Die Abrafaxe befinden sich mitten in ihrem Hanse-Abenteuer: Simon und Abrax sind in London und versuchen dort, Tuche mit Gewinn zu verkaufen um den in Brüssel aufgenommenen Kredit zurückzahlen zu können. Brabax und Califax sind derweil mit zwei etwas zwielichtigen Mönchen in Nowgorod um die letzten Bestandteile der Beschreibung zu finden, die es ihnen ermöglichen würde, den Piratenschatz zu finden.
Beide Reisegruppen stoßen auf Schwierigkeiten, finden aber auch mit Hilfe ihrer Freunde Auswege.
Das Mosaik ist mittlerweile eines der auflagenstärksten Comicmagazine Ganz(!)Deutschlands und kombiniert grafisch hochwertige Zeichenkunst mit lehrreichen Informationen über vergangene Zeiten und spannenden Abenteuern.
Die Geschichten folgen jeweils einer Story-arc, die über ca ein Jahr geht und haben dadurch genügend Zeit, Details zu vertiefen oder Hintergründe einfließen zu lassen. Jede*r Geschichtslehrer*in würde sich wahrscheinlich freuen, wenn die Kids im Unterricht durchschnittlich auch nur die Hälfte von dem über die Hanse wüssten, was hier vermittelt wird. Das Team hinter dem mosaik nutzt dabei ganz bewusst Kooperationen mit Museen und bietet daher auch die Gewissheit, dass das vermittelte Wissen auf dem neuesten Stand ist. Dabei werden die Informationen aber spaßig und kindgerecht im Mittelteil zusammengefasst:
Auch wenn das mosaik immer noch mit der ehemaligen DDR in Verbindung gebracht wird, hat es sich tatsächlich doch schon seit langem davon unabhängig entwickelt und bietet kein bisschen „Ostalgie“. Wer es noch nicht kennt aber Jungen im Alter zwischen 8 und 14 hat, sollte definitiv ein Blick darauf werfen.
Der November wird eindeutig durch das Thema „Western“ geprägt: Der neue Lucky Luke-Band ist erschienen, ein Interview mit Achdé und Jul ist online gegangen und die Coverserie des aktuellen ZACK gehört ebenfalls zu diesem Genre. Was liegt da näher als auch im Klassiker des Monats darauf zurückzukommen zumal Yakari auch im Gewinnspiel letzten Monat als Lieblingscomic genannt worden war!
Yakari ist nicht nur eine Comicreihe sondern bereits seit vielen Jahren auch ein multimediales Universum, das aus mehreren Fernsehserien, Musicals und Puppenspielen, Merchandise-Figuren, Spielen und monatlichen Zeitschriften besteht. Hier soll der Fokus auf den Comics liegen.
Das erste Abenteuer „Yakari und großer Adler“ über das Leben des jungen Sioux Yakari von Job (das ist André Jobin) und Derib (Claude de Ribaupierre) erschien bereits 1979. Yakari ist ein kleiner Junge, der die Fähigkeit besitzt, mit Tieren zu sprechen. Seine Freunde sind dementsprechend nicht nur menschlicher Natur und die Namen der einzelnen Geschichten „Yakari und …“ beschreiben oft ein jeweiliges Tier als Hauptakteur. Bester Freund des Kleinen ist sein Pony Kleiner Donner, das ähnlich wie Jolly Jumper eine eigene Persönlichkeit besitzt und oft genug als Co-Akteur auftritt. Auch der Totem Yakaris, Großer Adler, handelt eigenständig und beschützt oder leitet Yakari in vielen Abenteuern. Derib und Job schaffen es durch die Verwendung des weisen Vogels, Moral und Direktive kindgerecht ohne Zeigefinger in die Geschichten zu integrieren.
Neben Yakari und den Tieren gibt es aber auch menschliche Mitstreiter, vor allem die kleine Regenbogen und der junge Kleiner Dachs sind als Gleichaltrige wichtige Handlungstreiber.
Derib hat im Laufe seiner Karriere mehrere Western kreiert: Von Go West (ebenfalls bei Salleck Publications) über Buddy Longway (Egmont Ehapa) und Red Road standen immer wieder Verständnis und Liebe zu der Natur und allen Geschöpfen sowie der Wunsch der Verständigung im Vordergrund. Je nach Zielgruppe wird dieser Wunsch mehr oder weniger erfüllt oder mit Pessimismus beantwortet.
Bei Yakari stehen ganz klar kleine Kinder im Fokus. Zwar sind die Geschichten auch für Erwachsene lesbar und enthalten teilweise eine zweite Schicht an Anspielungen, generell sind die Konflikte am Ende des jeweiligen Bandes aber gelöst und alle Beteiligten haben an Erfahrung gewonnen. Teilweise ergeben sich sogar Freundschaften für die Zukunft.
Auch hier ist das Gender-Rollenbild nicht frei von Klischees: Natürlich ist Kleiner Dachs der Prototyp eines kleinen Jungen: von nichts eine Ahnung aber voll mit ersten Eindrücken. Regenbogen ist als Mädchen viel klüger, überlegter und einfallsreicher und entspricht ein wenig einer Mischung aus Vorstellungen über den guten Indianer und Astrid Lindgrens starken Mädchen. Yakari dagegen ist cool, ein echtes Vorbild mit Schwächen, die ihn sympathisch machen, durch seinen Totem aber auch wieder ausgeglichen werden.
Die anderen Indianer*innen, Erwachsene und Kinder, übernehmen die jeweils benötigten Rollen (Krieger, Medizinmann, Häuptling, Kräuterfrau, …) und bilden somit den Rahmen der gewohnten und liebevollen Umgebung in der die Kinder sorgenlos Abenteuer erleben können.
Die jeweiligen Bände fokussieren auf nur ein Tier, das Probleme macht oder welche hat oder aber auf Naturereignisse wie Stürme oder Feuer und bieten dadurch die Möglichkeit, das Thema in Ruhe und mit Tiefe anzugehen. Die Zeichnungen im Semifunny-Stil von Derib sind liebevoll, groß genug für kleinere Leser*innen aber detailreich genug, um auch ältere anzusprechen. Die Seitenaufteilung bleibt dabei klassisch. Job unterstützt diesen Stil vollkommen und lässt der Handlung genügend Zeit um Natur und handelnde Tiere zu voller Geltung kommen zu lassen.
Alle 39 bisher erschienenen Bände sind bei Salleck Publications als Hardcover für jeweils 12 € erhältlich. Einige davon waren früher bereits bei Carlsen Comics als Softcover erschienen und sollten bei einschlägigen Gelegenheiten noch preiswert erhältlich sein. Dazu gibt es ein Magazin am Kiosk mit dem üblichen Plastik als Dreingabe sowie zwei Fernsehserien. Die erste von 1983 umfasst 52 5-minütige Episoden, die zweite (2005 – 2013) 130 13-minütige Folgen. Zumindest die letzteren sind regelmäßig auf KiKa zu sehen.
Das bisher neueste Yakari-Album
Dazu passt Musik entweder aus den Trickfilmen oder dem Yakari-Musical und eine Fruchtschorle.
(Hinweis: Gleichzeitig ist auch der zweite Band der Gesamtausgabe erschienen!)
Indien – Traumland für Aussteiger, Land der ungelösten Probleme der kolonialen Vergangenheit, Fest für alle Sinne – das Land ist seit jeher eine Leinwand für Projektionen aller Spielarten und ein Lieblingsfluchtort vieler Europäer*innen.
Indien – Land der Gegensätze zwischen reich und arm, des Kastensystems und der verschiedenen Religionen und ihrer Spannungen.
Indien – Kultur der „Familie“ als höchstem Gut.
England – mittlerweile abgedankte Kolonialmacht, steife Regeln, große Klassengegensätze.
Aus dem Spannungsfeld all dieser Schubladen speist sich das Epos India Dreams des belgischen Ehepaares Maryse und Jean Francois Charles über Frauen dreier Generationen auf dem indischen Subkontinent und in England selbst.
Mit dieser Ausgabe ermöglicht der Splitter-Verlag seinen Leser*innen erstmals, India Dreams auf Deutsch komplett zu lesen; bisher war nur 2009 der erste Band der Gesamtausgabe im Splitter books-Format erschienen. Für die Einzelbände musste bisher auf das französische Original oder die niederländische Ausgabe zurückgegriffen werden.
Der erste Band bietet dabei den aus vier Bänden bestehendenersten Zyklus, der zweite Zyklus ist zeitgleich als weiterer Band erschienen.
Die Geschichte beginnt zunächst eher comic-untypisch als Erzählung mit begleitenden Zeichnungen. Bereits hier wird die Fähigkeit der Zeichnerin deutlich, die Stimmungen erfassen und wiedergeben zu können.
Auch im weiteren Verlauf werden immer wieder ganzseitige Abbildungen von Jean Francois Charles die Geschichte unterstützen, gleichzeitig aber zum Verweilen einladen.
Die Reihe beschreibt die Schicksale der Familie Harryson, genauer gesagt liegt der Fokus auf den weiblichen Mitgliedern.
Die Geschichte beginnt (in zeitlicher Abfolge; Im Comic vermischen sich die Zeitebenen und schaffen somit Abwechslung nicht nur der Orte, sondern auch der Zeiten und den damit verbundenen Dekors) in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Amelia folgt ihrem Mann Thomas nach Indien und verliebt sich in einen Maharadscha. Im Laufe der Geschichte erfährt der Lesende mehr über diese Zeit und den Tod von Thomas.
Die Tochter Emy, noch in England geboren, verbringt in Indien ihre ersten Jahre, wird aber später in England aufwachsen. Sie wird von ihr zunächst ungewollt wieder in ihre Vergangenheit hineingezogen als der Spielkamerad der Kindheitstage wiederauftaucht.
Ihre Tochter Kamala darf dann in den 60-er Jahren versuchen, die Familiengeschichte zu entschlüsseln und hetzt von einem Ort zum anderen.
Ein wenig scheint es so, dass es sich dabei tatsächlich „nur“ um eine Rahmenhandlung dreht, die den einzigen Zweck hat, verschiedene Landschaften Indiens grafisch umsetzen zu können. Da eine Familiengeschichte alleine nicht genügend Material bietet, wird zusätzlich noch Politik aus dem großen Füllhorn ausgeschüttet: Kommunistische Bestrebungen, Macht zu übernehmen; Konflikte innerhalb der englischen Kolonialverwaltung aber auch der Inder mit der richtigen Strategie der Befreiung; Kastenwesen und Rassenunwesen sowie ein wenig Popkultur in Form einer Hippie-Reisetruppe. Alles in allem wirken auch diese Momente teilweise nur als Staffage für die grandiose graphische Umsetzung in der Jean Francois Charles mit Farben und Stilen spielt.
Ein Comic in und über Indien bedarf aber noch einer weiteren Zutat um die eingangs angesprochenen Fluchtbedürfnisse zu erfüllen, nämlich Spiritualität und damit verknüpfte Erotik. Alle drei Frauen haben Sex mit ihren jeweiligen Partnern, der allerdings nicht einfach plakativ in Szene gesetzt wird sondern sich langsam über viele Seiten andeutet und dann meistens auch noch in malerischer Umgebung stattfindet.
Splitter veröffentlicht Comics für Erwachsene und daher ist das jetzt auch nicht unerwartet zumal die Szenen weit davon entfernt sind, einer Altersbeschränkung zu unterfallen.
Ist der Band oder besser gesagt sind die beiden Bände zu empfehlen? Aus grafischer Sicht uneingeschränkt ja! Die Zeichnungen und Aquarelle sind allemal ihr Geld wert und verleiten aufgrund ihres hohen Detailreichtums und der zu den jeweiligen Storyelementen passenden Farben zu längerem Verweilen und auch zum mehrmaligen Betrachten.
Die Story von Maryse Charles ist dagegen eher etwas herausfordernd: Durch die vielen Rückblicke, die häufig eingestreuten Finten und die Verquickung mit den politischen Ereignissen, die einiges an Hintergrundwissen erfordert, ist die Lektüre nicht einfach. Zudem erwartet der Massengeschmack heute eher mehr Action als langsame Aufklärung über hunderte von Seiten hinweg. Wer sich darauf einlässt wird aber nicht enttäuscht!
Was passt zu einem Werk dieser Länge? Bollywood-Musik ist nicht so nach meinem Geschmack und wird daher auch nicht empfohlen. Trotzdem können indische Einflüsse in der Musik beim Lesen nicht schaden, also die Beatles in ihrer entsprechenden Phase?Indischer Alternative von Agnee? John Coltrane? Irgendwie alles und auch wieder nicht. Auf jeden Fall sollten indischer Chai, ein Kingfisher und ein Curry dazu nicht fehlen.
Update: in einer früheren Version hatte der Fehlerteufel zugeschlagen und Texterin und Zeichner durcheinandergewürfelt. Zudem ist natürlich nur der hier besprochene Teil der Gesamtausgabe bereits als splitter-book erschienen. Vielen Dank an Bernd für die Hinweise!
Schon zum 19-ten Mal bringt der ICOM sein Jahrbuch heraus
und es ist wieder vollgepackt mit Artikeln über die deutsche Independent-Szene!
Der Interessenverband
Comic, Cartoon, Illustration und Trickfilm e.V. ICOM existiert bereits seit
1981 und bemüht sich darum, Zeichner*innen und Autor*innen ein Forum für
Meinungs- und Informationsaustausch zu bieten um dadurch ihre berufliche Situation
zu verbessern. Der ICOM ist anerkannter Berufsfachverband und bietet für seine
Mitglieder nicht nur Infos sondern auch konkrete Beratung und Hilfestellung.
Ein Baustein dabei ist das Jahrbuch, das gleichzeitig auch als Werbung nach
Außen dient und die sonst eher nicht im Rampenlicht stehende Independent-Szene präsentiert.
Das diesjährige Jahrbuch hat einen ungeplanten Schwerpunkt da es insbesondere in Erlangen auf dem Salon eine Kontroverse um die Besetzungder Jury für den 25. ICOM Independent Comic-Preis gab. Ein Jurymitglied bemängelte die Zusammensetzung als nicht divers genug und bezog sich explizit auf das Verhältnis von Männern und Frauen. In der Auseinandersetzung mit demVorwurf beschäftigen sich einige Artikel mit diesem Vorwurf aus persönlicher aber auch allgemeiner Sichtweise: Beschränkt sich der Vorwurf auf das Verhältnis Mann/Frau oder greift das zu kurz da auch sexuelle Orientierung, Hautfarbe, Alter, Religion und weitere Kriterien zu berücksichtigen sein. Zudem scheint auch die Möglichkeit genügend Zeit investieren zu können ein nicht zuunterschätzender Faktor zu sein. Möge sich jede*r selbst eine Meinung dazubilden. Meiner Meinung nach ist diese Diskussion wichtig, sollte aber sachlich geführt werden…
Einen weiteren Schwerpunkt bieten die diesjährigen
Preisträger*innen, dient diese Publikation doch auch dazu, die Gewinner*innen
der Öffentlichkeit vorzustellen und ihre Fähigkeiten herauszustellen. Natürlich
gibt es eine Übersicht der Nominierten und die jeweiligen Gewinner*innen der
Sparten „Bester Independent-Comic“, „Bester Kurzcomic“, „Herausragendes
Szenario“, „Herausragendes Artwork“, 2 Sonderpreise und beste*r Newcomer*in. Es werden aber auch Interviews mit den
Preisträger*innen unterstützt durch eine Vielzahl von Beispielen der jeweiligen
Arbeiten und Aus- und Einblicke in die jeweiligen Portfolios gegeben. Alle
Beiträge stehen unter der Leitlinie, dass es hier nicht um Stars geht sondern
um Aktive, die keinesfalls im Scheinwerferlicht der Medien oder des Feuilletons
stehen. Nebenbei kommt aber auch immer wieder ein wenig Stolz zum Vorschein
wenn es darum geht, dass der eine oder die andere in einer Independent-Veröffentlichung
ihre ersten Schritte gemacht haben und sich dann zum erfolgreichen Mainstream
„hoch-“ oder besser weiterentwickelt haben. In allen Beiträgen geht es aber
auch darum, ob und wie sich die jeweiligen zu dem Konflikt verhalten haben und warum.
Auch der Artikel über die holländische Szene hat ein
politisches Thema als Ausgangspunkt: Ist der Umgang mit de zwarte Piet, dem Sidekick für den holländischen Santa, noch
zeitgemäß oder rassistisch konnotiert?
Dieser Teil ist sicherlich in der aktuellen Sekundärliteratur in Deutschland einzigartig. Nirgendwo sonst wird das Thema„Comic“ mit dieser politischen Herangehensweise gesehen. Immer wieder spielen Rassismus (beim Thema Flüchtlinge/Migration oder auch Sklaverei), Sexismus (ja,auch ohne #metoo ein Thema!) oder Kapitalismus eine Rolle, nirgendwo aber miteiner solchen Schärfe und Diskussionstiefe, die an die 80er Jahre erinnert.
Daneben (und eigentlich wohl im Vordergrund geplant) gibt es
eine Reihe von Artikeln über die aktuelle Independent-Szene aus verschiedenen
Blickwinkeln: Welche Arbeitsmittel werden benutzt?, Wo kommen die Ideen her?,
Sind Web-Comic-Erfolge auf Print-Ausgaben übertragbar?, Wieviel Arbeitszeit mit
anderen Dingen brauche ich, um mir Arbeitszeit mit Comics leisten zu können?
Nicht nur für Szenebeteiligte aufschlussreich und unbedingt lesenswert! Oft
erwähnt und mittlerweile für alle bekannt ist, dass man in Deutschland nur sehr
schwer vom Comic-Zeichnen leben kann. Was das aber konkret bedeutet lässt sich
hier wieder einmal anschaulich in konkreten Beispielen erfahren.
Spannend finde ich das Interview mit Eckart Sackmann über Die Deutsche Comicforschung daseinerseits die Verdienste der letzten Jahre würdigt, andererseits aber auch die Probleme (der heutigen Zeit?)mit tiefgründiger Recherche und Analyse beschreibt. Wie viele Autor*innenwollen noch so tief einsteigen und sich wissenschaftlich mit einem Themabeschäftigen wenn es doch auch mit wenigen Zeichen möglich ist? Nebenbei äußerter sich auch über die Zukunft seines Verlages der im Auslaufen begriffen ist.Weitere Artikel des Bereiches „Verlage und Literatur“ beschäftigen sich mit demThema der Definition „Comic“, italienischer Comic-Kunst oder dem Jubiläum des Zwerchfell-Verlages.
Hilfreich ist sicherlich die Ankündigung der Neuauflage des ICOM-Ratgebers „Honorare, Verträge, Urheberrecht“ von Christof Ruoss, Frank Pfeiffer und RA Martin Boden, die schon in ihrer Kurzform nützliche Informationen liefert. Gerade für„nebenbei“ Tätige oder Neulinge ist das einer der Fallstricke, der sehr teuer werden kann. Dazu gibt es Einblicke in verschiedene Geschäftsmodelle, Versicherungen und Berufsverbände! (ISBN 978-3-88834-924-9; 208 Seiten; 20,-€)
Mit diesen Preis überhaupt keine Frage: Auch wenn Teile des
Inhalts sicherlich nicht für jede*n von Interesse sind, bietet das Jahrbuch für
alle, die mehr wollen als bunte Bilder zu konsumieren, genügend Lesestoff,
Einblicke mit vielfältigen schwarzweißen oder farbigen Illustrationen in die
aktuelle Szene und Hilfestellungen und sollte daher in keinem Bücherschrank
fehlen.
Dazu passt No Respect – Excuse my smile am besten! Unterstützung
bietet ein Rotwein (und wem hierzu ein alter Spontispruch einfällt sei
gegrüßt!), gerne auch vegan. Für die Infoteile und die Interviews wäre auch ein
starker fairgehandelter Kaffee nicht zu verachten.
Die Sechziger sind zurück! Zum 50. Jubiläum des
psychedelische Pop-Art Films hat Bill Morrison eine Comic-Adaption geschrieben
und gezeichnet.
1968 war die Hochzeit der Beatles, der Hippie/FlowerPower-Bewegung und der Drogenexperimente. Der Spießigkeit der Altvorderen wurde ein Modell entgegengesetzt, das auf Liebe, Musik und Selbstverwirklichung basierte und die Gesellschaft dauerhaft verändern sollte. Gleichzeitig veränderte sich das kulturelle Bewusstsein: Farben und Formen verloren ihre Zweckgebundenheit, „Kultur“ wurde vergesellschaftet und erstmals Spaß in den Vordergrund gerückt. Aus dieser Gemengelage entstand der Film Yellow Submarine – auch im Gegensatz zu den „niedlichen“ Disney Animationsfilmen – mit den Beatles und ihren Songs, aber ohne Beteiligung der Fab Four selbst.
Die Rahmenhandlung ist leicht erzählt: Pepperland wird von
den Blaumiesen angegriffen. Diese schalten zunächst die Musikgruppe Sgt.
Peppers Lonely Hearts Club Band aus und bekämpfen dann alle Freude und
Kreativität in Pepperland. Dargestellt wird das durch die zunehmende
Farblosigkeit, die die Tristesse brillant kennzeichnet. Fred wird vom
Bürgermeister in einem gelben U-Boot auf Rettungstour geschickt und bringt die
Beatles nach Pepperland und damit die Musik und Lebensfreude zurück. Viel
wichtiger als diese Geschichte sind aber die abstrusen Abenteuer in bester
englischer Comedy-Manier: anarchistisch, abgedreht und subversiv!
Der Comic (oder neudeutsch die Graphic Novel) schafft es, den Stil des Films zu transportieren und durch die Wahl des Seitenlayouts, die collagenhafte Übernahme von Soundwords und Fotos und die Farbwahl den überbordenen Klamauk auf die Seiten zu bringen. Dabei schadet es sicher nicht, dass Bill Morrison auch schon bei den Simpsons, Roswell und Futurama gerne mit Farben und Formen gespielt hat. Und auch für den Antitypus Disney hat Morrison im Übrigen lange Jahre gearbeitet. Als Herausgeber des amerikanischen MAD beweist er ebenfalls sein Faible für subversiven Humor. Es ließe sich also kaum ein geeigneterer Künstler für dieses Projekt finden. Die einzelnen Sequenzen, beispielsweise die Szene mit den Löchern, bekommen genügend Raum um zu wirken, sind aber nicht in die Länge gezogen. Die Figuren agieren dabei nicht nur in, sondern auch mit dem Comic!
Wie im englischen Original von TITAN Comics bringt auch
Panini das Ganze als Hardcover im englischen/amerikanischen Prestige-Format zu
einem nachvollziehbaren Preis heraus und rundet das Ganze mit ein paar
Konzeptskizzen und Alternativentwürfen ab.
Der Inhalt mit dem Gegensatz von Uniformierung und Spontanität hat sicherlich in den letzten fünfzig Jahren an Aktualität nichts verloren und passt in die heutige Zeit der Glorifizierung der guten, einfachen alten Zeiten. Ob der Stil die heutige Jugend noch erreicht sei allerdings in Frage gestellt. Immerhin passt er aber in die Zeiten der endlosen letzten Tourneen und Reunions von Musikikonen. Wer sich also grämt, dass er die Beatles nicht mehr live sehen kann, hat in diesem Band eine Ersatzmöglichkeit gefunden!
Dazu passt natürlich nichts anderes als die Filmmusik mit
Stücken der Beatles und instrumentalen Orchesterversionen und ein möglichst
buntes Getränk auf Tri Top-Basis. Wer es ganz schummerig haben möchte kann dazu
noch seine alte Lavalampe vom Dachboden holen.
Chefredaktion: Georg F. W. Tempel Verlag MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag Heft Din A 4 | 84 Seiten | Farbe | 7,90 € ISSN: 1438-2792
Die November-Ausgabe titelt bereits mit einem
neuen Western: Der Weg des Untergangs
von Francois Corteggiani, gezeichnet
von Sergio Tisselli. Leider ein Einzelband
über die Geschichte der sogenannten Métis im kanadischen Teil der Great Plains.
Mit dieser Bezeichnung wurden die Nachkommen von europäischen Männern und indianischen
Frauen verächtlich bezeichnet. Die Ethnie kämpfte in mehreren Aufständen für
ihre Anerkennung und gegen die Unterdrückung. Die Story beginnt 1885 nach der Niederlage
der Métis unter ihrem wohl bekanntesten Anführer Louis Riel gegen die kanadische Zentralregierung. Mit dieser Serie
beweisen das ZACK und Georg F.W. Tempel mal wieder ihr Gespür
für in Deutschland noch unbekannte Kreative und tolle Serien die trotz des
Überangebots von Alben, die Monat für Monat auf den Markt kommen, auf ihre Entdeckung
gewartet haben.
Corteggiani hat dabei bereits das eine oder andere auch in ZACK veröffentlichte
Szenario verfasst und ist dem Western über die
Jugend von Blueberry verbunden. Die von ihm getextete Serie Bastos und Zakusky wird im kommenden
Jahr definitiv Teil der Reihe Klassiker des Monats werden.
Tisselli ist dagegen in Deutschland noch sehr unbekannt obwohl seine meisterhafte Beherrschung der direkten Kolorierung hoffen macht, dass noch mehr seiner Arbeiten für italienische Verlage den Weg über die Alpen findet.
Auch Dantès
und Mic Mac Adam finden ihre Fortsetzung.
Während erster solide Kost bietet, stellt letzterer eine meine Lieblingsserien
dar.
Das letzte Abenteuer von Solo aus der Feder von Oscar
Martin findet mit seinem neunten Teil seinen Abschluss. Es war vor Jahren
schon einmal limitiert in schwarz-weiß erschienen und wurde nun koloriert und
in größerem Format neu veröffentlicht. Die Endzeit-Story ist nichts für
schwache Nerven, besticht aber durch ihr tiefes Plädoyer für Frieden, Harmonie
und Verständigung!
Während Tizombi, Parker & Badger und der Vater der Sterne wieder ihre teils abstruse Komik abliefern dürfen und die Primo Premium Edition sowie die Hannibal-Retrospektive von Flash Gordon in längeren Artikeln vorgestellt werden, entdeckt Harmony immer mehr ihre Kräfte und ist bereit, sich auf eine gefährliche Reise zu sich selbst einzulassen! Mathieu Reynès gelingt es, der Masse an Vampir-TV-Serien für Mädchen etwas Eigenes entgegenzustellen und auf die allgegenwärtigen Requisiten zu verzichten. Harmony ist durch ihre Psy-Kräfte ebenfalls mystisch; es gibt unheimliche Wesen und eine nicht zu identifizierende Macht. Eine bisher noch unbekannte Bedrohung ist spürbar, die Entwicklung ist aber noch offen…
Dazu passen dem Wetter angemessen heiße
Getränke auf Gewürzbasis, wahlweise als Chai oder Glühwein, und klassischer Northern Soul!
Die zweite Zusammenarbeit zwischen Achdé und Jul bringt den Cowboy, der schneller schießt als sein Schatten, erstmalig nach Europa.
Zugleich ist der Band gespickt mit Anspielungen auf die aktuelle politische und gesellschaftliche Situation und steht unter dem Motto „Ein Plädoyer für die Freiheit“. Nein, Lucky Luke steht nicht plötzlich in der ersten Reihe der Revolution, keine Bange! Er nimmt aber die Art der Anspielungen aus der Tradition des Uderzo/Goscinny-Asterix auf und bietet daher auch erwachsenen Lesern nicht nur viele Momente des Schmunzelns sondern teilweise auch der Verzweiflung weil vieles, was vor Kurzem noch undenkbar gewesen wäre heute schon beinah als harmlos aufgefasst wird. Der mittlerweile siebte Band von Achdé mit Geschichten um den erwachsenen Westernhelden zeigt einerseits die ganze Routine in den Zeichnungen des Morris-Nachfolgers, beweist aber andererseits den Spaß an Details und witzigen Szenen wenn Jolly Jumper beispielsweise während des Captain’s Dinners Heu (fr)isst. Zudem macht es dem gebürtigen Franzosen augenscheinliches Vergnügen mit der Brille des Amerikaners auf seine Hauptstadt zu schauen.
Worum geht es: Das Abenteuer beginnt ganz klassisch da Lucky Luke die Daltons zurück in ein Gefängnis transportiert. Dabei begegnen sie Auguste Bartholdi der mit dem Arm der zukünftigen Freiheitsstatue auf Promo-Tour durch die Vereinigten Staaten ist. Er muss Geld sammeln um die Statue durch Gustave Eiffel in Paris fertigstellen und nach Amerika verschiffen zu lassen. Unser Held ist nicht nur der Beschützer hilfsbedürftiger Ladys und so begleitet und verteidigt er auch Bartholdi auf seiner Tour. Sein Gegenspieler ist ein Gefängnisdirektor der auf eben jener Insel, auf der die Freiheitsstatue aufgestellt werden soll, ein ausbruchssicheres Gefängnis errichten möchte. Er ist dabei unschwer als Prototyp des polternden Populisten zu erkennen der heutzutage so oft von sich reden macht.
Aufgrund der bereits verübten Anschläge wird Luke von höchster präsidialer Stelle gebeten, auch den Transport der Statue von Paris nach New York zu begleiten und sicherzustellen. Während bisherige Schifffahrten den Cowboy kalt ließen wird sein Verdauungstrakt nun auf das Äußerste beansprucht.
In Paris lernt Lucky alle wichtigen Sehenswürdigkeiten kennen und nimmt am gesellschaftlichen Leben teil. Zu einem Running Gag wird dabei seine Schwarz/Gelb/Rote Kleidung!
Der „Cowboy in Paris“ ist sein Geld wert! Spannende Story, gute Zeichnungen, grafische und textliche Details, die zum mehrmaligen Lesen auffordern – was will man mehr!
Dazu passen ein petit café und französischer Country, etwa von Raphaelle Dess.
In Kürze hier auf comix-online ein Interview mit Achdé und Jul!
Herausgeber: Mirjam van der Kaaden & Seb van der Kaaden
Verlag StripGlossy Personalia vof Heft Din A 4 | 132 Seiten | Farbe | 8,95 € ISSN: N/A
Die aktuelle Ausgabe der StripGlossy aus Leens/Groningen widmet sich im Schwerpunkt den Comics
Herr Bommel und Tom Poes,
ursprünglich von dem 2005 verstorbenen Marten
Toonder erdacht und gezeichnet. Obwohl in Deutschland kaum bekannt ist Herr
Bommel neben Suske en Wiske und Nero einer der bedeutendsten
Dauerbrenner bei unseren Nachbarn.
Natürlich werden Comics schon seit langem nicht mehr
in halb anonymen Studios ausgefertigt und so stehen auch die Akteure der Bände
im Vordergrund. Den Anfang macht Henrieke
Goorhuis, die erste weibliche Bommelzeichnerin überhaupt. Obwohl erst 28
Jahre alt hat sie schon eine beindruckende Anzahl an Beiträgen für Bommel und
Tom Poes, Donald Duck und Woezel en Pip abgeliefert. Einiges davon und auch ihr
bereits 2012 erschienener Strip über Überlebensstrategien im Dschungel sind in
dieser Folge nachzulesen. Ihre erste Donald Duck Seite von 2009 beweist
eindrücklich ihre Fähigkeit, eine Geschichte auch ohne Worte erzählen zu können
da der Text nicht mit angedruckt worden ist, alle den cholerischen Donald
ausmachenden Elemente aber vorhanden sind. So ist es auch kein Wunder, dass das
Interview mit ihr unter der Rubrik Icoon, also Ikonen der niederländischen Comickunst
eingereiht worden ist. In einem weiteren Beitrag dürfen die aktuellen Bommel-Zeichner*innen
Henrieke Goorhuis, Will Raymakers und
Tim Artz ihre jeweiligen Kolleg*innen
beschreiben und jeweils mit einer Zeichnung vervollständigen. Eine meines
Erachtens sehr persönliche Herangehensweise an das Thema die Spaß macht und dem
Leser seltene Einblicke bietet.
Was wäre eine niederländisch-sprachige Serie ohne Daan Jippes und so folgt ein Werkstattbericht der Zusammenarbeit der Beiden.
Weitere Ausschnitte aus der reichhaltigen Welt dieses
Klassikers bieten Arbeiten von Straatman/Artz,
Valkema, Strickwerda, van Herpen und
Raymakers. Mehr Überblick geht nicht und so ist diese Schwerpunktnummer
insbesondere für deutsche Leser*innen, die einen Einblick bekommen möchten,
wärmstens zu empfehlen!
Aber auch sonst bietet das Heft einiges an Comics: De Generaal hat seinen Auftritt, De Lijn und De Meimoorden werden fortgesetzt und Dick Matena und Daan Jippes dürfen auch jeweils eine Kurzgeschichte beisteuern.
Das Strip Battle steht dieses Mal ganz unter dem
Eindruck von Halloween: Dim Junius
und Dimitri Jansma dürfen auf jeweils
einer Seite ihr – beachtliches – Können beweisen und buhlen auf www.stripglossy.nl/stripbattle
um Stimmen. Der Gewinner darf dann ein Jahr lang in StripGlossy publizieren.
Wie schon erwähnt ist das eine Supersache für noch nicht soo bekannte
Künstler*innen und kann nicht oft genug gelobt werden!
Was wäre die niederländische Comicliteratur ohne „Storm“ von Don Lawrence? In seinem Stil gezeichnet ist die neue Serie „Saul“ von Willem Ritstier und Apri Kusbiantoro deren zweiter Band hier zum Vorabdruck kommt. Es gibt übrigens auch gerade ein Promopaket mit dem ersten Band von Saul und einer älteren StripGlossy-Nummer.
Die Redaktion möchte aber nicht nur unterhalten und
stellt daher das Projekt „Verhalen van
Vrouwen“ vor. Hier geht es um allerlei Arten von Gewalt gegen Frauen und
zeichnerische Annäherungen daran. Das Projekt beinhaltet insgesamt Einsichten
von 23 Frauen. Zum Abdruck kommen hier zwei Arbeiten der belgischen Zeichnerin Kim Duchateau, einmal getextet von Stijn Schenk. Für Schenk ist es bereits
das zweite durch ihn editorisch betreute thematische Projekt nach „Mensen“, einer beachtenswerten Zusammenstellung
mit dem Thema ADHS von jungen Menschen, das von der Stichting In Lijn und dem Dolhuys
| museum van de geest herausgegeben worden ist. Restexemplare sind
möglicherweise noch über die Stiftung erhältlich.
Abgerundet wird das Ganze wieder mit News,
Verkaufscharts und Werbung nicht nur für die großen Verlage. Für alle, die
einen Überblick über die aktuelle Szene unserer westlichen Nachbarn haben
möchten, ein Muss.
Dazu passt klassischer holländischer Ska von Mark Foggo und ein typisch
niederländisches Cassis.
Wer zu den Anfängen möchte muss erst einmal weit in die
Zukunft reisen um zu verstehen.
Dieses neueste Abenteuer aus der Reihe „Spirou par/Robbedoes door“ ist zunächst nur auf Französisch oder Niederländisch erhältlich und spielt in einer Steampunk-artigen Zukunft. Die Erde ist schon lange nicht mehr und die Geschicke der Welten werden von der Admistratie unter Z geleitet. Robbedoes/Spirou ist ein Agent eben dieser Verwaltung, Ijzerlijm/Stefanie in dieser Zukunft seine Schwester und der Graf der Opa der Beiden. Während Robbedoes versucht, im Rahmen der Vorschriften Verstöße aufzudecken, gehört seine Schwester den Rebellen an. Während einer wilden Verfolgungsjagd mit Robotern werden sie von Kwabbernoot/Fantasio gerettet der seinerseits ein Doppelagent ist und ein Faible für Siebziger-Jahre Kunst hat.
Im weiteren Verlauf bereisen die drei begleitet von Spip
mehrere Welten auf der Suche nach Material gegen das Regime, der eigene
Vergangenheit und nach Selbstbestimmung. Filippi, wahrlich kein Unbekannter in
der Comic-Welt, führt in einer sehr schnellen und spannenden Geschichte alle
bekannten Figuren des Rummelsdorf/Rommelgem-Universums zusammen. Gegen Ende
wird immer deutlicher, dass Zantafio/Wiebeling die Fäden in der Hand hält. Ob
er sich das tatsächliche Ende allerdings so vorgestellt hat darf mehr als
bezweifelt werden.
Die Zeichnungen von Fabrice
Lebeault sind ein echtes Feuerwerk! Teilweise erinnern die Bilder an
außerirdische Landschaften wie bei Valerian/Ravian, teilweise ist auch etwas
Bourgeon mit dabei. Die Figuren sind sehr modern angelegt, nehmen aber die
klassischen Bestandteile auf und haben daher einen hohen Wiedererkennungswert.
Am stärksten verfremdet wirkt für mich neben Spip/Pips, der zunächst ein
anderes Tier ist, Spirou/Robbedoes, der ein sehr weibliches Gesicht bekommen
hat. Durch die Verfremdungen unterstützen die Zeichnungen die andere Geschichte
der Hauptfiguren und erleichtern die Trennung der Identitäten.
Das Überformat erlaubt den teils ganzseitigen Illustrationen eine noch größere Wirkung und fordert ein mehrmaliges Lesen des Comics will man alle Details wenigstens wahrgenommen haben. Neben den extrem detailreichen Darstellungen gibt es aber auch kleinere Folgen mit hoher Geschwindigkeit oder Nahaufnahmen der Gesichter und ihrer Emotionen. Lebeault beweist, dass er alle Facetten seiner Kunst beherrscht. Umso erstaunlicher, dass von ihm auf Deutsch bisher kaum etwas veröffentlicht worden ist. Nur der alte Splitter-Verlag und Finix führen seinen Namen auf. In den Niederlanden ist immerhin noch De Boeman erschienen, allerdings auch schon vor über 12 Jahren.
Deutsche Leser*innen müssen sich noch etwas gedulden; „Foundation Z“ soll zwar bei Carlsen erscheinen, ein Termin ist aber
noch nicht bestimmt. Für alle, die nicht warten können oder wollen ist dieser
Band ein Muss!
Dazu passen würde ein echtes Siebziger-Jahre Getränk mit
bunter Farbe wie „Grüne Wiese“ und zeitgerechter Glam-Rock zum Beispiel von The Slade!
Originaltitel: Brocéliande 01: Forêt du Petit Peuple
Splitter Verlag
Hardcover | 56 Seiten | Farbe | 14,80 € |
ISBN: 978-3-96219-157-3
Nach den Elfen und den Orks verfolgt auch diese neue Splitter-Serie das Prinzip der durchgehenden bzw. sich ergänzenden Geschichten von unterschiedlichen Teams. Alle drei Monate erscheint ein neues Abenteuer über eine geschichtsträchtige, mythenbeladene und zauberhafte Gegend in dem Wald von Broceliande, also einem Gebiet, das Teile der Normandie und die Bretagne umfasst.
Im ersten Band erzählt Olivier Peru seine Interpretation der Geschichte der ersten und folgenschweren Begegnung zwischen Merlin und Viviane. Obwohl schon tausendmal gehört, beinhaltet diese Geschichte neue Elemente: Die Korrigans – übellaunige Kobolde – zwingen einen Geschichtenerzähler ein neues Abenteuer zu erfinden, in dem sie eine tragende und heldenhafte Rolle spielen. Orignace, so der Name des Schreibers, scheint nun teilweise zu berichten, teilweise scheinen seine Vorgaben aber auch die Handlung zu treiben.
In einer Nebenhandlung versuchen drei Brüder einen weißen Hirsch zu erlegen, der größer und feiner als alles bisher gesehene sein soll. Auf jeden Fall zeigt Merlin nicht nur Viviane seinen geheimen unsichtbaren Palast, auch die drei Schurken können das sagenhafte Land betreten und möglicherweise dort sogar Unheil anrichten.
Neben all der zauberhaften Grundstimmung kommt somit auch
die schnelle und gewalttätige Seite einer Abenteuergeschichte nicht zu kurz. In
der Serienbeschreibung heißt es, dass einerseits dem Sehnsuchtsort Wald ein
mythischer Anstrich gegeben werde, andererseits Humor und Action aber ihren
Anteil hätten. Das klingt zwar etwas überhöht, ist aber als Beschreibung nicht
verkehrt und wird sicherlich den entsprechenden Käuferkreis definieren.
Die Seiten von Bertrand Benoit quellen förmlich über ob all der Details und der liebevollen kleinen Geschichten innerhalb der Panele. Die Gesichter sind ausdrucksvoll wie selten gesehen und geben die Stimmung ihres Trägers lebhaft wieder.
Benoit beherrscht allerdings nicht nur menschliche Figuren sondern auch Wölfe, Hirsche und Drachen und alle diesen großen Tiere dürfen neben kleinen Waldbewohnern ihren Auftritt genießen. Die Farben und der Stil der Kolorierung entsprechen der aktuellen französischen, hauptsächlich durch die Editon Soleil geprägten, Fantasy-Vorgabe, gehören qualitativ aber eher zum oberen Drittel.
Dieser erste Band macht definitiv Lust auf mehr und die Bretagne und die mit ihr verwobene Artussage waren schon immer einer der Lieblingsfluchtorte für Deutsche. Dem Erfolg steht also nichts entgegen. Der relativ geringe Preis und die wie immer vorzügliche Ausstattung aus Hardcover, Überformat und gutem Papier mit satten Farben sind dabei sicherlich nicht hinderlich.
Wer auf unterhaltsame Weise mehr über diese Gegend erfahren möchte und Krimis mag sei im Übrigen auf die „Bretonischen Geheimnisse“ von Banalec verwiesen, das in dieser Gegend spielt. Mehr Information gibt es dann nur noch im Reiseführer.
Dazu passen ein Glas französischer Cidre und Mike Oldfields
Tubular Bells.