Buendia, Zumbiehl/Jolivet – Die Flügel der Zeit 1

Die Ära der Pioniere

Story: Patrice Buendia, Frédéric Zumbiehl
Zeichnungen: 
Olivier Jolivet
Originaltitel: 
Les ailes du temps 1 – Le temps des pionniers

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Hardcover | 48 Seiten | Farbe | 16,00 € | ISBN: 978-3-949987-75-5

Cover Die Flügel der Zeit 1

„Fliegercomics“ sind schon immer ein wesentlicher Bestandteil der europäischen, speziell frankobelgischen Comic-Landschaft gewesen. Seien es Dan Cooper, Rex/Buck Danny oder die auch im aktuellen ZACK laufenden Tanguy & Laverdure, die im Übrigen von den gleichen Autoren stammen. Sie alle verbinden die Faszination für Technik, die Anerkennung der Leistung, ein solches Ungetüm beherrschen zu können und die Freude an einer spannend erzählten Geschichte. Die Hauptzielgruppe sind somit sicherlich Jungs (jedweden Alters zwischen 8 und 88), sie ist aber schon seit langem nicht mehr darauf reduziert.

Ein innovatives Zeitreiseelement

Neben den bereits erwähnten „Klassikern“ gibt es noch viele weitere Serien, die sich in diesem Segment tummeln. Die meisten von ihnen haben sich dabei mittlerweile auch storytechnisch angepasst: Es gibt Pilotinnen und weibliche Offiziere, die eine tragende Rolle in den Plots spielen und den Machos teils gehörig einheizen. Es ist daher gar nicht so einfach, etwas Neues präsentieren zu wollen. Die Flügel der Zeit packt eine ungewollte Zeitreise dazu!

Die Flügel der Zeit 1 page 5

Der Anfang ist eher traditionell und humoristisch. Eine Pilotin und ein Pilot, beide der gesellschaftlich anerkannten Kommunikation nicht immer mächtig, geraten bei einem Landemanöver aneinander. Es kommt, wie es kommen muss, beide müssen in einem 2-er Team eng zusammenarbeiten. Eine mit dem französischen Militär verbundene Firma möchte eine neue Art des Fliegens ausprobieren, die bisher unerreichte Geschwindigkeiten ermöglichen soll. Bei einem Testflug werden die beiden Held*innen aus dem Jahr 2023 in das Jahr 1917 versetzt.

Sie geraten mit ihrer hypermodernen Maschine mitten in einen Luftkampf zwischen deutschen und französischen Doppeldeckern, können allerdings noch landen und ihren Jäger in einer Scheune verstecken. Nun geht es darum, einerseits nicht aufzufallen und als Spion füsiliert zu werden, anderseits müssen die beiden zusammenarbeiten, um einen Weg zurück in das Jetzt zu finden.

Die Flügel der Zeit 1 page 6

Brillanz zu Boden und in der Luft

Der Gegensatz zwischen Moderne und der Zeit vor über 100 Jahren wird natürlich zunächst einmal durch die Flugzeuge selbst visualisiert. Ein aktueller Jagdflieger sieht im Vergleich zu einem Doppeldecker aus wie ein extrastellares UFO gegenüber einem Auto. Jeder höher entwickelten Technik wohnt ein Hauch von Magie inne und das ist hier auch nicht anders. Dazu kommen allerdings die Gegensätze in Sprache, Kleidung und Verhalten.

Auch diese visualisiert Jolivet anschaulich. Der Gesichtsausdruck des als Diener vorgestellten „Helden“, der Versuch als seit langem verstorbene Verwandte von sich selbst durchzugehen hat komische Momente, trägt aber auch zur Glaubwürdigkeit bei. Es funktioniert eben keineswegs alles unabgesprochen und ohne Fehler. Dazu kommen die Zeichnungen der „anderen Hauptdarsteller“: Sowohl die modernen als auch die historischen Maschinen sind detailgetreu, die Manöver gut umgesetzt und dynamisch.

Die Flügel der Zeit 1 page 11

Für mehr als eine Zielgruppe

Dem Gespann gelingt es, eine Geschichte zu erzählen, die sowohl Fans der Flieger-Comics als auch diejenigen einer gut erzählten interkulturellen Zeitreise anzusprechen. Die Konflikte der Adaption der Gebräuche wird gut (und witzig zugleich) dargestellt, der Kampf de Geschlechter ebenfalls. Wer allerdings aufgrund einer gewissen Highland-Prägung viel nackte Haut erwartet, wird hier nicht fündig werden.

Gute Zeichnungen zu einer spannenden, in sich stimmigen Geschichte in einem wertigen Hardcover auf gutem, griffigem Papier und satten Farben – Was will man mehr?

Dazu passen (vielleicht) Joe Jackson mit „Hope & Fury“ und ein kruidiger Winterbock.

© der Abbildungen 2024 Dupuis, by Buendia, Zumbiehl, Jolivet | 2025 Blattgold GmbH, Bad Dürkheim

ZACK Sonderheft 3 (2025)

Gay/Boiscommun – Die Lehrlinge

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 100 Seiten | Farbe | 9,70 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK Sonderheft 3

Nach zwei Heften mit Kurzgeschichten ist das dritte mit einer einzigen, abgeschlossenen Geschichte gefüllt. Sicher ist das einen Versuch wert. Die Frühjahrsausgabe 2026 kommt dann aber wieder mit mehreren Beiträgen, und zwar mit Comics aus den Michel Vaillant Dossiers. Dreizehn deutsche Erstveröffentlichungen warten darauf gelesen zu werden. Nun aber in eine mittelalterliche Fantasy-Welt …

Jung, mutig und unerfahren

Wer kennt sie nicht, die tollen Sprüche: Lehrjahre sind keine Herrenjahre, Früh übt sich, … Sie alle deuten darauf hin, dass die Lehrzeit von zwei Tatsachen geprägt ist: Die Lehrlinge dürfen nur selten selbst entscheiden, was sie zu tun gedenken ist die eine, die fehlenden Fähigkeiten die andere. Die Lehrlinge handelt von drei Jugendlichen, die eine Ausbildung begonnen haben: ein Krieger, eine Magierin, ein Heiler. Dazu kommt die abgewiesene Iris, die einen Ausweg aus jeder Situation weiß.

Ihre Meister*innen haben sie in einem kleinen Dorf, fast schon im Nirgendwo, zurückgelassen und nun machen sie sich Sorgen, ob ihnen etwas passiert sein könnte. Kaum haben sie sich auf ihre Reise begeben, werden sie auch schon von den Halbstarken des Dorfes attackiert. Aber erst als wenig später ein Ritter im Dorf nach ihnen fragt und Fahndungsplakate mit den Gesichtern ihrer Held*innen auftauchen, wird klar, wie vertrackt die Situation zu sein scheint.

ZACK Sonderheft 3 page 7

Olivier Gay, von dem unter anderem auch das Szenario zu Asterix im Reich der Mitte stammt, hat eine sehr angenehm zu lesende Coming-of-Age-Geschichte geschrieben. Die Vier müssen über sich selbst hinauswachsen, ihre Vorurteile überwinden und nicht zuletzt lernen, dass es böse, machtgierige Menschen gibt. Besonders im Fokus stehen dabei die – oft humorigen – Auseinandersetzungen innerhalb der Gruppe, denn verschiedene Professionen verlangen oft auch nach unterschiedlichen Voraussetzungen.

Computergenerierte Hintergründe und eine neo-klare-Linie

Olivier Boiscommun hat schon viele unterschiedliche Genres bedient. Einen kleinen Überblick darüber gibt der einleitende Artikel des Sonderheftes vom Verfasser dieser Zeilen. Für sein neuestes Werk setzt er stark auf computergenerierte und -kolorierte Hintergründe. Diese geben ein sehr einheitliches Setting für zusammengehörende Gruppen von Panels. Dadurch wird eine Art von filmischen Sequenzen geschaffen die z.B. Dialogen einen übergreifenden Rahmen bieten. Auch bei den Figuren verzichtet Boiscommun auf nicht notwendige Details und konturiert eher durch den (digitalen) Farbauftrag.

ZACK Sonderheft 3 page 8

Beides zusammen führt dazu, dass die Bilder, die für sich betrachtet sehr statisch wirken, zusammen eine hohe Dynamik entwickeln können, auch ohne die intensive Verwendung von Speedlines. Soundwords kommen dagegen relativ häufig vor. Obwohl Gewalt Bestandteil der Geschichte ist (es wird gekämpft, gehängt, gestochen, verbrannt, …), sind die Darstellungen doch sehr zurückhaltend. Man kann das Heft also tatsächlich auch denjenigen geben, die sich auf ihre Zukunft als Lehrlinge vorbereiten.

Eine überlange Geschichte zum Magazinpreis

Das ZACK Sonderheft hat sich zunächst einmal als alle 6 Monate erscheinende Ergänzung zum ZACK-Magazin etabliert. Da es auch im Pressehandel erhältlich ist, erreicht es ein ganz anderes Publikum als das klassische Alben-Geschäft. Es macht daher durchaus Sinn, dieses Format auch mal mit einer durchgehenden Geschichte anzutesten. Der Preis von knapp 10 € hat sich für diese Art mittlerweile durchgesetzt und könnte als Einstieg funktionieren.

ZACK Sonderheft 3 page 9

Die Aufmachung mit einem einleitenden Artikel über beteiligte Künstler oder Medien erlaubt auch denjenigen, die etwas tiefer einsteigen wollen, einen guten Start, Papier- und Druckqualität sind allemal gut genug.

Dazu passen „Young, gifted, and black“ in der Fassung von Aretha Franklin und kraftspendender Ingwerdrink.

© der Abbildungen Drakoo – Gay & Boiscommun / Blattgold GmbH, Bad Dürkheim 2025

Renard – Wiedersehen mit Comanche

Oder: Der Fluch der bösen Tat

Story: Romain Renard (nach dem Werk von Greg & Hermann)

Zeichnungen: Romain Renard

Originaltitel: Revoir Comanche

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |152 Seiten | s/w | 35,00 € | 
ISBN: 978-3-68950-134-1

Cover Wiedersehen mit Comanche

Im Koralle-Zack waren soweit möglich in jedem Heft verschiedene Themenfelder besetzt, um ein möglichst großes Spektrum verbindlich bedienen zu können. Dazu zählte natürlich auch der Western-Comic. Es gab dabei sowohl humorige Serien wie etwa Lucky Luke oder Umpah-Pah als auch die eher realistische Sorte, etwa mit Caine oder Hondo/Ringo. Wirklich im Gedächtnis geblieben sind aus diesem Segment sowohl die Geschichten mit Blueberry als auch diejenigen mit Red Dust, die unter dem Titel Comanche erschienen sind. Beide waren auf ihrem Gebiet stilprägend für das Genre.

Die Rückkehr

Red Dust begann in der von Greg und Hermann produzierten Serie als Killer mit einem Auftrag. Er entschloss sich jedoch, die Seiten zu wechseln und auf der 666-Ranch von Comanche neu anzufangen. Das Personal war sehr divers: angeführt von einer Frau arbeiteten auf der Ranch ein alter Mann, ein Farbiger, ein Mitglied der First Nations, ein Greenhorn und eben der ehemalige Killer um die kleine Farm gegen alle Widerstände, insbesondere von den großen Farmern, über die Runden zu bringen. Es gab eine Szene, die zuvor noch nie in einem Jugendmagazin gezeigt worden war: Dust erschießt einen brutalen Mörder, obwohl dieser bereits wehrlos ist. Das beendet zwar die Gefahr für die ganze Gegend, macht den Schützen aber zu einem ebenfalls gesuchten Kriminellen.

Wiedersehen mit Comanche page 4

Das Wiedersehen mit Comanche setzt Jahrzehnte später ein. Eine junge, hochschwangere Frau taucht vor einer abgelegenen Hütte auf und behauptet, dass der ihr öffnende ältere Mann eben jener Red Dust sei. Sie möchte ihn überreden, ihr seine Geschichte zu erzählen und sie auf der Fahrt zur 666 begleiten. Tatsächlich lässt sich der Held der Vergangenheit schließlich darauf ein. Da er jedoch in einigen Staaten immer noch gesucht wird, müssen die Reisenden einige Umwege in Kauf nehmen.

Renard hat in Wiedersehen ein Geflecht aus Hinweisen auf die alte Serie, mögliche Weiterentwicklungen und die Jetztzeit der Geschichte, also den Anfang des letzten Jahrhunderts, erschaffen. Die junge Frau und der mürrische alte Cowboy nähern sich langsam aneinander an, geben aber ihre Deckung nur in sehr kleinen Häppchen auf. So entsteht eine sehr glaubwürdige Geschichte, die die Schicksale fast aller ehemaligen Mitstreiter*innen integriert. Und jede*r weiß beim Lesen, dass noch irgendetwas kommen muss. Dieser leichte Horror wird immer stärker, kommt dann aber doch überraschend! Mehr sei nicht verraten.

Wiedersehen mit Comanche page 6

Zeichnungen mit einer hohen Intensität

Wer hier knallbunte Farben erwartet, wird enttäuscht sein. Renard verwendet nur Weiß, Schwarz, und alle dazwischenliegenden Abstufungen. Dadurch gelingen intensive Seiten wie etwa die 81, die den erstmaligen Genuss eines Kinofilms zeigen. Dazu bedarf Renard keiner Worte, die Zeichnungen sind genug! Immer wieder wechselt er von der Zeichnung in einem Panel zu großflächigen, seitenfüllenden Illustrationen, oftmals um die Natur als Akteur zu zeigen.

Renard spart nicht mit Kritik an den Errungenschaften der Moderne, etwa an der übermäßigen Nutzung der Böden, die sie verwüsten lässt. Er zeigt aber in dem Gegensatz des alten Raubeins und der jungen Schwangeren auch die positiven Seiten der Entwicklung auf. Ein Thema dabei ist „Freiheit“, die auf viele unterschiedliche Arten definiert werden kann. Der Einfluss der Tragödie ist hier keinesfalls zu übersehen und auch die Romantik, die durch die Zeichnungen noch verstärkt wird, ordnet sich ihr unter.

Wiedersehen mit Comanche page 8

Eine ganz besondere Fortführung!

Viele klassische frankobelgische Serien wurden im Laufe der letzten Jahre neu gestartet oder fortgesetzt. Einige davon haben einfach ein neues Setting bekommen, die Beteiligten aber nicht wirklich altern lassen. Andere haben zwar Weiterentwicklungen angestoßen, die Zeit jedoch nur unwesentlich weitergedreht. Hier hat Renard einen radikalen Schnitt gewagt, Jahrzehnte im Leben der Figuren übersprungen und ist kurz vor dem Lebensende wieder gelandet.

Detail Wiedersehen mit Comanche page 9

Dieser Mut zahlt sich aus: die Protagonisten weisen alle ein glaubwürdiges Schicksal auf, ihre Linien haben sich teilweise getrennt, teilweise aber auch gekreuzt und vieles, was hätte gesagt werden können, ist (leider) unterblieben. Trotzdem geht es hier nicht um ein Kaffeekränzchen: Es gibt genügend Tote und nur selten erfolgen sie aufgrund von Alter oder Krankheit. Allerdings wollen die Fäuste nicht mehr wie früher. Ein Top-Tipp für alle Leser*innen der Originalserie und für Fans von Kevin Kostners Western!

Dazu passen Bob Dylan mit „A hard Rain’s a gonna fall“ (als Vertreter der mitgelieferten Playlist) und ein Whiskey!

© der Abbildungen Éditions du Lombard (Dargaud-Lombard S.A.) 2024, by Romain Renard | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2025

Bourgne/Stassi – Henri Vaillant

Ein Leben voller Herausforderungen

Story:  Marc Bourgne
Zeichnungen: 
Claudio Stassi
Originaltitel: 
Henri Vaillant, une vie de compétitions

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Hardcover |168 Seiten | s/w, Farbe | 39,00 € ISBN: 978-3-949987-78-6

Cover Henri Vaillant GA

Dupuis macht aus den Rechten an Michel Vaillant deutlich mehr, als zunächst zu befürchten war. Neben der zweiten Staffel, die recht erfolgreich läuft, wurde die Reihe mit den Rennsportlegenden aufgelegt, die anknüpfend an Geschichten von Jean Graton, Details neu oder ergänzend erzählt. Danach kam der Re-Start von Julie Wood und eine dreibändige Story über Henri Vaillant, den Gründer der Firma und Vater von Michel und Jean-Pierre. Im französischen Original zunächst als drei Fan-Boxen mit einer ganzen Reihe an Zugaben erschienen, präsentiert die ZACK-Edition bei uns eine einbändige Gesamtausgabe. Auch hier ist allerdings für Fans gesorgt, denn die Vorzugsausgabe kommt mit signiertem Druck und limitiertem Extraheft.

Ein märchenhafter, aber nicht gerader Aufstieg

Natürlich ist die Geschichte des Gründers nach 70 Alben und einer Vielzahl von Kurzgeschichten nicht mehr völlig unbekannt. Es gibt Hinweise auf Jugend, Lehr- und Gründerjahre und auch die nicht immer einfache Ehe wurde schon mal angesprochen. Was aber fehlte, war eine durchgehende Story, die von den Anfängen als Zeichner über die mehrfach unglücklich verlaufenden Ausflüge als Rennfahrer hin zum Konstrukteur führte.

Henri Vaillant GA page 3

Dabei dürfen weder die Ereignisse während der deutschen Besatzung Frankreichs und die Tätigkeiten in der Resistance verschwiegen werden noch die enge Freundschaft mit Joseph und vor allem mit dem Bruder und Speditionsbesitzer Benjamin Vaillant. Wenn nicht alle diese Puzzleteile so gut ineinandergegriffen hätten, wäre es nie zur Gründung der Firma gekommen. Und wenn man sich nicht so an den eigenen Traum glaubend gegen Widerstände gewehrt hätte, hätte es die Firma nicht lange gegeben.

Natürlich bekommt auch die Jugend von Jean-Pierre und Michel ihren Platz. Während der eine schon immer konzentriert auf ein Ergebnis hinarbeitete, brauchte der andere relativ lange, bis er seine Berufung als Rennfahrer gefunden hatte. Der Weg dorthin war dementsprechend alles andere als gradlinig. Und auch die Eheprobleme finden Erwähnung. Es gelingt gut, die Schwierigkeiten zu beschreiben, die daraus erwachsen, immer erst an zweiter Stelle zu stehen.

Henri Vaillant GA page 4

Vom Rückblick in die Jetztzeit

Marc Bourgne hat mittlerweile schon viel Routine mit dieser französischen Sippschaft und ihren Problemen, Claudio Stassi ist noch nicht so lange dabei. Er fügt sich aber gut ein und trifft alle markanten Punkte in der Darstellung der Figuren. Dabei wurde ein sehr geschickter Schachzug gewählt, denn die beiden ersten Teile sind komplett in schwarz-weiß. Das unterstreicht ihren Charakter als Rückblick, bzw. Biographische Erzählung und erlaubt einen teilweise augenzwinkernden verklärten Blick auf die Dinge. Probleme werden nach ihrer Lösung deutlich kleiner als sie es waren, bevor sie bekannt war.

Fans des Motorsports kommen auch hier auf ihre Kosten, sind doch einige Rennszenen enthalten (und eine brillante Verfolgungsjagd während der Besetzungszeit). Viele dieser Ausflüge enden allerdings im Graben bzw. mit technischer Aufgabe. Der Erfolg sollte sich erst mit der nächsten Generation einstellen. Der dritte Teil nimmt die Art der Zeichnungen auf, ist aber koloriert und stellt den Übergang zu den Legenden her, die grafisch näher am Original als an der zweiten Staffel liegen.

Detail Henri Vaillant GA page 8

Ein sehr gelungenes Spinn-Off

Bei Spin-Offs besteht immer die Gefahr der Verwässerung des Kerns des Originals. Oftmals werden zu viele Kompromisse nötig, um eine zweite spannende Geschichte zu erzählen. Bei Henri Vaillant passiert das nicht! Die Story ist fest verankert im originalen Kosmos von Jean Graton, wird aber durch passende Hinzufügungen ausgeschmückt und eigenständig erzählt! Eine der sehr sympathischen Figuren bekommt mehr Raum, das Trauma von Jean-Pierre, das schließlich in der zweiten Staffel zur Tragödie wurde, nimmt seinen Anfang, und die Begeisterung für Motoren bestimmt den Alltag vieler Beteiligter.

Für Fans ein Muss! In den französischen Fanboxen gab es noch mehr „Tünkrams“, etwa die Kinderzeichnung von Michel als limitierten Druck. Die Auswahl der deutschen Vorzugsausgabe mit Variantcover, Druck und Booklet ist aber ebenfalls reizvoll. Wie immer war sie nur beim Verlag erhältlich. Bei Interesse sollte man also regelmäßig die Webseite besuchen.

Cover Henri Vaillant GA VZA

Dazu passen Deep Purple, etwa mit „Blind“, und ein Dom Pérignon.

© der Abbildungen Dupuis 2025, by Stassi, Bourgne / 2025 Blattgold GmbH, Bad Dürkheim

Fabcaro/Conrad – Asterix 41

Asterix in Lusitanien

Story: Fabcaro
Zeichnungen: 
Didier Conrad

Originaltitel: Astérix en Lusitanie

Egmont Comic Collection

Softcover/Hardcover | 48 Seiten | Farbe | 7,99 € / 13,50 € |

ISBN: n/a / 978-3-7704-2441-2

Cover Asterix 41
ASTERIX® OBELIX® IDEFIX® / © 2025 HACHETTE LIVRE / GOSCINNY – UDERZO

Alle zwei Jahre ist es wieder so weit, ein neuer Asterix kommt auf den Markt und bricht alle Rekorde. Die deutsche Startauflage beträgt dieses Mal 1,8 Millionen Exemplare und bisherige Jahresverkaufscharts werden durchgerüttelt. Dazu gehört aber auch die immer wiederkehrende Frage, ob „der Neue“ es denn mit denen von Rene Goscinny aufnehmen könne. Die Antwort sei sofort gegeben: Wir befinden uns nicht mehr in den 60-er Jahren, die Welt hat sich verändert und dementsprechend auch Erwartungen an einen neuen Band. Dieser hier hat Witz (auch dank der guten Übersetzung), enthält Neuerungen (endlich wurde die rassistische Konnotation von Babas Sprache entfernt), ist spannend und doch typisch. Also: Ja, das Lesen hat viel Spaß gemacht, der Kauf lohnt sich auf alle Fälle.

Getrockneter Kabeljau und traditioneller Schwermut

Jedes zweite Mal verschlägt es die Gallier auf eine lange Reise. Wie der Titel bereits erwähnt, müssen sich Asterix, Obelix und Idefix nach Lusitanien, dem heutigen Portugal begeben. Als Epidemais, der phönizische Händler vor dem gallischen Dorf vor Anker geht, hat er einen Passagier: Schnurres. Der bärtige Herr bittet um Hilfe für seinen Freund Schaoprozess. Diesem wird fälschlicherweise zur Last gelegt, Cäsar mit seinem Garum vergiften zu wollen.

Panel aus Asterix 41
ASTERIX® OBELIX® IDEFIX® / © 2025 HACHETTE LIVRE / GOSCINNY – UDERZO

Die Reise verläuft bis auf eine Begegnung mit den Piraten (und jener schon erwähnten bahnbrechenden Neuerung) ereignislos. In Lusitanien angekommen, müssen die beiden Freunde feststellen, dass nicht nur die Essgewohnheiten der dortigen Bewohner*innen anders sind. Sie mögen getrockneten Fisch, vergorene Fischsauce (eben jenes Garum) und sind von einer besonderen Schwermut. Grandios, wie Obelix versucht, seine spanischen Erfahrungen einzubringen.

Natürlich geht es aber auch um Politik! Der gallische Statthalter (Fetterbonus!) ist ein Ekel, der raffgierige lokale Großindustrielle ist nach einem italienischen Vorbild gestaltet und der lokale Überläufer kennt kein Pardon. Dazu kommen deutsche Touristen mit einem Wohnkarren, Liebesgefühle, Anspielungen auf Marketingverirrungen und Internetsecurity und weitere „Kleinigkeiten“. Alles davon aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen, aber ich habe schon lange nicht mehr so viel gelacht! Die Entscheidung, zum zweiten Mal zu Geschichten von Fabcaro zu wechseln, war auf jeden Fall jede Sesterze wert!

Zum mehrfachen Genuss empfohlen!

Die Story des Bandes verträgt es, mehrfach gelesen zu werden. Das trifft aber auch auf die Zeichnungen zu. Wer einmal Originale von Uderzo gesehen hat, weiß wie sorgfältig sie gezeichnet waren und dass sie keine Korrekturen enthalten. Didier Conrad musste also in sehr große Fußstapfen treten als er die Serie übernommen hatte. Sein Strich ist vergleichbar, seine Figuren sind aber jenseits einer reinen Kopie. Sein Cäsar wirkt noch besser als sein Ahn und Obelix mit schwarzen Haaren und ohne Zöpfe zeigt, wie gut er die Figuren mittlerweile verinnerlicht hat!

Panel aus Asterix 41
ASTERIX® OBELIX® IDEFIX® / © 2025 HACHETTE LIVRE / GOSCINNY – UDERZO

Die Zeichnungen enthalten genügend Details um sie (auch mehrfach direkt hintereinander) öfter als einmal zu genießen. Die Figuren tragen ihre Stimmungen nach außen, die sprichwörtliche Regenwolke über einigen Figuren, die in Trickfilmen häufiger zu sehen ist, ist hier nicht notwendig.

Ein Must-Have zum Kaufen, Verschenken und Sammeln

Auch dieser Band wird sich wieder wie geschnitten Brot verkaufen. Er verdient es aber auch! Asterix in Lusitanien ist ein traditionsbewusster, und doch moderner Teil der Reihe, der Lichtjahre von den Tiefpunkten entfernt ist und es meiner Meinung nach mit den Besten aufnehmen kann, denn er vereint politische Anspielungen, eine humorvolle, respektierende Karikatur von lokalen und nationalen Eigenheiten, Wortwitz und eine gehörige Portion Humor mit grandiosen Zeichnungen!

Wie immer sind den Sammelbedürfnissen keine Grenzen gesetzt: Zwischen der Kioskausgabe für 7,99 € und der Luxusausgabe mit signierten Drucken für 500,00 € liegen Welten (und mehrere Zwischenschritte).

Dazu passen ein Glenmorangie 14 mit Portwein Finish und „Which side are you on“ von Blechreiz.

© der Abbildungen ASTERIX® OBELIX® IDEFIX® / © 2025 HACHETTE LIVRE / GOSCINNY – UDERZO / Story House Egmont

Desberg/Corboz – Die Flüsse der Vergangenheit 2

Lamia

Story: Stephen Desberg
Zeichnungen: 
Yannick Corboz
Originaltitel: 
Les Rivières du passé – Tome 2 – Lamia

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Hardcover | 72 Seiten | Farbe | 24,00 € ISBN: 978-3-949987-39-7

Cover Flüsse der Vergangenheit 2

Schon im ZACK beschäftigte sich eine von Stephen Desberg getextete Serie mit dem alten Ägypten, bzw. seinen Göttern. Auch die Flüsse der Vergangenheit enthalten wieder eine Portion davon. Gleichzeitig ist es aber auch eine dystopische Parallelwelterzählung über den Herrn der Angst. Beide Themen könnten aktueller nicht sein.

Sünde, Gewalt und Religion

Im letzten Band wurde das Szenario bereitet: verschiedene mächtige Männer sind auf der Suche nach einem historischen Artefakt. Die Heldin Lamia, eine Meisterdiebin, gerät über ein Portal in eine Parallelwelt und findet sich in einem Venedig wieder, das von grausamen Wesen, den Shayks, angegriffen wird. Sie wurde von einem sich selbst als Herrn der Angst bezeichnenden maskierten Mann dorthin gebracht.

Er ist auf der Suche nach dem Grab des Eje, einem Pharao, der als erster eine monotheistische Religion im alten Ägypten hatte durchsetzen wollen. Und natürlich möchte der Herr der Angst von den Hinterlassenschaften dieses Mannes profitieren, ist doch der Kampf um den einzigen wahren Gott ein steter Quell von Angst, Gewalt und Hass.

Flüsse der Vergangenheit 2 page 2

Zwar gelingt ihr die Flucht sowohl vor ihrem Begleiter als auch vor den schrecklichen Monstern. Sie bleibt aber in der Welt gefangen und gibt sich der Lust hin. Doch schließlich muss sie feststellen, dass sie sich nicht vollkommen verweigern kann und begibt sich im dortigen Ägypten auf die Suche.

Mischung aus Mystery und History

Yannick Corboz zeichnet die Heldin als eine Art weiblichen Zorro, verleiht dem Kostüm allerdings ein paar Änderungen. Man(n) kann sich nicht vorstellen, dass die Gewandung auch nur eine Sekunde halten würde, im Comic funktioniert das allerdings. Das Venedig der Parallelwelt ist eine Mischung aus einer Kulisse für ein History-Drama und dem Schlachtfeld einer Alien-Invasion. Corboz gelingt es gut, das Heruntergekommene als Element zu nutzen, um ein Klima der Angst zu visualisieren.

Flüsse der Vergangenheit 2 page 3

Seine Bilder sind oftmals extreme Nahaufnahmen, die nur noch einen Teil des Gesichtes oder einer Umgebung zeigen. Dadurch werden die Leser*innen in die Geschichte hineingezogen, nehmen oftmals den Part der anderen Handelnden ein, und werden Teil des Dramas. Die lustvollen Szenen werden dagegen eher aus der Ferne gezeigt. Sie dienen eher der Illustration und dazu, die Story voranzutreiben, haben aber keine voyeuristischen Elemente.

Hätte auch in das Magazin gepasst

Wer sich fragt, ob er oder sie sich den Band zulegen sollte, kann sich relativ einfach die Antwort selber geben: Wer das ZACK-Magazin mag, wird sich hier ebenfalls wohl fühlen: moderner frankobelgischer Stil, spannendes Layout mit angenehmem Tempo. Die Geschichte ist weder hyperschnell noch langatmig, das Setting übernimmt genügend Elemente der realen Welt, um eine Vertrautheit zu schaffen, stellt sie aber durch die Shayks genügend in Frage, um spannend anders zu sein.

Ex Libris Flüsse der Vergangenheit 2 VZA

Wie immer gibt es auch eine limitierte Vorzugsausgabe, die über den Verlag direkt zu beziehen ist. Diese hat nicht nur ein Variantcover, sondern auch einen ebenfalls limitierten Druck mit der Heldin. Beide Ausgaben enthalten einen Teil mit Skizzen.

Dazu passen Kiss etwa mit „I was made for loving you“ (R.I.P. Ace) und ein Herbstbock.

© der Abbildungen 2022 Daniel Maghen – by S. Desberg & Y. Corboz / 2025 Blattgold GmbH, Bad Dürkheim

Reding – ZACK Spezial 16: Jari 3

Jimmy Torrents Geheimnis

Story und Zeichnungen: Raymond Reding

Originaltitel: Le secret de Jimmy Torrent

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Softcover | 64 Seiten | Farbe | 18,00 € |

Limitiert auf 555 + 55 Exemplare

ISBN: n/a

Cover ZACK-Spezial 16 - Jari 3

Raymond Reding ist den ZACK-Leser*innen der ersten Stunde natürlich ein Begriff mit Comics aus der Welt des Sports: Section R und Kai Falke waren beliebte Serien und haben auch den Weg in aktuelle Albenausgaben gefunden. Jari ist ein wenig älter und erscheint nun komplett in der ZACK-Spezial-Reihe.

Ist Torrent ein Verräter an seinem Land?

Während heutzutage individuelle Erfolge den größten Wert haben (Grand Slam, Weltrangliste) und selbst olympische Erfolge in Sportarten wie Tennis eher persönlich erinnert werden als national, war die Lage früher anders. Die größte Auszeichnung war es, sein Land im Davis Cup vertreten zu dürfen. Diese Möglichkeit gab es allerdings nur für Amateure, ein Profivertrag war damit nicht vereinbar.

Die Spannung in Jimmy Torrents Geheimnis wird zunächst dadurch geschaffen, dass die Nominierung für dieses Ereignis bevorsteht. Zwar wird das Tennis-Ass auch tatsächlich ausgewählt, sagt auch zu, tritt allerdings kurze Zeit darauf wieder zurück und unterschreibt einen Vertrag als Jugendtrainer für den französischen Verband. Niemand kennt die Gründe für diesen Schritt und selbst Jari, der jugendliche Freund, kann sich keinen Reim auf die Geschehnisse machen.

Währenddessen verstarben Frau und Tochter des Arztes und Wissenschaftlers, der Jaris Auge operiert und ihm damit die Sehfähigkeit erhalten hatte.  Kann der Mann, der kurz vor einem bahnbrechenden Forschungserfolg zur Bekämpfung der Leukämie stand, mit dem Schicksalsschlag fertig werden? So viel sei verraten: die beiden Begebenheiten hängen zusammen!

Druck ZACK-Spezial 16 - Jari 3
Limitierter Druck zu Jari 3

Routinierter Realismus

Reding ist nicht nur ein ausgezeichneter Geschichtenerzähler, der es immer wieder aufs Neue schafft, seine sportgetriebenen Erzählungen mit krimiartigen Elementen anzureichern, er kann das auch geschickt umsetzen. So wird in diesem Band etwa eine Person über Seiten hinweg so gezeigt, dass zumindest das Gesicht so beschattet ist, dass es nicht erkannt werden kann. Es sind diese Kleinigkeiten, die den Unterschied zwischen Massenware und auch nach Jahrzehnten noch lesbaren Geschichten ausmachen!

Das Layout ist dabei für damalige Verhältnisse sehr flexibel. Während es ein vierstreifiges Grundmuster gibt, werden durch Zusammenfassungen und Teilungen oftmals drei oder fünf Streifen daraus. Und auch die starre Anforderung an rechte Winkel wird ein ums andere Mal aufgebrochen. Die Zeichnungen sind realistisch und beinhalten nicht nur bei den sportlichen Szenen eine hohe Dynamik.

Nostalgie mit Qualität

Manchmal hat man das Gefühl, dass Wiederholungen oder Neuauflagen einfach nur deswegen gemacht werden, weil man nichts Besseres gefunden hat und irgendjemand schon wegen des „Früher war alles besser“-Faktors zuschlagen wird. Jari (und auch die anderen Bände in der ZACK-Spezial-Reihe) haben dagegen eine echte Qualität (in Text und Bild!) und sind deswegen auch heute noch gut lesbar. Sie werden nicht veröffentlicht, WEIL sie alt sind, sondern OBWOHL.

In diesem Sinne ist die Sammlung von Einzelbänden und Reihen als solche sicherlich immer einen Blick wert. Jari verdient aber schon eine besondere Empfehlung, liegt doch ein Jahrzehnte alter Comic über einen Tennis-spielenden Jungen nicht unbedingt im Beuteschema der Meisten! Alle Titel der Reihe sind limitiert, in diesem Fall auf 555 plus 55 Exemplare.

Dazu passen Brògeal mit „Tuesday Paper Club“ und ein französischer Weißburgunder!

© der Abbildungen Le Fureteur SPRL & Raymond Reding – info@bdmust.be | 2025 Blattgold GmbH

Vernes/Forton – Bob Morane Classic 7

Das Geheimnis der Zone „Z“

Story: Henri Vernes
Zeichnungen: 
Gérald Forton
Originaltitel: 
Le mystère de la Zone « Z »

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Hardcover | 64 Seiten | Farbe | 20,00 €

ISBN: 978-3-949987-49-6

Cover Bob Morane classic 7

Fast alle Bände der Bob Morane ClassicReihe sind deutsche Erstausgaben, dieser Band ist eine Ausnahme. Als einziger von Gerald Forton gezeichneter Band erschien er 1989 im Feest-Verlag während der Ägide von … genau: Georg F. W. Tempel! Er wurde aber für diese Ausgabe neu übersetzt und layoutet.

Ein außerirdischer Besuch

Wie so oft, wird auch bei Das Geheimnis der Zone „Z“ eine Krimihandlung mit Science-Fiction Elementen vermischt. Mitte des letzten Jahrhunderts ist die Welt zwar noch nicht komplett erforscht, große, überraschende Entdeckungen wie sie Jules Verne, Henry Rider Haggard und andere noch beschreiben konnten, sind aber nicht mehr zu erwarten. Das „Neue“ und möglicherweise „Gefährliche“ muss also entweder eine wissenschaftliche Neuigkeit sein, oder aus den Tiefen des Alls kommen.

Hier verwendet Vernes eine Kombination: Eine unbekannte Legierung ist aus dem Weltall kommend aufgefunden worden. Sie wurde für die Raumfahrt benutzt und weckt nun die Aufmerksamkeit von Kriminellen und Geheimdiensten, um Profit daraus schlagen zu können. Bob Morane und Bill Ballantime wollen mal wieder einer hübschen jungen Frau beistehen und werden dadurch in diese Geschichte verwickelt.

Bob Morane classic 7 page 3

Es geht darum, den Vater der jungen Frau möglichst rechtzeitig zu warnen bevor die Bösen, ein nur durch das gemeinsame Ziel verbundener Haufen, ihn erreicht haben. Dabei ist es fast schon egal, ob der Wissenschaftler wirklich harmlos ist, oder aber im Regierungsauftrag handelt. Es ist wieder eine spannende Story, die den Helden als Retter beschreibt, die Bösen als manchmal witzige, manchmal nur doofe Menschen, und die Technik als etwas, das nur ansatzweise beherrschbar ist.

Strenges Layout, bunte Farben

Der Band verlässt sein strenges, vierstreifiges Layout kein einziges Mal, kommt also sehr klassisch daher. Obwohl das für heutige Lesegenerationen sehr ungewöhnlich ist, schadet es aber nicht, denn die Zeichnungen selbst sind sehr realistisch und dynamisch. Die Bewegung kommt aus den Panels und bedarf keiner „Unordnung“ auf der Seite. Wer einen Blick in den Anhang wirft, wird feststellen, dass Morane auch als Zeitungsstrip funktioniert hat. Genau diese Strenge bei gleichzeitiger Ausdrucksstärke ist auch in den regulären Seiten zu bemerken.

Bob Morane classic 7 page 4

Forton ist ein Meister der Linie und des Kontrastes. Die darauf aufgetragene Kolorierung überdeckt seine Meisterschaft nicht, fügt aber mit den teilweise extremen Farbgebungen eine spannende Komponente hinzu. Teilweise wechseln dabei auch die Farben der Haut und/oder Kleidung zwischen den einzelnen Panel. Für mich ist das aber eher ein nostalgischer Faktor, der dazugehört!

Ein Klassiker in angemessener Aufmachung

Bob Morane ist eine der ZACK-Serien, die dort tatsächlich gar keine großen Fußspuren hinterlassen hat. Tatsächlich gibt es sogar viel mehr Auftritte im aktuellen ZACK als in der Koralle-Zeitschrift. Die Serie hat allerdings aus sich heraus trotzdem genügend Aufmerksamkeit verdient. Ihre Anfänge mit den Zeichnungen von Dino Attanasio und Gérald Forton werden nach und nach komplett in der auf 750 Exemplare limitierten Classic-Reihe, wie gesagt meistens als deutsche Erstveröffentlichung, in der ZACK-Edition erscheinen.

Der Anhang gibt dabei weiterführende Einblicke und präsentiert „Schätze“, die ansonsten hier nirgendwo zu finden sind. Dazu gehören natürlich auch die Cover der verschiedenen französischen Originalausgaben. Vorbesteller der Reihe erhalten vom Verlag Beigaben, eine Anfrage lohnt sich daher unbedingt.

Dazu passen The Courettes etwa mit „Shake!“ und ein Old Pulteney.

© der Abbildungen Vernes – Bob Morane Inc / Forton – Ed. Hibou | 2025 Blattgold GmbH, Bad Dürkheim

Lapière/Bourgne, Benéteau – Michel Vaillant Staffel 2 Band 12

Das Ziel

Story:  Denis Lapière
Zeichnungen: 
Marc Bourgne, Benjamin Benéteau
Originaltitel: 
Michel Vaillant Saison 2 12 – La Cible

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Softcover | 56 Seiten | Farbe | 16,00 €

ISBN: 978-3-949987-34-2

Cover Michel Vaillant Staffel 2 12

Fans der aktuellen zweiten Staffel der Abenteuer rund um den Rennfahrer Michel Vaillant haben mehrere Möglichkeiten: Zunächst wäre da natürlich das französische Original, gefolgt von einer zeitnahen niederländischen Albumausgabe. Ungefähr ein Jahr später erfolgt der Vorabdruck auf Deutsch im ZACK und wiederum ein Jahr später die deutsche Albumausgabe. Wer es nicht eilig hat, komplettieren möchte oder aber einfach auf die bessere Ästhetik und die Beigaben nicht verzichten möchte, kann wiederum, allerdings deutlich später, auf das Integral zugreifen.

Die nächste Eskalationsstufe

Wow, was für eine sich steigernde Dramatik in dieser Serie! Anfangs ging es um die wirtschaftliche Seite des Rennsports als Jean-Pierre in eine ihm clever gestellte Falle tapste und die Kontrolle über Vaillante verlor. Wir alle wissen, welche tiefgreifenden Folgen dieser Fehler hatte. Nun müssen die Held*innen mit einer anderen großen Bedrohung fertigwerden. Eine rechtsradikale amerikanische Organisation, die Atomwaffen-Division, hat sowohl die unamerikanische, europäische Firma als Gegner auserkoren als auch den Senator Steve Warson. Und so ist er Das Ziel.

Michel Vaillant Staffel 2 12 page 3

In Pikes Peak waren schon die ersten Ansätze zu bemerken, hier tauchten auch die alten Bekannten um Bob Cramer wieder auf. In Cannonball wurden Michel und sein Kontrahent POG zu unfreiwilligen Teilnehmern eines geplanten Anschlags und endeten sogar im Gefängnis, nun plant die Organisation einen Anschlag mit einer Scharfschützin.

Letzteres ist nicht wirklich ein Spoiler, ziert die Gute doch sogar das extra für diesen Band gezeichnete Cover. Doch der Reihe nach: Steve muss sich entscheiden, ob er dem Wunsch seiner Partei folgt und in das Rennen um die amerikanische Präsidentschaft einsteigt. Michel und sein Team wollen die 24 Stunden von Le Mans gewinnen, müssen dabei aber nicht nur technische Schwierigkeiten überwinden, sondern auch mit der Gefahr eines Anschlags fertig werden. Und dann gibt es schließlich auch noch eine böse Krankheit, die ebenfalls zu Entscheidungen zwingt. Denis Lapière vermengt wieder Rennsportelemente, Thrillerbestandteile und die gute alte Soap-Tradition zu einer perfekten Melange!

Schnelle Autos, scharfe Waffen

Schon oft waren Bedrohungen Teil der Story und auch Schusswaffen waren durchaus im Spiel. Der Einsatz einer Profikillerin, speziell dafür angeheuert, Steve Warson während eines Rennes zu erschießen, ist aber doch etwas Neues. Diese Dramatik, einerseits die Vorbereitung des Anschlages mit dem Suchen einer perfekten Tarnung in Verbindung mit einer guten Schussposition und andererseits die Trainingsläufe sowie die ersten Wechsel in einem 24-Stunden-Rennen zu kombinieren, ist gut gelungen.

Michel Vaillant Staffel 2 12 page 4

Die Zeichnungen strahlen die Konzentration der Beteiligten, die langsam steigende Spannung und die schlussendliche Entladung aus. Wie immer gibt es leichte Abzüge in der Bewertung der Gesichter. Während die Bewegungen, die Kolorierung und das abwechslungsreiche Layout den Ansprüchen einer sehr erfolgreichen Serie genügen, fällt der Wiedererkennungswert der Kopfpartien etwas ab. Trotzdem eine sehr gelungene Darbietung von Bourgne und Benéteau, die mittlerweile eine große Routine ausstrahlen.

Eine Serie mit langen Handlungsbögen

Der Neustart der Serie hat nicht nur das Setting der Figuren modernisiert: es gibt eine Chefin, Jean-Pierre ist tot, die nächste Generation spielt eine tragende Rolle, sie hat auch eine Änderung des Konzeptes mit sich gebracht. Waren während der ersten Staffel Alben kaum miteinander verknüpft, gibt es nun lange Handlungsbögen über mehrere Alben. Dabei werden mehrere Stränge verfolgt, die das Umfeld, die technische Entwicklung, aber auch den Familienanteil zum Inhalt haben. Auch dieser Zyklus ist noch nicht zu Ende!

Michel Vaillant Staffel 2 12 page 7

Für die Fans der klassischen Serie waren die Änderungen im Zeichenstil anfangs ein großes Thema, mittlerweile ist die Kritik aber deutlich geringer geworden. Ich vermute, dass die meisten sich von der inhaltlichen Qualität haben überzeugen lassen. Michel Vaillant Staffel 2 hat es aber geschafft, auch neue Leser*innen zu begeistern und insofern würde ich mal sagen: Alles richtig gemacht!

Dazu passen Buster Shuffle, etwa mit „Take a Pill“, und ein alkoholfreier „Aperol“ Sprizz.

© der Abbildungen Dupuis 2023 / Lapière, Bourgne, Benéteau / 2025 Blattgold GmbH, Bad Dürkheim

ZACK 316 (Oktober 2025)

ZACK 316

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 100 Seiten | Farbe | 9,70 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK 316

Der goldene Herbst steht vor der Tür, aber auch schöne Herbsttage verhindern nicht, dass es abends früher dunkel wird. Sollte noch ein wenig Regen dazukommen, hat man sogar noch mehr Zeit zum Lesen. Einen guten Teil davon sollte das ZACK füllen können! Im Übrigen wird die Reihe der Heldinnen auf dem Titelbild mit Wiske und Jerusalem fortgesetzt.

Der Neustart

Die Covergirls gehören zum in diesem Heft startenden fünften Teil der Saga Amoras. Diese auf mehreren Zeitebenen spielende dystopische Science-Fiction Serie spielt mit Gegensätzen ganz unterschiedlicher Art. Menschen – wie der titelgebende Lambik – sind sehr selten nur gut oder böse, sondern (leider) oft ambivalent. Und so mag der erste Anschein der Wirklichkeit widersprechen. Es gibt aber auch echte Rivalitäten wie zwischen den Bewohnern von Amoras im Jahre 2047. Hier scheint es so, als ob die Fatties gewonnen hätten. Der Gegensatz Arm gegen Reich wird ebenfalls sehr deutlich, sind die einen doch allen Unbillen schutzlos ausgesetzt während andere sich in ihren Luxusbehausungen ein schönes Leben gönnen. Mehr dazu in den nächsten Ausgaben. Für mich, inklusive der Ableger Chroniken von Amoras und dem neuen „Helden van Amoras“, eine der besten aktuellen Serien mit Zeichnungen von Charel Cambré nach einem Szenario von Marc Legendre.

ZACK 316 page 5

Die Fortsetzungen

Julie Wood hat ihr erstes Ziel erreicht, sie darf ein Rennen bei den AFT Singles fahren. Neben den auch in dieser Folge enthaltenen eher krimiartigen Abschnitten steht in diesem Monat das Renngeschehen im Vordergrund. Claudio Stassi wechselt die Perspektiven und zeigt sowohl von vorne, aus der Vogelperspektive und mit den Augen der Fahrerin das Geschehen. Diese Seiten sind wirklich dynamisch und versöhnen zumindest mich mit den Schwierigkeiten des Zeichners mit den Gesichtern. Storytechnisch bewegt sich Philippe Pelaez in Tödliches Rodeo in sicherem Fahrwasser. Mal sehen, wie der Abschluss von Teil 1 im nächsten Heft aussehen wird.

ZACK 316 page 21

Ein wenig erinnert Alte Versprechen an die Gespräche alter Männer, dass es früher doch einfach besser war. Es gab nicht so viel Geld, dass schon Jugendlichen bündelweise hinterhergeschmissen wird, die Spieler waren ehrgeiziger, die Unterhaltung besser und der Respekt erst … Natürlich ist die Geschichte von Álvaro Velasco & Iñaki San Román nicht so einfach, sie spielt aber mit allen möglichen Referenzen und dazu gehören eben auch diese. Die Zeichnungen von Pedro Rodríguez bewegen sich im Grenzbereich von Realismus und überzeichneter Karikatur und bebildern die Story oft filmtypisch. Wer Ted Lasso mag, wird hier seine Freude haben. Wer am Fußball nur den Gewinn der eigenen Mannschaft gut findet, sollte allerdings die Finger davon lassen.

ZACK 316 page 38

Das Leben meint es nicht gut mit (der späteren) Rani. Jolanne wird von ihrem eigenen Bruder, ihrem antagonistischen Widersacher, erneut festgesetzt und in einen Kerker geworfen. Wie der Zufall es will, ist aber auch ihr alter Freund und Liebhaber Craig in der Nähe und greift ein. Auch in Verurteilt! reiht sich eine Katastrophe für die junge Frau an die nächste. Die ursprünglich als TV-Serie konzipierte Idee von Jean Van Hamme & Alcante funktioniert aber auch im Comic, vor allem, da Francis Vallès sie gekonnt und routiniert in Panels umsetzt. Sicher wieder ein Kandidat für vordere Plätze im Jahresranking.

ZACK 316 page 51

Ein heruntergekommener Anwalt soll einem zum Tode verurteilten Rebellen zur Freiheit, zumindest aber zum Überleben verhelfen. Um dieses zu erreichen hat Wynona ihn in seinem Büro aufgesucht und fährt ihn jetzt quer durch das Land zu dem Ort der erhofften Hilfe. Während der Fahrt entwickelt der fertig aussehende Mann ungeahnte Fähigkeiten und wir Leser*innen erfahren mehr über die Hintergründe. Doch dann geraten die Beiden in eine Straßensperre … Das Erwachen des Bären ist eine spannende Geschichte im Grenzbereich von Dystopie, Thriller und Anwaltsserie von VanO und macht Lust auf mehr.

ZACK 316 page 67

Der Abschied

Leider ist eine sehr spannende Geschichte mit diesem Heft abgeschlossen. Erectus – mit sieben Teilen eine ziemlich lange Story – erzählt von einer Pandemie und der Unfähigkeit der Menschheit, in Krisensituationen ihre Menschlichkeit zu bewahren. Ausgrenzung statt Hilfe, Gewalt statt Sicherheit und Manipulation anstelle von Fakten – wir kennen diese Reaktionen leider nur allzu gut. Erik Juszezak hat sich einen spannenden (etwas unrealistischen) Virus ausgedacht der Evolutionsschritte zurückdreht. Infizierte Menschen entwickeln sich zum Homo Erectus zurück. Der Umgang mit ihnen, aber auch der veränderten Flora und Fauna wird das zukünftige Leben der Menschheit beeinflussen. Besonders gut gefallen hat mir, dass diese Serie am Ende mit einigen Überraschungen aufwartet. Hoffentlich findet diese zudem gut gezeichnete Serie den verdienten Beifall.

ZACK 316 page 82

Und sonst?

Wie immer tummeln sich Parker & Badger sowie Tizombi auf diesen Seiten. Dazu kommt eine nette Seite über träumende Katzen. Der redaktionelle Teil enthält wie immer den Rückblick auf das ZACK vor 50 Jahren, ein Interview von Frank Neubauer mit Chris Noeth und einen Beitrag über die Gesamtausgabe des Mädchens von der Weltausstellung vom Verfasser dieser Zeilen. Wirklich genug also, um dunkle Herbstabende damit zu füllen!

Dazu Bad Cop Bad Cop, etwa mit „Disbelief“ und ein Old Fashioned.

© der Abbildungen bei den jeweiligen Künstlern und Verlagen / Blattgold GmbH, Bad Dürkheim 2025

error: Content is protected !!