Heft Din A 4 | 84 Seiten | Farbe | 7,90 € ISSN: 1438-2792
Der fünfzigste Geburtstag im April naht mit großen Schritten, das normale Programm aber geht natürlich weiter. Wer etwas detailliertere Informationen über die Planungen für dieses Jahr haben möchte, sei auf das Interview mit Georg F.W. Tempel verwiesen. Für dieses Heft war die Wahl „ZACK-Held*in des Jahres“ etwas zu spät. Der Stimmzettel folgt daher im nächsten Heft. Im Netz kann aber schon fleißig abgestimmt werden.
Die Fortsetzungen
Im Januar waren gleich zwei Serien mit neuen Folgen gestartet. Im Februar gibt es dagegen keine Neustarts.
Das Cover zeigt Harmony. Mathieu Reynès zeigt die Kinder in Omen in ihrer neuen Umgebung. Obwohl die Drei dort anscheinend gut untergebracht sind, müssen sie doch ein gezieltes Training durchführen und ihre Kräfte schärfen. Insbesondere bei Eden, der kleinsten, ist ihr Einsatz aber noch nicht immer steuerbar. Mit vielen Mystery-Elementen gespickte Story aus der nahen Zukunft über den gezielten Einsatz von Psy-Kräften. Man möchte nicht in der Haut der Kinder stecken. Graphisch wechselnd zwischen klassischem streifigem Layout und seitenfüllenden Bildern mit Einsprängseln.
Lisbeth Salander und Mikael Blomkvist haben in der Millenium Saga ihren Gegner Sparta fast gestellt und sind dabei, den Aufenthaltsort der entführten Freund*innen von der Hacker Republic herauszufinden. Während einerseits der schwedische Staat ein Interesse daran hat, sowohl das Schweigegeld zurückzubekommen, als auch sein Überwachungsprogram „Hugin“ weiterhin verschweigen zu können, möchten Erika, das Team von Millenium und Dragan die Machenschaften von Sparta und der Schweden Demokraten aufdecken, bevor letztere die anstehende Wahl gewinnen. Dunkle, harte Bilder im Polit-Thriller Versuchung von Sylvain Runberg und Belén Ortega.
Und auch die Rückkehr zu den Störchen geht in die nächste Runde. Während Michel Tanguy nach dem Abschuss seines amokfliegenden Kameraden vom Dienst befreit ist, versucht Ernest Laverdue unter den Kolleg*innen eine Erklärung für dessen Verhalten zu finden. Endlich scheint es eine Spur zu geben, die zu einem Zahnarzt führt. Sehr detaillierte, realistische Zeichnungen von Sébastien Philippe erfüllen die Erwartungen der Fans an diese Serie, die den Alltag vom Kampfpiloten mit politisch gefärbten Krimielementen kombiniert. Die Serie ist quasi eine Dauerwerbesendung des französischen Militärs, wird von Patrice Buendia und Frédéric Zumbiehl aber mit einer starken humoristischen Note und persönlichen Themen angereichert. Spannend sind die Geschichten allemal!
Die Abschiede
Leider müssen wir uns von den aus verschmähter Liebe begangenen Mordfällen wieder verabschieden. Während Nadine noch glaubt, den Mörder gefasst zu haben, tischt dieser Rick Master und Kommissar Griot eine wilde Geschichte über seine Besessenheit auf. Währenddessen beweist der im Senegal weilende Austauschkommissar Bourdon seine magischen Qualitäten. Sehr spannende und mit einem Finale Grande aufwartende Story von Zidrou, der seine Figuren mittlerweile sehr gut im Griff hat und an die heutigen Lesegewohnheiten anpasst. Simon Van Liemt sorgt dafür, dass auch die heutigen Sehgewohnheiten abgedeckt werden.
Und schließlich ist auch die Nachspeise aus der Serie Haute Cuisine fertig angerichtet. Nachdem die Sterne vergeben sind, stehen viele Entscheidungen an. Delphine Lehericey & Fanny Desmarés stellen die Frage nach dem Sinn des Lebens, die jede*r für sich selbst beantworten muss. Kinder, Ruhm, Luxus, Stress, … Es sind ganz unterschiedliche Antworten und nicht alle sind erwartbar. Die Zeichnungen von Luc Brahy schwanken zwischen Realismus und einem kleinen Hauch von dreckigem Zynismus und würzen das Gericht daher angemessen. Ein gut erzähltes Drama mit einem ungewohnten und daher erfrischend neuem Grundton – gerne mehr in dieser Richtung.
Und sonst?
Parker & Badger sind weiterhin mit den Tücken der Jobsuche überfordert und in Tizombi nähert sich die Strecke über vegetarische Kost für Zombies einem Ende. Daneben gibt es den letzten Teil der Serie über Zensur in belgischen Comics; es geht um Sexualität und Rassismus, insbesondere bei der Darbietung über das Internet. Neben den News und Kurzrezensionen bietet Christian Endres einen Einblick in die bei Splitter erschienene Geschichte der Science-Fiction.
Wie bei einem guten Buffett sollte jede*r etwas finden, das besonders gut ist! Alles andere mag nicht 100-prozentig dem eigenen Geschmack entsprechen, ist aber wiederum so gut, dass es gefallen sollte. Erneut eine prima Mischung von Klassikern und Moderne aus verschiedenen Themengebieten und Stilrichtungen. Viel Spaß damit!
Dazu passen der sich immer wieder neu erfindende Bruce Springsteen mit einem seiner unzähligen energiegeladenen Liveauftritte und ein kühles Kellerbier.
Softcover | 64 Seiten | Schwarz-Weiß| 17,00 € | nur für ZACK-Abonnent*innen
Limitiert auf 555 + 55 Exemplare
ISBN: n/a
Bob Morane zählt als eine der großen klassischen ZACK-Serien obwohl nur zwei Abenteuer auch ihren Weg in das Magazin selbst gefunden haben. Es gab allerdings noch ein paar Geschichten in der ZACK-Parade. Wie dem auch sei, Henri Vernes, der Erfinder der Figur, ist nach Georges Simenon der zweiterfolgreichste belgische Schriftsteller und hat in seinen 102 Jahren mehr als 200 Romane über Bob Morane verfasst. Die erste Umsetzung als Comic fand dann in einem Frauenmagazin statt: Femmes d’Aujourd’hui war in den 50-ern teilweise das auflagenstärkste Wochenmagazin Europas und begann 1959 mit dem ersten Abenteuer.
Eine deutsche Erstveröffentlichung
Im Laufe der Zeit haben sich mehrere Künstler an der Umsetzung der Geschichten in Bilder beteiligt. Aktuell laufen gerade die von William Vance gezeichneten Bände beim All Verlag, Bob Morane Reloaded von Luc Brunschwig, Aurélien Ducoudray und Dimitri Armand liefen im ZACK und bei Splitter wie auch die neue, kommende Serie von Éric Corbeyran, Christophe Bec und Paolo Grella. Zusätzlich dazu nun also auch eine Geschichte von Gérald Forton, ursprünglich 2003 als Kurzgeschichte für das Comicfestival in Angers zum 50. Geburtstag des Helden geschrieben. Ein paar Jahre später wurde diese 62-seitige Story daraus, Operation Equus.
Der Held genießt einen freien Abend mit einer Freundin in einem Club als dort ein Mann unter Waffengewalt entführt wird. Natürlich nehmen der Kommandant und seine Begleitung sofort die Verfolgung auf und können den Mann nach einem Verkehrsunfall tatsächlich befreien. Er kann Morane noch zuflüstern, dass er Langlois in Angers suchen soll. Tatsächlich kennt der Held einen ehemaligen Kollegen dieses Namens in ebenjener Stadt und sie machen sich zusammen mit dem ewigen Begleiter, Bill Ballantine, und seinem flotten Mundwerk am nächsten Tag auf den Weg.
Noch nicht einmal angekommen, geraten sie in eine wüste Schlägerei mit Maskierten, die gerade versuchen, einen Pferdeanhänger zu überfallen. Weitere Nachforschungen lassen vermuten, dass die Tat etwas mit der Aufdeckung von verstecktem Doping zu tun haben könnte. Und aufgrund des Covers wird es niemanden überraschen, dass auch die Lieblingsfeindin des Engländers, Miss Ylang-Ylang, eine Rolle spielt. Es entwickelt sich eine spannende Geschichte im typischen Stil der damaligen Zeit: verrückte wissenschaftliche Ideen, die eine Rolle bei einer möglichen Weltherrschaft spielen könnten, flapsige Sprüche, nicht immer political correct, und viele Menschen, die Wert auf edle Kleidung legen.
Die Zeichnungen – nostalgisch, aber schön
Gérald Forton setzt die von Rémy Gallart adaptierte Story von Vernes ohne Farben um. Schon dadurch wird ein nostalgisches Flair erzeugt. Die technologischen Komponenten sind dagegen gar nicht soo veraltet; Sicherheitsmaßnahmen gegen Datenklau und Schadsoftware würden auch heute noch zu einem aktuellen Setting gehören und Optimierung von Körperfähigkeiten ist nicht nur ein Problem im aktuellen Hochleistungssport.
Die Seiten selbst sind wieder sehr klassisch. Das konsequent eingehaltene drei-streifige Layout erlaubt Dynamik, vor allem aber Details, die in dem an Zeitungsstrips erinnernden Stil auch reichlich dargeboten werden. Viele Schraffuren und gute Schwarzraumbeherrschung machen das Lesen zu einem Vergnügen. Mehr zu der Serie auch in dem informativen Editorial des Herausgebers.
Ein limitiertes Schmuckstück
Operation Equus ist der dritte Band in der Reihe der ZACK-Spezial Alben. Hier gibt es keine Massenware, sondern ausgefallene Sachen für Fans der Hochzeit des europäischen Comics als die Bilder noch ohne Unterstützung von digitalen Geräten erzeugt wurden. Manchmal fällt das auf, wenn eine kleine Bewegungslinie etwas weniger kontrastreich ist als andere. Gerade durch die schwarz-weißen Originale ist man als Leser*in dem Künstler viel näher, als wenn man jeweils herausfinden müsste, was Zeichnung und was Kolorierung war.
Die doppelte Beschränkung der limitierten Stückzahl und der Verfügbarkeit nur für Abonennt*innen des ZACK garantiert eine gewisse Exklusivität und ermöglicht eine Kalkulation, die keine Händler*innenmargen einrechnen muss. Eine gelungene Sache, nicht nur für die „Generation ZACK“, sondern auch für Fans des Comicspiegel. Wer mehr zu zukünftigen Ausgaben wissen möchte, sollte unbedingt das Interview mit Georg F. W. Tempel, dem Herausgeber lesen.
Dazu passen Musik von Anfang der 80-er – Fischer Z aus Sandhurst – und ein Kaffee, wahlweise mit oder ohne einen Asbach Uralt.
Im April jährt sich die erste Ausgabe des damals neuen Comicmagazins ZACK zum 50sten mal. Der zum Springerkonzern gehörende Koralle-Verlag bot frankobelgische Kunst nicht als erster, auch Kauka, Semrau und die Mickyvision hatten das schon getan. Das ZACK brachte aber erstmals nur frankobelgische Ware, verstand es, seine Leser*innen mit Aktionen, Club-Geschehen und redaktionellen Seiten zu binden und erhielt schließlich sogar einen europäischen Award dafür.
Das Jubiläumscover
Zu Hochzeiten hatte das Heft Ableger in mehreren Ländern und Künstler, die ihre Serien nicht mehr bei Tintin, Spirou oder Pilote ablieferten sondern hier. Man war also vom Lizenznehmer zum Lizenzgeber geworden. Das Heft wurde von ZACK-Alben und ZACK-Paraden im Taschenbuch begleitet und schaffte es, den Markt nachhaltig zu prägen („Generation ZACK“). Trotzdem war irgendwann die Luft raus und das Konzept und die Marke verschwanden 1980 vom Markt.
Die Jahre vergingen und verschiedene Magazine versuchten immer mal wieder vergeblich, an die alten Erfolge anzuknüpfen. 1999 schließlich war es soweit, im Mosaik Steinchen für Steinchen Verlag erschien eine neue Nummer 1 und unterschiedliche Chefredakteure entwickelten das Konzept des „neuen“ ZACK weiter. Nach 255 Ausgaben schließlich wechselte das ZACK in den Blattgold Verlag. Der Chefredakteur Georg F.W. Tempel ist seitdem auch Herausgeber und Verleger.
Comix-online hat das ZACK schon immer begleitet und so war es nur logisch, nachzufragen, wie das Jubiläumsprogramm aussehen wird und was die Leser*innen in 2022 sonst noch erwarten wird. Wie schon in den 70-ern gibt es neben dem Heft auch wieder zusätzliche Aktivitäten: Ein Album-Programm exklusiv für Abonennt*innen, Blechschilder und Pins und bald sogar eine Comic-Reihe für alle. Vorhang auf!
Das erste „neue“ ZACK
Das Interview
c-o: Hallo Georg, 2022 ist für das ZACK ein ganz besonderes Jahr, ist es doch 50 Jahre her, dass die erste Ausgabe im damaligen Koralle-Verlag erschien. Du hast schon mehrfach angedeutet, dass besonderes geplant ist. Kannst du hier den aktuellen Planungsstand nochmal zusammenfassen?
GT: Genau, im April 1972 ist das erste ZACK-Heft im Koralle Verlag erschienen. Ich denke, es ist nicht übertrieben, wenn man sagt, dass die Nachbeben dieses Starts auch heute noch in der deutschen Comic-Szene zu spüren sind. Deshalb planen wir für die April-Ausgabe von ZACK eine Umfangserweiterung auf 100 Seiten, die wir vor allem mit Comics füllen wollen und weniger mit Selbstbeweihräucherungen. Über die Historie von ZACK ist schon so viel geschrieben worden, dass man das nicht noch einmal wiederkäuen muss. Wir haben uns für die Jubiläumsausgabe einen Mix aus Alt und Neu einfallen lassen. Neben den Fortsetzungen von „Harmony“, „Die Bank“, „Rani“ und dem alten ZACK-Helden Mick Tanguy, wird es den Neustart eines weiteren ZACK-Veteranen geben. Mit „Bob Morane – Die 100 Dämonen des Gelben Schatten“ kommt das brandneue Abenteuer aus der Feder von Christophe Bec, Éric Corbeyran (beide Autoren) und Paolo Grella (Zeichnungen) zum Abdruck. Dazu gesellen sich dann noch Dan Cooper in einer frühen Kurzgeschichte, die es bisher nur im Taschenbuch gab, sowie Johnny Focus, dessen Abenteuer im Goldenen Dreieck nicht nur eine deutsche Erstveröffentlichung ist, sondern auch das letzte, das Attilio Micheluzzi gezeichnet hat. Außerdem werden wir das Cover der Ausgabe am Layout des ersten Heftes von 1972 anlehnen.
c-o: Wow, das bedeutet also, dass sowohl die „Generation ZACK“ auf ihre Kosten kommt wie auch die Fans des aktuellen europäischen Comics!
GT:Ich denke, dass wir hier eine ganz gute Mischung gefunden haben. Allerdings werden am Ende die Käufer entscheiden, ob sie damit zufrieden sind. Aber die leicht steigenden Absatzzahlen scheinen auf eine gewisse Zufriedenheit der Leser hinzudeuten.
Besondere Ausgaben, aber ohne Zwang
c-o: Wir hatten schon mal die Diskussion über Leser*innenbindung. Ist es wirklich sinnvoll und gewünscht, einzelne Lieferungen an alle oder nur an Abonnent*innen mit Goodies zu versehen? Oder ist es nicht vielmehr besser, nicht alle mit diesen versteckten Kosten zu belasten, sondern Angebote zu schaffen, die z.B. nur Leute mit einem Abo wahrnehmen können, wenn sie denn wollen. Das ist ja der Weg, den ihr mit dem Blechschild von Martin Frei und ZACK-Spezial geht bzw. dem ZACK-Pin für alle.
GT:Ja, da gebe ich dir Recht. Auch Abonnenten sollten frei in ihren Entscheidungen sein und Dinge dann erwerben können, wenn sie es wollen. Deshalb werden wir auf Goodies, die nur den Heften für Abonnenten beigelegt sind, oder Variant-Cover nur für Abonnenten in Zukunft nicht mehr produzieren, sondern weiterhin den Weg gehen, den Abonnenten ein Angebot – wie etwa die Spezial Alben – zu unterbreiten, das sie annehmen können oder eben auch nicht. Parallel dazu werden wir aber auch Produkte produzieren, die alle Leser erwerben können wie etwa das Silberstern-Blechschild.
ZACK-Held*in des Jahres
c-o: Wie auch im letzten Jahr die Frage nach dem/der „Zack-Held*in“ des Jahres. Ist das nicht ein liebgewonnenes Feature für einige? Und die Möglichkeit, Zustimmung oder Ablehnung relativ einfach kundzutun?
GT: In der Tat ist das so. Dementsprechend groß war auch die Empörung, als ich die Wahl absagen wollte. Dafür habe ich sie in diesem Jahr vergessen, weshalb es in der Februar-Ausgabe noch nicht zur Wahl kommen wird. Das holen wir dann in der März-Ausgabe nach. Ich schätze, dass es dieses Jahr spannend werden kann, da wir im Jahr 2021 relativ viele neue Serien gestartet haben.
ZACK-Spezial geht weiter
c-o: Ich habe das Gefühl, dass der Wagemut, ausgefallene Sachen im ZACK-Spezial anzubieten, ganz gut funktioniert: schwarz-weiße Ausgaben von Micheluzzi und Forton, eine sehr unbekannte Serie wie Patrick Leman. Wie sehen das Feedback und die Absatzzahlen aus? Kannst du evtl. schon einen Tipp auf weitere Schmankerln geben?
GT: Die Rückmeldungen, die wir auf die Reihe erhalten, sind eigentlich alle begeistert. Wie ich in einem Editorial mal geschrieben habe, war ich aber ursprünglich zu euphorisch. Die anfangs angenommene Zahl von 999 Exemplaren für den ersten Band – die Michel-Vaillant-Werbecomics – ist zu hoch gegriffen gewesen. Deshalb haben wir die Limitierung auf 555 Exemplare zurückgefahren, was auch ziemlich gut funktioniert. Und es kommen immer noch neue Käufer für die Backlist hinzu. Ich bin also guten Mutes, dass wir irgendwann „vergriffen“ melden können.
Neben dem „Patrick Leman“-Band von Christian Denayer, der im April oder Mai erscheinen wird, stehen immer noch zwei Bände mit Dan Cooper-Kurzgeschichten auf meiner Liste, die nicht in der Splitter Gesamtausgabe zum Abdruck gekommen sind. Die Alben sind kompiliert, der Übersetzer hat den Auftrag, die Druckdaten liegen auf dem Server, aber die Rechtslage ist unklar. Das ist sehr unglücklich gelaufen. Nachdem mir Mediatoon signalisiert hatte, dass es keine Probleme mit den Rechten gäbe, habe ich alles in die Wege geleitet, nur um kurz darauf von Mediatoon zu erfahren, dass sie just für diese Storys die Rechte gar nicht hätten, sondern diese bei Weinberg bzw. seinen Erben liegen. Dumm nur, dass mein Kontakt zu Weinbergs Witwe nicht mehr funktioniert, da die alte Dame entweder irgendwo im Heim lebt oder sogar verstorben ist. Und Weinbergs Tochter, die in Kanada lebt, scheint daran nicht interessiert zu sein, da sie sich nicht zurückmeldet. Mal schauen, wie sich das weiter entwickelt.
Geplant als Spezial Album – wenn es mit „Dan Cooper“ nicht klappt – ist nach „Patrick Leman“ die Science-Fiction-Serie „Alain Cardan“ von Yvan Delporte und Gérald Forton. Die Geschichten sind in Frankreich in den Magazinen „Risque-Tout“ und „Spirou“ erschienen und atmen den Flair der frühen „Dan Cooper“-Storys.
Das ZACK im Jubiläumsjahr
Dieser Entwurf wurde verworfen
c-o: Du hast vor kurzem ankündigen müssen, dass der Preis pro Ausgabe steigen wird. Gleichzeitig soll aber auch der Seitenumfang erhöht werden. Auch hier bin ich gespannt auf die ersten Reaktionen.
GT: Tja, leider lassen sich fast 20% Prozent Druckpreiserhöhung nicht einfach wegstecken. Und da der Coverpreis von ZACK zum letzten Mal von über 13 Jahren von € 5,90 auf € 7,90 erhöht wurde, haben wir uns dafür entschieden, den Preis auf 9,- hochzusetzen, gleichzeitig aber den Umfang auch von 80 auf 88 Seiten zu erhöhen. Ich hoffe, dass wir damit alle irgendwie glücklich machen können.
c-o: Zurück zum wichtigsten, den Comics: Was dürfen die Leser*innen dieses Jahr erwarten?
GT: Vor allem werden wir alle angefangenen Serien fortsetzen. Dann starten wir mit „MADI“ das große Science-Fiction-Epos von Duncan Jones – David Bowies Sohn … also quasi unser Beitrag zu Bowies 75. Geburtstag … hahaha … – und Alex di Campi, das von verschiedenen englischen Zeichnern wie Glen Fabry oder Simon Bisley grafisch umgesetzt wurde. Und es wird ein weiteres Bob-Morane-Abenteuer von Gérald Forton in ZACK geben. Außerdem habe ich gerade die Zusage bekommen, dass wir die „Johnny Focus“-Gesamtausgabe veröffentlichen können. Da ich selbst ein großer Fan von Attilio Micheluzzi bin, freue ich mich sehr darüber. im Moment plane ich drei bis vier HC-Bände für die weit über 400 Seiten. Unsere ersten Comic-Bücher, die wir über den regulären Comic-Fachhandel vertreiben werden. Außerdem plane ich zum Jubiläum eine auf 122 Exemplare – 50 Jahre Zack und ‘72 erscheinen = 122 😉 – limitierte ZACK-Box. Eine wirkliche Box, in der sich alle vier Spezial Alben, ein von Christian Denayer signierter Druck zu „Patrick Leman“, die Jubiläumsausgabe sowie ein ZACK-Pocket befinden sollen. Über den Inhalt des Taschenbuchs bin ich noch am Verhandeln. Ich hoffe, dass das alles klappt. So wollen wir auch Nicht-Abonnenten die Möglichkeit geben, an die Spezial Alben heranzukommen.
Bob Morane
kommendes ExLibris
Vielen Dank für dieses Gespräch! Ich glaube, dass für jede*n etwas dabei sein wird. Das „alte“ ZACK hat zwischen 1972 und 1980 291 Ausgaben geschafft, das aktuelle geht im April mit der Nummer 274 an den Start. Der nächste Meilenstein ist also gar nicht mehr so lange hin. Keep the Faith!
Auch die schönste Geschichte hat manchmal ein Ende! Und so ist der 19. Band der letzte in der Reihe Caroline Baldwin! Aber, um es gleich vorneweg zu sagen, es ist nicht der letzte mit der Heldin! Natürlich fehlt in der aktuellen Gesamtausgabe noch der Sammelband 4. Zusätzlich hat André Taymans festgestellt, dass einige Sachen noch nicht auserzählt sind. Es werden daher noch einige Spezialausgaben erscheinen.
Lose Fäden werden zusammengeführt
Einige Serien hören irgendwann einfach auf. Falken führt dagegen viele lose Enden zusammen, schafft Verbindungen und verlockt dazu, die Reihe mit dem nun vorhandenen Wissen nochmal zu lesen! Wie jeder gute Abschluss lässt der Autor das weiterhin mögliche Geschehen halbwegs offen. Im Traum wird der Kreis aber geschlossen und der Astronaut aus Band 1, der „eigentliche Held“ aus Moon River, hat einen Kurzauftritt.
Caroline scheint komplett gescheitert zu sein. Sie konnte ihren tödlich erkrankten Chef nicht retten da der als Spender vorgesehene, drogensüchtige Sohn verstorben ist. Wie so oft ist die Heldin kurz davor, ihren Frust in Whiskey zu ertränken. Dann allerdings eröffnet Gary die Möglichkeit, in die Vergangenheit einzutauchen. Während des Indochinakrieges waren Carolines Vater, ihr Chef und zwei weitere Kameraden, eben die Falken, in der Gegend eingesetzt worden. Ihre damaligen Taten haben Auswirkungen bis heute.
Nun muss die Heldin feststellen, dass bisherige Gewissheiten teilweise revidiert werden müssen! Dazu kommen der Drogenbaron Teo Pak und die undurchsichtige Madame Jow mit ihren Aktionen, die das Leben der Heldin gefährden.
Traum und Trauma
André Taymans verknüpft in diesem Band die Traumwelt der Heldin mit realen Handlungen und wechselt immer wieder aus dem gewohnten Stil in sepia-getönte Bildfolgen. Diese kommen teilweise ohne Sprechblasen aus, werden dann aber wieder realer und textueller. Stilistisch bietet dieser Band daher etwas ganz Neues!
Wie schon bei den Vorgängern sind wieder zwei Seiten hinzugefügt, die den Entstehungsprozess erschließen. Fotos werden zu Vorzeichnungen und schließlich zu Panels. Da die Bilder teilweise nur drei- oder sogar zweireihig angeordnet werden, haben einige Szenen weniger Dynamik als andere. Sie können dadurch aber mit einer vertieften Atmosphäre aufwarten (im Film würde in diesen Momenten die Musik um einige Stufen dramatischer) und natürlich viel detaillierter ausgeführt werden.
Ein großartiger Abschluss für eine feine Serie
Caroline Baldwin ist eine Serie, die etwas außerhalb der gängigen Klischees liegt. Die Heldin ist tough, kann und muss durchaus einiges einstecken. Immer wieder wird sie mit ihrer Vergangenheit konfrontiert die Stück für Stück detaillierter wird und sich doch als falsch entpuppt. Die Privatermittlerin darf viel reisen und Taymans kann so seine Fähigkeiten in der Naturdarstellung gleichberechtigt mit den körperbetonenden Zeichnungen der Heldin und Abbildungen der unterschiedlichen Architekturen präsentieren.
Für Fans von Heldinnen, von Krimis, Agent*innenstories und dem klassischen Abenteuer wie etwa bei Andy Morgan eine sehr zu empfehlende Serie! Die Hardcover-Ausstattung und das gute Papier tun ihr Übriges und auch der Preis ist angemessen.
Dazu passen Letters to Cleo und ein leicht salziger Old Pulteney.
Heft Din A 4 | 84 Seiten | Farbe | 7,90 € ISSN: 1438-2792
Obwohl Weihnachten noch vor der Tür steht, tragen die Zeitschriftencover schon ein 2022-er Datum. Natürlich stellt auch das ZACK keine Ausnahme dar. Mit diesem Heft beginnt ein ganz besonderer Jahrgang, denn bald vor genau 50 Jahren erschien das erste ZACK im Koralle-Verlag und eröffnete für Deutschland eine neue Ära. Die Vorbereitungen laufen und wir dürfen gespannt sein. Für Abonnent*innen gibt es aber schon jetzt eine neue Gelegenheit für ein exklusives Album: Operation Equus von Gérald Forton ist ein Bob Morane in Deutscher Erstveröffentlichung!
Die Rückkehrer
Gleich zwei Serien sind mit neuen Folgen zurück. Den Platz auf dem Januar-Titelblatt nehmen Tanguy & Laverdue ein. Rückkehr zu den Störchen ist bereits ihr 8. Abenteuer in der neuen Serie. Die beiden Kampfpiloten kehren nach ihrem Aufenthalt in Afrika zu ihrer Einheit zurück und müssen zunächst einmal die Begrüßung durch ihre Kamerad*innen überstehen. Es beginnt aber auch gleich der Dienst in der Dauernden Einsatzbereitschaft und der Begleitung von russischen Kampfjets. Patrice Buendia und Frédéric Zumbiehl haben erneut politisch heiße Eisen angepackt und Sébastien Philippe setzt das sowohl sehr humorvoll als auch drastisch um – viel spannender kann man den Einstieg nicht gestalten.
Während in Frankreich gerade die letzte Folge von Harmony veröffentlicht wird, starten wir hier in Deutschland mit der vierten: Omen! Der dramatische Kampf um Befreiung hatte Opfer gefordert und es ist keineswegs bereits klar, ob die Befreier nicht einfach nur andere Einschränker sind. Mathieu Reynès führt mit grandiosen Wüstenbildern ein und blickt dann schnell zurück. Kinder mit besonderen Fähigkeiten als Gegenstände eines Machtkampfs in einer nicht unvorstellbaren Zukunft.
Die Fortsetzungen
Rick Master, Nadine und Kommissar Griot kommen der Aufklärung des Mordfalls immer näher und das Motiv scheint enttäuschte Liebe zu sein. Welche Rolle aber spielen die entnommenen Herzen? Knifflige Rätsel und rasante Action von Zidrou mit Zeichnungen von Simon Van Liemt in der gelungen Reinterpretation des Klassikers! Alles steuert auf das große Finale zu!
Die Nachspeise ist ein manchmal unterschätzter Bestandteil jeden Menus aus der Haute Cuisine. Richtig gewählt und zubereitet rundet sie das Erlebnis ab. Ist sie aber nicht gut kann sie das gesamte Ensemble zerstören! Nicole entdeckt nach den Jahren der Trennung wie wichtig ihr ihre Tochter ist und zweifelt an der Entscheidung für den Beruf. Außerdem steht die Verleihung der Sterne an: Nicole und Paula wollen ihren ersten Stern, Samuel seinen zweiten. Delphine Lehericey & Fanny Desmarés thematisieren die Vereinbarung von Familie und stressigem Beruf, gepaart mit Seitenhieben auf das Koch-Business, Luc Brahy setzt das wie gewohnt um.
Und auch die Millenium Saga geht weiter. Zunächst müssen sich Lisbeth und Mikael mit ihrem Zeugen unter hohen Verlusten aus der Belagerung befreien lassen. Viel wichtiger ist aber, dass sie dahinterkommen, was Sparta eigentlich will, um nicht sofort wieder ins Hintertreffen zu geraten. Welche Kontakte könnten dabei hilfreich sein? Viel Action, staatlicher Machtmissbrauch und politische Intrigen im Thriller Versuchung von Sylvain Runberg und Belén Ortega.
Und sonst?
Die Januarausgabe bringt die One-Pager zurück: Sowohl Parker & Badger als auch Tizombi dürfen gleich zwei Mal ran und werden vom Leben auf harte Proben gestellt. Die unerträgliche Leichtigkeit des Slip zeigt dagegen, dass Zeiten sich sehr wohl geändert haben. Außerdem gibt es den dritten Teil der Serie über Zensur in belgischen Comics, News und Rezensionen sowie einen Artikel über die Léo Malet-Adaptionen von Jacques Tardi.
Wenn man sich der 50 nähert, ist oft eine Midlife-Crisis nicht weit. Noch macht das ZACK dazu keine Anstalten, im Gegenteil, so innovativ mit ZACK-Spezial, Blechschildern und vor allem aber guten Serien und Artikeln war man schon lange nicht mehr! Das Jahr lässt noch einiges erwarten!
Dazu passen der Mix aus Independent und Grunge von Skating Polly und ein Spree Coast von Lemke.
Amoras 2047 bzw. die Kronieken van Amoras sind aktuell zwei der innovativsten Serien im Flämischen Comic-Business. Es handelt sich um eine moderne Fassung des Klassikers Suske en Wiske von Willy Vandersteen. Im Original erleben die zwei Kinder mehrfach pro Jahr albenlange Abenteuer in einem Setting, das familiäre Aspekte über Tante Sidonia berücksichtigt, den zu viel trinkenden Freund über Lambiek, den starken und lebenspraktischen Jerome sowie den Erfinder Professor Barabas. Daneben gibt es mehr oder weniger gruselige Feinde und vor allem eine Zeitmaschine, die es erlaubt, fast unzählige Szenarien zu entwickeln.
Die Schatzsuche des Vorfahren
Im aktuellen neunten Band der Kronieken geht es um einen Vorfahren von Suske, Franciscus Antigoon. Dieser hat Antwerpen auf einem Schiff, der Antverpia, vor rund fünfhundert Jahren heimlich unter Vortäuschung seines eigenen Todes verlassen, um nach einem geheimen Schatz zu suchen. Angeblich gibt es eine Insel, die auf keiner Karte verzeichnet ist und von Zeit zu Zeit aus dem Meer auftaucht.
Marc Legendre beschreibt, wie diese Flucht abgelaufen ist und wie sich Antigoon, genannt de Sus, und der Kapitän des Schiffs streiten. Antigoon ist sehr von sich überzeugt, vernichtet allerdings viel zu viel Branntwein und gerät daher in Schwierigkeiten.
Parallel dazu sitzen Suske und Wiske in der Jetztzeit am Kanal und unterhalten sich über eben jenen Vorfahren. Ihre Heimfahrt ist nicht von Glück begleitet: Ihr Moped streikt als ein Gewitter beginnt, und nach einem weiteren Unglück werden die beiden schließlich in ein Krankenhaus eigeliefert. In ihrem Koma scheinen sie irgendwie auf die Antverpia gelangt zu sein.
Die Verbindung der beiden Handlungsstränge, die sich zunächst abwechseln, ist sehr spannend und führt zu tiefgreifenden Problemen. De Zaak Sus Antigoon wird im kommenden Band fortgesetzt.
Moderne und Vergangenheit sowie eine Menge Nebel
Charel Cambré ist ein unwahrscheinlich schneller und wandelbarer Zeichner mit einem immensen Output. Neben all seinen anderen Veröffentlichungen erstellt er auch noch zwei Kronieken pro Jahr. Beachtenswerter Weise leidet die Qualität nicht darunter. Auch hier schafft er es mühelos, zwei völlig verschiedene Welten zu präsentieren: Da ist das heutige, technisierte Belgien mit riesigen Containerschiffen, technischen Geräten und modernen Vergnügungen. Es gibt aber auch das alte Antwerpen mit Ratten, vermoderten Stegen und Segelschiffen. Und ein kleiner Spoiler sei erlaubt: Es gibt auch noch etwas dazwischen!
Die Zeichnungen sind semi-realistisch und werden immer wieder durch fast schon karikaturenartige Nebenfiguren aufgelockert. Mord und Totschlag, Gewalt überhaupt spielt in diesem Abenteuer keine so große Rolle wie in früheren. Die Kämpfe erinnern eher an Kinoproduktionen und entschärfen sich damit gewissermaßen. Ein durchaus beachtlicher Teil der Handlung spielt im Nebel, ist aber nicht weniger gut und detailreich gezeichnet.
Serie bleibt in der Top-Liga
Auch wenn der Band vielleicht nicht der beste der Reihe ist, spannend, unterhaltsam und gut gemacht ist er dennoch! Mir fehlt ein wenig der kritische Gesellschaftsbezug, der ja aber im zweiten Teil noch kommen kann. Die Nebenfiguren werden stimmig weiterentwickelt und das Thema der Zeitreise wird innovativ angegangen. Daher die Empfehlung nicht nur für Komplettist*innen! De Kronieken van Amoras bleibt eine der aktuell besten europäischen Comicserien.
Und die Fans werden es schon bemerkt haben: Auch Sus Antigoon ist natürlich ein „bekannter“ Charakter. Der Vorfahre von Suske wird allerdings üblicherweise als Gespenst mit Kugel am Bein dargestellt und bekommt hier eine echte Gestalt.
Auf Deutsch erscheint Amoras im ZACK. Die niederländischen Ausgaben von Standaard Uitgeverij sollten aber auch hierzulande problemlos bestellbar sein.
Dazu passen Sly & Robbie (R.I.P.!) und ein kräftiger Herfstbok.
In Belgien gehörten Comics schon vor dem Zweiten Weltkrieg zur Tradition. Auf der einen Seite gab es das Magazin Spirou, auf der anderen Seite die zunächst in katholischen Medien erscheinenden Abenteuer von Tim und seinem Hund Struppi. Während ersteres während des Krieges unabhängig blieb und die längste Zeit wenn auch mit verringertem Umfang erscheinen konnte, arrangierte sich der Künstler des Zweiteren mit den Besatzern. Die Abenteuer des pfiffigen Reportes erschienen im von den Deutschen kontrollierten Le Soir. Mehr dazu in Nimm das, Adolf!
Spirou oder wie viele unterschiedliche Ausprägungen der Widerstand haben kann
Émile Bravo hatte seine Geschichte über Belgien im Zweiten Weltkrieg von Anfang an auf vier Bände ausgelegt und mit dem Titel Spirou oder: die Hoffnung versehen. Glücklicherweise zwingt heutzutage kein Buchhalter mehr die Künstler*innen, ihre Geschichte innerhalb einer genormten Seitenlänge abzugeben. Nur deswegen konnte er sich für die Zeit von Sommer 1942 bis zur Landung der Alliierten in der Normandie weit über 100 Seiten genehmigen. Sein Anspruch ist es, heutigen Kindern und Jugendlichen die damalige Zeit, ihre Beschränkungen und Herausforderungen, vor allem aber ihren Schrecken deutlich zu machen.
Dem Ende entgegen beginnt in einem Zug; nicht nur Spirou, sondern auch seine Schützlinge, zwei kleine jüdische Kinder, sitzen im Zug nach Ausschwitz. Glücklicherweise können sie sich befreien und untertauchen und Spirou wird somit erstmals aktiv gegen die Deutschen tätig. Im Interview erklärt Bravo dazu, dass es natürlich nicht möglich gewesen wäre, den Schrecken von Ausschwitz zu zeigen. Es genüge schon, der heutigen Jugend ein Bild des Alltags zu vermitteln.
Spirou und Fantasio ziehen weiter mit ihrem Puppentheater über das Land (authentisch für das Magazin Spirou), verteilen Nachrichten und versorgen untergetauchte jüdische Freund*innen mit Lebensmitteln. Später kommt aktive Sabotage dazu. Trotzdem sieht sich Spirou nicht als „Kämpfer“ oder aktiven „Widerständler“, tut er doch nur das, was jede*r tun sollte. Doch später wird auch er die Gewalt der Besatzer am eigenen Leib spüren und sich die Frage nach seinen Grenzen stellen.
Die Story unterstützende Zeichnungen
Nicht nur das Layout sieht aus wie „früher“, auch die Zeichnungen atmen eine gewisse Altertümlichkeit aus. Natürlich versucht Bravo damit einerseits Layout und Stimmung der damaligen Spirou-Ausgaben aufzunehmen, andererseits deutet das starre Layout aber auch die engen Grenzen an, die den Bewohner*innen Belgiens damals gesetzt waren. Luxus bestand darin, eine heile Wohnung zu bewohnen und keinen Hunger zu haben.
Fast alle hatten in Familie oder Freundeskreis Opfer und Verluste zu beklagen, das Vertrauen in andere war aufgrund der Denunziant*innen beschränkt und das Ergebnis eines Verrats war der Tod. Diese bedrückende Stimmung kommt durch die Zeichnungen sehr gut rüber. Spirou versucht immer wieder, Hoffnung zu verbreiten, während Fantasio seine Wut und Hilflosigkeit zeigt. Ganz anders also, als man es gemeinhin von einem Comic für Kinder gewöhnt ist.
Ein geglücktes Experiment
Émile Bravo hat es gewagt, eine lustige Kinderserie mit Krieg und Besetzung, Judenvernichtung und Tod zu füllen. Dabei beschränkt er sich nicht einmal auf übliche Standardlängen, sondern überzieht gewaltig. Trotzdem ist das Experiment geglückt! Weder ist zu viel Pathos herausgekommen noch werden die Geschehnisse verharmlost. Spirou gehört zum belgischen Allgemeingut, jede*r kann etwas damit anfangen. Genau diese Voraussetzung ermöglicht es, die Geschichte für heutige Leser*innen zu erzählen denen die nicht alternden Figuren bekannt sind, die Zeit von vor 80 Jahren aber nicht.
Hoffen wir, dass auch hierzulande das Experiment nicht nur „im Feuilleton“ begeistert besprochen wird, sondern auch den Weg zu den Käufer*innen findet. Die Reihe Spirou und Fantasio Spezial, in der hierzulande auch die One-Shots erscheinen, ist jedenfalls genau der richtige Ort dafür.
Dazu passen die Moorsoldaten und eine selbstgemachte Limonade.
Realistische Comics aus frankobelgischen Gefilden haben sich schon immer auf unterschiedliche Genres verteilt: Western, History, Romance, … Ein Schwerpunkt war und ist aber das Agent*innenmilieu. Gerade bei einem der erfolgreichsten aktuellen Szenaristen, Jean van Hamme, verknüpfen sich auch oft mehrere mediale Ausdrucksformen, so etwa bei Rani oder Hopfen und Malz. Bei Lady S kommt beides zusammen! Ursprünglich für das Fernsehen konzipiert wurde eine Comic-Reihe daraus, die bis Band 9 von van Hamme geschrieben worden war. Mit dem hier beginnenden dritten Zyklus hat Philippe Aymond neben dem Zeichnen auch das Texten übernommen.
In eigenem Auftrag
Auch Aymond ist in Deutschland kein Unbekannter, hat er doch unter anderem die Biografie über Pierre Christin gezeichnet und ist für die Neuen Abenteuer von Bruno Brazil verantwortlich. Hier kann er zeigen, dass er nicht nur zeichnen kann. Allerdings hängen die Trauben hoch, van Hamme ist nicht umsonst so erfolgreich. Dabei ist der Zeitpunkt günstig denn der zweite Zyklus war mit dem letzten Band abgeschlossen. Aymond kann also quasi neu beginnen.
DNA räumt zunächst ein wenig die Vergangenheit von Shania Rivkas auf. Um in die USA einreisen zu können, muss sie als Angehörige eines Asylberechtigten anerkannt sein. Als sie deswegen ihren Vater um eine Erbgutanalyse bittet um die Verwandtschaft zu bestätigen, erfährt Shania, dass sie vermutlich die Tochter eines anderen ist. Es geht aber auch um Versuche an menschlichen Versuchskaninchen mit militärischem Hintergrund. Spannend und schnell erzählt!
Der Bruch bringt einen alten Bekannten zurück: plötzlich sieht die Heldin den totgeglaubten Anton und schnell überschlagen sich die Ereignisse. Shania hat sich in einen Agenten der CIA verliebt, möchte für eine NGO arbeiten und von Geheimdiensten nichts mehr wissen und doch ist sie plötzlich involviert in eine Aktion in Guantanamo, dem amerikanischen Lager für angebliche Terrorist*innen auf Kuba.
Kräfteverhältnis beginnt mit rasanten Szenen auf einem Motorrad und stellt erneut die Frage nach der Legalität des Handelns. Der Sohn einer hohen Geheimdienstfrau wird entführt und wieder gerät Shania irgendwie dazwischen. Sie wird dazu auserkoren, die Verhandlungen zwischen den Entführern und der Mutter in Gang zu bringen. Auch in diesem Band gibt es Veränderungen im „Stammpersonal“ der ersten Geschichten.
Zu guter Letzt bringt Aymond eine weitere politische Dimension in die Serie. Ein hochrangiger Militär einer afrikanischen Nation wird der Folter und anderer Kriegsverbrechen beschuldigt. Sein Land hat außerdem die Aktivist*innen der NGO ausgewiesen. Da Shania den Botschafter von früher persönlich kennt, wird sie nach Paris geschickt, um zu versuchen, die Maßnahme wieder aufheben zu lassen. Als klar wird, dass auch der Militär undercover in Paris ist, scheint sich die Möglichkeit einer Festnahme zu eröffnen. Spannende Geschichte in und über Paris über „kleinere Übel“ und Interessenkonflikte.
Generell gelingt es sehr gut, einerseits die Familiengeschichte der Heldin weiterzuentwickeln und auch entspannte Liebestöne einzuweben, andererseits gibt es knallharte Action mit Geballer und Toten. Dabei gleitet die Serie aber nie in einen James-Bond-Abklatsch ab und zeigt auch die unschönen Seiten der Geheimdienste.
Abwechslungsreiche Settings, stimmige Figuren
Wir wussten bereits, dass Philippe Aymond gut zeichnen kann, er gefällt mir hier aber sogar noch besser als in den neuen Bruno Brazil-Stories. Das wechselnde Ambiente stellt ihn in keinem Band vor größere Schwierigkeiten: europäische Großstädte, mexikanische Dörfer und Wüsten, Guantanamo auf Kuba und Tauchszenen könnten unterschiedlicher nicht sein, werden aber alle perfekt gemeistert. Im Anhang werden ein paar Fotos aus Paris gezeigt und mit den gezeichneten Szenen verglichen. Schön, denn so kann man sich einen Eindruck machen, wie Wirklichkeit Illustration wird.
Die ersten beiden Bände wurden noch in Spirou vorabgedruckt. Der Stil entspricht aber nicht dem des Magazins, geht es hier doch nur realistisch zu. Es zeigt aber auch den Stellenwert der Reihe, die es sich leisten kann, auf eine weitere Vorpublikation zu verzichten. Das Layout ist insofern klassisch als es aus viereckigen Panels besteht. Die Anordnung ist aber sehr flexibel und unterstützt somit die „Geschwindigkeit“ der Handlung mit vielen kleinen, schnellen oder wenigen, langsamen Einstellungen.
Eine Serie für die Sammlung
Das erste Abenteuer von Lady S wurde im ZACK präsentiert, die weiteren Folgen 2 bis 11 dann direkt in der ZACK-Edition. Es mag also Leser*innen geben, die die ersten beiden Geschichten dieser Gesamtausgabe schon kennen. Die beiden anderen sind deutsche Erstveröffentlichungen! Ansgar Lüttgenau hat sich hier für die Integral-Variante entschieden, druckt natürlich auch die jeweiligen Cover mit ab und rundet das Ganze mit einem Artikel von Bernd Frenz ab. Klasse Serie mit spannenden Inhalten, einer starken Heldin und sehr ansprechenden realistischen Zeichnungen.
Für Fans gibt es wie immer eine auf 111 Exemplare limitierte Luxusausgabe mit signiertem Druck und einem anderen Umschlagbild.
Ich bin gespannt, wie die weiteren, auf Französisch bereits erschienenen Bände hier integriert werden. Aymond arbeitet jedenfalls abwechselnd an Bruno Brazil und Lady S!
Dazu passen Barbara Randolph mit „I Got A Feeling“ und ein trockener Prosecco mit Himbeerblüte.
In den 80-er Jahren prägte neben James-Bond-Filmen und Science-Fiction-Epen besonders Indiana Jones die Kinolandschaft. Was lag also näher als die Heldentypen genreübergreifend miteinander zu verbinden? Gleichzeitig musste der Comic-Mainstream selbst in „Spirou“ erwachsener werden um sich gegenüber der Konkurrenz behaupten zu können. Das ist der Hintergrund für 421.
Britisches Understatement und Action
Die aus dem Kino bekannte dreistellige Bezeichnung für Agenten hat Desberg für den eigenen Helden und seine Kolleg*innen übernommen: 421 und auch 428 sind im Auftrag ihrer Majestät unterwegs. Diese im französischen Raum durchaus erfolgreiche Serie hatte bisher den Sprung nach Deutschland nicht wirklich geschafft und so sind alle 4 Abenteuer dieser Gesamtausgabe Deutsche Erstveröffentlichungen.
Selbstmorde sind oft nicht ganz einfach. Es scheint, als hätte sich eine Organisation darauf spezialisiert, diese Dienstleistung für Reiche anzubieten. Es existiert ein Katalog mit einer Vielzahl von buchbaren Leistungen, die nicht nur den Tod garantieren, sondern auch noch angenehme letzte Stunden versprechen. Irgendetwas daran scheint aber faul zu sein und so beauftragt 421 zum Schein seinen eigenen Tod. Eine spannende Geschichte beginnt mit Laboratorien, skrupellosen Geschäftemachern und einer Vielzahl von Killern.
Danach geht es nach China! Eine wundersame Maschine die das gegnerische Atomwaffenpotential vernichten könnte ist verschwunden. Natürlich wollen die westlichen Geheimdienste verhindern, dass diese den Russen in die Hände fällt. Die Übergabe scheint während einer Rallye durch China stattfinden zu sollen und so muss 421 kurzfristig in ein existierendes Team eingeschleust werden. Nicht nur ist die dadurch verdrängte Pilotin sauer, auch die verbleibende fürchtet um ihre Chancen. 421 beweist im Reich der Mitte nicht nur seine Alleskönner-Fähigkeiten, sondern bemüht auch seinen Charme für amouröse Kontakte und folgt damit seinen Vorbildern.
Das folgende Abenteuer erstreckt sich über zwei Bände und vollzieht den Wandel in der Zielgruppe. Die Geschichten werden mit Scotch Malaria härter, die Anspielungen expliziter. Eine britische Archäologin wird in Kamerun entführt und 421 wird mit ihrer Befreiung beauftragt. Er schließt sich dafür einer Söldnertruppe an und muss sich zunächst einmal in einem brutalen Umfeld beweisen. Schließlich kann er die Zielperson sogar befreien, wird allerdings gefangengenommen bevor er sie in Sicherheit bringen kann. Die Kinder der Pforte beginnt damit, dass 421 als Sklave verkauft wird. Zwar gelingt ihm die Flucht, er stellt aber fest, dass die Welt um ihn herum plötzlich anders ist. Das im ersten Teil gefundene Artefakt ermöglicht Zeitreisen und die Aufgabe besteht nun darin, alles wieder „auf Normal“ zu setzen.
Ein Held entwickelt sich
Auch an den Zeichnungen von Eric Maltaite lässt sich die Entwicklung ablesen. Was als eine der vielen Serien im typischen Spirou-Stil begonnen hat, wird im Laufe der Zeit viel realistischer und moderner. Die Figuren gewinnen an Detail, Körper an Proportionen und Kampf-Szenen werden detailreicher. Der als Sklave gehaltene Held ist zwar muskulös, zeigt aber deutliche Spuren der Strapazen und wirkt schon fast verwahrlost.
Nicht zuletzt werden die Frauen im Laufe der Zeit verführerischer und körperlicher. Ein Auftritt einer verheirateten Frau im Negligé mit dem Ziel, jemand anderen ins Bett zu bekommen, wäre einige Jahre vorher noch an allen möglichen Zensurstellen gescheitert (vgl. den Artikel im ZACK 269 – 271). Sehr gut gelungen sind die alternativen Zukunftsentwürfe und das teilweise sehr innovative Seitenlayout.
Ein empfehlenswertes Kleinod
Es ist nicht wirklich zu erklären, warum diese Serie bisher in Deutschland so wenig Beachtung gefunden hat. Sowohl Eric Maltaite (Schock) als auch Stephen Desberg (Empire USA) sind hierzulande nicht nur nicht unbekannt, sondern durchaus geschätzt und die Serie 421 hat zwar ein wenig altmodisches Flair und erinnert mehr an Sean Connery und Roger Moore als an Daniel Craig. Die Geschichten sind spannend und stimmig erzählt sowie handwerklich prima illustriert!
Für alle, die einerseits klassische Abenteuerstories, auch aus dem Geheimdienstmillieu, mögen, ein klarer Tipp! Wieder hat es Eckart Schott geschafft, eine Perle aufzutreiben und zu verlegen und wie immer in perfekter handwerklicher Ausstattung. Auch die einführenden Worte und Illustrationen zusammengestellt von Didier Pasamonik sind gut zu lesen und extrem informativ!
Dazu passen die Bananafishbones und ein Schwarzriesling, etwa von Kallstadt.
Verlag Original und Niederlande: Casterman / ab 16 Paquet
Aktuell 19 Bände
Veröffentlichungsstatus in Deutschland: In der aktuellen Reihe sind bisher Band 1 bis 3 der Sammelbände sowie Bände 17 und 18 erschienen, Sammelband 4 und Band 19 sind angekündigt. Die früher veröffentlichten Bände 1 bis 16 sind vergriffen.
Privatermitler*innen gibt es viele. Einige davon wie Magnum oder Dex Parios sind eher mittelmäßig erfolgreich und müssen auch schon mal einstecken. Andere wie Parker zeichnen sich eher durch knallharten Zynismus aus und dann gibt es noch solche im Superheld*innenmillieu. Die anvisierte Zielgruppe unterscheidet sich dabei nicht nur nach dem Alter (Art der Delikte und Freizügigkeit) sondern auch nach dem Geschlecht (sind Frauen ein aktiver Teil oder werden sie nur als schmückendes Beiwerk dargestellt?).
Caroline Baldwin ist eine sehr aktive Frau. Sie übt nicht nur ihren Beruf aus in dem sie für eine Agentur arbeitet und Fälle löst, sie ist auch verwandtschaftlich eingebunden, hat ein aktives Privatleben und ein Alkoholproblem. Vor allem aber ist sie HIV-positiv und damit sich selbst und anderen gegenüber in einem Maße verantwortlich, das ihre Mitmenschen nicht beachten müssen.
Die Entstehungsgeschichte
André Taymans war Mitte der 90-er Jahre des letzten Jahrhunderts bereits ein erfolgreicher Comickünstler. Er war allerdings auf Kinder als Zielgruppe festgelegt und musste sich verändern, um nicht den Spaß zu verlieren. Nach einigen Irrwegen und in mehreren Anläufen gelang es ihm schließlich, Moon River zu schreiben, eine überlange Geschichte über einen depressiven, ehemaligen Astronauten. Diese Geschichte wurde zu einem so großen Erfolg, dass eine Serie daraus werden sollte und so wurde aus der Nebenfigur der Ermittlerin die Heldin einer neuen Reihe. Vielleicht war genau das der entscheidende Erfolgsfaktor, der die Figur so anders gemacht hatte.
Die erste Seite
Kontrakt 48-A etabliert die Heldin dann in einem politischen Sujet: Was ist medizinische Ethik? Welche Experimente sind erlaubt und welche Kommunikation darf unterbleiben? Der zweite Band fängt aber auch an, Details zur Heldin „nachzureichen“. Sie bekommt eine halb-indianische Abstammung und damit die Erlaubnis, glaubwürdig andere Fragen zu stellen als Weiße. Neben einem sympathischen Großvater gibt es aber auch andere, nicht so willkommene Verwandte. Dieser natürliche Mix aus positiven und negativen Komponenten wird in ganz unterschiedlichen Bereichen im Laufe der Serie immer wieder auftreten und die vielbeschworene Authentizität liefern.
Die weiteren Bände fallen dann in eine Zeit, in der das wirtschaftliche Diktat eine Rolle spielte: Abenteuer hatten von da an dem Schema von 48 Seiten zu folgen. André Taymans begegnete dem eher trotzig: Statt bisher 64 Seiten lieferte er nun 96 ab und zwang dem Verlag somit eine Zweiteilung auf. Der Tote im Pool und Showdown in Havanna startet mit einem evangelikalen Kreuzzug gegen erotische Literatur. Es geht um Schreibblockaden, Lizenzproblematiken und eine Art von Jet Set für Literaturstars. Die Lösung des Falls liegt in Kuba und so darf die Heldin erneut reisen.
Hier wie auch in den folgenden Alben gelingt es Taymans, die jeweilige Stimmung der fremden Umgebung perfekt wiederzugeben. Man vermag förmlich den Duft zu riechen, die Geräusche des jeweiligen Ortes und die Geschwindigkeit des Lebens von Ruhepol bis hin zu treibender Hektik. Dabei hilft die klare Linie, die den Zeichnungen zu Grunde liegt: klare Farben, klare Konturen, Fokussierung auf das Wesentliche. Und auch ein weiteres Markenzeichen ist bereits sehr früh erkennbar: Caroline und insbesondere ihre Frisur sieht immer gleich aus. Taymans kann durchaus variieren und zeigt das bei anderen Personen auch; bei seiner Heldin wird die 3-Wetter-Taft-Frisur aber zum Markenzeichen.
Eine ernstzunehmende Krankheit
Schon im fünften Abenteuer beginnt eine Entwicklung, die die Serie und ihre Heldin fortan prägen wird: In Absurdistan erfährt die Heldin, dass sie sich mit dem HIV angesteckt haben könnte. Dabei war dieser Band eigentlich ganz anders geplant gewesen, er hatte ein multimediales Event sein sollen. Aus Kostengründen reduziert, liefert der Band immerhin noch viele Hinweise auf die Musik, die begleitet hätte.
Angel Rock bringt dann die Gewissheit: Die Infektion hat stattgefunden! Die Reaktion erfolgt filmreif: Abgeschiedenheit und Alkohol! Tatsächlich gelingt es aber einem Vater sie zu einer Tour in das hochverschneite Gebirge zu überreden, um den dort angeblich vermissten Sohn aufzuspüren. Erneut kann der Zeichner hier seine Vorliebe für die Natur ausspielen: Die Kälte kriecht förmlich aus den Comicseiten!
Überhaupt verfolgt die Serie einen mehr oder weniger stringenten Handlungsbogen. Auch Nebenpersonen und ihre Geschichte verzweigen sich immer mehr und erschaffen über die Zeit ein stimmiges Universum. Einerseits bezieht sich das auf die Familie der Heldin und ihren Background, natürlich spielt ihre Krankheit eine Rolle, aber auch Liebschaften, potentielle Beziehungen und Feindschaften werden fortgeführt und bieten eine Art von Soap-Opera-Faktor.
Asien ruft
Erneut schafft ein Zweiteiler mehr Platz für die Entwicklung: Staatsräson startet noch auf dem nordamerikanischen Kontinent. Mehrere Leichen tauchen scheinbar ohne wirklichen Bezug und Hinweise auf den oder die Täter*innen in Carolines Umfeld auf. Allmählich wird klar, dass sie mitten in einer Geheimdienstoperation steckt und kaum noch Einfluss auf das Geschehen nehmen kann. Schließlich erfährt sie, dass ein Geschäftsmann entführt worden ist und sie für die Lösegeldübergabe vorgesehen ist. Die Lagune verschlägt sie in den asiatischen Dschungel und wieder einmal wird die Frage gestellt, wer eigentlich zu den Guten gehört. Die Landschaft ist nun keine weiße Einöde mehr, sondern grün, üppig und laut und auch das wird beim Lesen lebendig!
Durch die erzwungene Verlängerung des Aufenthaltes aufgrund des Einreiseverbotes gehen die HIV-Medikamente langsam zur Neige. Wie gut, dass FBI-Agent Gary Scott, der schon seit längerem mit der Heldin das Bett teilt, beruflich gerade in der Nähe ist. Leider bringt er aber eine ebenfalls bekannte Kollegin von der CIA mit und das Wiedersehen in Kathmandu entwickelt sich nicht wie vorgesehen. Taymans schafft es in dieser Geschichte völlig unerwarteterweise, Science-Fiction-Elemente und Verschwörungstheorien mit der geheimdienstgetriebenen Spannung zu verbinden. Spannend und äußert kurzweilig!
Zurück zu sich selbst
Bisher hatte die Krankheit die Heldin eher psychologisch betroffen. Zwar muss ein Medikamentennachschub gewährleistet werden und es gibt ein paar Situationen, in denen die verantwortungsbewusste Heldin nicht wie andere reagieren kann, ansonsten lies sich aber alles mit ein paar Whiskys zu viel hinunterspülen. Nun aber scheint es eine Möglichkeit zu geben, etwas gegen die Krankheit zu unternehmen. Leider führt die Unheilsame Therapie nicht zur Genesung der Proband*innen, sondern zu plötzlichem Tod und Caroline ermittelt überraschend in eigener Sache. Wieder gelingt es, persönliche Themen und Krimi-Elemente so miteinander zu verbinden, dass sich Drama und Krimi-Fans abgeholt fühlen können.
Dem folgt erneut ein Zweiteiler. Es ist an der Zeit, die Familie und den indianischen Background der Heldin in den Mittelpunkt zu rücken. Ein Neffe von Caroline aus der indianischen Linie scheint auf die schiefe Bahn zu geraten. Es geht um Kritik der First Nations am kanadischen Staat und seinen Institutionen, aber auch um Waffenschmuggel, Korruption und Rassismus. Grenzgänger und der König des Nordens bringen die Heldin aber auch dazu, ihre Beziehung mit Gary zu überdenken und schließlich gibt es auch noch die Suche nach einem angeblich verschwundenen Vater.
The missing piece
Die folgenden Bände 13 bis 16 Alte Geschichten, Free Tibet, Der Schatten der Eule und Die Bohemian-Verschwörung sind in Deutschland vor einigen Jahren als Einzelbände bei comicplus+ erschienen und aktuell vergriffen. Sie werden im Sammelband 4 von Alles Gute! in 2022 kommen.
Fast ein Film…
Jede*r Kreative gelang irgendwann an einen Punkt, der eine Veränderung benötigt. Für Caroline Baldwin war es die Chance auf eine Verfilmung. Ein Drehbuch wurde geschrieben, einige Rollen gecastet und Probedrehs angefertigt. Nun gibt es aber deutlich mehr Projekte dieser Art als wirkliche Filme und auch in diesem Fall hat sich die filmische Umsetzung nicht realisieren lassen. Narco-Tango nimmt dann aber wesentliche Teile des geplanten Drehbuchs auf und setzt die Reihe fort. Neue Drogen überschwemmen die Stadt während Caroline einen verschwundenen Wissenschaftler aufspüren soll. Die Stränge überschneiden sich und zur Lösung muss sich die Heldin eine neue Fähigkeit aneignen: Tango!
Danach geht es in Half-Blood wieder nach Asien: Carolines Chef erfährt, dass er nur noch sechs Monate zu leben hat und möchte sich daher mit seinem Sohn versöhnen. Tatsächlich hat er es aber vor allem auf ihn als Rückenmarkspender abgesehen. Er schickt daher seine beste Ermittlerin nach Bangkok, um den Verschwundenen aufzuspüren. Immer noch ist die HIV-Erkrankung ein integraler und stimmiger Bestandteil der Handlung. Nichts wirkt aufgesetzt.
Die Story findet ihr vorläufiges Ende in Falken: Sie scheint komplett gescheitert zu sein. Doch plötzlich erscheint alles ganz anders und die vermutete Vergangenheit entpuppt sich als falsch. Ein grandioses Finale zwischen Glaube und Wahrheit, Traum und Wirklichkeit.
André Taymans
Die aktuelle Ausgabe von Alles Gute!
Sowohl die vier Sammelbände als auch die folgenden Einzelbände folgen einem gemeinsamen Look. Das Cover ziert jeweils ein Bild der Heldin auf weißem Hintergrund und der Rücken ist bis auf Beschriftung und ein gemeinsames Rückenbild auf den Sammelbänden blau. Alle Hardcoverbände enthalten nicht nur die eigentliche Geschichte, sondern auch ausführliches Material zu den geschichtlichen Hintergründen, Anekdoten von und über Taymans zu den Geschichten und seinen Beweggründen sowie eine Vielzahl von Illustrationen und Fotos. Die Sammelbände sind sogar mit einem Lesebändchen ausgestattet!
Die Reihe macht damit im Regal einen schönen und wertigen Eindruck, der der Relevanz der Serie entspricht. Viele Heldinnen – wenn es sie denn überhaupt gibt – sind blond und großbrüstig. Caroline dagegen ist keinem Model-Katalog entsprungen, sondern „normal“. Mit ihrer selbstbestimmten Sexualität, ihrem Alkoholkonsum aber auch mit ihrem Loyalitätsverständnis verkörpert sie eine moderne Frau ohne dabei neue Klischees zu erzeugen. Und obwohl durchaus nackte Haut gezeigt wird, werden die Szenen kaum Voyeure anlocken.
Durch die Kombination aus Krimi, Drama und Soap entsteht eine Serie, die sowohl von der Spannung lebt als auch von der Neugier, wie es weitergehen wird. Diese bezieht sich nicht nur auf die Hauptfigur, sondern lässt Raum für längere Episoden um „Neben“-Figuren. Zeichnerisch ist alles im Stil der „Klaren Linie“. Die Natur wird sehr realistisch dargestellt, aber auch die Szenen in den pulsierenden oder ruhigen Städten überzeugen und die Heldin ist fast schon ikonisch mit ihrer sich nie ändernden Frisur. Top-Tipp!
Nicht nur Leser*innen finden, dass die Geschichte nicht auserzählt ist. Es gibt daher einige Specials die im Laufe des Jahres 2022 erscheinen werden. Für diejenigen, die ihre Lieblingscomics gerne nicht nur im Regal stehen haben, sondern auch an der Wand hängen sehen möchten, gibt es eine limitierte Vorzugsausgabe von Band 17 mit ExLibris.