Cauvin/Berck – Sammy & Jack Integral 2

Gesamtausgabe Band 2: 1973 – 1975

Story: Raoul Cauvin
Zeichnungen: 
Arthur Berckmans (Berck)
Originaltitel: 
Sammy & Jack Integral 2

Kult Comics

Hardcover | 284 Seiten | Farbe | 35,00 € | 
ISBN: 978-3-96430-248-9

Cover Sammy & Jack Gesamtausgabe 2

Cauvin hat in seiner Karriere mehrere langlebige Serien geschrieben, in denen oftmals ein ungleiches Duo die Handlung treibt. Zwei davon erscheinen aktuell parallel auf Deutsch als Gesamtausgabe und machen erstmals seit langem vergriffene, oftmals nur in verkürzter Form oder zeitgebundener Übersetzung erschienene Werke in angemessener Weise zugänglich. Bei den Blauen Boys stehen dabei zwei Soldaten der Nordstaaten im Mittelpunkt, Sammy & Jack präsentiert die Abenteuer zweier Bodyguards oder umgangssprachlich zweier Gorillas aus dem Chicago zur Zeit der Prohibition.

Diktatoren, Mafiosi und (Un-)Bestechliche

Den Anfang macht ein umfassender redaktioneller Teil, der die Karrieren der beiden beteiligten Künstler in mehreren Teilen darstellt. Im Mittelpunkt stehen dabei vor allem Illustrationen, Coverabbildungen und Werbeanzeigen aus der Frühphase von Bercks Karriere sowie die verschiedenen Szenarien die Cauvin für eine Vielzahl von Kolleg*innen erstellt hat. Auch zu den einzelnen Geschichten gibt es jeweils eine Einleitung, die auf Hintergründe, Motive und Rezeption hinweist und aus der niederländischen Ausgabe übernommen worden ist.

Sammy & Jack Gesamtausgabe 2 page 55

Der Comicteil startet mit dem als Band 3 der Albenreihe veröffentlichten El Presidente. Zu Beginn einer Serie veröffentlichte kürzere Geschichten (siehe Integral 1) wurden auch hier erst später als Album „nachgereicht“. Jack Attaway wird von einem lateinamerikanischen Diktator erfolglos bedrängt, dessen Leibgarde auszubilden, um besser gegen die Rebellen vorgehen zu können. Als dieser jedoch Jacks Mutter entführen lässt, können dies weder Jack noch seine Gorillas hinnehmen. Vor allem die Szenen mit den Müttern der Gegenspieler sind köstlich!

In Die Gorillas gegen die Mafia verschlägt es die Leibwächter nach Italien. Sie können dem Hilferuf eines Sterbenden nicht widerstehen und wollen ein kleines, verschnürtes Kästchen überbringen. Ihr Gegenspieler ist in diesem Fall ein Mafiaboss, der die Ankunft und Übergabe unbedingt verhindern möchte. In dem Päckchen ist allerdings ein äußerst wehrhaftes Tierchen, dass für viele Überraschungen sorgt. Spannend das Finale Furioso in den Katakomben.

Die beiden folgenden Bände spielen dagegen wieder in Chicago. Zunächst werden die Gorillas gebeten, für die Sicherheit eines Zeugen zu sorgen und mischen dabei nicht nur ein Krankenhaus ziemlich auf: Die Gorillas spielen verrückt. Die Gorillas und König Dollar schließlich haben sich des Themas Korruption bei der Polizei angenommen. Das missfiel der französischen Zensurkommission so sehr, dass der Band in Frankreich lange verboten war und sich somit in der belgischen Variante zur erfolgreichsten Episode überhaupt entwickelte!

Sammy & Jack Gesamtausgabe 2 page 56

Humor in Serie

Ein Duo aus gegensätzlichen Figuren ist genug, um Situationskomik zu entwickeln, die Handlung zu treiben und die Leser*innen nicht zu verwirren. Eine Dreierkonstellation funktioniert auf Dauer nicht und vier sind bereits zu viele. Natürlich braucht es dazu spannende und immer neue Gegenspieler und – wiederkehrende – Nebenfiguren. Cauvin erschafft diese Situationen, gibt sogar grafisch vor, wie er sich jedes einzelne Panel vorstellt, überlässt Berck im Endeffekt dann aber doch die genaue Ausführung.

Die Mimik der Figuren und ihre cartooneske Überzeichnung lässt in vielen Bildern die Handlung selbst ohne Text und Kontext deutlich werden. So könnte wahrscheinlich jede*r zu der Abbildung auf dem Backcover etwas erzählen, es gehört aber auch das Gespür dazu, wie die Hintergründe angeordnet sein müssen, um zu unterstützen und nicht langweilig zu werden. Eine hierbei sicherlich sehr lehrreiche Schulung für Berck waren die Unmengen an Werbezeichnungen und -Comics, die der Flame in den Anfängen seiner Karriere gezeichnet hat. Sehr viele davon finden sich hier im redaktionellen Teil!

Detail Sammy & Jack Gesamtausgabe 2 page 64

So sollte eine Gesamtausgabe aussehen!

Diverse Kauka Produktionen waren die Heimat der ersten Sammy & Jack-Geschichten in Deutschland. Vor in etwa 30 Jahren wurden sie in Albenform bei Carlsen neu veröffentlicht. Wer also nicht auf die Suche nach im Zweifel nicht mehr so gut erhaltenen Exemplaren gehen will, kann die Gelegenheit nutzen, in die Gesamtausgabe einzusteigen. Die deutsche Ausgabe bei Kult folgt dem niederländischen Original mit sehr ausführlichen Artikeln über die Künstler und ihre sonstigen Werke. Die Artikel sind nicht nur lesbar, sondern auch reich bebildert!

Natürlich gibt es auch eine limitierte Vorzugsausgabe mit exklusivem ExLibris und einem Variantcover für alle diejenigen, die ihre Lieblingsserie auch gerne an der Wand hätten! Sammy & Jack sind zurecht unter den absoluten Topserien der Hochzeit der frankobelgischen Comics. Und auch zur bisherigen deutschen Publikationsgeschichte gibt es einen Überblick von Peter Nover und spezielle Abbildungen. (Anmerkung: Der Verfasser der Rezension ist als Übersetzer des redaktionellen Teils an der Produktion beteiligt.)

Cover Sammy & Jack Gesamtausgabe 2 VZA
Cover der limitierten Vorzugsausgabe

Dazu passen Stereo MC‘s und ein American Lager.

© der Abbildungen Dupuis, 1974, 1975, 1977 by Cauvin, Berck / 2022 Berck / 2022 Comic Combo, Leipzig

Cauvin/Lambil – Die Blauen Boys GA 3

1973 – 1975

Story: Raoul Cauvin
Zeichnungen: Willy Lambil

Originaltitel: Les Tuniques Bleues Tome 5, 6 & 7

Salleck Publications

Hardcover | 160 Seiten | Farbe | 29,90 € | 
ISBN: 978-3-89908-792-5

Cover Die Blauen Boys GA 3

Die Blauen Boys sind neben Lucky Luke eine der am längsten laufenden franko-belgischen Westernserien. Sergeant Chesterfield und Korporal Blutch erleben ihre Abenteuer im amerikanischen Bürgerkrieg. Die künstlerisch Verantwortlichen haben aufgrund von Todesfällen schon mehrfach gewechselt. Band 3 der Gesamtausgabe umfasst die ersten drei vollständig von Willy Lambil gezeichneten Bände. Zur Geschichte der Übernahme und der Veröffentlichungsreihenfolge siehe Band 2.

Der Übergang von Klamauk zu den Wirren des Krieges

Die Blauen Boys GA 3 page 79

Die ersten Geschichten der Serie waren eher am Klamauk orientiert. Alltagsszenen aus dem Leben im Fort wurden – klischeehaft – genutzt, um nach Morris‚ Weggang von Dupuis dem lonesome Cowboy etwas entgegenzusetzen. Die Deserteure, Band 5 der Reihe, stellt ein Bindeglied zwischen den Anfängen und dem weiteren Verlauf dar. Zwar ist der im Vorgänger „Vogelfrei“ eingeführte Krieg mit den Südstaaten kein Aufhänger, die völlig überzogenen Ansichten von Captain Joyce bringen die Situation aber so zum Kochen, dass eine Gruppe von Soldaten lieber desertiert als zu gehorchen.

Der Knast von Robertsonville enthält den ersten Auftritt eines Antagonisten, der viele Male wieder auftauchen wird: Kakerlak! Ein sadistischer Südstaatler, der im Kriegsgefangenenlager für die Bewachung der Nordstaatler zuständig ist, beißt sich an den beiden Helden die Zähne aus. Der Sinn des Strafens steht im Mittelpunkt dieser Geschichte.

Die truppengattungsübergreifende Sinnlosigkeit des Tötens wird erstmals in Blaue Boys und Blaue Jungs in den Vordergrund gestellt. Chesterfield und Blutch müssen aus unterschiedlichen Gründen die Kavallerie verlassen und geraten auf Umwegen zur Marine. Geschichtlicher Hintergrund ist das Duell zweier gepanzerter Schiffe, die das Marinewesen auf immer verändert haben.

Die Blauen Boys GA 3 page 80

Knollennasen und ernste Themen

Lambil übernimmt von seinem Vorgänger Salvérius die witzigen Knollennasen und damit auch das Semi-Funny-Setting. Auch weiterhin stehen die witzigen Szenen klar im Fokus. Dabei schaffen die cholerischen Ausbrüche des Sergeants und die anarchistischen Bemühungen des Korporals, der Todesgefahr zu entrinnen, immer wieder Möglichkeiten für komische Feuerwerke. Vieles davon ist aber auch tragikomisch! Sowohl Cauvin als auch Lambil setzen dabei auf intensive Recherche und bauen immer wieder reale Begebenheiten in ihre Stories ein.

Für die Deserteure hatte Cauvin allerdings extra ein Szenario geschaffen, das fast komplett in der Wüste spielt und nur eine begrenzte Personenzahl umfasst, um dem neuen Zeichner einen komfortablen Einstieg zu ermöglichen. Die Geschichten lagen auf Deutsch bisher nur als „Bud & Chester“ aus dem Bastei-Verlag in gewöhnungsbedürftiger Übersetzung oder auf das Taschenbuch ummontiert von Carlsen vor und werden nun erstmals angemessen präsentiert.

Detail Die Blauen Boys GA 3 page 81

Endlich!

Die Blauen Boys haben in Deutschland nie ganz den Stellenwert wie bei unseren westlichen Nachbar*innen erlangt. Das lag vielleicht auch an dem etwas missglückten Start. Da nun endlich die ersten Bände in optimaler Weise bei Salleck Publications erscheinen, können Fans das lange Vermisste nun nachholen. Die Serie ist ein Meilenstein unter den Westernserien und verknüpft Humor mit beißender Kritik.

Die Gesamtausgabe im Hardcover bringt die Serie in richtiger zeitlicher Reihenfolge und ergänzt die Alben um weiteres Material. So kommen in diesem Band zwei Kurzgeschichten zu ihrer ersten deutschen Publikation. Zusätzlich bietet Volker Hamann einen umfassend bebilderten Überblick über Serie und Schöpfer. Ein Tipp für den Weihnachtswunschzettel!

Detail Die Blauen Boys GA 3 page 3
Ausschnitt aus dem redaktionellen Teil

Dazu passen Rising Appalachia, etwa mit „Resilient“ und ein Cabernet Sauvignon aus Kalifornien!

© der Abbildungen DUPUIS 1974, 1975, by Cauvin & Lambil / 2022 Eckart Schott Verlag

Diaz Canales/Pellejero – Corto Maltese 16

Nacht in Berlin

Story: Juan Díaz Canales
Zeichnungen: 
Rubén Pellejero
Originaltitel: 
Nocturno Berlinés

schreiber & leser

Hardcover | 88 Seiten | Farbe | 24,80 €
ISBN: 
978-3-96582-088-3

Cover Corto Maltese 16

Der Kapitän ohne Schiff ist eine Gestalt von Hugo Pratt. Corto Maltese ist bei sehr vielen zeitgeschichtlichen Ereignissen des letzten Jahrhunderts dabei und ist ein Begleiter des Großen, der im Kleinen agiert. Fast immer ist eine Frau involviert und häufig tauchen bestimmte Personen aus dem Umfeld von Corto immer wieder auf. Mehr dazu im Serienkompass. Vor einigen Jahren setzen die aktuellen Künstler die Reihe nach 25 Jahren Pause fort; Nacht in Berlin ist ihr vierter Beitrag!

Der Tod eines Freundes und die Organisation Consul

Der neue Band spielt im Berlin und Prag des Jahres 1921. Die erstarkenden Nazis haben Prof. Steiner, Cortos alten Freund, ermordet und nun möchte dieser die Gründe dafür herausfinden. Er gerät in ein Konglomerat aus verschiedenen Handlungssträngen. In Berlin, später dann auch in Prag wird ein Film mit dem Titel „Bestia Triumphans“ gedreht. Schnell wird deutlich, dass es Versuche aus dem rechtsradikalen Millieu gibt, Drehbücher umschreiben zu lassen. Daneben geht es um eine besondere Tarot-Karte. Sie ist die einzige noch fehlende, um ein ganz bestimmtes Spiel zu komplettieren, das dann besondere Macht haben würde.

Corto Maltese 16 page 36

Natürlich geht es aber auch um eine schöne Frau zwischen mehreren Männern, um Geheimgesellschaften, den jüdischen Glauben, den österreichischen Künstler Joseph Roth und natürlich um die Machenschaften der Organisation Consul.

Wie so oft verschwimmen dabei die Grenzen zwischen dem Fiktionalen und dem Realen in der Fiktion. Auch Juan Díaz Canales schafft es spielend, seine Leser*innen zu verwirren und bei der Stange zu halten. Hervorzuheben ist aber, dass trotz aller esoterischen, alchimistischen und filmtheoretischen Stränge die Betonung der politischen Gefahr des Nationalsozialismus nicht untergeht.

Die Nähe zum expressionistischen Film

Der moderne, expressionistische Film ist nicht nur eines der Themen des Comics, er hat auch großen Einfluss auf die Zeichnungen. Insbesondere die Panels mit harten Schatten wirken direkt von Murnau und Kollegen inspiriert. Rubén Pellejero hat aber auch dort weitergemacht, wo er im letzten Band aufgehört hat, und „sein“ Corto ist hochklassig!

Corto Maltese 16 page 37

Eben diese Meisterschaft erlaubt es dem Verlag auch, weiterhin eine unkolorierte „Klassik-Ausgabe“ zu veröffentlichen. Sammler*innen können bei dieser Reihe seit Anbeginn wählen oder beides genießen! Für mich ein sehr gelungenes Beispiel dafür, dass „Innovation“ auch im klassischen Setting mit vier Panel-Reihen sehr gut funktionieren kann.

Gelungen!

Bei Fortsetzungen von hochklassigen Reihen stellt sich immer die Frage, ob „die Neuen“ die Qualität werden liefern und vor allem halten können. Nun kann niemand Hugo Pratt vergessen machen, Díaz Canales und Pellejero setzen aber Corto Maltese angemessen fort und beweisen mit ihrem mittlerweile vierten Band, dass sie auch den langen Atem haben! Für alle Fans daher absolut zu empfehlen.

Die Mischung aus Zeitkolorit, theoretischer Diskussion und Action sollte aber auch Freund*innen anderer Gattungen ansprechen können. Wer etwa Babylon Berlin mag, sollte hier einen Blick riskieren. Zusätzlich gibt es noch eine sehr lesbare Einführung in die Zeit und die Kunst!

Cover Corto Maltese 16 Klassik Edition

Dazu passen Paul Godwin mit „Erst trink‘ mit mir ein bisschen Alkohol“ und ein Bee‘s Knees.

© der Abbildungen 2022 Cong S. A., Switzerland; www.cong-pratt.comwww.cortomaltese.com  / 2022 Schreiber & Leser, Hamburg

Franquin, Désert/Batem – Huba Gags

110 Comicstrips mit dem Marsupilami

Story: Hubert Colson (Désert)

Zeichnungen: Batem (Storyboard: Olivier Labalue)

Originaltitel: Houba Gags

Carlsen Comics

Hardcover Querformat | 64 Seiten | Farbe | 14,00 €
ISBN: 
978-3-551-79040-8

Cover Huba-Gags
© Dupuis, Dargaud-Lombard SA, 2022, by Batem, Désert, d‘après André Franquin

Der großartige André Franquin hat der Welt zwei Geschenke gemacht, die ein wenig Anarchie in sich tragen und die Welt, wie wir sie kennen, hinterfragen: Gaston und das Marsupilami. Ersterer hinterfragt nicht nur den Arbeitsalltag und das traditionelle Arbeitsethos, sondern führt es teilweise auch ad absurdum. Das Fabeltier wiederum ist eher dazu da, um Alltagssituationen „verkehrt“ zu lösen. Es vereinigt dabei kindliche Schläue, Naivität und vor allem Neugier und produziert dadurch immer wieder unerwartete Ergebnisse.

Die Tagesstreifen

Auch wenn die Hochzeit der Comicstrips in Tageszeitungen, ja, sogar des Mediums insgesamt, vorbei sind, gibt es doch immer noch genügend Fans dieser Comicgattung. Kein Wunder also, dass auch Batem gefragt worden war, ob er nicht neben seiner Reihe mit dem gelb-schwarzen Tier auch Strips produzieren könne.  Er nahm sich schließlich Hubert Colson, das ist der richtige Name von Désert, dazu und die Huba Gags konnten ihren Lauf nehmen!

Detail aus Huba-Gags 2
© Dupuis, Dargaud-Lombard SA, 2022, by Batem, Désert, d‘après André Franquin

Natürlich ist der Platz in einem Streifen auf maximal vier bis fünf Panels begrenzt, statt langer Argumentation und Entwicklung ist daher eher schnelle Action oder Situationskomik gefragt. Eine große Anzahl der Gags dreht sich zum Beispiel um den acht Meter langen Schwanz des Marsupilamis, der sich verheddert, verknotet, aber auch als Waffe tätig werden kann.

Viele andere Gags beweisen, dass die Zielgruppe eher auf den Kinderseiten der Zeitungen verortet wird. Der Humor ist immer fröhlich und selbst Bring M. Backalive wird eher verächtlich gemacht als ernsthaft bedroht. Die tägliche Dosis Freude und Entspannung also und damit genau das, was von einem nicht Abenteuer/Action-orientierten Strip erwartet werden kann.

Die Zeichnungen

Naja, das Marsupilami von Batem sieht genau so aus, wie das Marsupilami von Batem! Fans werden sich hier also sofort heimisch fühlen, auch wenn formatbedingt die Panel etwas größer abgedruckt sind als das Zielformat. Wegen der Detailfülle in den Zeichnungen ist das aber alles andere als störend.

Detail aus Huba-Gags 1
© Dupuis, Dargaud-Lombard SA, 2022, by Batem, Désert, d‘après André Franquin

Alle Strips sind in Farbe. Das gute Papier gibt diese auch brillant und satt wieder. Obwohl die Seiten nicht glänzen, reflektieren sie doch das Sonnenlicht ein wenig und bekommen dadurch sogar noch etwas mehr Tiefe.

Weihnachten naht

Das Buch im Querformat wird wahrscheinlich seinen Weg in viele Nikolausstiefel und weihnachtliche Geschenkverpackungen finden, ist es doch ein Charakter, den die (Groß-)Eltern kennen und die Kleinen trotzdem mögen. Meiner Meinung nach kann man damit nichts verkehrt machen! Allerdings soll damit beileibe nicht gesagt werden, dass das Buch nur für Kinder wäre. Wie heißt es doch so schön: Für alle von 8 bis 77!

Dazu passen eine Limonade auf Zitronen-Ingwer-Basis sowie Dandy Livingstone mit „Rudy, A Message to You“!

© der Abbildungen Dupuis, Dargaud-Lombard SA, 2022, by Batem, Désert, d‘après André Franquin / Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2022

ZACK 280

ZACK 280 (Oktober 2022)

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 92 Seiten | Farbe | 9,00 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK 280

Kaum sind die sommerlichen Hitzeperioden mit Dürre allerorten Vergangenheit, regen sich schon die ersten wieder über den Herbstregen auf. Nun ja, schön, wenn es keine anderen Probleme gäbe. Trotzdem ist es wichtig, nicht in Depressionen zu verfallen, sondern auch die kleinen Dinge genießen zu können. Für eine relevante Anzahl von deutschen Comicleser*innen gehört das ZACK dazu. Und für eine Teilgruppe, nämlich die Abonnent*innen, gibt es sogar noch die Möglichkeit, das neue ZACK-Spezial mit Alain Cardan hinzuzufügen! Empfehlenswerte Mischung aus Science-Fiction und Krimi aus der Zeit kurz vor Beginn der Weltraumfahrt von Delporte und Forton!

Die Neustarts

Die Flintenweiber sind zurück! Nachdem das letzte Abenteuer dieser Alternativweltgeschichte damit geendet hatte, dass sie gerade noch der Polizei entkommen waren, ist jetzt erst einmal Pflege angesagt. Während die Drei noch im Besitz des Siegelringes sind, werden andernorts schon diplomatische Verwerfungen angedeutet, sollte dieser nicht wiedererlangt werden können. Ètienne Willem zeichnet Das Porträt des Antiquitätenhändlers mit genauso viel Witz und Kunst wie den Vorgänger und Pierre Pevel spielt hervorragend mit der Mischung aus Cyber Punk, Märchenwelt, feministischem Abenteuer und History. Ein Glanzstück!

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Und als Vorgeschmack auf das nächste ZACK-Spezial Album gibt es schon einmal eine Kurzgeschichte mit Jari. Der junge Tennisspieler ist auf dem Weg, ein Star zu werden und tummelte sich von 1957 an nicht nur auf Sportplätzen sondern auch auf den Seiten von Tintin. Der unbezwingbare Gérard von dem bekannten Raymond Reding ist ein klassischer Sportcomic; ein Topic, der mehr als Motorsport zu bieten hat!

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Die Fortsetzungen

MADI ist ein Comic von Duncan Jones und Alex de Campi, der eigentlich als Film geplant war, und von unterschiedlichen Zeichner*innen umgesetzt wird. In dieser Folge dürfen die sehr britischen Glenn Fabry und Duncan Fegredo ran. Es geht in Es war einmal in der Zukunft um moderne Söldner*innen, die sich selbst an bestimmte Orte bringen. Dort können sie dann von in weiter, sicherer Entfernung sitzenden Menschen übernommen und ferngesteuert werden. Diese menschlichen Quasi-Drohnen haben zudem ihre Selbstoptimierung schuldenfinanziert auf die Spitze getrieben und viele ihrer Körperteile durch „bessere“ Implantate ersetzt. Düstere Vision des Sohns von David Bowie.

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Eine der von unseren westlichen Nachbar*innen übernommenen Serien ist Saul von Willem Ritstier. Ein muskelbepackter Mann wird zur Fahndung ausgeschrieben, von einer Kopfgeldjägerin gefangengenommen und muss sich nun plötzlich alleine in einer postapokalyptischen Welt durchschlagen. Gefährliche, tierische Räuber machen das (Über-)Leben allerdings nicht einfach. Realistische Zeichnungen von Apri Kusbiantoro lassen die Monster sehr eindringlich erscheinen. Endstation hätte auch in das Kobra der 80-er Jahre gepasst.

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Die Abschiede

Die ersten Seiten des Schlusskapitels von Der letzte Link lassen die Leser*innen befürchten, dass alles umsonst war und unter einem Kugelhagel zugrunde gehen wird. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht und der Kampf von Terrence Trolley um die Freiheit der fast schon gezüchteten Mutant*innen endet für einige in gewisser Weise romantisch. Raue Zeichnungen von Patrick Boutin-Cgané betonen den Actioncharakter der Serie von Serge Le Tendre, beweisen ihre Qualität aber auch bei den fröhlichen Panels. Well done!

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Im schon ziemlich genialen Finale von Jerusalem überschlagen sich die Ereignisse: Während Professor Barabas Krimson in der Zeit hin- und herschickt, versuchen Suske und Jerusalem auf Amoras zu überleben.  Und auch über Wiske gibt es Neuigkeiten während Lambik und Jerome unbedingt Hilfeleistung geben möchten, es aber ständig nicht schaffen. Marc Legendre und Charel Cambré haben die Familienserie in ihrer Ausrichtung komplett gedreht und präsentieren Spannung und Adrenalin verknüpft mit Humor und Science-Fiction. Ehrlicherweise verstehe ich nicht, warum diese Serie bei den Wahlen so schlecht abgeschnitten hat. Vielleicht muss man sich erst mit den hierzulande eher unbekannten Figuren anfreunden.

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Und sonst?

Für Onepager ist in diesem Heft wegen der zusätzlichen Kurzgeschichte kein Platz. Es gibt aber natürlich die zwei längeren Artikel, in denen Christian Endres das Humboldt-Wundertier von Flix vorstellt und Bernd Hinrichs die Gesamtausgabe von Fox. Michael Klein erinnert an das ZACK vor 50 Jahren mit den unendlichen Weiten von Raumschiff Enterprise und die üblichen News, Kommentare und Kurzbesprechungen unterstützen uns in dem Bemühen, auf dem Laufenden zu bleiben.

Hilft das ZACK mit, irgendeine der aktuellen Krisen zu überwinden? Sicherlich nicht! Aber vielleicht dabei, trotz allem nicht die Nerven zu verlieren und Kraft zu schöpfen. Und damit stärkt es die neudeutsch sogenannt Resilience. Früher hätte es vielleicht ausgereicht, zu sagen, dass das ZACK-Lesen Spaß macht.

Dazu passen The Who mit „My Generation“und außerdem naht die Herfstbok-Zeit.

© der Abbildungen 2022 bei den jeweiligen Autoren und Verlage c/o Blattgold GmbH

Delporte/Forton – Alain Cardan 1

ZACK-Spezial 5: Cardan gegen Airstas

Story: Yvan Delporte
Zeichnungen: 
Gérald Forton
Originaltitel: 
Alain Cardan – Tome 1

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Softcover | 56 Seiten | Farbe| 16,00 € | nur für ZACK-Abonnent*innen

Limitiert auf 555 + 55 Exemplare

ISBN: n/a

Cover ZACK Spezial 5 Alain Cardan

Immer wieder gab es in verschiedenen Foren die Anfrage an das ZACK, doch bitte schön auch alte Klassiker zu veröffentlichen. Von Georg F. W. Tempel, dem Herausgeber, war das immer abgelehnt worden, wollte er das Magazin doch nicht zu nostalgisch ausrichten. Mittlerweile hat sich aber eine Reihe etabliert, die für solche Ansätze prädestiniert ist: ZACK Spezial. In unregelmäßigen Abständen erscheinen hier Kleinode (nicht nur) des frankobelgischen Comics, die in der deutschen Albenlandschaft bisher keinen Platz gefunden hatten. So durften Abonnent*innen des ZACK, denn nur diese können die Bände erwerben, sich über Werbecomics von Michel Vaillant genauso freuen wie über Geschichten mit Johnny Focus oder Patrick Leman. Und auch der Zeichner des aktuellen Bandes war mit Bob Morane bereits vertreten.

Die Menschheit auf dem Weg in das All

Mitte der 50-er Jahre begann ein Thema, das bis dahin der Science-Fiction Literatur vorbehalten war, plötzlich in das allgemeine Bewusstsein zu rutschen: Die Weltraumfahrt. Was vorher noch utopisch klang, war plötzlich Gegenstand eines Wettlaufes zwischen der UDSSR und den USA, und 1957 flog tatsächlich der erste Satellit durch den Weltraum. Damit war auch die bemannte Weltraumfahrt plötzlich nicht mehr undenkbar. Die 1956 entstandene erste Episode der Abenteuer von Alain Cardan stellt einige Fragen in diesem Zusammenhang.

Frontispiz ZACK Spezial 5

Dazu gehört natürlich vor allem die technische Machbarkeit. Wo es aber um mögliche Erfolge geht, sind Werkspionage und Fragen der Ethik nie weit entfernt. Und so wird der Held, der für das Internationale Forschungszentrum der UNO arbeitet, in einen Fall verwickelt, der scheinbar harmlos mit unerklärlichen technischen Pannen beginnt.

Yvan Delporte war Chefredakteur des Wochenblattes Spirou und gleichzeitig Szenarist einer ganzen Reihe von Serien. Alain Cardan war eine davon und erschien zunächst in Risque-Tout, einem anderen Comic-Magazin aus dem Hause Dupuis. Cardan gegen Airstas vermischt Elemente aus der Science-Fiction, dem Kriminalfall und der Serien über heldenhafte Piloten. Im Stil der Zeit spannend erzählt, ohne dass die anfangs eine, später zwei Seiten pro Woche heute als lesehemmend empfunden werden.

Markante Helden und spannende Technik

Die Erfolgsfaktoren einer Serie für jugendliche, männliche Leser waren Helden mit einem hohen körperlichen Wiedererkennungswert, hoher Moral und großen Fähigkeiten.  Dazu musste ein Umfeld präsentiert werden, dass neben körperlichen Höchstleistungen auch in einer zunehmend technifizierten Umgebung spielte. Kampfpiloten waren so etwas wie das europäische Pendant zu amerikanischen Superhelden.

Detail ZACK Spezial 5 Alain Cardan

Gérald Forton war erst 25 Jahre alt als er die ersten Seiten der neuen Serie ablieferte! Die Qualität war so hoch, dass die Serie nach der Einstellung von Risque-Tout in das Hauptmagazin Spirou überwechseln konnte und dort fortgesetzt wurde. In den nächsten Jahren folgten dann noch drei weitere längere Abenteuer, die ebenfalls für die Reihe ZACK Spezial angekündigt sind. Und auch ein weiterer Bob Morane von Forton wird hier erscheinen.

Eine vortreffliche Reihe

Mit der Entkoppelung von klassischen Stoffen und den modernen Geschichten im Monats-ZACK sind hoffentlich alle zufrieden. Wer will, kann in angemessen präsentierte Schmankerl eintauchen, und zahlt wegen des Direktvertriebmodells auch vernünftige Preise. Die Limitierung ist nicht nur für Sammler*innen gut, sondern vermeidet auch Ladenhüter. Und neuerdings kann man sogar eine passende Grafik dazu bekommen. Diese muss allerdings vor Drucklegung geordert werden, da hier wirklich nur auf Bestellung gearbeitet wird.

Ex Libris Alain Cardan
limitiertes ExLibris, Montage Christian Denayer

Für alle Fans der Blütezeit des frankobelgischen Comics ein Must-Have. Somit auch für Leser*innen von Rick Master, Bob Morane oder Dan Cooper, bekannte Serien des alten ZACK, ein Versuch wert! Und auch, wer sich bei Kult, All Verlag oder Salleck wohlfühlt, wird hier nicht verkehrt sein.

Dazu passen Flogging Molly mit „A Song of Liberty“ und ein Red Ale!

© der Abbildungen Forton/Delporte – Edition Hibou – 2022| 2022 Blattgold GmbH

Schmidt – Nick Knatterton

Die Bibliothek der Comic-Klassiker 7: Nick Knatterton

Story und Zeichnungen: Manfred Schmidt

Originalausgabe

Carlsen Comics
Hardcover Querformat | 440 Seiten | Farbe | 40,00 €
ISBN: 
978-3-551-02918-8

Cover Bibliothek der Klassiker 7 - Nick Knatterton

In der Bibliothek der Comic-Klassiker erscheinen in unregelmäßiger Folge nationale wie internationale Must-Haves. Sie ist damit quasi die aktuelle Version der Reihen, die vor Jahren von der Bild und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung verlegt worden waren. Die Aufmachung wirkt aber etwas gediegener und präsentiert die Stoffe in lesbarerer Form! Die Gesamtausgabe enthält alle 18 Geschichten des deutschen Meisterdetektivs.

Kombiniere …

Deutschland im Jahre 1950. Es geht wieder aufwärts, das Wirtschaftswunder nimmt seinen Lauf und neben der Sorge um das nackte Überleben ist wieder Zeit für Zerstreuung. Bestandteil dieses Paketes ist die Illustrierte QUICK mit schnell konsumierbaren News aus aller Welt. Stars und Sternchen bildeten dabei eine Säule, schon ab dem zweiten Jahr aber auch die Geschichten um Nick Knatterton! Bis 1959 sollten die Comics im Magazin bleiben, Lizenzen wurden auch in das Ausland verkauft.

Detail Nick Knatterton GA page 22

Manfred Schmidt, Erfinder, Texter und Zeichner der Serie, hatte die erste Geschichte als Parodie auf die aus Amerika kommende Kunstform der Comics, speziell Superman, geplant. Für einen deutschen Bildungsbürger waren Bildgeschichten bestenfalls etwas für Kinder, keinesfalls aber wertvoll. Überrascht vom Erfolg und Zuspruch der Leser*innen entstanden dann aber doch insgesamt 18 Episoden mit dem superschlauen Helden in markanter Kleidung mit Pfeife und spitzem Kinn.

Die Geschichten sind voll von Anspielungen auf die damalige politische Großwetterlage und präsentieren ein zeitgemäßes, krudes Frauenbild (giftiger Vamp oder naive Sekretärin) samt üppiger Kurven. Vor allem anfangs fühlt man sich an die wilden, Slapstick getriebenen Abenteuer von Tim bei den Sowjets erinnert. In den späteren Folgen wird die Handlung etwas systematischer entwickelt.

Detailreiche Zeichnungen mit Erklärungen

Ein wesentliches Merkmal der Zeichnungen von Schmidt sind die Kästchen, die Details aus den Bildern erklären. Manchmal wirken diese Texte, als ob der Zeichner seinen Leser*innen nicht zutrauen würde, die Bildsprache zu verstehen. Meistens sind sie aber ironische Anmerkungen, die den Fokus auf bestimmte Details legen. Die Zeichnungen sind schwarz-weiß, haben teilweise mit Wasserfarben gemalte Anteile, und nutzen ein Raster für die Kleidung der Hauptperson.

Detail Nick Knatterton GA page 23

Schmidt setzt häufig auf Speedlines und Wölkchen, um Bewegung zu visualisieren und pflegt ansonsten einen karikaturesken Stil. Damit ist er mit seinen wöchentlichen zwei Streifen in der Tradition der Zeitungscomics ohne wirklich dazuzugehören. Nick Knatterton ist ein Produkt seiner Zeit und würde so heutzutage niemals ein Publikum finden. Der dahinterstehende rasante Slapstick, die Überhöhung der natürlichen menschlichen Eigenschaften in der Person des Helden und die teils bissigen Kommentare auf das Zeitgeschehen sind aber ein wertvoller Bestandteil der Geschichte des deutschen Comics und damit ein notwendiger Teil einer Comic-Bibliothek in unseren Landen!

Ansprechende Darbietung

Der Hamburger Verlag hat sich erfolgreich bemüht, Nick Knatterton in einer wertigen Form zu präsentieren! Das gut gebundene Hardcover im Querformat steckt in einem hochformatigem Schuber und passt daher in jedes Regal. Damit ähnelt dieser Band auch den anderen Teilen der Reihe. Die jeweiligen Wochenlieferungen wirken durch den großzügigen Weißraum ohne jede Ablenkung und jede der Geschichten bekommt eine kurze Einführung.

Detail Nick Knatterton GA page 426

Sicherlich gibt es antiquarisch noch die eine oder andere Ausgabe der Geschichten für weniger Geld. Der Preis dieser Ausgabe ist aber für die Ausstattung angemessen und ein neues Buch hat, nicht nur für Sammler*innen, seine Vorteile! Vielleicht auch ein Geschenktipp für Weihnachten für die Opas!

Dazu passen ein klassischer Weinbrand sowie Bill Ramsey mit “Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett”, auch wenn dieser Schlager erst ein paar Jährchen nach der Einstellung der Comics aufgenommen wurde!

© der Abbildungen Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2022

Jean Graton – Michel Vaillant Collector’s Edition 4

Gesamtausgabe Teil 1: 1964 – 1967

Story: Jean Graton
Zeichnungen: 
Jean Graton

Originaltitel: Michel Vaillant L’Intégrale 4

Egmont Comic Collection

Hardcover | 224 Seiten | Farbe | 39,00 € |

ISBN: 978-3-7704-0296-0

Cover Michel Vaillant Collector's Edition 4

Es gibt eigentlich zwei Comic-Helden, die die Generation ZACK im Wesentlichen repräsentieren: Rick Master und Michel Vaillant. Während der erstere seine Gesamtausgabe auf Deutsch schon komplettiert hat, ist für zweiteren die Collector’s Edition gerade angelaufen und nun bei Band 4 angekommen. Und bevor jetzt ein Shitstorm anläuft: Natürlich gibt es noch eine ganze Reihe von erstklassigen Held*innen, die Tintin, Spirou und ZACK zu dem gemacht haben, was sie waren bzw. noch sind. Die Jahreswertungen wurden aber mehrheitlich von eben diesen beiden angeführt. Und nicht zuletzt haben auch beide den Sprung in eine modernisierte Version geschafft.

Der Visionär

Jean Graton war nicht nur ein Meister seines Faches was die Zeichnungen betraf. Er hatte schon früh die Werbewirksamkeit von etablierten Comicfiguren erkannt und zunächst mit PubliArt, später mit seinem eigenen Studio unter anderem Michel Vaillant vermarktet. Daneben war er aber auch ein Fan von größtmöglicher Authentizität und Genauigkeit. Am liebsten war er vor Ort, schnupperte Benzin und genoss das Dröhnen in den Ohren. Sollte das nicht möglich sein, nutze er ein Netzwerk von Kontakten, um sich über Fotos und Literatur in die Rennstrecken und die verschiedenen Wettbewerbe einzufühlen.

Detail from Michel Vaillant Gesamtausgabe 4

So war es auch kein Wunder, dass er 1964 in Die Ehre des Samurai den Einstieg einer japanischen Firma in die Formel 1 vorwegnahm. Der tatsächliche Start von Honda folgte dann 1965. Sehr geschickt werden in diesem Band japanische Ehrvorstellungen, altväterliche Flapsigkeit und Gefahren risikobereiten Fahrens miteinander vermischt. Die Geschichte enthält aber auch eines der humoristischen Glanzlichter der frühen Jahre, wenn der Patriarch auf seinem Fahrrad mit der Fahrweise der jungen Wilden in Konflikt gerät. Diese Situation wird noch über Jahre immer wieder auftauchen. Zudem zeigt Graton, dass er durchaus gewillt ist, der Emanzipation Raum zu geben und die Familie offener zu gestalten als Traditionalisten es wünschen würden.

Spannung in Indianapolis ist eines der vielen Abenteuer, das Geschehen auf den Rennstrecken mit kriminellen Aktionen gegnerischer Rennställe verknüpft. Absolute Lieblingsgegner sind dabei sicherlich die Schurken, die hier für die Texas Driver’s fahren. Und in Die Ritter von Königsfeld beweist der Künstler, dass er nicht nur Rennstrecken auf das Papier bringen kann, sondern auch altertümliche Schlösser samt allen Voraussetzungen für eine Mystery-Geschichte. Rennfahrer verschwinden spurlos während Michel und Steve auf dem Schloss Königsfeld die Bekanntschaft von Vater und Tochter Spangenberg machen. Auch diese Geschichte wird sich fortsetzen.

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Der Reiz der Serie

Natürlich besticht Michel Vaillant vor allem dadurch, dass niemand sonst das Renngeschehen so glaubwürdig auf das Papier bekommt. Das Renngeschehen spielt sich vor den Leser*innen fast wie bei einer TV-Übertragung ab und lässt ein Mitfiebern zu. Dabei bleibt es aber nicht: Soap-Effekte lassen die Familie Vaillant wachsen, an Konflikten reifen und – vor allem – von Band zu Band langfristige Rahmenhandlungen erleben. Dabei werden die Figuren zwar kaum älter, heiraten aber, werden Eltern, …

Zusätzlich hat Jean Graton ein glückliches Händchen bei der Auswahl seiner Studiomitarbeiter. Christian Denayer etwa wird später Alain Chevallier auf den Markt bringen. Bei den hier abgedruckten Bänden ist er noch als Zeichner für die Autos verantwortlich und unterstützt somit die Produktion der neuen MV Geschichten. Die Collector’s Edition bringt dabei nicht nur die Alben in ungekürzter Version, sondern auch Kurzgeschichten und so rundet Der Autosalon 1946 die Comic-Sammlung ab.

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Zusätzliches Material

Eine ordentliche Gesamtausgabe muss heutzutage mehr liefern als eine angemessene Präsentation der Bildgeschichten und so ist es auch hier. Die einzelnen Abenteuer werden von Details zur Veröffentlichungshistorie begleitet und zeigen Magazintitelbilder und sonstige Illustrationen. Zusätzlich gibt es zu den einzelnen Bänden Hintergrundinfos und Volker Haman führt durch die Rezeption von Jean Graton in Deutschland.  

Selbst diejenigen, die schon alle Einzelbände im Regal haben, könnten durchaus auf die Idee kommen, sich die Collector‘s Edition zusätzlich anzuschaffen. Für alle anderen die Gelegenheit, die Serie in überschaubaren zeitlichen Abständen zu komplettieren!

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Dazu passen ein Bölkstoff (auch wenn es von der zwei-rädrigen Variante des Rennsports kommt) und Noir Désir mit „Le Vent Nous Portera“.

© der Abbildungen Graton Editeur / 1964, 1965, 2008 / By Jean Graton – All Rights Reserved | 2022, Egmont Ehapa Media

Zauberstern – Phantom 2

Der Geist und das Monster Teil 2

Story: Andrew Constant, Lee Falk
Zeichnungen: 
Giancarlo Caracuzzo, George Olesen

Zauberstern Comics

Heft |100 Seiten | Farbe | 9,99 € |

ISSN: N/A

Cover Zauberstern Phantom 2

Das Phantom ist an die deutschen Kioske zurückgekehrt und deckt dort eine Lücke zwischen Superheld*innen, Asterix/Lucky Luke und Walt Disney ab, die jahrelang brach gelegen hat. Vom Zeitungsstrip herkommend, ist der maskierte Kämpfer für die Gerechtigkeit in den USA bereits seit 1936 unterwegs. Auch in Europa hat das Phantom sich eigenständig weiterentwickelt, vor allem in Spanien und Schweden. Mit dem neuen Magazin werden wir hier in Deutschland erneut aus allen Quellen das Beste präsentiert bekommen und vielleicht wird es ja auch wieder deutsche Eigenproduktionen geben.

Monster unter sich

Die zweite Hälfte der Story Der Geist und das Monster hilft zunächst den Titel besser verstehen zu können. Wer sich beim ersten Teil noch gefragt hatte, ob Adam, besser bekannt als Frankensteins Monster, wirklich so monströs sei, erfährt nun, dass ein echtes Monster auf der Jagd nach ihm ist. Gleich zu Beginn kommt es zu einem Kampf in Bangalla und es sterben nicht nur einige der treuen Helfer des Phantoms, seine Frau und Adam werden entführt und Kit Walker schwer verletzt.

Andrew Constant entwickelt eine spannende Story über Einsamkeit, Selbstüberschätzung und eigene Überhöhung, die zum Spirit der Serie passt. Was ist Böse und welche Schuld kann gesühnt werden? Natürlich wird über diese Aspekte nicht doziert, sie sind eingebunden in den Versuch, die Gefangenen zu befreien und die Welt vor dem Monster zu retten.

Illustration Phantom

Als Phantom Classics kommt erneut eine Story von Lee Falk zum Abdruck: Die Giganten vom Niemandsland. Völkerverständigung ist ein schwieriges Thema, zumal wenn Vorurteile und Missverständnisse sich ergänzen. Und so können kleine Funken schließlich doch einen Steppenbrand auslösen, Aktion führt zu Reaktion zu Reaktion und schnell ist ein schier unlösbarer Konflikt entstanden. Auch wenn die Geschichte hier vielleicht etwas simplifiziert erscheint, ist der Kern natürlich richtig: Information beschaffen, einander verstehen wollen und Neues akzeptieren lernen sind die Schlüsselworte.

Actionorientierte Zeichnungen

Giancarlo Caracuzzo liefert seine Zeichnungen sehr actionorientiert ab, integriert aber auch detailliertere Positionen wo nötig. Es kann daher zum Beispiel vorkommen, dass ein Panel komplett mit der Darstellung einer Faust gefüllt ist. Während die Körperdarstellung und die Hintergründe ganz gut gelingen sind die Mundpartien manchmal etwas zu vereinfacht. Grundsätzlich gelingen aber sogar sie. Das im Vergleich zum Original etwas größere Papierformat steigert das Tempo der Story noch. Eine gute Wahl zum Einstieg in die neue Reihe!

Die Sonntagsseiten aus dem Jahr 1998 haben natürlich der Herausforderung zu genügen, dass jede Seite für sich wirken muss. Sie wurden zudem für das Magazin vom Quer- auf Hochformat umlayoutet, funktionieren aber auch so. George Olesen arbeitet sehr detailreich und mit vielen Schattierungen, um zur Not auch eine schwarz-weiße Produktion auf grobem Zeitungspapier zu ermöglichen. Für Fans von Zeitungsstrips eine sicherlich nicht mit Bruce Hogarth vergleichbare, aber sehr ordentliche Leistung!

Logo Das Phantom

Nostalgie in Serie

Das Phantom bringt Erinnerungen an die glorreiche Zeit des Kiosk-Comics zurück. Dazu tragen natürlich die Aufmerksamkeit erzeugenden Titelbilder bei, aber auch die Poster (Danke für da Bedrucken der Rückseite mit Werbung!). Der Preis ist angemessen und die ersten Kund*innenreaktionen scheinen sehr positiv!

Wenn die Auswahl der Stories abwechslungsreich und die Qualität hoch bleiben, sollte einem Erfolg nichts im Wege stehen. Wichtig dafür ist aber auch die Auswahl der „Classics“. Es gibt hier eine große Bandbreite, die auch genutzt werden sollte.

Dazu passen Alvin Lee & Ten Years Later als Erinnerung an den sagenhaften Rockpalast-Auftritt und ein Korn-Kirschsaft.

© der Abbildungen 1998, 2021 by King Features Syndicate, Inc TM Hearst Holdings, Inc. & Frew Comics / Zauberstern Comics

Giancola – Mittelerde

Auf den Spuren eines Mythos

Zeichnungen: Donato Giancola
Originaltitel: 
Terre du Milieu – Sur les Traces d’un Mythe

Splitter Verlag

Hardcover | 144 Seiten | Farbe | 35,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-065-5

Cover Giancola - Mittelerde

Mittelerde als Sammelbezeichnung für die verschiedenen Zeitalter der von John Ronald Reul Tolkien geschaffenen Welt ist mittlerweile Bestandteil des allgemeinen Wortschatzes unzähliger Sprachen. Fast jede*r kennt die Bücher, die Verfilmungen, die Hörspiele, vielleicht sogar die Rollen- und Brettspiele. Orks haben inzwischen Eingang in viele Werke gefunden, sind fast so etwas wie eine ausgestorbene Art geworden und auch beim Auenland wäre ich mir nicht sicher, wie groß der Anteil der Befragten wäre, die es auf einer Weltkarte lokalisieren würden. Passend zum Start der neuen Streaming-Serie auf Amazon präsentiert der Splitter-Verlag einen opulenten Bildband!

Der Fluch des Bekannten

Für jede*n Künstler*in im Fantasy-Bereich gibt es verschiedene Herausforderungen: Bestimmte Eigenschaften eines Wesens sind allgemeinbekannt: Trolle sind riesig und stark, Orks stinken und sind gefährliche Raubtiere und Elfen haben etwas ätherisches. Die Betrachter*innen haben also schon eine gewisse Vorstellung und müssen nicht mehr von null abgeholt werden. Dieser Segen kann sich aber in das Gegenteil verkehren, wenn das Abzubildende zu bekannt ist. Insbesondere erfolgreiche Verfilmungen können dazu beitragen, dass es für nachfolgende Künstler*innen sehr schwer wird, eigene Akzente setzen zu können.

Dragon from Giancola - Mittelerde

Als Beispiel dafür möge Boromir dienen: Sean Beans Aussehen hat die Rezeption dieses Charakters total verändert, denn bei Ralph Bakshi sah er noch aus wie ein Wikinger. Ein Boromir mit kurzen Haaren oder ohne Bart wäre für Betrachter*innen kaum vermittelbar. Giancola nimmt diese Herausforderung an und präsentiert den Ringgefährten erkennbar und doch anders.

Auch Gandalf, die Hobbits und Legolas haben bei Giancola eine eigene Präsenz. Ihm gelingt es besonders bei seinen Personenporträts, Emotionen in den Vordergrund zu stellen. Die dargestellten zeigen Ängste, Zuversicht oder Mut in Körperhaltung und Mimik. Teilweise kopiert der Künstler dabei den Stil der klassischen Porträtmaler und man erwartet fast, zu lesen, dass das Original im Louvre oder im Mauritshuis hängen würde. Daneben gibt es aber auch viele Abbildungen mit Pastellkreide.

Eagle from Giancola - Mittelerde

Eine Tour durch Mittelerde

Das Artbook nimmt die Leser*innen mit auf eine Reise. Es beginnt mit dem Hobbit: gemütlich, genussorientiert und ein wenig konservativ entschließt sich ein gewisser Bilbo Beutlin doch, auf eine Reise zu gehen. Diese Initiation und vor allem der Drache Smaug stehen hier im Fokus.

Der Herr der Ringe porträtiert wie oben bereits erwähnt die Hauptpersonen, gibt aber auch immer wieder Schlüsselszenen eine neue darstellerische Interpretation. Das gilt etwa für das Verhältnis von Frodo und Gollum, den rätselhaften Balrog, oder die fast schon einer Erlösung gleichkommende Vernichtung des Ringes.

Abschließend greift Giancola weiter Erzählungen von Tolkien auf wie etwa die Kinder Hurins oder den Fall von Gondolin. Dazu gibt es ein paar kurze Begleittexte, die den Kontext herstellen sollen ohne von der Macht der Bilder abzulenken. Viele der Werke sind übrigens in Privatbesitz und werden daher kaum auf Ausstellungen zu sehen sein.

Troll from Giancola - Mittelerde

Ein wunderschönes Artbook

Dem Splitter-Verlag ist mit diesem Artbook meines Erachtens ein toller Coup gelungen. Natürlich gehört dieses Buch nicht in den Kernbereich „Comics für Erwachsene“. Auf der anderen Seite geht es bei der Neunten Kunst darum, mit Bildern eine Geschichte zu erzählen. Die Bilder von Donato Giancola sind zwar nicht sequentiell zu lesen, erzählen aber durchaus Geschichten von Momenten.

Künstlerisch bietet der Bildband durch die Kombination der Ölgemälde mit Pastellkreidezeichnungen und anderen Techniken eine interessante und abwechslungsreiche Reise durch Mittelerde in der Bekanntes aufblitzt aber doch anders präsentiert wird. Zum Start der Ringe der Macht eine tolle Ergänzung, die sich sicherlich auch gut als Weihnachtsgeschenk eignet. Und vielleicht kann sich ja auch der eine oder die andere in den kommenden kalten Wintertagen daran erwärmen.

2 versions of a drawing from Giancola - Mittelerde

Dazu passen The Whistlin‘ Donkeys zum Beispiel mit „Mc Alpine’s Fusiliers” und ein kühles Stout.

© der Abbildungen 2022 URBAN COMICS by Donato Giancarlo / Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2022

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