Zu Beginn der 2000-er Jahre war es en-vogue
für die großen deutschen Comic-Verlage, deutsche Autor*innen und Zeichner*innen
im Programm zu haben. Die Geschichte über die erste Fahrt des jungen
Störtebeker und seine Begegnung mit seinem Komplizen und Freund Gödeke Michels ist
eine der ersten Comicveröffentlichungen des Lüneburgers Patrick Wirbeleit. Die Zeichnungen stammen von dem Flensburger Kim Schmidt, der damals schon länger im
Geschäft war. Die beiden Norddeutschen bringen das richtige Lokalkolorit mit um
den unzähligen Erzählungen über den wohl bekanntesten deutschen Vitalienbruder
ein neues Kapitel hinzuzufügen.
1394 wurde der Name Störtebeker erstmals aktenkundig als Pirat. Er war einer der gefürchtetsten Männer auf Nord- und Ostsee zunächst im Kampf der Mecklenburger Städte Wismar und Rostock gegen Dänemark, später dann als einer der Anführer der sog. Likedeeler eine Gefahr für jedes Handelsschiff. Als solches ist er seit Jahrzehnten Teil der Pop-Geschichte.
In diesem Comic im ungewöhnlichen
Taschenbuchformat stiehlt der junge Klaus einem reichen Patrizier einen
goldenen Siegelring, verschenkt ihn aber sofort wieder an ein junges Mädchen.
Auf seiner Flucht aus Wismar heuert er auf einem Schiff an, rettet Gödeke Michels
das Leben, verteidigt das Schiff gegen angreifende Dänen und tötet das erste
Mal. In Stockholm werden die Gefährten gefangen genommen und treffen auf die Tochter
eines Königs…
Von der Altersangabe her ist der Comic für Kinder ab acht Jahren. Inhaltlich wäre ich da etwas vorsichtiger. Obwohl verlagsvergriffen sollte der Band für ca 5 bis 6 Euro bei den einschlägigen Stellen kaufbar sein.
Patrick Wirbeleit ist in Deutschland eher durch seine Arbeiten für kleine Kinder – nämlich Pixi-Bücher und die Comics mit Kiste – bekannt. Hier nimmt seine Geschichte etwas stärkere Fahrt auf und vermag durchaus altersgerecht zu fesseln.
Kim hat schon viel mehr Veröffentlichungen auf seiner Liste. Die bekanntesten sind sicherlich sein Comic-Zeichenkurs und die bei Flying Kiwi erschienenen Local Heroes! Er befindet sich immer im Grenzbereich zwischen Manga- und europäischem Einfluss und passt daher ganz gut zu diesem All-Age-Thema. Die Zeichnungen sind nicht von allerhöchster Qualität und auch der Seitenaufbau ist dem Format geschuldet nicht gerade innovativ. Trotzdem handelt es sich hier um gute und solide Durchschnittskost und damit genau um das, was in der Welle der Comics von Deutschen Autoren präsentiert werden sollte: Der Beweis, dass auch Comics aus deutschen Landen ein Recht auf Veröffentlichung haben. Im Endeffekt wurde das Ziel teilweise erreicht: Die Nationalität ist heute weniger entscheidend als früher. Es gibt aber nur wenige deutsche Künstler*innen, die dem Stress und den Anforderungen des Nicht-Independent-Marktes gewachsen sind. –Anderer Meinung? Nutzt die Kommentarfunktion!
Dazu passen altersgerechte Getränke wie Tee
mit Zucker (oder auch Ice-Tea) und Slimes
Störtebeker!
Alle sieben Staffeln von Game of Thrones zum wiederholten Male gesehen und die Bücher
gelesen und trotzdem ist es noch nicht Mitte April? Was soll man bloß tun, um
die Wartezeit bis zur finalen Staffel zu überbrücken? – Eine sehr gute Idee
könnte es sein, einen Blick in die bei Dynamite
veröffentlichte Comic-Adaption von Walker
und Rubi zu werfen! Der erste Teil
des zweiten Originalromans Königsfehde
ist gerade auf Deutsch erschienen! Neben der regulären Paperback-Ausgabe ist
das Ganze auch als Hardcover für 29,00 € erhältlich.
Der erste Roman in der Umsetzung von Daniel Abraham und Tommy Patterson ist in 24 Folgen, verteilt auf vier deutsche Bände,
zwischen 2012 und 2015 ebenfalls von Panini verlegt worden.
Landry Q. Walker gelingt es mit dem ersten Band von Königsfehde, eine eigenständige Version der hinlänglich bekannten Geschichte zu erzeugen. Er nimmt sich viel Zeit für die einzelnen Sequenzen und wechselt ständig zwischen den Schauplätzen. Naturgemäß sind viele Bestandteile des Romans in Regieanweisungen für den Künstler übertragen worden um die Texte entzerren zu können. Die Menge der lesend aufzunehmenden Information steht dadurch in einem guten Verhältnis zu dem grafischen Eindruck.
In der Vergangenheit hat Walker bereits einige Serien unter anderem von DC oder Image
geschrieben und auch mit Dean Coontz
zusammengearbeitet. Mel Rubi hat
ebenfalls schon eine lange Liste von Veröffentlichungen, hauptsächlich für
Marvel und Dark Horse. Beide sind also im US-Markt zwar keine Superstars aber
auch alles andere als Durchschnitt. In dieser Serie zeigen sie, warum.
Mel Rubi setzt das Szenario perfekt um. Es ist schwierig, sich den bildlichen Vorgaben der Megaserie von HBO zu entziehen, denn fast jede*r „kennt“ Tyrion, Cersei oder Jon Snow. Ruby ist mit seinen Zeichnungen viel näher am Original der Romane, schließlich muss er auch keine Schauspieler*innen finden, die der Beschreibung entsprechen. Seine Figuren sind aber immerhin nahe genug am Bild der TV-Serie um erkannt zu werden. Meiner Meinung nach sind die gelungensten Interpretationen Daenerys, die die Durchquerung de Wüste zu bewältigen hat, Tyrion, der seinen Posten als Hand des Königs gegen alle Widerstände zu verteidigen hat und in der Spinne Varys einen Freund findet sowie Arya, die auf ihrer Flucht vor König Joffrey mit dem Treck zur Mauer die Schrecken des Krieges kennenlernen muss. Alle Drei weisen deutliche Abweichungen zu ihrer TV-Erscheinung auf: Die Mutter der Drachen ist deutlich jünger und nach ihrer Feuerprobe auch ohne Haare, entwickelt sich aber zu der Anführerin, die später tatsächlich Anspruch auf den Eisernen Thron erheben wird. Der Zwerg ist sogar noch kleiner und verlebter, zeigt aber mit jeder Faser einen unbändigen Überlebenswillen und vor allem den Wunsch, Westeros zu dienen und das (Über-)Leben seiner Bewohner*innen vor die Interessen seiner Familie zu stellen. Arya schließlich war schon immer nicht die Hohe Tochter, darf aber hier zusätzlich das verängstigte, junge Mädchen sein, das gezwungen ist, hart zu werden um zu überleben.
Auch die Rückkehr Theons auf die Eiseninseln
und die Begegnung mit seinem Vater ist perfekt in Bilder gekleidet. Stannis
Baratheon ist genau der sauertöpfische Widerling, den ich mir beim Lesen der
Romane vorgestellt habe und Sam Tarly deutet an, dass er über sich hinaus
wachsen wird…
Und es gibt noch einen Unterschied zu Buch und
Serie: Der Comic lässt nicht aus, legt aber wesentlich weniger Wert auf die
Darstellung von Gewalt oder Sex.
Falls jemand den Inhalt tatsächlich nicht kennen sollte: Der König des Landes Westeros ist tot und fünf potentielle Nachfolger kämpfen um den Thron. Gleichzeitig droht aus dem Norden eine neue Gefahr: Neben den sogenannten Wildlingen von jenseits der Mauer marschiert eine Armee von Wiedergängern unter dem Nachtkönig gegen das Reich der Lebenden. Und: in der Vergangenheit hatte ein Herrscherhaus insbesondere aufgrund seiner Drachen geherrscht. Mit der Tötung aller Drachen war auch die Macht des Hauses Targaryen gebrochen. Nun aber hat Daenerys, die letzte ihres Geschlechts, drei lebende Drachenjungen und versucht eine Armee aufzustellen, um ihr Reich zurück zu erobern. Während der Autor George R. R. Martin fünf Bände des Liedes von Eis und Feuer geschrieben hat, die die Grundlage der Fernsehserie bilden, sind die letzten Staffeln die Grundlage für noch zu schreibende Bücher.
Für Fans von Game of Thrones ein Must-Have! Für alle Fantasy-Leser*innen, die es bisher irgendwie geschafft haben,
dem Hype zu entgehen, ist jetzt die perfekte Gelegenheit, den Widerstand
aufzugeben und einzusteigen. Und alle, die zwar den US-Stil mögen, die
typischen US-Storylines aber eher nicht, sollten ebenfalls einen Blick
riskieren. Hoffentlich darf dieses Team auch den nächsten Band umsetzen.
Wie bei Panini üblich, wird das Ganze
natürlich mit dem Abdruck einzelner Originalcover abgerundet. Das Team hat sich
dabei für die Dynamite-Abo-Variants entschieden die hier eher selten zu
bekommen sind.
Dazu passen Rotwein (den guten Dornischen wird
es hier allerdings nicht geben) oder die GoT-Sonderedition von Talisker und guter
alter Rock’n‘Roll, etwa von Motörhead.
Ost-West ist die autobiographische Geschichte des
Comicszenaristen Pierre Christin.
Mehr als drei Jahre hat der mittlerweile
80-jährige zusammen mit dem Zeichner Philippe
Aymond an dieser Graphic Novel gefeilt. Sie beginnt noch während des
zweiten Weltkrieges mit der ersten Begegnung zwischen Christin und Jean-Claude
Mézières, dem späteren kongenialen Partner der Valerian und Veronique-Reihe. Später sollten diese beiden sich in
den USA wiedertreffen und eine lange Reise zusammen unternehmen.
Reisen, nicht zu den touristischen Sehenswürdigkeiten sondern durch die weiten Landschaften und zu den kleinen Alltäglichkeiten, und sich verweigernde Transportmittel sind Konstanten in dem Leben Pierre Christins. Nach seiner Jugend in Frankreich, die durch Literatur und Liebe zu Jazz geprägt wird, nimmt er eine Stelle im Lehrkörper der Universität von Salt Lake City an. Dort lernt er einerseits viele Errungenschaften der Moderne kennen, erlebt andererseits aber auch den zugrundeliegenden Rassismus und die Verlogenheit der amerikanischen Gesellschaft aus erster Hand. Die auf den Reisen von diesem Basispunkt aus erlebten Eindrücke werden später die ersten gemeinsamen Abenteuer im Weltraum prägen. Mézières und Christin verbringen zunächst einige Zeit gemeinsam zu zweit. Später wird Pierres Familie nachkommen doch die beiden Freunde werden sich nie wieder aus den Augen verlieren.
Während dieser Zeit entwickelt sich die Erkenntnis, dass Christins Begabung weder in der Musik
noch in der Zeichnerei besteht. Ersteres wird zwar durchaus professionell als
Mitglied verschiedener Jazz-Kapellen ausgeübt, aber es langt nicht zur
Virtuosität. Letzteres wird nach einem Vergleich mit den Zeichnungen Girauds gar nicht mehr versucht.
Immerhin beschließt der Franzose aber, es als Comic-Szenarist zu versuchen. Die
ersten Gehversuche erscheinen noch unter Pseudonym um die universitäre Karriere
nicht zu gefährden und Jean-Michel
Charlier und René Goscinny leisten
Schützenhilfe indem sie ein Beispiel eines Comicszenarios zeigen, aber schon bald
entwickelt Christin seinen eigenen
Stil und die ersten Werke, umgesetzt von Tardi
und Mézières erscheinen.
Nach den Wirren der Revolte Ende der sechziger Jahre, dem Verlust des Glaubens an die Segnungen des amerikanischen Materialismus und der Erkenntnis, dass die östliche Lebenswirklichkeit nur durch eigene Erfahrung und Anschauung erkannt werden kann, bricht Christin erneut zu langen Reisen auf. Auf der anderen Seite des Vorhangs erlebt er andere Weiten, andere Begrenzungen und daraus angeleitete Wünsche, die der amerikanischen Lebenswelt einerseits total entgegengesetzt sind, andererseits in der Abstrahierung dann wieder ähnlich. Dazu kommen Pannen, die – wie Andreas C. Knigge in seinem Nachwort vermerkt – den Reisenden immer wieder aus seinen Träumen in die Wirklichkeit zurückholen.
Neben den bereits erwähnten Comicschaffenden haben auch Annie Götzinger und Enki Bilal ihren Auftritt.
Alle geschilderten Abschnitte sind immer wieder mit
Beziehungen zu den in der jeweiligen Zeit erschienenen Comics versehen, so dass
wir als Leser*innen immer wieder eigene Leseerfahrungen und Erinnerungen mit
den geschilderten Auslösern in Beziehung setzen können. Dadurch ist die
Autobiographie viel näher am eigenen Leben als typischerweise wenn maximal
äußere Begebenheiten das Leben des Akteurs und des Rezipienten verknüpfen.
Der Zeichner Philippe Aymond ist in Deutschland vor allem durch die Serie Lady S. bekannt. Nach dem Erscheinen einzelner Bände im ZACK-Magazin bzw. der ZACK-Edition wird die Serie jetzt komplett neu im ALL-Verlag erscheinen.
Aymond variiert in
seiner Seitenaufteilung zwischen ganzseitigen Illustrationen und zwei- bzw.
dreireihigem Layout. Die Erinnerungen Christins
sind als Textzeilen wiedergegeben die von Sprechblasen ergänzt werden. Der in
Frankreich spielende, die westlichen und östlichen Reisen verbindende Teil ist
teilweise in schwarz-weiß wiedergegeben. Die farbigen Panele sind mit einer
gedämpften Farbpalette gezeichnet. Nie drängt sich dadurch ein Detail in den Vordergrund, immer steht die
gesamte Komposition im Blickfeld. Dabei beherrscht Aymond die in die unendliche Weite gehende Landschaft genauso gut
wie die detaillierte fokussierte Nahaufnahme.
Abgerundet wird die durch das Hardcover sehr hochwertige
Ausgabe durch einen mehrseitigen Beitrag von Andreas C. Knigge über eine Reise mit Pierre Christin in den Süden. Die beiden haben eine lange
gemeinsame Geschichte und hatten unter anderem einen internationalen Sammelband
mit Eindrücken zum Fall der Mauer und dem Ende der Sowjetunion herausgegeben.
Dadurch werden noch einmal andere Zugänge zu Pierre Christin ermöglicht.
Dazu passen Kaffee und alter Jazz, etwa von Miles Davis, etwa das 1959 erschienene Kind of Blue.
Zwei klassische Themen des europäischen Comics erleben seit einigen Jahren ein unerwartetes Comeback: Neben dem Western gibt es auch immer mehr neue „Sandalen-Comics“. Der Niederländer Peter Nuyten ist in beiden zuhause. Nach dem dreibändigen Western Apache Junction erscheint nun mit Auguria 1 seine Interpretation der germanischen Aufstände gegen das alte Rom. Der Splitter-Verlag bietet beiden Szenarien eine Heimstatt in guter Gesellschaft.
Wir schreiben das Jahr 69 nach Christus. Der Imperator und Kaiser Nero ist seit etwas über einem Jahr verstorben und die Nachfolge ist umstritten. Verschiedenste Feldherren haben ihre militärische Macht benutzt um sich zu Caesaren ausrufen zu lassen und die Machtverhältnisse verschieben sich ständig. Intrigen und politische Ränkespiele nehmen ihren Lauf und die dem Römischen Reich eingegliederten fremdländischen Stämme werden einerseits wie Schachfiguren benutzt, erkennen andererseits aber auch Möglichkeiten, sich von dem Römischen Joch zu befreien.
Peter
Nuytens Geschichte setzt genau hier an und erzählt von
dem Versuch Vespasians, die germanischen Batavier als Hilfstruppen in seinem
Kampf gegen Aulus Vitelius um die Kaiserkrone einzusetzen. Er benutzt einen
erfolglosen militärischen Unterführer der Kämpfe in Judäa um den Anführer der
Rheintruppen zu einer Rebellion anzustiften.
In einem zweiten parallelen Handlungsstrang geht es eher mythologisch zu. Die Prophetin Veleda hat in einer Vision die Zukunft gesehen; sie ist allerdings nicht unbedingt kompatibel zu den Vorstellungen des Wannabe-Kaisers. Dazu kommen dann noch ein paar Akteure, die einfach nur überleben wollen… Die Verquickung der unterschiedlichen Eben gelingt Nuyten sehr gut.
Netterweise wird der Comic durch ein paar
ausführliche Hintergrundinformationen zur Geschichte der Bataver und des
Zustandes des Römischen Reiches in der Nachfolge Neros ergänzt. Sicherlich gibt
es den einen oder die andere Geschichtsleistungskursabsolvent*in mit eben
diesem Spezialwissen. Den meisten dürfte es aber wie mir gehen: Dankbar werden
diese Einordnungen gelesen, die quasi nebenbei ein wenig Spezialwissen etwa für
Trivial Pursuit vermitteln. Wie auch
zum Beispiel bei Murena werden dabei
Begriffe erläutert. Dazu kommt aber auch ein grafisch brillant aufbereiteter
Text der einen schwermütig an die Textwüste der Schulbuchlektüre zurückdenken
lässt. Viele Schulbücher könnten sich hier Anregungen holen…
Die Zeichnungen von Peter Nuyten sind handwerklich absolut in Ordnung. Gesichter und historische Dekors gelingen ausgesprochen gut und sind auf hohem Niveau. Der Detailreichtum der Zeichnungen lässt keine Wünsche übrig.
Einige der Seiten kommen sogar ohne Worte aus
und vermitteln einen guten Einblick der germanischen Landschaft, die vielen
Römern so geheimnisvoll, unwirtlich und unverständlich erschienen sein muss.
Auch Schlachten werden dargestellt, ohne allerdings dabei Selbstzweck wie etwa
bei Millers 300 zu sein. Der absolute
Wow-Effekt stellt sich aber nicht ein. Liegt es daran, dass Nuyten oft zuviel
Text integriert? Daran, dass die Seitenaufteilung dann doch zu klassisch ist?
Fazit: Für Fans von Historiencomics sicherlich
ein Must-Have! Für alle anderen (nur) eine gute und lohnenswerte Anschaffung;
handwerkliche Meisterleistung, spannende Geschichte, viel Hintergrundmaterial
in gewohnter Super-Splitter-Qualität!
Dazu passen lauwarmer Met und plattdeutsche
oder friesische Gesänge. Ich empfehle dazu die frühen Laway.
Schon wieder ist ein Monat vergangen und das ZACK 237 liegt pünktlich im Briefkasten…
Dieses Mal beschert es uns als Serienstart eine neue Geschichte um Lisbeth Salander als eigenständige Fortführung der ursprünglichen Trilogie von Stieg Larsson. Milennium Saga: Versuchung von Sylvain Runberg steht neben den von David Lagercrantz fortgesetzten Romanen und bringt schon auf den ersten Seiten typische Elemente dieser Reihe auf die Zeichenblätter. Lisbeth wird in eine Schlägerei verwickelt und muss erkennen, dass Geheimdienste dahinterstecken; Blomquist legt sich mit Rechten an und dem Magazin geht es mal wieder schlecht. Runberg hatte bereits die Originalromane als Comic aufbereitet und darf jetzt ohne Vorlage in einer dreibändigen Reihe seine neue Version erzählen. Die Umsetzung erfolgt durch Belén Ortega die bisher eher im Manga zu Hause war. Kraftvolle Action wechselt sich mit ruhigen Momentaufnahme ab. Die Serie scheint eine tolle Bereicherung des Portfolios zu werden und wird von Georg F. W. Tempel auch sehr enthusiastisch angekündigt.
Sauvage geht in den dritten Teil und bestätigt die Kritik der letzten
Besprechung. Tolle Ansätze, gute Bildaufteilung aber die Kolorierung ist
Geschmackssache.
Mortensens Abenteuer dagegen halten, was der Auftakt in der letzten Nummer versprochen hatte. Der Däne Lars Jacobsen lässt seinen Zeitreisenden verzweifeln als ihm die einzige Möglichkeit, seine eigene Zeit wieder zu erreichen, genommen wird. Ohne Zeitpistole wäre er verloren und dann wird er auch noch eingekerkert. Plötzlich scheint sich aber eine neue Möglichkeit zu ergeben, denn er bekommt unerwartete Hilfe. Spannung, abwechslungsreiches Seitenlayout und viele Perspektivenwechsel – mehr braucht ein guter Comic nicht.
Empire
USA 2.1 bringt weitere Hintergrundinformationen über
die handelnden Personen und ihre Beziehungen untereinander. Da dieses der erste
Band der neuen Staffel ist, wird dem Setting naturgemäß etwas mehr Raum
gegeben. Das schadet allerdings nicht, denn durch die Vielschichtigkeit der
einzelnen Handlungsstränge im Szenario von Desberg
und die Abwechslungen im Artwork von Reculé
bleiben genügend Spannung und Tempo erhalten.
Ein weiteres Highlight ist Tizombi, eine Reihe von One-Pagern von Cazenove und Maury. Mit einem sehr netten schwarzen Humor versehen, verzaubern
die kurzen Geschichten um ein Goth-Girl und ihre untoten Freunde den Alltag.
Dabei stehen existentialistische Fragestellungen gleichberechtigt neben den
charakterlichen Auswirkungen von Fähigkeiten der verzehrten Nahrung auf
unterbelichtete Zombies.
Verabschieden müssen wir dagegen Jack Cool; Manini und Mangin ziehen noch einmal alle Register um die Geschichte mit dem Privatdetektiv Jack Cool, dem Aussteiger Jesus-Grau und der Familie Mansfield zu einem – wirklich unerwarteten – Ende zu bringen. Um es zu gestehen: Der Anfang des ersten Teils hat mich nicht vom Hocker gerissen. Im Laufe der Zeit haben mich aber sowohl die Story als auch die teilweise sehr experimentellen, teilweise klassischen Zeichnungen mitgerissen. Sicherlich ein Highlight unter den Perlen, die das ZACK immer mal wieder entdeckt!
Der Magazinteil dieser Ausgabe widmet sich einerseits dem italienischen Zeichner Serpieri und seiner bei Schreiber & Leser erschienenen Collection, andererseits gibt es das erste der angekündigten fünf Interviews zur Geschichte des ZACK. Den Anfang macht Klaus Schleiter, der Gründer des MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlages. Ursprünglich mit seiner Werbeagentur für den alten DDR-Verlag nach der Wende tätig, nahm er eine Treuhand-Entscheidung zum Anlass, auch als Verleger für das MOSAIK tätig zu sein. Später kam dann mit dem ZACK noch ein weiteres klassisches Magazin – dieses Mal allerdings mit West-Geschichte – dazu.
Dazu passen frisch gepresster Orangensaft für
den Vitaminhaushalt und Musik aus Schweden: Hoffmaestro.
Seit dem 7. Februar und noch bis zum 12. Mai
zeigt das Museum für komische Kunst – Caricatura eine Werkschau zum 70.
Geburtstag von Ernst Kahl. Der Schleswig-Holsteiner hat ein wechselhaftes Leben
hinter sich. Zwei abgebrochene Ausbildungen und ein nicht beendetes Studium an
der Hochschule für bildende Künste in Hamburg haben aber nicht geschadet, denn
er ist einer der bekanntesten Deutschen Karikaturisten mit einem nicht immer
unfrivolen Blick auf Deutsche Geschichte im Allgemeinen und
Alltagsbegebenheiten im Besonderen.
Kahls Wirken beschränkt sich nicht auf eine Kunstart; er ist Maler, Zeichner, Installationskünstler, Schriftsteller, Musiker, Filmemacher und Drehbuchautor. Nicht einfach, dem in einer Ausstellung gerecht zu werden, zumal die meisten Deutschen eines seiner Werke kennen werden: Der Kassenschlager Werner – Beinhart entstand nach seinem Drehbuch und auch mit Detlev Buck hat er zusammengearbeitet. Die Ausstellung konzentriert sich aber auf andere Dinge.
Die Ausstellung zeigt aber nicht nur eine unglaubliche Anzahl an Originalen, sondern bietet auch ein paar Songbeispiele seines musikalischen Werkes, Installationen und steinzeitliche Fundstücke aus dem hohen Norden. Das Ganze ist in einem tollen Ambiente angerichtet, das alleine schon einen Besuch wert wäre. Die Werke Kahls nehmen das Erdgeschoß und den ersten Stock ein, die Dauerausstellung über die „Neue Frankfurter Schule“ im zweiten Stock rundet den Museumsbesuch ab. Empfehlenswert ist es, zumindest bei guten Wetter noch ein weiteres Stockwerk zu erklimmen und inmitten von Titanic-Covern einen Kaffee zu genießen und dazu noch einen Blick über Frankfurt vom Balkon aus einzuschieben.
Ernst
Kahl hat mehrere Hauptthemen auf die er immer wieder
zurückkommt. Neben der Spießigkeit des Deutschen Bürgertums und seinem nicht
immer souveränen Umgang mit der Deutschen Vergangenheit (Kolonialzeit, Drittes
Reich) verarbeitet er seine Reiseeindrücke in Bildern. So finden sich Eindrücke
aus Tanger neben solchen aus Kuba und erlauben manchmal einen etwas anderen
Blickwinkel. Dabei ist Kahl weder ein
linientreuer Linker noch ein Vertreter der Mehrheit.
Es finden sich aber auch seine Arbeiten für die taz Hamburg und für die konkret die seine politischen Sympathien dann doch deutlich erkennen lassen. Über allem steht aber immer seine Lust am Absurden!
Ein weiteres häufiges Thema seiner Arbeiten
sind mit sexuellen Anspielungen gespickte Momentaufnahmen und bildliche
Darstellungen von Redensarten oder alltägliche Worte. Beispiele dafür sind etwa
berühmten „dicksten Kartoffeln“ oder „Bienenstich“ oder „Jagdwurst“.
Entsprechende Umsetzungen kennt man natürlich auch von anderen, etwa Ruthe oder Schwarwel, Kahls Interpretationen haben aber einen eigenen Ansatz.
Nicht vergessen sollte auch seine kontroverse documenta-Installation der „für die Rettung des tropischen Regenwaldes fastenden Pflanzen“. Sie führte zu der Erkenntnis, dass in Deutschland zwar Kinder geschlagen werden können, der deutsche Gummibaum aber eines besseren Schutzes bedürfe. Die Ausstellung zeigt dazu eines der vertrockneten und abgestorbenen Originalblätter!
Wer einen ungefährlichen Museumsbesuch
absolvieren möchte, der keine Fragen stellt und schöne Motive präsentiert,
sollte seine Planung ohne einen Museumsbesuch im caricatura machen. Wer es aber
verkraftet, seine Vorurteile zu hinterfragen, und es abkann, dass das Lachen
auch mal im Halse stecken bleibt, dem sei ein Besuch wärmstens angeraten.
Und sonst?
Das Museum für komische Kunst existiert übrigens seit 2008 und befindet sich im alten Leinwandhaus, das 1892 das erste eigene Gebäude des Historischen Museums gewesen war. Es ist direkt zwischen Dom und Rhein gelegen und in fußläufiger Entfernung zu einigen Parkhäusern und besitzt ca. 7000 Originale der Neuen Frankfurter Schule sowie weitere 3500 Zeichnungen anderer Karikaturisten.
Die Öffnungszeiten sind nicht direkt an der etwas unscheinbaren Eingangstür angebracht, so dass sich teilweise verwunderte Besucher in spe fragen, ob sie denn wohl richtig seien. Haben sie die Ausstellung erst einmal betreten, verschwinden Alltagsmissmut und Verwunderung aber schnell aus den Gesichtern. Sie werden ersetzt durch alle Schattierungen von Schmunzeln bis lautem Gelächter. Das freundliche Personal tut ein Übriges um den Besuch zu einem entspannten Genuss zu machen!
Die Ausstellung für „zu Hause“:
Der Katalog zur Ausstellung ist im Verlag
Antje Kunstmann erschienen (ISBN 978-3-95614-311-3
| 192 Seiten | 25 €) und bietet neben dem Abdruck der ausgestellten Werke
auch noch ein paar Anmerkungen über Kahls Beiträge zu verschiedenen Kasseler Caricaturas
bzw. documentas von Herausgeber und Kurator Achim
Frenz. Als Hardcover ausgestaltet und auf gutem Papier bietet der Band die
beste Möglichkeit, die Eindrücke der Ausstellung zu Hause nachvollziehen zu
können.
Ein Manko haben die Ausstellung und der
Katalog allerdings: Fast alle Texte sind nur auf Deutsch angebracht. Natürlich
ist es so, dass die Werke deutsche Titel haben. Da der Witz sich aber oft nur
im Zusammenspiel aus Text und Bild erschließt wäre eine Übersetzung ins
Englische hilfreich.
Dazu passen Frankfurter Äppelwoi und natürlich Songs von Ernst Kahl, etwa Ponyhof oder der Pudelsong.
UPDATE: Hier geht es zu der Besprechung der Ausstellung
Das Max Ernst Museum Brühl des LVR zeigt eine Ausstellung mit visionären Bildwelten des bedeutenden französischen Comiczeichners und Szenaristen Jean Giraud (1938-2012), der unter dem Namen »Mœbius« international bekannt geworden ist. Mœbius erforschte die Sphären der Träume und der Science-Fiction. Mit seiner immensen Imaginationskraft schuf er in präziser Strichführung surreale Welten im ständigen Fluss. In seinen Geschichten treffen utopische Architekturen und futuristische, menschenüberfüllte Megametropolen auf Wüstenlandschaften und schamanistische Reisen durch Raum und Zeit.
Bei Mœbius verschwimmen die Genregrenzen zwischen Comicstrip und Kunst. Seine fantastischen Erzählungen werden für den Betrachter dabei zur Seelenreise in das Ich des großen Meisters der Linie und damit in unbekannte Bereiche der Fantasie, die überraschend detailgenau und suggestiv Form annehmen.
Die Ausstellung widmet sich dem umfangreichen Werk von Mœbius und seinen komplexen Bildgeschichten: Ausgehend von seinen Notizbüchern (»Carnets«), in denen er grundlegende Ideen seiner Bildproduktion konzentriert hat, über skizzenhafte Zeichnungen, szenisch gegliederte Comicfolgen, abstrakte Gemälde bis hin zu populären Druckgrafiken wird das Spektrum seiner faszinierenden Zeichenkunst ausgebreitet.
Im
mittlerweile dreieinhalbten niederländischen Abenteuer müssen Robbedoes/Spirou und Kwabbernoot/Fantasio mal wieder eine
Reportage schreiben. Sie sind vom touristischen Dienst eingeladen um eine Oase
der Natur namens Machin, in der außer Luchsen, Füchsen, Waschbären und Hirschen
nichts den Wanderer ablenkt, in einem Artikel festzuhalten und natürlich zu
lobpreisen. Sehr zum Ärger Fantasios
sind sie allerdings nicht die einzigen, denn auch Izerlijm/Stefanie hat den gleichen Auftrag. Ihre Herberge ist
gerade im Begriff, den ursprünglichen Bezug des Namens von Wolf in Wichtel zu
ändern. Der Grund für diesen Wechsel ist der Plan eines reichen amerikanischen
Inverstors der eben dort in Machin einen Freizeitpark errichten möchte.
Während Robbedoes und Izerlijm diesen Wechsel bedauern und die Kommerzialisierung hinterfragen, versucht Kwabbernoot wie so oft einzig Izerlijm auszustechen und alles andere auszublenden. Da er ein altes Wolfskostüm findet, schmiedet er den Plan, sich als Wolf zu verkleiden und hofft, dass Robbedoes ein Foto des Wolfes schießen wird. Mit diesem glaubt er, den internen Wettkampf um die beste Reportage gewinnen zu können.
Natürlich
ist der amerikanische Investor Mr.
Richinuff nicht nur zwielichtig, sondern ein Schurke, wie er im Buche
steht. Schnell wird klar, dass hinter seinen Plänen für einen Freizeitpark mit
einem künstlich angelegten, geflutetem See etwas ganz anders steckt. Die
wirkliche Entdeckung seiner finsteren Pläne gleicht einem Krimi.
Begleitet
wird das Ganze von einer Reihe von Slapstickeinlagen Kwabbernoots und witzigen Gags von Spip/Pips, die den Comic eher für ein jugendliches Publikum
klassifizieren.
Die
beiden Künstler, die mit den mittlerweile neun Bänden um Amoras im modernisierten Suske
und Wiske-Kosmos bewiesen haben, dass sie mit der eher härteren Gangart
vorzüglich umgehen können, lassen hier ihrer Liebe zu dem klassischen Slapstick
freien Lauf. Eingebettet in das Spirouuniversum wissen sie um die Konstanten
der handelnden Personen. Marc Legendre
fügt aber neue Nuancen hinzu und reiht einerseits Gags aneinander, liefert
andererseits aber auch einen klassischen Krimiplot ab.
Zeichnerisch darf der/die Leser*in hier keine Innovationen erwarten. Das ganze Abenteuer ist aber von Charel Cambré auf hohem Funny-Niveau gezeichnet und bietet ruhige, die Natur abbildende Szenen genauso wie actionbetonte schnelle Schnitte. Grundsätzlich bestehen die Seiten aus vier Reihen wobei teilweise zwei zu einer kombiniert werden.
Die
Special-Reihe liefert alles, was man von einer klassischen
Spirou/Robbedoes-Geschichte erwartet und könnte problemlos in die „offizielle“
Serie integriert werden. Diese scheint allerdings vom (französischsprachigen)
Magazin Spirou und auf Deutsch bei Carlsen herausgegebenen Reihe
eingestellt worden zu sein. Wer das bedauert und nach Fortsetzungen sucht,
sollte nicht zögern, zu diesen Bänden zu greifen.
Wer
mag, darf sich auf die Suche nach Zitaten anderer Comics begeben: Eine ganze
Reihe klassischer frankobelgischer und niederländischer Figuren geben sich hier
ein Stelldichein.
Dazu
passen Kräuterlimonade und meine holländische Lieblingsband: Mr. Review.
DE: aktuelle, zweibändige Gesamtausgabe bei Salleck Publications sowie einzelne Bände bei Splitter Verlag (alt), Salleck Publications, ZACK (Mosaik)
Last updated: Juni 2023
Chinaman ist eine klassische Westernserie von
dem Szenaristen Serge Le Tendre und
dem Zeichner OlivierTaDuc. Beide kommen aus Frankreich und
haben sich für diese Reihe von der Fernsehserie „Kung Fu“ inspirieren lassen. Ihr Held, John Chinaman, ist zwar
ebenfalls als Chinese in den USA mit der fremden Kultur konfrontiert und setzt
asiatische Kampftechniken ein, er ist allerdings – zumindest anfangs – noch
sehr beeinflusst von den chinesischen Triaden und damit nicht so eindeutig
„gut“ wie Caine. Insgesamt sind zwischen 1997 und 2007 im französischen
Original neun Teile erschienen.
UPDATE: Die deutsche Veröffentlichungsgeschichte war lange Zeit lückenhaft: Neben zwei Bänden im „alten“ Splitter-Verlag und zwei weiteren bei Salleck Publications sind drei Abenteuer in den Anfangsjahren des „neuen“ ZACK in Fortsetzungen erschienen. Mittlerweile ist eine zweibändige Gesamtausgabe bei Salleck Publications erschienen. diese enthält nicht nur alle Bände, zum Teil also in Deutscher Erstveröffentlichung, sondern auch weitere Zeichnungen, eine Broschüre und ein Interview!
In den Niederlanden hat die Serie dagegen mehr Anklang gefunden: Alle Bände sind bei Dupuis teilweise sogar mehrfach erschienen und sind noch lieferbar.
Der größte Erfolg von Le Tendre ist sicherlich die Reihe Auf der Suche nach dem Vogel der Zeit, einer der ersten großen
Fantasy-Reihen des modernen Autorencomics und gezeichnet von Régis Loisel. Mittlerweile ist auch eine
zweite Staffel erschienen. Der Autor hatte seine Comic-Karriere eigentlich als
Zeichner beginnen wollen. Pierre Christin
konnte ihn allerdings nach dem Abschluss eines Zeichenseminars überzeugen, doch
lieber seine Stärken als Szenarist auszuleben. Weitere von ihm verfasste
Szenarien mit verschiedenen Zeichnern sind ebenfalls auf Deutsch erhältlich: Tai Dor, oder Jackie Kottwitz seinen als Beispiele genannt. Auch hier gilt, dass
auf Niederländisch erheblich mehr Werke vorliegen!
Die Serie Chinaman verfolgt einen reizvollen Ansatz inmitten all der Westernserien. Sie ist keinesfalls dem Genre „Neowestern“ zuzuschreiben, thematisiert aber neben den traditionellen Themen des Einzelkämpfers, der unwirtlichen Natur und der schweren Aufbauarbeit in teils gesetzlosen Umgebungen auch den alltäglichen Rassismus der Schmelztiegelnation und beleuchtet das Leben der eingewanderten Chinesen. Sie ist daher auch mehr als 20 Jahre nach Erscheinen des ersten Bandes definitiv lesenswert!
Inhalt:
John Chinaman ist der neue Name der Chen Long Anh in der neuen Welt verpasst worden ist. Der Western spielt in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts als viele Chinesen aus unterschiedlichsten Gründen ihre alte Heimat verlassen haben um in Amerika ihr Glück zu finden. Für die meisten bedeutete das schwere Arbeit bei geringem Lohn, fehlende gesellschaftliche Akzeptanz und Gehorsam gegenüber den Regeln der Triaden. Obwohl Chen als ausgebildeter Kämpfer der Triaden nach Amerika kommt, verweigert er bereits im ersten Band den Gehorsam und muss sich gegen seinen Förderer durchsetzen.
Er muss daher fliehen und beginnt seine Reisen
durch den amerikanischen Kontinent, die ihn zunächst nach Oregon führen. Neben
den Härten der Wildnis und des Rassismus wird er aber immer noch von seinen
alten Mitstreitern verfolgt.
Auch der dritte Band zeigt John im Konflikt
mit seiner Umwelt. Er versucht, ein Mädchen zu beschützen, und wird
fälschlicherweise der Entführung derselben beschuldigt. Alltäglicher Rassismus
und Ablehnung aller nicht Einheimischen sind ein klassisches Westernthema.
Auch der Konflikt zwischen irischen und chinesischen Arbeitern beim Bau der großen Eisenbahnlinien ist ein altbekanntes Motiv unzähliger Erzählungen in Film oder Comic. Und wieder gerät John zwischen die Fronten. Im Gegensatz zu „typischen“ Erzählungen wird aber in Chinaman vorrangig der chinesische Blickpunkt gezeigt.
Immer wieder wird John Chinaman daran gehindert, sein Glück und Ruhe zu finden. Einerseits jagen ihn Desperados und Mitglieder der Triaden, die auf seine Spur gekommen sind, andererseits kann er es auch nicht lassen, üble Dinge geschehen zu lassen, und legt sich beispielsweise mit einem Zuhälter an.
Immer wieder wird in der Serie das Thema der Ablehnung alles Andersartigen variiert und so verwundert es auch nicht, dass eine ganze Stadtbevölkerung sich gegen die zuziehenden Chinesen wehren will. Wie immer gibt es hier aber nicht nur schwarz und weiß, so dass die Konfliktlinien quer durch alle Schichten laufen. – Vieles davon basiert auf den eigenen Migrationserfahrungen von OlivierTaDuc und ist daher auch nachvollziehbar geschildert.
Dem folgen noch eine „Road-Movie“ Geschichte in zwei Bänden um den letzten Mitwisser über das Versteck einer Beute. Beide Bände haben eine spezielle Note durch das Mitwirken von John, könnten so ähnlich aber auch in anderen Settings funktionieren.
2021 ist nach 14 Jahren Pause eine Art „Reprise“ erschienen: Der Tiger erwacht! Der frustrierte und gestörte John Chinaman wird gezwungen, sich seiner Geschichte zu stellen und Entscheidungen zu treffen. Sehr gelungene Rückkehr zur ursprünglichen Serie, die Themen und Stimmung aufnimmt und in die Zukunft führt.
Grafik:
Der 1962 geborene Olivier TaDuc ist Franzose mit einem vietnamesischen Hintergrund, der auf für die Zeichnungen etwa bei XIII Mystery, Takuan oder Stille Rebellionen verantwortlich ist. Seine Zeichnungen sind detailreich und zeigen von einem gewissenhaften Quellenstudium. Seine Ansichten der alten Chinatowns sind genauso kunstfertig und genau wie die Darstellung eines Segelschiffes, der Landschaft oder der Einflüsse chinesischer Kampftechniken auf die Körperhaltung des Helden. Im Laufe der Bände werden die Zeichnungen etwas grobflächiger und detailärmer und wirken dadurch etwas weniger realistisch.
Der Aufbau der Seiten folgt generell dem klassischen vierzeiligen Muster; die Höhen der Zeilen sind aber nicht statisch und variieren häufig. Auch sind einzelne Panele über mehrere Zeilen gestreckt und nehmen häufig die gesamte Breite der Seite ein. Es ist also genügend Abwechslung vorhanden. TaDuc beherrscht dabei sowohl die ruhige Sequenz als auch die vom Film übernommenen schnellen Schnitte mit ständigem Perspektivenwechsel, wenn die Action es erfordert.
Auf jeden Fall vereint die Serie erfolgreich die typischen Bestandteile eines Western mit einem ungewöhnlichen Helden und Kampfszenen und meditative Elemente, die sonst nur in Eastern zu sehen sind.
Hochzeiten werfen ihren Schatten voraus, insbesondere natürlich
königliche! Neben den realen Hochzeiten gibt es momentan aber eine, die fast
ebenso viel Aufmerksamkeit bekommen möchte: Die des Dunklen Ritters mit der
Königin der Diebe – Batman und Catwoman. Aus offensichtlichen Gründen können
sie nicht als Bruce Wayne und Selina Kyle heiraten. Selbstverständlich kennen
aber einige Vertraute die geheimen Identitäten und so ist alles nicht ganz so einfach.
Wenn dazu noch Ängste, Wünsche, Kontrollwahn und Superschurken kommen, mit
anderen Worten, der Alltag in Gotham, dann haben alle ein wenig zu tun.
In den USA gibt es – wie immer bei Großereignissen – eine ganze Reihe von One-Shots, die Figuren, die weniger im Rampenlicht stehen, Raum zur Entfaltung geben und natürlich zusätzliche Verkäufe generieren sollen. Üblicherweise stehen bei solchen Events Neudefinitionen des ganzen Kosmos an, die alles „Neu“, spannender und wieder zugänglicher machen sollen oder aber eine ganze Riege altgedienter Recken durch neue Charaktere ersetzen. Der Markt der Comic-Leser*innen wird dadurch aber nicht größer und viele der Getreuen sind einfach nur genervt (aus mehr oder weniger akzeptablen Gründen) und kehren den Serien den Rücken. Bei den Batman-getriebenen Events geht es dagegen häufig nicht um einen Neustart, sondern um systemimmanente Veränderungen. In Deutschland sind diese Ergänzungshefte meistens in Form von Paperbacks erschienen, die es den Leser*innen ermöglichen, dem Spannungsbogen zu folgen, die Händler*innen aber mit kalkuliertem Risiko schützen.
Bruce und Selina haben sich in ihren Alter Egos schon seit
Jahrzenten immer wieder romantisch angenähert und wieder entzweit. Teilweise
war aus der Diebin schon eine Kämpferin für das Gute geworden doch ganz hat die
Katze das Mausen nie lassen wollen. Nun also endlich der nächste Schritt.
Die hier gesammelten Hefte bieten durchaus spannende Einblicke
aus ungewohnten Perspektiven. War der Joker schon im Lego-Movie arg enttäuscht,
dass Batman ihn nicht als Lieblingsfeind bezeichnen wollte, wird hier seine
emotionale Anspannung im Warten auf eine Einladung zur Hochzeit noch einmal
größer. Er bleibt seinem psychopathischen Muster dabei allerdings sehr treu.
Auch der Kontrollwahn Batmans wird nett herausgearbeitet, wenn Nightwing mit der Überwachung des Mädelsabends vor der Hochzeit betraut wird. Es sei allerdings die Frage erlaubt, ob das einen guten Start in die Ehe verspricht… Und auch das Patchwork-Familien-Thema wird angesprochen, wenn Damian Selina fragt, ob sie mit Bruce Kinder haben möchte.
Einen kleinen Höhepunkt stellt für mich die Kostümparty im Bat Burger dar, die es Clark Kent, Dick Grayson und Bruce Wayne ermöglichen soll, unerkannt den Junggesellenabschied zu feiern. Allerdings haben die Drei ihre Pläne ohne Hush gemacht, der unbeabsichtigt verlorene Seelen ins Spiel bringt.
Ebenfalls basierend auf einer witzigen Idee ist die Episode zwischen Harley Quinn und dem Joker, die die gegenseitige Beziehung inklusive dem Neid aufeinander gelungen darstellt.
Das Paperback bietet altbekannten Gegenspielern Raum zur
Entfaltung und trägt zu deren Entwicklung bei. Natürlich werden alle
Originalcover mit abgedruckt. Graphisch bewegen sich die Geschichten aber eher
im Altbekannten und liefern zwar solide Kost, stechen jedoch nicht heraus. Wer
abseits der Pfade Neues entdecken will, ist hier falsch. Aber ist nicht gerade
eine Hochzeit ein Anlass, das Bekannte zu genießen?
Der Sonderband mündet direkt in die Batman Ausgaben 25 und 26,
die im April erscheinen werden.
Dazu passen White Wedding
von Billy Idol und ein Cocktail mit
viel Angostura.