Am zweiten Samstag im Mai freuen sich Comic-Liebhaber*innen
in Deutschland besonders, denn an diesem Tag gibt es Geschenke! Schon zum 10.
Mal findet der Gratis Comic Tag nun statt!
Der deutsche GCT ist eine der größten
verlagsübergreifenden Kooperationen der hiesigen Buchbranche. Zahlreiche
Verlagshäuser, von den Marktführern bis zur Independent-Schmiede, tun sich auch
2019 zusammen, um die Erfolgsgeschichte fortzuschreiben: 2010: ca. 150
Standorte und 170.000 Hefte; 2015: ca. 230 Standorte und 230.000 Hefte; 2017:
ca. 320 Standorte und 380.000 Hefte; 2018: ca. 420 Standorte und 1/2 Million
Hefte. 2019 nehmen ca. 450 Standorte teil und die Gesamtauflage hat die Marke
von über 600.000 Heften geknackt.
Viele Händler planen an diesem Tag besondere Aktionen, Signierstunden oder Gewinnspiele – Schaut einfach mal wieder bei eurem Lieblingsladen vorbei. Die Liste aller teilnehmenden Locations findet ihr hier: www.gratiscomictag.de/haendlersuche
In diesem Jahr gibt es sieben Hefte speziell
für Kids und 27 Publikationen, die sich an ältere Leser*innen richten, erstmals
zum Teil sogar mit 64 Seiten! Alle Titel gibt es hier: http://www.gratiscomictag.de/comics/
In Kürze werde ich hier den einen oder anderen
Titel kurz vorstellen um euch ein paar Anregungen zu geben!
Der blonde, muskulöse Wissenschaftler und Abenteurer
Luc Orient ist zurück. Sieben Jahre nach dem Erscheinen der mittlerweile
vergriffenen Integral-Ausgabe bei Ehapa
startet der All-Verlag eine
Neuausgabe der Serie in 18 großformatigen Einzelbänden. Die
Science-Fiction-Serie von Greg und Paape war eine der Hauptsäulen des
klassischen ZACK und hat auch nach über 50 Jahren noch ihre Reize!
War der die ersten fünf Teile umfassende Zyklus noch stark von Flash Gordon beeinflusst, sollte sich die Serie im Laufe der Zeit zu einer der bekanntesten und bedeutendsten frankobelgischen Science-Fiction-Serien entwickeln und die fast schon verschwundene Gattung zu neuer Blüte führen. Sie gehörte zu den ersten Serien die Greg nach seiner Übernahme der Chefredaktion von Tintin bzw. Kuifje in der „operation voltreffer“ startete und bewirkte einen stetigen Anstieg der Verkaufszahlen des Magazins.
Die
Feuerdrachen ist erstmals 1967 im Magazin Tintin bzw. Kuifje veröffentlicht worden und begeisterte das deutsche Publikum
bereits 1973 auf den Seiten des ZACK.
Im Vergleich zu den bisherigen Ausgaben bei Bastei, Carlsen oder Ehapa ist die
aktuelle aus dem All-Verlag aber bei weitem die Schönste! Dazu tragen nicht nur
das größere Seitenformat sondern auch der handwerklich schöne Hardcovereinband
mit dem grafisch ansprechenden Reihenlayout bei. Zusätzlich hat jeder Band noch
einen ausführlichen redaktionellen Teil mit einem Text von Volker Hamann und einer großen Anzahl von zusätzlichem
Bildmaterial. Als Gimmick gibt es in deutscher Erstveröffentlichung über die
Reihe verteilt einen 17-teiligen Werbecomic von Eddy Paape aus den 70-er Jahren mit Val Sparkling.
Es ist übrigens auch eine auf 111 Exemplare limitierte
Vorzugsausgabe mit nummeriertem ExLibris erschienen.
Kurz zum Inhalt der Geschichte: in einem abgelegenen Teil des Dschungels findet einer der ausgesandten Männer endlich ein unbekanntes Metall, das die Sagen über die drei Sonnen und den Feuerdrachen zu bestätigen scheint. Der Expeditionsleiter möchte das Material sofort Hugo Kala, dem Leiter des Labors „Eurocristall“ überbringen, stirbt aber kurz nach der Landung aufgrund der radioaktiven Strahlung. Kala, sein Mitarbeiter Luc Orient und die Assistentin Lora Jordan machen sich auf in den Dschungel und werden von Kalas Widersacher, dem bösen Dr. Argos und seinem Gorilla Toro verfolgt.
Am Fundort angekommen werden sie von den dort lebenden
Ureinwohnern empfangen. Sie behandeln die Drei sowie den dazu gestoßenen Toba mit
einer chemischen Droge, die sie nicht nur gegen die Strahlung des seltsamen
Metalls immun werden lässt sondern auch bewirkt, dass sie die Sprache des
Stammes verstehen. Der Stamm möchte ihnen helfen wenn sie im Gegenzug von dem
Feuerdrachenbefreit werden. Natürlich sind Toba und Luc in der Lage, das
Untier, einen stark vergrößerten mutierten Liger, zu töten. Damit beginnt das Abenteuer
aber erst, denn sie entdecken nicht nur die Drei Sonnen aus der Legende sondern
auch zwei Außerirdische, die vor hunderten von Jahren mit ihren Raumschiffen
auf der Erde gestrandet sind…
Bei der Story von Greg
handelt es sich zunächst um eine relativ bekannte Grundidee. Neu für die frankobelgische
Comic-Welt ist, dass die Geschichte von Anfang an über mehrere Alben konzipiert
wurde und dass die Leser des Magazins nicht nur ein oder zwei Seiten pro Woche
vorgesetzt bekamen, sondern Kapitel unterschiedlicher Länge, die jeweils einen
Abschnitt aus der längeren Handlung abschließend aber mit Cliffhanger
beinhalten sollten. Dieses Konzept verfing und wurde von vielen anderen
Magazinen, nicht zuletzt dem ZACK, bis heute übernommen. Greg betätigte sich
dabei nicht nur als Chefredakteur sondern auch als Szenarist einer Vielzahl von
Serien Bruno Brazil (demnächst ebenfalls neu beim All-Verlag), Comanche (Splitter) oder Andy Morgan (Carlsen) sollten noch in
den Siebzigern Lesern in Frankreich, Belgien, den Niederlanden und nicht
zuletzt Deutschland in ihren Bann ziehen.
Edouard Paape, genannt Eddy, hatte in Spirou schon die eine oder andere Kurzgeschichte oder Mithilfe an größeren Serien abgeleistet und mit Marc Dacier auch seine eigene Figur entwickelt, war aber trotzdem unzufrieden. Mit dem Wechsel zu Tintin und der Serie Luc Orient startete er seine bekannteste Arbeit der er 40 Jahre treu bleiben sollte. Sie wird in den späteren Jahren ein perfektes Beispiel für die Hochzeit der frankobelgischen Comic abgeben: interessantes Layout, detailverliebt und doch actionreich und deshalb auch immer noch lesenswert!
Wer sollte sich die Serie zulegen? Wer vor einigen
Jahren die Integralausgabe verpasst hat, sollte jetzt unbedingt zuschlagen: Das
Format und die zusätzlichen redaktionellen Seiten lohnen sich selbst dann, wenn
die Integral-Bände schon im Regal stehen.
Wer intelligente SF mag, liegt hier richtig! Ja, die
ersten Bände sind an Flash Gordon orientiert aber kein Abklatsch und die ganz
abgedrehten englischen SF-Romane haben sich in eine andere Richtung entwickelt.
Aus heutiger Sicht sind die Geschichten um Luc, Lora, Kala und Toba aber immer
noch lesenswert.
Dazu passen Space
Oddity von David Bowie und grüne Wiese !
Ost-West ist die autobiographische Geschichte des
Comicszenaristen Pierre Christin.
Mehr als drei Jahre hat der mittlerweile
80-jährige zusammen mit dem Zeichner Philippe
Aymond an dieser Graphic Novel gefeilt. Sie beginnt noch während des
zweiten Weltkrieges mit der ersten Begegnung zwischen Christin und Jean-Claude
Mézières, dem späteren kongenialen Partner der Valerian und Veronique-Reihe. Später sollten diese beiden sich in
den USA wiedertreffen und eine lange Reise zusammen unternehmen.
Reisen, nicht zu den touristischen Sehenswürdigkeiten sondern durch die weiten Landschaften und zu den kleinen Alltäglichkeiten, und sich verweigernde Transportmittel sind Konstanten in dem Leben Pierre Christins. Nach seiner Jugend in Frankreich, die durch Literatur und Liebe zu Jazz geprägt wird, nimmt er eine Stelle im Lehrkörper der Universität von Salt Lake City an. Dort lernt er einerseits viele Errungenschaften der Moderne kennen, erlebt andererseits aber auch den zugrundeliegenden Rassismus und die Verlogenheit der amerikanischen Gesellschaft aus erster Hand. Die auf den Reisen von diesem Basispunkt aus erlebten Eindrücke werden später die ersten gemeinsamen Abenteuer im Weltraum prägen. Mézières und Christin verbringen zunächst einige Zeit gemeinsam zu zweit. Später wird Pierres Familie nachkommen doch die beiden Freunde werden sich nie wieder aus den Augen verlieren.
Während dieser Zeit entwickelt sich die Erkenntnis, dass Christins Begabung weder in der Musik
noch in der Zeichnerei besteht. Ersteres wird zwar durchaus professionell als
Mitglied verschiedener Jazz-Kapellen ausgeübt, aber es langt nicht zur
Virtuosität. Letzteres wird nach einem Vergleich mit den Zeichnungen Girauds gar nicht mehr versucht.
Immerhin beschließt der Franzose aber, es als Comic-Szenarist zu versuchen. Die
ersten Gehversuche erscheinen noch unter Pseudonym um die universitäre Karriere
nicht zu gefährden und Jean-Michel
Charlier und René Goscinny leisten
Schützenhilfe indem sie ein Beispiel eines Comicszenarios zeigen, aber schon bald
entwickelt Christin seinen eigenen
Stil und die ersten Werke, umgesetzt von Tardi
und Mézières erscheinen.
Nach den Wirren der Revolte Ende der sechziger Jahre, dem Verlust des Glaubens an die Segnungen des amerikanischen Materialismus und der Erkenntnis, dass die östliche Lebenswirklichkeit nur durch eigene Erfahrung und Anschauung erkannt werden kann, bricht Christin erneut zu langen Reisen auf. Auf der anderen Seite des Vorhangs erlebt er andere Weiten, andere Begrenzungen und daraus angeleitete Wünsche, die der amerikanischen Lebenswelt einerseits total entgegengesetzt sind, andererseits in der Abstrahierung dann wieder ähnlich. Dazu kommen Pannen, die – wie Andreas C. Knigge in seinem Nachwort vermerkt – den Reisenden immer wieder aus seinen Träumen in die Wirklichkeit zurückholen.
Neben den bereits erwähnten Comicschaffenden haben auch Annie Götzinger und Enki Bilal ihren Auftritt.
Alle geschilderten Abschnitte sind immer wieder mit
Beziehungen zu den in der jeweiligen Zeit erschienenen Comics versehen, so dass
wir als Leser*innen immer wieder eigene Leseerfahrungen und Erinnerungen mit
den geschilderten Auslösern in Beziehung setzen können. Dadurch ist die
Autobiographie viel näher am eigenen Leben als typischerweise wenn maximal
äußere Begebenheiten das Leben des Akteurs und des Rezipienten verknüpfen.
Der Zeichner Philippe Aymond ist in Deutschland vor allem durch die Serie Lady S. bekannt. Nach dem Erscheinen einzelner Bände im ZACK-Magazin bzw. der ZACK-Edition wird die Serie jetzt komplett neu im ALL-Verlag erscheinen.
Aymond variiert in
seiner Seitenaufteilung zwischen ganzseitigen Illustrationen und zwei- bzw.
dreireihigem Layout. Die Erinnerungen Christins
sind als Textzeilen wiedergegeben die von Sprechblasen ergänzt werden. Der in
Frankreich spielende, die westlichen und östlichen Reisen verbindende Teil ist
teilweise in schwarz-weiß wiedergegeben. Die farbigen Panele sind mit einer
gedämpften Farbpalette gezeichnet. Nie drängt sich dadurch ein Detail in den Vordergrund, immer steht die
gesamte Komposition im Blickfeld. Dabei beherrscht Aymond die in die unendliche Weite gehende Landschaft genauso gut
wie die detaillierte fokussierte Nahaufnahme.
Abgerundet wird die durch das Hardcover sehr hochwertige
Ausgabe durch einen mehrseitigen Beitrag von Andreas C. Knigge über eine Reise mit Pierre Christin in den Süden. Die beiden haben eine lange
gemeinsame Geschichte und hatten unter anderem einen internationalen Sammelband
mit Eindrücken zum Fall der Mauer und dem Ende der Sowjetunion herausgegeben.
Dadurch werden noch einmal andere Zugänge zu Pierre Christin ermöglicht.
Dazu passen Kaffee und alter Jazz, etwa von Miles Davis, etwa das 1959 erschienene Kind of Blue.
UPDATE: Hier geht es zu der Besprechung der Ausstellung
Das Max Ernst Museum Brühl des LVR zeigt eine Ausstellung mit visionären Bildwelten des bedeutenden französischen Comiczeichners und Szenaristen Jean Giraud (1938-2012), der unter dem Namen »Mœbius« international bekannt geworden ist. Mœbius erforschte die Sphären der Träume und der Science-Fiction. Mit seiner immensen Imaginationskraft schuf er in präziser Strichführung surreale Welten im ständigen Fluss. In seinen Geschichten treffen utopische Architekturen und futuristische, menschenüberfüllte Megametropolen auf Wüstenlandschaften und schamanistische Reisen durch Raum und Zeit.
Bei Mœbius verschwimmen die Genregrenzen zwischen Comicstrip und Kunst. Seine fantastischen Erzählungen werden für den Betrachter dabei zur Seelenreise in das Ich des großen Meisters der Linie und damit in unbekannte Bereiche der Fantasie, die überraschend detailgenau und suggestiv Form annehmen.
Die Ausstellung widmet sich dem umfangreichen Werk von Mœbius und seinen komplexen Bildgeschichten: Ausgehend von seinen Notizbüchern (»Carnets«), in denen er grundlegende Ideen seiner Bildproduktion konzentriert hat, über skizzenhafte Zeichnungen, szenisch gegliederte Comicfolgen, abstrakte Gemälde bis hin zu populären Druckgrafiken wird das Spektrum seiner faszinierenden Zeichenkunst ausgebreitet.
DE: aktuelle, zweibändige Gesamtausgabe bei Salleck Publications sowie einzelne Bände bei Splitter Verlag (alt), Salleck Publications, ZACK (Mosaik)
Last updated: Juni 2023
Chinaman ist eine klassische Westernserie von
dem Szenaristen Serge Le Tendre und
dem Zeichner OlivierTaDuc. Beide kommen aus Frankreich und
haben sich für diese Reihe von der Fernsehserie „Kung Fu“ inspirieren lassen. Ihr Held, John Chinaman, ist zwar
ebenfalls als Chinese in den USA mit der fremden Kultur konfrontiert und setzt
asiatische Kampftechniken ein, er ist allerdings – zumindest anfangs – noch
sehr beeinflusst von den chinesischen Triaden und damit nicht so eindeutig
„gut“ wie Caine. Insgesamt sind zwischen 1997 und 2007 im französischen
Original neun Teile erschienen.
UPDATE: Die deutsche Veröffentlichungsgeschichte war lange Zeit lückenhaft: Neben zwei Bänden im „alten“ Splitter-Verlag und zwei weiteren bei Salleck Publications sind drei Abenteuer in den Anfangsjahren des „neuen“ ZACK in Fortsetzungen erschienen. Mittlerweile ist eine zweibändige Gesamtausgabe bei Salleck Publications erschienen. diese enthält nicht nur alle Bände, zum Teil also in Deutscher Erstveröffentlichung, sondern auch weitere Zeichnungen, eine Broschüre und ein Interview!
In den Niederlanden hat die Serie dagegen mehr Anklang gefunden: Alle Bände sind bei Dupuis teilweise sogar mehrfach erschienen und sind noch lieferbar.
Der größte Erfolg von Le Tendre ist sicherlich die Reihe Auf der Suche nach dem Vogel der Zeit, einer der ersten großen
Fantasy-Reihen des modernen Autorencomics und gezeichnet von Régis Loisel. Mittlerweile ist auch eine
zweite Staffel erschienen. Der Autor hatte seine Comic-Karriere eigentlich als
Zeichner beginnen wollen. Pierre Christin
konnte ihn allerdings nach dem Abschluss eines Zeichenseminars überzeugen, doch
lieber seine Stärken als Szenarist auszuleben. Weitere von ihm verfasste
Szenarien mit verschiedenen Zeichnern sind ebenfalls auf Deutsch erhältlich: Tai Dor, oder Jackie Kottwitz seinen als Beispiele genannt. Auch hier gilt, dass
auf Niederländisch erheblich mehr Werke vorliegen!
Die Serie Chinaman verfolgt einen reizvollen Ansatz inmitten all der Westernserien. Sie ist keinesfalls dem Genre „Neowestern“ zuzuschreiben, thematisiert aber neben den traditionellen Themen des Einzelkämpfers, der unwirtlichen Natur und der schweren Aufbauarbeit in teils gesetzlosen Umgebungen auch den alltäglichen Rassismus der Schmelztiegelnation und beleuchtet das Leben der eingewanderten Chinesen. Sie ist daher auch mehr als 20 Jahre nach Erscheinen des ersten Bandes definitiv lesenswert!
Inhalt:
John Chinaman ist der neue Name der Chen Long Anh in der neuen Welt verpasst worden ist. Der Western spielt in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts als viele Chinesen aus unterschiedlichsten Gründen ihre alte Heimat verlassen haben um in Amerika ihr Glück zu finden. Für die meisten bedeutete das schwere Arbeit bei geringem Lohn, fehlende gesellschaftliche Akzeptanz und Gehorsam gegenüber den Regeln der Triaden. Obwohl Chen als ausgebildeter Kämpfer der Triaden nach Amerika kommt, verweigert er bereits im ersten Band den Gehorsam und muss sich gegen seinen Förderer durchsetzen.
Er muss daher fliehen und beginnt seine Reisen
durch den amerikanischen Kontinent, die ihn zunächst nach Oregon führen. Neben
den Härten der Wildnis und des Rassismus wird er aber immer noch von seinen
alten Mitstreitern verfolgt.
Auch der dritte Band zeigt John im Konflikt
mit seiner Umwelt. Er versucht, ein Mädchen zu beschützen, und wird
fälschlicherweise der Entführung derselben beschuldigt. Alltäglicher Rassismus
und Ablehnung aller nicht Einheimischen sind ein klassisches Westernthema.
Auch der Konflikt zwischen irischen und chinesischen Arbeitern beim Bau der großen Eisenbahnlinien ist ein altbekanntes Motiv unzähliger Erzählungen in Film oder Comic. Und wieder gerät John zwischen die Fronten. Im Gegensatz zu „typischen“ Erzählungen wird aber in Chinaman vorrangig der chinesische Blickpunkt gezeigt.
Immer wieder wird John Chinaman daran gehindert, sein Glück und Ruhe zu finden. Einerseits jagen ihn Desperados und Mitglieder der Triaden, die auf seine Spur gekommen sind, andererseits kann er es auch nicht lassen, üble Dinge geschehen zu lassen, und legt sich beispielsweise mit einem Zuhälter an.
Immer wieder wird in der Serie das Thema der Ablehnung alles Andersartigen variiert und so verwundert es auch nicht, dass eine ganze Stadtbevölkerung sich gegen die zuziehenden Chinesen wehren will. Wie immer gibt es hier aber nicht nur schwarz und weiß, so dass die Konfliktlinien quer durch alle Schichten laufen. – Vieles davon basiert auf den eigenen Migrationserfahrungen von OlivierTaDuc und ist daher auch nachvollziehbar geschildert.
Dem folgen noch eine „Road-Movie“ Geschichte in zwei Bänden um den letzten Mitwisser über das Versteck einer Beute. Beide Bände haben eine spezielle Note durch das Mitwirken von John, könnten so ähnlich aber auch in anderen Settings funktionieren.
2021 ist nach 14 Jahren Pause eine Art „Reprise“ erschienen: Der Tiger erwacht! Der frustrierte und gestörte John Chinaman wird gezwungen, sich seiner Geschichte zu stellen und Entscheidungen zu treffen. Sehr gelungene Rückkehr zur ursprünglichen Serie, die Themen und Stimmung aufnimmt und in die Zukunft führt.
Grafik:
Der 1962 geborene Olivier TaDuc ist Franzose mit einem vietnamesischen Hintergrund, der auf für die Zeichnungen etwa bei XIII Mystery, Takuan oder Stille Rebellionen verantwortlich ist. Seine Zeichnungen sind detailreich und zeigen von einem gewissenhaften Quellenstudium. Seine Ansichten der alten Chinatowns sind genauso kunstfertig und genau wie die Darstellung eines Segelschiffes, der Landschaft oder der Einflüsse chinesischer Kampftechniken auf die Körperhaltung des Helden. Im Laufe der Bände werden die Zeichnungen etwas grobflächiger und detailärmer und wirken dadurch etwas weniger realistisch.
Der Aufbau der Seiten folgt generell dem klassischen vierzeiligen Muster; die Höhen der Zeilen sind aber nicht statisch und variieren häufig. Auch sind einzelne Panele über mehrere Zeilen gestreckt und nehmen häufig die gesamte Breite der Seite ein. Es ist also genügend Abwechslung vorhanden. TaDuc beherrscht dabei sowohl die ruhige Sequenz als auch die vom Film übernommenen schnellen Schnitte mit ständigem Perspektivenwechsel, wenn die Action es erfordert.
Auf jeden Fall vereint die Serie erfolgreich die typischen Bestandteile eines Western mit einem ungewöhnlichen Helden und Kampfszenen und meditative Elemente, die sonst nur in Eastern zu sehen sind.
In diesem Heft startet bereits die zweite der für 2019 angekündigten neuen Serien: Mortensens Abenteuer von Lars Jakobsen. Der dänische Autor und Zeichner ist in Deutschland möglicherweise wegen seines Strips über frustrierte Hennen bekannt; einige Folgen liefen als Zeichentrick in der Sendung mit der Maus. Zudem hat er bereits rund 250 Geschichten für Anders And, das dänische Donald Duck-Magazin verfasst. Die Geschichten um Mortensen sind Zeitreise-Abenteuer. Der Titelheld ist ein Zeitgeheimagent, der Kriminelle daran hindern will, die Vergangenheit ihrer Schätze zu berauben. Dafür benötigt er allerdings seine Zeitpistole… Graphisch startet der Comic, von dem im Original bereits 5 Bände erschienen sind, erst einmal im klassischen 4-Streifen Layout, das manchmal etwas aufgebrochen wird. Der Ankündigungstext benennt dazu Einflüsse von Herge, die teilweise auch zu entdecken sind. Ich finde aber auch Anklänge an Tabary.
Fortgesetzt wird Sauvage, der für mich den größten Widerspruch im Heft darstellt:
Der Text von Yann ist immer wieder
spannend und auch der Plot der Geschichte ist keinesfalls reizlos, die
Zeichnungen und insbesondere die Kolorierung von Felix Meynet macht aber immer alles wieder zu Nichte. Schade eigentlich.
Wesentlich stimmiger ist dagegen Jack Cool von Manini und Mangin. Die Merry Prankster sind im Haus von Tommy Neary angekommen um einer Erweckungszeremonie beizuwohnen. Während deutlich wird, dass sich Drogen und Feuer nicht unbedingt positiv ergänzen hat Jack ein Erfolgserlebnis, denn er findet die vermisste Tochter. Wie es mit dieser Story um die Mansfields weitergeht und ob sich zwischen Jack und Jesus-Grau noch etwas entwickelt, wird die Zukunft zeigen.
Der Weg des Untergangs findet dagegen leider in dieser Ausgabe sein Ende. Es bleibt zu hoffen, dass Corteggiani und Tisselli sich irgendwann einmal auf eine weitere Zusammenarbeit verabreden werden, denn der Western verknüpft spannende Thematik und grandiose Bilder äußerst gut und macht einfach Lust auf Mehr! Inhaltlich bekommt die Story auf den letzten Bildern noch einmal einen Twist, mehr sei aber nicht verraten!
In Empire USA 2.1 werden ein paar mehr Details über den mysteriösen Tod von Duanne Els bekannt und vielschichtige Verbindungen zu Russland und in die Türkei sowie zu Terroristen in Lettland spielen eine Rolle, der Leser*in fehlen aber noch entscheidende Versatzstücke. Genau so funktioniert des Konzept „Fortsetzung folgt…“ Graphisch ist Henri Reculé nicht der schlechteste Vertreter der aktuellen franko-belgischen (nicht-Fantasy-)Schule und daher definitiv sein Geld wert!
Ergänzend gibt es weitere Geschichten der gnadenlos guten Tizombi sowie die deutlich schlechteren aber immer noch bereichernden Parker & Badger, den zweiten Teil des Überblicks über Kinofilme nach franko-belgischen Comics (Asterix – Bäche und Flüsse), eine Vorstellung des Neustarts von Courtney Crumrin und lesenswerte Überlegungen von Bernd Glasstetter!
Mehr zum aktuellen Konzept des ZACK im Interview mit dem Chefredakteur.
Dazu passen das neue Album Encore von The Specials und kolumbianischer Hochlandkaffee.
Journal Din A 3 | jeweils 24 Seiten | s/w |
4,00 €
ISBN: 978-3-86869-011-8
ISBN Journale:978-3-96219-279-2 | -280-8 | -281-5 | 282-2
Der Altmeister ist wieder da und er hat nichts
verlernt; François Bourgeon meldet
sich mit dem achten Band seiner Serie „Reisende im Wind“ zurück.
Die ersten fünf Bände der Reisenden im Wind erzählten
die Geschichte der jungen Adeligen Isabeau
de Marnaye und des Bretonen Hoel; Sklavenschiffe, Flucht, Emanzipation und
Freiheit sowie das Leben in der Karibik sind die Stichworte, die diesen ersten
Zyklus umschreiben.
Heldin des
zweiten Zyklus ist die Urenkelin Isas, die von allen Zabo genannt wird. Die
zwei Bände starten in New Orleans und auf einer Plantage in Baton Rouge, aber
die Wirren des Sezessionskrieges verschlagen die Protagonistinnen auch an
andere Orte.
Der jetzt erschienene erste Teil des dritten Zyklus „Die Zeit der Blutkirschen“ spielt im Paris, Ende des 19. Jahrhunderts und damit wieder in Europa. Zabo nennt sich nun Clara und ist fest verankert in einer Gruppe aus Überlebenden der Massaker an den Kommunarden, Künstlern am Montmartre und einigen Bretonen. Gleich am Anfang während der Beerdigung von Jules Vallès, einem Anführer der Pariser Kommune, treffen Clara und ein junges bretonisches Mädchen, das sich in Paris als Hausmädchen verdingen will, aufeinander. Klervi, so ihr Name, wird Clara später wiedertreffen, bei ihr wohnen und in ihre Gesellschaft eingeführt werden. Sie ist auch die Ich-Erzählerin des Werkes. Bourgeon erzählt wie so oft nicht chronologisch, sondern inmitten von Einschüben auf verschiedenen Zeitebenen. Noch mehr als bei seinen früheren Bänden neigt er dazu, die geschichtlichen Hintergründe in Form wörtlicher Rede einzuführen, so dass die Panele teilweise etwas textlastig wirken. Es ist allerdings keine überflüssige Information, denn ohne sie wäre die Geschichte weniger verständlich. Wer noch mehr Informationen über die damalige Zeit, das Paris dieser Jahre und seine Gesellschaften, die Politik und die Karikatur sowie die Musik erfahren möchte, sei auf die vier bereits erschienenen Journale verwiesen.
In ihnen wird nicht nur der komplette Band in größerem Format (also fast im gezeichneten Entwurfsoriginal) in schwarz-weiß vorabgedruckt, es gibt zusätzlich noch ein über die vier Teile gesplittetes Interview mit Bourgeon über seine Intentionen, seine Arbeitsweise und seine Bezüge zur bretonischen und Pariser Kultur! Ergänzt werden die vier Zeitungsausgaben mit Artikeln über die Pariser Kunstszene am Montmartre, den Wert des Volksliedes, vor allem aber mit Artikeln über den Hintergrund der französischen Geschichte vor und während der Dritten Republik. Bedauert Bourgeon im Interview schon die Kenntnisse in Frankreich über diese Zeit, so dürfte dieses Wissen in Deutschland außerhalb von Geschichtsleistungskursen kaum vorhanden sein. Um es deutlich zu sagen: Für den Lesegenuss der Zeit der Blutkirschen ist kein Vorwissen erforderlich! Selbst ohne die beiden ersten Zyklen sind die Zeichnungen so grandios und die Geschichte so spannend, dass ein Kauf sich lohnen würde! Je mehr aber die Leser*in mitbringt, umso mehr ist an Tiefe zu entdecken da viele Hinweise auf Literatur, Geschichte und die früheren Bände eingearbeitet sind.
Der Vergleich
der Journale mit dem fertigen Band erlaubt ein Verständnis der Arbeitsschritte,
ist doch die Zeichnung sonst aufgrund der Kolorierung nur noch eingeschränkt
sichtbar. Seit einiger Zeit benutzt François
Bourgeon Filzstifte für seine Zeichnungen und koloriert später mit
Aquarellfarben. Seine Farbgebung hat nichts verschwommenes oder mattes, sondern
ist immer klar abgegrenzt. Wichtig ist ihm der Einfluss von Licht und Schatten.
Um dieses korrekt hinzubekommen (und auch um fehler- und widerspruchsfrei
arbeiten zu können) baut er oft Modelle von Objekten oder in diesem Fall sogar
des ganzen Stadtviertels, indem Clara und Klervi leben.
Einen großen
Teil dieser Geschichte nehmen die französischen und bretonischen Lieder ein,
die gesungen werden. Während sich im Journal die Übersetzungen auf den Seiten
finden sind sie in der Farbausgabe gesammelt am Schluss des Bandes
untergebracht. Sie sind durchaus integraler Bestandteil der Geschichte und
tragen zu dem Verständnis bei. In den Zeitungsausgaben finden sich daher auch
weiterführende Hinweise zu dem einen oder anderen Text.
Religion ist immer noch nicht die Sache von Bourgeon und so lebt er seine Kritik am Personal, dem Kirchenbau und der politischen Repräsentanz der Kirche in seinen Zeichnungen aus:
Der Künstler beherrscht weiterhin die
Darstellung menschlicher Körper sowohl in realistischer Manier als auch in
karikativer Übertreibung. Die Gesichter tragen Ausdruck wenn nötig und bieten
immer noch genügend Details und Tiefe, wenn nur „Ausschmückung“. Die
ganzseitigen Illustrationen sind perfekt komponiert und stimmig, was Licht und
Schatten angeht. Wer zum Beispiel die Szene mit dem Eifelturm bei Nacht
betrachtet, kann die Beleuchtung des Turms wirklich sehen. Die Geschichte ist
stimmig, spannend erzählt und trägt Aspekte des Gesellschaftsromans, eines
Krimis, eines Dramas und nicht zuletzt einer politischen Beschreibung. Der
Textanteil erinnert teilweise allerdings an Edgar
Jacobs.
Zum Schluss der Hinweis, dass die Geschichte weitergehen wird, denn Clara/Zabo hat sich bereit erklärt, „alles“ erzählen wollen. Der zweite Band ist allerdings noch nicht terminiert.
Klare Kaufempfehlung sowohl für die reguläre als auch für die Journal-Ausgabe, die nicht nur eine Ergänzung ist, sondern einen eigenständigen Zugang erlaubt.
Dazu passen französische Chansons und roter
französischer Landwein!
Der Koralle-Verlag verlegte nicht nur das
„alte“ ZACK sondern auch einige Sonderreihen wie die Zack (Comic) Box, die in
Albenform Abenteuer der Zack-Helden präsentierte oder die Zack Parade, die im
Taschenbuchformat entsprechendes Material enthielt. Insgesamt erschienen
zwischen 1972 und 1981 43 Ausgaben. Anfang dieses Jahrtausends wurde der Brand
kurzfristig für zwei Ausgaben (Dan Cooper und Luc Orient) von Salleck Publications fortgeführt.
Als Beispiel für diese Reihe soll hier der 1974
erschienene Band 9 näher vorgestellt werden, enthält er doch gleich drei
Geschichten von klassischen Helden.
Dan Cooper von Albert Weinberg deckt dabei die Techniksparte ab, die in anderen Bänden von Mick Tangy (sic!) oder Michel Vaillant vertreten wird. Für die Zielgruppe der Jungen, technikbegeistert und motorenlärmaffin, wurde im Zack einiges geboten: Neben den Comics gab es Berichte über neue Motoren, Flugzeuge oder Rennberichte und Dan Cooper war als Testpilot, der auch Science-Fiction oder Krimi Elemente in seinen Geschichten zu durchleben hatte, einer der beliebtesten Charaktere dieser Ära. Mittlerweile gibt es im Splitter-Verlag eine 15-bändige Gesamtausgabe aller Dan Cooper Stories.
Die hier abgedruckte Geschichte „Die Männer mit den goldenen Flügeln“ ist der 16. Band der Originalreihe. Dan Cooper ist einer Kunstflugstaffel zugeteilt und so werden atemberaubende Kunststücke eingeübt und vorgeführt und nebenbei noch in einem Artikel erläutert. Natürlich ist Mut dafür von Nöten der allerdings nicht in Leichtsinn ausarten darf. Insgesamt sicher spannend, im Vergleich zu anderen Geschichten um Cooper allerdings eher Durchschnitt.
„Die Wölfe von Wyoming“, der dritte Band der Westernreihe „Comanche“ von Hermann (Huppen) und Greg (Michel Regnier) steht für das Thema Western, das im realistischen Bereich vor allem von Leutnant Blueberry und eben Comanche, aber auch durch Caine abdeckt worden ist. Im Funny-Bereich kamen mit Lucky Luke von Morris und Umpah-Pah von Goscinny und Uderzo aber auch Häuptling Feuerauge von Gordon Bess weitere Schwergewichte hinzu. Auch Comanche liegt mittlerweile in einer mustergültigen Fassung im Splitter-Verlag vor.
Die Serie Comanche spiegelt nicht den typischen sauberen Westernhelden; Red Dust ist ein ehemaliger Revolverheld der auf einer kleinen Ranch, die von einer Frau geleitet wird, angeheuert hat. Im Umfeld der Konflikte mit Indianern, großen Ranchern und Verbrechern müssen sich die Protagonisten, zu denen auch noch ein weißes Greenhorn, ein junger Farbiger und ein alter Mann gehören, immer wieder neu zusammenraufen und beweisen. Hier geht es um eine mörderische Bande und das alte Thema der Gerechtigkeit, das Hermann allerdings etwas brachialer angeht als andere. Das Artwork ist dabei allerdings grandios!
Vervollständigt wird die Zack Comic Box 9 mit dem „Krater des Verderbens“ von Luc Orient, getextet ebenfalls von Greg und gezeichnet von Eddy Paape. Neben den Fernsehadaptionen von Enterprise und Mondbasis Alpha 1 sowie den im Zack publizierten Geschichten um Valerian und Veronique wird damit der Bereich der Science-Fiction abgedeckt. Auch dieses Thema passte perfekt für die jugendlichen, männlichen Leser des Zack und war durch eine Vielzahl von Romanen etwa bei Heyne, Goldmann und Pabel/Moewig ein Topseller der damaligen Zeit. Luc Orient erschien vor einigen Jahren als fünfbändige Gesamtausgabe bei Egmont EHAPA und in neuen Hardcover Einzelbänden ab Februar dieses Jahres beim All-Verlag.
In diesem, im Original siebten Band geht es um seltsame Vorkommnisse in der Nähe eines durch einen Meteoriteneinschlag verursachten Kraters. Das Team von Eurocristal wird in die Untersuchungen eingeschaltet und muss nebenbei noch einen Mord aufklären. Dieses Abenteuer gehört nicht in die Reihe der Geschichten auf Terango, die im Magazin veröffentlicht wurden. Spannende Kost, die verschiedene Genres gut verknüpft und zeichnerisch ansprechend darbietet.
Die Comic Boxen boten den damaligen
Leser*innen zu einem erschwinglichen Preis lange Geschichten ihrer Lieblingshelden
und dienten teilweise auch dem Test neuer Inhalte. Nicht immer handelte es sich
um Erstveröffentlichungen und teilweise wurde der gleiche Inhalt mehrfach
verwertet. Trotzdem ist der Versuch, Comics aus dem frankobelgischen oder
amerikanischen Raum auch in Deutschland einem breiten Publikum zugänglich zu
machen und aus der Schmuddelecke zu befreien, im Nachhinein nicht hoch genug zu
würdigen. Viele der damaligen Jugendlichen hatten so einen – im Gegensatz zu
den teilweise kruden Übersetzungen durch Kauka – unverfälschten Zugang zu den
Highlights der aktuellen Comics und wurden dadurch so stark geprägt, dass die Serien
sich heute noch gut verkaufen und die „Generation Lehning“ durch die
„Generation Zack“ abgelöst worden ist. Das Maschinen-Lettering, die
Papierqualität und der Druck sind allerdings nicht mehr zeitgemäß und wurden
mittlerweile optimiert und auch die Übersetzungen sind angepasst worden.
Der Zack Comic Box Superband 9 sollte auf
einschlägigen Plattformen oder im Comichandel noch gut erhältlich sein. In
Super-Sammler-Qualität werden dafür in etwa 18 € fällig, „lesefähige“ Ausgaben
sollten für unter 5 € gefunden werden können.
Dazu passt Nostalgisches: KiBa und Glam-Rock, etwa von den Anfängen von
The Slade oder The Sweet.
Der Splitter-Verlag ist mittlerweile der deutsche Comic-Verlag mit dem größten Output, zumindest, wenn man das Segment der Manga, Manhwa etc. einmal außen vorlässt. Zudem zelebriert er wie kein anderer sein Programm über die bekannten Vorhänge und zuletzt den Adventskalender. Im Folgenden ein Interview mit einem „Splitterer“ über den Verlag, das Programm und eine Annäherung an das Thema „Comics für Erwachsene“.
c-o: Kannst du dich unseren
Leser*innen bitte kurz vorstellen?
Hallo, mein Name ist Max, und nehme bei Splitter verschiedene Aufgaben wahr, unter anderem die Pressearbeit und die Kommunikation nach außen. Außerdem habe ich ein offenes Ohr für Händler- und Kundenanfragen, schreibe unsere Marketingtexte und treibe mich in den sozialen Medien herum. Das meiste davon mache ich allerdings nicht allein.
Max vom Splitter-Verlag
c-o: Zu Beginn ein
Rückblick auf die Geschichte des Verlages, ihr habt im letzten Jahr schließlich
ein Jubiläum gefeiert: Warum habt ihr euch eigentlich damals entschlossen, die
„Alte Marke“ Splitter neu zu positionieren und einen eigenen Verlag zu gründen?
Der „neue“ Splitter Verlag wurde 2006 gegründet. Bis auf den Namen wurde auch nichts vom „alten“ Splitter Verlag übernommen (der 2000 aufgelöst wurde), weder Lizenzen noch Mitarbeiter oder sonstige Ressourcen. Aber wir arbeiten auch im frankobelgischen Comicsegment und in einer ähnlichen Genre-Ausrichtung. Die drei Gründer Delia Wüllner, Horst Gotta und Dirk Schulz sahen zum Zeitpunkt unserer Gründung genau da eine Lücke in der deutschen Szene. Damit hatten sie offensichtlich recht.
Die bisher erhaltenen Rudolph-Dirks-Awards des Splitter-Verlags
c-o: Während in den ersten
Programmen Fantasy und Science Fiction dominierten, sind im Laufe der Zeit
immer mehr Genres wie Western oder Mystery dazugekommen. Mittlerweile habt ihr
auch immer mehr klassische franko-belgische Serien dazu genommen. Welchen
Anspruch verfolgt ihr damit als Verlag?
Unsere Kernsegmente sind immer noch diese beiden Genres und dort
v.a. neue Serien. Aber als der Verlag groß genug wurde, um Serien wie
„Storm“, „Comanche“ oder „Dan Cooper“ als
Lizenzen angeboten zu bekommen, mussten wir einfach zuschlagen. Wir sind
schließlich selbst große Fans einiger Klassiker, und wir machen unsere
Gesamtausgaben auch deshalb, weil wir diese Comics in bestmöglicher Qualität
und zu fairen Preisen verfügbar halten wollen. Unser Anspruch an uns selbst ist
dabei sehr hoch, und in die Aufbereitung des alten Materials fließt teilweise
enorm viel Arbeit – Sammeln und Aufbereitung des alten Bildmaterials, Recherche
der Publikationsgeschichte, redaktionelle Texte schreiben etc. pp.
c-o: Ihr macht „Comics für
Erwachsene“. Kannst du das etwas näher definieren?
Der allergrößte Teil unseres Programms ist und war eben „für Erwachsene“, keine Comics für Kinder. Seit wir toonfish haben, stimmt das natürlich nicht mehr so ganz. Aber Comics sind für viele Deutsche immer noch „Kinderkram“, da sich ihr Wissen um das Medium mit „Asterix“ und „LTB“ erschöpft. Vielleicht ist dieses Label heute nicht mehr unbedingt nötig, da zumindest Graphic Novels einer breiteren Leserschaft bekannt sind.
Ein Teil des Archives
c-o: Viele Comics wie
etwa Conan präsentieren ein absolut nicht mehr zeitgemäßes
Rollenbild und bedienen auf den ersten Blick vor allem überholte Klischees.
Warum sollte man das trotzdem veröffentlichen wollen?
Was jetzt kommt, ist zu einem Großteil meine persönliche Meinung und nicht die offizielle Position des Verlags. Das Thema ist viel zu vielschichtig und „heiß“, um darauf als Firma vernünftig antworten zu können: Wir beurteilen die meisten Comics tatsächlich erstmal anhand ihrer Zeichnungen. Und „Conan“ verspricht damit der Auswahl der beteiligten Künstler einfach Exzellenz. Gleichzeitig kann und sollte man diese Reihe als das lesen, was sie ist: werkgetreue Adaptionen von ziemlich alten, im positiven Sinne trashigen Romanen. Problematischer sind vielleicht moderne Reihen wie „Ekhö“ oder „Gunblast Girls“ die ein sehr sexualisiertes Frauenbild transportieren. Man kann den Protagonistinnen dabei durchaus zuschreiben, dass sie agierende und starke Charaktere sind, die nur „nebenbei“ auch sehr gut aussehen. Muss man aber nicht, das ist klar. Es ist auch schwer, eine Grenze zu ziehen, denn man kann auch die bloße Darstellung einer vollbusigen Dame im engen Kostüm (wie sie in Superheldencomics der Standard ist) bereits als anstößig empfinden. Oder wie ist zum Beispiel „Lady Mechanika“ zu betrachten, eine Reihe, die auch bei Leserinnen enorm beliebt ist? Wir als Verlag wollen vor allem Titel verlegen, an denen unsere Kunden Freude haben. Wir haben auch mehr als genug Bücher im Programm, die Themen wie Feminismus, Homosexualität, Ausgrenzung und Rassismus thematisieren: „Blau ist eine warme Farbe“, „Betty Boob“, „Liebe auf Iranisch“, „Die Frau ist frei geboren“, „7 Frauen“ und auf ihre Art auch Thriller wie „Katanga“ oder „SHI“… diese Liste lässt sich lange fortsetzen. Vieles davon ist Interpretationssache, aber wir versuchen wirklich, ein breites Spektrum anzubieten. Die letzten drei deutschen Künstler, die wir ins Programm genommen haben, sind Frauen: Frauke Berger, Claudya Schmidt und demnächst Katrin Gal. Das liegt nicht daran, dass wir Künstlerinnen grundsätzlich bevorzugen würden, aber ich glaube wirklich nicht, dass wir zu einem Ungleichgewicht der Geschlechter in der Comicszene beitragen. Gleiches gilt für die anderen größeren Comicverlage in Deutschland, soweit ich das beurteilen kann. Die icom-Debatte will ich hier aber nicht noch mal aufwärmen. Fakt ist jedoch, dass der durchschnittliche Comicleser männlich ist und Frankreich einen sehr viel offeneren Umgang mit Sexualität und Frivolität pflegt. Das schlägt sich auch in den Comics nieder, die dort immerhin fast ein Drittel aller Buchverkäufe ausmachen. Das hat natürlich große Auswirkungen auf die Lizenzen, die wir einkaufen und hier verlegen können. Würden wir „problematische“ Comics ausklammern, zu denen viele Klassiker übrigens auch gehören, könnten wir uns schlichtweg nicht am Markt halten, und wir würden auch unserem Anspruch als frankobelgischer Verlag in Deutschland nicht mehr gerecht werden.
Der Pausenraum
c-o: Für die Statistiker:
Welches sind eure größten Erfolge und was war der größte Flop?
Erfolge: „Die alten Knacker“ (Band 1 ist in der 6.
Auflage), „Im Westen nichts Neues“ (5. Auflage), „Blau ist eine
warme Farbe“ (4. Auflage). „Der Incal“, „Ekhö“,
„Elfen“, „Storm“ und „Thorgal“ laufen als Reihen
schon lange sehr gut. Von den neueren Serien sind vor allem „Lady
Mechanika“ und „Black Hammer“ wirklich eingeschlagen.
Flops: „Terra Australis“ und die englische
„Assassin’s Creed“-Reihe (die französische Serie lief gut) waren
besonders schmerzhaft, weil beide sehr teuer in Einkauf und Herstellung waren
und nur einen Bruchteil wieder einfahren konnten.
c-O: Zum Schluss ein
Ausblick auf das kommende Programm: Worauf freut ihr euch am Meisten und was
wird eurer Meinung nach die Leser*innenschaft am meisten begeistern?
Wir hoffen, dass unser neues Label „Splitter Diamant“ bei unseren Leser*innen gut ankommt. Uns werden oft solche XXL-Überformatausgaben in schwarz-weiß aus Frankreich in den Verlag geschickt, und es ist für uns ein kleiner wahrgewordener Traum, dass wir diese jetzt auch in Deutschland verlegen. Wir hoffen, dass wir das Segment in kommenden Programmen weiterführen können, denn es gibt so viele herausragende Comics, die eine derartige Präsentation verdienen! Außerdem sind wir sehr stolz, die deutsche Künstlerin Katrin Gal verlegen zu können, die mit ihrem Sci-Fi-Comic „Radius“ wirklich tolle Arbeit geleistet hat. Und für die Nerds der alten Garde: Wir konnten das neue Projekt von Alain Ayroles und dem „Blacksad“-Zeichner Juanjo Guarnido sichern! Wir wissen selbst noch fast nichts darüber, aber wir freuen uns wahnsinnig darauf.
Cover Splitter Diamant UCC Dolores 1
Cover Splitter Diamant Lebende Tote
Cover Splitter Diamant Der Incal 1
c-o: Ihr bringt zu dem neuen Bourgeon erstmals
begleitendes Material in einer zeitungsartigen Form heraus und bietet den
Fans dadurch erheblich mehr als „nur“ das Album. Habt ihr schon
Reaktionen darauf erhalten?
Die Reaktionen sind eigentlich durchweg gut. Ein
Bestseller sind die Zeitungen nicht, aber das war uns vorher klar, da die
Käuferschaft für „Reisende im Wind“ Bd. 8 ziemlich klar definiert
ist. In Frankreich werden solche Vorabveröffentlichungen häufiger gemacht, z.B.
auch für „Das Schloss in den Sternen“, und wir wollten einfach mal
schauen, ob das hierzulande auch funktioniert. Es ist sicherlich kein Konzept,
das wir jetzt durchgängig und für viele Alben anbieten werden, aber man muss hin
und wieder auch etwas Neues versuchen.
c-o: Vielen Dank, Max, für die ausführlichen Antworten! Ich bin sehr gespannt auf die Diamant-Ausgaben und war bisher in Comic-shops im Ausland immer sehr neidisch auf die dortigen Möglichkeiten. Viel Glück damit und macht weiter mit dem Ausprobieren!
Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift für Graphische LiteraturREDDITION widmet sich
ganz dem Künstler Peyo, seinem
Atelier und den Schlümpfen.
Auch dieses Mal erhalten Abonnenten wieder
ein Schmankerl, nämlich eine auf 500 Stück limitierte Broschüre mit neun
halbseitigen Werbecomics für Kellogg’s
Corn Flakes von 1965 in deutscher Erstveröffentlichung.
1958 hatten die blauen Kobolde ihren ersten Auftritt als Gäste in Johann und Pfiffikus auf den Seiten des belgischen Comic-Magazins Spirou doch schon bald sollte ihre Popularität die aller anderen Serien von Pierre Culliford, der als Peyo veröffentlichte, übertreffen.
Über die Entstehung ihres Namens in
Verbindung mit Wortfindungsstörungen für einen Salzstreuer ist schon oftmals
geschrieben worden. Die Reddition bleibt aber nicht bei dieser Anekdote stehen,
sondern beschreibt in einem Artikel von Volker
Hamann auch die Wortkreationen für die verschiedenen Sprachen und die
Entwicklung in Deutschland. Anfangs wurden die Wesen nämlich auch hierzulande
noch unter einem ganz anderen Namen vertrieben.
Überhaupt bilden die Schlümpfe eine Besonderheit im Comic-Kosmos, waren sie doch die ersten, die ihren Siegeszug nicht (nur) im Comic, sondern vor allem im Merchandisebereich antraten und so gibt es wohl keinen Haushalt, der nicht schon einmal eine der Schleich-Figuren (oder eine der kurzfristigen Bully-Varianten) ihr Eigen genannt hat. Die Geschichte der Figuren beschreibt Falk Straub, wie immer reich bebildert und mit unzähligen kleinen Fakten angereichert.
Um die Popularität der Schlümpfe komplett zu verstehen, ist es aber ebenso wichtig, einen Blick auf ihre TV- und Filmkarriere zu werfen. Thorsten Hanisch erlaubt einen Überblick in die europäischen und vor allem amerikanischen Umsetzungen und ihre Verbreitungen. Dazu kommen Artikel über die Schlümpfe in Deutschland – hier ist vor allem zunächst wieder einmal Rolf Kauka und Fix und Foxi zu erwähnen – und in den USA. Natürlich findet auch Vader Abraham mit seinem Gassenhauer eine Erwähnung.
Beilage für Abonnenten
Da Peyo
aber neben ungezählten Aufträgen für neues Schlumpf-Material auch seine anderen
Serien (die bereits erwähnte Ritter-Story Johann
und Pfiffikus aber auch Pussy und
Benny Bärenstark) zu bedienen hatte,
blieb ihm keine andere Möglichkeit als die Errichtung eines eigenen Ateliers
mit ihm zuarbeitenden Künstlern. Diese nicht immer ganz rühmlich verlaufene
Geschichte wird von Peter Osteried
und Volker Hamann geschildert.
Das Dossier beginnt mit mehreren Artikeln
über Peyo selbst, seiner Entwicklung
von Jugendtagen an bis zu seinem Tod und der Übersetzung seines letzten
Interviews aus dem Jahr 1992 und wird mit einer Bibliographie der Comics von Peyo und seinem Studio und ihrer
deutschen Veröffentlichungen, die einzig die Erwähnung der limitierten Beilage
„vergessen“ hat, abgerundet.
Was aber wäre die Reddition, wenn es nicht auch eine Auseinandersetzung mit den Inhalten gäbe? Uwe Zimmermann nähert sich analytisch auf zwei Weisen den Inhalten des Schlumpf-Universums. Während die Schlümpfe einerseits klassische Charaktere der Mythen und Abenteuergeschichten im niedlichen Gewand darstellen, symbolisieren ihre Konflikte andererseits typische Menschheitsprobleme. Diese inhaltliche Tiefe geht allerdings im Laufe der Entwicklung immer mehr verloren und am Ende sind es einfach (nur noch) routiniert erzählte aber austauschbare Geschichten.
Wieder einmal beweist das Team der Reddition, dass es ein
Thema umfassend bearbeiten kann. Das Konzept, zwei Mal im Jahr einen Komplex zu
analysieren und darzustellen, also Breite und Tiefe anzubieten, geht auch in
diesem Fall auf und belegt die Alleinstellung dieser Zeitschrift. Auch wenn
nicht jedes Dossier für jede*n gleich interessant sein mag, es gibt keine
andere Möglichkeit in Deutschland, Informationen über Comics, ihre
Künstler*innen, Inhalte und Rezeptionen, so geballt und gut layoutet, zu
bekommen.
Dazu passen eine Kanne Tee oder aufgebrühte
Sarsaparille und BritPop, etwa von Blur.