Vernes/Attanasio – ZACK Spezial 14: Bob Morane 4

Die versunkene Galeere

Story: Henri Vernes
Zeichnungen: 
Dino Attanasio

Originaltitel: La galère engloutie

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Softcover | 56 Seiten | Farbe| 16,00 € |

Limitiert auf 777 + 55 Exemplare

ISBN: n/a

Cover ZACK Spezial 14

Während die Reihe Bob Morane Classic alle in Zeitschriften veröffentlichten Geschichten versammelt, die von Dino Attanasio oder Gerald Forton gezeichnet worden sind, erscheinen als ZACK Spezial die „außer der Reihe“ entstandenen Alben. Die versunkene Galeere ist dabei das einzige von Attanasio verfasste Werk.

Ein unbekannter Schatz

Diese Geschichte von 1994 steht chronologisch ziemlich am Anfang der Kontinuität, treffen doch der Held Morane und Professor Clairembart erst das zweite Mal aufeinander. Auf einer Kunstauktion ersteigert der Millionär Frank Reeves ein Gemälde einer jungen Ägypterin. Kurz darauf werden Reeves und sein Freund Morane von Unbekannten überfallen, die das Gemälde haben wollen.

Zwar können die beiden den Angriff abwehren, sie werden aber erneut bedroht. Schlussendlich kann Professor Clairembart das Geheimnis des Gemäldes aufklären: Unter dem Bild ist eine Schatzkarte aufgebracht. Während die Freunde nun eine Expedition planen und sich auf das Finden und Bergen des Schatzes vorbereiten, sitzen die Verfolger ihnen im Nacken.

ZACK Spezial 14 page 3

Ein spannendes Vergnügen mit Action-Elementen, unerwarteten Gefahren und versteckten Hinweisen – ein typischer Roman für heranwachsende Jungen, gut umgesetzt von Attanasio, der 33 Jahre nach der letzten von ihm gezeichneten Story erneut zum Zeichenstift gegriffen hat.

Unterwasser-Action

Mitte der Neunziger Jahre gab es schon ganz andere grafische Erwartungen als Anfang der 60-er. Attanasio konnte daher nicht einfach dort weitermachen, wo er aufgehört hatte. Die Zeichnungen enthalten viel mehr Details, die Strichstärke ist wesentlich geringer. Und auch das Tempo der Action-Szenen hat sich erhöht. Insofern ist es sehr spannend, die Classic-Bände und die Galeere zu vergleichen.

Besonders gut gelungen sind dabei meiner Meinung nach die Unterwasser-Szenen. Während zunächst die Ruhe unter der Oberfläche und die Schönheit des Biotops im Vordergrund stehen, kommen als disruptive Faktoren Sturm, Haie und schließlich auch Gangster hinzu. Ein Ort, vier Wahrnehmungen!

ZACK Spezial 14 page 4

Eine Neu-Annäherung

Dieser Band bietet eine sehr seltene Möglichkeit, denn es kommt nur höchst vereinzelt vor, dass ein Zeichner nach über 30 Jahren zu einer Figur zurückkehrt. Wenn man sich vor Augen führt, wie sich Gesellschaft, politische Ansichten und Erwartungen von Leser*innen währenddessen verändert haben, kann man die Geschichte gleich mehrfach lesen. Einmal ist es natürlich eines von vielen, spannenden und gut konstruierten Abenteuern mit dem Helden. Es enthält aber auch die Vergleichsmöglichkeiten auf einer nicht immer beachteten Ebene.

Gerade das macht den Band für mich zu einem Must-Have für Morane-Fans! Aber auch der Vergleich zu heutigen Stories, etwa mit Bond, lohnt sich, sind doch mittlerweile erneut 30 Jahre vergangen… Separat erhältlich ist ein dazu passender, auf 99 Exemplare limitierter Druck.

ZACK Spezial 14 Ex libris

Dazu passen ein Stück aus dem Jahr der Originalveröffentlichung, Bad Religion mit „Stranger than Fiction“, und ein Jägermeister!

© der Abbildungen Vernes – Bob Morane Inc./Attanasio – Ed. Hibou| 2025 Blattgold GmbH

Brugeas/Mr Fab – Colt and Coal

Kapitalisten, ein Sheriff und die Arbeiter

Story: Vincent Brugeas
Zeichnungen: 
Mr Fab

Originaltitel: Colt & Coal

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |72 Seiten | Farbe | 19,80 € | 
ISBN: 978-3-98721-477-6

Cover Colt and Coal

Kaum ein Genre ist so vielseitig wie das des Western. Das Setting erlaubt einen Sprung in eine Umgebung, die allen Leser*innen mehr oder weniger archetypisch vertraut ist, und eröffnet dadurch die Möglichkeit innerhalb dieses Raumes alles andere zu variieren. Colt and Coal ist so ein Beispiel; es hätte auch in fast jeder anderen frühindustriellen Umgebung spielen können, aber dann hätte der Sheriff als Wahlbeamter gefehlt…

United and strong!

Ein Kapitalist in der klassischen Definition ist ein Ausbeuter. Er zahlt seinen Arbeitern gerade so viel, dass es zum Überleben eben reicht, maximiert aber lieber seinen Profit als für Ausbildung, Gesundheitsvorsorge oder ähnliches auch nur einen Penny aufzuwenden. Falls ein Arbeiter stirbt, gibt es genügend andere, die seinen Platz einnehmen könnten. Und wenn Angehörige sterben, hat das überhaupt keine Auswirkungen. In diesem Fall geht es um eine Mine, daher auch der Titel Colt and Coal!

Währenddessen sorgt natürlich eine Gouvernante für die Erziehung der Kinder des Minenbesitzers, diese sollen schließlich einmal in die Fußstapfen ihres Vaters treten. Sollte es doch einmal zu Problemen kommen sorgt der Minen-eigene Sicherheitsdienst für Ordnung und dann gibt es ja auch noch den Sheriff, der vollkommen abhängig ist.

Colt and Coal page 3

Es begab sich aber, dass es grausam zugerichtete Tote gab, dass Gerüchte über die geplante Gründung einer Gewerkschaft die Runde machten, und schließlich, dass der Sheriff auf das Unternehmensgelände gerufen werden musste. Auch wenn es vollkommen unklar ist, wer hinter den Morden steckt, zunächst einmal werden die Arbeiter gefangengesetzt und gefoltert, denen eine Selbstorganisation zugetraut wird. Doch ein Ausbruch von Gewalt ist nicht mehr zu stoppen.

Realistische Trostlosigkeit

Während Vincent Brugeas die Story langsam zu einem Höhepunkt führt, setzt Mr Fab von Anfang an klare Zeichen: Es gibt Herrschende und es gibt Leidende. Und er macht auch klar, dass die Natur eindeutig in die letztere Kategorie fällt. Stimmungsmäßig ist somit nach wenigen Seiten klar, dass es hier auf eine Katastrophe hinausläuft; das Gute ist zu schwach, um zu siegen.

Colt and Coal page 4

Dabei benutzt Mr Fab nicht einmal die Stilmittel, die heutige TV-Western oftmals nutzen: die Gesichter sind nicht übermäßig verschmutzt, die Sprache ist verständlich und die Menschen sind nicht gezeichnet. Es ist nur, dass eine Mischung aus Verzweiflung und dem Bösen überall zu spüren ist.

Keine großartige Weite

Wyoming als Schauplatz steht im Normalfall für eine grandiose Landschaft. Hier wird diese schon auf den ersten Seiten als reine auszunutzende Ressource definiert. Der Sheriff ist niemand, der auf der Seite der Guten steht, und auch die Arbeiter haben keine Chance. Einzig der Gouvernante wird für eine lange Zeit eine ambivalente Rolle zugewiesen bevor auch sie am Schluss eingeteilt wird.

Detail Colt and Coal page 8

Wer diese Ausweglosigkeit und die Dekonstruktion einer Ära mag, kommt hier voll auf seine/ihre Kosten! In Colt and Coal geht es um Unterdrückung, Rassismus (allerdings ausnahmsweise mal nicht gegenüber den First Nations), toxische Männlichkeit und Hybris. Lesenswert!

Dazu passen Billie Bragg mit seiner Version der „Internationale“ und ein Porter!

© der Abbildungen Editions Glenat 2024 by Vincent Brugeas and Mr Fab | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2025

Jacobs – Blake und Mortimer Bibliothek 7

Die Diamanten-Affäre

Story und Zeichnungen: Edgar-Pierre Jacobs

Originaltitel: L’ Affaire du collier

Carlsen Comics
Hardcover | 88 Seiten | Farbe | 23,00 €
ISBN: 
978-3-551-02880-8

Cover Blake und Mortimer Bibliothek 7

Was bei Franquin gerade erst anfängt, ist bei Jacobs und Blake & Mortimer bereits jahrelange Routine: Die kommentierte Hardcoverausgabe. Im Tintin-Magazin war die Serie eine der Stützen des Heftes, allerdings brauchte Jacobs zu lange für neue Folgen. Nach seinem Tod wurde die Serie von mehreren Teams weitergeführt. Die klassischen Geschichten kommen jetzt peu a peu in einer kommentierten Fassung in wohlfeiler Aufmachung erneut auf den Markt.

Eine klassische Kriminalstory

Jacobs hatte seine Geschichten um die beiden Engländer, den ehemaligen Militär und den Wissenschaftler, so angelegt, dass er Kriminalsujets und Science-Fiction verbinden konnte. Er liebte die Möglichkeiten außerhalb der Konventionen und wollte zudem mit den Eventualitäten des technischen Fortschritts spielen. Das Publikum goutierte diese Mischung damals nicht unbedingt. Die siebte Episode mit dem Duo, Die Diamanten-Affäre, ist daher sehr irdisch.

Die Stimmung in Frankreich ist aufgewühlt, denn ein lange verschwundenes Artefakt, ein Diamantencollier, ist wieder aufgetaucht und soll angeblich ausgerechnet der englischen Königin geschenkt werden. Allerdings taucht der bereits besiegt geglaubte Olrik auf und bemächtigt sich des Schmuckstücks. Zudem gibt es auch noch eine Entführung und Blake & Mortimer befinden sich mittendrin!

Blake und Mortimer Bibliothek 7 page 13

Die spannende Jagd enthält Verwechselungen, Finten und knallharte Action, bei der aus allen möglichen Waffen geschossen wird. Zudem müssen die Parteien versuchen, im Autoverkehr der 60-er Paris zu durchqueren. Das ist zwar keineswegs vergleichbar mit heutigen Verhältnissen, stellt die Akteure aber vor große Probleme. Dank der ausführlichen Recherche Jacobs‘ gerät diese Verfolgungsjagd sehr realistisch!

Ligne claire in Jacobs Interpretation

Aufgrund seines Erfolges durfte sich Jacobs die eine oder andere kleine Abweichung von der reinen Linie und den Vorgaben seines Chefs Hergé leisten. Diese sind allerdings minimal. Schlimmer wog damals die Tatsache, dass der Zeichner für seine Seiten oftmals länger als üblich brauchte. Der Abdruck wurde daher erst gestartet als ein Vorrat von mehreren Monaten abgeliefert worden war.

Der eigentliche Star dieser Geschichte sind die Katakomben von Paris. Sie sind so groß, dass man sich ohne Probleme darin verlaufen kann, ja, glaubt man dieser Geschichte, sogar sterben kann! Man sieht den entsprechenden Panels an, dass Jacobs diese selbst in Augenschein genommen hatte. Zudem wird aufgrund der beigefügten Skizzen und Entwürfe deutlich, wie er seine Seiten geplant hatte. Die Erklärungen sind auf den Punkt und dürften daher jeden Fan erfreuen.

Blake und Mortimer Bibliothek 7 page 14

Für Fans ein Muss!

Natürlich hat jede*r „seinen/ihren“ Jacobs schon im Schrank stehen. Die Geschichten sind mehrfach veröffentlicht worden und auch nicht vergriffen. Die Blake & Mortimer-Bibliothek ermöglicht aber einen besseren Zugang. Nicht nur werden die zeitgeschichtlichen Hintergründe erläutert (und man muss davon ausgehen, dass diejenigen, die zur Entstehungszeit dieses Comics bereits Leser*innen desselben waren, immer weniger werden), die Informationen zur grafischen Gestaltung sind sehr lesenswert!

Muss man das haben? Nein! Aber will man es? Im Zweifel, ja! Eine gut gemachte Ausgabe, wertig als Hardcover und mit vielen zusätzlichen Informationen auf gutem Papier sind schon ein Kaufanreiz. Natürlich muss man sich entscheiden, welche Serie man in einer „guten Ausgabe“ haben möchte. Blake & Mortimer von Jacobs wäre dabei keine schlechte Wahl!

Blake und Mortimer Bibliothek Logo

Dazu passen Sam and Dave (RIP!) mit „Hold on, I’m coming“ und ein Black & White.

© der Abbildungen 2022 – Éditions BLAKE & MORTIMER / STUDIO JACOBS (DARGAUD-LOMBARD S. A.) |2025 Carlsen Verlag GmbH, Hamburg

Trif – Thrax 1

Lupi, Fratres, Amantes

Story: Trif
Zeichnungen: 
Trif

Originaltitel: Thrace, Vol. 1

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |64 Seiten | Farbe | 19,80 € | 
ISBN: 978-3-68950-002-3

Cover Thrax 1

Es kommt nicht oft vor, dass Comics in deutscher Übersetzung einen lateinischen Titel tragen. Auch ist es außer bei Asterix nicht unbedingt üblich, dass lateinische Zitate im Text nur in der Fußnote übersetzt werden. Beides ist bei diesem laut Eigenbezeichnung „erotischen Comic für Erwachsene“ der Fall. Der Titel bedeutet im Übrigen Wölfe, Brüder, Geliebte.

Erwachsen werden …

Adriana Pollia ist eine junge Adelige, die der Hölle nach dem Ausbruch des Vesuvs gerade noch entfliehen kann. Mit ihr zusammen gelingt dieses nur dem Sklaven der Familie, Cleio. Beide waren zusammen aufgewachsen und Cleio war die Freiheit versprochen worden. Doch nun müssen sich beide mit Gaunereien über Wasser halten.

Weit vor dem Ausbruch hatte Adrianas Onkel das Haus des Vaters besucht. Währenddessen hatte er versucht, den Jungen zu missbrauchen und war von der wütenden Adriana mit einem Messer gezeichnet worden. Nun scheint allerdings der letzte Ausweg zu sein, eben bei diesem Onkel Schutz zu suchen. Zu oft waren ihre Opfer den beiden Heranwachsenden zu gefährlich nahegekommen. Jener Onkel erinnert sich allerdings genau und foltert den jungen Sklaven. Sein Verschwinden wird mit seinem Tod erklärt …

Thrax 1 page 3

Die Geschichte steht irgendwo zwischen Murena und Messalina. Trif entwickelt eine Story, die auch ohne die expliziten Szenen funktionieren würde, beschreibt die Szenen im Haus, im Bordell oder der Arena aber wiederum ausführlich. Nicht alle diese Szenen beruhen auf einem Einverständnis, sie werden aber auch nicht aus der Sicht des Täters beschrieben.

Integrierte Freizügigkeit

Bei einigen modernen „erotischen“ Titel hat man das Gefühl, dass es mühsam gewesen sein muss, so etwas wie eine Rahmenhandlung zu konstruieren. Thrax ist da anders. Die Story wird langsam aufgebaut und bildet den Auftakt zu einem Mehrteiler. Das Leben in der römischen Provinz, auf der Straße, und schließlich auch das in Rom werden ausführlich geschildert und dazu gehört eben auch der andere Umgang mit Sexualität.

Thrax 1 page 4

Und auch die Verbindung mit der Welt der Gladiatoren passt. Zum einen waren die Kämpfer die damaligen Rockstars mit einem entsprechenden Lebensstil, zum anderen gab es damals keine medizinischen Möglichkeiten erfolglosen Paaren zu Nachwuchs zu verhelfen. Die von Andrea Celestini kolorierten Zeichnungen sind teilweise keineswegs jugendfrei, die Story dagegen bewegt sich nicht weit entfernt von heutigen Netflix & Co-Angeboten.

Potential zum Verkaufsschlager

Natürlich hat auch Thrax das Potential zum Verkaufshit! Erotische Comics waren jahrelang nur in der Schmuddelecke oder unter dem Ladentisch erhältlich. Seitdem sich das geändert hat, haben viele Verlage ein entsprechendes Angebot in petto und die Titel verkaufen sich prächtig.

Detail Thrax 1 page 9

Thrax ist darauf angelegt, auch inhaltlich zu punkten und vor allem, sich nicht an Demütigungen und anderen Machtmissbräuchen zu weiden. Teil 2 ist für April angekündigt. Sie sind Teil der Splitternackt-Subreihe.

Dazu passen Viagra Boys mit „Punk Rock Loser“ und ein Aperol Spritz!

© der Abbildungen 2023 Taboo Editions, France by Trif and Andrea Celestini | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2024

Vernes/Attanasio – Bob Morane Classic 5

Die Kette des Shiva

Story: Henri Vernes
Zeichnungen: 
Dino Attanasio
Originaltitel: 
Le collier de Civa

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Hardcover | 64 Seiten | Farbe | 20,00 € ISBN: 978-3-949987-31-1

Cover Bob Morane Classic 5

In der zugrundeliegenden Romanreihe sind seit 1953 mittlerweile mehr als 200 Titel erschienen. Das macht Bob Morane zu einer der am längsten laufenden, von einem Autor verfassten Reihe überhaupt. Schon 1959 erschien der erste darauf basierende Comic und noch heute werden neue produziert. Die ersten fünf Bände wurden von Dino Attanasio gezeichnet und liegen nun erstmals komplett in einer Reihe auf Deutsch vor. Die Bob Morane Classic-Reihe wird mit den Werken von Gérald Forton fortgesetzt.

Eine Legende, ein Usurpator und zwei Touristen

Bob Morane ist in Begleitung seines Freundes Bill Ballantine auf den Straßen Kalkuttas (diese Geschichte wurde deutlich vor der richtigen Benennung der Stadt als Kolkata verfasst) unterwegs, um ein außergewöhnliches, aber nicht zu teures Souvenir zu erstehen. Als sie den gesuchten Laden für Antiquitäten gefunden haben, schmeißt der Besitzer gerade einen Heranwachsenden aus dem Geschäft, weil er angeblich etwas stehlen wollte. Die beiden Helden erstehen eine metallene, verzierte Kette.

Kaum haben sie das Geschäft verlassen, als eben jener Junge versucht, ihnen den Gegenstand zu entreißen. Später dann, zurück im Hotel, wird in das von ihnen gemietete Zimmer eingebrochen und tatsächlich wird die Kette nun endlich gestohlen.

Bob Morane Classic 5 page 3

Natürlich machen sich die Beiden daran, das Schmuckstück zurückzubekommen. Sie erfahren genug über die Entstehungsgeschichte und die sich um die Kette rankenden Legenden um die Bedeutung des Artefaktes für den rechtmäßigen Besitzer sowie für einen Scharlatan zu verstehen und machen sich auf eine abenteuerliche und gefährliche Reise. Der Plot ist nicht außergewöhnlich, aber spannend und clever aufgebaut.

Realismus der 60-er

Dino Attanasio hat oft genug beweisen, dass er sowohl humoristische Sachen wie etwa Spaghetti als auch realistische Stoffe zu Papier bringen kann. Auch in Die Kette des Shiva zeigt sich seine Routine, die aber keineswegs in Oberflächlichkeit umschlägt. Die Hintergründe haben das notwendige Quäntchen Detailtiefe, die Gesichter sind ausdrucksstark und die Körperhaltungen stimmig.

Bob Morane Classic 5 page 4

Die Actionszenen sind vielleicht nicht so filmisch wie man das heute erwarten würde, lassen die körperliche Anstrengung aber ebenfalls erahnen. Die vier Streifen pro Seite erlauben viel Handlung und so bleibt auch Zeit genug, einzelne Stränge zu entwickeln. Abgeschlossen wird der Band mit zusätzlichen Illustrationen, die aufgrund des anderen Stils eine gelungene Ergänzung darstellen!

Nicht nur für Liebhaber!

Ein Comic nur für alte (junggebliebene) Männer? Nein, sicher nicht! Natürlich atmen Story und Zeichnungen eine ganze Menge Nostalgie aus! Beides wirkt aber keinesfalls altbacken. Würde man die Story heute so noch schreiben? Hier muss die Antwort wohl eher „nein“ heißen, sind doch einige Vorurteile immanent verwurstet. Zudem werden auch Stereotype benutzt. Aber: Es handelt sich um ein Zeitzeugnis, das man zwar kommentieren, nicht aber umschreiben sollte. Insofern passt es in diese Classic-Reihe.

Abgesehen davon aber sind Storyaufbau, Spannung und immanente Logik die einer typischen Abenteuergeschichte und funktionieren heute wie damals. Die Reihenaufmachung der Classic-Bände ist angemessen. Zusätzlich sei daran erinnert, dass eine Subskription der nächsten Bob Morane Classic-Bände von Forton wieder mit einem Schmankerl belohnt werden wird.

Dazu passen Amy Winehouse mit „Monkey Man“ und ein Kingfisher.

© der Abbildungen Vernes – Bob Morane Inc / Attanasio – Ed. Hibou | 2024 Blattgold GmbH, Bad Dürkheim

Bonnet – Anne Bonny 1

Die Wölfin der Karibik

Story: Franck Bonnet
Zeichnungen: 
Franck Bonnet

Originaltitel: Ann Bonny, La Louve des Caraïbes

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |72 Seiten | Farbe | 17,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-478-3

Cover Anne Bonny 1

Einige Genres werden immer wieder mal totgesagt und schaffen es dann doch umso überraschender, neue Inhalte zu präsentieren. Dazu gehört in gewisser Weise auch die Piratenthematik. Eigentlich schon verschwunden kam mit dem Fluch der Karibik ein Hype, der immer noch ein paar neue Geschichten ausspuckt. Während im ZACK mit Libertalia gerade eine Serie läuft, die die anarchistischen Tendenzen der Freiheit und Gleichheit betont, steht in USS Constitution, ebenfalls von Franck Bonnet, die staatliche Seite im Vordergrund. Anne Bonny dagegen präsentiert eine Frau im Mittelpunkt.

Die Frau: Subjekt oder Objekt?

Ende des 18. Jahrhunderts waren Frauen nicht gerade privilegiert. Entweder gehorchten sie den Befehlen ihres Vaters, was auch immer das sein würde, oder sie wechselten in eine neue Zwangsgemeinschaft, die Ehe. Auch wenn es heute komisch klingen mag: Noch in den 60-er Jahren konnte in Deutschland ein Ehemann seiner Frau das Arbeiten verbieten und der Tatbestand der Vergewaltigung in der Ehe wurde erst 1997 eingeführt! Natürlich gab es schon immer Frauen, die dagegen aufbegehrten: Anne Bonny war eine von ihnen!

Gab es diese Frau wirklich? Und wenn ja, stimmen alle Erzählungen über sie? Das ist im Grunde vollkommen unwichtig, denn mit ihrem Namen sind einerseits Ermutigungen für Frauen verknüpft, denen ein Vorbild bewies, dass Widerstand möglich war. Zwar endete er tödlich, aber in Würde. Und für Männer war klar, dass es Frauen gab, die sich wehren konnten und vor denen man Angst haben musste. Vielleicht hat das damals der einen oder anderen geholfen.

Anne Bonny 1 page 5

Franck Bonnet beginnt seine Geschichte mit der Ankunft der jungen Frau in Nassau. Sie ist zwar von dem Anwesen ihres Vaters geflohen, bleibt aber scheinbar die Alleinerbin des Vermögens. Grund genug also, sie als gute Partie an einen Piraten zu verkaufen, der auf reiche Beute hofft. Allerdings entwickeln sich die Dinge nicht so, wie gehofft. Und auch Anne muss mit den neuen Zwängen klarkommen, hatte sie doch frei sein wollen. Doch sie entwickelt sich langsam zur Wölfin der Karibik.

Piraterie ist mehr als Wasser und Kampf

Die landläufige Meinung ist immer noch, dass Pirat*innen ihre Zeit zu wesentlichen Teilen auf dem Meer verbracht haben. Das stimmt allerdings nicht unbedingt, denn die Schiffe mussten ausgebessert werden, erbeutete Ware verkauft werden und das gewonnene Geld für körperliche Freuden und Alkohol ausgegeben werden. Diese Teile kommen bei Franck Bonnet keinesfalls zu kurz.

Anne Bonny 1 page 6

Seine Figuren machen bei allen Tätigkeiten eine gute Figur, die Bekleidung sowohl der „einfachen Leute“ als auch der Oberschicht scheint stimmig und sowohl die karibische Atmosphäre als auch die Enge auf den Schiffen wird sehr gut wiedergegeben. Zudem ist das Layout sehr abwechslungsreich und bietet sehr schöne Doppelseiten, die aufgrund des Splitter-Überformates besonders gut zur Geltung kommen.

Eine starke Frau

Geschichten über Piraten gibt es wie Sand am Meer. Die Darstellungen schwanken zwischen unerschütterlichem Helden, Raufbold und queerem Spaßvogel. Darstellungen der Piratinnen sind dagegen wesentlich seltener. Bonnet lässt Anne Bonny zunächst als Mann verkleidet und an der Seite ihres Ehemannes auftreten. Erst aufgrund ihrer Erniedrigung entscheidet sie sich dazu, allein ihre Frau zu stehen.

Detail Anne Bonny 1 page 9

Wer spannende Geschichten mit starken Frauen mag, liegt hier richtig! Die Heldin wird keinesfalls überzeichnet, es gelingt ihr auch nicht alles, sie gibt aber niemals auf. Genau diese Haltung vermittelt die ganze Geschichte: Man hat immer eine Wahl!

Dazu passen Amyl and the Sniffers mit „Big Dreams“, und ein Caribbean!

© der Abbildungen Editions Glenat 2024 by Franck Bonnet | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2025

Desberg/Corboz – Die Flüsse der Vergangenheit 1

Die Diebin

Story: Stephen Desberg
Zeichnungen: 
Yannick Corboz
Originaltitel: 
Les Rivières du passé – Tome 1 – La Voleuse

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Hardcover | 72 Seiten | Farbe | 24,00 €

ISBN: 978-3-949987-38-0

Cover Die Flüsse der Vergangenheit 1

In der ZACK-Edition erscheinen Werke, die nicht unbedingt in das ZACK passen würden. Teilweise sind sie etwas zu experimentell, etwa Dr. Radar, oder haben bereits zu viele Folgen, wie etwa die Chroniken von Amoras. Es sind aber trotzdem Kleinode, die man keinesfalls ignorieren sollte!

Mehrere Zeiten und Dimensionen

Stephen Desberg ist den Leser*innen des ZACK bestens bekannt. Schon häufiger hat er verschiedene Zeitebenen verwendet um eine Geschichte, die auf Rückblicke angewiesen wäre, spannender erzählen zu können. In Die Flüsse der Vergangenheit verknüpft er diesen Kniff mit einem weiteren, denn nicht nur die Zeiten sind andere, es scheint sich gleichzeitig auch um mehrere Dimensionen zu handeln.

Andernfalls wäre es nicht erklärbar, warum die Vergangenheit einer Welt, die aussieht wie die unsere, von schrecklichen Monstern befallen sein sollte. Diese machen gemeinsame Sache mit einigen machtgierigen Menschen und schlachten alles andere ab.

Die Flüsse der Vergangenheit 1 page 2

Verknüpfendes Element sind magische Gegenstände, die einen Bezug zum alten Ägypten haben. Dazu kommt die namensgebende Heldin des ersten Teils: Die Diebin hat viele Namen. Und sie hat durchaus ihre eigenen Vorstellungen, welches Risiko sie einzugehen bereit ist. Hier scheint sie aber eine falsche Entscheidung getroffen zu haben und wird in Ereignisse hineingezogen, die sie nicht mehr kontrollieren kann.

Vorwiegend heiter mit gelegentlichem Splatter

Yannick Corboz ist in Deutschland ebenfalls kein Unbekannter, allerdings eher im Fantasy-Bereich tätig. Auch hier vermengt er Elemente, die Suspense zeigen und die Ungewissheit der Diebin zeigen, ob sie wohl mit ihrem Coup durchkommen würde, mit bluttriefenden Bildern. Seine Monster gelingen sehr reißerisch und angsteinflößend; man möchte ihnen keinesfalls begegnen.

Die Flüsse der Vergangenheit 1 page 3

Die ruhigeren Bilder – in der Serie das moderne Paris – sind mir aber lieber. Sie entsprechen dem modernen frankobelgischen gehobenen Standard und verbinden ein gewisses nostalgisches Flair mit Coolness. Dazu kommen dann die mittelalterlichen Szenen, die fast schon einem Theater des Absurden würdig wären. Die Vielzahl der Stile macht einen großen Teil des Reizes dieses Comics aus.

Abwechslungsreich!

Wer die Abwechslung liebt und schnelle Wechsel zwischen Stilen mag, ist hier definitiv richtig. Wie bei einer berühmten Süßigkeit gibt es hier nicht nur einen, sondern gleich drei Momente, die das Herz der Leser*innen höherschlagen lassen. Dazu kommt noch ein Anhang mit Personenskizzen, der ebenfalls sehenswert ist.

Detail Die Flüsse der Vergangenheit 1 page 11

Wie in der ZACK.Edition üblich, gibt es auch hier eine Vorzugsausgabe mit Variantcover und limitiertem und signiertem Druck. Für 18 € mehr ein überlegenswertes Szenario!

Dazu passen Turnstile und ein Pinot noir.

© der Abbildungen 2021 Daniel Maghen – by S. Desberg & Y. Corboz / 2024 Blattgold GmbH, Bad Dürkheim

Roba, Franquin – Spirou: Der Liliput-Trick

Eine Spirou-Deluxe Ausgabe

Hrsg. und Kommentar: Christelle & Bertrand Pissavy-Yvernault

Text & Zeichnungen: Roba & Franquin

Originaltitel: Spirou – édition commentée – Spirou et les petits-formats

Carlsen Comics
Hardcover | 120 Seiten | Farbe | 34,00 €
ISBN: 
978-3-551-80485-3

Cover Spirou Deluxe Liliput Trick

In der Literaturwissenschat ist es üblich, eine kommentierte Ausgabe zu veröffentlichen, die neben dem Originaltext (häufig in mehreren Fassungen) kritische Anmerkungen aus der Forschung enthält. Im Bereich des Comics ist das durchaus seltener anzutreffen, vor allem im Comic-Entwicklungsland Deutschland. Bei André Franquin sieht die Sache etwas anders aus, sind doch in Frankreich bereits einige kommentierte Bände erschienen (und auch unsere niederländischen Nachbar*innen sind bereits vor Jahren in den Genuss der Übersetzungen gekommen). Hier mussten wir bis zum 100. Geburtstag des Meisters warten. Nun aber veröffentlicht Carlsen in der Spirou-Deluxe-Reihe wenigstens ein paar davon.

Der Zukunftsvisionär und seine Ideen

Wer Spirou nur als lustige Kinderunterhaltung begreift, lag schon zu Zeiten der deutschen Besetzung Belgiens falsch. Das Magazin Spirou, das reisende Puppentheater und auch die „Freunde Spirous“ waren ein Hort des Widerstandes und der Freiheit. Auch Franquin selbst war Zeit seines Lebens ein Freigeist und nutze die ihm übergebene Serie so gut wie möglich. Zwar lagen ihm der anarchistische Gaston und die Schwarzen Gedanken näher als der dem katholischen Ideal einer Jugend verpflichtete Spirou, doch auch in dieser Serie gelang es dem Künstler, Teile seiner Ideen unterzubringen.

Im Wesentlichen allerdings durch die Nebenfiguren, die nicht im Fokus der Zensur standen, vor allem durch das Marsupilami.  Mehr dazu im gut zu lesenden Text der Pissavy-Yvernaults.

Der Liliput-Trick selbst war ursprünglich gar nicht für das Magazin konzipiert, sondern für eine Pariser Tageszeitung, Le Parisien libéré. Zu jedem Wochenende gab es eine Folge mit sechs Streifen in schwarz-weiß. Die Bilder wurden erst nachträglich koloriert und für den Magazinabdruck auf 4 Streifen pro Seite ummontiert. Spirou glaubt, dass Fantasio in eine leblose Miniatur verwandelt wurde und dreht aus Sorge (allerdings auch aus Zorn) fast durch. Tatsächlich hat Franquin hier den 3-D-Druck, der heute fast schon in jedem Haushalt zu finden ist, vorweggenommen.

Spirou Deluxe Liliput Trick page 5

Das brillante Duo

Da die Zeichnungen für die insgesamt drei Zeitungs-Geschichten zusätzlich zu leisten waren, hatte Franquin neben Jidehem einen weiteren Assistenten verpflichten müssen, Jean Roba. Dieser sollte später mit seinen Geschichten von Boule & Bill selbst ein Star in Spirou werden, stand hier aber noch am Anfang seiner Karriere. Während sonst üblicherweise eine klare Trennung zwischen „Figuren“ und „Hintergrund“ herrschte, arbeiteten die beiden auch an der Liliput-Trick so eng zusammen, dass nicht immer klar auszumachen ist, wer was gemacht hat.

Da sowohl die schwarz-weiße Originalzeichnung als auch die spätere Magazinfassung abgedruckt sind, können wir als Leser*innen beides nebeneinanderhalten und versuchen, die Unterschiede zu erkennen. Leicht ist das allerdings nicht. Einzig das Crossover mit Boule & Bill ist leicht zu erkennen.

Spirou Deluxe Liliput Trick page 10

Für Fans ein Muss!

Soll man sich einen Comic in mehreren Fassungen kaufen? Ja, wenn es Sinn macht! 🙂 Tatsächlich ist natürlich nicht jede kleine Abweichung bereits ein guter Grund. Hier aber kann man das schwarz-weiße Original mit der später kolorierten Fassung vergleichen. Zudem ist der originale Rhythmus der sechs Streifen komplett anders als der spätere 4-streifige.

Da zudem die Kommentare noch äußerst lesenswert sind, launig geschrieben und inhaltsreich, lohnt sich die Ausgabe erst recht. Der Liliput-Trick ist im Werk Franquins schon etwas Besonders, ist hier doch die Partnerschaft mit Roba in ihrem letzten Werk am ausgereiftesten. Auch inhaltlich hat sich der Page unter seiner Ägide nie weiter vom Magazin-Ideal entfernt. Die Deluxe-Variante im Hardcover ist zwar nicht billig, sie ist den Preis aber wert.

Dazu passen The Busters mit „Ruder Than Rude“ und ein La Trappe Blonde.

© der Abbildungen Dupuis 2021, by Franquin & Roba|2024 Carlsen Verlag GmbH, Hamburg

Garcia, Rouge/Rouge – Rio 2

Die Augen der Favela

Story: Louise Garcia & Corentin Rouge
Zeichnungen: 
Corentin Rouge
Originaltitel: 
Rio: Les yeux de la favela

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Hardcover | 64 Seiten | Farbe | 20,00 €

ISBN: 978-3-949987-22-9

Cover Rio 2

Manchmal ist es wichtig, daran erinnert zu werden, wie gut es uns hier in Westeuropa geht. Ja, natürlich gibt es Probleme und die Inflation isst manche der Zugewinne der letzten Jahre auf. Verglichen aber mit dem Leben in einer Favela in Rio ist das alles der reinste Luxus, für jede*n hier Lebenden! Einen kleinen Einblick in das Leben dort (das im Übrigen gar nicht so anders ist als in jedem anderen Slum auf dieser Welt) gibt der Dreiteiler Rio.

Glück gehabt?

Band 1 schilderte uns das Schicksal von einigen Straßenkindern in Rio. Teil davon war die Geschichte wie schnell es gehen kann, dass aus einer zumindest halbwegs intakten Familie etwas ganz anderes werden kann. Band zwei spielt 10 Jahre später. Die beiden Geschwister, die ihre Mutter verloren hatten, sind von dem Ehepaar White adoptiert worden und leben in dem „reichen“ Teil der Stadt, sind zur Schule gegangen und haben ein erfülltes Leben vor sich. Rubeus ist allerdings so voller Wut, dass er sich nirgendwo einfügen kann und immer wieder durch sein trotziges Verhalten Türen zufallen lässt.

Dann jedoch wird seine Schwester Nina entführt und die Spuren führen in eine der Favelas. Alle Favelas „gehören“ einer bestimmten Gang bzw. ihrem (jeweiligen) Anführer. Da die Whites ein sehr hohes Ansehen haben, wird die Sache schnell politisch und die schwer bewaffnete staatliche Polizei soll eingreifen. Wie immer in solchen Fällen sind jedoch nicht alle Spuren echt. Kann Rubeus sich endlich mal beweisen und seine Schwester retten? Auf jeden Fall trifft er bei seiner Suche auf alte Bekannte.

Rio 2 page 3

Die Polizei ist im Übrigen nicht mit unseren Organisationen vergleichbar. Weder ist es eine einheitliche Masse, noch sind die Unterschiede zu den verschiedenen Clans immer deutlich zu erkennen. Brutalität und Korruption bestimmen ihr Leben und ein Menschenleben, zumal das eines Slumbewohners, zählt weniger als nichts.

Realismus pur

Corentin Rouge zeichnet sehr realistisch. Dementsprechend drücken die Gesichter der handelnden Personen Emotionen wie Überraschung, vor allem aber Wut und Schmerzen sehr deutlich aus. Zwar wird die Geschichte aus dem Blickwinkel eines Beobachters erzählt, die Zeichnungen aber ziehen Leser*innen mitten rein.

Es sind die vielen, kleinen Details, die die Geschichte glaubhaft machen. Es geht hier nicht um eine geglättete Version (obwohl sie das in Teilen natürlich ist), sondern darum die Realität bestmöglich für den europäischen Markt präsentieren zu können. Das gelingt!

Rio 2 page 4

Mehr davon!

Es gibt so viele Comics (und Bücher, Filme, Serien), die sich perfekt für die kleine Flucht eignen. Das ist auch absolut legitim und teilweise sogar notwendig. Wir brauchen aber auch diejenigen, die sich trauen, die Realität zu zeigen. Wenn es dann auch noch – wie hier bei Rio – ohne den erhobenen Zeigefinger passiert, ist das super! Jede*r kann danach entscheiden, sich Dokus anzuschauen, sich zu engagieren oder aber eben nicht. Niemand aber kann mehr sagen, er/sie hätte nichts gewusst.

Natürlich gibt es auch von den Augen der Favela direkt beim Verlag eine Vorzugsausgabe mit Variantcover und limitiertem Druck. Man muss sich entscheiden, welche Serien man in dieser Art sammeln möchte. Hier wäre zumindest ein inhaltlicher Grund gegeben und die Zeichnungen sind ebenfalls deutlich über dem Schnitt!

Cover Rio 2 VZA

Dazu passen The Interrupters mit „Love never dies“ und ein sauberes, trinkbares Wasser.

© der Abbildungen Èditions Glenat 2016 by Louise Garcia & Corentin Rouge / 2024 Blattgold GmbH, Bad Dürkheim

ZACK-Sonderheft 1 (01/ 2024)

100 Seiten Spaß, Spannung und Abenteuer

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 100 Seiten | Farbe | 9,70 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK Sonderheft 1

Aus dem ZACK-Versuchslabor kommt ein neues Exemplar: das ZACK-Sonderheft. Sollte auch dieser Versuch erfolgreich enden, wird es wohl zwei Sonderhefte im Jahr geben. Für die Purist*innen unter den Sammler*innen ist das fast schon eine echte Herausforderung, gab es doch vor etlichen Jahren (2000 bis 2004) schon einmal ZACK-Sonderhefte. Die neue Reihe hat damit (außer dem Namen) nichts gemein und ist daher ein echter Neustart.

Der 77. Geburtstag, Teil 2

Das Tintin-Magazin hatte zum 77. Geburtstag eine Hommage „geschenkt bekommen“ in der die heutige Generation von Comic-Künstler*innen ihre Version der klassischen Serien aus dem Magazin abliefert. In ZACK 300 waren daraus bereits ein paar Kurzgeschichten erschienen, nun folgt eine weitere Ladung.

Wieder sind einige „alte ZACK-Serien“ dabei, etwa Rick Master, Andy Morgan, Jugurtha oder Häuptling Feuerauge. Letzterer wird übrigens in Kürze einen eigenen Band, wahrscheinlich als ZACK-Lachbox bekommen! Aber auch andere klassische Serien des Tintin-Magazins wie Lester Cockney, Blake & Mortimer oder Mausi & Paul werden aufgegriffen.

Ein Schwerpunkt des Heftes liegt auf den Interpretationen von Francois Boucq. Dieser vielseitige Zeichner (und Autor) ist bei uns in Deutschland einer breiten Masse durch seinen Western Bouncer und durch die haarsträubenden Abenteuer seines irren Vertreters Nachbar Katzmeier bekannt. In diesem Sonderheft kann er beweisen, wie vielseitig er ist. Zwar bringt er immer seine eigene Handschrift ein, er schafft es aber auch, die Erkennungsmerkmale des Originals hervorzuheben.

ZACK Sonderheft 1 page 7

Eine bunte Mischung

Natürlich bilden die Kurzgeschichten einen breiten Überblick über aktuelle Strömungen. Teilweise wechseln sie sogar innerhalb einer Geschichte. So versucht Guerilla für einen Helden ausgehend vom klassischen Hermann-Stil für Andy Morgan das Schicksal eines Tintin-Lesers nachzuerzählen, der den Cliffhanger nicht verkraften kann. Viele seiner Lieblingshelden dürfen ihren Rettungsversuch in ihrem Stil unternehmen und sind durch eine moderne Geschichte verbunden. Definitiv eines der Highlights!

Mein persönlicher Liebling ist aber die sehr melancholische Mausi & Paul-Story von Alix Garin. Sie spielt damit, dass auch gezeichnete Figuren ein Leben haben und den Verlust ihrer Beliebtheit verkraften müssen. Die Story ist gleichzeitig eine Hommage an den großen André Franquin, der diese Serie parallel zu seinen Arbeiten für Spirou gezeichnet hat.

ZACK Sonderheft 1 page 88

Eine sinnvolle Ergänzung der Sammlung

Für mich ist das ZACK-Sonderheft eine sinnvolle Ergänzung der ZACK-Sammlung. Sie bietet Raum für Geschichten, die den normalen Heftrahmen sprengen würden, als Album oder in der ZACK-Spezial-Reihe aber auch nicht wirklich passen würden. Eine Verdoppelung der Magazin-Frequenz würde für eine zu kurze Präsenz im Zeitschriftenhandel sorgen, ein zusätzliches Sonderheft beschränkt aber den regulären Verkauf nicht. Das ist im Übrigen auch der Grund dafür, dass es nicht im Rahmen des Abos ausgeliefert werden darf und separat bestellt werden muss.

Aufmachung, Qualität, Umfang und auch der Preis sind aber im gewohnten Rahmen. Gut in das Konzept passt der Artikel von Volker Hamann über Francois Boucq, die Rezensionen sind dagegen ein kleiner Fremdkörper. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, wären es bibliographische Angaben zur Originalveröffentlichung. Aber das wäre nur die Sahnehaube …

Dazu passen die krachigen The Dead Krazukies und ein Kakao mit oder ohne Amaretto.

© der Abbildungen bei den jeweiligen Künstlern und Verlagen / Blattgold GmbH, Bad Dürkheim 2024

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