35 Jaar Weekblad Kuifje – Klassiker des Quartals – Frühjahr 2020

35 Jaar Weekblad Kuifje – 35 Jaar Humor

Text: div

Zeichnungen: div

Herausgeber/Uitgever: Raymond Leblanc

De Lombard Uitgaven

Hardcover | 1981 |128 Seiten | farbig | (vergriffen)
ISBN: 90-6421-339-9

In der Reihe Klassiker des Quartals soll heute ein Magazin gewürdigt werden, das von 1946 an fast 50 Jahre lang wöchentlich erschienen ist und ursprünglich der niederländisch-sprachige Ableger des Brüsseler Magazin Tintin gewesen ist. Nach der Einstellung dieses Magazins 1988 lief die flämische Ausgabe Kuifje weiter und hatte von 1989 an eine eigene französische Ausgabe unter dem Titel Hello Bédé. 1993 war dann endgültig Schluss! Zwischenzeitlich waren von dem Heft wöchentlich über 600.000 Exemplare verkauft worden.

1981 erschien das Hardcover „35 Jaar Weekblad Kuifje – 35 Jaar Humor“ zur Feier des Jubiläums bei Lombard das antiquarisch noch für rund 10€ in lesbarem Zustand erhältlich sein sollte. Für besonders gut erhaltene Exemplare mit Schutzumschlag muss deutlich mehr angelegt werden.

Die Konkurrenz

Während der gesamten Zeit lieferte sich Tintin/Kuifje ein Wettrennen mit Spirou/Robbedoes. Versammelte das erstere hauptsächlich die Brüsseler Schule mit der Ligne Claire um sich, war das zweitere das Publikationsorgan der Ecole Marcinelle. Trotzdem wechselten Zeichner und Autoren zwischen den Magazinen. Andre Franquin war der einzige, der unter seinem Namen eine Zeitlang gleichzeitig für beide Magazine tätig war. Robbedoes/Spirou war anfangs auch während der deutschen Besetzung Belgiens erschienen und dann von den Deutschen verboten worden. Das Magazin aus dem Hause Dupuis bzw. sein Chefredakteur hatte dabei den Widerstand teilweise aktiv unterstützt. Hergé hatte sich während des Krieges dagegen unter das Dach der von Deutschen gesteuerten Le Soir begeben und sich nach Kriegsende wegen Kollaborationsvorwürfen verteidigen müssen. Der Popularität seiner Figuren tat das keinen Abbruch.

Mitte der 60-er Jahre war die Fortsetzung Kuifjes schon einmal gefährdet; der Inhalt entsprach nicht mehr dem Geschmack des „neuen“ jungen Publikums. Ab dem 1. Oktober 1965 änderte der gerade eingesetzte Chefredakteur Greg das Konzept und brachte längere Fortsetzungen und neue, moderne aber auch Gewalt nicht mehr aussparende Geschichten, etwa Luc Orient, Bruno Brazil oder Comanche. Diese Neuausrichtung war nicht nur ein zweiter Frühling, sondern etablierte eine ganze neue Generation von Serien und Künstlern. Konzeptgemäß sind in dieser auf die humorigen Serien fokussierten Ausgabe keine Beispiele der neuen Reihen enthalten. Obwohl das Blatt mit dem Spruch „von 7 bis 77 Jahren“ warb, waren ab diesem Zeitpunkt sicherlich nicht alle Inhalte auch für alle Altersgruppen gleich geeignet.

Mit der 68-er Bewegung kamen aber auch andere Herausforderungen auf die Macher der „alten“ Magazine hinzu. Das politische Klima liberalisierte sich mehr und mehr und die katholisch-konservative Ausrichtung von Kuifje war nicht mehr en-vogue. Künstler*innen wollten neue Sachen ausprobieren, Rechte an ihren Figuren behalten und gleichzeitig drohte die zunehmende Nutzung von Kino und Fernsehen den Printmedien erstmals die zahlenden Kund*innen wegzunehmen. Neben Fantasy/SF-lastigen Titeln wie Heavy Metal/Schwermetall kamen auch moderne Hefte wie Pilote oder (A Suivre) in die Regale. Im Endeffekt überlebt hat davon aber bis auf Spirou und eher Satire-lastige Magazine wie Charlie Hebdo keines.

Etwas anders sieht es im niederländisch-sprachigen Markt aus: Zwar sind das Suske-en-Wiske-Weekblad und Robbedoes mittlerweile ebenfalls verschwunden, das Eppo (vormals PEP) existiert aber wieder!

Der Inhalt

In diesem Band werden in chronologischer Abfolge Beispiele für die humorigen Comics aus Kuifje abgedruckt. Den Beginn macht dabei (natürlich) ein Zweiseiter von Hergé mit Kwik en Fluppke (dt. Stupps und Steppke) von 1947. Zu Beginn sind übrigens durchaus noch schwarzweiße bzw. schwarz-rote Beiträge dabei, da nicht jede Seite vierfarbig angelegt war.

Die Auszüge geben einen guten Überblick über die Entwicklung des Magazininhalts: Waren anfangs noch Slapstick und Humor in altbackener Weise gefragt, wandelte sich der Inhalt über die Jahre zu auch heute noch lesbaren Klassikern wie Dommel/Cubitus oder Roodoog/Häuptling Feuerauge. Deutschen Leser*innen sind die Serien teilweise aus dem alten Koralle-ZACK bekannt das anfangs einen Teil des Materials in Lizenz abgedruckt, später sogar einige der Zeichner und Szenaristen abgeworben und mit eigenen Verträgen ausgestattet hatte. Ganz zum Schluss kommen dann auch Karrikaturartige Beiträge hinzu.

Viele der Serien zählen noch heute zu den Klassikern! Dazu gehört sicherlich Ton en Tinneke (Mausi und Paul). Diese klassische Familienserie wurde von Greg und Franquin entwickelt als letzterer frustriert von den Zuständen bei Dupuis eine Alternative gesucht hatte. Im Endeffekt hatte das dann zu einer Doppelbelastung geführt die Franquins Gesundheit sicherlich nicht zuträglich war. In dieser Zusammenstellung ist nicht nur die erste Seite überhaupt von 1955 (mit einem Szenario von Peyo) enthalten, sondern auch weitere Versionen durch Attanasio (1966), Mittéï und Cricri (1974) sowie Walli (1981).

Daneben gibt es aber noch weitere Beispiele von aktuell laufenden Reihen, etwa Dirk-Jan, der im Eppo Heft für Heft dabei ist. Auch Olivier Blunder (Albert Enzian) oder Robin Hoed (Robin aus dem Wald) gehören dazu.

Kooperation mit Willy Vandersteen

Interessant ist auch, dass Suske en Wiske von 1948 bis 1959 ein Gastspiel in Kuifje geben hatte. Die acht Abenteuer, die heute unter der Bezeichnung „Blaue Reihe“ laufen, hatten einen etwas anderen Zuschnitt als die traditionelle („Rote“) Reihe und musste ohne Tante Sidonia und Jerom (auf Deutsch in den Bastei-Zeiten Wastl) auskommen. Nach einem Zerwürfnis zwischen Willy Vandersteen und Hergé wurde die vorgesehene neunte Geschichte nicht mehr veröffentlicht. In diese Zusammenstellung wurden von Vandersteen daher nur zwei Seiten seiner Serie über den kleinen Prinzen ´t Prinske aufgenommen.

Fazit

Heute würden die meisten der abgedruckten Gags nicht mehr als zeitgerecht empfunden werden. Als Dokument dieser Entwicklung ist die Sammlung aber gut geeignet. Zudem war das Magazin in seiner Zeit absolut stilprägend sowohl für die Niederlande und Flandern direkt als auch über die verschiedenen Publikationen aus dem Kauka-Imperium und das ZACK in Deutschland.

Dazu passen eigentlich nur der King (selbstverständlich ist in diesem Zusammenhang Elvis damit gemeint, der im Januar 85 Jahre alt geworden wäre), ein Tomaten-Mayonnaise-Pilz und ein klassisches Grolsch.

© der Abbildungen de Lombard Uitgaven, Brüssel 1981

ZACK 247

ZACK 247 (Januar 2020)

Herausgeber: Klaus D. Schleiter

Chefredaktion: Georg F. W. Tempel
MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag
Heft Din A 4 | 84 Seiten | Farbe | 7,90 €
ISSN: 1438-2792

Das neue Jahr beginnt mit der Rückkehr zweier alter Bekannter und vor allem wieder mit der Aufforderung, die ZACK-Serie 2019 zu wählen. Das geht wie gehabt per Brief, Fax oder online. Die Gewinnchancen sind nicht riesig, der Spaß dagegen schon, geht die Wahl des ZACK-Helden doch mittlerweile in das sechste kalendarische Jahrzehnt.

Die Neustarts

Investigativer Journalismus ist nicht immer leicht und manchmal kommt der Gegenwind aus unerwarteter Richtung: Rick Master muss in „Für Frankreich gefallen“ zum Militär. Während Rick die Sache anfangs noch recht locker nimmt ist Nadine am Verzweifeln. Zidrou und Simon van Liemt präsentieren bereits das vierte „neue“ Abenteuer des ZACK-Helden der ursprünglich von Tibet bearbeitet worden war.

Auch Empire USA kehrt zurück; Episode 2.2 beginnt mit einem recht freizügigen Rückblick von Jared auf seine Beziehung zu Scarlett und Duanne. Mit routiniertem Strich setzt Alain Queireix die Geschichte von Stephen Desberg um. Moderner Agentenstoff in schnellem und abwechslungsreichem Layout. Sicherlich deutlich über dem Durchschnitt.

Die Fortsetzungen

Die Bank geht bereits in den dritten Teil. Während der perfide Plan von Lord Rothschild aufgeht machen auch die beiden Geschwister Charlotte und Christian scheinbar ein gutes Geschäft. Ob es von Dauer sein wird? Der Thriller aus der Finanzwelt Mitte des 19. Jahrhunderts hat alle Elemente, die eine gute Geschichte benötigt: Ein neues, glaubwürdig erzähltes Thema, gut aufgebaute und ausgeschmückte Figuren, einiges an Spannung und gute zeichnerische Umsetzung! Eine echte Bereicherung des Portfolios!

Giant ist etwas experimenteller, zählt für mich aber zu genau den Serien, die mich dazu bewogen haben, das ZACK zum Magazin des Jahres 2019 zu küren! Mikaël hat sich einen Underdog zum Helden gesucht. Er ist ein einfacher Bauarbeiter und damit beschäftigt, New York größer und höher zu machen. Er ist kein Held, hat keine Familie, gehört keiner kriminellen Organisation an und ist somit eigentlich vollkommen uninteressant, wäre da nicht sein großes Herz und das wahnsinnige Artwork!

Ebenfalls erwähnt werden müssen natürlich auch die kleineren Serien: Tizombi, Parker & Badger und der Vater der Sterne haben genauso ihre Auftritte wie die ständigen Rubriken mit News und Informationen. Vorgestellt werden in diesem Heft die Netflix-Serie Titans und der Taschenband von Krazy Kat!

Der Abschied

Tanguy & Laverdue beenden ihr Wüstenabenteuer Sanddiamanten und dürfen feststellen, dass Politik im Gegensatz zum Fliegen das deutlich unschönere Metier ist. Sébastien Philippe setzt die Kampfjets genauso gut in Szene wie die Landschaften und die Akteure. Für technikbegeisterte Jungen (und junggebliebene) sicherlich ein Schmankerl. Diese Serie gehört seit Jahrzehnten in das ZACK, ist aber halt nur für einen – nicht unwesentlichen – Teil der Leser*innen.

Dazu passen die 30 Years Pearl Jubilee Edition von Spirit of Ska und ein winterlicher fruchtiger Likör!

Abbildungen © 2020 MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag und den jeweiligen Zeichnern und Verlagen

Camp 3 – Dezember 2019

Camp – Magazin für Comic, Illustration und Trivialkultur– Ausgabe 3

Herausgeber: Volker Hamann und Matthias Hofmann
Verlag Volker Hamann, Edition Alfons
Heft Din A 4 | 148 Seiten | Farbe | 15,00 €
ISSN: n/a

Der Untertitel „Magazin für Comic, Illustration und Trivialkultur“ gibt ziemlich genau wieder was Leser*innen von CAMP erwarten dürfen! 148 prall gefüllte, stabile und mit unzähligen Abbildungen versehene Seiten entführen in völlig unterschiedliche Spielarten der Populärkultur und laden – jahreszeitlich passend – zu gemütlichen Stunden am Kaminfeuer ein. Das Schwesterprojekt „Reddition“ widmet sich dagegen seit über 30 Jahren jeweils einem oder zwei Themen aus der Welt der Comics.

Man mag bei der CAMP möglicherweise eine gewisse Konstanz vermissen, erschien doch die erste Ausgabe bereits 2014, die zweite dann 2016 und gerade noch in diesem Jahrzehnt nun die dritte! Das Konzept wurde aber beibehalten und nur modernisiert: lange, in die Tiefe gehende Artikel, auch, aber nicht ausschließlich über fast vergessene Comicschätzchen. Dazu kommen Beiträge über die (fast vergessenen) Illustrator*innen, die in der ersten Nachkriegsjahren mit ihren Titelbildern für den Siegeszug des Taschenbuchs gesorgt haben und neue Literatur in das geistig verdorrte Deutschland transportierten oder eine Untersuchung über die Form und Gestalt der Raumschiffe in der Science-Fiction-Literatur bzw. wiederum in ihren Titelillustrationen.

Comic-Geschichte

Der Schwarze Wolf hat es bei Bastei auf immerhin 119 übersetzte Episoden gebracht; Im Original bei Vaillant/Pif Gadget gab es 161. Durch die hier abgedruckte Geschichte reduziert sich die Lücke um eine weitere Geschichte. Ulrich Wick erzählt aber auch die Geschichte dahinter, den etwas anderen Anspruch des französischen Magazins aus dem Verlag der Kommunistischen Partei, und die Referenzen auf eben diese Serie in der französischen Literatur.

Bob Kane ist sicherlich den meisten ein Begriff, gilt er doch als der Erfinder von Batman. Wieviel wirklich von ihm stammt und welchen Anteil andere wie Bill Finger oder die verschiedensten Geisterzeichner gehabt haben könnten, untersucht Will Murray.

Dazu gibt es eine Übersicht über die verschiedensten Laurel & Hardy-Comics. Durch den Film im letzten Jahr wurden die Beiden wieder in das (Massen-)Bewusstsein gebracht; die Comics über sie sind eher keine Erfolgsgeschichte.

S. Clay Wilson ist ein Vertreter des amerikanischen Underground. Eine Zeitlang war er auch in Deutschland „hip“ und durfte etwa für 2001 Burroughs illustrieren. Seit 2008 ist der Künstler ein Pflegefall und auf Spenden angewiesen.

Den Grenzbereich vom Comic zur Illustration nimmt Loriot ein. Dietrich Grünewald erzählt, warum Loriot hier trotzdem richtig ist und führt in seine Werke ein.

Illustration

Magische Postkarten sind old-school. Sie lassen sich nur einmal in einen neuen Zustand versetzen, erlauben es dadurch aber eine sequentielle Geschichte zu erzählen. Man braucht nur eine Wärmequelle… Anfang des letzten Jahrhunderts waren diese auch im Comic-Bereich ein beliebtes Werbemittel. Sie sind aber leider ziemlich in Vergessenheit geraten. Hier erfolgt der blick zurück.

Bei Dave McKean sind die Ansichten durchaus geteilt: Während die einen von seinen neue Wege beschreitenden Bildern/Collagen schwärmen, die dem Comic etwa in Arkham Asylum neue Horizonte erschlossen hätten, halten andere es für artifiziellen überflüssigen Krams. Unzweifelhaft hat McKean aber eine völlig neue Darstellungsform in den US-Mainstream gebracht.

Trivialkultur

Abschließend wird noch der amerikanische Fanzine-/Magazin Herausgeber Charles N. Brown gewürdigt der das „Locus“ von 1968 bis zu seinem Tod im Jahre 2000 gemacht und geprägt hat. Das Locus gibt es immer noch und es ist immer noch eine der wichtigsten Informationsquellen in, über und für Science-Fiction!

Der Blick nach Japan darf nicht fehlen. Hier geht es aber nicht um eine der vielen Manga-Serien oder Richtungen, sondern um „ero guro“, ein zugrunde liegendes Kunstphänomen, das schon älter ist und viele Wildheiten mit sich bringt.

Fazit

Tiefergehende Information ist heute nicht unbedingt selbstverständlich und oft fehlt dafür auch wirklich die Zeit. Umso schöner, dass das CAMP unregelmäßig (und deshalb umso willkommener) dieses Bedürfnis befriedigt und „unnützes Wissen“ in seiner besten Form darbietet!

Viele, tiefgehende Artikel und sorgfältig ausgewählte ergänzende Illustrationen in einem stimmigen Layout sind die 15 € allemal wert! Mein Tipp für die anstehenden Urlaubstage zur Flucht in triviale Welten, gerne auch ohne einen Kamin!

Dazu passen irgendwie schräge und unbekanntere Klänge: Grabt doch mal nach deutscher Mod-Musik (zur falschen Zeit am falschen Ort) oder nach Northern Soul Perlen! Ein Bordeaux sollte dabei unterstützend wirken können.

© der Abbildungen bei den Autoren und Verlagen c/o Edition Alfons 2019

Regnauld/Seiter – Das Herz des Zorro

Das Herz des Zorro

Story: Roger Seiter
Zeichnungen: 
Pascal Regnauld

Originaltitel: Balle tragique pour une série Z

Schreiber und Leser

Hardcover | 64 Seiten | Farbe | 16,95 € |

ISBN:  978-3-96582-002-9

Eine der besonders netten Reihen bei schreiber & leser ist mit Nachtprogramm betitelt. Hier erscheinen aus dem Rahmen fallende Einzeltitel für Entdecker*innen und abenteuerlustige Leser*innen. Das Herz des Zorro ist darunter die aktuellste Veröffentlichung.

Der Inhalt

Wir springen in das Jahr 1957, mitten in den heißen Sommer. Jimmy White ist einer der typischen mittelmäßigen Männer dieser Zeit. Er hat schon als Stuntman gearbeitet, als Double und aktuell hat seine Agentin ihn als Statisten für die Disney-Serie Zorro untergebracht. Der Job ist nicht sehr anspruchsvoll, seine Frau ist vor kurzem verschwunden und die Polizei, genauer gesagt ein Detective glaubt, dass White sie umgebracht habe. Außerdem ist da noch die Sache mit dem Geldverleiher…

Bei einer Drehszene wird unser Held vom Star der Serie mit einem Degen verletzt, auf eine Kolumnistin wird ein Attentat verübt und ein Sternchen wird ermordet. Natürlich hofft Jason Boyd, dass er alle diese Verbrechen dieses Mal aufklären könne, und ist fest davon überzeugt, dass nur Jimmy als Täter in Frage kommen kann.

Glücklicherweise hat Jimmy aber auch noch seine Agentin Brenda, die bereit ist, viel mehr zu tun als üblich. Roger Seiter gelingt es, in dieser Story einerseits das Flair des klassischen Noir-Thrillers aufleben zu lassen. Andererseits tauchen aber auch viele der bekannten Gesichter des Filmbusiness der End-Fünfziger auf und die Studioatmosphäre wird perfekt wiedergegeben. Die Handlung läuft dabei ab wie ein Film.

Der gebürtige Straßburger Seiter ist im französischen Comic wahrlich kein Unbekannter, sein Werk hat es aber bisher im Wesentlichen nicht in die deutsche Sprache geschafft. Schade eigentlich.

Die Zeichnungen

Pascal Regnauld ist hierzulande bekannter, zeichnet er doch seit dem 10. Band an den Geschichten von Inspektor Canardo mit.

Er nimmt das filmische in seinen Zeichnungen auf und kombiniert Totale mit Weitwinkel und schnellen Schnitten auf schwarzem Hintergrund.

Die Figuren sind leicht grotesk überzeichnet und in den Details reduziert. Umso wesentlicher ist die ebenfalls von Regnauld ausgeführte Kolorierung, die mit Schattierungen Kontur gibt. Gedämpfte Farben ermöglichen ein sehr stimmiges Ambiente für diesen Thriller, dem man nicht auf den ersten Blick ansieht, dass er aus diesem Jahrzehnt stammt!

Die Empfehlung

Braucht ihr noch ein kurzfristiges Weihnachtsgeschenk? Wenn ja, mit diesem Band macht ihr nichts falsch für Filmfans, Noir-Adicts und Leser*innen guter Geschichten.

Der Band ist erschwinglich, gut verarbeitet und wertig, im Zweifel nicht bereits vorhanden, da doch eher aus einem Nicht-Mainstream-Verlag, und vor allem wirklich gut!

Dazu passen Madness mit ihrer neuen Single „The Bullingdon Boys“ und ein klassischer Whisky Sour!

© der deutschen Ausgabe 2019 Scheiber&Leser

© der Abbildungen Éditions Glenat 2019 by Roger Seiter & Pascal Regnauld

Nihoul/Mantovani – Cixi

Königliches Blut: Cixi – Die Drachenkaiserin

Story: Philippe Nihoul
Zeichnungen: Fabio Mantovani

Originaltitel: Les Reines de SangCixi

Splitter Verlag

Hardcover Überformat | 112 Seiten | Farbe | 22,00 € |

ISBN:  978-3- 96219-078-1

Die Reihe Königliches Blut versammelt ein- oder mehrteilige Geschichten über Herrscherinnen unter einem einheitlichen Logo. In ihnen werden natürlich Fakten und Fiktion verwoben, sind doch die Geschichtsschreibungen gerade über relevante Frauen oft schon selbst teilweise eher Mythos als Wiedergabe der Wirklichkeit. Trotzdem versuchen sie aber, die porträtierten Frauen in ihre Widersprüchlichkeit und ihrer Macht darzustellen.

Der Inhalt

Nach Isabella von Spanien, Alienor von Aquitanien und Kleopatra wagt sich der Splitter-Verlag jetzt erstmals in den Fernen Osten und stellt unter dem Label „Double“ die Drachenkaiserin Cixi vor. Cixi ist ein sehr hübsches Mädchen aus dem Stamm der Mandschu, der damaligen Herrscherkaste. Ihre Familie gehört aber nicht zu dem traditionellen Hochadel so dass sie eigentlich nur auf eine gute Heirat hoffen kann. Um ihren Ruf steht es aber nicht zum Besten und als sie bei einem Stelldichein mit einem jungen Mann erwischt wird, bleibt nur der Ausweg, sie als Kurtisane an den kaiserlichen Hof zu bringen.

Parallel dazu muss den Han-Chinese Li Lieng Ying erleben, was Armut heißt. Er fasst den verzweifelten Plan, sich zum Eunuchen machen zu lassen und am Hof aufgenommen zu werden. Dieser Plan erfordert aber das Eingehen einer großen Schuld bei den Kastraten.

Am Hof treffen sich die Beiden und Li Lieng Ying entwirft einen Plan für ihre Zukunft. Cixi soll den bisher kinderlosen Kaiser von sich abhängig machen und ihm einen Thronfolger schenken. Um diese Ziele einmal erreichen zu können muss Cixi erst die Kunst der Verführung und des Liebesspiels lernen. Tatsächlich ergibt sich die Chance, dass Cixi zum Kaiser gerufen wird und aufgrund des langen, ausdauernden Trainings verfällt er ihr tatsächlich. Als der Kaiser schließlich stirbt, wird seine Kurtisane als Mutter seines Erben zur Kaiserinwitwe. Eigentlich gleichberechtigt zu seiner Hauptfrau, die sich für solche Sachen aber nicht interessiert, übernimmt sie die Regentschaft für ihren Sohn. Ihr Begleiter wird zum Haupteunuch und die beiden regieren für insgesamt 24 Jahre das Reich der Mitte mit harter Hand.

Im Laufe der Geschichte kommt es immer wieder zu Konflikten, sowohl mit Männern, die einer Frau das Recht zu regieren absprechen wollen, aber auch mit den Langnasen, also den Europäern. Dabei spielen sowohl die Christianisierung und Ausbeutung des Landes eine Rolle als auch persönliche Eitelkeiten. Auch der sogenannte Boxeraufstand spielt dabei eine große Rolle. Die Geschichte endet mit dem Tod der Drachenkaiserin.

Philippe Nihoul gelingt es dabei sehr geschickt, geschichtliche Fakten und Stimmungen mit den Lebensgeschichten der beiden Hauptpersonen zu verbinden. Alles Notwendige wird mitgeteilt ohne dass dabei auch nur ansatzweise der Gedanke an einen drögen Geschichtsunterricht aufkommt. Konflikte mit anderen Staaten aber auch interne Intrigen bekommen dabei genügend Raum, lassen aber Platz für die genaue Zeichnung der Charaktere und ihrer Entwicklung. Sex spielt eine große Rolle in dieser Geschichte, steht aber nie als solches im Vordergrund, sondern treibt die Entwicklung und ist somit Mittel zum Zweck ohne Selbstzweck zu sein.

Die Zeichnungen

Fabio Mantovani hatte augenscheinlich Spaß an den zwei Bänden, die hier in einem Hardcover zusammengefasst worden sind. Chinesische Dekors und Landschaften vermitteln den Eindruck einer guten Recherche und auch die Figuren inklusiver der Gesichter sind gelungen. Man kann aber nicht übersehen, dass der Zielmarkt Europa ist; die Züge sind teilweise etwas überzeichnet.

Mantovani schreckt auch nicht davor zurück, abgeschlagenen Köpfe und Folterszenen ins Bild zu setzen, wenn ihm auch die lebenden Körper mehr zu bedeuten scheinen. Die Farben sind teilweise etwas zu aufdringlich, insbesondere rote Lippen wirken überbetont. Die Farbgewaltigkeit der Kleidung passt dagegen.

Beim Seitenlayout verlässt der Künstler die ausgetretenen Raster und packt Panele auf Hintergrundzeichnungen, arrangiert diese völlig frei und schafft daher ein sehr unruhiges aber anregendes und immer wieder wechselndes Seitenbild. Mehr davon!

Fazit

Auch die vierte in dieser Reihe porträtierte Herrscherin hat Geschichte geschrieben. In ihre Zeit fiel der Konflikt mit den Kolonisatoren, die das Reich der Mitte als neue Gewinnquelle für sich entdeckt hatten, begleitet von dem immer wieder aufkommenden Konflikt um die regionale Vorherrschaft mit Japan und dem bevorstehenden Wandel des abgeschotteten traditionsgebundenen Riesenreiches hin zur Moderne. Diese Thematiken werden ansprechend eingebunden und erzeugen sicherlich mehr bleibendes Wissen als unzählige Unterrichtsstunden.

Es darf aber auch nicht vergessen werden, dass trotz allem die Unterhaltung im Vordergrund steht und auch dieser Aufgabe wird der Comic gerecht. Die Ränke und Intrigen würden einem Krimiplot auch gut zu Gesicht stehen. Auch wenn es hier um Herrscherinnen geht, ist die Zielgruppe wohl im Wesentlichen männlich. Es wäre daher spannend, die gleiche Story von einem weiblichen Team umgesetzt zu sehen.

Obwohl Cixi eine der bedeutendsten Herrscherinnen Chinas war, die Geschichte erst 150 Jahre zurückliegt und sie schon immer von Legenden umrankt war, ist wahrscheinlich eine gute Idee gewesen, die Original-Bände 11 und 12 in eine deutsche Ausgabe zu packen. Das Thema China ist noch nicht im (Comic-)Mainstream jenseits des Mangas angekommen.

Ausstattungsmäßig erfüllt der Splitter-Verlag wie immer alle Erwartungen! Und 112 Seiten für 22 Euro sind absolut fair!

Dazu passen grüner Tee und Sake und alles Instrumentale von den Skatalites!

© der Abbildungen Splitter Verlag GmbH & Co. KG ·   Bielefeld 2019

© 2015, 2018 Èditions Delcourt / P. Nihoul / F. Mantovani

Aymond/Bollée – Bruno Brazil – Die neuen Abenteuer 1

Black Program Teil 1

Story: Lauren-Frédéric Bollée 
Zeichnungen: Philippe Aymond

Originaltitel: Les NouvellesAventures de Bruno Brazil – Tome 1 Black Program

All Verlag

Hardcover | 56 Seiten | Farbe | 15,80 € | 
ISBN: 978-3-946522-70-6

Der coolste Geheimagent der siebziger Jahre ist zurück mit neuen Abenteuern! Bruno Brazil hat drei Mitglieder seines Kommando Kaiman verloren, zwei weitere wurden schwer verwundet, weder Zeichner noch Texter der ursprünglichen Serie leben noch und doch geht es weiter.

Die Story

Bruno hat die Verluste in seiner Truppe, insbesondere aber den Tod seines Bruders (noch) nicht verwunden und ist in psychologischer Behandlung. Während er noch Trübsal bläst dreht die Welt sich aber weiter. Zunächst wird das Anwesen, auf dem Madison Ottoman gepflegt wird, Schauplatz eines Überfalls. Ottoman war der Kopf hinter der geheimen Sendeanlage im Dschungel, die den Startpunkt für das Kommando Kaiman gegeben hatte (siehe Bruno Brazil 2). Nur kurze Zeit später verschwindet Ottomans damalige Komplizin Rebelle aus einem Hochsicherheitsgefängnis. Alles scheint mit dem geheimnisvollen Black Program in Verbindung zu stehen.

LF Bollée schafft es, die neue Serie nahtlos an die letzte Geschichte anknüpfen zu lassen. Obwohl seitdem mehr als 40 Jahre vergangen sind, wirkt das Ganze aber nicht altbacken, sondern so frisch wie ein neuer Doppelnull-Geheimagententhriller! Brazil war schon immer der bessere, glaubwürdigere Held und die damalige Zeit erlaubt einerseits bereits technische Gadgets, ist aber von der modernen Komplett-Video-Überwachung, GPS-Tracking u.ä. meilenweit entfernt.

Brazil ist aber nicht mehr nur der harte „Soldat“, er hat ein bereits in der ursprünglichen Serie angelegtes Privatleben und auch dort sind Kämpfe zu bestehen: Wie kann man einen pubertierenden Jungen erziehen, der nicht der eigene ist und demgegenüber man extreme Schuldgefühle hat? Zudem ist die Frage zu klären, ob und wann der Beruf vorgehen darf. Während es eine Zeitlang Mode war, Krimihandlungen hinter den persönlichen Problemen fast untergehen zu lassen, halten sich die Themen hier die Waage. Sie versprechen für die Zukunft nicht nur spannende Agentenplots, sondern auch Anknüpfungspunkte für ergänzende und ablenkende Konflikte.

Da sich die Geschichte über mindestens zwei Alben erstrecken wird ist Geduld gefragt! Hoffen wir, dass sich die Beiden an den Rhythmus von einem Band pro Jahr halten werden.

Die Zeichnungen

Phillipe Aymond ist kein Unbekannter; seine Kariere begann mit einer Zusammenarbeit mit Pierre Christin, dessen Autobiographie er auch zeichnen durfte. Sein bisheriges Hauptwerk ist sicherlich die Agentenserie Lady S., die von Jean van Hamme getextet wurde. In diesem Sujet kennt er sich aus: brennende Autos, Mündungsfeuer und Kampfszenen beherrscht er wirklich! Das Gesicht der von Vance übernommenen Hauptfigur und auch die der Mitstreiter*innen können dagegen nicht vollkommen überzeugen! Das mag allerdings auch daran liegen, dass sich der Stil solcher Geschichten im Laufe der letzten 40 Jahre komplett gewandelt hat. Vielleicht fehlt auch nur noch etwas Routine.

Dekors und das Gefühl der Serie sind dagegen sehr gut getroffen. Die Siebziger-Jahre, die den Hintergrund der Geschichte bilden, atmen ihren Duft aus jedem einzelnen Panel, aus jeder Tapete im Hintergrund und aus jedem Möbelstück. Wenn auch die Mundpartie nicht immer gelungen ist, die Emotionen kommen trotzdem rüber und auch die Landschaften und Häuserschluchten sind stimmig!

Die Veröffentlichung

Der All-Verlag hat es sich zur Aufgabe gemacht, Meilensteine der Comic Geschichte in toller Ausstattung zu veröffentlichen. Dazu gehören unter anderem  die im EC-Verlag erschienenen SF und Fantasy-Geschichten von Wally Wood aber auch die beiden von Greg geschriebenen Reihen Luc Orient von Eddy Paape und Bruno Brazil von William Vance. Beide erscheinen erstmals chronologisch in einzelnen Hardcover-Bänden mit reichlich Zusatzmaterial.

In gleicher Reihenaufmachung, allerdings ohne zusätzliche Abbildungen, ist auch der erste Band der Neuen Abenteuer erschienen. Wie immer gibt es auch eine auf 111 Exemplare limitierte Vorzugsausgabe, die als Draufgabe ein signiertes ExLibris enthält!

Insgesamt also eine sehr gelungene Umsetzung, die sowohl Fans der alten Serie zufriedenstellen wird als auch neue gewinnen!

Dazu passen ein leicht nach Salz schmeckender Old Pulteney und Musik aus den end-Siebzigern: Cock Sparrer!

Ausschnitt aus dem ExLibris der Vorzugsausgabe

© der Abbildungen Éditions du Lombard (Dargaud-Lombard S.A.) 2019 by Aymond, Bollée

© der Deutschen Ausgabe All-Verlag Wipperfürth, 2019

ZACK 246

ZACK 246 (Dezember 2019)

Herausgeber: Klaus D. Schleiter

Chefredaktion: Georg F. W. Tempel
MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag
Heft Din A 4 | 84 Seiten | Farbe | 7,90 €
ISSN: 1438-2792

Mit dieser Ausgabe endet das Jubiläumsjahr mit dem das ZACK das 20-jährige Bestehen gefeiert hat. Zeit also für einen kleinen Rückblick:  Alle bisherigen Chefredakteure und ihre jeweiligen Konzepte wurden mit einem Artikel bedacht, klassische ZACK-Helden erleben ihre Abenteuer immer noch oder wieder in ihren runderneuerten Varianten auf diesen Seiten, vieles Neues und auch Experimentelles ist aber dazugekommen. Das Publikum hat sich vom Nostalgiker zum an modernem Comic Interessierten gewandelt und das ZACK ist nicht länger ein Vorpublikationsorgan, sondern oft die einzige deutsche Veröffentlichung und somit auch ein Wert für sich. Dazu kommen fein ausgewogen Informationen von sehr kurz und knapp bis zu ziemlich ausführlich, Adressen und Titellistungen sowie zwei immer anregende Meinungskolumnen am Anfang und am Ende…

Die laufenden Serien

Den Opener macht Giant von Mikaël und aus dieser Serie stammt auch das Covermotiv. Zu Beginn der 1930-er Jahre war das Leben hart, speziell für Iren in den USA und Irinnen in Irland. Nicht immer waren die Männer in der Lage, ihre zurückgebliebenen Familien zu versorgen und nicht immer wussten die Frauen, warum. Manchmal geht es aber auch nur um die Hoffnung! Ein sozialkritisches Drama in einem sehr eigenen Stil!

Tanguy & Laverdue sorgen mit dem dritten Teil der Sanddiamanten eher für die Unterhaltung der technikbegeisterten Leser. Buendia und Zumbiehl haben eine Geschichte kreiert, die sich Nahe an den aktuellen Konflikten im Nahen Osten bewegt, die Freundschaft der beiden Piloten aber trotzdem in den Vordergrund stellen kann. Zudem geben sie Sébastien Philippe die Möglichkeit, Autos und Flugzeuge in Szene zu setzen. Diese Neuinterpretation hat den Sprung aus den 60-ern geschafft!

Die Bank zeigt gleich mehrere Konflikte auf, die im Übrigen auch heute noch nicht als gelöst betrachtet werden können: Sind Frauen als Handelnde akzeptiert oder werden sie vielmehr als Staffage betrachtet? Können sich Notleidende Moral leisten? Und zuletzt: In welchem Verhältnis stehen geschäftliche Notwendigkeiten und liebesbezogene Wünsche? Guillaume & Boisserie entwerfen ein spannendes Szenario, das von Maffre perfekt umgesetzt wird. Für mich einer der besten Starts in diesem Jahr!

Dazu kommen die üblichen kürzeren Sachen: Parker & Badger, Der Vater der Sterne und Tizombi sowie der schon fünfte Teil des Abrisses von Bernd Hinrichs über Verfilmungen frankobelgischer Comics und eine Würdigung von Amazon’s The Boys von Christian Endres.

Die Abschiede

Gleich zwei Serien verabschieden sich in diesem Heft für immer! Den Anfang macht Cassio von Stephen Desberg, gezeichnet von Henri Reculé. Der Römer hatte sich über neuen Alben mit den Attacken seines Halbbruders Tessio auseinandersetzen müssen. Dabei waren die Geschichten immer wieder zwischen verschiedenen Zeitebenen hin- und hergesprungen und hatten grafisch und inhaltlich unterschiedliche Themen und Stile benutzt. Der Abschluss löst die offenen Fragen tatsächlich auf, liefert grafisch mit einem schrägen Layout eine gute Unterstützung des Kampfes und endet tatsächlich mit einem Happy End.

Auch die Vorkommnisse rund um Christopher Dantès sind nun Geschichte. Er hatte Gefängnis, Folter, Reichtum und tiefen Fall, Intrigen und persönliches Glück durchlebt bis ihm nun mit der Entführung seines kleinen Kindes die seelische Vernichtung drohte. Guillaume & Boisserie haben nichts ausgelassen, gleichzeitig aber auch Hintergrundwissen der aktuellen Finanzwelt, der Umweltzerstörung und der unseligen Verflechtung von Politik und Wirtschaft geliefert. Erik Juszcak hat dem Ganzen einen angemessenen, eher klassischen Rahmen gegeben. Beide Serien gibt es im Übrigen auf Deutsch in keiner anderen Form!

In der gespannten Erwartung auf die bald kommende 250. Ausgabe empfehle ich zur aktuellen Lektüre Joy Crookes, etwa „London Mine“ und eine Tasse warmen Kakao mit Berliner Luft!

Abbildungen © 2019 MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag und den jeweiligen Zeichnern und Verlagen

Prugne – Vanikoro

Vanikoro

Story: Patrick Prugne
Zeichnungen: Patrick Prugne

Originaltitel: Vanikoro

Splitter Verlag

Hardcover Überformat | 104 Seiten | Farbe | 22,00 € |

ISBN:  978-3- 96219-314-0

Der Meister der Aquarelle ist wieder da! Nachdem zunächst die jüngere französische Geschichte den Hintergrund für zwei Geschichten geliefert hatte, dann die „Besiedlung der amerikanischen Ostküste“ im Kampf mit den Indianern den Stoff für vier weitere grandiose Werke gelegt hatte, zieht es Patrick Prugne jetzt noch weiter in die Welt hinaus: Das aktuelle Werk spielt im Südpazifik, im Juni 1788.

Der Hintergrund

Drei Jahre zuvor hatten zwei Fregatten den Hafen von Brest verlassen um mit 200 Mann an Bord naturkundliche Forschungen zu betreiben und Pflanzen, Insekten, Gewürze und andere Schätze einzusammeln, Küstenlinien zu beschreiben und Architektur und Landschaft bildlich festzuhalten. Das Zeitalter der Aufklärung ermöglichte den Wissensgewinn als Begründung für solch ein Unterfangen und versprach ihren Teilnehmern Ruhm und Anerkennung im Falle eines glücklichen Ausgangs.

Dieser allerdings war nicht immer zu erwarten und auch diese beiden Schiffe gerieten in einen schweren Sturm, wahrscheinlich in der Nähe der Insel Vanikoro. Und hier setzt die Geschichte des Erzählers Prugne ein, der wie gewohnt gekonnt Fakten und Fiktion zu einer spannenden Story vermengt. Vieles über die Expedition ist verbürgt, auch die beschriebenen Akteure haben tatsächlich gelebt. Über ihr Schicksal in und nach dem Sturm gibt es aber nur anthropologische Hinweise.

Bei schwerer See zerbricht zunächst eine der beiden Fregatten und nur sehr wenige Überlebende können sich auch eine nahe Insel retten. Nicht alle überleben dort allerdings, denn die Insel ist keineswegs unbewohnt. Das andere Schiff kann sich schwer beschädigt der Insel nähern und ermöglicht es fast der gesamten Besatzung überzusetzen und das Schiff auszuschlachten. Ziel dieser Gruppe ist der Bau eines seetüchtigen Fahrzeugs, das sie in die Nähe der Schifffahrtsrouten bringen soll.

Im weiteren Verlauf der Geschichte sehen wir Überfälle, Piraten, die von einem Schiff am Horizont ausgelöste Hoffnung, die Unbillen der Natur und erfahren auch etwas über den religiösen Hintergrund der Bewohner des Eilands. Prugne lässt also kein Versatzstück für eine Schiffbrüchigengeschichte aus und verwebt die bekannten Bestandteile auf angenehme, spannende Weise.

Die Umsetzung

Wer schon einmal etwas von Prugne in Händen gehabt hat, wird seinen Stil immer wieder erkennen. Seine Darstellung der wilden Natur ist perfekt; jedes Blatt hat seinen genau richtigen Platz in der Komposition und die Tier- und Menschenwelt findet sich entweder ein oder wirkt im Falle der Europäer wie ein unverständlicher Fremdkörper. Ihnen gesteht Prugne aber eine Entwicklung zu: Einige werden im Laufe der Zeit assimiliert, andere bleiben fremd.

Auch seine Kunst in der Darstellung von Uniformen, sowohl geputzt als auch derangiert findet sich in dieser Geschichte vom anderen ende der Welt wieder und erlaubt herrliche Kontraste zwischen den „Offiziellen“ und den einfachen Matrosen.

Die Landschaften laden einerseits zum Träumen ein und könnten das gemalte Abbild eines Reisekataloges mit Traumzielen sein, andererseits sind sie aber auch voll mit gefährlichen Stellen, giftigen Tieren und Pflanzen und dienen zudem als Versteck für feindliche Krieger. Diese Ambivalenz in der Schönheit ist meines Erachtens schon für sich ein Grund, Prugne zu genießen!

 Wer von den Bildern, die es in den Comic geschafft haben, noch nicht genug hat, sollte einen Blick in den Anhang werfen! Hier gibt es neben Skizzen und ganzseitigen Illustrationen auch noch ein wenig Wissen über die Theorien um das „wahre“ Schicksal der Schiffe und ihrer Besatzungen.

Wie immer eine runde Sache in der Präsentation und nebenbei bemerkt eines der Highlights der diesjährigen Produktion! 5 Sterne!

Dazu passen ein oder zwei India Pale Ale mit ihrem frischem zitronigem Geschmack nach Hopfen und eine Mischung aus traditioneller und moderner Musik, etwa von The Brothers Cazimero.

© der Abbildungen 2018 Editions & Galerie Daniel Maghen

© der Abbildungen Splitter Verlag GmbH & Co. KG ·   Bielefeld 2019

Pietersma/Wijtsma – Jelmer 1

Wie dienen wij hiermee?

Story: Josse Pietersma
Zeichnungen: Roelof Wijtsma

Originalausgabe

Uitgeverij Personalia

Softcover | 56 Seiten | Farbe | 8,95 € |

ISBN: 978-94-928-4050-9

Ein neuer Comic über die Kreuzzüge? Mit Blut und Schwert gegen die Ungläubigen und Hau-Drauf?

Der Inhalt

Nein, Jelmer ist anders! Eigentlich möchte der Held der Abenteuer gar nicht in den Krieg ziehen, sondern in seinem Friesland für den Unterhalt seiner Familie sorgen. Doch es kommt anders und so sticht eine große Gruppe Friesen in See um für die Befreiung Jerusalems zu streiten.

In verschiedenen Rückblicken wird diese Fahrt geschildert und auch gezeigt, wie willkommen die Pilger für alle Beutelschneider und Taugenichtse waren. Schließlich hat der Tross 1218 Damiste, eine Stadt in Ägypten, erreicht. Die Stadt blockiert durch eine zwischen ihren Stadtmauern und einem auf einer kleinen Insel in der Mündung gebauten Turm gespannte Eisenkette die einfahrt in den Fluss und damit den Zugriff auf das Hinterland.

Damiste scheint zunächst einmal uneinnehmbar doch Jelmer scheint vom Herrn ausgewählt und sein Freund und Begleiter ist ein innovativer Baumeister. Werden die beiden das Blatt wenden können? In einem parallelen Strang fragt sich Jelmer immer intensiver, ob seine Vorstellung von religiösen Pilgern, die die Heilige Stadt demütig befreien werden, und die Wirklichkeit zueinander passen.

Das Szenario stammt von Josse Pietersma, der im Anhang auch näher vorgestellt wird. Eigentlich hatte Josse Geschichte studiert und war damit weit weg von Comics. Es ergab sich aber ein Erkenntnisgewinn, dass über dieses Medium Inhalte gut vermittelbar sind. Dem verdanken wir nun diese Serie, die natürlich eine fiktive Geschichte erzählt, sich dabei aber immer en g an bekannte Fakten hält.

Das Artwork

Roetof Wijtsma ist schon etwas bekannter, läuft sein Fußball-Strip über Roel Dijkstra doch schon etwas länger. Hier darf er zeigen, dass er auch die Vergangenheit darstellen kann: Farbpalette, Dekors, Gebäude, Kleidung und Frisuren bedürfen einer großen Recherche, wenn sie glaubhaft sein wollen und dürfen doch nicht steif und lehrbuchartig daherkommen.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: die Mischung aus realistischem Hintergrund und leicht überzeichneten Gesichtern in der Nahaufnahme passt gut zueinander und nimmt uns als Leser*innen von Anfang an mit. Die Sorgen der zurückbleibenden Familien drücken sich genauso glaubhaft aus wie die Horden von Geschäftemachern vor den Sehenswürdigkeiten der Pilgerfahrt und der Luxus der Priester in ihren Zelten!

In Jelmer stehen nicht die heldenhaften Ritter in ihren Schlachten im Vordergrund, sondern die Mitglieder des einfachen, gutgläubigen Fußvolks, das zu Tausenden geopfert wurde.

Da der zweite Band schon für Oktober kommenden Jahres angekündigt ist, würde sich auch eine Übersetzung in das Deutsche anbieten. Natürlich gibt es einen Bezug zu den niederländischen Friesen, das sollte aber kein Hindernis darstellen.

Dazu passen ein Abteibier (Karmeliet) eurer Wahl und The Templars aus NYC.

© der Abbildungen 2019 Uitgevereij Personalia

Howard/Niemczyk – Age of Conan 1

Bêlit

Story: Tini Howard
Zeichnungen: 
Kate Niemczyk

Originaltitel: US-Age of Conan 1 – 5 (2019)

Panini Comics

Broschur | 116 Seiten | Farbe | 13,99 €
ISBN: 
978-3-7416-1380-7

Und damit wäre also auch die dritte neue Conan-Reihe bei Panini auf dem Markt. Während sich die beiden anderen um Conan selbst „kümmern“ stehen bei Age of Conan Nebenfiguren im Mittelpunkt. Es handelt sich also quasi um eine Reihe für Miniserien. Den Anfang macht Bêlit, die Piratenkönigin der schwarzen Küste. Die Originalerzählung ist übrigens vor kurzem in der Splitter-Reihe mit Interpretationen der Erzählungen von Robert E. Howard durch wechselnde europäische Teams erschienen.

Die Story

Tini Howard kreiert aus den wenigen Hinweisen ihres Namensvetters die Herkunftsgeschichte der starken Frau, die so gar nicht dem Pulp-Bild der schönen aber doch untergeordneten Frau entspricht. Bêlit wird als jugendliche Tochter des Königs der Piraten eingeführt. Sie träumt von gefährlichen Abenteuern, Meeresungeheuern und ihrer Zukunft als Piratenkönigin. Ihr Vater unterstützt sie zwar, hält sie aber noch nicht für reif genug um tatsächlich ein Kommando zu übernehmen.

Als er getötet wird, weil er sich zur Ruhe gesetzt hat und seine Position damit sozusagen vakant geworden ist, bleibt der jungen Frau nichts anderes übrig als sich den Gefahren zu stellen. Natürlich wird es dabei um Meeresungeheuer gehen, um Machtkämpfe und Führung aber auch um strategische Allianzen. Das ist auch die sehr positive Seite dieser Geschichte: Kraft und Hau-Drauf Mentalität alleine sind keineswegs ausreichend um eine führende Rolle zu spielen, wenn sie nicht von Geschick, Planung, Erfahrung und dem Willen, lernen zu wollen, begleitet werden. Insofern handelt es sich fast schon um eine Coming-of-Age Story.

Dazu passt auch, dass die junge Bêlit irgendwie an Pippi Langstrumpf erinnert. Sie akzeptiert keine Grenzen außer den selbsterfahrenen, verhält sich altersunangemessen und ist bereit, immer wieder aufzustehen und nicht aufzugeben.

Die Zeichnungen

Selten, aber wahr: Dieser Conan-Band ist nicht nur von einer Frau geschrieben, sondern auch von einer gezeichnet: Kate Niemczyk setzt die Vorgaben von Tini Howard in einer Weise um, die einerseits die erwarteten Leserfantasien erfüllt, etwa wenn es um die Tracht der dann schon etwas älteren Piratin geht. Andererseits ist sie aber in ihren Zeichnungen so jugendlich, dass auch bisher nicht typische Leserinnen sich wiederfinden können. Hier stehen nicht das Blut, der Muskel oder das Gemetzel im Vordergrund!

Dabei gelingt es Niemczyk auch, den Prozess des Reifens und Älterwerdens grafisch in Szene zu setzen. Das junge Mädchen wird zur Frau und auch die Umgebungen passen sich an!

Dabei ist das Ganze natürlich typisch amerikanisch: Das Heftchenformat erlaubt keine europäischen Layouts und der monatliche Erscheinungsrhythmus erfordert andere Qualitäten als alle zwei Jahre 48 Seiten abzuliefern.

Die Wertung

Eine in sich stimmige Story mit dazu passenden Zeichnungen versprechen einen sehr gelungenen Start in diese neue Reihe, setzen aber auch hohe Erwartungen an das Kommende! Natürlich gibt es auch wieder ein paar einführende und erläuternde Worte und die üblichen Abbildungen der unterschiedlichen Cover der Marvel-Hefte. Einziges Manko: Ich weiß nicht so richtig, ob die Frontcoverauswahl gelungen ist oder die Zielgruppe unnötigerweise eingrenzt.

Auf jeden Fall ein Tipp für alle nicht nur testosterongesteuerten Leser*innen!

Dazu passen Doro Pesch und ein Chai Latte!

© der Abbildungen 2019 Conan Properties international LLC c/o Panini Verlag GmbH

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