Die erste Geschichte aus dem unerzählbaren Reich
Story: Házael González
Zeichnungen: Raulo Cáceres
Originaltitel: Arn
Hardcover | 72 Seiten | schwarz-weiß | 16,00 €
ISBN: 978-3-946952-7-49
Es gibt Fantasy-Stoffe, die von jetzt auf gleich in das Thema einsteigen und wenig Wert auf eine stimmige Umgebung legen. Die jeweilige Welt ist für den schnellen Konsum gedacht und nicht auf Nachhaltigkeit angelegt. Wieder andere geben sich viel Mühe, eine Welt zu erschaffen, die eine Geschichte hat, eigene Sprachen und genügend Anhaltspunkte für eine schier unendliche Anzahl an Folgegeschichten. Natürlich kann man am Anfang nur hoffen, dass die Mühe belohnt werden und der Erfolg weitere Arbeiten notwendig machen wird. Hier geht es um einen möglichen Einstieg in die „Geschichten aus dem unerzählbaren Reich“!
Ein Seefahrer mit Visionen
Arn ist der Held der Geschichte, die in Rückblicken über ihn erzählt wird. Schon schnell verweben sich Mythen und Wahrheit, ist er doch ein so außergewöhnlicher Mensch gewesen, dass vieles unwahrscheinlich erscheint. Es beginnt in seinem siebten Jahr als Arn einerseits erfahren muss, dass er nicht unsterblich ist und das Leben tödliche Gefahren bereithält. Andererseits legt er aber hier bereits den Grundstein für seine spätere Freundschaft mit Vertretern der Elben und anderer Rassen, die auf Frechheit, Selbstvertrauen aber auch Achtung beruht.
Arn wird im Laufe der Geschichte seine Liebe zur Seefahrt entdecken. Er ist getrieben von dem „und dann …“, sucht immer nach der nächsten Herausforderung und geht dahin, wo noch nie ein Mensch gewesen ist. Er hat dabei zwei besonders Getreue, den Elfen Buedryonn und die vierarmige Edle Dame Ehzalá von den Nayl. Letztere wird seine Lebensgefährtin. Er erwirbt sich die Achtung der nichtmenschlichen Geschöpfe durch seine Klarheit, dass alle gleich seien und gleiche Rechte hätten sowie seinen kämpferischen Einsatz, diese Einsichten auch umzusetzen.
Tatsächlich geht es Házael González nicht nur darum, diese Geschichte zu erzählen. Er verweist auf Religionen, ungelöste Rätsel, sagenhafte unbekannte Gegenden und führt ein in Mythologie und Magie der Welt. Sie soll schließlich noch vielen weiteren Abenteuern als Hintergrund dienen. Zumindest aktuell spielt sich das Leben nicht auf Burgen ab, dreht sich nicht um den Kampf gegen Orks und stellt auch keine Schwert-schwingenden Barbaren in den Vordergrund. Vielmehr finden wir hier Piraten und Händler*innen, den Gegensatz von Anarchie und Gesellschaft als Motive. Dazu kommen viele kleine, liebvoll angerissene Elemente, die die Geschichte nicht wirklich voranbringen aber Anknüpfungspunkte für später bieten.
Schwarze Kunst auf weißem Grund
Die Zeichnungen von Raulo Cáceres bestehen aus schwarzen Strichen und Flächen. Sie benötigen keine Farbe, um zu wirken, auch wenn Cover und Rückenillustration andeuten, dass es möglich wäre. Teilweise wirken die Zeichnungen sehr düster, sie beinhalten eine Unmenge an Details. Diese beschränken sich nicht nur auf die Hauptmotive, sondern sind auch geradezu verschwenderisch auf Hintergründe und Dekors verteilt. Das Layout ist dabei sehr flexibel und geht von Doppelseiten über ornamentartige Layouts hin zu abgetrennten Panels.
Cáceres legt Wert auf Unterscheidbarkeit seiner Figuren. Nicht nur ist jede*r sehr detailliert ausgeführt, auch die Merkmale der Bewohner*innen sind detailliert herausgearbeitet und niemand würde eine*n Elfe*n mit einer Nayl oder einem Menschen verwechseln. Aber auch Emotionen wie Leidenschaft, Angst, Schmerz, Neid oder Stolz sind immer erkennbar und erzählen die Geschichte auf einer zweiten Ebene.
Ein sehr gelungener Einstieg
Die eine oder der andere mögen sich fragen, ob es nicht schon genug Welten gibt auf denen sich mehr oder weniger verfremdete Menschen prügeln. In dieser Beschränkung ist dem sicherlich so! Házael González geht aber einen anderen Weg; ihm kommt es nicht so sehr auf die Action-Elemente an. Was treibt Menschen an, ihren Weg zu gehen? Was ist der „Erfolg“ eines Lebens? Dadurch, dass seine Lebewesen sehr unterschiedlich alt werden können, hat diese Frage noch einen zusätzlichen Reiz!
Arn ist ein gelungener Einstieg in das unerzählbare Reich. Cáceres hat genug internationale Erfahrung, auch aus dem Horrorbereich, um die spanische Comic-Tradition zu ergänzen und González bringt SF- und Film-Erfahrung mit ein. Es bleibt zu hoffen, dass der Erfolg weitere Bände rechtfertigt! Der Dantes-Verlag gibt dem Ganzen nicht nur eine schöne Aufmachung, sondern fügt wieder ein Glossar hinzu, dass dem Verständnis hilft, ohne belehrend oder aufdringlich zu sein! Der Anhang enthält dazu noch einige ganzseitige Illustrationen.
Dazu passen Roaring Jack, etwa mit „The Old Divide And Rule“, und die Vorfreude auf einen Maibock, etwa aus Einbeck.
© der Abbildungen 2021 Házael González und Raulo Cáceres, Dantes Verlag 2021