Redaktion: Georg K. Berres, Bill GoGer, Ludwig Kreutzner, Rudolph Perez Selbstverlag Din A4 | 88 Seiten | s/w | 10,00 € ISSN: 09369-7330
Die letzte reguläre Ausgabe feiert gleichzeitig das 40-jährige Jubiläum der anspruchsvollen Independent-Blüte aus Köln. Sie wurde im Wesentlichen von der gleichen Gruppe talentierter Zeichner zusammengestellt wie bereits die ersten drei ZEBRA-Ausgaben und enthält neben vielen Auftritten der beliebt gewordenen Charaktere der Kreativen auch eine Origin-Story der Zeitschrift selbst.
Niemand möge nun aber glauben, dass die Redaktion plötzlich selbstverliebt geworden wäre. Nein, der Rückblick deckt schonungslos die vielen Zufälle auf, die notwendig waren, um das ZEBRA entstehen zu lassen. Niemand stellt dabei sein Licht unter den Scheffel, alle haben mehr oder weniger bewusst ihren Beitrag geliefert. Dabei war der Plan doch eigentlich ganz einfach: Mache Dein Hobby zum Beruf und alle sind glücklich…
Neben anekdotischen Beiträgen aus der Vergangenheit, die beim Aufräumen von diversen realen und digitalen Schubladen zu Tage getreten sind, dürfen natürlich auch die beliebten Held*innen nicht fehlen. Dementsprechend versammelt die Ausgabe Geschichten von Buh-Man, Commander Cork, Daniela, Risto und MamiMami.
Das ZEBRA wäre aber nichts ohne tiefenpsychologische Analysen der Redaktionskonferenzen und Parodien auf beliebte TV- und Kino-Abenteuer. Als Bonus: Ein Funny-Animal-Comic und Tier-Kids-Cartoons.
Eine Blüte der deutschen Independentkultur
Leider ist das die letzte reguläre Ausgabe, doch glücklicherweise wird es auch in Zukunft weitere Sonderhefte geben. Abseits aller Trends geht die ZEBRA Kern-Mannschaft ihren Weg und veralbert alles und jeden. Gekonnt übertreiben sie die emotionalen Elemente in ihren Zeichnungen und sitzen damit immer hart an der Grenze zwischen Kritzelei und Kunst.
Erhältlich ist das ZEBRA im gut sortierten Comic-Fachhandel oder über die oben verlinkte E-Mail-Adresse.
Dazu passen ein Delirium Tremens (das mit dem Elefanten) und die ganz alten Goldenen Zitronen.
Nach der Eröffnung der Jacques Tilly-Ausstellung in der LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen hatte ich Gelegenheit, ein wenig mit Ralf König zu plaudern. Ralf ist ein sehr sympathischer Mensch der gerne und viel zu erzählen bereit ist. Das nachfolgende Interview gibt daher nur Teile unseres Gespräches wieder.
Wer ist Ralf König?
Kurz zu der Person: Ralf König, Jahrgang 1960, ist ein waschechter Westfale aus Werl. Nach seinem Coming-out Ende der Siebziger Jahre schrieb und zeichnete er erste Schwulen-Comics in Szenezeitschriften, danach auch erste Hefte. Ab Ende der 80-er wurde er auch außerhalb der Schwulencommunity wahrgenommen und mit der Bewegte Mann bei Rowohlt war der Durchbruch endgültig geschafft. Die darauf basierende Verfilmung mit Till Schweiger wurde ein internationaler, preisgekrönter Erfolg und König war endgültig Mainstream geworden. Seine Szenewerke wurden bei Carlsen (erneut) aufgelegt, bei Rowohlt folgten Werke zur Religion und Neuinterpretation klassischer Stücke mit unglaublichen Auflagen und auch die Preise und Ausstellungen folgten. Seit 2014 hat Ralf den ersten Preis für sein Lebenswerk, nämlich seinen insgesamt vierten Max-und-Moritz-Preis.
Still ist er
trotzdem nicht geworden. Weiterhin erscheinen neue Werke bei Rowohlt, er
engagiert sich im Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung und hat Frau Dr. Vogt, die Direktorin der
LUDWIGSGALERIE überredet, die erste Ausstellung von Jacques Tillys Werken und Skizzen zu organisieren.
Die Sache mit Tucholsky
c-o: Lieber Ralf, vielen Dank für deine wütenden Worte
während deiner Rede zur Eröffnung der Ausstellung gerade eben!
Ralf König: Wütend? Nein, wütend war das eigentlich nicht. Ich kann‘s nur nicht mehr hören, dass immer wieder gefragt wird, was Satire darf oder nicht darf! Die Frage ist falsch, keiner von uns möchte in einem Land leben, in dem Satire aus politischen oder religiösen Gründen nicht alles darf. Das ist doch der Punkt, Satire muss wehtun, muss lächerlich machen, verarschen! Wenn sie das nicht tut, ist der Witz gefällig und harmlos.
c-o: Seit geraumer Zeit werden Karikaturisten aber auch
Vertreter*innen von Minderheitenrechten nicht nur verstärkt bedroht, sondern
auch angegriffen und zum Teil getötet. Wie siehst du das persönlich? Spürst du
die Schere im Kopf?
Ralf König: Na ja, seit der Diskussion um die Karikaturen in Dänemark, seit dem Anschlag auf Charlie Hebdo und anderer Ereignisse ist es sicherlich nicht leichter geworden. Viele haben Angst und überlegen sich gut, ob und was sie sich trauen. Man darf sich davon aber auch nicht verrückt machen lassen. Das ganze gesellschaftliche Klima hat sich gewandelt. PC, also Political Correctness wird ja von vielen entweder abgelehnt oder als eine Art neue zehn Gebote eingefordert. Ich zum Beispiel bin ja ein bekannter Veteran der Schwulenbewegung. Nun im Zuge der LGBTQ*-Szene wird das Feld deutlich erweitert, da fordern Transpersonen ihre Rechte ein und Queerfeministinnen kämpfen um Sichtbarkeit. Plötzlich sind wir schwule, alte Männer, die es sich im Laufe der Jahrzehnte bequem gemacht haben. Das ist in dem Ausmaß auch für mich neu und durchaus Grund zur Reflexion. Aber dann wirft mir das Rainbowhouse in Brüssel wegen dieses Wandbildes Rassismus und Transphobie vor! Es ist ein Generationenwechsel, ganz normal, aber schon manchmal kurios.
Altersfragen
c-o: Erreichst du mit deinen Werken eigentlich auch die Jungen
oder sind deine Leser mit dir gewachsen?
Ralf König: Nun, ich werde 60 in diesem Jahr. An den Gedanken muss ich mich selbst mal erst gewöhnen, ich hab kaum verstanden, dass ich schon 50 bin. Man gilt was in seiner Generation und wenn man Glück hat, noch etwas darüber hinaus. Aber die jungen, ich sag mal die 20-jährigen, die haben eine ganz andere Realität, die gehen mit den Themen ganz anders um. Auch mit dem Internet, die wachsen da rein, mir bleibt manches fremd. Das wird’s schnell peinlich, wenn die alten Säcke versuchen, noch mal den Jugendslang zu treffen. Davon lass ich mal lieber die Finger. Aber vor kurzem hab ich auf der Comic-Con in Stuttgart signiert und da stand eine Gruppe Teenager in der Schlange. Ich war mir sicher, dass die eine Widmung ‚Für Mama‘ oder noch schlimmer ‚‘Für Opa‘ haben wollten. Aber die strahlten mich an und fanden meine Comics toll und wollten die Signaturen wirklich für sich selber!
Aber
natürlich ist es müßig, generationenübergreifend wirken zu wollen. Ich mach das
jetzt hier für mich und meine mit mir älter gewordenen Leser. Ich hab den Wunsch
nicht, dauerhaft gültig zu sein, ist eh sinnlos.
Die Klassiker
c-o: Hast du denn Beispiele, wo das funktioniert?
Ralf König: Ich entdecke jetzt gerade Lucky Luke neu, Morris war ein so großartiger Zeichner, das ist ein Klassiker, den
es noch ne ganze Weile geben wird.
Oder Popeye! Ich habe noch nie Popeye gelesen, ich kannte nur die hysterischen Trickfilme und das ist nicht so mein Ding. Aber gerade die frühen Popeye-Comics sind ja viel origineller, als ich dachte. Überhaupt diese frühen Klassiker, Krazy Kat ist ja so was von toll, was da alles im Hintergrund passiert, was da graphisch los ist. Ich hätte große Lust mal sowas zu machen, einfach mal drauf los, was schlicht Gestricktes, total abgedrehtes. Ich bin mit meinen Geschichten ja mehr auf dem Boden der Tatsachen. Barry Hoden war mal so’n Spass, Science-Fiction, da gings mal mit mir durch. Aber kam nicht so gut an, die Leute waren davon etwas überfordert, glaub ich. Oder unterfordert, weiß nicht.
c-o: Bei Krazy Kat
trifft sich dann der Comic wieder mit der Karikatur, anarchisch, auf den Punkt
gebracht, ohne den Zwang, den Leser zwischen Seite 30 und 40 bei der Stange zu
halten. Was hältst du von der aktuellen Graphic Novel-Welle? Mir scheint das
manchmal eher Selbsttherapie zu sein.
Ralf König: Naja, Graphic Novel klingt
ernsthafter als Comic, und genau das scheint mir grad die Messlatte zu sein. Da
ist schon trockener Stoff dabei, der nicht weniger trocken wirkt, weil es
gezeichnete Geschichten sind. Eine Graphic Novel über Otto von Bismarck, kann
man machen, aber ist das ne gute Geschichte?
Kauft Bücher! Kauft Comics!
c-o: Magst du den Leser*innen von comix-online noch
irgendwas mitgeben?
Ralf König: Öhm, ja: Von wegen online: Kauft
mehr Comics! Hört auf mit der Nase am Smartphone zu kleben, kauft Bücher! Lesen
erdet! Oh Gott, ich klinge, als wär ich 60.
c-o: Danke Dir!
Wir hatten dazu übrigens Espresso und keine Musik…