Smythe – Lore Olympus 1

Episoden 1 bis 25

Story: Rachel Smythe
Zeichnungen: 
Rachel Smythe
Originaltitel: 
Lore Olympus. Volume One

Lyx Verlag

Hardcover | 384 Seiten | Farbe | 24,00 €

ISBN: 978-3-7363-1874-8

Cover Lore Olympus 1

Die Standardvorstellung über einen Comic basiert immer noch auf der klassischen Vorstellung, dass das Ergebnis sich als gedruckte Seiten zwischen zwei Buchdeckeln oder aber in einem Zeitschriftenumschlag wiederfindet. Immerhin hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass die Leserichtung unterschiedlich sein kann. Dabei gibt es schon seit geraumer Zeit sogenannte Webtoons, also Comics die originär und teilweise ausschließlich im Web veröffentlicht werden. Lore Olympus ist eines der meistgelesenen Webtoons der Welt!

Love against prejudice

Rachel Smythe kommt aus Australien, hat Lore Olympus aber auf der internationalen Plattform für Web-Comics, webtoons.com, veröffentlicht und hatte damit von Anfang an ein weltweites Publikum. Für ihre erste Serie Lore Olympus wurde sie gleich mehrfach ausgezeichnet mit einem Eisner- und dem Goodreads-Choice-Award. Zudem ist es ihr gelungen, einen #1-NEW-YORK-TIMES-Bestseller abzuliefern. Der Lyx-Verlag ist spezialisiert auf das Genre New-Adult und bringt das Opus jetzt auf Deutsch in mehreren Hardcover-Bänden.

Lore Olympus 1 page 8

Die junge Göttin Persephone ist neu in Olympus, der Götterwelt. Ihr bisheriges Leben hat sie unter der kontrollierenden Obhut ihrer Mutter im Reich der Sterblichen verbracht, durfte allerdings noch nicht einmal ein Smartphone besitzen. Nun hat sie ein Stipendium und tritt dem Kreis der Göttinnen Ewiger Jungfräulichkeit bei. Zu ihren neuen Möglichkeiten gehört auch das Besuchen von Partys.

Hier trifft sie Hades, den König der Unterwelt, der nach Tod riecht und eher nicht unter den bevorzugten Partnern zu finden ist. Im Gegensatz zu einigen anderen Olympianern behandelt er Persephone aber absolut korrekt und es könnte sein, dass sich da etwas anbahnt…

Innovativ!

Die Zeichnungen und ihr Layout folgen keinem festen Schema, entziehen sich auch der Logik einer begrenzenden Seite. Natürlich sind alle Zeichnungen von Rachel Smythe am Tablet entstanden, aber keineswegs eintönig. Sie wechselt häufig zwischen den Stilrichtungen und passt die Grafiken somit der Stimmungslage an: schwarz-weiß, verwaschene Grautöne, düstere Höhlenstimmungen und anderes mehr.

Lore Olympus 1 page 10

Auch die Größe der Abbildungen folgt keinem Raster, sondern liefert das gerade Notwendige. Sehr angenehm! Die Figuren, ihre Darstellung, die Grundfarben, alles das ist im Vergleich zu einem Agententhriller oder einem Fantasyabenteuer sehr weiblich. Es gibt keine Helden, die glänzen müssen, im Gegenteil, die glänzenden Posen fallen immer wieder zusammen.

Der Geschenke-Tipp

Ob sich potenzielle Comicleserinnen jetzt eher von dem Paradebeispiel eines Comicbuchladens (samt Nerds) haben abschrecken lassen oder ob doch eher die auf eine männliche Zielgruppe ausgerichteten Inhalte die Hauptschuld getragen haben, ist eine beliebte Frage für Diskussionsrunden. Lore Olympus interessiert sich nicht dafür und bietet eine sehr lesbare Geschichte für young adults aus weiblicher Perspektive.

Lore Olympus 1 page 11

Insofern ist der Versuch des Bastei-Lübbe-Imprints Lyx definitiv als gelungen zu bezeichnen: Rechtzeitig vor Weihnachten gibt es gleich zwei Bände zum Einstieg die einerseits mit Preisen werben können, andererseits aber wohl auch durch die Mund-zu-Mund-Propaganda der einschlägigen Portale empfohlen werden werden. Definitiv ein Geschenke-Tipp!

Dazu passen ein Chai mit laktosefreier Milch, ein veganes Plätzchen und Nina Chuba!

© der Abbildungen 2021 by Rachel Smythe und WEBTOON™ / 2022 Bastei Lübbe AG, Köln

Burrini – Das Leben ist kein Ponyhof 4

Das Internet schlägt zurück!

Story: Sarah Burrini
Zeichnungen: Sarah Burrini

Edition Kwimbi

Hardcover | 144 Seiten | Farbe | 18,00 € |

ISBN: 978-3-947698-14-1

Wenn das Leben nicht nur aus Sonnenschein und Gänseblümchen besteht, sondern Herausforderungen und manchmal auch Rückschläge enthält, ist ein flapsiger Spruch meistens nicht weit entfernt. Oft lautet er „Das Leben ist kein Ponyhof“. Eigentlich drückt er nichts anderes aus als „Erwarte nicht zu viel, bleib realistisch und tu, was du kannst“. Genau in diesem Sinn ist auch der Titel für die Web-Comics von Sarah Burrini zu verstehen. Der erste Eintrag ihres Blogs datiert vom 4. Juni 2006 und seitdem erscheinen in loser Folge Strips, die oft einen semi-autobiographischen Touch haben.

Vor kurzem ist der vierte Sammelband mit gedruckten Strips erschienen: Das Internet schlägt zurück! Dieser enthält Comics aus den Jahren 2015 bis 2020. Sie sind anfangs noch als Strips angelegt mit 3 bis 4 Bildern in einer Reihe, wechseln dann aber zu Quadraten. Die ersten beiden Bände waren vor gefühlten Urzeiten noch bei Zwerchfell verlegt worden bevor Panini Comics übernommen hatte. Nach einer längeren Pause ist nun endlich Band 4 in der Edition Kwimbi erhältlich.

Die Vier-Bild-Erzählung

Ein Teil der Web-Comics befindet sich in der Tradition der Zeitungs-Tagesstrips. Es geht darum, die Leser*innen jedes Mal neu zu binden, sie mit einer guten aktuellen Geschichte zu überzeugen, gespannt auf die nächste Folge warten zu wollen. Je nach Genre kann das eine fortlaufende Story sein, eine tagesaktuelle Stellungnahme, situationskomisch oder – wie hier bei Sarah Burrini – in gewisser Weise autobiographisch. Dabei kommt es gar nicht darauf an, ob es „wirklich“ ist, es muss nur authentisch sein, also potenziell wirklich.

Die Heldin spielt sich selbst, hat aber Unterstützung durch Ngumbe, einem Elefanten, den Fungoiden El Pilzo, das Quotenpony Butterblume und Kevin-Asmodias, einem Nerddämon. Allein schon diese Zusammenstellung ermöglicht genügend Interaktion um Themen wie Weihnachten, Ferien oder Herbstanfänge zu behandeln. Die einzelnen Rollen sind so überzeichnet, dass sich jede*r Leser*in in einer der Protagonist*innen wiederfindet und mitschmunzelt.

Daneben gibt es selbstverständlich auch die Klassiker aus dem kreativen Alltag: der Ideenverlust, der Termindruck, die Präsentationsangst. Jede WG kennt die Spüle mit dem Abwasch von drei Tagen und die laute Musik trotz des eigenen Katers. Und da Sarah nicht nur Comics zeichnet, sondern diese auch liebt ist eine Superheldenparodie ebenfalls Bestandteil der Geschichten: Nerd Girl kämpft mit sich und der (männlichen) Umwelt.

Die Format-Explosion

Ende 2017 werden aus den Erzählungen im Tagesstreifenformat plötzlich Quadrate. Diese Umstellung verdoppelt einerseits den Platz pro Gag im Buch, erhöht aber auch die Flexibilität in der Darstellung. Sarah Burrini hat nun die Wahl, vier größere, quadratische Panels anstelle der bisherigen Rechtecke zu füllen oder auf zwei, teilweise sogar drei Streifen auszuweichen. Die Erzählung kann daher komplexer werden, ohne auf Folgen aufgeteilt werden zu müssen.

Ansonsten sind die Zeichnungen digital entstanden, wie es bei einem Web-Comic ja auch zu erwarten wäre. Dadurch stehen Filter und Techniken zur Verfügung, die anders nur schwer darzustellen wären, etwa Unschärfe. Die Emotionen der Handelnden und damit auch oft die Stoßrichtung der Pointe lassen sich im Übrigen fast immer aus dem Zusammenspiel von Augen und Mund entnehmen. Hier hat die Künstlerin einiges aus dem Manga übernommen.

Das Ende

Web-Comic-Schaffende haben es schwer! Das Internet wird immer noch von vielen als „kostenlos“ wahrgenommen und die Möglichkeit des Geldverdienens ist auf zusätzliche Inhalte, Fördermitgliedschaften oder eben auf Merchandise beschränkt. In diesem Zusammenhang steht natürlich auch dieses Buch, das mit Hardcover, guter Bindung und Lesebändchen gehobenen Erwartungen entspricht. Das Papier ist leicht glänzend, blickdicht und fühlt sich angenehm an und der Preis ist angemessen. Für alle, die mehr wollen, gibt es die Website.

Halt, fehlt da nicht noch was? Ja, denn das Leben ist kein Ponyhof ist seit Juni 2020 zu Ende! Es wird keine weiteren Folgen mehr geben, auch wenn natürlich weitere Comics von der preisgekrönten Autorin zu erwarten sind. Noch ein Grund mehr, um jetzt zuzuschlagen und sich die Einblicke in einen deutschen Alltag zu gönnen!

Dazu passen “The Final Parade” von The Mighty Mighty BossTones (und Freund*innen), gerne auch als Video, und eine spritzige Rhabarber-ProSecco-Mischung!

© der Abbildungen 2020 Sarah Burrini

error: Content is protected !!