Apikian/Rossi – Die Ballade vom Soldaten Odawaa

Der Horror im Horror des Krieges

Story: Cédric Apikian

Zeichnungen: Christian Rossi
Originaltitel: 
La ballade du soldat Odawaa

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Hardcover | 88 Seiten | Farbe | 26,00 €

ISBN: 978-3-949987-68-7

Cover Ballade vom Soldaten Odawaa

Wer hätte nicht gehofft, dass nach zwei Weltkriegen im letzten Jahrhundert die Gefahr eines neuen Weltenbrandes eher eine theoretische geworden wäre. Der Kalte Krieg und unzählige Stellvertreterkriege haben zwar bewiesen, dass die Menschheit sich weiterhin gerne in Blöcke einteilt und zwischen „denen“ und „uns“ unterscheidet. Die aktuellen Ereignisse und die immer häufiger anzutreffenden Warnungen vor einer weiteren Eskalation in wenigen Jahren lassen aber befürchten, dass das ein Trugschluss war.

Ein schmutziger Krieg

Die Geschichte spielt während des Ersten Weltkrieges in Frankreich. Bereits 1915 stehen sich die französischen Truppen, verstärkt unter anderem durch Kanadier, und die deutschen Einheiten in einem gnadenlosen Stellungskrieg gegenüber. Schützengräben, verlaust, kalt, nass und unsicher, werden verteidigt, teilweise verloren und wieder zurückgewonnen. Im Wesentlichen werden aber unzählige Menschenleben vernichtet.

Ballade vom Soldaten Odawaa page 3

Kriege werden allerdings nicht nur auf dem Felde gewonnen, es kommt auch darauf an, die emotionale Seite zu managen. Einerseits ist es wichtig, dass die Unterstützung von zu Hause erfolgt. Es sollten daher möglichst keine eigenen Grausamkeiten bekannt werden. Andererseits ist es wichtig, dass „der Feind“ Angst vor der eigenen Übermacht bekommt. Dazu sind archaische Stärkebeweise, Übertreibungen, Mythen, kurzum, alles, was Horror verbreitet, sehr willkommen.

Cédric Apikian erschafft eine sehr düstere Story, die mit diesen Elementen spielt und eine Art Super-Soldat, Odawaa, in den Mittelpunkt stellt. Dieser, durchaus auf gewissen historischen Persönlichkeiten aufbauend, ist ein Scharfschütze indianischer Herkunft, der nicht zu fassen ist. Sein Bodycount ist unfassbar hoch und scheinbar skalpiert er teilweise seine Opfer…

Ballade vom Soldaten Odawaa page 4

Der blanke Horror

Christian Rossi ist kein Unbekannter – seine Western sind zwar teilweise brutal, trotzdem aber extrem realistisch. Dabei geht er wie etwa in W.E.S.T. auch durchaus in des Phantastische. Die Ballade vom Soldaten Odawaa ist ebenfalls im Grunde ein Western, der viele der grundsätzlichen Narrative enthält. Daneben ist es aber auch ein Horror-Comic und – vor allem anderen – ein grandioses Anti-Kriegs-Epos. Neben der guten Story tragen die Bilder von Rossi dazu bei: selten habe ich in einem Band mit Überlänge so wenige Panels gesehen, die nicht komplett düster sind!

Dabei stehen das Leben im Schützengraben, die Aktion des Tötens und die feindliche Umwelt im Vordergrund. „Umwelt“ ist dabei übrigens etwas weiter definiert als üblich; ich zähle das wabernde Giftgas durchaus dazu. Und selbst das letzte Panel, dass sich auf die zweite Handlungslinie bezieht, lässt keinen Grund zur Hoffnung!

Ballade vom Soldaten Odawaa page 5

Nicht für Jede*n

Die Ballade vom Soldaten Odawaa ist starker Tobak und nichts für schwache Nerven. Der Band ist meilenweit davon entfernt, in Richtung Splatter zu gehen, aber er ist eben doch aus einer pessimistischen Haltung heraus geschrieben. Der Mensch wird es nicht lernen, seinen eigenen Egoismus unterzuordnen und in einer freien, gemeinsam definierten Welt ohne Schranken, Vorurteile und Hass leben zu wollen. Diesen Ansatz muss man nicht teilen, er liegt aber dieser Geschichte zu Grunde!

Basierend darauf sind sowohl Text als auch Zeichnungen extrem gut geraten und vermitteln genau den gewollten Eindruck. Auf Grund der grafischen Komplexität empfiehlt es sich sogar, den Band innerhalb kurzer Zeit mehrfach zu lesen. Wer möchte, kann zur Vorzugsausgabe greifen: Sie ist auf 99 Exemplare limitiert, hat ein Variantcover und kommt mit einem signierten Druck.

Cover Ballade vom Soldaten Odawaa Vorzugsausgabe

Dazu passen Stiff Little Fingers, etwa mit „Alternative Ulster“, und ein Trooper von Crew Republic.

© der Abbildungen Casterman, 2019 / 2025 Blattgold GmbH, Bad Dürkheim

ZACK 314 (August 2025)

ZACK 314

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 100 Seiten | Farbe | 9,70 €
ISSN: 1438-2792

Wegen der Sommerferien erfolgt die Besprechung des aktuellen ZACK ein wenig später als gewohnt. Das Titelbild passt in die heutige Zeit: Katastrophen überall! Kriegsparteien lassen einen glauben, dass Tucholski möglicherweise doch Recht hatte, das Klima spielt weiterhin verrückt und Fake News erscheinen vielen Leuten als Wahrheit. Auch Rani ist im Grunde nichts anderes als ein Opfer von entstellten Wahrheiten.

Der Neustart

Die eben bereits angesprochene Rani ist nicht nur das Covergirl dieser Ausgabe, es startet auch bereits Teil 6 dieser von Jean Van Hamme und Alcante ursprünglich als TV-Serie konzipierten Reihe: Verurteilt! Mehr zur Vorgeschichte im Serienkompass (Achtung, Spoiler). Die in Pondichéry vom französischen Gouverneur aufgenommene Jolanne findet aufgrund der Konfrontation mit ihrem Peiniger zwar ihr Gedächtnis wieder, verliert aber die Unterstützung ihrer Gönnerin. Prachtvolles Historienspektakel vor indischer Kulisse von Francis Vallès.

ZACK 314 page 5

Die Fortsetzungen

Der überlange Science-Fiction-Thriller Erectus von Erik Juszezak stellt einige essenzielle Fragen: Wie sollen und wie wollen wir mit einer Bedrohung der Menschheit umgehen? Wie definieren wir menschliches Leben und seine Schutzwürdigkeit? Während aktuell die deutsche innenpolitische Debatte von der Frage nach dem Beginn der Menschenwürde geprägt wird (allerdings oft mit gefälschten angeblichen Belegen) geht es hier darum, ob die von einem Virus befallenen Menschen, die sich zu Urahnen zurückentwickelt haben, noch als solche anzusehen sind oder ob man sie als krankhafte „Störer“ besser interniert und gegebenenfalls sogar tötet.

Die 2. und 3. Liga sind bereits wieder gestartet, die Bundesliga folgt bald. Alte Versprechen von Álvaro Velasco & Iñaki San Román hilft, die (mittlerweile viel zu kurze) Fußballlose Zeit zu überbrücken. Der kommende Star wird wegen seiner Verletzung nie wieder im Rampenlicht stehen, aber es gibt ja noch weitere Talente, denen man eine grandiose Karriere versprechen kann. Und dann gibt es da noch die Tochter, die eben leider kein Mann ist…

ZACK 314 page 38

Wieder dabei sind Harry und Platte: die vorletzte der Kurzgeschichten von Dennis Lapière und Sikorski erzählt die Geschichte einer Geiselnahme. Natürlich wissen wir alle, dass solche Sachen niemals gut ausgehen und dieses Wissen haben auch alle Beteiligten. Trotzdem versuchen alle mehr oder weniger erfolgreich, dieses eine Ereignis doch irgendwie anders ausgehen zu lassen. Großes Kino!

Die zweite Motorsportikone aus Jean Gratons Feder, Julie Wood, erlebt eine Wiedergeburt. Nicht nur Michel Vaillant wurde runderneuert, auch die junge amerikanische Bikerin darf sich wieder präsentieren. Während die Story von Philippe Pelaez durchaus spannend erzählt wird, sind die Zeichnungen von Claudio Stassi für meinen Geschmack ein wenig zu digital und zu weit weg vom Original aus den Siebzigern. Das wäre vollkommen okay, wenn nicht Florent Daniel viel zu flächig koloriert hätte. So wirken vor allem die Gesichter in Tödliches Rodeo etwas zu „billig“.

Der Abschied

Mit dem letzten Teil des letzten Bandes Die Zeit der Kolonien geht die Familiensaga Die Bank zu Ende! Pierre Boisserie & Philippe Guillaume präsentierten uns eine Familienfehde die Dallas in den Schatten stellte, die Entwicklung der Finanzinstitute, der Stadt Paris und der Kolonien nahebrachte und immer wieder die gesellschaftliche Rolle der Frau thematisierte. Stéphane Brangier durfte Kostüme zeichnen, Dekors unterbringen, Massenszenen aufs Papier bringen und immer wieder Emotionen. Das ist ihm trotz des etwas sperrigen Themas gut gelungen. Das war eine Bereicherung!

Und sonst?

Der Ritter muss den Alltag überstehen, Tizombi definiert Heimweh neu und Parker & Badger zeigen weiterhin, wie viele Situationen sie nicht beherrschen! Dazu Michael Klein über das ZACK vor 50 Jahren, ein Artikel über die Romane mit Caro Morane und der dritte Teil der Serie über Erotik und Comics vom Verfasser dieser Zeilen. Diesmal geht es um das Verlagshaus Schreiber & Leser.

Dazu The Jam und später freue ich mich auf einen Aperol Spritz.

© der Abbildungen bei den jeweiligen Künstlern und Verlagen / Blattgold GmbH, Bad Dürkheim 2025

Aymond, Bollée/Aymond – Lady S Gesamtausgabe 4

2019 – 2024

Text: Philippe Aymond (15 + 16), Laurent-Frédéric Bollée (17 + 18)

Zeichnungen: Philippe Aymond

Originaltitel: Lady S – Integrale 4 (T 15 – 17)

All Verlag

Hardcover |208 Seiten | Farbe | 39,80 € |

ISBN: 978-3-96804-328-9

Cover Lady S Gesamtausgabe 4

Lady S – Shania Rivkas – war ursprünglich eine Idee von Jean Van Hamme. Sie vereinte verschiedene Rollen: Spionin, Geheimagentin, zur Mitarbeit gezwungenes Opfer, Femme Fatale und Söldnerin. Damit ist die Heldin viel mehr als eine weibliche James Bond, wird sie doch allzu oft zum Ausführen bestimmte Aufgaben gezwungen. Der erste Teil lief im Mosaik-ZACK, weitere Alben folgten in der ZACK-Edition, die Gesamtausgabe erscheint regelmäßig im All Verlag.

Zwischen allen Fronten

Eigentlich könnte für die Heldin alles ganz einfach sein. Sie erfährt, dass sie eine noch lebende Verwandte, eine Tante, in ihrer Heimat Estland hat und bricht dorthin auf, um sie im Krankenhaus zu besuchen. Kaum angekommen, betritt sie einen falschen Raum im Krankenhaus und ist mittendrin in einem Konflikt zwischen der NATO und Russland. Erstere haben eine neue Unterwasserdrohne entwickelt, letzteres Land will sie haben – Codename Vampiir ist eine spannende Geschichte mit starken Anlehnungen an aktuelle Politik. In Im Rachen des Tigers wollen Shania und ihre demente Tante Urlaub in Indonesien machen. Dabei sind nicht nur die Schwierigkeiten, die durch das krankhafte Verhalten der älteren Frau ausgelöst werde zu überwinden, natürlich werden sie beide auch in einen Konflikt zwischen Geheimdiensten verwickelt.

Lady S Gesamtausgabe 4 page 37

Die beiden weiteren Geschichten stammen nicht mehr von Philippe Aymond, der mit Band 10 von Van Hamme übernommen hatte, sondern von Laurent-Frédéric Bollée. Beide haben auch schon bei Bruno Brazil zusammengearbeitet. Der Zweiteiler Selbstmordkommandos und Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Samariums könnte ebenfalls den Nachrichten entnommen sein.

In einem afrikanischen Land gibt es ein neuentdecktes Vorkommen einer Seltenen Erde. Mehrere Staaten wollen sich dieses sichern und schrecken dabei auch vor Massenmord nicht zurück. Ein interner Konflikt in der Herrscherfamilie entfacht einen sogenannten heiligen Krieg und mehrere alte Bekannte haben ihren mehr oder weniger langen Auftritt. Während Shania versucht, dringend benötigte Medikamente an eine entlegene Stelle zu befördern, öffnet sich fast das Tor zur Hölle.

Lady S Gesamtausgabe 4 page 38

Solider Realismus

Philippe Aymond bleibt der Zeichner der Serie. Dadurch, dass er einige Jahre auch für das Szenario verantwortlich war, hat er die Figuren so entwickelt, dass sie genau seinen Vorstellungen entsprechen. Daher ist es fast selbstverständlich, dass sie ihm auch liegen. Daher hat es auf die Qualität keinen Einfluss, ob die Geschichte sich im Jet Set, dem urbanen Dschungel oder in der Wüste abspielt. Einzig die Gesichter und vor allem die Mundpartien leiden an der heute fast schon üblichen leichten Schwäche.

Die Hintergründe sind stimmig und enthalten die richtige Mischung aus Detail und Abstraktion, um die jeweilige Situation zu unterstützen. Wenn nötig, ist auch Dynamik zu finden, grundsätzlich gibt es aber mehr ruhende Szenen. Insgesamt betrachtet gehobener Durchschnitt des aktuellen frankobelgischen Action-Comics.

Detail Lady S Gesamtausgabe 4 page 46

Spannung mit einer toughen Heldin

Noch immer gibt es nicht allzu viele Serien, in denen eine Titelheldin ihre Geschicke selbst in die Hand nimmt. Neben den typischen (männlichen) Role-Models (James Bond, Mission Impossible, …) hat bei Lady S sicherlich auch Modesty Blaise ein wenig Inspiration geliefert. Obwohl die Heldin immer wieder zum Spielball fremder Mächte wird und nicht immer entscheiden kann, ob sie einen Auftrag annehmen möchte, oder nicht, ist sie doch die Handelnde.

Die Themen sind sehr nah an der aktuellen politischen Diskussion und beide Autoren sparen nicht an Kritik der jenseits von Gesetz und Kontrolle stehenden Geheimdienstaktivitäten auch der demokratischen Länder. Trotzdem meine ich, immer ein „aber es geht doch nicht anders“ zu hören. Wer möchte, kann zur limitierten Vorzugsausgabe mit Variantcover und beigelegtem Druck greifen!

ExLibris Lady S Gesamtausgabe 4 VZA

Dazu passen Ozzy Osbourne (R.I.P.!) mit „Dreamer” und ein Pimm’s.

© der Abbildungen DUPUIS, 2025, by Aymond, Bollée / 2025 All Verlag

Trondheim/Nesme – El Diablo

Ein Marsupilami-Abenteuer

Story: Lewis Trondheim

Zeichnungen: Alexis Nesme

Originaltitel: El Diablo

Carlsen Comics
Hardcover | 64 Seiten | Farbe | 20,00 €
ISBN: 
978-3-551-01818-2

Cover Marsupilami - El Diablo

Das Marsupilami war eine geniale Erfindung von André Franquin und übernahm sofort die Rolle des heimlichen Stars in vielen Spirou & Fantasio Bänden. Danach war das schwarzgefleckte Wundertier jahrelang nur in seiner eigenen Serie zu finden. Nach der erneuten Vereinigung von Lizenzen bei DUPUIS kehrte es zunächst zu Spirou zurück, begann aber auch ein „eigenes“ Leben, etwa in Die Bestie oder dem Abenteuer des Deutschen Flix. Nun gehen wir in seiner Geschichte zurück.

Wie Palumbien zu seinem Namen kam …

Lewis Trondheim denkt anders! Seine Geschichten unterscheiden sich generell von den einschlägigen Storylines und bieten immer einen Aspekt, der eigentlich undenkbar schien. In El Diablo dreht er einfach die Zeit zurück. Alles beginnt auf einer spanischen Galeone. Die Fahrt über das Meer war ereignisreicher als geplant, nun ja, und ereignisloser was die lange Flaute betrifft. Jedenfalls leidet die Mannschaft des Hungers und ein Bootsjunge soll daher verspeist werden. Nur die Sichtung des lange erwarteten Landes rettet den jungen José, doch er wird weiter als Versuchskaninchen benutzt.

Kaum gelandet, stoßen die Spanier auf ein (den Leser*innen wohlbekanntes) seltsames Tier. Natürlich reagieren die Soldaten wie erwartet und verletzen es schwer. José versucht zwar es zu retten, doch beide stürzen in einen Wasserlauf. Die Chahutas, ein dort lebender indigener Stamm, nimmt die beiden auf und pflegt sie. Die Wege der Ankömmlinge und der Einheimischen kreuzen sich erneut und Kapitän Santoro zwingt alle anderen, an seiner Suche nach Gold teilzunehmen.

Marsupilami - El Diablo page 3

Trondheim kombiniert hier eine Story mit sehr jungen Held*innen, erwachsenen Themen, Situationskomik und viel Ehrfurcht vor den originalen Ideen über das Marsupilami. Manchmal liefert er dabei überraschende Deutungen (etwa bei dem Träger des Namens El Diablo), manchmal kann man dem Aufbau einer Pointe genüsslich zuschauen.

Zeichnungen mit Wiedererkennungswert

Das bisherige Schaffen von Alexis Nesme beweist seine Vielseitigkeit: eine Jules Verne Adaption, eine Beteiligung an der Donjon-Reihe, zwei beachtete Bände in der Disney-Hommage-Reihe und Illustrationen von Kinderbüchern. Gerade letzteres schlägt hier auch ein wenig durch, erinnern die Figuren in ihrer Rundlichkeit doch irgendwie an solche. Doch sind die Zeichnungen keineswegs auf ein solches Publikum ausgerichtet: Es gibt offene Wunden, zähnefletschende Piranhas und wütende Fratzen!

Marsupilami - El Diablo page 5

Es gibt aber eben auch die leisen und die lustigen Momente, die das Werk zu einem sehr ausgewogenen Comic werden lassen. Viele Details, moderne Ausdrucksformen (etwa große Augen) und eine sehr detaillierte Ausarbeitung des Dschungels und der anderen Umgebungen.

Ein schöner Anfang

Im Buch selbst findet sich davon nichts, die Webseite des Verlages bewirbt den Band aber als Marsupilami-Spezial 1. Es ist daher zu hoffen, dass noch weitere Ons-Shots folgen werden. Sollten sie so gut werden wie El Diablo, könnte daraus ein Erfolg werden. Auf jeden Fall ist es gut, dass der ehemalige Supportcharakter endgültig in die Reihe der einer Hommage würdigen Comicfiguren aufgenommen wurde.

Der Hardcoverband ist natürlich schön und wie bei Carlsen üblich handwerklich gut gemacht, kostet aber eben auch ein paar Euro mehr. Wahrscheinlich ist das der Ausdruck der Marketingerwartung, dass hauptsächlich Erwachsene und nicht Kinder mit schmalem Taschengeldbudget den Band kaufen werden.

Dazu passen The Alarm mit „Where were you hiding“ und ein Getränk aus Zuckerrohr.

© der Abbildungen DUPUIS 2024 |2025 Carlsen Verlag GmbH, Hamburg

ZACK Sonderheft 2 (2025)

Kurzgeschichten und Onepager

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 100 Seiten | Farbe | 9,70 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK Sonderheft 2

Seit Jahren gibt es eine Diskussion darüber, ob das ZACK häufiger erscheinen sollte oder nicht. Neben reinen finanziellen Erwägungen (nicht jede*r kann/will es sich leisten, alle 14 Tage 10 € auszugeben) ist auch die „Standzeit“ in den Zeitschriftenauslagen wichtig. Verdoppelung der Frequenz bedeutet Halbierung der Sicht- und Kaufbarkeit einer Ausgabe. Der sehr lobenswerte Kompromiss aus dieser Diskussion ist das ZACK Sonderheft, das zunächst im Probelauf ungefähr alle sechs Monate zusätzlich erscheint!

Schwerpunkt Dany

ZACK Sonderheft 2 page 8

Daniel Henrotin, so der bürgerliche Name des Belgiers der als Dany arbeitet, ist eines der Schwergewichte des frankobelgischen Comics. Bekannt wegen seiner Arbeiten an Oliver Rameau (und Columbine), auch in dieser Ausgabe vertreten, Andy Morgan oder Abenteuer ohne Helden, wechselte er später in das Soft-Erotik-Genre. Spätestens seit dem Skandal um den zurückgezogenen Spirou-Band ist klar, wie sehr sich der Markt und seine Grenzen geändert haben. Über den Künstler gibt es einen sehr ausführlichen Artikel von Volker Hamann.

Natürlich gibt es auch Comics von Dany: die realistische, leicht melancholische Episode Der Traum von Istanbul, Kurzgeschichten mit Oliver Rameau und den aufrüttelnden Western Der Beste. Die Auswahl zeigt sehr gut die Vielseitigkeit des Zeichners und Autoren!

ZACK Sonderheft 2 page 25

Klassiker und erste Eindrücke

Daneben gibt es weitere Highlights mit Klassikern wie Vasco, Corentin und Simon vom Fluss. Alle diese Serien haben über lange Jahre den frankobelgischen Comic mitgeprägt und zeigen die vielfältigen Facetten des Genres. Sehr gut passt auch Wounded Knee in diese Reihe, ein Lehrstück über den immer noch andauernden Umgang mit Mitgliedern der First Nations in Amerika von Yves Duval, Christian Denayer und Franz.

Dazu kommen erste Einblicke in zwei neue Serien im ZACK-Universum: Während Der Ritter hier seinen Einstand gefeiert hat (und mittlerweile in ZACK 313 auch seinen ersten regulären Auftritt hatte), handelt es sich bei Tybalt um einen echten Test. Sollte diese Serie genug Zuspruch bekommen, steht genügend Material für eine spätere Veröffentlichung bereit.

ZACK Sonderheft 2 page 48

Gute Ergänzung zum Monatsmagazin

Das ZACK Sonderheft ist natürlich eine gute Ergänzung für die Leser*innen des regulären Heftes, enthält es doch Material für das sonst kein Platz wäre. Es eignet sich aber auch „solo“ für Fans von Comic-Kurzgeschichten im Stil des Tintin-Magazins und stammt ja auch zum Teil aus dem Jubiläumsband für ebenjenes Heft. Der einzige Kritikpunkt meinerseits sind die fehlenden Angaben zum Erstabdruck der Geschichten, erlauben diese doch eine bessere Einordnung in Epochen oder Serienchronologien. Heft 3 wird im Übrigen keine Kurzgeschichten, sondern eine komplette Langstory enthalten.

Detail ZACK Sonderheft 2 page 98

Dazu passen The Distillers, etwa mit „City of Angels“ und eine selbstgemachte Zitronenlimonade.

© der Abbildungen bei den jeweiligen Künstlern und Verlagen / Blattgold GmbH, Bad Dürkheim 2025

Buendia, Zumbiehl/Philippe – Die Abenteuer von Tanguy und Laverdure 26

Rückkehr zu den Störchen

Story: Patrice Buendia, Frédéric Zumbiehl
Zeichnungen: 
Sébastien Philippe
Originaltitel: 
Les Chevaliers du ciel Tanguy et Laverdure 8 – Retour aux cigognes

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Hardcover |56 Seiten | Farbe | 18,00 €

ISBN: 978-3-949987-43-4

Cover Tanguy und Laverdure 26

Zu den Zeiten des Koralle-ZACK wechselten sich mehrere Serien im Bereich der Jagd- und Kampfliegerei ab. Den Sprung in die Jetzt-Zeit haben nur Buck Danny (im ZACK unter dem Namen Rex Danny) und eben die beiden Franzosen Mick Tanguy und Rene Laverdure geschafft. Ihre (neuen) Abenteuer beziehen sich immer noch auf den klassischen Entwurf der Serien, sind aber deutlich moderner und haben die nie alternden Helden in die Jetztzeit versetzt.

Kriege der neuen Art

Wir können aktuell live beobachten, dass es (leider) immer noch Kriege der alten Art gibt, in der sich Soldat*innen in Schützengräbern gegenüberstehen, Missionen ausführen und in großer Zahl sterben oder verletzt werden. Daneben gibt es aber mittlerweile zwei weitere Arten: den Krieg mit unbemannten Drohnen und den der Sabotage weit hinter den Linien oder mit elektronischen Mitteln. Gerade letztere ist nur sehr schwer zu entdecken, läuft sie doch viel versteckter ab.

Es gibt keine formelle Kriegserklärung, die Beteiligten sind nicht als Kriegspartei erkenntlich, sondern verstecken sich hinter zivilen Tarnungen, und selbst die Aktionen und ihre Folgen sind teilweise erst viel später zufällig erkennbar. In Rückkehr zu den Störchen werden Tanguy und Laverdure aus der Wüste zurück zu ihrer alten Stammeinheit versetzt und müssen an Routinemissionen zum Schutz des NATO-Raums teilnehmen.

Tanguy und Laverdure 26 page 3

Während eines Einsatzes beginnt ein französischer Kampfpilot plötzlich wirr zu reden und greift unvermittelt Autofahrer*innen auf einer Autobahn an. Tanguy bleibt keine andere Wahl, als den Kollegen abzuschießen bevor noch mehr Unbeteiligte sterben. Die beiden Helden wollen aber nicht an eine Depression glauben, sondern den wahren Grund dafür aufdecken. Da sie keine offizielle Unterstützung erhalten, müssen sie überlegen, mit hohem persönlichem Risiko unerlaubterweise und heimlich tätig zu werden.

Technik und Drama

Wer die Serie im ZACK verfolgt, kennt natürlich nicht nur die dort schon vorabgedruckte Folge, sondern auch den Stil und die Fähigkeiten von Sébastien Philippe. Spezialität des Franzosen sind die Luftszenen. Sowohl die Kampfaktionen als auch die regulären Manöver der Maschinen und ihrer Piloten sind detailgetreu und lebensecht dargestellt und erlaube den Leser*innen fast das Gefühl, dabei zu sein. Diese Unmittelbarkeit macht den Reiz dieser Serie (und etwa auch von Michel Vaillant) aus.

Tanguy und Laverdure 26 page 4

Daneben hat Philippe es aber auch geschafft, die originalen Charakterzüge der Helden zu übernehmen. Und so sieht sein Tanguy genauso „staatstragend“ aus wie gewohnt und der Spaß- und Pechvogel Laverdure zeigt nicht nur in der Gesichtsmimik seine Gefühle, auch das etwas Unbeholfene wird in jeder Körpereinstellung deutlich. Obwohl die Geschichte in einem regelmäßigen vierstreifigen Layout daherkommt, wird dieses oft genug aufgebrochen, um nicht langweilig zu wirken. Zudem sind die einzelnen Panels oft so voll, dass man ihnen beim Lesen die volle Aufmerksamkeit widmen sollte.

Für die altgewordenen Junggebliebenen

Von Anfang an haben sich Serien dieser Art an technikbegeisterte Jungen gerichtet. Deren Altersspanne muss man allerdings mit von 7 bis 77 angeben! Wer Spaß daran hat, Herausforderungen an Körper und Geist in bebilderten Geschichten zu lesen, ist hier definitiv richtig. Man muss allerdings in Kauf nehmen, dass die Serie quasi eine Dauerwerbesendung für die französische Luftwaffe ist. Dementsprechend gibt es auch wieder einen Anhang mit einem Text und vielen Bildern zu den echten Störchen!

Detail Tanguy und Laverdure 26 page 6

Die Hardcoverserie passt sowohl zu den bei Salleck erschienenen Bänden als auch zu den anderen Titeln der ZACK-Edition und liegt preislich im Rahmen des heute Üblichen. Fortsetzung und Ende dieses Zweiteilers in Band 27: Tanguy gegen Laverdure.

Dazu passen Les Garçons Bouchers die sich ebenfalls nicht unterkriegen lassen und ein Telenn Du.

© der Abbildungen Dargaud 2019, by Buendia, Zumbiehl, Philippe / 2025 Blattgold GmbH, Bad Dürkheim

Reding – Section R 1

Die Agentur

Text: Raymond Reding

Zeichnungen: Raymond Reding

Originaltitel: Section R

All Verlag

Hardcover | 56 Seiten | Farbe | 17,80 € |

ISBN: 978-3-96804-274-9

Cover Section R 1

1972 – das Jahr des Aufbruchs im deutschen Comic-Markt, denn am 13. April erschien die erste Ausgabe (#17) des neuen ZACK-Magazins. Von nun an kamen zunächst wöchentlich die besten frankobelgischen Serien auf den deutschen Markt. Zwar waren schon früher einige Serien in anderen Publikationen erschienen, teilweise allerdings unter eingedeutschten Namen wie ein gewisser Michael Voss, der richtige Funke aber zündete erst jetzt. Bereits in der Nummer 18 tauchte das erste Mal ein Duo auf, das sich Section R nannte.

Sport und Verbrechen

Die damaligen Leser*innen von Harter Job für Doppelgänger waren allerdings nicht wirklich zu beneiden, handelte es sich doch keinesfalls um die erste der teilweise aufeinander aufbauenden Folgen. Zwar lief die Serie erfolgreich genug, um auch weiterhin im Heft aufzutauchen, eine Chronologie war anfangs nicht zu erkennen. Umso besser ist es, dass die nun gestartete neunbändige Gesamtausgabe die Geschichten basierend auf der logischen und zeitlichen Abfolge präsentiert!

Und somit beginnt alles mit Warum geht Sophie tauchen?, der Origin-Story für die Section. Verantwortungsvoller Journalismus darf nichts erfinden, muss aber auch nicht immer alles publizieren. Und so steht am Ende einer Betrugsgeschichte die Gründung einer Agentur für Rätselhaftes im Sport. Gleich danach kommt mit Am 25? Auf keinen Fall! die erste deutsche Erstveröffentlichung in der es um einen abergläubischen Basketballer geht.

Section R 1 page 4

Der Sophie-Taifun ist ein echter Krimi und die Raserei über 400 Meter die bereits oben erwähnte erste ZACK-Veröffentlichung, die ihre Fortsetzung in Die Erpressung findet. Reding verknüpft hier weltpolitische Ereignisse mit sportlichen Wettkämpfen und findigen Erpressern. Abschließend ist mit Aubado sogar eine Welterstveröffentlichung (der kolorierten Fassung) im Band. Hier treffen sich die Welten des Sports und der Mode.

70-ies Flair

Raymond Reding war bereits ein sehr erfolgreicher Zeichner und Autor von Sport-Comics, etwa von Jari. Er hatte aber etwas Neues schaffen wollen, das die Möglichkeit bot, längere, aufeinander aufbauende Geschichten zu erzählen, ohne dabei auf eine Sportart festgelegt zu sein. Die Idee des auf Rätselhaftes ausgelegten Duos erlaubte ihm, seine Stärken und Interessen mit ein wenig Suspens, Krimi und Drama zu verknüpfen.

Section R 1 page 5

Die Dekors sind dabei 70-er Jahre pur. Klamotten, Autos, Gegenstände sind (für damalige Verhältnisse) extrem modern und tragen keinerlei Reminiszenz mehr an die Dunklen 60-er. Die Sportszenen sind sehr dynamisch und zeigen die Routine und das Können des Zeichners, die Gesichtspartien, insbesondere der Mund, gelingen dagegen wie so häufig nicht immer. Dieses kleine Manko wird durch das innovative, abwechslungsreiche Layout aber vollkommen ausgeglichen!

ZACK-Nostalgie pur!

Section R ist eine der wenigen ZACK-Serien, die es noch nicht geschafft hat, mehrfach verwertet auf Deutsch vorzuliegen. Im Gegenteil, gleich der erste Band der Gesamtausgabe enthält zwei Erstveröffentlichungen (und erzählt erstmals die Geschichten in der richtigen Reihenfolge). Für Fans von damals also nun die Gelegenheit, der Nostalgie zu frönen und gleichzeitig Lücken zu schließen!

Detail Section R 1 page 9

Dazu passen Dropkick Murphys mit „Chesterfields and Aftershave” und eine Kirsch-Cola.

© der Abbildungen Dream Team Management SAS / 2024 All Verlag

Seron – Die Zentauren Integral 2

Aurora & Ulysses – Band 2: 1982 – 1989

Story: Pierre Seron
Zeichnungen: 
Pierre Seron
Originaltitel:
Centauren, Aurora & Ulysses, Integraal 2

Kult Comics

Hardcover | 192 Seiten | Farbe | 35,00 € | 
ISBN: 978-3-96430-357-8

Cover Zentauren Integral 2

Während Die Abenteuer der Minimenschen und auch diejenigen der Minimädchen bereits mehrfach komplett in Deutschland erschienen sind, waren Die Zentauren hierzulande nur teilweise erschienen. Zudem sind die Bände aus dem Feest-Verlag auch fast schon im Rentenalter. Die Lücke im Werk des Belgiers Pierre Seron wird durch diese zweibändige Integral-Ausgabe nun endlich geschlossen.

Spielball der Götter

Im Zentrum der Geschichten stehen die beiden jungen Zentauren Aurora & Ulysses. Während das nach der Tochter Serons benannte Mädchen Aurora die klügere und reifere ist, hat Ulysses Probleme damit, seine Emotionen zu kontrollieren. Immer wieder gerät er entweder in den Bann hübscher, teilweise aber gefährlicher Frauen oder legt sich mit Gegnern an, die er lieber friedlich stimmen sollte. Die beiden sind wegen Ungehorsams aus dem Olymp verbannt und müssen nun durch die Zeiten irren, um das richtige Zeustor zu finden, das sie wieder zurückbringen würde.

Zentauren Integral 2 page 43

Zunächst sind die beiden im antiken Griechenland und sollen in Die Odyssee Odysseus eine Sache überbringen, die er vergessen hatte. Dabei erleben sie einige der Abenteuer des Sagenhelden erneut. Mit viel Witz nimmt Seron die bekannten Inhalte auf und präsentiert sie ganz anders. Auch Die Amazonen verstecken hinter teilweise etwas plattem Humor viel tiefsinnige Kritik an der männlich dominierten Gesellschaft und laden dazu ein, Passagen zweifach zu lesen.

Sein unkontrolliertes Temperament bringt Ulysses schließlich dazu, sich mit dem Götterboten und Herold anzulegen. Natürlich gefällt diesem das nicht und so müssen die Beiden auch noch mit den Strafen des Hermes fertig werden. Den Abschluss bildet ein weiteres Cross-Over mit den Minimenschen: Kelvinhathor III. enthält ebenfalls viele Anspielungen auf andere Werke der Comic- und Filmkunst und ist spaßig zu lesen. Als Bonus ist dann auch noch der Beitrag von Pierre Seron zu den Parodien abgedruckt.

Zentauren Integral 2 page 44

Auf der Grenze zwischen Kinder- und Erwachsenencomic

Prinzipiell zeichnet Pierre Seron sehr ähnlich wie André Franquin. Wer den einen der Beiden mag, wird den anderen zumindest nicht schlecht finden. Während Seron bei den Minimenschen oft genug (fälschlich) vorgeworfen worden war, ein Kopist zu sein, markieren die Zentauren stilistisch einen Übergang zwischen den eher an kindliche Leser*innen gerichteten Stories zu den Stoffen für Erwachsene.

Das betrifft nicht nur die Inhalte, die eine gewisse Bildung voraussetzen, sondern vor allem die Darstellungen der weiblichen Nebenfiguren. War es schon schwierig gewesen, die angedeuteten weiblichen Formen von Aurora gegen die verlagsinternen Widerstände durchzusetzen, wurden die Nebenfiguren immer üppiger. Mehr zu den Hintergründen in den beiden sehr ausführlichen redaktionellen Teilen der Integrale.

Detail Zentauren Integral 2 page 45

Komplett!

Die wesentlichen Serien von Pierre Seron liegen nun komplett auf Deutsch vor (wobei Die Angler im ZACK erschienen sind) und bieten eine gute Möglichkeit, die Entwicklung des Zeichners und Szenaristen nachzuvollziehen. Enttäuschung und Depression werden dabei allerdings gut versteckt. Ein Klassiker, der sich lohnt! Der redaktionelle Teil wurde im Übrigen vom Verfasser dieser Zeilen übersetzt.

Es gibt auch wieder eine limitierte Vorzugsausgabe mit Variantcover. Erwähnenswert dabei sind die drei (!) beigefügten Drucke: Neben einer drucksignierten Zeichnung von Seron gibt es zwei von Franz Gerg signierte Drucke!

Cover Zentauren Integral 2 - VZA
Cover der VZA

Dazu passen Bite Me Bambi, etwa mit „Too Many People“, und ein Mythic.

© der Abbildungen Seron, 2025 / 2025 Comic Combo, Leipzig

Schwartzmann/Vallée – Habeamus Bastard 1

Das notwendige Übel

Story: Jacky Schwartzmann, Sylvain Vallée
Zeichnungen: 
Sylvain Vallée

Originaltitel: Habeamus Bastard – Tome 1 : L´Etre nécessaire

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |88 Seiten | Farbe | 22,00 € | 
ISBN: 978-3-96792-078-9

Cover Habeamus Bastard 1

Manchmal sind Zufälle überwältigend. Natürlich nimmt der Titel Bezug auf die Aussage des weißen Rauches als Ergebnis des Konklaves. Niemand hätte bei der Programmplanung wissen können, wie dicht dieses nicht alltägliche Ereignis und die Veröffentlichung der deutschen Ausgabe beieinander liegen würden. Vielleicht sei vorausgeschickt, dass sehr gläubige Menschen diesen Titel nicht mögen werden.

Eine falsche Identität

Was tun, wenn man Mist gebaut hat? Insbesondere dann, wenn man als Folge davon ernsthafte Konsequenzen befürchten muss? Nun ja, untertauchen wäre nicht schlecht, in eine fremde Identität schlüpfen, Zeit gewinnen und in Ruhe einen vernünftigen Plan entwickeln. Lucien ist ein Vollstrecker. Er führt Aufträge aus und kümmert sich dabei nicht um irgendwelche Moral. Aber auch ihm können Zufälle dazwischenfunken.

Habeamus Bastard 1 page 3

Seine Tarnung wird die Soutane. Die Gläubigen in Saint-Claude erhalten die Chance, einen neuen Priester begrüßen zu dürfen. Viele Bezirke finden keine Nachfolger, zumindest keine, die von der Gemeinde einfach akzeptiert werden. Das ermöglicht Geschichten wie diese: ein „Seiteneinsteiger“ wird mit der Aufgabe betreut, niemand nimmt es mit der Überprüfung der Referenzen ernst, da man froh ist, überhaupt jemanden zu haben. Allerdings sollte der „Neue“ wenigstens ein rudimentäres Verständnis über die zukünftigen Aufgaben mitbringen.

Lucien hat weder die richtige Tonalität in der Sprache, die von der Straße geprägt ist, noch hat er das geringste Verständnis für Seelsorgerei. Aber er hat ein natürliches Verständnis von Fairness und er hat ein großes Bedürfnis nicht entdeckt zu werden. Und so muss er sich schon sehr schnell mit Korruption, Handwerkern, Drogen beschäftigen und lernen, eine Messe halbwegs unfallfrei über die Zeit zu bringen. Und dann wäre da noch der enttäuschte Gangster auf der Suche nach einer Person.

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Dynamisch und voll von Satire

Sylvain Vallée, in Deutschland bekannt durch viele realistische Serien, etwa Gil St. André und Es war einmal in Frankreich, hat nicht nur zusammen mit Jacky Schwartzmann am Szenario gebastelt, sondern auch die entsprechenden Zeichnungen erstellt. Seine Figuren sehen oftmals aus wie von einem Karikaturisten gezeichnet: Sie tragen Emotionen im Gesicht und drücken Erfolg, Gemüt und Lebensphilosophie aus. Dadurch wird die Geschichte stark unterstützt.

Das Erzähltempo des Bandes ist sehr hoch, schnelle Sequenzen in einem filmischen Stil bringen Geschwindigkeit, und Soundwords entwickeln eine eigene Bewegung. Vor allem trifft das auf das wiederholte Geräusch des Presslufthammers zu der die Funktion des running gags übernimmt. Selten hat man einen so sympathischen Unsympathen gesehen: Verzweifelt und trotzdem zur aktiven Teilnahme gezwungen.

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Erfrischend!

Ich hatte mich schon gefragt, warum Splitter das Wagnis eingeht, eine Luxusausgabe des Titels mit Variantcover und Kunstdruck herauszubringen. Zwar ist Vallée hierzulande bekannt, aber auch kein Superstar, Schwartzman dagegen ist in Deutschland ein unbeschriebenes Blatt. Nachdem ich Habeamus Bastard gelesen habe, weiß ich warum: erfrischend komisch, schnell erzählt, komplex geschrieben mit einer Menge an verflochtenen Handlungssträngen und modern gezeichnet!

Cover Habeamus Bastard 1 VZA

Schon in diesem Herbst wird der zweite, abschließende Band der Satire herauskommen, die Wartezeit ist also überschaubar. Wer etwas Neues anfangen möchte – hier ist der Tipp dazu!

Dazu passen Bob’s not dead! etwa mit „Chanteur de Bars“ und ein roter Tafelwein!

© der Abbildungen Dargaud, 2024, by Silvain Vallée & Jacky Schwartzmann | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2025

Sente/Juillard – Blake & Mortimer 27

Gezeichnet: Olrik

Story: Yves Sente nach E.P.Jacobs

Zeichnungen: André Juillard nach E.P.Jacobs

Originaltitel: Signé : Olrik

Carlsen Comics
Softcover | 64 Seiten | Farbe | 12,00 €
ISBN: 
978-3-551-80584-3

Cover Blake und Mortimer 27

Die Abenteuer von Blake und Mortimer liefen ursprünglich im Magazin Tintin. Autor und Zeichner war Edgar P. Jacobs, ein begnadeter Comickünstler und Opernsänger, bekannt für seine ausführlichen Texte und die langen Bearbeitungszeiten. Aufgrund ihres Erfolges wurden die Geschichten nach seinem Tod von anderen Künstler*innen fortgesetzt. Alle Geschichten in dieser Hauptreihe beziehen sich aber aufeinander, obwohl sie mittlerweile von zehn unterschiedlichen Teams stammen.

Freiheitsbewegung oder Schatzräuber?

Großbritannien wird zwar oft mit England gleichgesetzt, ist aber tatsächlich ein Staatenverbund mit einem König aber unterschiedlichen Staaten wie Schottland oder Wales. Zusätzlich gab es aber immer wieder in der Geschichte des Gebildes Versuche unterschiedlicher Regionen ebenfalls eine gewisse Eigenständigkeit zu erreichen. In Gezeichnet: Olrik macht die Free Cornwall Group von sich reden.

Die FCG wehrt sich einerseits gegen den Zuzug von ausländischen Arbeitskräften und Wirtschaftsflüchtlingen. Diese sorgen zwar einerseits dafür, dass der Arbeitskräftebedarf der Region erfüllt werden kann, werden aber andererseits aus rassistischen Motiven abgelehnt und häufig genug sogar körperlich angegriffen. Hinter der Fassade sucht die Gruppe unter der Führung des „Großen Druiden“ aber nach dem Schatz von König Artus.

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Während Blake damit beauftragt wird, die Anschläge zu beenden und der FCG ein Ende zu bereiten, soll die neuste Erfindung von Professor Mortimer in Cornwall eingesetzt werden, um den Bergbau zu revolutionieren. Laut Pressemeldung funktioniert die Steuerung wie die des Tigerhais. Parallel dazu werden zwei gefasste Aktivisten ausgerechnet zu Olrik in eine Zelle gesperrt…

Im gewohnten Stil

Wo Blake & Mortimer draufsteht, sollte auch das Erwartete drin sein. Daher sind die grafischen Mittel dieser Serie seit 75 Jahren nicht wesentlich geändert worden. Auch André Juillard folgt in seinem mittlerweile achten Band dieser Reihe diesem Prinzip: Klare Linie, eckige Sprechblasen und viel Text. Natürlich passt das zu dem gewählten Zeitabschnitt perfekt. Der nostalgische Eindruck ist also aus einem Guss.

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Die englische Gelassenheit wird bei Explosionen, Anschlägen und Einstürzen besonders deutlich: Es gibt keinen Grund, in Hektik zu verfallen. Wer in diesen unruhigen Zeiten etwas Ruhe braucht, liegt hier richtig! Dass es auch etwas dynamischer geht, beweist Juillard etwa in den Sieben Leben des Falken.

Der letzte B&M von Juillard

Die Rezension wäre nicht komplett würde sie nicht darauf verweisen, dass Gezeichnet: Olrik das letzte Zeichenwerk von Andre Juillard für diese Serie gewesen ist, denn leider ist der Künstler kurz nach der Beendigung verstorben.

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Das Blake & Mortimer Universum aber wächst kontinuierlich. Während andere Serien sich neu erfunden haben, ist hier der Markenkern im Wesentlichen unverändert. Vielleicht ist gerade das Erfolgsgeheimnis! Für (die vielen) Fans sicherlich wieder ein Muss, aber auch für Neulinge geeignet da es nur wenige Hinweise auf andere Bände gibt.

Dazu passen The Smiths mit „How soon is now?“ und ein London Pride.

© der Abbildungen 2024 Éditions Blake & Mortimer / Studio Jacobs (Dargaud – Lombard S.A.) |2025 Carlsen Verlag GmbH, Hamburg

Corrigendum: Leider war zunächst eine unkorrigierte Version mit fälschlichen Informationen online – der Fehler wurde behoben.

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