ZACK 302
Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel
Heft Din A 4 | 100 Seiten | Farbe | 9,70 €
ISSN: 1438-2792
Ein Heft ohne Neustart und das bei sechs Fortsetzungen. Dafür steigt aber auch die Vorfreude auf die kommende Ausgabe, denn es gibt immerhin drei Abschiede. Ansonsten bleibt der diesjährige Sommer gleichzeitig zu warm und zu nass, lässt also genügend Möglichkeiten offen, die 100 Seiten zu genießen! Außerdem lohnt sich definitiv ein Blick in das Programm sowohl der ZACK-Edition, die nun auch Tanguy und Laverdure eine Heimat gibt, als auch der ZACK-Spezial Bände. Wem die Ausgabe 300 gefallen hat, sollte sich schon mal das ZACK-Sonderheft 1 vormerken, das weitere Kurzgeschichten aus der Tintin-Jubiläumsnummer auf Deutsch veröffentlichen wird.
Die Fortsetzungen
ZACK 302 wartet auf dem Cover mit einer Abbildung aus Die Bank auf. Während die beiden Protagonisten hier fast friedlich nebeneinanderstehen, ist die wirtschaftliche Lage tatsächlich etwas komplizierter. Bankgeschäfte versprechen nun einmal große Profite, erlauben aber auch ebenso hohe Verluste. Band 5, Die Scheckhefte von Panama, spielt in der Neuen Welt, zeigt aber die alten Konflikte. Pierre Boisserie & Philippe Guillaume lassen dabei erneut nicht nur die männlichen Mitglieder der Familie agieren. Stéphane Brangier zeichnet sehr realistisch mit einem Faible für ausgefallenen Perspektiven.
Im letzten Teil war Mata Hari „freundlich“ überredet worden, ihre Verbindungen in Frankreich zugunsten des Deutschen Reichs als Spionin zu verwenden. Nun ist sie wieder in Paris angekommen und muss tatsächlich ein falsches Spiel spielen. Und trotz aller Ängste findet sie die Chance einer neuen Liebe. Esther Gil erzählt das dramatische Leben mit Achtung vor den Beteiligten und Laurant Paturaud setzt das sehr angemessen um. Sicherlich ein Kandidat für die Überlegung einer späteren Albenpublikation.
Der zweite Teil des zweiten Bandes von Bootblack, seines Zeichens zweiter Teil der New York Trilogie, konfrontiert den Protagonisten mit den Taten aus der Vergangenheit. Dabei gehen die Zeitebenen ansatzlos ineinander über und erfordern von den Leser*innen ein gewisses Mitdenken. Wie auch im ersten Teil Giant (der gerade als Gesamtausgabe erschienen ist) steht weniger eine personenbezogene Handlung im Vordergrund als die Situation, die Menschen in ihrem Überlebenskampf zu bestimmten Handlungen verleitet. Für mich eine grandiose Graphic Novel von Mikaël , die auch noch beim zweiten oder dritten Lesen fasziniert. Dazu trägt natürlich auch das etwas andere Artwork bei.
Die Abschiede
Im europäischen Osten treten mehr und mehr Konflikte zu Tage, die darauf beruhen, dass sich Russland (und seine Verbündeten) und die westlich orientierten Staaten unterschiedlich entwickeln wollen. Natürlich sind damit auch ökonomische Einflusssphären gemeint. Ein Faktor in diesem „Spiel“ ist Waffentechnologie und damit fast logisch verbunden entsprechende Wirtschaftsspionage. Tanguy und Laverdure werden in Die unsichtbare Grenze mitten in eine solche Auseinandersetzung gezogen und schweben in Lebensgefahr. Auch diese Episode von Patrice Buendia & Frédéric Zumbiehl ist wieder der Anfang eines Mehrteilers, der das Leben der Kampfpiloten mit politischen Ereignissen verknüpft. Wie auch in den gerade erschienenen Alben 24 und 25 darf Sébastien Philippe grandiose Actionszenen am Boden und in der Luft zeichnen.
Die Posse um eine strohdoofe Truppe von rechtsradikalen Schlägern im Zusammenhang mit den Dreharbeiten eines expressionistischen Filmes in der Episode Kino um Aleksis Strogonov hat nun ein Ende. Émile Bravo mit seiner modernen Interpretation der klaren Linie hat zurecht seine Fans, und auch Jean Regnaud hat bereits gute Szenarien abgeliefert. Hier wollten sie vielleicht einfach zu viel. Möglicherweise verstehe ich aber auch einfach ihre Art des Humors nicht.
Ebenfalls zu einem vorläufigen Ende gekommen ist Harmony. Metamorphosis, der sechste Band der Reihe von Mathieu Reynès, bringt ein weiteres überraschendes Detail ans Licht (das hier natürlich nicht verraten werden soll). Auf jeden Fall steht die Frage im Mittelpunkt, ob es gelingen wird, die Held*innen wieder zu vereinen. Sehr spannende Kombination aus Mystery und Krimi mit modernen Zeichnungen und einem spannenden Layout. Dieses passt sich den jeweiligen Erfordernissen an Tempo und Dramatik an und vermittelt eine sehr filmähnliche Wahrnehmung.
Und sonst?
Was wäre das Heft ohne die Rubriken, Artikel und One-Pager? Näher vorgestellt werden die Gesamtausgaben der Flintenweiber (von Georg F. W. Tempel) und Giant (vom Verfasser dieser Zeilen). Frank Neubauer lästert in seiner Kolumne, stellt aber auch Neuerscheinungen vor und kommentiert Meldungen aus der Welt der Bildgeschichten. Michael Klein erinnert an das ZACK vor 50 Jahren und Parker & Badger, Grott & Schrott und Tizombi und seine Freunde dürfen sich mit nicht alltäglichen Alltäglichkeiten herumschlagen.
Dazu passen die unverwüstlichen Deep Purple mit ihrem neuen =1 und ein Bockbier aus der „Unwrap-Serie“ für das Blindtasting zuhause.
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