Der Chefredakteur des ZACK-Magazins stellt sich unseren Fragen
Das ZACK-Magazin aus dem Mosaik – Steinchen für Steinchen-Verlag feiert in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen. Grund genug für comix-online, dem aktuellen Chefredakteur Georg F. W. Tempel ein paar Fragen zu stellen. Da ich selbst zu der Generation gehöre, die durch das Zack im Koralle-Verlag nachhaltig in der Leidenschaft für franko-belgische Comics geprägt worden ist, habe ich mich über diese Gelegenheit sehr gefreut. Comics aus diesem Spektrum werden auch in Zukunft ein wesentlicher Bestandteil der comix-online-Berichte bleiben.
c-o: Hallo Georg. Könntest du dich den Leser*innen von comix-online kurz vorstellen? Du bist ja in der deutschen Comicgeschichte alles andere als ein unbeschriebenes Blatt.
Tatsächlich bin ich schon seit weit über 30 Jahren in der Comic-Szene tätig. Wie bei vielen anderen meiner Generation waren meine ersten Berührungen mit den Comics die Hefte aus dem Hause Kauka und Bastei, wozu in den 1970ern dann natürlich „ZACK“ gekommen ist. Während meines BWL-Studiums in Mannheim habe ich für das dortige Stadtmagazin Comic-Rezensionen verfasst, worüber ich Kontakte zu verschiedenen Verlagen bekommen habe. Mitte der 1980er Jahre bin ich dann beim Reiner-Feest-Verlag eingestiegen, hatte ein kurzes Intermezzo beim Norbert Hethke Verlag, für den ich angefangen habe, das DC-Segment aufzubauen – wir haben uns wegen unterschiedlicher Programmauffassungen dann im Gütlichen getrennt -, und war schließlich ab 1991 beim Ehapa Verlag. 1994 und 1995 habe ich parallel zu meiner Ehapa-Tätigkeit das „Beavis & Butt-Head“-Magazin für den Dino Verlag betreut. Bei Ehapa war ich vor allem für sog. „Trendthemen“ wie „Akte X“, „Tankgirl“, die Fleetway Publikatonen und natürlich die Manga zuständig. Zusammen mit dem damaligen Bereichsleiter Klaus M. Mrositzki war ich an der Gründung der Verlagsbereiche Cultfish (ursprünglich Bücher zu TV-Themen wie „Big Brother“) und Egmont Manga & Anime (EMA) beteiligt. Und seit 2009, seit meiner Trennung von Ehapa, bin ich über das Redaktionsbüro Blattgold GmbH, das meiner Frau und mir gehört, für „ZACK“ verantwortlich. Ansonsten sind wir viel für die Funke Gruppe, den Klambt Verlag, Burda u.a. tätig.
c-o: 2019 feiert das „neue“ ZACK sein zwanzigjähriges Jubiläum. Du hast zwar im Editorial der Januar-Ausgabe schon einen kurzen Ausblick gegeben, aber wie sieht euer Jubiläumsprogram aus?
Wie ich ja bereits in bewusstem Editorial geschrieben habe, werden wir im Jubiläumsjahr etliche neue Serien starten wie etwa Bonneville von Marvano oder Empire USA 2 von Desberg und diversen Zeichnern. Außerdem wollen wir uns in einer Reihe von Interviews allen früheren Chefredakteuren des Heftes aus der Mosaik-Ära widmen. In der März-Ausgabe kommt aber erst einmal der Verleger Klaus Schleiter zu Wort, der ein bisschen über den Mosaik Steinchen für Steinchen Verlag und dessen Philosophie erzählen wird. Weitere Ideen gibt es ebenfalls schon, aber von denen ist noch keine wirklich spruchreif.
c-o: Wie würdest du die Zielgruppe des „ZACK“ beschreiben? Generation (Koralle-)ZACK oder größer?
Auf alle Fälle macht die Generation „ZACK“ einen Großteil der Leser aus. Aber glücklicherweise gewinnen wir immer wieder neue und jüngere Leser hinzu.
c-o: Das ZACK hat neben den Comics auch immer zwei größere Artikel über Serien oder Künstler bzw. TV/Film-Adaptionen, einen Rezensionsteil und einen immer erfrischenden Kommentar. Wie wichtig sind diese Bestandteile für dich?
Ich denke, ein Comic-Magazin, in dem Comic an Comic geklebt ist, wird auf Dauer schnell langweilig. Deshalb sind mir die redaktionellen Beiträge als „Brecher“ sehr wichtig. Sicherlich lässt sich über die Qualität der einzelnen Artikel streiten, aber ich versuche immer, eine gewisse Aktualität zu wahren, was bei einem Monatsmagazin in Zeiten des Internet allerdings immer schwieriger wird. Ein bisschen diebische Vorfreude habe ich immer, wenn Bernd Glasstetters Kolumne „Das Allerletzte“ oder mein Editorial kontroverse Themen behandeln, da ich oft schon im Voraus weiß, wie die Reaktionen der Leser in etwa sein werden. Aber ich schätze, so ein paar Ecken und Kanten tun dem Heft ganz gut.
c-o: Von vielen anderen Verlagen ist man es mittlerweile gewohnt, dass Abonnenten einen Bonus in Form von Variant-Ausgaben ober Beigaben erhalten. Die letzte vergleichbare Aktion des ZACK war eine signierte Grafik 2011 in der Nummer 150. Steht ihr über solchen Dingen oder warum macht ihr nichts in dieser Richtung?
Ich denke, hier muss man sich die Philosophie des gesamten Verlages anschauen. Die Leser von „ZACK“ und „Mosaik“ sollen zufrieden sein, weil sie gerade ein tolles Heft gelesen haben, das ihnen eine gewisse Zeit „versüßt“ hat, und nicht weil sie irgendein Gimmick geschenkt bekommen. Und zum anderen ist gerade „ZACK“ so knapp kalkuliert, das hier eigentlich kein Spielraum ist, um solche Aktionen zu fahren.
c-o: Wie schätzt du den deutschen Comic-Markt ein? Es gibt immer mehr kleine Verlage, der Markt wird aber dominiert durch die Veteranen EHAPA und Carlsen mit ihren Long-Sellern einerseits und Splitter andererseits. Oder betrifft euch der Albenmarkt nicht so sehr, da ihr euch hauptsächlich auf das Magazin und Jean Graton konzentriert?
Wir hatten uns mit der ZACK-Edition ja am Albenmarkt versucht, mussten aber schmerzlich erfahren, dass das französische Konzept der Vorveröffentlichung im Magazin mit anschließender Albenveröffentlichung in Deutschland nicht funktioniert. Die verkaufte Auflage war so gering, dass sich die Alben einfach nicht vernünftig kalkulieren ließen. Es ist zwar nicht schön, wenn man Serien abbrechen muss, aber ich denke, dass wir die meisten Reihen zu einem guten Ende gebracht haben. Insofern haben wir also mit dem Albenmarkt kaum mehr was am Hut.
Generell sehe ich aber schon, dass der Comic-Markt Probleme mit den Auflagen hat. Will man seine freien Mitarbeiter ordentlich bezahlen und als Verlag auch noch Geld verdienen, wird die Luft schon dünn. Ehapa hat sich sicherlich nicht wegen Erfolgs weitgehend aus dem franko-belgischen Albenmarkt verabschiedet. Und Carlsen geht bei seinem Programm ja auch eher auf Nummer sicher. Und hört man sich ein wenig in der Szene um, dann bekommt man schon zu hören, dass einige Verlage kräftig an der Kostenschraube drehen und eher fragwürdige Modelle bei der Ermittlung der Übersetzer- oder Redakteurshonorare ansetzen. Schön ist das alles nicht.
c-o: Ergänzende Frage: Vor einigen Jahren hattet ihr noch einen stetigen Ausstoß an Alben. Jetzt wechselt auch Lady S. zu einem neuen Verlag und ihr veröffentlicht anscheinend nur noch Michel Vaillant und Julie Wood von Jean Graton bzw. seinen Nachfolgern während einige der im ZACK publizierten Serien z.B. bei Salleck und Splitter als Album erscheinen. Ist das eine gewollte Kooperations-Situation oder den rückläufigen Alben-Auflagen geschuldet?
Da wir uns aus dem Alben-Segment aus o.g. Gründen verabschiedet haben, ist das eine gewollte Kooperationssituation. Wobei es den französischen Lizenzgebern natürlich zusätzlich recht ist, wenn sie ihre Rechte zweimal verwerten können.
c-o: Nicht viele Comicschaffende sind wie du von Altmeistern in einem Comic verewigt worden. Wie fühlt man sich, wenn jemand wie Seron eine Figur nach einem selbst erschaffen hat?
Natürlich ist man auf eine solche „Verewigung“ stolz. Der einzige Wermutstropfen war, dass das bewusste Album nicht mehr bei Feest-Comics escheinen konnte, da die Rechte an den „Minimenschen“ aus strategischen Gründen von Dupuis nicht mehr verlängert worden waren.
c-o: Hast du eine Lieblingsserie oder Einzelveröffentlichung während deiner Zeit als Chefredakteur des ZACK?
Den einen Lieblingscomic gibt es eigentlich nicht, da ich nur Storys ins Heft nehme, die mir selbst auch gefallen. Aber tatsächlich finde ich die Serien von Marvano – „Grand Prix“, „Die jüdische Brigade“ und „Bonneville“ – unglaublich gut, da sie bestes Infotainment sind: Man bekommt nicht nur eine spannende Geschichte zu lesen, sondern kann auch noch viel über historische Hintergründe und Zusammenhänge erfahren. Dieser doppelte Nutzen macht mir großen Spaß.
c-o: Hast du es jemals bereut, eine Geschichte abgelehnt zu haben? Wenn ja, welche?
Für „ZACK“ fällt mir da spontan nichts ein, da wir die Serien aktiv anfragen. Aus meiner Ehapa Zeit wären das allerdings „Die Simpsons“ und „Star Wars“, die wir damals in der Programmkonferenz gemeinsam als „nicht verkäuflich“ eingeschätzt hatten. Dumm gelaufen, oder …?
c-o: Vielen Dank für das Gespräch!
Abbildungen © 2019 MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag
Foto ZACK-Club © 2019 Sven Krantz-Knutzen
2 Gedanken zu „Interview mit Georg F. W. Tempel“