Sensationsjournalismus und kulturelle Mission

ZEBRA-Newsletter – Zweiter Sammelband: 2013 – 2019

Herausgeber: ZEBRA-Redaktion
ZEBRA c/o Georg K Berres oder GoGer att web.de
Din A4 geheftet | 64 Seiten | s/w | 8,00 €
ISBN/ISSN: n/a

Cover ZEBRA-Newsletter Zweiter Sammelband

Alle sechs Monate hat die in Köln ansässige ZEBRA-Redaktion einen Newsletter verschickt mit neuen Zeichnungen, Comics, Reportagen, Tratsch und Klatsch über die deutsche Independent-Comic-Szene und die Familientreffen, genannt Comic-Börsen. Dazu kommen regelmäßige Sonderbände und Hefte.

Der ZEBRA-Sonderband 27 enthält die Ausgaben 25 bis 38, endet also noch vor den Einschränkungen und Besonderheiten der Corona-Ära. Trotzdem kann man schon merken, dass die Szene sich ändert, Börsen mit Zeichner*innentischen immer seltener werden und große, offizielle Meetings wie die Frankfurter Buchmesse oder die Essener SPIEL das gehypte neue Kind wieder in die Schmuddelecke verstoßen. Wie gut, dass es wenigstens ein paar wiederkehrende Ereignisse gibt, von denen man immer wieder berichten kann.

Natürlich wird auch auf alle während dieser Jahre erschienenen ZEBRA-Publikationen hingewiesen, so dass sich das Dokument der Zeitgeschichte auch dazu eignet, eigene Lücken zu erkennen und über die Bestelladresse zu schließen. Wer die Menge an Text nicht unbedingt komplett lesen möchte, kann sich dank des hervorragenden Index direkt zu dem gewünschten Newsletter begeben. Spaß macht es aber, das Werk von vorne bis hinten zu lesen!

Dazu passen alte deutsche Fun-Punk-Bands, etwa die Goldenen Zitronen, und ein roter Tafelwein.

© der Abbildungen 2013 – 2019 bei den jeweiligen Zeichner*innen und Verlagen c/o ZEBRA-Redaktion, Köln

Dufeaux/Theo, Delaby – Murena 12

Tod eines Weisen

Story: Jean Dufaux
Zeichnungen: 
Theo; Philippe Delaby

Originaltitel: Murena : 12. Mort d´un sage

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |64 Seiten | Farbe | 18,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-496-7

Cover Murena 12

Kaum eine Serie geht einerseits so akribisch mit wissenschaftlichen Hintergründen und Erkenntnissen um und nimmt sich gleichzeitig das Recht auf dramatische Darstellungen heraus. Auch in diesem Band finden sich wieder zwei Fußnoten, die darauf hinweisen, dass der wirkliche Tod gegenüber der Story zurücktreten musste. Trotzdem (oder gerade deswegen?) ist Murena eine außergewöhnliche spannende Darstellung Roms unter der Herrschaft Neros.

Wie gewonnen, so zerronnen …

Held dieser Serie ist Lucius Murena. Gleichaltrig mit dem späteren Herrscher Nero wird Murena in das höfische Leben verwickelt. Er spielt zwar mit, versucht aber eigentlich nur, zu überleben. Wer Dufaux kennt, etwa als Szenarist der Reihe Djinn, weiß, dass er immer auch freizügige Elemente in seine Stories einbaut. Früher war Lucius der schönen Lemuria verfallen. Sie hatte ihn gerettet und zum Liebhaber genommen, doch Murena hatte sie für eine andere verlassen.

Murena 12 page 5

Jetzt ist Lemuria wieder in Rom und versucht erneut, Kontakt aufzunehmen. Gleichzeitig scheint ihr Bruder, das Oberhaupt der Pisonen, in eine Verschwörung verwickelt zu sein. Wird Murena das gerade wiedererlangte Vertrauen des Cäsaren wieder verlieren?

Ein weiterer Handlungsstrang entwickelt sich um Seneca, den früheren Lehrer Neros und sein Verhältnis zu Agrippina, der Mutter des Herrschers. Es geht das Gerücht, dass die Kämpferin Hydra in einer Verbindung zu den Beiden stehen könnte. Sie ist nicht nur eine ausgezeichnete Gladiatorin, sondern auch eine Auftragsmörderin. Für Spannung ist in Tod eines Weisen also gesorgt.

Murena 12 page 6

Realistische Fülle

Die ersten beiden Zyklen waren von Philippe Delaby gezeichnet worden. Dieser starb jedoch nach Band 9 und Theo hatte übernommen. Im Stil seinem Vorgänger sehr ähnlich, überträgt er das Leben aus der damaligen Megastadt in sehr anschauliche Bilder. Sowohl Dreck und Armut, Gewalt und Verruchtheit, als auch der Luxus der herrschenden Klasse werden deutlich, und die handelnden Personen, selbst als Staffage, sind glaubhaft.

Und so stehen der verstümmelte Buckelige, die Soldaten, die fetten Senatoren und die ihren Körper einsetzenden Frauen gleichberechtig nebeneinander als Abbilder ihrer Zeit. Und obwohl der Comic keinesfalls aus „hübschen Bildern“ besteht, könnte man fast auf jeder Seite eines finden, dass es Wert wäre, als Druck vertrieben zu werden.

Detail Murena 12 page 9

Eine der besten History-Serien!

Was soll ich sagen? Murena ist eine der besten Serien aus dem History-Segment und definitiv sammelwürdig! Dufaux verknüpft erotische Elemente, historische Fakten und hinzugefügte Details zu einer sehr spannenden Geschichte die Nero von einer ganz anderen Seite beleuchtet. Man sieht seinen Wandel vom Herrscher mit gut gemeinten Vorstellungen hin zu einem psychopathischen Alleinherrscher, der keine Schranken mehr akzeptiert. Gleichzeitig wird aber auch das Leben in der Stadt selbst nicht ausgeblendet!

Schließlich gibt es auch immer wieder „Einsprengsel“, die jede*n Lateinlehrer*in erfreuen dürften, haben doch immer wieder Philosophen und Künstler ihre Auftritte, die in Fußnoten eingeordnet werden. Zeitgleich mit Band 12 ist auch der sechste Teil der Gesamtausgabe erschienen. Hier werden jeweils zwei Bände mit einem anderen Cover publiziert.

Cover Murena GA 11/12

Dazu passen Bow Wow Wow mit ihrer sehr eigenwilligen Performance und ein Nero Davola!

© der Abbildungen 2024 Dargaud Benelux (Dargaud-Lombard s.a.) by Dufaux, Theo, Delaby | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2025

Dufaux/ Miralles – Djinn Sammelband 2

Zweiter Zyklus: Afrika

Story: Jean Dufaux

Zeichnungen: Ana Miralles

Originaltitel: Djinn – Integrale second cycle

Schreiber & Leser – Alles Gute!

Hardcover | 264 Seiten | Farbe | 39,80 € | 
ISBN: 978-3-96582-179-8

Cover Djinn Sammelband 2

Eine Djinn ist eine Frau, die Männer und Frauen in ihren Bann zieht. Sie kann bestimmen, wer ihr verfallen wird und dadurch Macht über die andere Person erlangen. Der Preis, den sie dafür zahlen muss, ist, nicht lieben zu können. Die junge Kim Nelson ist auf der Suche nach ihrer Großmutter, Jade, die zunächst im türkischen Orient die Fähigkeiten lernen musste, die eine Djinn braucht. Diese finden sich im ersten Sammelband.

Fieber, Urwald, Aufstände

Vor geraumer Zeit sind die fünf Alben des Afrika-Zyklus der Serie in den Einzelbänden 5 bis 9 erschienen, vor einigen Jahren dann als kleinformatige Gesamtausgabe. Die gerade auf den Markt gekommene Edition bringt die Alben in einem Hardcover in Originalgröße und erlaubt so den Bildern von Ana Miralles zu wirken. Jade hatte sich zusammen mit Lord und Lady Nelson nach Afrika aufgemacht. Von der Sinnlichkeit, die die ganze Atmosphäre während der ersten vier Teile auszuströmen schien, ist aber wenig übriggeblieben.

Afrika wird wesentlich rauer dargestellt. Dort sind Körper zwar weniger verhüllt, dieses erfolgt aber nicht mir irgendeinem Ziel. Die Lebensumstände sind gefährlich, der mit Rassismus durchsetzte Kolonialismus führt zu Aufständen und auch die einzelnen Gruppen der Einheimischen sind sich nicht immer wohlgesonnen. Wieder verschränkt Dufaux die Zeitebenen von Jade und Kim und schickt letztere auf die Suche nach den schwarzen Perlen die erstere mühsam erlangt hatte.

Djinn Sammelband 2 page 89

Fibervisionen und Träume gehen ineinander über und erlauben Kim, den Weg ihrer Verwandten zu erkennen und ihm folgen zu können. Dabei geht es – natürlich – um Machtausübung und die Skrupellosigkeit, die notwendig war, sie ergreifen zu können. Im Endeffekt verschwimmen sogar die Grenzen zwischen der Frau Jade, ihrer Eigenschaft als Djinn und ihrer Inkarnation als Göttin.

Träume, Zeremonien, Massaker

Hatte Ana Miralles im osmanischen Zyklus noch viele erotische Szenen zu zeichnen, reduzieren sich diese in den hier versammelten Bänden auf wenige Stellen. Die Stimmung erlaubt keine Gemeinsamkeit allein des Vergnügens wegen. Vereinigung hat hier ein Ziel, ist entweder Teil eines Ritus oder Machtausübung, und dementsprechend auch anders darzustellen. Die Heldin allerdings ist fast immer nur von ihren Tätowierungen und einem kurzen Kampfdress geschmückt und personifiziert mehr die Göttin als die Frau. Insofern liegt dieser Band irgendwo zwischen dem ersten Zyklus und Ava.

Djinn Sammelband 2 page 90

Davon abgesehen ist aber auch die Umgebung eine vollkommen andere: Miralles zeigt viele unterschiedliche Beispiele afrikanischer Natur, ist doch das erklärte Ziel, den Kontinent als Ganzes zu erfassen und zu symbolisieren. Dieses Ziel wird nur teilweise erreicht und beschränkt sich auf die Darstellung von Stereotypen, schafft durch diese Symbolisierung aber auch die richtige Umgebung für die Inkarnation der Göttlichkeit. In dieser Erzählung schaffen die beiden Künstler*innen es auch, die Ichbezogenheit und Brutalität der weißen Eroberer zu zeigen. Diese verachten die Afrikaner*innen, wollen sie nicht verstehen und gehen über Leichen.

Mehrschichtig!

Man könnte es sich leicht machen und die Serie wegen der häufig zu sehenden nackten Haut in eine Schublade packen. Man würde ihr damit aber nicht gerecht werden. Dufaux packt eine ganze Reihe an geschichtlichen Hintergründen und philosophischen Fragestellungen in die Erzählung. Teilweise reduziert er Männer auf stupide Idioten, er lässt aber auch Exemplare zu, die denken können. Miralles wiederum setzt seine Einfälle kongenial um. Für sie ist kein Mensch ein Objekt. Sie erlaubt ihnen noch in ihrem Untergang, Würde zu bewahren.

Jeder einzelne Band ist mit einer Einführung des Szenaristen versehen. Dazu kommt ein Anhang mit zusätzlichen Zeichnungen und weiterführenden Bemerkungen über den Zyklus. Wer die einzelnen Alben besitzt, wird außer dem Anhang nichts Neues entdecken können. Alle anderen, die Comics für Erwachsene schätzen, denen eine verzweigte Story zu Grunde liegt und die in mehreren Zeitebenen über drei Kontinente führt, sollten hier einen Blick riskieren. Wer will kann sich auch die limitierte Vorzugsausgabe mit einem signierten Druck zulegen!

Djinn Sammelband 2 - VZA - Druck

Dazu passen Descartes A Kant mit ihrer Mischung aus Crossover und Performance und ein Schirmchengetränk auf Mango-Basis.

© der Abbildungen Dargaud Benelux (Dargaud-Lombard S.A.) 2020 by Miralles, Dufaux / 2025 Verlag Schreiber & Leser

Cauvin/Berck –Sammy und Jack Integral 5

1982 – 1985

Story: Raoul Cauvin
Zeichnungen: 
Berck (Artur Berckmans)
Originaltitel:
Sammy – Integral 5

Kult Comics

Hardcover | 264 Seiten | Farbe | 39,00 € | 
ISBN: 978-3-96430-254-0

Cover Sammy und Jack Integral 5

Halbzeit! Mit diesem Band ist die Hälfte der Strecke geschafft, fünf weitere Bände folgen noch. Die Geschichten der mehr oder weniger erfolgreichen Leibwächter aus dem Chicago der Prohibitionszeit ist für den Zeichner Berck die erfolgreichste Serie der langen Laufbahn. Nicht zuletzt aufgrund dieser Reihe wurde ihm der renommierte Stripgidspreis verliehen. Mehr dazu im wie immer ausführlichen redaktionellen Teil.

Action unterwegs und zuhause und die liebe Familie

Dieses Sammy & Jack Integral versammelt erneut vier Alben, die zwischen 1982 und 1985 erstellt worden sind. Zunächst gibt es eine Fortsetzung des Jugendelixiers. Sowohl der alte, reiche Mann als auch sein geldgieriger Neffe waren in Babys verwandelt worden. Ihr Geisteszustand ist aber wieder der Alte und erneut bekämpfen sie sich, nun als Killer-Babys! Das zweite Abenteuer schickt die Leibwächter in offiziellem Auftrag nach Italien. Sie sollen ein kleines Artefakt zurückbringen, das in einer kleinen Kirche versteckt ist. Sie sind allerdings nicht die einzigen, die auf der Suche sind. Eine irrwitzige, slapstickhafte Jagd beginnt und führt schließlich zu Panik im Vatikan.

Sammy und Jack Integral 5 page 43

Diese Geschichte scheint den überbordenden Humor der Beiden noch nicht erschöpft zu haben und so folgt gleich danach eine ähnliche Story. Die beiden sollen zum Schutz des Staates Pläne zurückbringen, die ein verstorbener Wissenschaftler scheinbar seinem Verwandten anvertraut hat. Dieser will die Pläne an eine ausländische Macht verkaufen, die Übergabe soll in einem Zirkus stattfinden. Wieder ist eine ganze Horde unterwegs und es ist fraglich ob die Gorillas in der Manege überleben werden.

Zum Abschluss kommen schließlich diverse Kurzgeschichten zum Abdruck die unter dem Titel Ma betritt die Bühne erschienen sind. Die Mutter von Jack Attaway hat ihr langweiliges Rentnerinnenleben satt und beschließt nach Chicago zu ziehen. Jack möchte seiner Mutter vorschwindeln, eine sehr erfolgreiche Agentur zu führen, und zwingt daher Sammy zu einigen Scharaden. Seine Mutter ist jedoch keineswegs eine alte, hilflose Frau und entwickelt eigene Aktivitäten.

Sammy und Jack Integral 5 page 44

Routiniert, aber mitreißend

Die Schaffenskraft von Berck war Anfang der 80-er Jahre auf dem Höhepunkt. Drei Alben in zwei Jahren war sein Standard, jede Seite hatte dabei vier Streifen! Er durfte sich zwar auf wenige Hauptfiguren konzentrieren, musste dafür aber eine große Menge an Nebendarsteller*innen erfinden und diese auch unterschiedlich gestalten. Dabei konnte er einerseits immer wieder neue Orte zeichnen und dadurch das Problem ständiger Wiederholungen vermeiden, musste dafür aber auch ständig neue Umgebungen klassifizieren und recherchieren.

Obwohl die Serie in einem Magazin für Kinder und Jugendliche erschien, sind die Zeichnungen keinesfalls ohne. Bomben explodieren, Messer werden geworfen und immer wieder rattern die Maschinengewehre. Es bleibt aber unblutig und auch gestorben wird höchst selten. Man muss den etwas brachialen Humor zwar mögen, die Qualität von Stories und Zeichnungen ist aber ohne Frage sehr hoch!

Detail Sammy und Jack Integral 5 page 50

Vorbildliches Konzept!

Bei einigen Gesamtausgaben hat man als Leser*in das Gefühl, abgezockt zu werden. Nicht so bei dieser Reihe: Der redaktionelle Teil lässt keine Wünsche übrige, noch ausführlicher kann man über Künstler, Werk und Hintergründe nicht informieren. Dazu kommen unzählige Zeichnungen, Skizzen und Fotos! Der Hinweis sei erlaubt, dass der Verfasser dieser Zeilen auch bei diesem Band wieder die redaktionellen Teile übersetzt hat.

Wie immer gibt es eine limitierte Vorzugsausgabe mit Variantcover und einem drucksignierten Exlibris mit einem Strip zum 45-sten Geburtstag von Spirou. Für Fans von Cauvin und Berck ein Muss, für die Liebhaber des frankobelgischen Semi-Funnies eine perfekte Ergänzung der Sammlung!

Cover Sammy und Jack Integral 5 Vorzugsausgabe

Dazu passen Bing Crosby und Louis Armstrong mit „Now you has Jazz“ und ein Champagner.

© der Abbildungen 1983 – 1986 DUPUIS, by Cauvin, Berck / 2024 Comic Combo, Leipzig

Seron – Die Minimenschen Gesamtausgabe 3

1973 – 1975

Story: Hao (=Mittéï), Raoul Cauvin
Zeichnungen: 
Pierre Seron
Originaltitel: 
Les Petits Hommes – L´integrale 3: 1973 – 1975

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Hardcover | 232 Seiten | Farbe | 45,00 €

ISBN: 978-3-949987-71-7

Cover Die Minimenschen Gesamtausgabe 3

Es ist immer schön, wenn Kreise sich schließen. Georg F.W. Tempel hatte während seiner Zeit als Verlagsleiter beim damaligen Feest-Verlag die erste chronologische Softcoverausgabe mit den Abenteuern der Minimenschen begonnen,die später bei Salleck Publications fortgeführt worden war. Während seiner Zeit bei Egmont Ehapa besorgte er dem Verlag die Rechte für die 15-bändige Maxiausgabe der Minimenschen, und nun übernimmt er mit seinem Blattgold-Verlag für die ZACK-Edition die 10-bändige Gesamtausgabe vom SR-Verlag.

Ein langjähriger Star im SPIROU-Magazin

Menschen kommen mit einem speziellen Meteoriten in Berührung und werden ungefähr auf Mausgröße verkleinert. Das ist die Idee hinter der Geschichte, die es inklusive einiger Klassik-Bände und Kurzgeschichtensammlungen auf über 50 Alben gebracht hat. Die Bewohner*innen leben an der französischen Küste und leiden keinen wirklichen Mangel, sind doch auch die von ihnen benötigten technischen Geräte und Gegenstände mitverkleinert worden. Basierend auf diesem Grundstock können sie mit ihren Fertigkeiten natürlich Flugzeuge bauen, Energie herstellen und Fabriken betreiben. Allerdings müssen sie immer auf der Hut vor „den Großen“ sein.

Die Minimenschen Gesamtausgabe 3 page 17

Band 3 vereint alle zwischen 1973 und 75 gezeichneten Stories und drei längere Geschichten, die bis auf eine Ausnahme alle von Hao stammen. Ein Hauptmotiv der Abenteuer ist das Aufdecken und Beenden von kriminellen Aktivitäten in der Welt der Großen. Renaud, der Held aller Bände, ist ein Draufgänger, wissenschaftlich begabt und mit kriminalistischer Spürnase ausgestattet. Wittert er ein Verbrechen, ist er sofort bereit, sich und andere in Gefahr zu bringen. Ein typischer Vertreter dieser Richtung sind Das Auto im See oder Das Auge des Zyklopen. Besonders spannend ist die Verbindung von technischer Finesse mit krimineller Absicht!

Ein weites Standbein sind eine Art von Zeitreisen. Da der Meteorit nicht nur die Größen ändert, sondern dadurch auch den Alterungsprozess extrem verlangsamt, hat es immer wieder kleine Gruppen von Minimenschen gegeben, die in ihrer Zeit verharrt haben. So treffen die heutigen Minis etwa auf Raubritter oder Piloten aus dem ersten Weltkrieg. Dieses Thema findet sich hier in Die Korsaren des 17. Jahrhunderts und auch in Mosquito 417. Daneben gibt es immer wieder Geschichten um Einsamkeit, Freundschaft etc. die sehr gut in das allgemeine Spektrum von Spirou gepasst haben.

Die Minimenschen Gesamtausgabe 3 page 18

Der ewige Epigonen-Vorwurf

Pierre Seron musste Zeit seines Lebens mit dem Vorwurf leben, gar keinen eigenen Stil entwickelt zu haben. Einerseits sah man ihn als wahren Nachfolger des großen Andre Franquin, andererseits beschuldigte man ihn, dort abgekupfert zu haben. In der sehr guten Einführung zu den Zentauren kann man mehr darüber lesen. Meiner Meinung nach handelt es sich um zwei eigenständige Vertreter einer Schule. Natürlich sind einige Ideen von beiden umgesetzt worden, lagen sie doch sozusagen „in der Luft“.

Ein „fröhlicher“ Stil mit realistischen Menschen, echten Problemen, wunderbarer Architektur und fast unbegrenzten Ressourcen verleitet manchmal dazu, wie eine Flucht zu wirken. Seron und Hao greifen die Themen zwar auf, verlassen allerdings die typischen Bahnen ihrer Zeit nicht. Handelnde weibliche Personen sind daher extrem selten; typischerweise dienen sie als bewundernde Begleitung.

Detail Die Minimenschen Gesamtausgabe 3 page 22

Eine der besten klassischen frankobelgischen Serien!

Für mich gehören die Minimenschen zu den großen Serien ihrer Zeit. Neben Lucky Luke und Asterix, Spirou und Fantasio und den Blauen Boys gehören die Minis zu dem Repertoire, das einfach Spaß macht. Die Wertschätzung drückt sich vielleicht auch darin aus, dass nun zum dritten Mal eine Gesamtausgabe läuft. Der Wechsel von SR zur ZACK-Edition hilft sicherlich, diese auch auf dem Markt durchzusetzen!

Natürlich gibt es wieder eine limitierte Vorzugsausgabe mit Alternativcover und Ex-Libris, ab Band 3 auch zu einem angemessenen Preis. Als einziges Manko sei angemerkt, dass man sich (mit dem ersten Band) leider dazu entschieden hat, die vorzüglichen Vorworte der niederländischen Ausgabe zu ignorieren und eigene zu verfassen. Martin Jurgeits Anmerkungen sind im Vergleich etwas dünn geraten.

ExLibris Die Minimenschen Gesamtausgabe 3
Limitierter Druck der VZA

Dazu passen Randy Newman mit „Short People“ und ein gerne auch alkoholfreier Aperol Spritz.

© der Abbildungen DUPUIS 2011, by Seron, Hao / 2024 Blattgold GmbH, Bad Dürkheim

Geissman  – EC Comics Library. Weird Science. Vol. 1

1950 – 1952

Herausgeber/Autor: Grant Geissman

Artist: Bill Gaines, Al Feldstein, Wally Wood, Harry Harrison, Harvey Kurtzman, Jack Kamen u.a.
Originalausgabe

Taschen Verlag

Hardcover XXL | 462 Seiten | Farbe | 150,00 €

ISBN: 978-3-8365-9733-3 (EN)

Cover Weird Science Vol 1

Anfang der 50-er-Jahre waren die Schrecken des Zweiten Weltkrieges gerade einmal fünf Jahre her. Der Abwurf der Atombomben über Hiroshima und Nagasaki hatten die Weltgeschichte verändert, die „Wissenschaft“ hatte begonnen, eine stärkere Rolle als Panzer zu spielen. Waren in der Vergangenheit Science-Fiction-Themen eher Abenteuer gewesen, die in fremden Gegenden spielten, war die Vernichtung der Menschheit ein nun durchaus gängiges Szenario. Diese Bilder mussten sich die Konsument*innen aber oftmals in ihrem Kopf selber erzeugen, denn die visuelle Umsetzung von Science-Fiction wurde durch Serien wie Flash Gordon dominiert.

Eine Revolution!

Doch dann kam der New Trend der EC-Comics und mit ihm Weird Science und Weird Fantasy! Die zunehmenden UFO-Sichtungen wurden genauso thematisiert wie eine potentielle Überlegenheit einer außerirdischen Zivilisation. Weiße „Täter“ wurden plötzlich zu „Opfern“ in dem sie kolonialisiert, ausgebeutet, vermessen oder aber einfach vernichtet wurden. Altbekannte moralische Grundsätze des Zusammenlebens wurden in Frage gestellt oder sogar ad absurdum geführt. Das weibliche Geschlecht ließ sich nicht mehr auf die Küche und die Kinder reduzieren, sie waren aktive, verführerische und tödliche Bestandteile der neuen Ordnung.

panel Weird Science Vol 1

Gleichzeitig wurden Monster, Mutationen und auch Vernichtungen bildlich dargestellt und schufen damit eine ganz neue Ästhetik, die nichts mehr mit den vom Orient inspirierten Zeichnungen zu tun hatten, die in einem Tarzan-Comic aber auch auf dem Mars oder einem anderen Planeten für das „Fremdartige“ sorgen sollten. Das „Neue“ war anders, eklig und gefährlich, aber eben auch verführerisch und inspirierend!

Zudem spielte die Science-Fiction nun endlich auch ihre Extrapolationsfähigkeiten aus: Es ging um wissenschaftliche Grenzbereiche, das Hinüberwechseln in andere Universen, die in uns liegen, aber auch um psychologische Fragestellungen. Immer wieder tauchte die vorher nie gestellte Frage auf, wie weit Wissenschaft gehen darf und wie sie ethisch zu kontrollieren wäre. Heute können wir uns nicht mehr vorstellen, Fragen und Themen dieser Art nicht im Kino, im Streaming und natürlich auch in Comics zu sehen. 1950 war das eine Revolution!

Comic Weird Science Vol 1

Die ersten elf Ausgabe des ersten „echten“ Science-Fiction Comics!

Wie Grant Geissman schon in seinem fantastischen Kompendium über die Geschichte des EC-Verlages ausgeführt hat: Neben Leuten, die umsetzen, benötigt es immer einen, der als Katalysator Sachen ermöglicht! Hätte es nicht den durch ein Unglück verursachten, ungewollten Einstieg von Bill Gaines in den Verlag seines Vaters gegeben, und wäre es nicht dazu gekommen, dass ein kongeniales Gespann Story-Ideas am Fließband ausgebrütet hätte, würden Monster vielleicht immer noch niedlich aussehen. Natürlich haben viele Faktoren das visuelle Geschehen von heutiger Science-Fiction beeinflusst: Star Trek, 2001, Barbarella, Babylon 5, … Insbesondere der SF-Comic war aber nach der EC-Ära nie wieder so wie vorher!

Intro Weird Science Vol 1

Diese Ausgabe bietet die Chance, die Entwicklung mitzuvollziehen. Die ersten elf Ausgaben dieser Heftreihe sind hier komplett abgedruckt, sie enthalten also auch die Leser*innenbriefseiten, Textbeiträge und Anzeigen. Es mag dabei heute wie ein Treppenwitz wirken, dass ganzseitige Anzeigen die Kids auffordern, ihren Eltern zu erklären, dass die EC-Magazine des New Trend dem Comics Code unterfallen und daher geprüftermaßen unbedenklich sind. Dank der sehr ausführlichen bibliographischen Angaben kann jeder Beitrag bestimmten Künstlern zugewiesen werden. Jede*r kann daher z.B. nachvollziehen, warum die kombinierten Arbeiten von Harrison und Wood ein Erfolg waren, die Arbeiten von Harrison alleine aber nicht.

Must-Have für Science-Fiction-Fans

Must-Have ist eine Eigenschaft, die oft genug von Marketing-Abteilungen verwendet wird und für den guten Abverkauf sorgen soll. Sie ist aber auch ein Qualitätsmerkmal: Wer sich ernsthaft mit einem Thema beschäftigen will, kommt daran nicht vorbei. Wer verstehen will, warum und vor allem wie Science-Fiction den Schritt von der Space-Opera machen konnte, wird hier viele Anfänge von späteren Linien finden können. Das gebrochene Verhältnis zu den Auswirkungen von Technologie, der ethiklose Wahnsinn, das Hinterfragen von Moral durch die Betrachtung von außen, das Fehlen jeglicher Schranken bei gefräßigen, hungrigen Tieren und vieles mehr findet sich hier!

Dazu kommt eine wie immer vorzügliche Einleitung, die in diesem ersten Band von Grant Geissman stammt. Der hervorragende Kenner von EC-Titeln und preisgekrönte Musiker erzählt detailreich und doch persönlich. Das Coffeetable-Format der Taschen-Bände hat mittlerweile in einigen Haushalten Einzug gehalten, sind doch schon Werke über EC, Donald und Mickey, aber eben auch die ersten Jahrgänge der Marvel-Serien erschienen. Besser kann man die Inhalte nicht präsentieren!

Es gibt im Übrigen auch hiervon eine limitierte Collector‘s Edition! Aber auch die reguläre Ausgabe wiegt bereits fast 4 Kilogramm, besitzt einen schönen Umschlag, ein Lesebändchen und kommt in einem passenden, extra angefertigten Karton.

Detail Weird Science Vol 1

Das „Köln-Concert“ von Keith Jarrett ist gerade 50 Jahre alt geworden. Vielleicht kann man es ja aus dem Schrank hervorholen und zu den Comics, die noch einmal 25 Jahre mehr auf dem Buckel haben, genießen! Und dazu in kleinen Häppchen einen wirklich alten Whisky nach Wahl mit Torf- oder Sherry-Aromen.

© der Abbildungen 2024 by William M. Gaines Agent, Inc / 2025 Taschen GmbH

Bess – ZACK Lach Box 6: Häuptling Feuerauge 1

Alle Strips und Sonntagsseiten vom 11.09.1967 bis 05.05.1968

Story: Gordon Bess
Zeichnungen: 
Gordon Bess

Originaltitel: Redeye

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Softcover | 72 Seiten | schwarz-weiß | 18,00 € |

Limitiert auf 555 + 55 Exemplare

ISBN: n/a

Cover ZACK Lach Box 6

Eine der beliebtesten Serien des Koralle-ZACK bekommt endlich eine angemessene (Gesamt-) Veröffentlichung im deutschsprachigen Raum. Nun ja, zumindest einen Anfang! Diese Lach Box präsentiert alle Tagesstreifen und Sonntagsseiten der ersten neun Monate in chronologischer Reihenfolge.

Die verrückte Welt des Mittelstandes

Natürlich stehen im Mittelpunkt dieser Serie ein Häuptling einer der First Nations, seine Familie und weitere Stammesmitglieder. Ihre Probleme unterscheiden sich aber gar nicht wirklich von denen aller anderen Mittelstandsamerikaner*innen: Kindererziehung, Balance zwischen Job und Familie, Krankenversicherungen, … Und der dem Alkohol zugeneigte Häuptling Feuerauge ist klar genug, um die Probleme seiner Mitmenschen erkennen zu können, aber fehlerhaft genug, um nicht zum „Oberschlau“ zu werden.

Die Sympathiepunkte, die fast alle Figuren in der Serie sammeln, sind dabei international und generell, die Serie ist daher ohne Schwierigkeiten auch in europäischen Ländern verständlich. Da jeden Wochentag nur 3 bis maximal 4 Bilder zur Verfügung stehen, müssen die Gags sitzen. Eine längere Hinführung ist nur am Sonntag möglich. Die Serie spielt daher zwangsläufig mit Stereotypen.

Im Gegensatz zu anderen Strips beziehen sich die Folgen nicht aufeinander. Die Leser*innen können also wie etwa auch bei Hägar zwischendurch aussetzen und zu jeder Zeit wieder einsteigen. Das bedeutet aber auch, dass Nachdrucke wie etwa im Koralle-ZACK einfach möglich sind: Man muss nur die besten Gags raussuchen und kann sie frei verteilen. Hinweise auf die Umbrüche der Zeit finden sich im Übrigen ebenfalls: Bess war kein Freund des Militärs und ein Pferd, dass den Kampfeinsatz verweigert, gibt es nicht nur bei den Blauen Boys!

Weniger ist mehr!

Einerseits erlaubt der chronologische Abdruck, die Entwicklung der Serie und der Zeichenkunst von Gordon Bess bewundernd zuzusehen. Von Tag zu Tag werden der Strich sicherer, die Figuren stimmiger und die Aufteilung perfekter. Bess nutzt dabei zunächst das Stilmittel der fehlenden Sprechblasen, gibt es aber schon bald in den Sonntagsseiten wieder auf.

Back-Cover ZACK Lach Box 6

Seine Zeichnungen sind fokussiert auf das Wesentliche, bestehen im Wesentlichen aus Konturen und akzentuierenden Schraffuren. Einzig die Kleidungsstücke sind teilweise flächig aus Rasterfolien erzeugt. Diese Einfachheit erlaubt die volle Konzentration der Leser*innen auf den Gag und sorgt gleichzeitig dafür, dass auch der einfache Zeitungsdruck die Bilder nicht zerstören kann.

Ein Must-Have für Comic-Strip-Liebhaber

Es gibt zwei Arten von Comic-Strips: Während Serien wie Nicky Saxx oder Modesty Blaise eine durchgehende Geschichte erzählen, versuchen Gag-Serien wie Peanuts, Calvin & Hobbes oder eben Häuptling Feuerauge, die Leser*innen mit Humor zum erneuten Kauf zu animieren. Viele der Serien aus der zweiten Kategorie sind mittlerweile vergessen, da sie entweder zu sehr auf einen lokalen Bereich zugeschnitten oder aber zu zeitgebunden waren.

Die „guten“ Gag-Serien sind aber in gewisser Weise unsterblich und funktionieren immer. Daher ist es gut, dass nun auch zumindest die Anfänge von „Redeye“ in einer angemessenen Form vorliegen. Der Band beginnt mit einer kleinen Einführung von Peter Nover, der die Serie, die Hintergründe und einige Archetypen vorstellt.

Dazu passen natürlich die Royal Guardsmen mit „Snoopy vs. The Red Baron“, ebenfalls aus dem Jahr 1967, und ein Glas Feuerwasser!

© der Abbildungen 2025 Hearst Holdings, inc., King Features Syndicate, inc./Distr. Bulls| 2025 Blattgold GmbH

Jacobs – Blake und Mortimer Bibliothek 7

Die Diamanten-Affäre

Story und Zeichnungen: Edgar-Pierre Jacobs

Originaltitel: L’ Affaire du collier

Carlsen Comics
Hardcover | 88 Seiten | Farbe | 23,00 €
ISBN: 
978-3-551-02880-8

Cover Blake und Mortimer Bibliothek 7

Was bei Franquin gerade erst anfängt, ist bei Jacobs und Blake & Mortimer bereits jahrelange Routine: Die kommentierte Hardcoverausgabe. Im Tintin-Magazin war die Serie eine der Stützen des Heftes, allerdings brauchte Jacobs zu lange für neue Folgen. Nach seinem Tod wurde die Serie von mehreren Teams weitergeführt. Die klassischen Geschichten kommen jetzt peu a peu in einer kommentierten Fassung in wohlfeiler Aufmachung erneut auf den Markt.

Eine klassische Kriminalstory

Jacobs hatte seine Geschichten um die beiden Engländer, den ehemaligen Militär und den Wissenschaftler, so angelegt, dass er Kriminalsujets und Science-Fiction verbinden konnte. Er liebte die Möglichkeiten außerhalb der Konventionen und wollte zudem mit den Eventualitäten des technischen Fortschritts spielen. Das Publikum goutierte diese Mischung damals nicht unbedingt. Die siebte Episode mit dem Duo, Die Diamanten-Affäre, ist daher sehr irdisch.

Die Stimmung in Frankreich ist aufgewühlt, denn ein lange verschwundenes Artefakt, ein Diamantencollier, ist wieder aufgetaucht und soll angeblich ausgerechnet der englischen Königin geschenkt werden. Allerdings taucht der bereits besiegt geglaubte Olrik auf und bemächtigt sich des Schmuckstücks. Zudem gibt es auch noch eine Entführung und Blake & Mortimer befinden sich mittendrin!

Blake und Mortimer Bibliothek 7 page 13

Die spannende Jagd enthält Verwechselungen, Finten und knallharte Action, bei der aus allen möglichen Waffen geschossen wird. Zudem müssen die Parteien versuchen, im Autoverkehr der 60-er Paris zu durchqueren. Das ist zwar keineswegs vergleichbar mit heutigen Verhältnissen, stellt die Akteure aber vor große Probleme. Dank der ausführlichen Recherche Jacobs‘ gerät diese Verfolgungsjagd sehr realistisch!

Ligne claire in Jacobs Interpretation

Aufgrund seines Erfolges durfte sich Jacobs die eine oder andere kleine Abweichung von der reinen Linie und den Vorgaben seines Chefs Hergé leisten. Diese sind allerdings minimal. Schlimmer wog damals die Tatsache, dass der Zeichner für seine Seiten oftmals länger als üblich brauchte. Der Abdruck wurde daher erst gestartet als ein Vorrat von mehreren Monaten abgeliefert worden war.

Der eigentliche Star dieser Geschichte sind die Katakomben von Paris. Sie sind so groß, dass man sich ohne Probleme darin verlaufen kann, ja, glaubt man dieser Geschichte, sogar sterben kann! Man sieht den entsprechenden Panels an, dass Jacobs diese selbst in Augenschein genommen hatte. Zudem wird aufgrund der beigefügten Skizzen und Entwürfe deutlich, wie er seine Seiten geplant hatte. Die Erklärungen sind auf den Punkt und dürften daher jeden Fan erfreuen.

Blake und Mortimer Bibliothek 7 page 14

Für Fans ein Muss!

Natürlich hat jede*r „seinen/ihren“ Jacobs schon im Schrank stehen. Die Geschichten sind mehrfach veröffentlicht worden und auch nicht vergriffen. Die Blake & Mortimer-Bibliothek ermöglicht aber einen besseren Zugang. Nicht nur werden die zeitgeschichtlichen Hintergründe erläutert (und man muss davon ausgehen, dass diejenigen, die zur Entstehungszeit dieses Comics bereits Leser*innen desselben waren, immer weniger werden), die Informationen zur grafischen Gestaltung sind sehr lesenswert!

Muss man das haben? Nein! Aber will man es? Im Zweifel, ja! Eine gut gemachte Ausgabe, wertig als Hardcover und mit vielen zusätzlichen Informationen auf gutem Papier sind schon ein Kaufanreiz. Natürlich muss man sich entscheiden, welche Serie man in einer „guten Ausgabe“ haben möchte. Blake & Mortimer von Jacobs wäre dabei keine schlechte Wahl!

Blake und Mortimer Bibliothek Logo

Dazu passen Sam and Dave (RIP!) mit „Hold on, I’m coming“ und ein Black & White.

© der Abbildungen 2022 – Éditions BLAKE & MORTIMER / STUDIO JACOBS (DARGAUD-LOMBARD S. A.) |2025 Carlsen Verlag GmbH, Hamburg

Canales/Pellejero – Corto Maltese 17

Die Lebenslinie

Story: Juan Díaz Canales

Zeichnungen: Rubén Pellejero
Originaltitel: 
La linea de la vida

schreiber & leser

Hardcover | 96 Seiten | Farbe oder schwarz-weiß | 24,80 €
ISBN: 
978-3-96582-174-3 (Farbe) 978-3-96582-175-0 (Klassik)

Cover Corto Maltese 17

Künstler*innen sterben, Held*innen nicht immer. Und so ist auch die wohl bekannteste Figur des Italieners Hugo Pratt, der Kapitän ohne Schiff, Corto Maltese, noch immer auf allen Weltmeeren unterwegs. Dieses ist mehrfach wundersam: Eigentlich gilt der Held als sicher verstorben, zumindest laut der Aussage in den Wüstenskorpionen. Auch Pratt weilt seit langem nicht mehr unter uns. Und schließlich hat der Held eine Art Zeitsprung gemacht und ist in neuen Abenteuern ebenfalls unterwegs.

Der mexikanische Bürgerkrieg als Hintergrund

Die Figur Corto Maltese ist überall dort präsent, wo Weltgeschichte geschrieben wird. Oftmals, aber nicht immer, handelt es sich dabei um kriegerische Auseinandersetzungen. Der Held gerät irgendwie in diese Geschichten und findet auch wieder hinaus, trifft aber meistens auf Frauen, die sein Leben beeinflussen und oft genug auch auf sein Alter Ego, Rasputin. Diese Episode beginnt damit, dass eine alte Bekannte, Golden Rosemouth, dem Fahrenden verkündet, dass der Tod auf ihn warte und Spanisch spreche. Dieses Aussagen entnimmt sie der Analyse der Lebenslinie seiner Hand.

Er soll – nicht ganz freiwillig – Jade-Kunstwerke an sich bringen und aus Mexiko hinausschmuggeln. Das Land steckt in den Jahren 1926 – 1929 in einem brutalen und blutigen Bürgerkrieg zwischen den Gewinnern der Revolution und militanten Katholiken auf Seiten der Restauration. Wie schon Pratt selbst bezieht auch Juan Díaz Canales tatsächliche Akteure in seine Erzählung ein und vermischt historisch verbürgte Fakten und dazu passende Fiktion.

Corto Maltese 17 page 22

Wie ebenfalls üblich gibt es auch wieder Bestandteile der Handlung, die man als esoterisch oder übersinnlich bezeichnen könnte. Nicht nur die Hitze der Wüste verwirrt den Geist, manche können sich auch bewusst in einen Zustand versetzen, der es erlaubt, Visionen zu empfangen. Auch hier werden Erkenntnisse aus Visionen und grundsätzliche Lebenseinstellungen Corto leiten und ihn seinen Weg zwischen den Parteien, ihrer Gewalt und gegensätzlichen Erwartungen und möglichen Verpflichtungen finden lassen!

In der Tradition von Pratt

Rubén Pellejero zeichnet in der Tradition des Vaters von Corto Maltese, setzt aber eigene Akzente. Die Bilder sind detailreicher, insbesondere die Hintergründe. Trotzdem übernimmt er das Spiel mit Licht und Schatten und vor allem die ikonographischen Abbildungen der Schattenschnitte der Figuren vor einfarbigen Hintergründen. Und auch die teilweise karikaturesken Gesichtsausdrücke sind von Pratts Stil beeinflusst.

Sowohl die Gemeinsamkeiten als auch die Unterschiede werden ebenfalls auf den einführenden Seiten mit Skizzen deutlich. Diese Seiten enthalten nicht nur Hintergründe zur geschichtlichen Einordnung des Krieges und seiner Akteure, sie zeigen auch die Annäherung des Zeichners an seine Figuren.

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Eine stimmige Erweiterung der Serie

Die Lebenslinie reiht sich perfekt in das „Gesamtkunstwerk“ Corto Maltese ein. Das nicht mehr neue Autorenpaar Canales/Pellejero lässt „ihren“ Corto seine Abenteuer in den zeitlichen Lücken erleben, die Pratt offengelassen hat. Sie fügen sich daher nicht nur in Stil und Ambiente der Serie ein, sie verweben auch Hinweise aus dem bereits existierenden Werk und legen neue Pfade. Ihr Corto ist daher keine „Next Generation“, sondern eine stimmige Fortführung.

Die Ausgabe ist wie immer bei dieser Serie in zwei Varianten erhältlich. Neben der regulären, kolorierten Version gibt es auch eine schwarz-weiße Klassik-Edition, die an die Veröffentlichungen der ersten Teile der Serie in Magazinen anknüpft. Hut ab vor diesem Angebot!

Cover Corto Maltese 17 Klassik Edition

Dazu Carrols Mood mit „What You’re Doing to me“ und ein Modelo Especial.

© der Abbildungen 2024 Cong S.A., Switzerland; www.cong-pratt.comwww.cortomaltese.com | 2024 Verlag Schreiber & Leser, Hamburg

Vernes/Attanasio – Bob Morane Classic 5

Die Kette des Shiva

Story: Henri Vernes
Zeichnungen: 
Dino Attanasio
Originaltitel: 
Le collier de Civa

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Hardcover | 64 Seiten | Farbe | 20,00 € ISBN: 978-3-949987-31-1

Cover Bob Morane Classic 5

In der zugrundeliegenden Romanreihe sind seit 1953 mittlerweile mehr als 200 Titel erschienen. Das macht Bob Morane zu einer der am längsten laufenden, von einem Autor verfassten Reihe überhaupt. Schon 1959 erschien der erste darauf basierende Comic und noch heute werden neue produziert. Die ersten fünf Bände wurden von Dino Attanasio gezeichnet und liegen nun erstmals komplett in einer Reihe auf Deutsch vor. Die Bob Morane Classic-Reihe wird mit den Werken von Gérald Forton fortgesetzt.

Eine Legende, ein Usurpator und zwei Touristen

Bob Morane ist in Begleitung seines Freundes Bill Ballantine auf den Straßen Kalkuttas (diese Geschichte wurde deutlich vor der richtigen Benennung der Stadt als Kolkata verfasst) unterwegs, um ein außergewöhnliches, aber nicht zu teures Souvenir zu erstehen. Als sie den gesuchten Laden für Antiquitäten gefunden haben, schmeißt der Besitzer gerade einen Heranwachsenden aus dem Geschäft, weil er angeblich etwas stehlen wollte. Die beiden Helden erstehen eine metallene, verzierte Kette.

Kaum haben sie das Geschäft verlassen, als eben jener Junge versucht, ihnen den Gegenstand zu entreißen. Später dann, zurück im Hotel, wird in das von ihnen gemietete Zimmer eingebrochen und tatsächlich wird die Kette nun endlich gestohlen.

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Natürlich machen sich die Beiden daran, das Schmuckstück zurückzubekommen. Sie erfahren genug über die Entstehungsgeschichte und die sich um die Kette rankenden Legenden um die Bedeutung des Artefaktes für den rechtmäßigen Besitzer sowie für einen Scharlatan zu verstehen und machen sich auf eine abenteuerliche und gefährliche Reise. Der Plot ist nicht außergewöhnlich, aber spannend und clever aufgebaut.

Realismus der 60-er

Dino Attanasio hat oft genug beweisen, dass er sowohl humoristische Sachen wie etwa Spaghetti als auch realistische Stoffe zu Papier bringen kann. Auch in Die Kette des Shiva zeigt sich seine Routine, die aber keineswegs in Oberflächlichkeit umschlägt. Die Hintergründe haben das notwendige Quäntchen Detailtiefe, die Gesichter sind ausdrucksstark und die Körperhaltungen stimmig.

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Die Actionszenen sind vielleicht nicht so filmisch wie man das heute erwarten würde, lassen die körperliche Anstrengung aber ebenfalls erahnen. Die vier Streifen pro Seite erlauben viel Handlung und so bleibt auch Zeit genug, einzelne Stränge zu entwickeln. Abgeschlossen wird der Band mit zusätzlichen Illustrationen, die aufgrund des anderen Stils eine gelungene Ergänzung darstellen!

Nicht nur für Liebhaber!

Ein Comic nur für alte (junggebliebene) Männer? Nein, sicher nicht! Natürlich atmen Story und Zeichnungen eine ganze Menge Nostalgie aus! Beides wirkt aber keinesfalls altbacken. Würde man die Story heute so noch schreiben? Hier muss die Antwort wohl eher „nein“ heißen, sind doch einige Vorurteile immanent verwurstet. Zudem werden auch Stereotype benutzt. Aber: Es handelt sich um ein Zeitzeugnis, das man zwar kommentieren, nicht aber umschreiben sollte. Insofern passt es in diese Classic-Reihe.

Abgesehen davon aber sind Storyaufbau, Spannung und immanente Logik die einer typischen Abenteuergeschichte und funktionieren heute wie damals. Die Reihenaufmachung der Classic-Bände ist angemessen. Zusätzlich sei daran erinnert, dass eine Subskription der nächsten Bob Morane Classic-Bände von Forton wieder mit einem Schmankerl belohnt werden wird.

Dazu passen Amy Winehouse mit „Monkey Man“ und ein Kingfisher.

© der Abbildungen Vernes – Bob Morane Inc / Attanasio – Ed. Hibou | 2024 Blattgold GmbH, Bad Dürkheim

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