Das neue Jahr beginnt mit der Rückkehr zweier alter
Bekannter und vor allem wieder mit der Aufforderung, die ZACK-Serie 2019 zu
wählen. Das geht wie gehabt per Brief, Fax oder online.
Die Gewinnchancen sind nicht riesig, der Spaß dagegen schon, geht die Wahl des
ZACK-Helden doch mittlerweile in das sechste kalendarische Jahrzehnt.
Die Neustarts
Investigativer Journalismus ist nicht immer leicht und
manchmal kommt der Gegenwind aus unerwarteter Richtung: Rick Master muss in „Für
Frankreich gefallen“ zum Militär. Während Rick die Sache anfangs noch recht
locker nimmt ist Nadine am Verzweifeln. Zidrou
und Simon van Liemt präsentieren
bereits das vierte „neue“ Abenteuer des ZACK-Helden der ursprünglich von Tibet bearbeitet worden war.
Auch Empire USA kehrt zurück; Episode 2.2 beginnt mit einem recht freizügigen Rückblick von Jared auf seine Beziehung zu Scarlett und Duanne. Mit routiniertem Strich setzt Alain Queireix die Geschichte von Stephen Desberg um. Moderner Agentenstoff in schnellem und abwechslungsreichem Layout. Sicherlich deutlich über dem Durchschnitt.
Die Fortsetzungen
Die Bank geht
bereits in den dritten Teil. Während der perfide Plan von Lord Rothschild
aufgeht machen auch die beiden Geschwister Charlotte und Christian scheinbar
ein gutes Geschäft. Ob es von Dauer sein wird? Der Thriller aus der Finanzwelt Mitte
des 19. Jahrhunderts hat alle Elemente, die eine gute Geschichte benötigt: Ein
neues, glaubwürdig erzähltes Thema, gut aufgebaute und ausgeschmückte Figuren,
einiges an Spannung und gute zeichnerische Umsetzung! Eine echte Bereicherung
des Portfolios!
Giant ist etwas experimenteller, zählt für mich aber zu genau den Serien, die mich dazu bewogen haben, das ZACK zum Magazin des Jahres 2019 zu küren! Mikaël hat sich einen Underdog zum Helden gesucht. Er ist ein einfacher Bauarbeiter und damit beschäftigt, New York größer und höher zu machen. Er ist kein Held, hat keine Familie, gehört keiner kriminellen Organisation an und ist somit eigentlich vollkommen uninteressant, wäre da nicht sein großes Herz und das wahnsinnige Artwork!
Ebenfalls erwähnt werden müssen natürlich auch die kleineren
Serien: Tizombi, Parker & Badger und der Vater der Sterne haben genauso ihre
Auftritte wie die ständigen Rubriken mit News und Informationen. Vorgestellt
werden in diesem Heft die Netflix-Serie Titans
und der Taschenband von Krazy Kat!
Der Abschied
Tanguy & Laverdue beenden ihr Wüstenabenteuer Sanddiamanten und dürfen feststellen, dass Politik im Gegensatz zum Fliegen das deutlich unschönere Metier ist. Sébastien Philippe setzt die Kampfjets genauso gut in Szene wie die Landschaften und die Akteure. Für technikbegeisterte Jungen (und junggebliebene) sicherlich ein Schmankerl. Diese Serie gehört seit Jahrzehnten in das ZACK, ist aber halt nur für einen – nicht unwesentlichen – Teil der Leser*innen.
Dazu passen die 30
Years Pearl Jubilee Edition von Spirit
of Ska und ein winterlicher fruchtiger Likör!
Die besten Comics des Jahres, Abschiede und alles Übrige
Und wieder ist ein Jahr vergangen, sind alte Bekannte von
uns gegangen und haben andere ein Comeback erlebt. Ein persönlicher Rückblick
mit meinen Favoriten und meinen Gedanken!
Zunächst ein Dank an alle Leser*innen für die Treue im Laufe
des Jahres. Die Zahl der Abrufe hat sich verdoppelt, insofern trifft die Seite
zumindest den Nerv von einigen. Vielen Dank auch an die Verlage, die die
Berichterstattung mit Leseexemplaren oder PDFs, Interviews oder Bildmaterial
unterstützen! Natürlich bespreche ich eher Titel, die mir gefallen oder
interessant klingen. Ich werde Kritik aber auf jeden Fall wie auch in der
Vergangenheit äußern und bleibe daher unabhängig.
Meine Wahl der besten Comics 2019
Reisende im Wind 8.1
Der Altmeister Bourgeon wollte es noch einmal wissen und hat seine Sage um die Freiheit um ein weiteres Kapitel ergänzt. Schauplatz ist das (nach-)revolutionäre Paris. Die Zeichnungen sind nicht mehr ganz so flüssig wie zu seinen Hochzeiten, die Charaktere aber immer noch gut getroffen und das Thema bleibt aktuell. Besonders lobend (und auch Begründung für den ersten Platz) ist die Veröffentlichungspolitik von Splitter: nicht nur die farbige Ausgabe fand den Weg in die Läden sondern auch eine vierteilige schwarz-weiße Magazinform, die neben den unkolorierten Seiten auch zusätzliche Informationen und Bildmaterial enthielt!
Batman – Catwoman – Das Hochzeitsalbum
Das Batmanuniversum hat in dem vergangenen Jahr viele Highlights erleben dürfen und ist somit erstmals seit Jahren wieder ein Ort für spannende Geschichten geworden. Neben dem kontroversen Joker-Film war dafür die Rückführung des Dunklen Ritters auf menschliche Tragödien ausschlaggebend. Das Black Label versammelt entsprechende Geschichten ohne Götter, Superkräfte oder Megaevents dafür aber mit den inneren Abgründen und persönlichen Albträumen! Die andere Seite war das romantische Intermezzo des Kapuzenträgers mit der Feline Fatale das kurz vor der Hochzeit dann doch ein Ende fand. Das Hochzeitsalbum fasst die wesentlichen Elemente in einer tollen Sonderausstattung zusammen.
Post/Heuvel – Meimoorden
Eric Heuvel ist ein bei uns in Deutschland viel zu unbekannter Vertreter der ligne claire und hat eine geniale Umsetzung eines Romans von Jacques Post abgeliefert. Rotterdam wird 1940 von den Deutschen besetzt. Während dieser aufregenden Tage werden auch alte Rechnungen beglichen und neue aufgemacht. Die deutsche Übersetzung erfolgt ab März im ZACK!
Conan der Cimmerier 5
Als Beispiel für das erstaunliche x-ste Leben des Barbaren sowohl in seiner Marvelinkarnation als vor allem aber in der europäischen Interpretation durch wechselnde Kreativteams soll dieser Band gelten! Es geht dabei nicht um Kämpfe muskelbepackter Helden, sondern um erstaunlich aktuelle Parallelen zu heutigen Ereignissen, innovativ umgesetzt und spannend präsentiert!
Pietersma/Wijtsma – Jelmer
Und noch ein Titel von unseren westlichen Nachbarn hat es in die Bestenliste geschafft: Jelmer nimmt an einem Kreuzzug teil und stellt sich zwangsläufig den Fragen ob Glaube und Gottesfürchtigkeit in einer Verbindung zu diesem Unterfangen steht!
Graphic Novels des Jahres
Ich habe ein wenig mit mir gerungen, ob ich Comics von Graphic
Novels separieren sollte. Im Endeffekt glaube ich aber, dass es thematisch und
stilistisch Sinn macht. Nicht, dass Comics keine Inhalte transportieren könnten
(siehe etwa Jelmer oder Reisende im Wind) aber der Fokus ist einerseits
Unterhaltung und andererseits irgendetwas anderes.
Le Hénanff – Wannsee
DIE Veröffentlichung des Jahres ist sicherlich die Umsetzung der Konferenz von Wannsee in eine graphische Erzählung. Unsagbaren Schrecken, unsagbare Grausamkeit und unzweifelhafte Effizienz in Worte und Bilder zu fassen ist schwierig und sicher auch nicht widerspruchslos. Hier gelingt es aber eindrucksvoll!
Schwarwel – Gevatter
Auch das Thema „Tod“ ist ein wenig sperrig und bietet sich nicht unbedingt als Massenkompatibel an. Schwarwel versucht trotzdem, sich damit auseinanderzusetzen, Unsagbares in das Gespräch zu holen, Ängste zu thematisieren und Alternativen aufzuzeigen!
Mikolajczak/Möller – die spinne
Wie schwierig die Abgrenzung zwischen Comic und Graphic Novel ist, beweist dieser Titel: die spinne ist ein Thriller, ein Film noir, eine Abrechnung mit provinziellem Rassismus, eine Beschreibung unterdrückter Sexualität und zudem noch spannend! Zurecht ein toller Erfolg für die vorher nicht so wirklich bekannten Künstler!
Christin/Aymond – Ost-West
Die Biographie eines Szenaristen kann natürlich nichts anderes sein als ein Szenario. Dieser Band beschreibt das Leben eines der besten „Texter“ und wird von einem langjährigen Gefährten umgesetzt. Natürlich hilft es, ein spannendes Leben gehabt zu haben und ein Publikum, das wissen möchte, wie bestimmte Ideen zustande gekommen sind… Lesenswert!
Comeback des Jahres
Der All Verlag hat zwei klassischen ZACK-Helden eine mustergültige Gesamtausgabe in einzelnen Hardcover spendiert: Luc Orient und Bruno Brazil sind also wieder da, letzterer sogar auch mit neuen Abenteuern. Die Gesamtausgabenwelle ist zwar im Verebben, es erscheinen aber immer noch Schätze die es Sammler*innen erlauben, Jugendträume erneut (und qualitativ auf einem vieeel höheren Niveau) zu durchleben.
Magazine
ZACK
Platz eins geht in diesem Jahr an DAS deutsche Comic-Magazin. Das ZACK hat gerade sein zwanzig-jähriges Jubiläum gefeiert und bietet immer noch eine spannende Mischung aus runderneuerten alten Helden (wie Michel Vaillant, Rick Master oder Bob Morane), neuen Serien wie die Bank, Rhonda oder Harmony oder Experimenten wie Giant! Unbedingt empfehlenswert!
Reddition
Platz zwei geht an die Reddition die mittlerweile siebzigmal ein Heft einem oder höchstens zwei Themen gewidmet hat und so für vertiefte Information sorgt. Immer lesbar, immer gut und sinnvoll illustriert und immer spannend!
Strip Glossy
Quasi in der Mitte steht die Strip Glossy: einerseits randvoll mit Comics, andererseits voll mit Informationen, Interviews und Bewertungen! Die Strip Glossy ist unverzichtbar für alle, die im Bereich niederländischer Comics und Künstler*innen auf dem Laufenden bleiben wollen!
Sekundärliteratur
Der Zweite Weltkrieg im Comic
Der Titel des Jahres ist der Katalog zu der Ausstellung im Dortmunder schauraum: comic + cartoon „Nimm das, Adolf!“. Alexander Braun seziert die Comics aus dem amerikanischen Raum und ihrer Darstellung des Krieges vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg, die noch heute wirksamen Auswirkungen in Deutschland, den Konflikt in Belgien zwischen dem sich anpassenden Hergé und dem auf Konfrontation und Widerstand setzenden Spirou und wirft einen Blick auf die 68er-Rezeption! Nur erhältlich im Schauraum!
Hugo Pratt – Warten auf Corto
Platz 2 geht an die autobiographischen Gesprächsnotizen von Hugo Pratt die erstmals auf Deutsch erschienen sind! Wer auch immer Fragen zu diesem Thema hat, hier sind Informationen zu finden!
CAMP 3
Platz 3 geht ebenfalls an die Edition Alfons: Das Magazin CAMP widmet sich der Trivialkultur, ist eher ein Buch im Din-A4-Format und springt von Taschenbuchcovern über die Frage des Anteils von Bob Finger an der Figur Batman zu der Form von Weltraumraketen. Genau diese Mischung verspricht kurzweilige Aufnahme nutzlosen Wissens und damit genau das, was wir alle so lieben, oder?
Verabschieden mussten wir uns neben anderen von Tome, d. i. Phillipe Vandevelde. Der sympathische Szenarist verstarb am 5.
Oktober. Er war im Hause Dupuis für viele Serien verantwortlich, am
bekanntesten bei uns wohl mit Der Kleine
Spirou und Soda – R.I.P.
Noch eine Bemerkung in eigener Sache: Der Klassiker des
Monats nimmt mehr Zeit in Anspruch als ich aktuell habe! Ich möchte aber nicht
ganz damit aufhören und ändere den Titel deswegen in Klassiker des Quartals.
Viermal wird es also auch in 2020 die Vorstellung eines Titels geben, der neben
dem Fokus auf die Neuerscheinungen eines Hinweises würdig erscheint! Schreibt
mir eure Wünsche so vorhanden!
Zum Schluss wünsche ich Euch ein tolles, erfolgreiches neues Jahr!
Der Meister der Aquarelle ist wieder da! Nachdem zunächst
die jüngere französische Geschichte den Hintergrund für zwei Geschichten
geliefert hatte, dann die „Besiedlung der amerikanischen Ostküste“ im Kampf mit
den Indianern den Stoff für vier weitere grandiose Werke gelegt hatte, zieht es
Patrick Prugne jetzt noch weiter in
die Welt hinaus: Das aktuelle Werk spielt im Südpazifik, im Juni 1788.
Der Hintergrund
Drei Jahre zuvor hatten zwei Fregatten den Hafen von Brest verlassen um mit 200 Mann an Bord naturkundliche Forschungen zu betreiben und Pflanzen, Insekten, Gewürze und andere Schätze einzusammeln, Küstenlinien zu beschreiben und Architektur und Landschaft bildlich festzuhalten. Das Zeitalter der Aufklärung ermöglichte den Wissensgewinn als Begründung für solch ein Unterfangen und versprach ihren Teilnehmern Ruhm und Anerkennung im Falle eines glücklichen Ausgangs.
Dieser allerdings war nicht immer zu erwarten und auch diese
beiden Schiffe gerieten in einen schweren Sturm, wahrscheinlich in der Nähe der
Insel Vanikoro. Und hier setzt die
Geschichte des Erzählers Prugne ein,
der wie gewohnt gekonnt Fakten und Fiktion zu einer spannenden Story vermengt.
Vieles über die Expedition ist verbürgt, auch die beschriebenen Akteure haben
tatsächlich gelebt. Über ihr Schicksal in und nach dem Sturm gibt es aber nur anthropologische
Hinweise.
Bei schwerer See zerbricht zunächst eine der beiden Fregatten und nur sehr wenige Überlebende können sich auch eine nahe Insel retten. Nicht alle überleben dort allerdings, denn die Insel ist keineswegs unbewohnt. Das andere Schiff kann sich schwer beschädigt der Insel nähern und ermöglicht es fast der gesamten Besatzung überzusetzen und das Schiff auszuschlachten. Ziel dieser Gruppe ist der Bau eines seetüchtigen Fahrzeugs, das sie in die Nähe der Schifffahrtsrouten bringen soll.
Im weiteren Verlauf der Geschichte sehen wir Überfälle,
Piraten, die von einem Schiff am Horizont ausgelöste Hoffnung, die Unbillen der
Natur und erfahren auch etwas über den religiösen Hintergrund der Bewohner des Eilands.
Prugne lässt also kein Versatzstück
für eine Schiffbrüchigengeschichte aus und verwebt die bekannten Bestandteile
auf angenehme, spannende Weise.
Die Umsetzung
Wer schon einmal etwas von Prugne in Händen gehabt hat, wird seinen Stil immer wieder
erkennen. Seine Darstellung der wilden Natur ist perfekt; jedes Blatt hat
seinen genau richtigen Platz in der Komposition und die Tier- und Menschenwelt
findet sich entweder ein oder wirkt im Falle der Europäer wie ein
unverständlicher Fremdkörper. Ihnen gesteht Prugne
aber eine Entwicklung zu: Einige werden im Laufe der Zeit assimiliert, andere
bleiben fremd.
Auch seine Kunst in der Darstellung von Uniformen, sowohl geputzt als auch derangiert findet sich in dieser Geschichte vom anderen ende der Welt wieder und erlaubt herrliche Kontraste zwischen den „Offiziellen“ und den einfachen Matrosen.
Die Landschaften laden einerseits zum Träumen ein und
könnten das gemalte Abbild eines Reisekataloges mit Traumzielen sein,
andererseits sind sie aber auch voll mit gefährlichen Stellen, giftigen Tieren
und Pflanzen und dienen zudem als Versteck für feindliche Krieger. Diese Ambivalenz
in der Schönheit ist meines Erachtens schon für sich ein Grund, Prugne zu genießen!
Wer von den Bildern, die es in den Comic geschafft haben, noch nicht genug hat, sollte einen Blick in den Anhang werfen! Hier gibt es neben Skizzen und ganzseitigen Illustrationen auch noch ein wenig Wissen über die Theorien um das „wahre“ Schicksal der Schiffe und ihrer Besatzungen.
Wie immer eine runde Sache in der Präsentation und nebenbei
bemerkt eines der Highlights der diesjährigen Produktion! 5 Sterne!
Dazu passen ein oder zwei India Pale Ale mit ihrem frischem
zitronigem Geschmack nach Hopfen und eine Mischung aus traditioneller und
moderner Musik, etwa von The Brothers
Cazimero.
Ein neuer Comic über die Kreuzzüge? Mit Blut und Schwert gegen die Ungläubigen und Hau-Drauf?
Der Inhalt
Nein, Jelmer ist anders! Eigentlich möchte der Held der Abenteuer gar nicht in den Krieg ziehen, sondern in seinem Friesland für den Unterhalt seiner Familie sorgen. Doch es kommt anders und so sticht eine große Gruppe Friesen in See um für die Befreiung Jerusalems zu streiten.
In verschiedenen Rückblicken wird diese Fahrt geschildert
und auch gezeigt, wie willkommen die Pilger für alle Beutelschneider und
Taugenichtse waren. Schließlich hat der Tross 1218 Damiste, eine Stadt in
Ägypten, erreicht. Die Stadt blockiert durch eine zwischen ihren Stadtmauern
und einem auf einer kleinen Insel in der Mündung gebauten Turm gespannte Eisenkette
die einfahrt in den Fluss und damit den Zugriff auf das Hinterland.
Damiste scheint zunächst einmal uneinnehmbar doch Jelmer scheint vom Herrn ausgewählt und sein Freund und Begleiter ist ein innovativer Baumeister. Werden die beiden das Blatt wenden können? In einem parallelen Strang fragt sich Jelmer immer intensiver, ob seine Vorstellung von religiösen Pilgern, die die Heilige Stadt demütig befreien werden, und die Wirklichkeit zueinander passen.
Das Szenario stammt von Josse
Pietersma, der im Anhang auch näher vorgestellt wird. Eigentlich hatte Josse Geschichte studiert und war damit
weit weg von Comics. Es ergab sich aber ein Erkenntnisgewinn, dass über dieses
Medium Inhalte gut vermittelbar sind. Dem verdanken wir nun diese Serie, die
natürlich eine fiktive Geschichte erzählt, sich dabei aber immer en g an
bekannte Fakten hält.
Das Artwork
Roetof Wijtsma ist
schon etwas bekannter, läuft sein Fußball-Strip über Roel Dijkstra doch schon etwas länger. Hier darf er zeigen, dass er
auch die Vergangenheit darstellen kann: Farbpalette, Dekors, Gebäude, Kleidung
und Frisuren bedürfen einer großen Recherche, wenn sie glaubhaft sein wollen
und dürfen doch nicht steif und lehrbuchartig daherkommen.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen: die Mischung aus realistischem Hintergrund und leicht überzeichneten Gesichtern in der Nahaufnahme passt gut zueinander und nimmt uns als Leser*innen von Anfang an mit. Die Sorgen der zurückbleibenden Familien drücken sich genauso glaubhaft aus wie die Horden von Geschäftemachern vor den Sehenswürdigkeiten der Pilgerfahrt und der Luxus der Priester in ihren Zelten!
In Jelmer stehen
nicht die heldenhaften Ritter in ihren Schlachten im Vordergrund, sondern die Mitglieder
des einfachen, gutgläubigen Fußvolks, das zu Tausenden geopfert wurde.
Da der zweite Band schon für Oktober kommenden Jahres
angekündigt ist, würde sich auch eine Übersetzung in das Deutsche anbieten. Natürlich
gibt es einen Bezug zu den niederländischen Friesen, das sollte aber kein Hindernis
darstellen.
Dazu passen ein Abteibier (Karmeliet) eurer Wahl und The Templars aus NYC.
In der Klassiker-Reihe gibt es heute exemplarisch eine
doppelte Klassikereigenschaft zu würdigen:
Wie schon erwähnt hat das MOSAIK in diesem Jahr seine
750-ste Ausgabe feiern können. 1955 war die erste Ausgabe mit den Abenteuern
von Dig,
Dag
und Digedag
erschienen und die von Hannes Hegen
erfundenen Helden wurden fortan über 20 Jahre von einem Kollektiv getextet und
gezeichnet bis es zum Bruch mit Hegen
und schließlich zu den Abrafaxen als
neuen Stars des MOSAIK kam. Schon ab der Nummer 13 gab es das Konzept, mehrere
Hefte zu einer Serie zusammenzufassen, und ab den 80-er Jahren wurden die als
Heft schnell vergriffenen Hefte in Sammelbänden nachgedruckt. Das alleine
begründet schon eine Klassifizierung als „Klassiker“!
Die Sammelbände der MOSAIK-Ausgaben von Hannes Hegen sind auch heute noch in der Version des Tessloff-Verlages lieferbar. Die hier exemplarisch besprochene Ausgabe der „Digedags in Amerika“ aus dem Jahr 1989 stammt aber auch in der 7. Auflage noch vom Verlag Junge Welt Berlin/DDR. Es handelt sich dabei um eine großformatige Sonderausgabe, die so nicht fortgesetzt wurde. Hinweis: Die Sammelbände der Abrafaxe-MOSAIK erscheinen wie auch die aktuellen Hefte im Mosaik Steinchen für Steinchen-Verlag. Dort erschien auch ein Poster mit allen Mosaik-Covern und Serienzuordnungen der Hefte.
Ein kurzer Rückblick
Das Ende der deutschen Teilung hat sich jetzt gerade das dreißigste Mal gejährt und fast die gesamte arbeitende deutsche Bevölkerung hat mittlerweile länger nach als vor der Maueröffnung gelebt. Auch 1989 hatte zunächst zwei völlig getrennte deutsche Staaten gesehen. Die dann folgenden Ereignisse in der Deutschen Botschaft, der Maueröffnung und schließlich der Vereinigung sind wohl bekannt.
Im Westen hatte die Regierung Kohl die geistig-moralische
Wende über das Land gebracht, die Neue Deutsche Welle und andere Subkulturen
waren verebbt, das Niveau des deutschen Fernsehens erheblich gesunken aber
Comics hatten es geschafft, nicht mehr als Schmutz und Schund diffamiert zu
werden.
Im Osten dagegen waren Subkulturen zwar klein, aber
lebendig, der Frust der Bevölkerung wurde immer größer und der Mut, diesen zu
zeigen, auch. Selbst wenn die Abschottung gegenüber kapitalistischer und
imperialistischer Kultur nicht mehr so explizit wir früher war (das Jugendradio
DT 64 war z.B. trotz meiner „West-Jugend“ der bevorzugte Musiksender), waren
westliche Comics doch Mangelware. Das MOSAIK war ein dagegen ein vielgelesenes
und qualitativ hochwertiges Eigenprodukt und hat zurecht bis heute überlebt.
Es hatte zu Beginn auf Sprechblasen gesetzt, diese aber nach kurzer Zeit doch wieder durch Texte unter den Bildern ersetzt. Ob der Grund tatsächlich die ungestörte Bilddarstellung war oder doch die vermutete höhere Wertigkeit von Bildergeschichten gegenüber Comics darf sicherlich bezweifelt werden. Die aktuellen ausgaben sind schon seit langem wieder mit Sprechblasen versehen.
Der Inhalt
Insgesamt umfasst die Amerika-Serie die Hefte 152 bis 211
und bildet den vorletzten Zyklus der drei Kobolde. Das erste Heft erschien
1969, also fast zeitgleich mit der westlichen Jugendrevolte gegen Vietnamkrieg,
Rassismus und für freie Liebe. Von solchen Entwicklungen sind die Digedags
natürlich nicht betroffen, spielt ihre Geschichte doch im Jahr 1860. Trotzdem
passen sie in die Zeit, denn das während der Verwicklungen gefundene Gold soll
zur Befreiung der schwarzen Sklaven genutzt werden.
Die Zeitreise führt die drei Helden nach New Orleans wo sie es
schaffen, als Zeitungsreporter eingestellt zu werden. Schon damals nahm man es
mit der Wahrheit nicht so genau und so werden Meldungen „größer“ als bei der Konkurrenz
um Leser*innen zu gewinnen. Im Endeffekt führt das zu einer Wettfahrt zweier
Flussschiffer um 10.000 Dollar. Dabei ist die eine Seite klapperig, aber
herzensgut, die andere blinkend und fies.
Eingeführt wird auch der junge Ben, ein Sklave, der ein über Bord geworfenes Banjo an sich nimmt und in einer wilden Jagd fliehen muss. Szenen wie diese machen den Reiz der Serie aus, denn obwohl heutigem Tempo vielleicht nicht mehr entsprechend entwickeln sie eine Dynamik, die mit anderen Mitteln geschaffen wird als im frankobelgisch oder gar westdeutsch/Kauka geprägtem Gegenstück.
Die Abenteuer der Digedags sind ein Teil der Deutschen
Kulturgeschichte und gehören somit zu mindestens exemplarisch in jede Sammlung.
Sie erlebten Abenteuer zu einer anderen Zeit, vor allem aber in Regionen, die
von den Bewohner*innen der DDR nicht besucht werden durften und erlaubten somit
eine kleine Freiheit. Natürlich sind die Texte nicht frei von Agitation,
triefen aber auch nicht davon. So sind die mitgelieferten geschichtlichen
Informationen kompatibel mit denen aus einem westdeutschen Geschichtsunterricht
in der Schule, die unterschwellige Interpretation vielleicht nicht immer.
Bildlich wirkt die klassische Form des Textes außerhalb des
Bildes etwas altbacken, die Zeichnungen können sich qualitativ aber durchaus
mit ihren westdeutschen Pendants messen!
Die besprochene Ausgabe wird durchaus von Zeit zu Zeit
angeboten und sollte um 10 bis 15 Euro kosten.
Dazu passen selbstgemachte Zitronenlimonade und der Auftritt
von Bruce Springsteen, Arlo Gurthrie
& Joe Ely mit Oklahoma Hills.
Und noch eine neue Serie mit dem Barbaren aus Cimmerien, der
alles war und scheinbar auch noch einige Zeit alles sein wird. Erdacht Anfang
der 1930-er Jahre für ein amerikanisches Pulp-Magazin brachte es der raue Krieger
schnell auf etwas über 20 Geschichten. Dann beging sein Autor Selbstmord und es
wurde ruhig. Zu Beginn der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts wurde der
Krieger wieder entdeckt; Filme, TV-Auftritte, neue Bücher und Comic-Adaptionen
kamen in großer Zahl auf den Markt und wieder wurde es ruhig um den Helden als
ob er eine Pause zur Regeneration gebraucht hätte.
Nun geht es wieder Schlag auf Schlag mit den europäischen Adaptionen von Originalen aus der Feder Robert E. Howards, der im letzten Monat auf Deutsch neu gestarteten Serie Conan der Barbar und den noch kommenden Specials unter dem Titel Age of Conan sowie dem traditionsreichen Titel Savage Sword of Conan.
Die Geschichte
Der Reihentitel deutet es schon an; hier geht es um grausame, wilde Schlachten. Die diplomatischen Fähigkeiten werden im Zweifel eher andernorts beschrieben…
Während einer Schifffahrt überlebt Conan als einziger seiner Besatzung und wird von einem Freibeuter an Bord genommen. Sollte er überleben und daher an Land verkaufsfähig sein, wird einem anderen Gefangenen eine Belohnung versprochen. Tatsächlich päppelt der Sklave Conan wieder auf der jedoch keinesfalls bereit ist, verkauft zu werden und so singt das Schwert erstmalig. Dabei nimmt Conan ein kleines Schatzkästchen an sich. Die beiden Gefährten wider Willen schaffen es an Land und geraten dort schnell in einen Dungeon. Der Schatz in Conans Besitz scheint für einen bösen Zauberer sehr wichtig zu sein (Ja, natürlich geht es um Weltherrschaftspläne. Insofern ähneln sich James Bond und Conan mehr als vielen bewusst ist und auch der Wert der technischen Gadgets für den Ablauf ist gar nicht so unterschiedlich) und so kommt es zu vielen weiteren Situationen wo das Schwert und sein Kämpfer zeigen müssen, was sie so drauf haben.
Um eine Conan-Story „richtig“ zu machen gehören natürlich noch weitere Ingredienzien dazu: eine schöne Frau, gerne etwas undurchsichtig und mindestens halb-böse, sowie böse Magie. Beides kommt natürlich auch im Kult von Koga Thun nicht zu kurz!
Die Umsetzung
Marvel hat diese klassische Reihe 2019 erneut auf den Markt geworfen und Panini bringt die Stories jeweils in Sammelbänden heraus. Dieser erste Band umfasst die ersten fünf Hefte und wie gewohnt auch ein paar Abbildungen der regulären und Variant-Cover.
Gerry Duggan ist
kein Unbekannter; unter anderem hat er sich als Autor von Deadpool verdient
gemacht und er nutzt die Möglichkeit einer langen Storyline geschickt aus. Die Cliffhanger
sind groß genug für das monatliche Publikum und gering genug für die
Leser*innen des Paperbacks, die Geschichte kann sich über mehrere Orte langsam
entfalten und hat somit genügend Details, die bei 22 Seiten natürlich wegfallen
würden. Sie ist aber auch nicht zu lang.
Auch Ron Garney hat schon viele amerikanische Comics gezeichnet und sich auch schon als Kostümdesigner im Filmbereich verdingt. Sein Conan hat eine wenig zu viele Muskeln, sieht aber auch nicht aus wie ein künstlich aufgepumpter Berg. Die Bewegungsabläufe der Kämpfe, die Visionen und die gedrückte Atmosphäre im Dungeon gelingen ihm gut und auch der Seitenaufbau ist sehr flexibel.
Insgesamt also ein gelungener Start der neuen Reihe mit (in diesem Setting) glaubwürdiger Story, würdigen Gegnern und guten Artwork. Hübsch ist im Übrigen auch der Buchrücken mit dem Schwert als Rahmen für die Bandzählung! Gut ebenfalls, dass alle aktuellen Marvel-Reihen von außen im Regal gleich aus sehen.
Dazu passen eine Dose Faxe Danish Extra Strong und wütender Garagebeat von The Courettes, ebenfalls aus Dänemark!
Die französischen Kampfpiloten Mick Tanguy & Ernest Laverdure, Urgesteine des ZACK schon aus der Koralle-Ära, kehren mit den Sanddiamanten zurück. Es war schon immer ein Feature der Serie, aktuelle Inhalte aufzunehmen und so schicken Patrice Buendia und Frédéric Zumbiehl ihre von Sébastien Phillippe gezeichneten Helden in den Nahen Osten. Dort droht ein Krieg zwischen dem mit Frankreich verbündeten Dahman, parlamentarisch und relativ offen, und seinem Nachbarn Nijaq, einem Gottestaat. Aktueller kann ein Comic für technikbegeisterte Jungs wohl kaum sein und wir dürfen gespannt sein, wie die Integration der Politik gelingt. Der erste Teil lässt auf jeden Fall hoffen!
Die Fortsetzungen
Harmony geht mit Indigo fast schon in die Schlussrunde: Einerseits hat der militärische Drill dazu geführt, dass die Kinder ihre Fähigkeiten weiterentwickelt haben, er führt aber auch zu einer zunehmenden Konfrontation zwischen den Mutanten und ihren Bewachern. Es kommt sogar zu einem Aufstand!
Christopher Dantes
erzwingt die Konfrontation mit den Entführern seiner Tochter und muss dabei
einen herben Verlust erleiden. DerletzteAkt reduziert seine Mitstreiter weiter, bringt aber auch endlich –
zumindest für die Leser*innen – erste Anflüge von Klarheit in die vertrackte
Geschichte. Guter Thrillerplot von Boisserie
und Guillaume, routiniert umgesetzt
von Juszezak.
Die Serie Cassio
wechselt zwischen der Jetztzeit und der Vergangenheit hin und her. Der Titelheld
ist quasi unsterblich und im Konflikt mit seinem Halbbruder. Das Reich der Erinnerungen erlaubt auch
den Leser*innen die Teilhabe an den vergangenen Versuchen, den Konflikt zu
beenden. Alles läuft auf das große Finale hinaus, das noch zwei Teile entfernt
ist.
Die Erlebnisse von Michel Vaillant in Macau enden dagegen in diesem Heft. Werden Michel und Evelyne den Mordanschlägen entgehen können und das Material zur Aufdeckung des Betruges von Ethan Dasz übergeben können? Wird Steve Warson tatsächlich seine politische Karriere starten? Und außerdem gibt es ja auch noch das laufende F3-Rennen. Gelungenes Ende nicht nur dieses Bandes, sondern auch eines längeren Handlungsstranges.
Und sonst so?
Als redaktionelle Beiträge gibt es in dieser Ausgabe neben
einer Vorstellung der Serie Die Katze des
Rabbiners von Joann Sfar ein
Interview mit Jean-Claude Mézières.
Über Pierre Christin ist in der letzten
Zeit viel veröffentlicht worden und so ist der Zeichner der gemeinsamen Serie
Valerian & Veronique fast ein wenig untergegangen. Thomas Dräger beleuchtet mit seinen Fragen das gemeinsame Werk der
Beiden.
Dazu kommen die üblichen One-Pager Parker & Badger, der Vater der Sterne und Tizombi aber auch die erste Kurzgeschichte aus dem Rhonda-Universum von VanO: Das Mädchen aus Papier wirft einen genial schrägen Blick auf die Comicproduktion und geizt nicht mit Anspielungen auf die (nicht nur niederländische) Szene. Genial, lustig und ein unangekündigter Knaller!
Dazu passen The
Slackers und in Anbetracht der vielen bewegten Fahrzeuge in diesem Heft ein
Nojito.
Der Oktober bringt kurz nach der Jubiläumsausgabe im Mai eine Premiere: Zum ersten Mal überhaupt erleben die Abrafaxe ihre Abenteuer in der Jetztzeit! Manche Themen sind zu wichtig um erst in einigen Jahrhunderten in einer Rückschau betrachtet zu werden und genau darum geht es in dem in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft entstandenen Sonder-MOSAIK!
Keine einfache Lösung in Sicht
Wo kommt die Schokolade für den leckeren Kakao eigentlich her? Wie wird sie geerntet und wer verdient daran? Wie sieht es mit Kinder- oder Sklavenarbeit aus und gibt es nachhaltige Produktionen? Wenn ja, kann ich diese erkennen? Fragen über Fragen die in der Schokoladen-Expedition auf leicht verständliche Weise beantwortet werden.
Und da es heute auch andere Möglichkeiten als das Lesen eines langen trockenen Artikels gibt, ist das Ganze als typische Reisegeschichte mit den drei Abrafaxen aufbereitet worden. Der einzige Unterschied: sie spielt heute und zeigt daher auch allen Leser*innen auf, was man selbst ganz konkret sofort umsetzen kann. Dazu gibt es wie gewohnt lehrreiche und wissenswerte Details, Rezepte und Tricks. Wer es im Handel tatsächlich nicht mehr bekommen hat findet es auf der Seite des Ministeriums unter Publikationen.
Aber: Auch leicht verständlich bedeutet nicht einfach! Die Probleme sind viel zu weitgehend um einfach gelöst zu werden! Trotzdem muss man nicht zu Zusehen, sondern kann selbst anfangen, etwas zu tun.
Das Hanseabenteuer geht weiter
Auch die reguläre Ausgabe hat es in sich: In Piratengold treffen endlich die vier Schatzerben aufeinander! Wirklich? Nein, aber die vier Botschaften aller Schatzerben sind erstmals vereint und die Expedition zum daraus abgeleiteten Versteck verlässt den Hafen. Abrax und Califax treffen sich nach langer Zeit der Trennung endlich wieder und Herr Lüneborg spinnt weiter seine Fäden um seinen Reichtum zu mehren. Geht er dabei über Leichen? Der Mittelteil bringt wieder Wissenswertes aus der Zeit der Hanse und unterstützt das Thema des Heftes.
Rundum gelungene Mischung aus Spaß, Information und Bildung
und somit zurecht gefördert von der Stiftung Lesen!
Dazu passen Apfelsaft (selbst gesammelt?) und passend
zum Thema Knut Kiesewetter „Leeder vun
mien Fresenhof“.
Eigentlich ist es schade, dass die vorbildliche Integralausgabe der Abenteuer der ersten Menschen vor 100.000 Jahren mit diesem fünften Band ihren Abschluss findet! Edouard Aidans hat über 40 Jahre lang Teile dieser Serie geschrieben und gezeichnet und so mit ihr die glorreiche Zeit in Tintin, für das ZACK, aber auch die Direktveröffentlichung im Album, zuletzt bei Joker bereichert. Jetzt liegt die gute bis grandiose Serie erstmals komplett auf Deutsch vor. Und sie ist definitiv nicht nur für die Generation ZACK zu empfehlen!
Der Inhalt
Der letzte Band enthält die im Abstand von jeweils 10 Jahren erschienenen Alben 15 bis 17 sowie einen großen Bonusteil. Den Beginn macht aber wie gehabt Volker Hamann, der die Rückkehr Aidans zu Tintin sowie seinen Ausflug zu Andy Morgan beschreibt. In diesem Beitrag finden auch zwei spezielle Seiten aus Tintin ihren Platz: eine von Aidans gezeichnete Hommage an Rick Master und in deutscher Erstveröffentlichung eine Seite, die Leser*innen an die Vielfalt in Tintin heranführen sollte und innerhalb einer SF-Rahmenhandlung die einzelnen Serien (hier natürlich Tunga) vorstellte. Alle fünf redaktionellen Beiträge zusammen geben einen sehr guten Überblick nicht nur über Zeichner und Serie sondern auch die sich verändernden Rahmenbedingungen für Comics im Europa der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts!
Gesetze und Blutsbündnisse von 1984 zeigt einmal mehr, wie weit sich Aidans bereits vom reinen Abenteuer weg entwickelt hatte. Ohama, Tungas langjährige Gefährtin, war vor langer Zeit von dem Stamm der Ghmour aufgenommen worden. Nun ist sie eifersüchtig auf die neuen Frauen im Stamm, Ulcha und Ilcha (vgl. Band 4), die sich als Kämpferinnen profilieren. Viel schlimmer ist allerdings, dass ihr Bruder mit weiteren Angehörigen seines Stammes kommt um sie abzuholen. Nach seinen Stammesregeln zähle die Verbindung mit Tunga nicht, ein brutaler und skrupelloser Krieger hätte ein Recht auf sie. Natürlich opfert sich Ohama um Blutvergießen zu vermeiden und genauso natürlich versucht Tunga, sie zu befreien. Eine sehr kurzweilige und spannende Geschichte mit mehreren Ebenen. Die Zeichnungen bieten zum Teil filmische Sequenzen in grandioser Qualität, etwa wenn die Männer sich den Ghmour nähern. Zu erwähnen wäre noch ergänzend zu den bibliographischen Angaben im Integral, dass diese Geschichte in Deutschland im Mosaik-ZACK 113 bis 115 unter dem Titel Gesetz und Blut veröffentlicht worden ist.
Der Tod des Riesen von 1995 führt einerseits den Subplot um Nooun weiter, der als Auserwählter Kontakt zu Weisen hat. Diese versorgen ihn mit Wissen, das zu damaliger Zeit wahrscheinlich nicht vorhanden war, und bildeten schon immer eine Art zusätzliches SF Motiv in der Reihe. In dieser Folge wird aber der bisherige Rahmen der Serie verlassen (oder erweitert), denn die Held*innen begegnen einem Raumschiff mit menschlichen Wesen (und teilweise auch mit menschlichen Trieben). Der Erstkontakt hat, wenn er aus der Sicht der überforderten Steinzeitbewohner*innen geschildert wird, einen gewissen Charme. Der inhaltliche Schwenk ist zudem eingebettet in ein klassisches Setting mit einem Streit zwischen zwei weiteren Völkern in den die Gefährt*innen hineingezogen werden.
Auch die grafische Umsetzung ändert sich mit dieser
Geschichte und modernere Techniken und Möglichkeiten halten ihren Einzug in das
Repertoire des Künstlers. Zeichnerisch ändern sich vor allem die Figuren: Waren
anfangs die Münder nicht immer geöffnet, die Lippen schmal und die
Gesichtsfarbe eher einheitlich, zeigt sich in den neueren Arbeiten, dass Aidans
zwischenzeitlich an einer erotisch angehauchten Gag-Reihe gearbeitet hat: Die
Münder sind immer offen, die Lippen voll und farblich akzentuiert und das
Gesicht Ohamas sieht aus wie geschminkt, was durch das bessere Papier erst
möglich geworden ist! Zudem tauchen auch auf immer mehr Einzelbildern ihre
Brüste auf und ihre Bekleidung wird unpraktischer („Ohama möchte Tunga gefallen
und ihn überraschen“).
2004 erschien dann der endgültig letzte Teil, passenderweise mit Das letzte Ufer betitelt. Wieder werden die drei Hauptpersonen samt dem Säbelzahntiger in eine fremde und feindliche Umgebung geworfen. Sie könnte direkt den Pulps der 30-er Jahre entsprechen: eine einsame Insel, Dinosaurier und verschiedene feindliche Stämme von Ureinwohnern. Dazu kommt allerdings wie auch schon in dem vorherigen Band ein SF-Element in Form von weiterentwickelten Lebewesen. Stünde die Story alleine, wäre sie nicht schlechter als ähnliche und würde eine Verfilmung a la Jurassic Park sicherlich erwarten. Im Zusammenhang der 40-jährigen Geschichte von Tunga, Ohama und Nooun fallen die letzten beiden Geschichten allerdings etwas aus der Reihe. Dies liegt nicht an den nicht wirklich dazugehörenden Dinos, die es auch früher schon zu Auftritten gebracht haben, sondern vor allem an den eigentlich gar nicht notwendigen Gastspielen der Weiterentwickelten Wesen. Soviel Däniken muss gar nicht sein.
Zeichnerisch hat sich Aidans
mit diesem letzten Teil noch einmal modernisiert. Die Bilder sind einfacher
konstruiert und wirken zumindest mit ihren Hintergründen wie aus den Frühzeiten
der digitalen Gestaltung. Trotzdem aber immer noch ein Hochgenuss und besser
als so manch amerikanische Kost!
Bonus
Die letzten Seiten werden gefüllt mit Skizzen und Vorzeichnungen für die Figuren oder die Tierwelt. Dabei handelt es sich teilweise um Bleistift-/Kohlezeichnungen, es sind aber auch kolorierte Bilder dabei. Sie helfen, das Bild des Künstlers abzurunden und leisten somit ihren Beitrag zu einer rund herum empfehlenswerten Integralausgabe. Kult Comics hat in diesem Bereich mit den editoriellen Beiträgen, den Informationen zu den bisherigen Veröffentlichungen, den Comics und Texten selbst aber auch mit den zusätzlichen Abbildungen sicherlich Standards gesetzt.
Nicht verschwiegen werden soll natürlich die limitierte Vorzugsausgabe,
die wieder mit einem Alternativcover daherkommt und ein signiertes Ex Libris
enthält.
Dazu passen ein stark gehopftes Bier eurer Wahl und Musik
von The Dead South!
Nun ist der glorreiche Conan also auch wieder in seinen angestammten Gefilden bei Marvel unterwegs, bei Crom! Und dabei hat sich das Haus de Ideen wohl gedacht, dass klotzen allemal besser sei als kleckern. Wir dürfen also einiges erwarten in den nächsten Wochen und Monaten denn Panini Deutschland wird alle neuen Serien auch bei uns herausbringen. Zudem dürfen wir ja auch schon die Geschichten um Conan, den Cimmerier von europäischen Teams (Deutsch bei Splitter) genießen.
Die Frage
Zeit also für die Frage, warum der Held der amerikanischen Pulps aus den Anfängen der 30-er Jahre des letzten Jahrhunderts plötzlich so eine Renaissance erlebt? Der Barbar ist zunächst einmal jemand, der Probleme löst. Er zögert nicht, lässt seine Erfahrung aus hunderten von gewonnenen Kämpfen in seine Überlegungen einfließen und baut auf seine Körperkraft. Ja, er ist auch ein Menschenkenner und hat so manchen Verrat aber auch Freundschaft und Kameradschaft erfahren und ist furchtlos auch gegenüber dem Übersinnlichen, ein echter Mann also.
Er bietet damit eine Projektionsfläche für eine kleine Flucht aus dem Alltag, der geprägt ist von Zukunftsangst, der Klimakrise, dem politischen Wahnsinn in Nahost, dem drohenden Handelskrieg und nicht zuletzt der Genderfrage, die tradierte Rollenbilder (zurecht!) über den Haufen geworfen hat. Der Populismus feiert Erfolge und die Gladiatorenspiele, die heutzutage Fußball genannt werden, sind von Skandalen geprägt und von Transaktionssummen, die die Vorstellungskraft des Durchschnittsbetrachters um ein Vielfaches übersteigen. Zeit also auch hier für einfache Lösungen?
So einfach ist es sicherlich nicht! Die Gattungen der
Superhelden und der Space Opera sind jetzt per se sicherlich auch nicht von
Tiefgang geprägt und die eine oder andere Diversifikation in Richtung
feministischer Heldinnen oder LGTB ist alles andere als Mainstream. Graphic Novels
haben ihren Hype hinter sich und es eben nicht geschafft, die Unterhaltung zu
verdrängen. Das ist allerdings auch nicht schlimm: Fluchtliteratur und ihre
Entsprechungen in Film und Musik hat es schon immer gegeben und Unterhaltung
soll vor allem eins: unterhalten! Damit bleibt die Frage, ob die neuen
Geschichten um Conan, den Barbaren genau das liefern?
Die Umsetzung
Der Sammelband enthält die ersten sechs Teile der übergreifenden Saga ‚Leben und Tod des Barbaren‘ von Jason Aaron. Die einzelnen Teile spielen in bekannten Gegenden und auch in bekannten Settings, fügen den Originalen aber neue Facetten hinzu. Die einzelnen Hefte sind dabei eher Mosaiksteinchen in einem Fight zwischen der Priesterin des Razazel und dem Barbaren. Besagter Dämon möchte die Welt wieder betreten, braucht dafür aber das Blut eines Helden, der dem Tod schon oft erfolgreich gegenübergestanden hat. Conan möchte sich allerdings keinesfalls opfern lassen, tötet seinerseits nun die Hexe und trifft sie und zwei kleine Kinder, die als Hilfstruppe dienen, immer wieder bei verschiedenen Gelegenheiten.
Grundsätzlich hat diese Geschichte alles, was eine Conanstory benötigt: Kampf, Suspense und ein wenig Horror sowie verschiedene Völker aus dem hyborischen Zeitalter. Durch die verbindende Rahmengeschichte kann sie sogar mehr Tiefe schöpfen als eine einzelne Geschichte es könnte und die einzelnen Versatzstücke etwa der Hexe, die sich von blonden Vamp zur grausamen Priesterin wandelt und später als schlecht zusammengebastelter Zombie weitermacht oder der beiden Kinder sind sehr treffend. Die Neuinszenierung ist also durchaus gelungen.
Allein: Verglichen mit den alten Sachen, etwa von John Buscema aber auch anderen, die in Deutschland von Panini unter dem Label Generation Comics veröffentlicht wurden, fehlt der letzte Kick! Vielleicht ist doch etwas zuviel Superheldenkrams in den Arbeiten von Mahmud Asrar verblieben. Gerardo Zaffino hat dagegen eine zwar sehr nervöse, aber sehr eigenständige und herausstechende Episode abgeliefert, die mit der aktuellen europäischen Reihe oder den Marvel-Vorgängern durchaus mithalten kann! Vielleicht stört mich auch einfach die Farbe…
Eins aber kann ich der Serie nicht absprechen: Sie liefert
pure Unterhaltung, ist abwechslungsreich und spannend. Sie hat keine
versteckten Themen im Gepäck und keine Anspielungen, sondern ist purer Pulp!
Wer das mag wird hier richtig liegen. Mal sehen, wie sich die anderen Titel Savage Sword of Conan und Age of Conan schlagen werden.
Natürlich liefert Panini auch in diesem Band wieder
Abbildungen von den verschiedensten Variantcovern und zusätzlich ein Interview
mit dem Hauptzeichner Mahmud Asrar.
Dazu passen ein leicht würziger Rotwein aus dem
Mittelmeerraum und Gwar!