Im
mittlerweile dreieinhalbten niederländischen Abenteuer müssen Robbedoes/Spirou und Kwabbernoot/Fantasio mal wieder eine
Reportage schreiben. Sie sind vom touristischen Dienst eingeladen um eine Oase
der Natur namens Machin, in der außer Luchsen, Füchsen, Waschbären und Hirschen
nichts den Wanderer ablenkt, in einem Artikel festzuhalten und natürlich zu
lobpreisen. Sehr zum Ärger Fantasios
sind sie allerdings nicht die einzigen, denn auch Izerlijm/Stefanie hat den gleichen Auftrag. Ihre Herberge ist
gerade im Begriff, den ursprünglichen Bezug des Namens von Wolf in Wichtel zu
ändern. Der Grund für diesen Wechsel ist der Plan eines reichen amerikanischen
Inverstors der eben dort in Machin einen Freizeitpark errichten möchte.
Während Robbedoes und Izerlijm diesen Wechsel bedauern und die Kommerzialisierung hinterfragen, versucht Kwabbernoot wie so oft einzig Izerlijm auszustechen und alles andere auszublenden. Da er ein altes Wolfskostüm findet, schmiedet er den Plan, sich als Wolf zu verkleiden und hofft, dass Robbedoes ein Foto des Wolfes schießen wird. Mit diesem glaubt er, den internen Wettkampf um die beste Reportage gewinnen zu können.
Natürlich
ist der amerikanische Investor Mr.
Richinuff nicht nur zwielichtig, sondern ein Schurke, wie er im Buche
steht. Schnell wird klar, dass hinter seinen Plänen für einen Freizeitpark mit
einem künstlich angelegten, geflutetem See etwas ganz anders steckt. Die
wirkliche Entdeckung seiner finsteren Pläne gleicht einem Krimi.
Begleitet
wird das Ganze von einer Reihe von Slapstickeinlagen Kwabbernoots und witzigen Gags von Spip/Pips, die den Comic eher für ein jugendliches Publikum
klassifizieren.
Die
beiden Künstler, die mit den mittlerweile neun Bänden um Amoras im modernisierten Suske
und Wiske-Kosmos bewiesen haben, dass sie mit der eher härteren Gangart
vorzüglich umgehen können, lassen hier ihrer Liebe zu dem klassischen Slapstick
freien Lauf. Eingebettet in das Spirouuniversum wissen sie um die Konstanten
der handelnden Personen. Marc Legendre
fügt aber neue Nuancen hinzu und reiht einerseits Gags aneinander, liefert
andererseits aber auch einen klassischen Krimiplot ab.
Zeichnerisch darf der/die Leser*in hier keine Innovationen erwarten. Das ganze Abenteuer ist aber von Charel Cambré auf hohem Funny-Niveau gezeichnet und bietet ruhige, die Natur abbildende Szenen genauso wie actionbetonte schnelle Schnitte. Grundsätzlich bestehen die Seiten aus vier Reihen wobei teilweise zwei zu einer kombiniert werden.
Die
Special-Reihe liefert alles, was man von einer klassischen
Spirou/Robbedoes-Geschichte erwartet und könnte problemlos in die „offizielle“
Serie integriert werden. Diese scheint allerdings vom (französischsprachigen)
Magazin Spirou und auf Deutsch bei Carlsen herausgegebenen Reihe
eingestellt worden zu sein. Wer das bedauert und nach Fortsetzungen sucht,
sollte nicht zögern, zu diesen Bänden zu greifen.
Wer
mag, darf sich auf die Suche nach Zitaten anderer Comics begeben: Eine ganze
Reihe klassischer frankobelgischer und niederländischer Figuren geben sich hier
ein Stelldichein.
Dazu
passen Kräuterlimonade und meine holländische Lieblingsband: Mr. Review.
DE: aktuelle, zweibändige Gesamtausgabe bei Salleck Publications sowie einzelne Bände bei Splitter Verlag (alt), Salleck Publications, ZACK (Mosaik)
Last updated: Juni 2023
Chinaman ist eine klassische Westernserie von
dem Szenaristen Serge Le Tendre und
dem Zeichner OlivierTaDuc. Beide kommen aus Frankreich und
haben sich für diese Reihe von der Fernsehserie „Kung Fu“ inspirieren lassen. Ihr Held, John Chinaman, ist zwar
ebenfalls als Chinese in den USA mit der fremden Kultur konfrontiert und setzt
asiatische Kampftechniken ein, er ist allerdings – zumindest anfangs – noch
sehr beeinflusst von den chinesischen Triaden und damit nicht so eindeutig
„gut“ wie Caine. Insgesamt sind zwischen 1997 und 2007 im französischen
Original neun Teile erschienen.
UPDATE: Die deutsche Veröffentlichungsgeschichte war lange Zeit lückenhaft: Neben zwei Bänden im „alten“ Splitter-Verlag und zwei weiteren bei Salleck Publications sind drei Abenteuer in den Anfangsjahren des „neuen“ ZACK in Fortsetzungen erschienen. Mittlerweile ist eine zweibändige Gesamtausgabe bei Salleck Publications erschienen. diese enthält nicht nur alle Bände, zum Teil also in Deutscher Erstveröffentlichung, sondern auch weitere Zeichnungen, eine Broschüre und ein Interview!
In den Niederlanden hat die Serie dagegen mehr Anklang gefunden: Alle Bände sind bei Dupuis teilweise sogar mehrfach erschienen und sind noch lieferbar.
Der größte Erfolg von Le Tendre ist sicherlich die Reihe Auf der Suche nach dem Vogel der Zeit, einer der ersten großen
Fantasy-Reihen des modernen Autorencomics und gezeichnet von Régis Loisel. Mittlerweile ist auch eine
zweite Staffel erschienen. Der Autor hatte seine Comic-Karriere eigentlich als
Zeichner beginnen wollen. Pierre Christin
konnte ihn allerdings nach dem Abschluss eines Zeichenseminars überzeugen, doch
lieber seine Stärken als Szenarist auszuleben. Weitere von ihm verfasste
Szenarien mit verschiedenen Zeichnern sind ebenfalls auf Deutsch erhältlich: Tai Dor, oder Jackie Kottwitz seinen als Beispiele genannt. Auch hier gilt, dass
auf Niederländisch erheblich mehr Werke vorliegen!
Die Serie Chinaman verfolgt einen reizvollen Ansatz inmitten all der Westernserien. Sie ist keinesfalls dem Genre „Neowestern“ zuzuschreiben, thematisiert aber neben den traditionellen Themen des Einzelkämpfers, der unwirtlichen Natur und der schweren Aufbauarbeit in teils gesetzlosen Umgebungen auch den alltäglichen Rassismus der Schmelztiegelnation und beleuchtet das Leben der eingewanderten Chinesen. Sie ist daher auch mehr als 20 Jahre nach Erscheinen des ersten Bandes definitiv lesenswert!
Inhalt:
John Chinaman ist der neue Name der Chen Long Anh in der neuen Welt verpasst worden ist. Der Western spielt in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts als viele Chinesen aus unterschiedlichsten Gründen ihre alte Heimat verlassen haben um in Amerika ihr Glück zu finden. Für die meisten bedeutete das schwere Arbeit bei geringem Lohn, fehlende gesellschaftliche Akzeptanz und Gehorsam gegenüber den Regeln der Triaden. Obwohl Chen als ausgebildeter Kämpfer der Triaden nach Amerika kommt, verweigert er bereits im ersten Band den Gehorsam und muss sich gegen seinen Förderer durchsetzen.
Er muss daher fliehen und beginnt seine Reisen
durch den amerikanischen Kontinent, die ihn zunächst nach Oregon führen. Neben
den Härten der Wildnis und des Rassismus wird er aber immer noch von seinen
alten Mitstreitern verfolgt.
Auch der dritte Band zeigt John im Konflikt
mit seiner Umwelt. Er versucht, ein Mädchen zu beschützen, und wird
fälschlicherweise der Entführung derselben beschuldigt. Alltäglicher Rassismus
und Ablehnung aller nicht Einheimischen sind ein klassisches Westernthema.
Auch der Konflikt zwischen irischen und chinesischen Arbeitern beim Bau der großen Eisenbahnlinien ist ein altbekanntes Motiv unzähliger Erzählungen in Film oder Comic. Und wieder gerät John zwischen die Fronten. Im Gegensatz zu „typischen“ Erzählungen wird aber in Chinaman vorrangig der chinesische Blickpunkt gezeigt.
Immer wieder wird John Chinaman daran gehindert, sein Glück und Ruhe zu finden. Einerseits jagen ihn Desperados und Mitglieder der Triaden, die auf seine Spur gekommen sind, andererseits kann er es auch nicht lassen, üble Dinge geschehen zu lassen, und legt sich beispielsweise mit einem Zuhälter an.
Immer wieder wird in der Serie das Thema der Ablehnung alles Andersartigen variiert und so verwundert es auch nicht, dass eine ganze Stadtbevölkerung sich gegen die zuziehenden Chinesen wehren will. Wie immer gibt es hier aber nicht nur schwarz und weiß, so dass die Konfliktlinien quer durch alle Schichten laufen. – Vieles davon basiert auf den eigenen Migrationserfahrungen von OlivierTaDuc und ist daher auch nachvollziehbar geschildert.
Dem folgen noch eine „Road-Movie“ Geschichte in zwei Bänden um den letzten Mitwisser über das Versteck einer Beute. Beide Bände haben eine spezielle Note durch das Mitwirken von John, könnten so ähnlich aber auch in anderen Settings funktionieren.
2021 ist nach 14 Jahren Pause eine Art „Reprise“ erschienen: Der Tiger erwacht! Der frustrierte und gestörte John Chinaman wird gezwungen, sich seiner Geschichte zu stellen und Entscheidungen zu treffen. Sehr gelungene Rückkehr zur ursprünglichen Serie, die Themen und Stimmung aufnimmt und in die Zukunft führt.
Grafik:
Der 1962 geborene Olivier TaDuc ist Franzose mit einem vietnamesischen Hintergrund, der auf für die Zeichnungen etwa bei XIII Mystery, Takuan oder Stille Rebellionen verantwortlich ist. Seine Zeichnungen sind detailreich und zeigen von einem gewissenhaften Quellenstudium. Seine Ansichten der alten Chinatowns sind genauso kunstfertig und genau wie die Darstellung eines Segelschiffes, der Landschaft oder der Einflüsse chinesischer Kampftechniken auf die Körperhaltung des Helden. Im Laufe der Bände werden die Zeichnungen etwas grobflächiger und detailärmer und wirken dadurch etwas weniger realistisch.
Der Aufbau der Seiten folgt generell dem klassischen vierzeiligen Muster; die Höhen der Zeilen sind aber nicht statisch und variieren häufig. Auch sind einzelne Panele über mehrere Zeilen gestreckt und nehmen häufig die gesamte Breite der Seite ein. Es ist also genügend Abwechslung vorhanden. TaDuc beherrscht dabei sowohl die ruhige Sequenz als auch die vom Film übernommenen schnellen Schnitte mit ständigem Perspektivenwechsel, wenn die Action es erfordert.
Auf jeden Fall vereint die Serie erfolgreich die typischen Bestandteile eines Western mit einem ungewöhnlichen Helden und Kampfszenen und meditative Elemente, die sonst nur in Eastern zu sehen sind.
Hochzeiten werfen ihren Schatten voraus, insbesondere natürlich
königliche! Neben den realen Hochzeiten gibt es momentan aber eine, die fast
ebenso viel Aufmerksamkeit bekommen möchte: Die des Dunklen Ritters mit der
Königin der Diebe – Batman und Catwoman. Aus offensichtlichen Gründen können
sie nicht als Bruce Wayne und Selina Kyle heiraten. Selbstverständlich kennen
aber einige Vertraute die geheimen Identitäten und so ist alles nicht ganz so einfach.
Wenn dazu noch Ängste, Wünsche, Kontrollwahn und Superschurken kommen, mit
anderen Worten, der Alltag in Gotham, dann haben alle ein wenig zu tun.
In den USA gibt es – wie immer bei Großereignissen – eine ganze Reihe von One-Shots, die Figuren, die weniger im Rampenlicht stehen, Raum zur Entfaltung geben und natürlich zusätzliche Verkäufe generieren sollen. Üblicherweise stehen bei solchen Events Neudefinitionen des ganzen Kosmos an, die alles „Neu“, spannender und wieder zugänglicher machen sollen oder aber eine ganze Riege altgedienter Recken durch neue Charaktere ersetzen. Der Markt der Comic-Leser*innen wird dadurch aber nicht größer und viele der Getreuen sind einfach nur genervt (aus mehr oder weniger akzeptablen Gründen) und kehren den Serien den Rücken. Bei den Batman-getriebenen Events geht es dagegen häufig nicht um einen Neustart, sondern um systemimmanente Veränderungen. In Deutschland sind diese Ergänzungshefte meistens in Form von Paperbacks erschienen, die es den Leser*innen ermöglichen, dem Spannungsbogen zu folgen, die Händler*innen aber mit kalkuliertem Risiko schützen.
Bruce und Selina haben sich in ihren Alter Egos schon seit
Jahrzenten immer wieder romantisch angenähert und wieder entzweit. Teilweise
war aus der Diebin schon eine Kämpferin für das Gute geworden doch ganz hat die
Katze das Mausen nie lassen wollen. Nun also endlich der nächste Schritt.
Die hier gesammelten Hefte bieten durchaus spannende Einblicke
aus ungewohnten Perspektiven. War der Joker schon im Lego-Movie arg enttäuscht,
dass Batman ihn nicht als Lieblingsfeind bezeichnen wollte, wird hier seine
emotionale Anspannung im Warten auf eine Einladung zur Hochzeit noch einmal
größer. Er bleibt seinem psychopathischen Muster dabei allerdings sehr treu.
Auch der Kontrollwahn Batmans wird nett herausgearbeitet, wenn Nightwing mit der Überwachung des Mädelsabends vor der Hochzeit betraut wird. Es sei allerdings die Frage erlaubt, ob das einen guten Start in die Ehe verspricht… Und auch das Patchwork-Familien-Thema wird angesprochen, wenn Damian Selina fragt, ob sie mit Bruce Kinder haben möchte.
Einen kleinen Höhepunkt stellt für mich die Kostümparty im Bat Burger dar, die es Clark Kent, Dick Grayson und Bruce Wayne ermöglichen soll, unerkannt den Junggesellenabschied zu feiern. Allerdings haben die Drei ihre Pläne ohne Hush gemacht, der unbeabsichtigt verlorene Seelen ins Spiel bringt.
Ebenfalls basierend auf einer witzigen Idee ist die Episode zwischen Harley Quinn und dem Joker, die die gegenseitige Beziehung inklusive dem Neid aufeinander gelungen darstellt.
Das Paperback bietet altbekannten Gegenspielern Raum zur
Entfaltung und trägt zu deren Entwicklung bei. Natürlich werden alle
Originalcover mit abgedruckt. Graphisch bewegen sich die Geschichten aber eher
im Altbekannten und liefern zwar solide Kost, stechen jedoch nicht heraus. Wer
abseits der Pfade Neues entdecken will, ist hier falsch. Aber ist nicht gerade
eine Hochzeit ein Anlass, das Bekannte zu genießen?
Der Sonderband mündet direkt in die Batman Ausgaben 25 und 26,
die im April erscheinen werden.
Dazu passen White Wedding
von Billy Idol und ein Cocktail mit
viel Angostura.
In diesem Heft startet bereits die zweite der für 2019 angekündigten neuen Serien: Mortensens Abenteuer von Lars Jakobsen. Der dänische Autor und Zeichner ist in Deutschland möglicherweise wegen seines Strips über frustrierte Hennen bekannt; einige Folgen liefen als Zeichentrick in der Sendung mit der Maus. Zudem hat er bereits rund 250 Geschichten für Anders And, das dänische Donald Duck-Magazin verfasst. Die Geschichten um Mortensen sind Zeitreise-Abenteuer. Der Titelheld ist ein Zeitgeheimagent, der Kriminelle daran hindern will, die Vergangenheit ihrer Schätze zu berauben. Dafür benötigt er allerdings seine Zeitpistole… Graphisch startet der Comic, von dem im Original bereits 5 Bände erschienen sind, erst einmal im klassischen 4-Streifen Layout, das manchmal etwas aufgebrochen wird. Der Ankündigungstext benennt dazu Einflüsse von Herge, die teilweise auch zu entdecken sind. Ich finde aber auch Anklänge an Tabary.
Fortgesetzt wird Sauvage, der für mich den größten Widerspruch im Heft darstellt:
Der Text von Yann ist immer wieder
spannend und auch der Plot der Geschichte ist keinesfalls reizlos, die
Zeichnungen und insbesondere die Kolorierung von Felix Meynet macht aber immer alles wieder zu Nichte. Schade eigentlich.
Wesentlich stimmiger ist dagegen Jack Cool von Manini und Mangin. Die Merry Prankster sind im Haus von Tommy Neary angekommen um einer Erweckungszeremonie beizuwohnen. Während deutlich wird, dass sich Drogen und Feuer nicht unbedingt positiv ergänzen hat Jack ein Erfolgserlebnis, denn er findet die vermisste Tochter. Wie es mit dieser Story um die Mansfields weitergeht und ob sich zwischen Jack und Jesus-Grau noch etwas entwickelt, wird die Zukunft zeigen.
Der Weg des Untergangs findet dagegen leider in dieser Ausgabe sein Ende. Es bleibt zu hoffen, dass Corteggiani und Tisselli sich irgendwann einmal auf eine weitere Zusammenarbeit verabreden werden, denn der Western verknüpft spannende Thematik und grandiose Bilder äußerst gut und macht einfach Lust auf Mehr! Inhaltlich bekommt die Story auf den letzten Bildern noch einmal einen Twist, mehr sei aber nicht verraten!
In Empire USA 2.1 werden ein paar mehr Details über den mysteriösen Tod von Duanne Els bekannt und vielschichtige Verbindungen zu Russland und in die Türkei sowie zu Terroristen in Lettland spielen eine Rolle, der Leser*in fehlen aber noch entscheidende Versatzstücke. Genau so funktioniert des Konzept „Fortsetzung folgt…“ Graphisch ist Henri Reculé nicht der schlechteste Vertreter der aktuellen franko-belgischen (nicht-Fantasy-)Schule und daher definitiv sein Geld wert!
Ergänzend gibt es weitere Geschichten der gnadenlos guten Tizombi sowie die deutlich schlechteren aber immer noch bereichernden Parker & Badger, den zweiten Teil des Überblicks über Kinofilme nach franko-belgischen Comics (Asterix – Bäche und Flüsse), eine Vorstellung des Neustarts von Courtney Crumrin und lesenswerte Überlegungen von Bernd Glasstetter!
Mehr zum aktuellen Konzept des ZACK im Interview mit dem Chefredakteur.
Dazu passen das neue Album Encore von The Specials und kolumbianischer Hochlandkaffee.
Der Chefredakteur des ZACK-Magazins stellt sich unseren Fragen
Das ZACK-Magazin aus dem Mosaik – Steinchen für Steinchen-Verlag feiert in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen. Grund genug für comix-online, dem aktuellen Chefredakteur Georg F. W. Tempel ein paar Fragen zu stellen. Da ich selbst zu der Generation gehöre, die durch das Zack im Koralle-Verlag nachhaltig in der Leidenschaft für franko-belgische Comics geprägt worden ist, habe ich mich über diese Gelegenheit sehr gefreut. Comics aus diesem Spektrum werden auch in Zukunft ein wesentlicher Bestandteil der comix-online-Berichte bleiben.
c-o: Hallo Georg. Könntest du dich den Leser*innen von
comix-online kurz vorstellen? Du bist ja in der deutschen Comicgeschichte alles
andere als ein unbeschriebenes Blatt.
Tatsächlich bin ich schon seit weit über 30 Jahren in der Comic-Szene tätig. Wie bei vielen anderen meiner Generation waren meine ersten Berührungen mit den Comics die Hefte aus dem Hause Kauka und Bastei, wozu in den 1970ern dann natürlich „ZACK“ gekommen ist. Während meines BWL-Studiums in Mannheim habe ich für das dortige Stadtmagazin Comic-Rezensionen verfasst, worüber ich Kontakte zu verschiedenen Verlagen bekommen habe. Mitte der 1980er Jahre bin ich dann beim Reiner-Feest-Verlag eingestiegen, hatte ein kurzes Intermezzo beim Norbert Hethke Verlag, für den ich angefangen habe, das DC-Segment aufzubauen – wir haben uns wegen unterschiedlicher Programmauffassungen dann im Gütlichen getrennt -, und war schließlich ab 1991 beim Ehapa Verlag. 1994 und 1995 habe ich parallel zu meiner Ehapa-Tätigkeit das „Beavis & Butt-Head“-Magazin für den Dino Verlag betreut. Bei Ehapa war ich vor allem für sog. „Trendthemen“ wie „Akte X“, „Tankgirl“, die Fleetway Publikatonen und natürlich die Manga zuständig. Zusammen mit dem damaligen Bereichsleiter Klaus M. Mrositzki war ich an der Gründung der Verlagsbereiche Cultfish (ursprünglich Bücher zu TV-Themen wie „Big Brother“) und Egmont Manga & Anime (EMA) beteiligt. Und seit 2009, seit meiner Trennung von Ehapa, bin ich über das Redaktionsbüro Blattgold GmbH, das meiner Frau und mir gehört, für „ZACK“ verantwortlich. Ansonsten sind wir viel für die Funke Gruppe, den Klambt Verlag, Burda u.a. tätig.
c-o: 2019 feiert das „neue“ ZACK sein zwanzigjähriges
Jubiläum. Du hast zwar im Editorial der Januar-Ausgabe schon einen kurzen
Ausblick gegeben, aber wie sieht euer Jubiläumsprogram aus?
Wie ich ja bereits in bewusstem Editorial geschrieben habe, werden wir im Jubiläumsjahr etliche neue Serien starten wie etwa Bonneville von Marvano oder Empire USA 2 von Desberg und diversen Zeichnern. Außerdem wollen wir uns in einer Reihe von Interviews allen früheren Chefredakteuren des Heftes aus der Mosaik-Ära widmen. In der März-Ausgabe kommt aber erst einmal der Verleger Klaus Schleiter zu Wort, der ein bisschen über den Mosaik Steinchen für Steinchen Verlag und dessen Philosophie erzählen wird. Weitere Ideen gibt es ebenfalls schon, aber von denen ist noch keine wirklich spruchreif.
c-o: Wie würdest du die Zielgruppe des „ZACK“ beschreiben?
Generation (Koralle-)ZACK oder größer?
Auf alle Fälle macht die Generation „ZACK“ einen Großteil der
Leser aus. Aber glücklicherweise gewinnen wir immer wieder neue und jüngere
Leser hinzu.
c-o: Das ZACK hat neben den Comics auch immer zwei größere Artikel
über Serien oder Künstler bzw. TV/Film-Adaptionen, einen Rezensionsteil und
einen immer erfrischenden Kommentar. Wie wichtig sind diese Bestandteile für
dich?
Ich denke, ein Comic-Magazin, in dem Comic an Comic geklebt ist, wird auf Dauer schnell langweilig. Deshalb sind mir die redaktionellen Beiträge als „Brecher“ sehr wichtig. Sicherlich lässt sich über die Qualität der einzelnen Artikel streiten, aber ich versuche immer, eine gewisse Aktualität zu wahren, was bei einem Monatsmagazin in Zeiten des Internet allerdings immer schwieriger wird. Ein bisschen diebische Vorfreude habe ich immer, wenn Bernd Glasstetters Kolumne „Das Allerletzte“ oder mein Editorial kontroverse Themen behandeln, da ich oft schon im Voraus weiß, wie die Reaktionen der Leser in etwa sein werden. Aber ich schätze, so ein paar Ecken und Kanten tun dem Heft ganz gut.
c-o: Von vielen anderen Verlagen ist man es mittlerweile
gewohnt, dass Abonnenten einen Bonus in Form von Variant-Ausgaben ober Beigaben
erhalten. Die letzte vergleichbare Aktion des ZACK war eine signierte Grafik
2011 in der Nummer 150. Steht ihr über solchen Dingen oder warum macht ihr
nichts in dieser Richtung?
Ich denke, hier muss man sich die Philosophie des gesamten
Verlages anschauen. Die Leser von „ZACK“ und „Mosaik“ sollen zufrieden sein,
weil sie gerade ein tolles Heft gelesen haben, das ihnen eine gewisse Zeit
„versüßt“ hat, und nicht weil sie irgendein Gimmick geschenkt bekommen. Und zum
anderen ist gerade „ZACK“ so knapp kalkuliert, das hier eigentlich kein
Spielraum ist, um solche Aktionen zu fahren.
c-o: Wie schätzt du den deutschen Comic-Markt ein? Es gibt
immer mehr kleine Verlage, der Markt wird aber dominiert durch die Veteranen
EHAPA und Carlsen mit ihren Long-Sellern einerseits und Splitter andererseits.
Oder betrifft euch der Albenmarkt nicht so sehr, da ihr euch hauptsächlich auf
das Magazin und Jean Graton konzentriert?
Wir hatten uns mit der ZACK-Edition ja am Albenmarkt versucht, mussten aber schmerzlich erfahren, dass das französische Konzept der Vorveröffentlichung im Magazin mit anschließender Albenveröffentlichung in Deutschland nicht funktioniert. Die verkaufte Auflage war so gering, dass sich die Alben einfach nicht vernünftig kalkulieren ließen. Es ist zwar nicht schön, wenn man Serien abbrechen muss, aber ich denke, dass wir die meisten Reihen zu einem guten Ende gebracht haben. Insofern haben wir also mit dem Albenmarkt kaum mehr was am Hut.
Generell sehe ich aber schon, dass der Comic-Markt Probleme
mit den Auflagen hat. Will man seine freien Mitarbeiter ordentlich bezahlen und
als Verlag auch noch Geld verdienen, wird die Luft schon dünn. Ehapa hat sich
sicherlich nicht wegen Erfolgs weitgehend aus dem franko-belgischen Albenmarkt
verabschiedet. Und Carlsen geht bei seinem Programm ja auch eher auf Nummer
sicher. Und hört man sich ein wenig in der Szene um, dann bekommt man schon zu
hören, dass einige Verlage kräftig an der Kostenschraube drehen und eher
fragwürdige Modelle bei der Ermittlung der Übersetzer- oder Redakteurshonorare
ansetzen. Schön ist das alles nicht.
c-o: Ergänzende Frage: Vor einigen Jahren hattet ihr noch
einen stetigen Ausstoß an Alben. Jetzt wechselt auch Lady S. zu einem neuen
Verlag und ihr veröffentlicht anscheinend nur noch Michel Vaillant und Julie
Wood von Jean Graton bzw. seinen Nachfolgern während einige der im ZACK
publizierten Serien z.B. bei Salleck und Splitter als Album erscheinen. Ist das
eine gewollte Kooperations-Situation oder den rückläufigen Alben-Auflagen
geschuldet?
Da wir uns aus dem Alben-Segment aus o.g. Gründen
verabschiedet haben, ist das eine gewollte Kooperationssituation. Wobei es den
französischen Lizenzgebern natürlich zusätzlich recht ist, wenn sie ihre Rechte
zweimal verwerten können.
c-o: Nicht viele Comicschaffende sind wie du von Altmeistern
in einem Comic verewigt worden. Wie fühlt man sich, wenn jemand wie Seron
eine Figur nach einem selbst erschaffen hat?
Natürlich ist man auf eine solche „Verewigung“ stolz. Der einzige Wermutstropfen war, dass das bewusste Album nicht mehr bei Feest-Comics escheinen konnte, da die Rechte an den „Minimenschen“ aus strategischen Gründen von Dupuis nicht mehr verlängert worden waren.
c-o: Hast du eine Lieblingsserie oder Einzelveröffentlichung
während deiner Zeit als Chefredakteur des ZACK?
Den einen Lieblingscomic gibt es eigentlich nicht, da ich nur
Storys ins Heft nehme, die mir selbst auch gefallen. Aber tatsächlich finde ich
die Serien von Marvano – „Grand Prix“, „Die jüdische Brigade“ und „Bonneville“ –
unglaublich gut, da sie bestes Infotainment sind: Man bekommt nicht nur eine
spannende Geschichte zu lesen, sondern kann auch noch viel über historische
Hintergründe und Zusammenhänge erfahren. Dieser doppelte Nutzen macht mir
großen Spaß.
c-o: Hast du es jemals bereut, eine Geschichte abgelehnt zu
haben? Wenn ja, welche?
Für „ZACK“ fällt mir da spontan nichts ein, da wir die Serien
aktiv anfragen. Aus meiner Ehapa Zeit wären das allerdings „Die Simpsons“ und
„Star Wars“, die wir damals in der Programmkonferenz gemeinsam als „nicht
verkäuflich“ eingeschätzt hatten. Dumm gelaufen, oder …?
Es existiert auch ein Hardcover in limitierter Auflage
Der schwarze Spiegel beweist, dass erneute
Veröffentlichungen auch ihr Gutes haben können.
Ursprünglich bereits 2011 in Detective Comics erschienen und von Panini schon vor Jahren in zwei
Sammelbänden herausgebracht, vereint der jetzt erschienene Comic alle
Geschichten um die Rückkehr des geheilten (?) Psychopathen James Gordon, jr. in
einem 300 Seiten starken Band.
Ein wenig Hintergrundwissen ist erforderlich,
um diese Geschichte verstehen zu können: Bruce Wayne war scheinbar verstorben,
das Cape somit verwaist. Dick Grayson hat die Rolle des maskierten Beschützers
übernommen, keinesfalls aber auch angenommen. Während Bruce mehr als einmal den
Rächer gab, ist Dick ein Beschützer. Auch ist er nicht so mit den Schatten
verwoben und so darf Commisioner Gordon sich wundern, dass der Maskierte noch
auf dem Dach steht obwohl das Signal gerade ausgeschaltet worden ist. Gotham
selbst hat sich aber nicht verändert; es ist immer noch die gefährlichste Stadt
der USA mit den übelsten Schurken und einem großen Anteil an Verderbtheit bei
seinen Bewohnern. Wenn überhaupt anders, dann ist es in der Stadt eher noch
schlimmer geworden, denn die neue Garde der Verbrecher kennt „keinen Anstand“
mehr und mordet noch mehr.
Dick Grayson wohnt zwar in dem ehemaligen Wayneschen Penthouse und wird von Alfred unterstützt, er hat sich mit seiner Rolle und Umgebung aber noch nicht anfreunden können. Immer wieder kommen Erinnerungen an seine Eltern hoch, die Gotham als den Punkt beschrieben haben, an dem man weitergehen muss als überall sonst. Überhaupt spielen Erinnerungen in diesen Geschichten eine große Rolle: Seien es Artefakte aus den großen Batman-Geschichten der Vergangenheit wie der Kuhfuß, mit dem der Joker Robin getötet hat, seien es Erinnerungen von James oder Barbara Gordon an die Jugend von James, jr. Alles wird geschickt miteinander verwoben und so ist die Storyline auch sowohl für Afficionados als auch für Neueinsteiger vielschichtig zu genießen.
Scott
Snyder ist wohl der Superstar unter den aktuellen
Batman Autoren und hat die Geschichte des Dunklen Ritters über mehrere
Definitionen hinweg geprägt. Er beweist,
dass er ein guter Autor ist, der auch über mehrere mehrteilige Stories hinweg
einen Plot entwickeln und zu einer Gesamtgeschichte verweben kann und der Brite
Jock (das ist Mark Simpson) und Francesco
Francavilla setzen das abwechselnd sehr gut um. Die Bilder sehen nicht aus,
wie aus einem Mainstreamcomic amerikanischer Prägung; zu viel Schwarz, zu
unscharf und düster sind die Bilder, die gerade dadurch gewinnen. Beide haben
bereits eine eindrucksvolle Liste an Veröffentlichungen vorzuweisen.
Wer sollte sich dieses Paperback kaufen? Zunächst einmal alle, die zu irgendeiner Zeit Batman-Fans waren und es noch nicht im Schrank stehen haben, denn es bietet gerade durch den Vergleich des Batmans, wie Dick ihn interpretiert, mit dem „Original“ Einsichten in die Gefühlswelt von Bruce Wayne, die zwar nicht neu sind, aber innovativ herausgearbeitet werden. Der verbissene, getriebene Bruce ist ein Kind Gothams: immer Vollgas, immer an der Grenze und oft darüber hinaus. Dick dagegen (und auch James und Barbara Gordon) haben ein anderes Menschenbild: Sie glauben zwar nicht mehr wirklich an das Gute, haben aber die Hoffnung nicht aufgegeben, dass es doch irgendwo da draußen sein könnte.
Einige Batman-Stories der letzten Jahre litten
daran, dass immer neue Schurken auftauchten, alte immer abstrusere Dinge taten
und sich das Ganze eigentlich nur selbst referenziert hat. Hier ist aber ein
Beispiel an gutem Storytelling, das durch die beiden Zeichner düster, nicht
artifiziell aber auch nicht banal umgesetzt wird.
Außerdem ist es für alle ein Schnäppchen, die
die alten Ausgaben auf einschlägigen Plattformen suchten, denn die aufgerufenen
Preise sind teilweise absurd.
Die dritte Zielgruppe sind diejenigen, die
einfach nur eine gut erzählte Psychopaten-Story mögen. Auf den dreihundert Seiten
wird erst stückchenweise klar, wer wirklich hinter einigen Sachen steckt, und
der Horror entwickelt sich langsam und teilweise auch erst im Rückblick. Dazu
gehört auch, dass die Beweggründe und die innere „Rechtfertigung“ nicht
ausgespart bleiben und zu dem gruseligen Gefühl beitragen. Zudem finde ich
persönlich es angenehm, dass es hier keine Superkräfte oder Mystery-Elemente
gibt und das Ende in gewisser Weise offenbleibt.
Dazu passen Long Island Icetea und Frustration – Empires of shame perfekt.
Journal Din A 3 | jeweils 24 Seiten | s/w |
4,00 €
ISBN: 978-3-86869-011-8
ISBN Journale:978-3-96219-279-2 | -280-8 | -281-5 | 282-2
Der Altmeister ist wieder da und er hat nichts
verlernt; François Bourgeon meldet
sich mit dem achten Band seiner Serie „Reisende im Wind“ zurück.
Die ersten fünf Bände der Reisenden im Wind erzählten
die Geschichte der jungen Adeligen Isabeau
de Marnaye und des Bretonen Hoel; Sklavenschiffe, Flucht, Emanzipation und
Freiheit sowie das Leben in der Karibik sind die Stichworte, die diesen ersten
Zyklus umschreiben.
Heldin des
zweiten Zyklus ist die Urenkelin Isas, die von allen Zabo genannt wird. Die
zwei Bände starten in New Orleans und auf einer Plantage in Baton Rouge, aber
die Wirren des Sezessionskrieges verschlagen die Protagonistinnen auch an
andere Orte.
Der jetzt erschienene erste Teil des dritten Zyklus „Die Zeit der Blutkirschen“ spielt im Paris, Ende des 19. Jahrhunderts und damit wieder in Europa. Zabo nennt sich nun Clara und ist fest verankert in einer Gruppe aus Überlebenden der Massaker an den Kommunarden, Künstlern am Montmartre und einigen Bretonen. Gleich am Anfang während der Beerdigung von Jules Vallès, einem Anführer der Pariser Kommune, treffen Clara und ein junges bretonisches Mädchen, das sich in Paris als Hausmädchen verdingen will, aufeinander. Klervi, so ihr Name, wird Clara später wiedertreffen, bei ihr wohnen und in ihre Gesellschaft eingeführt werden. Sie ist auch die Ich-Erzählerin des Werkes. Bourgeon erzählt wie so oft nicht chronologisch, sondern inmitten von Einschüben auf verschiedenen Zeitebenen. Noch mehr als bei seinen früheren Bänden neigt er dazu, die geschichtlichen Hintergründe in Form wörtlicher Rede einzuführen, so dass die Panele teilweise etwas textlastig wirken. Es ist allerdings keine überflüssige Information, denn ohne sie wäre die Geschichte weniger verständlich. Wer noch mehr Informationen über die damalige Zeit, das Paris dieser Jahre und seine Gesellschaften, die Politik und die Karikatur sowie die Musik erfahren möchte, sei auf die vier bereits erschienenen Journale verwiesen.
In ihnen wird nicht nur der komplette Band in größerem Format (also fast im gezeichneten Entwurfsoriginal) in schwarz-weiß vorabgedruckt, es gibt zusätzlich noch ein über die vier Teile gesplittetes Interview mit Bourgeon über seine Intentionen, seine Arbeitsweise und seine Bezüge zur bretonischen und Pariser Kultur! Ergänzt werden die vier Zeitungsausgaben mit Artikeln über die Pariser Kunstszene am Montmartre, den Wert des Volksliedes, vor allem aber mit Artikeln über den Hintergrund der französischen Geschichte vor und während der Dritten Republik. Bedauert Bourgeon im Interview schon die Kenntnisse in Frankreich über diese Zeit, so dürfte dieses Wissen in Deutschland außerhalb von Geschichtsleistungskursen kaum vorhanden sein. Um es deutlich zu sagen: Für den Lesegenuss der Zeit der Blutkirschen ist kein Vorwissen erforderlich! Selbst ohne die beiden ersten Zyklen sind die Zeichnungen so grandios und die Geschichte so spannend, dass ein Kauf sich lohnen würde! Je mehr aber die Leser*in mitbringt, umso mehr ist an Tiefe zu entdecken da viele Hinweise auf Literatur, Geschichte und die früheren Bände eingearbeitet sind.
Der Vergleich
der Journale mit dem fertigen Band erlaubt ein Verständnis der Arbeitsschritte,
ist doch die Zeichnung sonst aufgrund der Kolorierung nur noch eingeschränkt
sichtbar. Seit einiger Zeit benutzt François
Bourgeon Filzstifte für seine Zeichnungen und koloriert später mit
Aquarellfarben. Seine Farbgebung hat nichts verschwommenes oder mattes, sondern
ist immer klar abgegrenzt. Wichtig ist ihm der Einfluss von Licht und Schatten.
Um dieses korrekt hinzubekommen (und auch um fehler- und widerspruchsfrei
arbeiten zu können) baut er oft Modelle von Objekten oder in diesem Fall sogar
des ganzen Stadtviertels, indem Clara und Klervi leben.
Einen großen
Teil dieser Geschichte nehmen die französischen und bretonischen Lieder ein,
die gesungen werden. Während sich im Journal die Übersetzungen auf den Seiten
finden sind sie in der Farbausgabe gesammelt am Schluss des Bandes
untergebracht. Sie sind durchaus integraler Bestandteil der Geschichte und
tragen zu dem Verständnis bei. In den Zeitungsausgaben finden sich daher auch
weiterführende Hinweise zu dem einen oder anderen Text.
Religion ist immer noch nicht die Sache von Bourgeon und so lebt er seine Kritik am Personal, dem Kirchenbau und der politischen Repräsentanz der Kirche in seinen Zeichnungen aus:
Der Künstler beherrscht weiterhin die
Darstellung menschlicher Körper sowohl in realistischer Manier als auch in
karikativer Übertreibung. Die Gesichter tragen Ausdruck wenn nötig und bieten
immer noch genügend Details und Tiefe, wenn nur „Ausschmückung“. Die
ganzseitigen Illustrationen sind perfekt komponiert und stimmig, was Licht und
Schatten angeht. Wer zum Beispiel die Szene mit dem Eifelturm bei Nacht
betrachtet, kann die Beleuchtung des Turms wirklich sehen. Die Geschichte ist
stimmig, spannend erzählt und trägt Aspekte des Gesellschaftsromans, eines
Krimis, eines Dramas und nicht zuletzt einer politischen Beschreibung. Der
Textanteil erinnert teilweise allerdings an Edgar
Jacobs.
Zum Schluss der Hinweis, dass die Geschichte weitergehen wird, denn Clara/Zabo hat sich bereit erklärt, „alles“ erzählen wollen. Der zweite Band ist allerdings noch nicht terminiert.
Klare Kaufempfehlung sowohl für die reguläre als auch für die Journal-Ausgabe, die nicht nur eine Ergänzung ist, sondern einen eigenständigen Zugang erlaubt.
Dazu passen französische Chansons und roter
französischer Landwein!
Paolo Eleuteri Serpieri ist den meisten Lesern wahrscheinlich wegen seiner erotischen Werke um Druuna bekannt. Weniger bekannt sein dürfte, dass der italienische Maler und studierte Architekt auch an der Reihe „Entdecke die Bibel“ mitgearbeitet hat. Seine erste Leidenschaft aber waren Indianer und Geschichten über den Wilden Westen.
Schreiber und Leser, der Verlag, in dem im Rahmen der Serpieri Collection bereits die Druuna-Geschichten erschienen sind, bringt in gleicher Aufmachung jetzt eine dreibändige Gesamtausgabe der Western heraus. Laut Ankündigung soll jeweils eine Geschichte pro Band farbig sein, die anderen werden im schwarz-weißen Original abgedruckt. Die Bände haben übrigens einen anderen Inhalt als die fast zeitgleich bei Dark Dragon Books auf Niederländisch erschienenen Bände der Serpierie’s Western collectie.
Um das einzige Manko gleich an den Anfang zu stellen: Wir Leser*innen sind mittlerweile von den riesigen Mengen an Gesamtausgaben verwöhnt und erwarten ein wenig Begleitmaterial in Form eines Artikels und der einen oder anderen Abbildung, Skizze oder Coverwiedergabe. Hier finden sich leider „nur“ die Stories selber und auf der Einführungsseite jeweils eine Zeichnung aber nicht einmal Hinweise zum Erstveröffentlichungsdatum sind angegeben. Hier besteht sicherlich Potential für die Zukunft!
Ansonsten beweist Serpieri, dass er ein Meister des feinen Strichs ist. Die
Zeichnungen sind voller Details und Landschaft, Kopfschmuck, Körperausdrücke
und die damit verwobenen Stimmungen sind ausdrucksvoll! Wenige Künstler
vermögen eine solche Dynamik in ihren Zeichnungen wiederzugeben. Während schon
die erste, farbige Geschichte „Der Mann
ohne Daumen“ einen Eindruck der Fähigkeiten vermittelt, die Farbe
allerdings die Details naturgemäß nicht so zum Ausdruck kommen lässt, kommen
die aus vielen feinen Strichen zusammengesetzten Kompositionen im schwarz-weiß
voll zur Geltung. Die Herausgeber haben auf etwas festeres, leicht glänzendes
Papier gesetzt, das die Kontraste und Details gut wiedergibt. Der Preis dieses
Bandes ist daher vollkommen gerechtfertigt.
Inhaltlich drehen sich die Geschichten um Kampf, Heldenmut, Vernichtung von Indianern und Frauenfeindlichkeit. Serpieri beschreibt alles diese Elemente, verfällt aber keinesfalls in die Rolle eines Voyeurs. Für ihn sind die weißen Eroberer, brutal und machtbesessen, nicht als Vorbilder geeignet, er verfällt aber auch nicht in das Gegenteil und verherrlicht den „edlen Wilden“. In „Counting Coups“ zum Beispiel spielt er sogar mehrfach mit den Erwartungen seiner Leser*innen und lässt sie immer wieder in die Falle laufen. Dabei zeigt er immer wieder auf, wie wenig die Soldaten von eigentlich über ihre Gegner wissen. Es langt, eine andere Kultur zu verachten, Kenntnisse sind eher schädlich. Insofern ist der Inhalt sogar viel aktueller als so mancher bei diesem Künstler erwarten würde!
Auch die sinnlose Tötungswut, die schließlich
zum selbstverschuldeten Massaker am Little Big Horn führen sollte, wird aus der
Sicht der Beteiligten in zwei Folgen geschildert. Serpieri hat kein Erbarmen mit seinen Protagonisten und zeigt die
eigene Überschätzung und die Erbarmungslosigkeit in jedem Gesichtsausdruck.
Daneben gibt es drei Geschichten um Crazy Horse und zwei weitere Abenteuer („Der Medizinmann“ und „Der Donnerstock“) und somit eine weite Bandbreite. Natürlich ist dieser Band ein Muss für Komplettisten. Wer aber klassische Western mag oder Zeichnungen von Hogarth oder Foster sollte ebenfalls einen Blick riskieren!
Dazu passen Songs von Blackfire wie etwa Overwhelming und Rye Whiskey.
Die „Neunte Kunst“ befindet sich direkt in der Osnabrücker Innenstadt in der Redlingerstr. 8 und macht schon von weitem mit einem bunten, in die Straße hineinragenden Reklameschild auf sich aufmerksam. Einige Ständer präsentieren bereits vor der Ladentür Material und die wenigen Fenster lassen erahnen, dass im Inneren Comics und Merchandise erhältlich sein werden.
Wenn die Eingangstür durchschritten ist, öffnet sich ein großer, heller Raum, der in keiner Weise an die Klischees eines comic-shops erinnert. Aufgeräumt und ohne überquellende Kisten werden vor weißen Wänden, meistens sogar in Vollpräsentation der Cover, Comics in hellen Holzregalen angeboten. In der Mitte des ebenerdigen Eingangsbereiches ist ein großer Holztisch, der ebenfalls als Auslagefläche dient und unter ihm befinden sich versteckt die Abholfächer, die somit den Eindruck nicht stören.
Auch im hinteren Bereich, etwa einen Meter höher, angenehme Präsentationen und gefüllte Regale im Backlist-Bereich. Zusätzlich gibt es eine Manga-Ecke, Magazine (auch antiquarisch!!) und natürlich ein wenig Merch, unter anderem Figuren und Tim & Struppi-Taschen.
Vom vorrätigen Material lässt die „Neunte Kunst“ wenig vermissen. Obwohl es in Osnabrück noch einen Manga/Superhelden-Spezialladen gibt, sind beide Bereiche gut abgedeckt. Der Frankobelgische Bereich war ausgezeichnet vorhanden und präsentiert und auch aus der Independentschiene fand sich das eine oder andere. Der Sekundärbereich war ebenfalls da und mit Sorgfalt ausgewählt – Was will man mehr?
An den Wänden oberhalb der Regale „Neunte Kunst“, Originale und Drucke von ausgewählten Künstler*innen, teilweise zum Verkauf, teilweise mit Widmung (Don Rosa!) für eben diesen Laden.
Besonders hervorheben möchte ich den Service und die Freundlichkeit des Personals! Ich suchte einen Titel, der noch nicht vorrätig war. Natürlich wurde mir angeboten, den Band zu bestellen. Was ich aber nicht gewöhnt bin, ist, dass mir vorgeschlagen wurde, die Bestellung selbstverständlich auch auf Rechnung zu versenden. Die Lieferung kam prompt, gut verpackt und dann auch noch mit den Peanuts frankiert – Vielen Dank auf diesem Weg.
Fazit: Wer nach Osnabrück kommt sollte unbedingt einen Schlenker über die „Neunte Kunst“ machen!
Der Koralle-Verlag verlegte nicht nur das
„alte“ ZACK sondern auch einige Sonderreihen wie die Zack (Comic) Box, die in
Albenform Abenteuer der Zack-Helden präsentierte oder die Zack Parade, die im
Taschenbuchformat entsprechendes Material enthielt. Insgesamt erschienen
zwischen 1972 und 1981 43 Ausgaben. Anfang dieses Jahrtausends wurde der Brand
kurzfristig für zwei Ausgaben (Dan Cooper und Luc Orient) von Salleck Publications fortgeführt.
Als Beispiel für diese Reihe soll hier der 1974
erschienene Band 9 näher vorgestellt werden, enthält er doch gleich drei
Geschichten von klassischen Helden.
Dan Cooper von Albert Weinberg deckt dabei die Techniksparte ab, die in anderen Bänden von Mick Tangy (sic!) oder Michel Vaillant vertreten wird. Für die Zielgruppe der Jungen, technikbegeistert und motorenlärmaffin, wurde im Zack einiges geboten: Neben den Comics gab es Berichte über neue Motoren, Flugzeuge oder Rennberichte und Dan Cooper war als Testpilot, der auch Science-Fiction oder Krimi Elemente in seinen Geschichten zu durchleben hatte, einer der beliebtesten Charaktere dieser Ära. Mittlerweile gibt es im Splitter-Verlag eine 15-bändige Gesamtausgabe aller Dan Cooper Stories.
Die hier abgedruckte Geschichte „Die Männer mit den goldenen Flügeln“ ist der 16. Band der Originalreihe. Dan Cooper ist einer Kunstflugstaffel zugeteilt und so werden atemberaubende Kunststücke eingeübt und vorgeführt und nebenbei noch in einem Artikel erläutert. Natürlich ist Mut dafür von Nöten der allerdings nicht in Leichtsinn ausarten darf. Insgesamt sicher spannend, im Vergleich zu anderen Geschichten um Cooper allerdings eher Durchschnitt.
„Die Wölfe von Wyoming“, der dritte Band der Westernreihe „Comanche“ von Hermann (Huppen) und Greg (Michel Regnier) steht für das Thema Western, das im realistischen Bereich vor allem von Leutnant Blueberry und eben Comanche, aber auch durch Caine abdeckt worden ist. Im Funny-Bereich kamen mit Lucky Luke von Morris und Umpah-Pah von Goscinny und Uderzo aber auch Häuptling Feuerauge von Gordon Bess weitere Schwergewichte hinzu. Auch Comanche liegt mittlerweile in einer mustergültigen Fassung im Splitter-Verlag vor.
Die Serie Comanche spiegelt nicht den typischen sauberen Westernhelden; Red Dust ist ein ehemaliger Revolverheld der auf einer kleinen Ranch, die von einer Frau geleitet wird, angeheuert hat. Im Umfeld der Konflikte mit Indianern, großen Ranchern und Verbrechern müssen sich die Protagonisten, zu denen auch noch ein weißes Greenhorn, ein junger Farbiger und ein alter Mann gehören, immer wieder neu zusammenraufen und beweisen. Hier geht es um eine mörderische Bande und das alte Thema der Gerechtigkeit, das Hermann allerdings etwas brachialer angeht als andere. Das Artwork ist dabei allerdings grandios!
Vervollständigt wird die Zack Comic Box 9 mit dem „Krater des Verderbens“ von Luc Orient, getextet ebenfalls von Greg und gezeichnet von Eddy Paape. Neben den Fernsehadaptionen von Enterprise und Mondbasis Alpha 1 sowie den im Zack publizierten Geschichten um Valerian und Veronique wird damit der Bereich der Science-Fiction abgedeckt. Auch dieses Thema passte perfekt für die jugendlichen, männlichen Leser des Zack und war durch eine Vielzahl von Romanen etwa bei Heyne, Goldmann und Pabel/Moewig ein Topseller der damaligen Zeit. Luc Orient erschien vor einigen Jahren als fünfbändige Gesamtausgabe bei Egmont EHAPA und in neuen Hardcover Einzelbänden ab Februar dieses Jahres beim All-Verlag.
In diesem, im Original siebten Band geht es um seltsame Vorkommnisse in der Nähe eines durch einen Meteoriteneinschlag verursachten Kraters. Das Team von Eurocristal wird in die Untersuchungen eingeschaltet und muss nebenbei noch einen Mord aufklären. Dieses Abenteuer gehört nicht in die Reihe der Geschichten auf Terango, die im Magazin veröffentlicht wurden. Spannende Kost, die verschiedene Genres gut verknüpft und zeichnerisch ansprechend darbietet.
Die Comic Boxen boten den damaligen
Leser*innen zu einem erschwinglichen Preis lange Geschichten ihrer Lieblingshelden
und dienten teilweise auch dem Test neuer Inhalte. Nicht immer handelte es sich
um Erstveröffentlichungen und teilweise wurde der gleiche Inhalt mehrfach
verwertet. Trotzdem ist der Versuch, Comics aus dem frankobelgischen oder
amerikanischen Raum auch in Deutschland einem breiten Publikum zugänglich zu
machen und aus der Schmuddelecke zu befreien, im Nachhinein nicht hoch genug zu
würdigen. Viele der damaligen Jugendlichen hatten so einen – im Gegensatz zu
den teilweise kruden Übersetzungen durch Kauka – unverfälschten Zugang zu den
Highlights der aktuellen Comics und wurden dadurch so stark geprägt, dass die Serien
sich heute noch gut verkaufen und die „Generation Lehning“ durch die
„Generation Zack“ abgelöst worden ist. Das Maschinen-Lettering, die
Papierqualität und der Druck sind allerdings nicht mehr zeitgemäß und wurden
mittlerweile optimiert und auch die Übersetzungen sind angepasst worden.
Der Zack Comic Box Superband 9 sollte auf
einschlägigen Plattformen oder im Comichandel noch gut erhältlich sein. In
Super-Sammler-Qualität werden dafür in etwa 18 € fällig, „lesefähige“ Ausgaben
sollten für unter 5 € gefunden werden können.
Dazu passt Nostalgisches: KiBa und Glam-Rock, etwa von den Anfängen von
The Slade oder The Sweet.