeln würde.

Taschen - Silver Surfer 1 page 400

Außergewöhnliches Artwork

John Buscema ist ein weiterer großer Zeichner, der für Marvel an vielen verschiedenen Serien tätig war. Aufgrund der Eigenarten von Stan Lee, der seine Skripte meistens gar nicht ausarbeitete, sondern mehr oder weniger umfassend andeutete und später nur den Text in die vorbereiteten, leeren Blasen einsetze, musste er die Serie nicht nur zeichnen, sondern auch weiterentwickeln. Seine Surfer-Zeichnungen sind dabei sowohl dazu geeignet als Postermotiv oder aber als alleinstehende Illustration in einer Werbung ikonografisch zu wirken, als auch die Emotionen des gemarterten Wesens wiederzugeben.

Niemand sonst war in der Lage, den Verzweifelten auf seinem Bord durch die Lüfte gleiten zu lassen und ihn so verloren aussehen zu lassen. Nicht vergessen darf man in diesem Zusammenhang das kongeniale Inken durch Sal Buscema! Das XXL-Format bringt Details zum Vorschein, die ansonsten untergegangen wären. Diese zeigen die Qualität der Arbeiten und machen das Lesen selbst für ein durch die heutigen technischen Möglichkeiten verwöhntes Auge zu einem Genuss. Ein besonderes Vergnügen wird das bei den späteren Ausgaben, die grafisch die Umwälzungen der end-60-er aufnehmen!

Taschen - Silver Surfer 1 page 26

Interessanter Redaktioneller Teil

Ein großes Plus dieser Reihe ist der großartige, zweigeteilte redaktionelle Teil, der den Comics vorausgeht. Wie schon bei den anderen Teilen (Spider-Man, Avengers, Fantastic Four) eröffnet zunächst ein sehr persönlicher Beitrag das Buch. In diesem Fall ist es Sal Buscema, der in diesem doch sehr familiären Setting die Seiten seines Bruders John geinkt hat und seine Sicht auf die Zeit schildert.

Daran anschließend führt Douglas Wolk in die Historie des Silver Surfer ein. Er erzählt nicht nur von den Auftritten des Sentinels, die der eigenen Serie vorangingen, er weist auch auf die jeweiligen Besonderheiten der einzelnen Storys hin. Ohne diese Einführung wäre mir jedenfalls die Verbindung zum Shakespeare-Englisch und -Duktus nicht aufgefallen. Wolk selbst ist ebenfalls Eisner-Preisträger und lehrt Comics-History in Portland.

Taschen - Silver Surfer 1 page 14

Natürlich enthält der Band auch eine Unmenge an Abbildungen, teilweise seitenfüllend, die noch mehr Details entblößen, Kurzbiographien aller beteiligten Künstler und ausführliche bibliographische Angaben zu den 18 Heften.

Für Fans ein Muss! Oder als Geschenk!

Dieser leinengebundene Prachtband enthält die komplette erste Silver Surfer Serie, also alle 18 Hefte, die zwischen 1968 und 1970 erschienen sind in Reproduktionen von Originalheften. Natürlich beinhaltet das die Titelbilder, Werbeanzeigen und Leserbriefseiten. Ebenfalls notwendigerweise ist der Band daher komplett in Englisch. Die Famous First Edition ist nummeriert und auf 5000 Exemplare limitiert und kommt in einem bedruckten, stabilen Karton. Die Rückeneinbände der Marvel Comics Library haben jeweils eine andere Farbe und ein Signet, sehen also auch geballt gut im Regal aus.

Der Preis mag einigen relativ hoch erscheinen, ergibt aber nur einen Seitenpreis von 21 ct bzw einen Preis von 3 ct pro Gramm. Für Fans des Surfers ein absolutes Muss. Nie gab es die Möglichkeit, den ersten Run in dieser Auflösung genießen zu können! Der Band wird sicherlich aber auch auf der einen oder anderen Liste für Weihnachten seinen Platz finden. Verdient hat er ihn dort allemal! Und wer es noch exklusiver mag, kann zur Luxusausgabe greifen!

Taschen - Silver Surfer 1 page 560

Dazu passen Why?(Am i Treated so Bad) von den Staple Singers und ein Kaffee, denn der hilft immer…

© der Abbildungen 2023 Marvel / 2023 Taschen GmbH

Zauberstern – Phantom 8

Hinter der Maske und andere Stories

Story: Martin Powell, Tony DePaul
Zeichnungen: 
Hanibal King, Paul Ryan

Originaltitel: The Phantom Unmasked 1 & 2, 2010, USA; Phantom Daily Strip 2005, USA

Zauberstern Comics

Heft |100 Seiten | Farbe | 9,99 € |

ISBN: 978-3-98953-057-7

Cover Zauberstern - Phantom 8

Wie die Zeit vergeht, schon wieder zwei Monate rum und das neue Phantom-Magazin ist in der Post. Nach einer kurzen Pause gibt es erneut eine neue Story von Moonstone, also für die Freund*innen der modernen Erscheinung, und zwei klassische Geschichten aus dem Run von DePaul und Ryan

Kinder in allen Variationen

Das begleitende Thema aller Geschichten in diesem Heft sind Kinder. Den Anfang macht eine junge Frau die als Kind von dem Phantom aus einem brennenden Haus gerettet worden war. Sie hat sich in den Kopf gesetzt, das Geheimnis ihres Retters zu lösen und das Gesicht Hinter der Maske zu enthüllen. Eine typische Magazin-basierte Story, die sich Zeit lassen kann, eine Geschichte zu entwickeln.

Die Daylies sind formatgerieben etwas anders ausgerichtet. Sie müssen jeden Tag aufs Neue dazu beitragen, dass ihre Leser*innen die gestrige Tageszeitung auch heute kaufen. Der Spannungsbogen muss daher konstant hochgehalten werden. Zunächst geht es in Die Sünden des Vaters um einen Strafgefangenen, der dem Präsidenten von Bangalla eine Geschichte erzählt. Tatsächlich befürchtet er, dass seine Kinder Dummheiten begehen werden, um ihn zu befreien.

In Familienbande stehen dann die Kinder des Phantoms im Mittelpunkt: Sind sie in der Lage, im Dschungel zu überleben? Wären sie bereit und fähig, im Falle eines Falles die Nachfolge anzutreten? Oder geht es um etwas ganz anderes?

Für jede*n etwas

Die Tüte Buntes enthält wieder für beide Lager etwas. Die Modernisten erhalten eine geballte Ladung amerikanischen Heftchen-Mainstreams mit dem ältesten noch aktiven maskierten Helden, die anderen eine genauso große Lieferung von Zeitungsstrips. Beide Stränge haben sowohl Anteile im Dschungel als auch in der Stadt, sind spannend und nicht unbedingt vorhersehbar.

Illustration Phantom

Ich bleibe dabei: Der Reiz von diesem Konzept liegt in der Abwechslung! Das vorhandene Material ist groß genug, um noch viele weitere Magazine füllen zu können.

Stabile Lieferung

Die Reihe hat es tatsächlich geschafft, sich auf dem Markt zu etablieren. Nicht jede*r hätte darauf gewettet, dass das Phantom sich so lange hält. Das zeigt, dass das Konzept der Mischung aufgeht und vor allem auch, dass der „alte“ unsterbliche wandelnde Geist noch immer viele Phans in Deutschland hat. Alles richtig gemacht!

Dazu passen Nick Cave & The Bad Seeds und ein Mate.

© der Abbildungen 2022 by King Features Syndicate, Inc. TM Hearst Holdings, Inc. 2005 & Moonstone books 2010 / 2023 Zauberstern Comics

Navarro/Mitton – Mikros 2

Super-Termitor

Story: Marcel Navarro
Zeichnungen: 
Yves Mitton

Originaltitel: Mikros partie 6 – 10 (Mustang # 59 – 63)

Zauberstern Comics

Heft |100 Seiten | Farbe | 9,99 € |

ISSN: N/A

Cover Mikros 2 Variante A

Die Kult-Serie aus den 80-er Jahren erzählt die Geschichte dreier Superheld*innen: Mikros, Crabb und Saltarella waren sowohl Olympioniken als auch erfolgreiche Wissenschaftler*innen auf dem Gebiet der Insektenkunde, als sie in eine Mischung aus Mensch und Insekt verwandelt wurden. Im ersten Heft konnten sie die Invasion der insektoiden Slizz abwenden.

80-er Jahre Kult

Die 80-er waren nicht nur musikalisch ein Jahrzehnt, das immer noch eigene Radiostationen bestücken kann. Auch Klamottentechnisch kommt immer wieder das eine oder andere Revival. Warum sollte also diese Superheldenreihe aus Frankreich, die viele Grundmotive doch ein wenig anders interpretiert als die gängigen US-Reihen nicht auch endlich den Platz in Deutschland bekommen, den die damals gekürzte und unvollständige Veröffentlichung nicht füllen konnte?

Wie zu erwarten war, ist die Bedrohung durch den Herrscher der Slizz nicht komplett beseitigt. Er hat es geschafft, die Erde zu erreichen und dort als Super-Termitor einen Insektenforscher zu übernehmen. Diese neue Mutation scheint noch mächtiger zu sein als die ersten „Versuche“ mit den Held*innen der Geschichte und das Ende der Welt scheint unausweichlich. Werden die Drei die Erde erneut retten können? Selbst wenn, wird der mittlerweile angerichtete Schaden zu beseitigen sein?

Ein wenig psychedelische Popart und ein paar Monstrositäten

Cover Mikros 2 Variante B

Wie in dieser Zeit durchaus üblich verwendet Mitton auch hier psychedelische Farbspiele in teils ungewöhnlichen Bildausschnitten. Das leicht glänzende Papier unterstützt diese grellen Kombinationen und macht das Lesen zu einer ganz eigenen Erfahrung.

Ansonsten sind die Zeichnungen natürlich von guter Qualität und lassen die Mischung aus menschlichen und insektenartigen Körpern glaubwürdig erscheinen. Stilistisch werden hier viele Anleihen bei Marvel-Serien gemacht, in der Darstellung der technischen Gegenstände ist dagegen eher der europäische Einfluss bemerkbar.

Superheld*innen mit Humor!

Es gibt Serien, die sich selber sehr ernst nehmen und in denen der Held zum Lachen vermutlich in den Keller geht (zumindest aber die Seiten verlässt). Trotz aller Gefahren und aller Kampfszenen ist das hier nicht der Fall. Die Held*innen nehmen sich selber ein wenig auf die Schippe, hadern durchaus mit ihrem insektoiden Aussehen und haben ihre persönlichen Probleme. Ein wenig Klamauk ist sicherlich dabei, allerdings nicht so viel, dass es stören würde. Das Heft wird in zwei Covervarianten ausgeliefert.

Die neue Übersetzung hat sich bemüht, den Ton von damaligen Fernsehserien zu treffen. Das gelingt durchaus, klingt heutzutage aber manchmal etwas strange und nicht immer PC. Die Entscheidung, immer 5 Stories zusammen in einem Magazin zu publizieren geht für mich auf. Genügend Stoff um „voranzukommen“, aber keine Überforderung durch die dreimonatige Erscheinungsweise. Weiter so!

Dazu passen The Police aus den 80-ern und ein Korn mit Kirsch.

© der Abbildungen 2023 Mitton Ed. Original Watts / 2023 Zauberstern Comics

Zauberstern – Phantom 7

Drei Phantom Klassiker

Story: Lee Falk, Ulf Granberg; Lee Falk & Tony DePaul
Zeichnungen: 
Roy Felmang; George Olesen, Paul Ryan

Originaltitel: Sjöjungfrurna I Melosunden (1995) Schweden, Phantom Daily Strip 2004, 2005, USA

Zauberstern Comics

Heft |100 Seiten | Farbe | 9,99 € |

ISSN: N/A

Cover Phantom 7

Das Phantom-Magazin von Zauberstern hat es sich zur Aufgabe gemacht, dem deutschen Publikum möglichst viele unterschiedliche Publikationen mit dem wandelnden Geist zu präsentieren. Nach dem die letzten Hefte schwerpunktmäßig mit Geschichten von Moonstone gefüllt waren, sind jetzt wieder die klassischen Phans an der Reihe. Das erfordert vom Publikum zwar eine gewisse Toleranz, ist aber meines Erachtens nach ein vielversprechendes Konzept, erlaubt es doch die Kombination mehrerer Segmente die für sich genommen möglicherweise zu klein zum Überleben wären.

Meerjungfrauen und Dungeons

Die erste Geschichte, Lockruf der Sirenen, ist eine kleine Besonderheit, hatte doch das schwedische Phantom-Magazin beschlossen, das 50-jährige Jubiläum des Helden mit der Neufassung einer Story von 1945 zu begehen. Diese „Klassiker-Neufassung“ ist mittlerweile selbst fast 30 Jahre alt. Schiffe verschwinden spurlos von ihrer Route und es scheint als würden Sirenen die Schiffe mit ihrem Gesang anlocken und in den Klippen zerschellen lassen. Natürlich ist das ein Fall für die Walkers.

Ergänzend kommen zwei aufeinander bezogene USA Dailies von 2004 (Diebe in Bangalla) und 2005 (Das Geheimnis des Tempels) zum Abdruck. Eine Tauchgesellschaft sucht in einem kurz vor Kriegsende versenkten deutschen U-Boot ein Artefakt. Dieses entpuppt sich als verschlüsselte Landkarte zu einem 5000 Jahre alten Dungeon in dem die Nazis Überbleibsel einer Super-Rasse vermuteten. Natürlich ist kaum anzunehmen, dass das Phantom die aktuellen Schatzsucher*innen auf seinem Gebiet dulden möchte.

Sehr detaillierte schwedische Interpretation

Die schwedische Neufassung kommt in sehr detaillierten Zeichnungen daher und versprüht einen gewissen nostalgischen Charme aufgrund der Frisuren und der Kleidung. Im Gegensatz zu den 60ern sind hier Frauen durchaus aktiv handelnde Personen. Trotzdem muss der Held rettend eingreifen. Eine willkommene Abwechslung zum heutigen Mainstream!

Die beiden anderen Geschichten sind Zeitungsstrips und damit werden wahrscheinlich einige wieder die Dschungel-Post-Seiten mit Klagen füllen. Die qualitativ durchaus ansehnlichen Strips gehören aber genauso zu dem Phänomen Phantom wie die neuen Interpretationen, werden jedoch sicherlich nur einen kleinen Teil das zukünftigen Materials ausmachen.

Gelungene Abwechslung!

Diese Ausgabe ist wieder eher für diejenigen, die schon die Bastei-Hefte verschlungen haben. Ich hoffe, dass der Stamm der Abonnent*innen mittlerweile groß genug ist und die Verkaufspeaks und -dellen nicht allzu stark voneinander abweichen. In Ausgabe 10 gibt es übrigens Neues von Moonstone! Mehr zu der deutschen Veröffentlichungsgeschichte bei Christian Blees.

Dazu passen The Hot Sardines, etwa mit “When I get low, I get high” und ein Mint & Mango iced Green Tea.

© der Abbildungen 2022 by King Features Syndicate, Inc. TM Hearst Holdings, Inc. 2004 & EGMONT Schweden 1995 / 2023 Zauberstern Comics

Zauberstern – Phantom 6

Phantom: Ghost who walks 9 – 12

Story: Mike Bullock
Zeichnungen: 
Silvestre Szilagyi

Originaltitel: Phantom: Ghost who walks 9-12 (Godfall part 2-5)

Zauberstern Comics

Heft |100 Seiten | Farbe | 9,99 € |

ISSN: N/A

Cover Zauberstern Phantom 6

Das Phantom-Magazin hat den Anspruch, die deutschen Phans mit relevantem aktuellem Material aus den unterschiedlichen nationalen Phantom-Produktionen zu versorgen und dazu wenn möglich den einen oder anderen unveröffentlichten Klassiker zu bringen. Dabei geht man bewusst das Risiko ein, dass nicht allen Leser*innen jeder Stil gefallen wird. Heft 4 präsentierte einen Mix, der in diesem Heft abgeschlossene Storybogen hatte bereits in Heft 3 begonnen und war in 5 fortgesetzt worden.

Terrorismus und Kindersoldaten

Leider ist das Phänomen der Kindersoldaten in großen Teilen Asiens und Afrikas immer noch Realität. Anstelle einer Kindheit erwartet die oft zwangsrekrutierten Jungen eine von Gewalt, Demütigung und seelischer Folter geprägte Zeit an deren Ende oft drogenabhängige, gefühlskalte Todesmaschinen stehen. Ihre Herren wissen, welche Schalter sie drücken müssen, um alte Bindungen zu zerstören und sich die Kinder zu Nutze zu machen. So hatten wir im letzten Heft bereits das Aufnahmeritual der Tötung der Anverwandten gesehen.

Ein Bestandteil dieser Machtmaschine ist oft – wie auch hier – die religiöse Verbrämung: Entweder ist der Auftrag von einer höheren Macht gekommen oder aber der „Chef“ erklärt sich gleich selber zu einer göttlichen oder zumindest gesandten Figur. Da auch das Phantom auf einer Legende der Unsterblichkeit basiert, ist die Idee, eine „gute“ gegen eine „böse“ Unwahrheit antreten zu lassen, geschickt gewählt!

Im Laufe der Episoden erklären sich die vorhergegangenen Stories und ordnen sich in einen Masterplan ein an dessen Ende die Tötung des Wandelnden Geists stehen soll. Im Laufe der Geschichte muss er sich mit den Kindersoldaten, unerwarteten Bekannten und menschlichen, wie tierischen Kampfmaschinen auseinandersetzen. Die größte Challenge allerdings kommt zum Schluss!  

Ausschnitt Zauberstern Phantom 6

Dynamisches Artwork

Silvestre Szilagyi hat einen dynamischen Strich, der die Kampfszenen gut zur Geltung bringt. Er benutzt nur äußert selten ein Raster, meistens hat er klare Konturen und Schattierungen für die Tiefe. Viele Szenen spielen in einer Dungeon-artigen Ruine, deren Darstellung für eine düstere, geladene Spannung sorgt.

Ich vermisse bei solchen Szenen die filmische Umsetzung nicht! Dieser moderne amerikanische Stil erinnert allerdings nicht mehr wirklich an die Zeitungsstrips der Anfangstage. Wer sich nach den lila eigefärbten Bastei-Seiten zurücksehnt, mag hier enttäuscht sein. Tatsächlich ist das aber eine sehr moderne, professionelle Umsetzung!

Action zum Lesen!

Nicht alle Phantom-Ableger sind so actionlastig wie die amerikanischen Moonstone-Ausgaben. Da der Run hiermit zunächst einmal abgeschlossen ist, wissen wir aber schon, dass das kommende Heft wieder einen ganz anderen Geist präsentieren wird. Und das macht nun einmal einen großen Teil des Reizes dieser Figur aus: verschiedene Interpretationen, verschiedene Zeiten, verschiedene Helden, aber immer nur eine Legende! Das Heft hat übrigens wieder ein Poster zum Heraustrennen.

Dazu passen Motörhead  “God Was Never on Your Side” und ein Classic-Gin von African Spirit.

© der Abbildungen 2022 by King Features Syndicate, Inc. TM Hearst Holdings, Inc. & Moonstone Books 2009 / 2023 Zauberstern Comics

McFarlane/Capullo – Batman/Spawn 1

Todeszone Gotham

Story: Todd McFarlane
Zeichnungen: 
Greg Capullo
Originaltitel: 
US-Batman/Spawn (2022) 1

Panini Comics

Hardcover Überformat | 68 Seiten | Farbe | 18 €
ISBN: 978-3-7416-3351-5

Cover Batman/Spawn 1

Das dritte Mal treffen der Mitternachtsdetektiv und der Hell-Spawn Al Simmons nun aufeinander, allerdings fanden die beiden anderen vor fast 30 Jahren, nämlich 1994 statt. Über Batman muss man nicht viel schreiben, die Serie läuft monatlich, in One-shots und Specials sowie unter dem Black Label. Spawn hat vor Kurzem den Rekord als längste Independent Serie geholt und ebenfalls einiges an Spinn-Offs hervorgebracht. In Deutschland erscheinen beide Serien bei Panini Comics.

Ein gemeinsames Schicksal

Der Rat der Eulen ist eine klandestine Organisation. Aus dem Verborgenen werden Fäden gezogen und Strategien über lange Zeiträume geplant und umgesetzt. Was wäre nun, wenn es einen entsprechenden Rat auch in anderen Dimensionen gäbe, diese gar miteinander in Verbindung stünden?

Batman/Spawn 1 page 3

Bruce Wayne und Al Simmons mussten beide einen heftigen persönlichen Verlust verkraften. Der gewaltsame Tod der Eltern bzw. die gewaltsame Trennung von der Ehefrau haben die Helden zu teils gefühllosen Kämpfern gemacht und dafür gesorgt, dass sie die ihnen zugedachte Rolle übernommen haben. War das geplant? Diese deterministische Sichtweise ist zumindest eine der möglichen in den vielen Spielarten der Kontinuitäten.

Nun scheint es so zu sein, dass die Räte beschlossen haben, die beiden in der Todeszone Gotham gegeneinander antreten zu lassen. Beide scheinen zunächst nur Hass aufeinander zu empfinden und der Kampf könnte auf Leben und Tod gehen – Todd McFarlane entwickelt eine im Rahmen dieser Gegebenheiten logische Story mit viel Action, ein wenig Rückblick und einem perfekten Cliffhanger. Beide Universen werden repräsentiert, ohne dass größere Verrenkungen notwendig wären.

Batman/Spawn 1 page 4/5

Beidseitig geschulter „alter Hase“

Greg Capullo hat nicht nur lange Spawn in seiner Serie Gestalt gegeben, er hat auch für eine lange Zeit Batman gezeichnet und ist somit in beiden Settings zu Hause. Während der Hochphase der Crossover war es oft– zumindest aus meiner Sicht – ein Manko, dass Szenarist und Zeichner entweder das Eine oder das Andere gut konnten, die andere Welt aber nicht wirklich verinnerlicht hatten. Hier sehen die Clowns und der Joker aus wie erwartet.

Beide Serien leben von düsteren Umgebungen, die die Macht der Umhänge und die dadurch ausgelöste Furcht zur Geltung kommen lassen. Während Spawn seine typische grüne Höllenenergie leuchten lässt, ist Batman auf Gadgets und Schnelligkeit angewiesen. Capullo gelingen die Actionszenen zwischen den Beiden gut.

Detail Batman/Spawn 1 page 9

Gelungenes Comeback!

Manchmal stellt sich die Frage, ob Dinge, die vor 30 Jahren funktioniert haben, wirklich wieder aus dem Schrank geholt werden müssen. Dieses Comeback allerdings funktioniert für mich. Natürlich ist es sehr actionlastig und damit auch gut für das gewählte überformatige Hardcover geeignet. Die Figuren dürfen aber auch ein wenig von ihrer Emotionalität ausleben.

Aufgrund der ebenfalls abgedruckten Alternativ-Cover stehen die Fanboys beider Serien natürlich als klar definierte Zielgruppe vorne. Aber auch normale Fans beider Serien werden sich hier wohlfühlen da beide „immanenten Regeln“ eingehalten werden. Zudem gibt es sicherlich noch Liebhaber des Image-Gründerzeiten-Stils! Der Band ist auch in 5 verschiedenen limitierten Variants erhältlich.

Cover Batman/Spawn 1 Variant E
Cover der limitierten VZA E

Dazu passen ein starker Kaffee und der Android-Wecker-Killer „Where is my mind“ von den Pixies!

© der Abbildungen 2022 DC and Todd McFarlane Productions, Inc. / 2023 Panini Verlags GmbH

Fraction/Dodson – Adventureman 2

Ein Märchen in New York

Story: Matt Fraction
Zeichnungen: 
Terry Dodson

Originaltitel: Adventureman Vol. 2

Splitter Verlag

book | 168 Seiten | Farbe | 25,00 € | 
ISBN: 978-3-96792-110-6

Cpver Adventureman 2

Schrill, schräg, lustig! Mit diesen drei Adjektiven wäre der Inhalt dieses Werkes schon mal ganz gut angerissen. Dazu kommt noch die Lust am Fabulieren und die Verbeugung vor den guten Seiten des Pulps, die fast auf jeder Seite zu spüren sind. Dabei herausgekommen ist eine wilde Mixtur aus heutigem, technisiertem Großstadtleben und Oldtimern mit aus Tommie-Guns feuernden Anzugträgern.

Geister-Schurken und Cowboys

Im ersten Band hatten wir uns schon daran gewöhnen müssen, dass klassische Trennlinien von dem Team um Adventureman nicht ernst genommen werden. Grenzen zwischen Realität und Literatur, Gegenwart und Vergangenheit, Geschlechterzuordnungen wurden einfach ignoriert. Vieles davon ist mittlerweile bekannt und muss nicht mehr eingeführt werden, die Story kann also ohne Umschweife beginnen.

Detail Adventureman 2 page 7

Den Anfang macht ein Teil (Heft 5 der Originalserie), der irgendwie dazwischen steht und den Kampf zwischen Chaos und Überleben zum Inhalt hat. Nette Ideen, aber nicht überwältigend. Ab Teil 6 wird dann aufgedreht, als Crossdraw Kid seinen ersten Auftritt hat. Dazu kommen geisterhafte Erscheinungen, die ihren Ursprung in einer stillgelegten Metro-Station zu haben scheinen.

Im Anhang erklärt Matt Fraction den Prozess von der ersten Idee hin zu dem fertigen Comic und wirft einige der Fragen auf, die ihn (und die Dodsons) beschäftigt haben. Dazu gehört unter anderem die Frage, wie man denn Geister „bekämpfen“ kann, sind sie doch logischerweise mit einem Fausthieb nicht wirklich zu beeindrucken. Völlig überdrehte Action, die erneut alle Grenzen überschreitet.

Ein gedruckter Film

Die Geschichte läuft fast ab wie in einer Achterbahnfahrt, die gleichzeitig einen Kinofilm präsentiert. Die Bilder sind voll mit Perspektivwechseln, harten Schnitten und Bewegungsabläufen. Natürlich bewegt man sich nicht wirklich (und muss nebenbei auch noch umblättern), das Tempo ist aber entsprechend. Viele der Details habe ich erst beim zweiten Lesen wahrgenommen, um zunächst den Ablauf nicht zu unterbrechen.

Detail Adventureman 2 page 8

Glücklicherweise verhält sich der Comic wie eine Miniserie, die zwar einen Cliffhanger-Moment hat, gleichzeitig aber auch die Möglichkeit einer Pause bietet. Wer kann, sollte aber durch-bingen! Der semi-realistische Stil in teilweise pastelligen Kaugummifarben schafft eine ganz eigenartige Stimmung, die von den semi-realistischen Zeichnungen unterstützt wird. Was man auf jeden Fall nicht machen sollte, ist zwischendurch nachzudenken. Logik spielt in dieser Serie keine große Rolle.

Ablenkung pur

Pulps waren die Literaturgattung, die den Leser*innen zu ihrer Zeit die beste Möglichkeit des Abschaltens geboten haben. Heute sind bewegte Bilder das Mittel der Wahl. Adventureman bringt ein paar dieser Elemente spielerisch zurück ohne dabei die Klischees, insbesondere in Richtung Sexismus zu bedienen. Wer sich darauf einlassen kann ist hier perfekt aufgehoben!

Detail Adventureman 2 page 10

Wer dagegen die Ernsthaftigkeit eines Batmans oder die philosophischen Fragen eines Spider-Man braucht, ist hier falsch. Das Credo dieser Serie ist schräger und abgedrehter Spaß, der trotzdem gleichzeitig einige Klischees hinterfragt und eben nicht die Wiederholung des Altbekannten ist. Die Präsentation im Hardcover mit den Skizzen aus der Werkstatt ist optimal und bietet extra Vergnügen aufgrund der detaillierten Schilderungen (und Bebilderungen!).

Dazu passen Wir sind Helden mit dem offiziellen Video zu „Von hier an blind“ (naja, passend ist vielleicht nicht richtig, aber schön ist es doch) und ein Whiskey Sour.

© der Abbildungen 2022 Milkfed Criminal Masterminds, Inc. and Terry Dodson/ Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2023

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