Horror ist eine Kategorie, die sich in den
letzten Jahren erhöhter Beliebtheit erfreut. Es ist also nicht weiter
verwunderlich, dass eine neue Reihe in diesem Gerne erscheint. InSEXts aber ist anders. Obwohl es einen
gewöhnlichen Schauplatz gewählt hat, die Geschichte beginnt 1894 in London, und
viele Versatzstücke verwendet, die alle an sich schon bekannt sind, ist diese
Story der Amerikanerin Marguerite Bennett
und der in Jakarta geborenen Ariela
Kristantina neu: Frauen sind keinesfalls Opfer einer von Männern oder
anderen Monstern dominierten Welt, sondern selbstbewusste, ihre eigene
Sexualität lebende und vor allem mordende Handelnde! „Metamorphose“ beschreibt
den Weg der unglücklich verheirateten Lady Bertram und Mariah – ursprünglich Dienerin,
später aber Lebensgefährtin.
Mariah verhilft ihrer Lady zu einem „Kind“, dass in der Lady heranreift, später aber einen anderen Wirt brauchen wird um sich voll zu entwickeln. Durch dieses Geschenk verwandelt sich aber auch die Trägerin, die sich nun in ein Insekt verwandeln kann. In jener Form ist sie nahezu unverwundbar, allerdings auch tödlich für böse Männer. Wird Lady Bertram den Zustand der Verwandlung kontrollieren können?
Gleichzeitig treibt sich noch ein anderes
Ungeheuer auf Londons Straßen herum. Wie es sich gehört, haben die beiden
Mutanten natürlich unterschiedliche Auffassungen und versprechen einen netten
Kampf. Als Begleitgeschichte gibt es die nervende Verwandtschaft, die versucht,
Lady Bertram zu vertreiben. Vor allem aber im Vordergrund steht die Emanzipation
und die zunehmend kleiner werdende Bereitschaft der beiden Frauen, Unterdrückung,
Missachtung oder männliche Gewalt hinzunehmen.
Die Story ist nicht einzigartig, in ihrer Ausrichtung aber so selten, dass viele bekannte Versatzstücke hier in einem ganz anderen Licht erscheinen. Bennet lässt ihrer Wut auf die bekannte Welt freien Lauf. In ihrem Vorwort erläutert sie noch ein wenig, was dem Körper einer Frau innewohnt, wie er sich verändert (Metamorphose eben) und warum sie daraus eine Horrorgeschichte gemacht hat!
Kristantina zeichnet in einem schnellen, unsauberen Stil. Es ist nicht die (klassische) Schönheit, die sie darstellen will, sondern der Ausdruck, die Emotion, manchmal auch einfach nur der Moment in seiner Abfolge. Teilweise sind die einzelnen Bilder wie verwaschen, teilweise wirken die nicht glatten Linien wie noch nicht fertig. In der Gesamtschau wird daraus aber eine Form, die perfekt zum Inhalt passt. Die Fassade, die der Deckung dient, die Brutalität der Straße, der alltägliche Horror und derjenige zu seiner Beseitigung führen eben zu einem nicht netten Setting. Auch das Dunkel und das Dekors des alten London runden das Ganze im Übrigen ab. Die titelgebenden Szenen sind glatter und weicher gezeichnet, lustvoll aber nicht voyeuristisch und dementsprechend ebenfalls passend.
Lesenswert!
Die Panini-Ausgabe enthält das erste Jahr
dieser Serie von Aftershock Comics in einem Band.
240 Ausgaben ZACK bedeuten 20 Jahre monatliche Unterhaltung,
fast 500 Artikel über Themen rund um Comics, hunderte Gewinnspiele, Interviews
und vor allem natürlich tausende Seiten mit mehr oder weniger spannenden Comics
aus aller Welt. Aber das alles sind eigentlich verfrühte Worte, das „richtige“
Jubiläumsheft kommt ja erst in einem Monat! Es wird 16 zusätzliche Seiten Umfang
haben, die mit bisher in Deutschland unveröffentlichten Michel Vaillant Werbecomics gefüllt werden und ein Variant-Cover
nur für Abonnenten. Soviel als Ausblick, nun aber zum Inhalt dieser Ausgabe.
Der Titelheld Michel Vaillant beginnt das siebte Abenteuer der zweiten Staffel im Gefängnis. Nicht jeder kann damit umgehen und so kommt es zu einem folgenschweren Treffen der „Next Generation“ das die Familie wohl noch lange beschäftigen wird. Steve Warson darf sich derweil mit dem Widerspruch zwischen politischem Image und authentischer Selbstdarstellung beschäftigen. Phillippe Graton und Denis Lapière haben mittlerweile den Bogen raus, die klassische Rennfahrerstory hat sich zu einer Mischung aus Krimi, Wirtschaftsthriller und Rennsport entwickelt und damit neue Zielgruppen aufgetan. So kann man eine Serie modernisieren ohne alte Leser*innen zu verlieren und doch den Anschluss halten. Dabei hilft natürlich sehr, dass die Zeichnungen von Benjamin Benéteau ebenfalls sehr behutsam neue Elemente einführen und genügend Anknüpfungspunkte für die alten Erwartungen bieten.
Millenium Saga
nähert sich mit dem vierten Teil dem Höhepunkt des ersten Bandes. Lisbeth
Salander und ihr Hacker Republic Kollege Rob bekommen es mit bewaffneten,
vermummten Besuchern zu tun und müssen zunächst ihre Nachforschungen einstellen
um ihr Leben zu retten. Mikael Blomquist hat ganz andere Sorgen. Natürlich
stehen seine Ermittlungen gegen Die Republikaner Schwedens im Zusammenhang mit
seiner journalistischen Arbeit aber hat er immer noch den internen Rückhalt? Rumberg und Ortega halten das hohe Tempo mit dem sie begonnen haben und haben
den Krimiplot, den sie fortschreiben, gut getroffen. Tipp!
Der dritte Teil der Vorspeise in Haute Cuisine zeigt die Leiden eines Chefs, der sich kein gutes Personal leisten kann und die Kniffe, die trotzdem einen Einkauf bester Ware ermöglichen. Wie lange der Krug wohl noch zum Brunnen gehen kann bis alles in Scherben liegt. Erfrischende Kost der beiden Autorinnen Lehericey und Desmarès, gekonnt umgesetzt von Brahy. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir an den Dreien noch lange Spaß haben werden.
Christophe Gibelin
versucht weiterhin, die Fäden seiner Flugzeugsabsturzfarce zu entwirren; In die Flügel des Herrn Plomb jagen sich
Geheimdienste, Doppelagenten und Polizisten und im Zentrum steht in schönster
klassischer Manier der Trottel, der überleben möchte. Obwohl der Plot eigentlich
sehr traditionell ist, gelingt es Gibelin,
genügend Wendungen einzuflechten, die den Leser auf neue Irrwege führen.
Auch MarvanosBonneville wird fortgesetzt und so bietet der Rennsport eine schöne Klammer für dieses Heft! Die Meinungen sind vermutlich etwas zweigeteilt, da die Zeichnungen eher Illustrationen zu Erinnerungen und Tagebucheinträgen gleichen, die angeordnet worden sind als klassischen Comic-Panelen. So werden die vielen kleinen Details aber zueinander in Beziehung gesetzt und erlauben eine tiefgreifende Wissensvermittlung über die Geschichte des Geschwindigkeitswettlaufs.
In der Reihe der Interviews mit ehemaligen
ZACK-Chefredakteuren ist diesmal Mark O. Fischer an der Reihe. In seine Zeit
fielen der Ausbau der ZACK-Edition und damit viele Serien, die das ZACK lange
geprägt haben. Dazu kommen dann natürlich noch Rezensionen, News und ein
Artikel über die Netflix-Serie Love,
Death + Robots, die wie ein reanimiertes Schwermetall wirkt.
Das ZACK bleibt auch im dritten Lebensjahrzehnt eine
wichtige Bereicherung der deutschen Comicszene, die im Wesentlichen eine Albenkultur
hat. Die Glückwünsche folgen dann im kommenden Monat!
Zum Rennsport gehört oft genug ein Bier. Um fahren zu können sollte es ein alkoholfreies sein! Zum Glück ist auch bei den Craftbrauereien mittlerweile angekommen, dass es nicht immer Alkohol sein muss! Die musikalische Untermalung für einen Genuss der Ausgabe im sonnigen Garten könnte dazu von El Bosso und den Pingpongs kommen.
Nach den Vorbereitungen für eine Hochzeit erfolgt typischerweise die Feierlichkeit als solche. Dazu gehören Rückblicke auf das Vorleben der Partner*in und gute Ratschläge für die Zukunft, witzige Spielchen und Geheimnistuerei, denn Braut und Bräutigam dürfen sich schließlich nicht in ihrem Outfit sehen, bevor es ernst wird. Der vorliegende, überformatige Prachtband aus dem Hause Panini ermöglicht genau das. Aber halt, gab es nicht schon im Vorfeld genügend Gerüchte, dass Batman und Catwoman nie heiraten würden? Wer nicht gespoilert werden mag, muss hier und jetzt aufhören, weiter zu lesen und sich den Band zulegen; er lohnt sich.
Der Band ist in drei Teile geteilt: die
Auswahl des Brautkleides, die Hochzeitsnacht und eine elseworld-Story mit den
verheirateten, mittlerweile alt gewordenen Bruce und Selina. Alle drei
Geschichten sind mit einer so großen Anzahl von Verweisen auf die 80-jährige
Vergangenheit der beiden gespickt, dass man sich dankenswerterweise entschieden
hat, einen Artikel hinzuzufügen, der die referenzierten Comics und ihren Inhalt
kurz vorstellt und Originalabbildungen enthält, die es dem/der Leser*in
erlauben, die Kostüme zu identifizieren.
Das Kleid
Die Auswahl des Brautkleides läuft dabei für eine Diebin etwas anders ab als für den Erben eines großen Vermögens. Selina bricht standesgemäß bei einem Brautausstatter ein und durchlebt alle Stadien von Verzweiflung über (enttäuschte) Hoffnung bis hin zum abschließenden Triumph. Im Anhang wird das von Joelle Jones entworfene Kleid dann auch noch genügend gewürdigt! Für viele Jungs wahrscheinlich das erste Mal, dass sie sich mit Modeentwürfen beschäftigen.
Die Hochzeit
Nicht nur die Auswahl der Trauzeugen sorgt –
zumindest auf Batmans Seite – für einen anrührenden, fast tränenreichen Moment.
Auch die Hochzeit als solche steht unter einem komischen Stern. Es beginnt
schon mit dem Ort: Soll es ein klassisches Ambiente sein oder vielleicht doch
die Dächer als prägendes Moment der Beziehung? Darf der vollziehende Richter
nüchtern sein und damit eine Gefahr für die Zukunft darstellen oder sollte er
nicht doch völlig besoffen und damit der Erinnerungsfähigkeit beraubt sein? Und
lassen die Umstände eine Hochzeit überhaupt zu?
Natürlich ist das US-Heft 50 bereits in der regulären Serie als 26. Ausgabe erschienen und auch die Presse hat damals wie jetzt darüber berichtet. Wer es wissen möchte, weiß daher bereits, dass die Hochzeit (noch) nicht stattgefunden hat.
Die Beiträge einer immensen Anzahl von
Künstler*innen mit einer eigenen Seite, eingepasst in den flow dieser
Jubiläumsnummer ist aber so genial und selten, dass selbst enttäuschte hier
wohl unbedingt zuschlagen werden wollen. Immer abwechselnd treiben Mikel Janín
auf einer Doppelseite und Gastzeichner*innen auf einer folgenden Doppelseite
die Story von Tom King voran. Hier zeigt sich, was ein gutes Lektorat leisten
kann! Fast alle Gastseiten sind so gut, dass man sie sich als Poster vorstellen
könnte und gerade bei diesem Mittelteil kommt das Überformat besonders zur
Geltung!
Die projizierte Zukunft
In der Geschichte aus dem Batman Annual 2 haben Bruce und Selina schließlich doch geheiratet. Auch hier spielen wieder Referenzen auf frühere Abenteuer eine Rolle, streiten sich die beiden doch über ihre gemeinsame Vergangenheit und die unterschiedlichen Erinnerungen daran wie es sich für ein Ehepaar gehört. Der Grundtenor ist trotzdem nicht fröhlich. Batman und Catwoman sind zwei der wenigen Ausnahmen im Superheldenkosmos, denn sie haben außer den antrainierten Fähigkeiten keine Superkräfte, sind folglich daher auch menschlichen Gebrechen nicht fern. Einer von beiden wird tatsächlich im Verlauf der Geschichte einer Krankheit erliegen und versucht vorher, sein Leben zu ordnen.
Die Empfehlung
Loriot hat einmal gesagt, dass ein Leben ohne Mops möglich aber sinnlos sei. Ganz so verhält es sich hier natürlich nicht, ein Leben ohne das Hochzeitsalbum wird genauso gelingen wie eines mit. Trotzdem ist diese Zusammenstellung dieses ausgezeichneten Materials sehr gelungen. Die Ausstattung mit Hardcover, Glanzlackapplikation auf dem Cover und exzellentem Papier, das die Farben gut zur Geltung bringt, lässt die Zeichnungen der Creme de la Creme der Batmanzunft perfekt zur Geltung kommen. Die Hinzufügung der elseworld-Story ermöglicht ein klein wenig Hoffnung, dass die Beiden sich in ferner Zukunft doch noch finden werden, und die erläuternden Hinweise zur Aufklärung der geschichtlichen Referenzen helfen allen. Kauftipp für alle Fans amerikanischer Superhelden-Comics und ein schönes Sammlerstück. Natürlich kann man stattdessen auch die 80 verschiedenen Variants der Hochzeitsnummer 26 sammeln…
Dazu passen ein original italienischer Pro
Secco und Frank Sinatra!
Aria ist ein junge, blonde Kriegerin, die ihre
Abenteuer in einer Welt erlebt, die dem Mittelalter der Erde entspricht. Sie
könnte aber wegen einiger mythischer oder sogar Science Fiction-Elemente auch auf
einem fernen Planeten spielen. 1980 erschien die erste Episode in Tintin, später wechselte Weyland mit der Serie zu Spirou. Die deutsche
Veröffentlichungsgeschichte ist fast schon typisch. Nach einigen Bänden beim Rainer-Feest-Verlag unter dem Titel Ariane folgten weitere bei Epsilon unter dem „richtigen“ Titel Aria. Insgesamt gibt es aber noch viele
unveröffentlichte Alben und weitere Geschichten zu entdecken. Dem hat sich
jetzt der Leipziger Verlag Kult Comics
angenommen und veröffentlicht eine Gesamtausgabe in 6 Integralen.
Die Gesamtausgabe druckt die Bände dabei nicht
in der Reihenfolge des Erscheinens ab, sondern folgt in enger Absprache mit dem
Autor und Zeichner Michel Weyland
einem inhaltlichen Konzept. Da es sich bei den meisten Geschichten ohnehin um
One-Shots handelt, fördert das den Lesefluss bestimmt. Teilweise wird dadurch
aber die fließende zeichnerische Entwicklung sprunghafter.
Wie mittlerweile bei Gesamtausgaben üblich gibt es auch eine auf 99 Exemplare limitierte Vorzugsausgabe mit einem anderen Cover und einem nummerierten, signierten Ex Libris für 49,00€.
Der Inhalt
„Die
siebente Pforte“ beschreibt eindringlich die Schrecken des Schlachtfeldes.
Ob im Western wie bei Blueberry oder
den Blauen Boys, im History-Bereich
wie bei Tardy oder im Fernsehen: Die
Stilmittel sind unterschiedlich, die Inhalte ähneln sich. Aria hat heilende
Kräfte übertragen bekommen und soll nun die Verletzten versorgen. Sie
allerdings weigert sich. Im Laufe der Geschichte passieren immer mehr magische
Dinge und es öffnet sich eine Welt unter der der Gegenwart und doch stehen
beide in einem Zusammenhang. Und dann spielt da noch ein mehrere Generationen umfassendes
weiteres Thema eine Rolle…
Die zehnseitige Kurzgeschichte „Dieses Schicksal ist dir nicht bestimmt“ hat ebenfalls mehrere Ebenen; Während es einerseits um eine Sache zwischen Amazonen und Aria geht, greift auf einer anderen ein Gott unmittelbar ein. Die kleine Geschichte ist zum Verständnis von Arias Persönlichkeit sehr hilfreich, zeigt sie doch neben Verletzlichkeit und Zorn auch eine unbändige Freiheitsliebe.
Der Zweiteiler „Die Ritter van Aquarius“ und „Die Tränen der Göttin“ sind ein weiteres Beispiel für die Mehrschichtigkeit der Werke von Michel Weyland. Einerseits ist das Ganze eine spannende Abenteuergeschichte um Rache und Machtkämpfe mit SF- oder Horrorelementen. Ein von Emotionen fehlgeleiteter entflohener Sklave erschafft sich eine Armee aus (fast) unbesiegbaren Monstern und rächt sich an seinen Unterdrückern. Auf einer Meta-Ebene ist er aber auch als Beitrag gegen Atomenergie und ihre Beherrschbarkeit zu lesen und passt daher auch zu aktuellen Fridays-for-future-Diskussion. Darf der Mensch alles machen?
Auch „Der Meridian von Posidonia“ hat das Gleichgewicht des ganzen Planeten zum Thema. Hat es folgen, wenn die Erde zu stark ausgebeutet wird?
Die Umsetzung
Diese letzte Geschichte ist in ihrer grafischen Umsetzung vielleicht die eindringlichste und zeigt, dass der Belgier Weyland mehr kann als leichtbekleidete Blondinen in anmutigen Bewegungen zu zeichnen. Einerseits stimmen Anatomie und Ausdruck, andererseits ist er aber auch ein Meister der Stimmungen und der sehr detaillierten Dekors. Seine Heldin ist keine „Bikini-Kämpferin“ wie Red Sonja. Obwohl auch diese kaum geschützt gegen Schwerthiebe ist, bevorzugt Aria weiße, luftige Kleidchen (deren Sitz teilweise ebenfalls magisch beeinflusst sein muss) die bereits andeuten, dass ihre bevorzugte Lösung nicht der Kampf ist. Auch die anderen Personen tragen übrigens vergleichbare Kleidung. Die Magie kommt nicht nur in ihrer bösen Form vor und die teilweise sehr fröhlichen Farben unterstützen diese Rezeption.
Die Ausgabe ist in ein stabiles Hardcover gekleidet. Das matte, kräftige Papier bringt Zeichnungen und Kolorierung von Nadine Weyland gut zur Geltung und weist bereits auf den ersten Blick auf die Unterschiede zwischen Comic-Teil (weißer Grund) und Begleitmaterial (leicht gelblicher Grund) hin. Natürlich sind alle Cover der bisherigen deutschen und der französischen Ausgabe enthalten, aber auch sonstiges Bildmaterial, Skizzen, und Poster. Die inhaltlichen Beiträge kommen von unterschiedlichen Autoren, aber auch von Weyland selbst. Sie ermöglichen daher einen guten und originären Zugang. Selbst wer also schon den einen oder anderen Band zu Hause hat, kann anhand der guten Ausstattung getrost zuschlagen.
Geplant ist ein sechsmonatiges Erscheinen der
geplanten 6 Integrale.
Geeignet für alle, denen „Sword & Sorcery“/Schwert
und Magie mehr bedeutet als Conan, für
die, die es ertragen können, dass Prüfungen auch mit Köpfchen gelöst werden
(wobei sich die Heldin im Kampf durchaus zu bewähren weiß!) und für alle, die
den gewitzten Kampf für Gerechtigkeit mögen!
Dazu passen frisches, gezapftes Keller- oder Bockbier und Alternative, etwa von The Alarm.
Allein ist
eine Serie über Kinder, die sich nach ihrem Tod in einer Zwischenwelt
wiederfinden. Zunächst geht es einzig um das Zurechtkommen von Dodji, Leila,
Yvann, Camilla und Terry in ihrer gewohnten Umgebung aber ohne Eltern, Freund*innen,
überhaupt scheinbar ohne andere Menschen. Nur die Gebäude und alle Sachen sind
noch da, aber auch die entlaufenen Tiere aus dem Zoo. Was anfangs noch wie eine
nette Gruselstory aussieht, entpuppt sich schnell als Mystery-Story, denn es gibt
neben den 5- bis 12-jährigen Kindern noch andere Bewohner*innen der
Zwischenwelt, die dort teilweise ohne zu altern und ohne wirklich sterben zu
können teilweise schon seit Jahrhunderten leben. Dementsprechend haben sich
dort auch Machtstrukturen und Legenden entwickelt und neben freundlichen
Akteuren gibt es auch Kriminelle und Despoten.
Die ersten beiden Bände erschienen zu Zeiten von Mirko Piredda und Martin Surmann im ZACK (näheres dazu hier), alle Bände sind als Hardcover im Piredda Verlag erschienen. Nach rund eineinhalb Jahren Pause ist jetzt der aktuelle Band 11 ausgeliefert worden!
In „die nächtlichen Nagler“ steht der neunjährige Yvan im Mittelpunkt.
Er muss sich in einer kleinen Hafenstadt alleine durchschlagen und wird von
einer Instanz Camillas besucht. Er erkennt, dass sie das Mitternachtskind ist (siehe
Band 9) und vernimmt ihre Warnung vor den Naglern, die Yvan für das untere
Terrain gewinnen wollen.
Gleichzeitig ist Anton
weiterhin fleißig dabei, Theorien über die Zwischenwelt und den zeitlichen Ablauf
aufzustellen. Da sich auch in dieser Serie alles auf einen fulminanten
Schlusspunkt hin entwickelt, ist die gehäufte Ankündigung eines Kampfes sicherlich
ernst zu nehmen.
Im weiteren Verlauf, der eindeutige Horrorelemente hat, wird Yvan in seiner Behausung von einem geheimnisvollen Jungen, dessen Kopf komplett von Fliegen umhüllt und somit nicht erkennbar ist und zombieartigen Kindern überfallen und auf einen Billardtisch genagelt. Als Yvan am nächsten Tag aufwacht, fehlt ihm ein Teil seiner selbst und er weiß, dass die Nagler wiederkommen werden…
Ergänzt wird das
Hardcover durch ein mehrseitiges Interview mit Fabien Vehlmann über die Story von „Allein“, seinen
Lieblingscharakter und sein Verhältnis zu Bruno
Gazzotti, illustriert mit vielen Skizzen und Entwürfen, sowie dem Abdruck
der ersten Seite des angekündigten Spinn-Offs „Geschichten aus der Zwischenwelt“, das größeren Fokus auf Details
und Nebenfiguren werfen wird.
Gazzotti hat
sie Serie als klassischen frankobelgischen Funny im SPIROU/Marcinelle-Stil angelegt.
Detailreiche Umgebungen und Hintergründe, dynamische, filmartige Sequenzen und detaillierte
Gesichtszüge mit zum Teil karikaturesken Ergänzungen. Durch diese teilweise
kindliche, abmildernde Darstellung wird der Horror gekonnt verstärkt, denn er
passt nicht in die helle, freundliche Darstellung und wirkt durch diesen
Gegensatz umso befremdlicher. Seitenlayout-technisch sollte der/die Leser*in
aber nicht allzu viel Innovation erwarten.
Die Figuren sind von Vehlmann über mittlerweile 11 Bände gut entwickelt und haben alle „ihre“ Macken, die sie so sympathisch machen. Es gibt auch genügend Querverbindungen zu alten Hinweisen oder auf noch unbekannte Ereignisse um die Spannung aufrecht zu erhalten. Dabei hilft sicherlich, dass die gesamte Geschichte in aktuell drei Zyklen unterteilt ist.
Die Serie Allein ist eine der besten aktuell
laufenden Reihen! Sie ist bereits für jüngere Leser*innen ab 12 – 14 Jahren (je
nach Person) lesbar, hält aber für Ältere noch weitere Schichten bereit, die
sie ebenfalls lesenswert machen. Die Ausstattung lässt ebenfalls keine Wünsche
übrig!
Dazu passen haltbare
Getränke, die es in die Zwischenwelt schaffen und sowohl zeitlich als auch gegenüber
äußeren Einflüssen äußerst robust sind, also praktisch jedes Getränk in Dosen, und
leicht verstörende Musik etwa von The Other
(Dreaming of the Devil als Beispiel).
Go West ist eine zehnteilige Serie von Kurzgeschichten mit einer Länge von 7
bis 20 Seiten die in dem belgischen Tintin-Magazin
zwischen 1971 und 1978 veröffentlicht wurde. Im Gegensatz zu vielen anderen
damaligen Serien war sie von Anfang an auf einen alle Teile überspannenden Plot
ausgerichtet und erzählt die Geschichte des arbeitslos werdenden Buchhalters
Barnaby Bumper und seiner Gefährten auf ihrem Treck von der amerikanischen
Ostküste ins den „Wilden Westen“.
Das Szenario stammt von Michel Régnier, der unter seinem Künstlernamen Greg veröffentlichte. Als Chefredakteur von Tintin überführte er das Magazin aus der klassischen Struktur mit ein bis zwei Seiten pro Abenteuer pro Woche zu einem neuen Format in dem die Geschichten in sieben bis acht Wochen veröffentlicht wurden. Die Teile sollten dabei eine Art „Kapitelstruktur“ aufweisen um einerseits einen wirklichen Lesegenuss zu ermöglichen, andererseits natürlich zum Kauf des nächsten Heftes anregen (Mehr dazu hier). Zu den längeren Alben kamen dann eben auch Kurzgeschichten wie Go West, die aufeinander aufbauten, aber nicht Woche um Woche erscheinen mussten. Greg hat neben dieser Westernserie auch andere Szenarios in diesem Genre verfasst, unter anderem für Chick Bill, den Lucky-Luke-Ableger Jolly Jumper und natürlich für Comanche, gezeichnet von Hermann.
Derib (das ist Claude de Ribaupierre) hatte seine Karriere als Zeichner im Atelier von Peyo begonnen. 1969 begann er an seinem großen Thema, dem Leben der Indianer zu arbeiten und veröffentlichte die ersten Folgen der Geschichten um den kleinen Yakari bevor dann die Arbeit an Go West startete. Sein Hauptwerk Buddy Longway, die Geschichte eines weißen Trappers, sollte kurz darauf starten.
Die noch ganz im Funny-Stil gezeichnete Serie enthält bereits alle späteren Thematiken: Nicht alle Weißen kommen als Eroberer und wollen sich das Land untertan machen. Sie haben zum Teil kaum eine andere Wahl, wenn sie für den Unterhalt ihrer Familie sorgen wollen. Viele von ihnen wollen aber keinesfalls ihren Lebensentwurf anderen überstülpen sondern in Frieden mit anderen Menschen und der Natur leben. Ein weiteres Sujet ist der Konflikt zwischen der Gewalt des Stärkeren und den Errungenschaften der Zivilisation, hier in dem Kapitel „Die Strasse der Sonne“ als Konflikt zwischen Lynchjustiz und Gerichtsbarkeit dargestellt.
Über allem schwebt aber die Kritik am Rassismus: So besteht die Reisegruppe, die sich im Laufe der Geschichten immer mehr erweitert auch aus einem Farbigen und einem Sioux. Beide spielen tragende Rollen und müssen doch ihre oft von anderen unterstellte Minderwertigkeit erdulden. Derib und Greg vermeiden den Zeigefinger und bringen ihre Kritik trotzdem deutlich rüber. Auch die Indianer werden keinesfalls wie in anderen Western als blutrünstige Wilde dargestellt. Sie sind zu Frieden fähig und willig. Nur in einer Randnotiz weisen die Autoren darauf hin, dass der ausgehandelte Frieden von Medicine Lodge nicht an ihnen, sondern an weißen Soldaten wie General Custer gescheitert ist.
Der Zeichenstil Deribs entwickelt sich von Geschichte zu Geschichte weiter und verfeinert sich. Anfangs sind es noch sehr großflächige Dekors, die die Handlung begleiten, doch sie werden immer detailreicher und kleiner, so dass am Ende die Figuren immer noch einem Funny entsprechen, die Hintergründe aber schon fast realistisch wirken. Damit vollzieht Derib die Entwicklung, die er in Buddy Longway noch konsequenter verfolgt hat, hier zum Teil nach. Darin liegt auch ein nicht unwesentlicher Bestandteil des Charmes dieser Ausgabe, dass auf so engem Raum so viel Entwicklung sichtbar wird. Zudem ist die Kombination aus Detailreichtum und figürlicher Überzeichnung auch nicht so häufig anzutreffen.
Es gibt noch eine weitere Ausgabe dieses
Titels, erschienen 1978 im Carlsen Verlag.
Sie enthält aber im Gegensatz zu der bei Salleck
Publications als Hardcover erschienenen Gesamtausgabe nur die ersten neun
Geschichten. Die zehnte, abschließende Folge wurde hier das erste Mal auf
Deutsch veröffentlicht. Die Ausgabe umfasst des Weiteren ein paar redaktionelle
Seiten mit einem Text über die Geschichten, ihre Rezeption und die weiteren
Werke der beiden Künstler. In dem Artikel finden sich auch Abbildungen der Tintin-Cover mit Bezug zu Go West. Das verwendete Papier ist
relativ dünn, aber blickdicht und lässt die Zeichnungen durch die etwas
glänzende Struktur gut zur Geltung kommen.
Die Gesamtausgabe von 2014 ist noch lieferbar und daher problemlos zu bekommen.
Go West ist aus mehreren Gründen zu gut, um in Vergessenheit zu geraten. Zum einen ist es ein früher Vertreter des neuen Weges, Comic-Abenteuer in wöchentlichen Magazinen erzählen zu wollen. War es ursprünglich genug, eine Seite mit einem Gag zu versehen und die Held*innen zu präsentieren, verlangte das Publikum immer mehr einen übergreifenden Plot hinter den Seiten und wollte zwar kurze aber abgeschlossene Inhalte konsumieren. Hier zeigt sich die Konkurrenz des Fernsehens mit seinen Serien. Andererseits ist Go West die Grundlage für die weiteren Serien von Derib über das Leben der Indianer und einer der Startpunkte für ein differenzierteres Bild als die üblichen Western es traditionell vermittelten. Zwar gab es auch im TV-Bereich schon Ansätze, etwa High Chaparral, der Mainstream sah aber entweder den bösen Indianer oder idealisierte nicht minder problematisch den „guten und edlen Wilden“.
Insbesondere wegen der Wüstenszenen wäre dazu
eine selbstgemachte Zitronenlimonade perfekt! Musikalische Untermalung kann nur
Country und Western sein – Wie wäre es mit The
Common Linnets aus unserem westlichen Nachbarland?
Im zweiten Teil der Hilfe für Unentschlossene werden in diesem Beitrag vier Thriller unterschiedlicher Verlage vorgestellt, die es am diesjährigen Gratis Comic Tag beim Händler eures Vertrauens zum Mitnehmen gibt. Das ganze Programm findet ihr hier. Der GCT findet am 12. Mai statt.
Die vorgestellten Hefte sind sehr
unterschiedlich und bieten vom Teaser für ein Kickstarter-Projekt bis zum
kompletten ersten Band alle Varianten.
Lazarus Eins von Greg Rucka und Michael Lark ist das erste Heft einer dystopischen Serie von Image Comics, hierzulande veröffentlicht von Splitter. Sie spielt in der nahen Zukunft und beschreibt eine mögliche, wenn auch wenig wünschenswerte Zukunft. Die Vermögensverteilung auf der Welt hat sich noch mehr zu einer geöffneten Schere entwickelt, nur sechzehn Familien haben die Welt unter sich aufgeteilt. Der Rest der Menschheit findet sich entweder als „Knecht“ oder als „Abfall“ wieder und kämpft um sein Überleben. Da die Macht der Familien naturgemäß nicht von allen akzeptiert wird, halten sie sich jeweils einen genetisch modifizierten, nahezu unbesiegbaren und unsterblichen Kämpfer, genannt Lazarus.
Greg
Rucka, sonst eher bekannt durch Mainstream Comics wie
Batman oder Spider-Man bietet hier harte Kost, die von Michael Lark adäquat umgesetzt wird. Blutige Nahaufnahmen in
Zeitlupe wechseln sich ab mit in düsteren Farben gehaltenen Szenen. Sicherlich nichts
für schwache Nerven aber ein lohnenswerter Einstieg in eine preisgekrönte
Science Fiction/Thriller-Serie, von der auf Deutsch bisher 6 Sammelbände
erschienen sind.
Schreiber&Leser/Alles Gute verschenken sogar den ersten kompletten Band ihrer Serie Ghost Money. Auch diese Geschichte spielt in naher Zukunft und wird von dem Konflikt von Geheimdiensten auf der einen und Terrororganisationen auf der anderen Seite getragen. Es gibt Daneben superreiche, die kaum wahrnehmbar sind. Sie haben ultraschnelle Privatflugzeuge; Quartiere in mehreren Metropolen und kaum Kontakt zu offiziellen Stellen. Die Dame aus Dubai, so der Titel des ersten Bandes gerät dabei einerseits in das Visier der Ermittler, spielt andererseits aber auch plötzlich eine große Rolle im Leben der eigentlich völlig normalen Lindsey und dann gibt es da noch ein wenig erfüllte und unerfüllte Liebe…
Thierry
Smolderen entwickelt routiniert eine mehrere Fäden
umspannende Geschichte aus dem Überschneidungsfeld zwischen Jet-Set, internationalem
Terrorismus und Geheimdiensten, das überzeugen kann. Dominique Bertail, aktuell auch mit dem Transgender-Western Mondo Reverso im Gespräch liefert dazu
beeindruckende Bilder im klassischen franko-belgischen Stil: grandiose
Architektur oder Landschaft steht genauso im Fokus wie detaillierte Nahaufnahme
der Emotionen oder Kampfszenen. Für den Einstieg ist diese GCT-Ausgabe perfekt,
der Wunsch nach größerem Seitenformat wird aber schnell aufkommen.
Auch The Next Art beteiligt sich wieder am GCT, dieses Mal mit der SENECA-Akte II – Tod in Genf. Wie auch schon beim ersten Teil beinhaltet das Heft (nur) eine Leseprobe und die Möglichkeit innerhalb von 30 Tagen auf Kickstarter.com für die Fertigstellung des Werkes zu sorgen. Allein schon wegen dieses ungewöhnlichen Ansatzes einen Blick wert! Michael Feldmann schafft es aber auch so mit seinem im Wesentlichen schwarzweißen Stil Interesse zu wecken; dafür sorgen auch die wenigen farbigen Details, die in die Zeichnungen integriert sind. Inhaltlich geht es auch hier um eine Verschwörung: Geheimdienste (oder zumindest Teile davon) versuchen mit aller Macht die Aufdeckung und Veröffentlichung von belastendem Material zu verhindern. Geschickt werden dabei reale Ereignisse wie die Barschel-Affäre oder die Katastrophe von Rammstein in die Handlung eingebaut. Im Film gibt es diese Art von Thriller nicht mehr so häufig wie früher, ein Grund mehr also um hier beim Comic zuzuschlagen.
Zuguter Letzt ein Altmeister dieses Metiers: Warren Ellis hat moderne Pulp-Comics geschrieben, jeweils nur ein Heft aus einer imaginären Serie und diese unter dem Namen Apparat zusammengefasst. Ein Teil davon ist Simon Spector das zusammen mit den anderen jetzt im Dantes Verlag erscheinen wird. Jacen Burrows hat dabei die Ideen von Ellis in einem harten schwarz-weiß umgesetzt. In einer farbigen Ausgabe wäre der deutschen Öffentlichkeit zu viel rot auf den Seiten, so mag es gehen. Natürlich gehört Brutalität zu dieser Art von Comic aber ich muss gestehen, dass ich Ellis nie so viel abgewinnen konnte.
Obwohl die Geschichten
doch sehr unterschiedlich sind dürfte ein Whisky Sour zu allen passen!
Musikalisch etwas düster, zugleich aber kein Gothic: Warsaw haben ein wunderbares Album gleichen Namens veröffentlicht
mit bereits vielen Hinweisen auf ihre spätere Inkarnation.
Superhelden aus Deutschland und Österreich im 2019er Gratis Comic Tag –
eine Übersicht
Wie angekündigt sollen ein paar Titel des diesjährigen
Gratis Comic Tags näher besprochen werden um euch ein paar Tipps zu geben, was
sich lohnen könnte.
Die Liste mit allen Titeln gibt es hier und wenn ihr schauen wollt, wo in eurer Nähe Läden mitmachen, könnt ihr hier eine Umkreis-Suche starten. Der GCT findet am 12. Mai statt.
Dieser erste Artikel bringt euch vier Titel mit
deutschsprachigen Superhelden näher. Lange Zeit war es sehr still in diesem
Bereich. Es gab den einen oder anderen Helden aus der Lehning-Ära, der als Superheld durchgegangen wäre und dann waren da
natürlich die „Helden“ Anfang dieses
Jahrtausends und ein paar andere Titel. Es handelte sich dabei aber eher um deutsche
Varianten von amerikanischen Mainstream-Helden. Oft fehlte es an der
Verlässlichkeit der Produktionstermine oder das neue Heft dauerte einfach zu
lange und irgendwie sind dann alle wieder verschwunden.
Parallel dazu und quasi unter Radarhöhe der öffentlichen Aufmerksamkeit
gab es aber schon immer den Independent-Bereich und in diesem Sammelbecken
kreativer Ideen und Publikationen auch schon immer etwas andere Superhelden.
Seit ungefähr drei Jahren hat sich diese Schiene nun plötzlich Aufmerksamkeit
erworben und aufgrund des Erfolges der Austrian
Super Heroes (ASH) sind auch andere Helden en vogue. Eine Einführung in die
verschiedenen Universen kann hier aus Platzgründen nicht erfolgen. Die
Sammelbände haben aber meistens eine Zusammenfassung der bisherigen Stories der
jeweiligen Universen und auch die Sprechblase bietet regelmäßig einen
Überblick.
Die Austrian Super Heroes sind dann auch mit einem Titel beim GCT 2019 vertreten. Das Heft beinhaltet eine längere Story (Lumpen) aus ASH 12 sowie zwei kürzere Origin-Stories über Siggi (aus ASH 16) und die Wassernixe Donauweibchen (aus ASH 11). Alle Geschichten sind von demselben Autoren, Harald Havas, werden aber von verschiedenen Zeichner*innen umgesetzt. Dadurch wird einerseits die Kontinuität der Handlung perfekt gewährleistet, gerade, wenn Origins oder Sologeschichten eingestreut werden, andererseits wird aber trotzdem für Abwechslung in der grafischen Umsetzung gesorgt. Cooles Artwork mit „anderen“ Held*innen, professionell umgesetzt und alle zwei Monate neu. Definitiv einen Blick wert.
Ebenfalls schon lange dabei ist Jörg Buttgereits Captain Berlin. Der Superheld aus der Hauptstadt wurde ursprünglich bereits 1982 als Filmheld konzipiert. 2006 kam er erstmals zurück und zwar in einem Hörspiel für den WDR. Es sollte dann noch weitere Jahre dauern bis 2013 dann tatsächlich der erste Captain Berlin Comic bei Weissblech Comics erschien. Der Held kämpft gegen Nazis und sonstige Monster, insbesondere aber auch gegen seine Erzfeindin Ilse von Blitzen. Getextet von Levin Kurio und gezeichnet von Rainer F. Engel bietet der Comic besten Trash und spaßige Unterhaltung. Natürlich scheinen immer wieder Anklänge an Indiana Jones durch und die Monster könnten aus der Blütezeit der 50er und 60er Jahre stammen, die Plots stammen aber aus der heutigen Zeit. Für den GCT gibt es eine abgeschlossene Geschichte aus dem vergriffenen vierten Heft. Wie auch bei ASH sind aber Sammelbände der vergriffenen Ausgaben erhältlich. Für nostalgische SF-Fans eigentlich ein Must-Try!
Eng mit dem Captain-Berlin-Universum verknüpft ist Tracht Man. Der Bayerische Held von Christopher Kloiber und Henning Mertens von Plem Plem Productions ist noch etwas grotesker als die beiden anderen Titel. Der Kampf von Tracht Man mit dem Wolpertinger mit einem Auftritt des Captains in einer Nebenrolle ist eher Comedy als Superheldengeschichte, kann aber durchaus überzeugen. Schnelle Wechsel, haarsträubende Storywechsel und ein Ritt durch verschiedenste Stile bieten Entertainment pur. Diese Geschichte ist dem Tracht Man Sonderheft entnommen. Daneben gibt es aber auch eine reguläre Heftreihe.
Einen etwas anderen Ansatz verfolgen die Kultgeschichten der Leipziger von Kult Comics/Comic Combo. Unter diesem Titel bringen sie nun schon wiederholt Ausschnitte ihres aktuellen Programms. Zu dem Thema Deutsche Superhelden passt der einführende Ausschnitt aus „Das Kamäleon“ von Björn Hammel und Sascha Dörp von dem der erste Band diesen Herbst erscheinen wird. Ein Held mit Superkräften und einer unscheinbaren Tarnidentität, ein Kommissaranwärter, der in einer Band spielt, eine Organisation, die sich gegen Lautstärke wehrt und auf die Stille setzt sind die Versatzstücke aus denen sich eine spannende und düstere Mischung aus Superhelden- und Thriller-Motiven entwickelt. Tipp!! Dazu kommen noch drei Kurzgeschichten um den letzten Kobold und seinen Freund, die Waldrappe, von Dirk Seliger und Stefan Pede, die einen Vergleich mit aktuellen Geschichten in Spirou oder dem ZACK nicht scheuen müssen.
Dazu passen Craftbiere am besten. Musikalische Untermalung sollte
den Spaßfaktor unterstützen: Attila the
Stockbroker!
Die Jubiläumsausgabe des ZACK ist nur noch zwei Nummern entfernt, die Spannung steigt. Die Mai-Nummer bringt gleich zwei neue Abenteuer: zum einen geht Die Flügel des Herrn Plomb in die siebte und letzte Runde und zum anderen kehrt Marvano mit Bonneville auf die Seiten des ZACK zurück. Im kommenden Heft wird dann auch Michel Vaillant wieder starten!
Aber der Reihe nach: der Zweiteiler Bonneville von Marvano hat einen Ort als Helden, die
Bonneville Salt Flats, eine Hochgeschwindigkeitsstrecke auf der bereits 1914
der erste Landgeschwindigkeitsrekord aufgestellt worden war (im Übrigen auf
einem Benz) und die seit dem immer Schauplatz von Rennen und Rekorden sowie Filmkulisse
gewesen ist.
Der erste Teil erzählt aus der Sicht eines kleinen Mädchens die Ereignisse Ende der fünfziger Jahre und führt mit ein paar Rückblicken in die Geschichte des Fleckchens in Utah ein.
Millenium Saga von Runberg und Ortega geht
bereits in die dritte Runde: Lisbeth und ein weiterer Hacker schaffen es, in
das Geheimste der SÄPO, der schwedischen Sicherheitspolizei, einzudringen und
eine Datei namens Hugin zu entdecken. In einem schnellen, teilweise wie
dahingeworfenen Stil aber klassischer Panelaufteilung in dunklen Farben läuft
dieser Thriller weiter. Obwohl auf den ersten Seiten gewöhnungsbedürftig nimmt
die grafische Umsetzung die Elemente des Buches geschickt auf und entwickelt
sich zu einer eigenständigen und doch zugehörigen Darstellung: Tipp!
Bereits erwähnt wurde, dass Die Flügel des Herrn Plomb nun in ihre siebte und letzte Folge gehen. Christophe Gibelin ist alleine für Inhalte und Umsetzung verantwortlich und muss versuchen, die verschiedenen Pfade seiner Spionagestory zusammenzuführen und zu beenden. Der Schauplatz ist Deutschland, die Player sind bekannt. Ob aber alle Beweggründe auch schon so klar sind wird sich zeigen.
Die Abenteuer des Kochs Samuel Lejeune, der wahrlich schon
bessere Zeiten gesehen hat, gehen in Haute Cuisine natürlich auch weiter.
In klassischer franko-belgischer Manier (positiv gemeint!) streiten sich
Personen in Nahaufnahme, lernen sich kennen und genießen und werden Pläne
entworfen. Ein spannender zweiter Teil der Appetit auf mehr macht.
Mortensen verlässt uns dagegen
wieder. Sein erstes Zeitreise-Abenteuer im mittelalterlichen
Schottland nimmt – wen hätte es überrascht – natürlich ein positives Ende, denn
sonst hätte es keinen Sinn gemacht, eine Serie anzukündigen. Lars Jacobsen gelingt es aber, die
scheinbar unlösbare Situation doch noch zu knacken (und: ja, Purist*innen mögen
hier schreien, dass der Plot unglaubwürdig ist, aber es muss auch nicht alles
auf der Goldwaage landen, oder?) und nebenbei wird auch noch eine weitere
Theorie geliefert, warum um alles in der Welt ein nicht in diese Zeit
gehörendes Ur-Vieh in einem berühmten Loch gesehen worden ist…
Dazu kommen wie immer Parker & Badger und eine neue Verwendungsmöglichkeit für Rucksäcke in Tizombi sowie der dritte Teil von Bernd Hinrichs Artikelserie über auf frankobelgischen Comics beruhenden Verfilmungen.
In der Rubrik der Rückblicke auf die ehemaligen Chefredakteure und Verantwortlichen des MOSAIK-ZACK sind dieses Mal Martin Surmann und Mirko Piredda die interviewten. Sie leiteten das ZACK von 2003 (#45) bis 2008 (#104) und entwickelten es weg von einer reinen Vorpublikationsplattform zu einem Magazin mit exklusiven Inhalten. Beide arbeiten auch heute noch mit und an klassischen oder modernen ZACK-Serien wie Allein, Cubitus oder Chinaman! Vielen Dank für die mit dieser Serie bewiesene Bereitschaft sich mit den alten Konzepten auseinanderzusetzen und sie erneut zu präsentieren. Vielleicht lässt sich der eine oder die andere ja mal zu Kommentaren mit Bewertungen oder Wünschen verlocken.
Internationale Schauplätze, verteilt über verschiedene
Jahrhunderte machen die Empfehlung eines Getränkes nicht einfach: Traubensaft,
vergoren oder nicht, gab es wohl immer und er findet in Form eines Grand Cru
auch Verwendung in diesem Heft. Dazu empfehle ich, inspiriert durch einen
Besuch in einem tollen veganen Café in Rotterdam, Club-Jazz!
Die Gesamtausgabe der vier Bände von Africa Dreams fällt ein wenig aus dem Rahmen: Sie ist keine nette Abenteuergeschichte und auch wenn sie in gewisser Weise ein Happy End hat, konnten Millionen von zu dem Zeitpunkt bereits getöteten davon nicht mehr profitieren. Maryse und Jean-François Charles beschreiben in diesem von Frédéric Bihel umgesetzten Werk die „Befreiung“ des Kongo aus dem persönlichen Eigentums König Leopold II. von Belgien und den dazu nötigen Kampf um die veröffentlichte Meinung.
Besonders hervorzuheben ist dabei, dass es sich bei dem Ehepaar Charles um zwei Belgier handelt, sie also tief in die Geschichte ihres eigenen Landes abtauchen müssen. Das Bild des Königs ist dabei gar nicht so einfach zu fassen. Einerseits steht seine Grausamkeit in Bezug auf die Bewohner*innen des Kongo außer Frage, andererseits setzte er sich durchaus etwa für die Abschaffung der Sklaverei ein und wird im Kongo selbst immer noch respektiert für seine Rolle in der Schaffung und Konstituierung des Gebildes „Kongo“ an sich. Und trotz aller deutlichen Kritik am „Kongogräuel“ ist diese Geschichte kein Hass-Dokument.
So beginnt die Geschichte denn auch 1960
während eines Museumsbesuches mit einer sehr lobenden Erklärung, dass König Leopold II. Belgien den Kongo
geschenkt, die Wilden zivilisiert und der Welt damit Gutes getan habe.
Natürlich werden diese Aussagen auf den folgenden fast 200 Seiten dekonstruiert
und mit der heutigen Kenntnis auch reflektiert. Der Vorwurf der Nestbeschmutzung
wird von traditioneller Seite trotzdem erhoben werden.
Worum geht es?
Leopold
II., einer der reichsten Männer Europas zu seiner Zeit,
hatte den Forscher Dr. Stanley beauftragt, Forschungsstützpunkte im Inneren Afrikas
zu gründen und dann das darum liegende Land gekauft und Freistaat Kongo
genannt. Er selbst war nicht nur König von Belgien, sondern auch Herrscher über
dieses 80-mal größere afrikanische Gebiet und wollte seinen nicht unerheblichen
Einsatz zurück.
Der Freistaat Kongo lieferte im Wesentlichen Kautschuk und Elfenbein. Um den maximalen Profit zu erzielen (und weil er Sklavenhandel wirklich nicht mochte) setzte Leopold, der den Kongo selbst nie betreten hat, Zwangsarbeiter ein und sorgte mit einem blutigen und auf Horror basierendem System dafür, dass möglichst billig möglichst viel produziert werden konnte.
Katholische Priester, die zu Missionszwecken
im Land tätig waren, waren offiziell nicht in Gegnerschaft zu diesem Verhalten
des gläubigen Herrschers und wiesen ihre Priester vor Ort an, keine Kritik zu
äußern oder zu unterstützen. Die evangelischen Missionare waren dagegen eher
bereit, über Missstände zu berichten oder für Verbesserungen zu sorgen.
Paul
Delisle ist einer der Belgier, die während ihrer Zeit
in Afrika erkannt haben, dass es sich bei den Eingeborenen keineswegs um Wilde
handelt, die den Status der Ware nur knapp verlassen haben, sondern um Menschen
mit den gleichen Rechten und findet zunächst sich selbst, dann seinen Frieden
und sein Glück.
Edmund
Morel entwickelt sich vom passiv beobachtenden
Beschreiber zum aktiven Schreiber für die Rechte der Schwarzen und gegen die
Unterdrückung.
Henry Morton Stanley ist nicht nur Forscher, sondern auch immer mehr in die Schachzüge seines Gönners König Leopold eingespannt und gibt kein gutes Bild ab.
König
Leopold II. schließlich wird über die mehr als
20-jährige Periode seiner Herrschaft über den Kongo dargestellt. War er zunächst
noch fasziniert von den Wundern des Kongo, standen später ehr seine amourösen Interessen
im Vordergrund um schließlich vom Kampf um die Deutungshoheit abgelöst zu
werden. Ganz zum Schluss steht dann tatsächlich die Befriedigung über einen
Deal mit Belgien über den Verkauf des Gebietes an sein Königreich in seinen Augen.
Die Umsetzung
Mir persönlich gefallen die Zeichnungen von Frédéric Bihel nicht ganz so gut wie die von Jean Francois Charles in India Dreams. Sie gehören gleichwohl zur Oberklasse. Gerade durch die wasserfarbenartige Kolorierung gewinnen die Figuren und das Dekors etwas Altertümliches, das fast zu perfekt zu dieser Geschichte passt. Es lässt sowohl Landschaften wie auch Gesichter plastisch wirken, erinnert an alte Kunst und ist trotzdem realistisch. Die Schrecken werden dadurch aber auch etwas abgemildert. Der Seitenaufbau ist dabei äußerst flexibel; er verlässt das klassische tabellenartige Schema zwar so gut wie nie, hat aber viel Varianz in der Höhe und Breite und wird dadurch nicht langweilig. Im Verlauf werden immer wieder Zeitdokumente wie Fotos oder Zeitungen eingestreut, die eine größere Schärfe besitzen und sich dadurch deutlich abheben. Auch dieses ist sehr gelungen!
Hinweisen möchte ich darauf, dass die Gräuel wie abgeschlagene Hände oder niedergebrannte Dörfer durchaus gezeigt werden, Massenvergewaltigungen oder -tötungen dagegen nicht. Der Splatter steht hier also keinesfalls im Vordergrund. Trotzdem handelt es sich bei dieser Auseiandersetzung keinesfalls um etwas für jedes Kind geeignetes.
Abgerundet wird diese Gesamtausgabe durch Zeitdokumente und Skizzen im Anhang, ergänzt durch einen Essay von Colette Braeckman, Expertin für Zentralafrika unter anderem für die Le Monde Diplomatique. Dadurch wird dem/der Leser*in noch mehr Möglichkeit gegeben, ein eigenes Bild zu entwickeln oder tiefer in die Materie einzusteigen.
Das Thema „Kongo“ war in diesem noch jungen
Jahr schon mehrfach Thema der Nachrichtensendungen und auch auf Netflix
präsent. Diese Graphic Novel bietet Hintergrundwissen ohne dabei zu belehren
oder vorzugeben. Nebenbei ist das Ganze auch noch – und das ist schließlich für
einen Comic besonders wichtig – eingebettet in spannende Handlungsstränge:
Liebe für das Land, Selbstfindung, Liebe und Familiengründung, beruflicher
Kampf für die Wahrheit und politische Intrigen. Alle diese Themen zusammen sind
von dem Ehepaar Charles so raffiniert miteinander verwoben, dass schon dadurch
das Lesen und Genießen zu einem Genuss wird.
Da auch Dr. Stanley nicht nur seine hier
gezeigten Schattenseiten aufwies und der Popwelt durch einen ihm
zugeschriebenen Satz erhalten bleiben wird, soll das auch die musikalische
Referenz sein: „Dr. Livingstone, I presume“ in der Originalversion der Moody Blues! Dazu passen dann gesamtausgabenangemessene
Getränke mit viel afrikatypischem Heilmittel, Chinin, das ebenfalls von Leopold II. in seiner Wirkung erkannt
worden war: Tonic! Wer mag darf zusätzliche Spirits hinzufügen. Generell sollte
aber nicht überdosiert werden!