Lady S – Shania Rivkas – war ursprünglich eine Idee von Jean Van Hamme. Sie vereinte verschiedene Rollen: Spionin, Geheimagentin, zur Mitarbeit gezwungenes Opfer, Femme Fatale und Söldnerin. Damit ist die Heldin viel mehr als eine weibliche James Bond, wird sie doch allzu oft zum Ausführen bestimmte Aufgaben gezwungen. Der erste Teil lief im Mosaik-ZACK, weitere Alben folgten in der ZACK-Edition, die Gesamtausgabe erscheint regelmäßig im All Verlag.
Zwischen allen Fronten
Eigentlich könnte für die Heldin alles ganz einfach sein. Sie erfährt, dass sie eine noch lebende Verwandte, eine Tante, in ihrer Heimat Estland hat und bricht dorthin auf, um sie im Krankenhaus zu besuchen. Kaum angekommen, betritt sie einen falschen Raum im Krankenhaus und ist mittendrin in einem Konflikt zwischen der NATO und Russland. Erstere haben eine neue Unterwasserdrohne entwickelt, letzteres Land will sie haben – Codename Vampiir ist eine spannende Geschichte mit starken Anlehnungen an aktuelle Politik. In Im Rachen des Tigers wollen Shania und ihre demente Tante Urlaub in Indonesien machen. Dabei sind nicht nur die Schwierigkeiten, die durch das krankhafte Verhalten der älteren Frau ausgelöst werde zu überwinden, natürlich werden sie beide auch in einen Konflikt zwischen Geheimdiensten verwickelt.
Die beiden weiteren Geschichten stammen nicht mehr von Philippe Aymond, der mit Band 10 von Van Hamme übernommen hatte, sondern von Laurent-Frédéric Bollée. Beide haben auch schon bei Bruno Brazil zusammengearbeitet. Der Zweiteiler Selbstmordkommandos und Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Samariums könnte ebenfalls den Nachrichten entnommen sein.
In einem afrikanischen Land gibt es ein neuentdecktes Vorkommen einer Seltenen Erde. Mehrere Staaten wollen sich dieses sichern und schrecken dabei auch vor Massenmord nicht zurück. Ein interner Konflikt in der Herrscherfamilie entfacht einen sogenannten heiligen Krieg und mehrere alte Bekannte haben ihren mehr oder weniger langen Auftritt. Während Shania versucht, dringend benötigte Medikamente an eine entlegene Stelle zu befördern, öffnet sich fast das Tor zur Hölle.
Solider Realismus
Philippe Aymond bleibt der Zeichner der Serie. Dadurch, dass er einige Jahre auch für das Szenario verantwortlich war, hat er die Figuren so entwickelt, dass sie genau seinen Vorstellungen entsprechen. Daher ist es fast selbstverständlich, dass sie ihm auch liegen. Daher hat es auf die Qualität keinen Einfluss, ob die Geschichte sich im Jet Set, dem urbanen Dschungel oder in der Wüste abspielt. Einzig die Gesichter und vor allem die Mundpartien leiden an der heute fast schon üblichen leichten Schwäche.
Die Hintergründe sind stimmig und enthalten die richtige Mischung aus Detail und Abstraktion, um die jeweilige Situation zu unterstützen. Wenn nötig, ist auch Dynamik zu finden, grundsätzlich gibt es aber mehr ruhende Szenen. Insgesamt betrachtet gehobener Durchschnitt des aktuellen frankobelgischen Action-Comics.
Spannung mit einer toughen Heldin
Noch immer gibt es nicht allzu viele Serien, in denen eine Titelheldin ihre Geschicke selbst in die Hand nimmt. Neben den typischen (männlichen) Role-Models (James Bond, Mission Impossible, …) hat bei Lady S sicherlich auch Modesty Blaise ein wenig Inspiration geliefert. Obwohl die Heldin immer wieder zum Spielball fremder Mächte wird und nicht immer entscheiden kann, ob sie einen Auftrag annehmen möchte, oder nicht, ist sie doch die Handelnde.
Die Themen sind sehr nah an der aktuellen politischen Diskussion und beide Autoren sparen nicht an Kritik der jenseits von Gesetz und Kontrolle stehenden Geheimdienstaktivitäten auch der demokratischen Länder. Trotzdem meine ich, immer ein „aber es geht doch nicht anders“ zu hören. Wer möchte, kann zur limitierten Vorzugsausgabe mit Variantcover und beigelegtem Druck greifen!
Dazu passen Ozzy Osbourne (R.I.P.!) mit „Dreamer” und ein Pimm’s.
1972 – das Jahr des Aufbruchs im deutschen Comic-Markt, denn am 13. April erschien die erste Ausgabe (#17) des neuen ZACK-Magazins. Von nun an kamen zunächst wöchentlich die besten frankobelgischen Serien auf den deutschen Markt. Zwar waren schon früher einige Serien in anderen Publikationen erschienen, teilweise allerdings unter eingedeutschten Namen wie ein gewisser Michael Voss, der richtige Funke aber zündete erst jetzt. Bereits in der Nummer 18 tauchte das erste Mal ein Duo auf, das sich Section R nannte.
Sport und Verbrechen
Die damaligen Leser*innen von Harter Job für Doppelgänger waren allerdings nicht wirklich zu beneiden, handelte es sich doch keinesfalls um die erste der teilweise aufeinander aufbauenden Folgen. Zwar lief die Serie erfolgreich genug, um auch weiterhin im Heft aufzutauchen, eine Chronologie war anfangs nicht zu erkennen. Umso besser ist es, dass die nun gestartete neunbändige Gesamtausgabe die Geschichten basierend auf der logischen und zeitlichen Abfolge präsentiert!
Und somit beginnt alles mit Warum geht Sophie tauchen?, der Origin-Story für die Section. Verantwortungsvoller Journalismus darf nichts erfinden, muss aber auch nicht immer alles publizieren. Und so steht am Ende einer Betrugsgeschichte die Gründung einer Agentur für Rätselhaftes im Sport. Gleich danach kommt mit Am 25? Auf keinen Fall! die erste deutsche Erstveröffentlichung in der es um einen abergläubischen Basketballer geht.
Der Sophie-Taifun ist ein echter Krimi und die Raserei über 400 Meter die bereits oben erwähnte erste ZACK-Veröffentlichung, die ihre Fortsetzung in Die Erpressung findet. Reding verknüpft hier weltpolitische Ereignisse mit sportlichen Wettkämpfen und findigen Erpressern. Abschließend ist mit Aubado sogar eine Welterstveröffentlichung (der kolorierten Fassung) im Band. Hier treffen sich die Welten des Sports und der Mode.
70-ies Flair
Raymond Reding war bereits ein sehr erfolgreicher Zeichner und Autor von Sport-Comics, etwa von Jari. Er hatte aber etwas Neues schaffen wollen, das die Möglichkeit bot, längere, aufeinander aufbauende Geschichten zu erzählen, ohne dabei auf eine Sportart festgelegt zu sein. Die Idee des auf Rätselhaftes ausgelegten Duos erlaubte ihm, seine Stärken und Interessen mit ein wenig Suspens, Krimi und Drama zu verknüpfen.
Die Dekors sind dabei 70-er Jahre pur. Klamotten, Autos, Gegenstände sind (für damalige Verhältnisse) extrem modern und tragen keinerlei Reminiszenz mehr an die Dunklen 60-er. Die Sportszenen sind sehr dynamisch und zeigen die Routine und das Können des Zeichners, die Gesichtspartien, insbesondere der Mund, gelingen dagegen wie so häufig nicht immer. Dieses kleine Manko wird durch das innovative, abwechslungsreiche Layout aber vollkommen ausgeglichen!
ZACK-Nostalgie pur!
Section R ist eine der wenigen ZACK-Serien, die es noch nicht geschafft hat, mehrfach verwertet auf Deutsch vorzuliegen. Im Gegenteil, gleich der erste Band der Gesamtausgabe enthält zwei Erstveröffentlichungen (und erzählt erstmals die Geschichten in der richtigen Reihenfolge). Für Fans von damals also nun die Gelegenheit, der Nostalgie zu frönen und gleichzeitig Lücken zu schließen!
Dazu passen Dropkick Murphys mit „Chesterfields and Aftershave” und eine Kirsch-Cola.
Bob Morane ist eine derjenigen Serien, die Bibliothekar*innen und Sammler*innen zur Verzweiflung treiben kann. Nicht nur, dass die veröffentlichenden Verlage in der Vergangenheit häufig laufende Projekte vorzeitig abgebrochen haben und es viele Überlappungen zwischen den einzelnen Reihen gibt, mittlerweile gibt es auch Serien, die nicht mehr auf den Werken des eigentlichen Schöpfers beruhen und die auf Deutsch im ZACK und bei Splitter erscheinen. Was solls, Fans können sich freuen, dass aktuell zumindest die Werke von Dino Attanasio, Gerald Forton und William Vance in vorzüglichen Ausgaben kommen.
Monstrositäten und Magnetstrahlen
Alles beginnt wie so oft in einem Flugzeug. Während Bill sich freut, seinen Freund Bob Morane bald mit der Anwesenheit von Sophia überraschen zu können, weicht die Maschine signifikant vom Kurs ab und steuert eine kleine unbewohnte Inselgruppe an. Die Piloten können sich den Kurswechsel nicht erklären und verlieren dann auch noch den Kontakt zum Flughafen. Die Maschine landet auf dem Wasser, ihre Flügel werden von Rumpf abgetrennt und sie wird von einem unbekannten Strahl in das Innere einer Höhle gezogen.
Als Bob Morane erfahren muss, dass bereits mehrere Maschinen in dieser Gegend vermisst werden, macht er sich mit einem kleinen Boot auf zu dem Archipel des Schreckens. Auch er wird von einer unbekannten Kraft angezogen und kann von Glück sagen, dass nur der Mast seines Bootes von einem unsichtbaren Feld gekappt wird. Kaum gelandet, muss er sich monströs großer Krabben und fliegender Bälle erwehren.
Natürlich har Henri Vernes auch mit diesem Abenteuer eine Tour de Force durch gleich mehrere Standardszenarien abgeliefert: die einsame Insel mit einem schrecklichen Bewohner, technologische Übermacht (Science-Fiction), Mummenschanz von suspekten Elementen und biologische Mutationen ungeahnter Qualität. Wie Bill, Bob und Sophia sich da durchwurschteln ist schon lesenswert!
Ein typischer Vance
Die von William Vance gezeichneten Morane-Bände erinnern in ihren Gesichtern und dem ganzen Strich stark an Bruno Brazil-Geschichten. Vance hat eine Eigenart, seinen Figuren einen Ausdruck zu geben der unverwechselbar ist. Natürlich gilt das nicht für die jeweiligen Held*innen, die ganz klar der einen oder anderen Serie zuzuordnen sind, die Nebendarsteller*innen könnten aber durchaus (wie auch sonst Komparsen im echten Leben) in beiden mitspielen.
Das Layout ist noch relativ klassisch, nur selten einmal fehlt eine Panelumrandung. Der Anhang zeigt an einigen Beispielen die Entwicklung von der ursprünglichen Magazinveröffentlichung zum Album und ist allein deswegen schon empfehlenswert. Zudem weist er für die etwas später Geborenen darauf hin, welche Zitate zu damals aktuellen Filmen ihren Eingang in die Comicadaption gefunden haben (könnten).
Ein ZACK-Kleinod als Hardcover
Die Geschichte lief 1977 bereits im ZACK und war Bestandteil der beim Epsilon-Verlag später abgebrochenen Gesamtausgabe. Trotzdem ist für Sammler wahrscheinlich die aktuell laufende Gesamtausgabe der Vance-Morans im All Verlag das Maß der Dinge. Insgesamt 18 Bände sind zu erwarten. Kombiniert mit den in der ZACK-Edition erscheinenden Titeln von Attanasio und Forton läge dann schon mal ein gehöriger Teil der Serie vor.
Wie immer gibt es auch eine limitierte Vorzugsausgabe mit drucksignierter Grafik!
Dazu passen Buster Shuffle, etwa mit „Together“, und eine Flugzeug-Bierdose.
Meine Jahresbestenliste und ein paar Worte zum Geleit
Das Jahr 2024 ist zu Ende, viele der „Errungenschaften“ leider nicht. In der Ukraine ist schon wieder ein Kriegswinter, Wahlen haben in mehreren Ländern rechtspopulistische und rechtsradikale Parteien gestärkt, deren Ziel es ist, die Demokratie zu beseitigen und trotz allen Hypes um KI gibt es natürlich immer noch kein Mittel gegen Krebs. Immerhin wurde die Welt von dem syrischen Diktator befreit, ob das neue Regime besser ist, wird sich erst noch zeigen müssen.
In der Welt der bunten Bilder wurden einige 90. und 100. Geburtstage gefeiert, viele der „großen“ Alten haben uns verlassen. Es gab aber auch einige Neuentdeckungen.
Immer für euch unterwegs
Die Zugriffszahlen für comix-online konnten gehalten werden: Erneut mehr als 100.000 direkte Zugriffe auf einzelne Artikel, also ohne die Startseite! Vielen Dank für dieses Vertrauen! Auch wenn die Seite längst „erwachsen“ geworden ist, besteht doch immer die Möglichkeit etwas zu verbessern. Ich freue mich daher auf Euer Feedback. Persönlich habe ich wieder als Übersetzer für die redaktionellen Seiten im zweiten Band der Zentauren sowie der Sammy & Jack-Integral-Reihe gewirkt, für Nicky Saxx auch den Comicteil übersetzt und diverse Artikel im ZACK sowie erstmals in der Sprechblase veröffentlicht.
Die besten Comics
Der beste Comic kommt für mich in diesem Jahr aus Deutschland: Gevatter von Schwarwel beschreibt schonungslos den Kampf mit der Depression und der Umwelt. Ursprünglich in einzelnen Haften erschienen sind die fünf Phasen jetzt als Comic erschienen. Unbedingt empfehlenswert!
Platz 2 ist nicht unbedingt eine Überraschung für langjährige Leser*innen dieser Seite: Die deutsche Ausgabe der Chroniken von Amoras bringt die Fortsetzung der sechsteiligen Amoras 2047-Sage, die hierzulande im ZACK erscheint, endlich auch auf Deutsch unter die Leute. Legendre und Cambré haben dem etwas angestaubten Suske und Wiske-Stoff neues Leben eingehaucht und eine spannende Endzeit-sage geschrieben. Die Chroniken greifen dabei einzelne Episoden aus Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft auf.
Cover der VZA
Und auch Platz 3 geht an in der ZACK-Edition erschienes Werk: Dr. Radar von Simsolo und Bézian ist eine Noir-Krimi-Erzählung in einem sehr eigenwilligen Strich. Für Fans des klassischen Krimis ein Muss, für Leser*innen anspruchsvolle Comics ebenfalls!
Platz 4 ist ebenfalls ein älteres Werk, das neu aufgelegt wurde: Das Abenteuer ohne Helden im Verbund mit 20 Jahre danach erzählt die Geschichte, die mit einem Flugzeugabsturz beginnt, mit menschlicher Schwäche und Stärke weitergeht und schließlich Korruption thematisiert. Van Hamme und Dany zelebrieren Geschichte und Zeichnungen.
Platz 5 schließlich geht an eine Weiterentwicklung eines Klassikers: Die Veröffentlichung von Gaston 22 ist das Ergebnis eines jahrelangen Rechtstreites. Delaf führt den Chaoten genau dort weiter, wo Franquin aufgehört hatte. Vielleicht etwas altmodisch, aber liebenswert, chaotisch und genauso anarchistisch wie zuvor!
Die besten Graphic Novels
Wie immer ist die Abgrenzung zwischen Comic und Graphic Novel schwierig. Trotzdem: Meine persönliche Auswahl:
Platz 1 geht auch hier an ein Werk von einem deutschen Künstler, der allerdings mittlerweile in den Niederlanden lebt: Columbusstraße erzählt die Geschichte von Tobi Dahmens Vorfahren während der Jahre 1935 – 45. Sehr persönlich, angreifbar aber auch nichts beschönigend macht sich Dahmen dieses Mal nicht an seine eigene Geschichte wie im Fahrradmod, sondern begibt sich auf die Suche nach Schuld, Verschulden und Zeitgeist.
Und auch Platz 2 wird von einem deutschen Künstler eingenommen: Digger von Ralf Marczinczik ist eine Geschichte über einen Straftäter, die Einsamkeit und – vor allem – die Hoffnung! Dieser Band hat 2024 bereits einige Preise abgeräumt, sein Auftauchen ist daher wenig überraschend.
Auf den dritten Platz hat sich ein Werk geschoben, dass erst vor Kurzem erschienen ist: Ava von Emilio Ruiz und Ana Miralles erzählt eine kurze Episode aus dem Leben von Ava Gardner. Die Hollywood-Diva hatte wahrlich kein leichtes Leben und auch ihr Umfeld musste unter ihrer Berühmtheit leiden. Obwohl ihre Zeit in Brasilien nur sehr kurz war, gelingt es den Künstler*innen doch, viele Probleme in diesen Zeitpunkt zu packen und das Ganze mit brillanten Bildern darzustellen.
Die besten Gesamtausgaben
Gesamtausgaben haben immer ein wenig den Beigeschmack der Geschäftemacherei. Sie können aber auch eine endlich angemessene Veröffentlichungsform darstellen, mit Informationen angereichert sein und Werk und Künstler*innen würdigen. Drei Beispiele, die mich in 2024 überzeugt haben:
Zunächst einmal die wunderschöne Ausgabe der kompletten Modesty Blaise Strips aus dem Bocola-Verlag! Nicht nur sind Papier und Format den Zeitungsstrips absolut angemessen, die Herausgeber haben sich ebenfalls bemüht, auch die Strips, die nur in einer kleinen schottischen Zeitung erschienen sind, einzufügen. Dazu kommen perfekte Einleitungen von O’Donnel selbst. Wer auf 60-er Jahre-Flair und Agent*innen steht, ist hier genau richtig!
Platz 2 geht an die Neuedition der Boule und Bill-Streifen von Jean Roba. Die Einseiter mit den Familiengeschichten sind natürlich schon oft veröffentlicht worden. Trotzdem: Eine Gesamtausgabe bietet die Möglichkeit, Entwicklungen zu betrachten, zu genießen und immer wieder mal ein paar Seiten zu genießen.
Platz 3 geht an Mikaël und die Gesamtausgabe des ersten Teils der New-York-Trilogie: Giant! Im Mittelpunkt dieser Serie steht die Stadt selbst. Natürlich gibt es handelnde Personen, in diesem Fall irische Arbeiter, in der Gesamtschau wird aber klar, dass ihre Geschichten nur pars pro toto stehen. Geniale Bilder und eine ergreifende Story. Die ersten beiden Teile, Giant und Bootblack, sind als Vorabdruck im ZACK erschienen, Teil 3, Harlem, ist bei Splitter erschienen.
Die besten Sekundärwerke
Das allerbeste Sekundärwerk des Jahres ist ein XXL-Wälzer – Donald Duck – The ultimate History bzw. die ultimative Chronik ist ein Kompendium zum 90. Geburtstags des Superstars. Sie beleuchtet den Weg vom ersten Auftritt, den Nebendarsteller-Rollen bis hin zum Alleinunterhalter. Der Band erwähnt dabei alle (!!) Filme, konzentriert sich bei den Comics auf die Werke von Carl Barks, bezieht aber auch Werbung, Themenparks und alles Weitere mit ein. Das Buch ist sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch und Französisch bei Taschen erschienen und sollte in keiner Disney-Sammlung fehlen!
Platz 2 ist (zumindest hier bei uns in Deutschland) ebenfalls im Zusammenhang mit einem Jubiläum erschienen: Die Spirou-Deluxe-Reihe stellt Werke von Franquin in einen neuen Zusammenhang, veröffentlicht die schwarz-weißen Zeichnungen neben der bekannten kolorierten Fassung und vermittelt eine große Menge an Informationen über Künstler und Hintergründe. Bisher erschienen sind der Liliput-Trick und die Bravo Brothers.
Platz 3 schließlich geht an das Kompendium über in Deutschland erschienene Horror-Comics: Der absolute Horror von Christian Blees listet auf, vermittelt Inhalte, erklärt Trends und versammelt eine wahnsinnige Menge an Informationen auf kleinem Raum! Für Fans des bebilderten Grusels ein Muss!
Die besten Magazine
Und auch in diesem Jahr geht der Preis für das beste Magazin wieder an das ZACK! Auf mittlerweile 100 Seiten pro Monat wird ein Überblick über aktuelle europäische Comics geboten, der seines Gleichen sucht. Dazu kommt inzwischen ein Ableger: Das ZACK-Sonderheft. Die am häufigsten angeklickte Ausgabe war die Jubiläumsnummer 300.
War im letzten Jahr Platz 3 ein Nachruf, ist es in diesem Jahr einer auf das Magazin, das es auf Platz 2 geschafft hat: Das ZEBRA hat mit der Nummer 19/20 sein Erscheinen eingestellt. Schade, war es doch immer ein Einblick in die Welten des deutschen Independent-Bereiches.
Wieder in die Top 3 haben es die Magazine des Zauberstern Verlages geschafft. Was mit dem Phantom begonnen hatte, wird durch Mikros, Flash Gordon, Van Helsing und Savage Dragon verstärkt! In 2025 kommt noch ein Phantom Spezial dazu. Eine kleine Bemerkung sei erlaubt: Der Wandelnde Geist wandelt auch woanders, etwa bei Kult und in der ZACK-Edition! Dort ist er nicht schlechter!
Und dann ist da noch …
… eine unheimliche Fleißarbeit. Nach mehreren Jahren des Wartens hat Bernd Weckwerth es tatsächlich geschafft, die Chronik der Koralle-ZACK-Ära in den Handel zu bringen! Auf 400 Seiten werden nicht nur alle Hefte, Alben und Taschenbücher vorgestellt, sondern auch die Poster, Sammelalben etc. Dazu gibt es viele anekdotenhafte Bemerkungen zu Serien und Künstler*innen und ein paar erhellende Artikel!
Eure Lieblinge in 2024
Eure Charts, basierend auf den Abrufzahlen:
Platz 1 geht wie im letzten Jahr an Hägar und die Gesammelten Chroniken von 1973, gefolgt vom Jahresrückblick auf 2023 und Spirou und Fantasio Spezial 42. Bei dem letzteren Titel haben die Zugriffe erst nach dem Auslisten des Titels sehr stark zugenommen. Auf Platz 4 folgt mit der Jubiläumsnummer 300 der erste ZACK-Titel, auf Platz 5 erneut Messalina von Mitton.
Die weiteren Plätze: Donald Duck – The Ultimate History, Di Caro – Die Geheimnisse des Maison Fleury 1, Giant von Mikaël, Der 1. Band der Chroniken von Amoras und Gaston 22 von Delaf.
Für 2025 wünsche ich Euch alles Gute! Kommt gut rein! Mögen uns im kommenden Jahr Katastrophen erspart bleiben, möge die Demokratie sich als standhaft erweisen und mögen sich möglichst viele Rassismus, Sexismus, Homophobie und ähnlichen Auswüchsen entgegenstellen.
Mitte des letzten Jahrhunderts waren Abenteuer-Comics noch ganz anders denkbar als heutzutage. Es gab auf dieser Welt noch so viele unbekannte Gegenden, dass Autoren und Zeichner ihrer Fantasie fast keine Zügel anlegen mussten. Heutzutage dagegen ist überall selbst für den scheinbar entlegensten Winkel eine Dokumentation abrufbar. Auch die in Afrika spielenden Geschichten um Johnny Congo basieren auf dieser Unkenntnis und können somit exotisches Flair und Überspitzung wissenschaftlicher Leistungen vereinen.
Spannung pur
Der Held, Johnny Congo, ist ein Haudegen, der sich im Dschungel ebenso gut schlägt wie in einer Spielhölle. Natürlich hat er sein Herz am rechten Fleck und ist freundlich sowohl gegenüber den ursprünglich dort lebenden Bewohner*innen als auch den „guten“ Kolonialherren. Warlords, Schmuggler und Wilderer haben dagegen seine Fäuste und Waffen zu fürchten. Ihm zur Seite steht der notwendige Begleiter, der in diesem Fall Scotch heißt.
Dieses eher austauschbare Setting erhält seine spezielle Note durch ein paar Science-Fiction Elemente, die die damals bekannte Wissenschaft nur ein wenig überholen und somit durchaus glaubwürdig erscheinen. Band 1, Der scharlachrote Fluss, beginnt damit, dass inmitten eines Unwetters ein Massaker von Wilderern an Elefanten entdeckt wird. Leider versuchen nicht nur die Gangster ihre Festnahme zu behindern, alle Beteiligten scheinen sich auch mit einer tödlichen Krankheit infiziert zu haben.
In der zweiten Geschichte, Pfeile aus dem Nichts, werden scheinbar wahllos Ziele der Infrastruktur wie landwirtschaftliche Betriebe oder Schulen aus dem Hinterhalt mit Waffen angegriffen. Bei ihrem Aufprall setzen die Geschosse sehr gefräßige und scheinbar mutierte Insekten frei, die jegliche Vegetation im Umfeld vernichten könnten. Natürlich geht es darum, den Angriff zu stoppen. Dazu sind unerwartete Allianzen notwendig. Greg schreibt gewohnt spannend und „beinahe“ glaubwürdig da niemand wirklich sicher sein kann, dass es diese Situationen nicht geben könnte.
Fast schon alte Bekannte
Eddy Paape hat in Luc Orient (nach einem Szenario von Greg) bewiesen, dass ihm die Kombination aus fast glaubwürdigen Geschichten auf der Erde und knallharter Action liegt. Tatsächlich sieht sein Held sogar ein wenig aus wie Luc und auch sein im Laufe der Geschichte auftauchender, zusätzlicher weiblicher Sidekick könnte aus diesem Setting stammen. Es handelt sich aber keineswegs um ein Plagiat!
Der Urwald sieht sowohl bedrohlich genug aus, um einen Schauer zu erzeugen und Gedanken darum kreisen zu lassen, was wohl hinter diesen Blättern verborgen ist. Gleichzeitig weckt er aber auch die Sehnsucht der jugendlichen Zielgruppe, selber dort Abenteuer erleben zu können. Well done, würde ich sagen!
Ein weiteres Kleinod
Ansgar Lüttgenau hat ein Händchen dafür, Sachen auszugraben, die im Koralle-ZACK hätten veröffentlicht werden können. Auch diese beiden Geschichten mit Johnny Congo hätten es verdientgehabt. Nun werden sie aber wenigstens im großen Format und in einer stabilen Hardcover-Ausgabe veröffentlicht. Fans von Greg als auch von Eddy Paape können hier fast bedenkenlos zuschlagen, das Ergebnis entspricht genau den Erwartungen!
Für Fans und Sammler*innen gibt es eine auf 111 Exemplare limitierte Vorzugsausgabe mit Variantcover und ExLibris.
Dazu passen Snarky Puppy, etwa mit „Keep it on your mind“, und ein Black IPA.
276 Ausgaben lang von 1972 bis zu seinem Ende in 1980 prägte das ZACK aus dem Koralle-Verlag eine Generation junger Comic-Leser*innen in Deutschland nachhaltig. Bereits vor dem Erscheinen dieser Zeitschrift waren frankobelgische Geschichten und Held*innen in deutschen Magazinen präsent und auch danach ebbte die Anzahl der Geschichten nicht ab, wenn sich auch (neue) Magazine bis zur Jahrtausendwende nicht mehr wirklich halten, geschweige denn etablieren konnten. Was aber machte den Reiz aus, der dazu führte, Comic-Fans einer bestimmten Altersstufe immer noch als „Generation ZACK“ zu bezeichnen?
Die Geschichte
Am 13.04.1972 erschien die erste Ausgabe (17/1972) und wartete gleich mit vier hochkarätigen Stories auf: Fortsetzungsgeschichten mit Michel Vaillant, Luc Orient, Umpah-Pah und Andy Morgan machten den Anfang, in Heft 19 kamen Leutnant Blueberry und Mick Tangy hinzu. Das ZACK brachte hauptsächlich Material aus Tintin und Pilote, hochklassige Comics, die in dieser Kombination für Deutschland etwas komplett Neues darstellten. Das Heft versprach jede Woche Spaß – Spannung – Abenteuer und konnte diesen Anspruch zunächst auch brillant erfüllen.
Im Laufe der Zeit kamen Alben (ZACK-Box) und Taschenbücher (ZACK-Parade) hinzu, Clubs, Sammelabenteuer, Preisausschreiben und vieles mehr sorgte für eine starke Leserbindung. Das ZACK wurde mit dem Yellow Kid bedacht, einer internationalen Auszeichnung, und schaffte es, seine Reputation auch außerhalb der deutschen Grenzen zu entwickeln. War Deutschland bisher eher ein comictechnisches Entwicklungsland gewesen, war das ZACK nicht nur preiswürdig, es gelang sogar Künstler wie Albert Weinberg, Jean Graton oder Jean-Michel Charlier aus ihren bisherigen Verträgen loszueisen und sie exklusiv zu verpflichten. Aus dem Lizenznehmer schien ein Lizenzgeber zu entstehen.
Zu der Geschichte gehört aber auch, dass die anfangs immens hohe Auflage sank und aus heutiger Sicht falsche Entscheidungen getroffen wurden. Dazu gehört zum einen die „Episode Kauka/Wiechmann“, zum anderen sicherlich auch der Glaube, dass Leserinnen keine Fortsetzungen goutieren würden. Auch hier präsentiert Bernd Weckwert im ersten Teil eine unglaubliche Menge an Fakten.
Die Details
Überhaupt, die Details: Der Band ist eine Fundgrube für Leute, die es genau wissen wollen. Spaß Spannung Abenteuer enthält daher alle Cover aller (!) ZACK-Publikationen mit den jeweiligen Informationen über den Inhalt. Dazu kommen Abbildungen aller Poster, aller ZACK-Sammelobjekte und eine Unmenge weiterer Fotos und Illustrationen. In den Statistik-Teil eingebettet sind jeweils kurze Abschnitte über Künstler und Serien. Man wird dadurch angeleitet, sich wirklich durch jede Seite zu arbeiten!
Die Analyse
Würde das Koralle-ZACK heute noch eine Chance auf dem Markt haben? Es hat anfangs zwar viele Dinge richtig gemacht, angefangen mit den originalgetreueren Übersetzungen über die Lizenzen von Tintin und Pilote sowie den Ausweitungen auf Serien aus Südeuropa. Dass nicht jede Serie auf Gegenliebe gestoßen ist, ist normal. Man war sogar flexibel genug, TV-Trends zu übernehmen und etwa Enterprise oder Kung-Fu zu bringen. Richtige Auswahl? Vielleicht nicht ganz, aber im Ansatz natürlich richtig. Und ob es klug war, auf Material von Spirou zu verzichten, ist ebenfalls nur spekulativ zu beantworten.
Ein aus heutiger Sicht kritisches Manko war die eigenwillige Kürzungspolitik, bei der Geschichten teilweise auf ein Drittel zusammengestrichen (Wiechmann-Ära) bzw in separate „Kurz“-Geschichten gesplittet worden waren. Natürlich mussten dafür die Inhalte „angepasst“ werden. Ich bin mir nicht sicher, ob die Leser*innen nicht auch damals schon Fortsetzungen viel besser gefunden hätten.
Zum Ende hin war das ZACK auf dem Weg zu einem globalen, nun ja, europaweiten Player mit Ablegern in Frankreich, Belgien und den Niederlanden. Da man es geschafft hatte, bereits einige Szenaristen und Zeichner direkt zu verpflichten, war das der logische nächste Schritt. Im Zeichen des Rückgangs der Verkaufszahlen aller Comic-Magazine vielleicht aber einfach zu spät. Und wer von Skaleneffekten profitieren möchte, hätte bei der Harmonisierung kompromisslos sein müssen.
Ein Erinnerungsstück!
Ich selbst habe das ZACK in meiner Jugend regelmäßig gelesen und den Unterschied zu anderen Magazinen wie Fix und Foxi oder Kobra sehr wohl bemerkt! Insofern sind gerade die vielen Abbildungen aber auch die Namen der Geschichten verknüpft mit einer Vielzahl von Erinnerungen. Auch wenn ich heute die Sachen, die ich wirklich haben wollte, in guter Qualität im Regal stehen habe, kann doch nichts an die erste Begegnung herankommen.
Für alle, denen es genauso geht, ist die Chronik ein Must-Have! Bernd Weckwert hat sich viel Mühe gegeben, die einzelnen kleinen Puzzle-Teile in eine lesbare Form zu verpacken. Hut ab! Und der Preis ist für dieses überformatige, dicke Kompendium auch vollkommen in Ordnung! Das „neue“ ZACK hat mittlerweile übrigens über 300 Ausgaben geschafft und erscheint seit einigen Jahren bei Blattgold.
Dazu passen ein Hit von 1974, The Sweet mit „Teenage Rampage“, und eine dreieckige Tüte Sunkist.
André Franquin, einer der beiden ganz großen Zeichner aus der Hochzeit des frankobelgischen Comic-(Magazin-)Booms und Vertreter der Dupuis/Marcinelle-Linie, wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Sein Hauptwerk erscheint in Deutschland bei Carlsen und wir durften bereits einige Jubiläumsausgaben genießen. Sein Werk umfasst aber auch Schmankerl außerhalb von Gaston, Spirou und Marsupilami. Einige schöne Zeichnungen hat seine Tochter Isabelle hier zusammengestellt.
Gutscheine – Wohl dem, der es kann!
Gutscheine sind eine etwas zwiespältige Sache. Einerseits zeigt man dem/der Beschenkten, dass man an den Anlass gedacht hat und man ihn würdigen möchte. Andererseits hängt aber auch immer ein „Entschuldigung, ich bin zu spät“-Manko an Gutscheinen. Es sei denn, dass die Gestaltung des Gutscheins an sich schon eine zeitaufwändige, künstlerische und eigenständige Leistung ist.
Der Zeichner Franquin hatte natürlich andere Voraussetzungen als der normale Mensch. Kreativität und Können erlaubten es ihm, teilweise wahre Kunstwerke zu schaffen. In diesem Band sind diejenigen zusammengefasst, die noch vorhanden und familienbezogen waren. Im Wesentlichen sind es Gutscheine an Frau und Mutter, unterzeichnet von Franquin selbst und der gemeinsamen Tochter Isabelle, deren Alterungsprozess Leser*innen sehr gut über die Illustrationen nachvollziehen können. Aus dem kleinen Mädchen wird eine Jugendliche und schließlich eine erwachsene Frau.
Kompositionen für den Moment
Es ist nicht einfach, eine einfache Zeichnung zu entwerfen! Gerade in der Reduktion auf das Wesentliche liegt eine Kunst, die hier über Jahre hinweg gut nachzuvollziehen ist. Die Anlässe sind immer wieder gleich (Geburtstag, Muttertag, Namenstag), die guten Wünsche auch. Geschenkideen und Emotionen sind dagegen sehr unterschiedlich und zeigen auch eine Entwicklung, sprechen aber immer eine liebevolle Sprache!
Natürlich kann man diesen Band auch als eine Sammlung von Anregungen verstehen. Tatsächlich sehe ich das Ganze aber eher als Abrundung des Bildes über den Künstler André Franquin, der eben nicht nur aus – in gewisser Weise – Auftragsarbeiten für seine Comics bestanden hat, sondern auch ein privates Leben hatte, in dem er seine Talente genutzt hat.
Einfach schön!
Ist dieser Band notwendig? Nein, sicherlich nicht. Aber schön! Ein paar wenige Zeichnungen aus diesem Band sind bereits in dem alten Klassiker „Das große André Franquin-Buch“ abgedruckt worden, die meisten aber waren bisher nur der Familie zugänglich und bekannt. Sie zeigen Facetten des Künstlers abseits des Mainstreams und abseits von hochwissenschaftlicher Deutung, denn sie sind „Alltag“.
Insofern wünsche ich allen Käufer*innen viel Spaß und Freude damit! Das Geschenk mag für andere sein oder für einen selbst. Man muss es nur genießen wollen! Das Hardcover ist auf jeden Fall eine angemessene Erscheinungsform. Und die einführenden Worte von Isabelle Franquin machen das Ganze noch etwas persönlicher.
Dazu passen Sophia George mit „Girlie Girlie“ und ein gemeinsames Feierabendgetränk.
Es müssen nicht immer die ganz großen Erfolge sein, gerade bei Künstlern sind auch die Werke der vermeintlichen zweiten Reihe oft genug besser als ihr Ruf. Während Paape bei uns im Wesentlichen für Valhardi oder seine Science-Fiction-Stories mit Luc Orient bekannt ist, verbindet man den Namen Charlier mit Western wie Blueberry oder Jim Cutlass, Fliegerserien wie Buck Danny oder Tanguy & Laverdue oder die Biber-Patrouille. Zusammen haben beide das Frühwerk Marc Dacier geschaffen, das jetzt erstmals komplett in deutscher Sprache erscheint.
Eine aufregende Reise
Der Held, Marc Dacier, möchte unbedingt ein „richtiger Journalist“ werden und für eine große Zeitung arbeiten. Im ersten Band der Serie bekam er den Auftrag, die Welt zu umrunden und davon zu berichten. Die einzige Bedingung dafür war, dass er die Reise mittellos antreten musste. Es war allerdings erlaubt, währenddessen zu arbeiten.
Mittlerweile in Karatschi angekommen, glaubt der unerfahrene und junge Europäer, den indischen Fakiren in ihrem Heimatland die Kunden abspenstig machen zu können. Natürlich landet er daraufhin im Krankenhaus. Der Logik der Geschichte folgend, dass eine sich schließende Tür immer auch eine andere aufgehen lässt, erfährt er dort von einer Möglichkeit, die Reise fortzusetzen.
Dafür muss er leider fälschlicherweise behaupten, eine Fähigkeit zu besitzen. Natürlich führt diese Lüge zu einer Katastrophe. Charlier erfindet in Auf der Jagd nach der Sonne eine wilde Abfolge von Überraschungen, Fehlschlägen und Wendungen, die sehr spannend zu verfolgen ist. Heute würde man das Benehmen des jungen Mannes in fremden Ländern wohl hinterfragen müssen, Ende der 50-er Jahre war an ein Ende der Kolonien noch nicht zu denken und die zu Grunde liegende Überheblichkeit der Europäer noch „normal“.
Dynamische Zeichnungen
Die Zeichnungen von Eddy Paape haben schon die Dynamik der späteren Orient-Geschichten. Das verwundert wenig, war der Zeichner schließlich schon seit über 12 Jahren professionell tätig. Das Gesicht des jungen Helden ist manchmal etwas zu jugendlich, war dadurch aber umso leichter als Identifikationsfigur für die jugendlichen Leser geeignet. Die doch recht gelbe Kolorierung der asiatischen Menschen hätte man dagegen anpassen können.
Davon abgesehen sind die Zeichnungen aber ein gutes Beispiel für die Abenteuer der damaligen Zeit. Das an sich starre Raster wird manchmal aufgelockert, die Bilder sind stimmig und nehmen das teilweise irrwitzige Tempo der Geschichte gut auf. Es hat schon seinen Grund, dass viele angehende Zeichner bei Paape in die Lehre gegangen sind.
Ein klassischer Draufgänger
Das Thema von Marc Dacier wirkt zunächst in heutigen übertechnisierten Zeiten etwas veraltet. Dabei geht es doch nur darum, dass man sich für seinen Traum einsetzen muss. Niemand sonst wird an der Verwirklichung arbeiten. Und damit ist das Thema dann doch wieder nicht so alt!
Der All Verlag bietet wie von fast allen Werken wieder eine limitierte Vorzugsausgabe mit beigefügtem Druck an. Beide Varianten sind als Hardcover erschienen und haben das heute übliche leichte Überformat. Für Fans der Magazine Spirou und Tintin auf jeden Fall eine Empfehlung. Wer Spaß an den 5 Freunden, TKKG und ähnlichen Geschichten hat, sollte ebenfalls ruhig einen Blick riskieren.
Druck der limitierten VZA
Dazu passen The Flies mit „Doing the Mod“ und ein Winterbock.
Wally Wood war einer der besten amerikanischen Comic-Zeichner der 50-er und 60-er Jahre. Obwohl er auch für andere Verlage wie Timely/Marvel zeichnete (unter anderem ist das wohl bekannteste schwarz-rote Daredevil-Kostüm von Wood), sind seine besten Arbeiten für EC entstanden. Die ersten drei Bände dieser Reihe enthalten alle Science-Fiction und Fantasy Stories von Wood für EC. Zusätzlich ist bereits ein Sonderband mit seinen erotischen Arbeiten erschienen.
Die Schrecken des Krieges
In den beiden Jahrzehnten nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges waren in den Vereinigten Staaten Kriegs-Comics unheimlich populär. Während einige Verlage das Genre zum Anlass nahmen, ihre nationalen Soldaten zu verherrlichen, dem Machokult zu huldigen und die Schrecken des Krieges als „Schule für das Leben“ umzudeuten, hatte der EC-Verlag eine andere Absicht. Two-Fisted Tales und Frontline Combat waren eher dem Realismus verhaftet. Manchmal war durchaus eine Botschaft zu entnehmen, die gegen den Krieg und für Menschlichkeit ausgelegt werden konnte.
Im Wesentlichen ging es aber darum, die Action einzubetten in Storylines, die auch die Verluste und die Schrecken erwähnte. So ist durchaus nicht jede Rettungsmission erfolgreich, nicht nur Soldaten, sondern auch Anführer sterben auf dem Schlachtfeld und ein Zynismus gegenüber „Frischlingen“ wird eindringlich und doch ausweglos geschildert.
Ergänzt wird der Band mit den Geschichten aus Piracy und Valor, den Heften, die einer drohenden Indizierung des Verlages entgegenwirken sollten, nachdem die Horror-Titel eingestellt worden waren. Auch hier geht es um Kriege bzw. Soldaten, allerdings in historischen Auseinandersetzungen, zum Beispiel im Mittelalter, während der Segelschifffahrt oder des amerikanischen Bürgerkrieges.
Klarer Strich und ein Blick für Details
Die SF- und Horror-Stories von EC waren berühmt für ihre überraschende Wendung am Ende. Die Kriegsgeschichten enthalten diese naturgemäß nur selten. Ein weiterer Unterschied ist, dass Wood hier nur selten seine außerordentliche Fähigkeit zur Gestaltung von Monstern und Außerirdischen anbringen kann. Und zuallerletzt sind auch die Frauen, die Wood ansonsten in seine Geschichten einbaut, nicht mit von der Partie.
Dafür sind der feine Strich, Woods Auge für Bildkompensationen und die Liebe zum Detail aber in jedem Panel zu genießen. Seine Meisterschaft zeigt sich unter anderem in der sehr abgestimmten Nutzung von Rasterlinien und Mustern. Die meisten Einzelbilder haben klare Randlinien. Teilweise fehlen diese aber komplett und deuten dadurch größere Tiefe an. Auch mit diesen Geschichten beweist Wood seine Klasse.
Gelungene Ausgabe!
Wally Wood hat immer alles gegeben und Raubbau an Körper und Geist betrieben. Seine späteren Arbeiten zeigen dieses teilweise deutlich. Seine beste Zeit hatte er definitiv bei EC. Für die vielen Fans, die er immer noch hat, ist das EC-Archiv eine perfekte Reihe!
Wie immer gibt es eine limitierte Vorzugsausgabe. Der Band ist mit einem Variantcover und einer Druckgrafik mit einem Piratenmotiv erschienen!
Ein Standbein des All Verlages von Ansgar Lüttgenau sind die Klassiker. Wenn möglich, sollte ein Bezug zum Koralle-ZACK dabei sein, dieser kann aber auch um ein paar Ecken verlaufen. Die neue, auf 13 Bände angelegte Serie über einen jungen Mann, der gerne Reporter werden möchte, entspricht genau diesen Vorgaben: Die Serie lief zwischen 1958 und 1967 in Spirou, also genau zur Hochzeit des klassischen frankobelgischen Abenteuer-Comics, und seine Schöpfer sind Stars der Szene, die mit mehreren Reihen im damaligen Magazin vertreten waren.
Eine Kostprobe gefällig?
Marc Dacier, der Held dieser Reihe, ist ein junger Journalist, der es bisher nur zu einigen Artikeln bei einem Lokalblatt gebracht hat. Er hat sich aber in den Kopf gesetzt, für eine renommierte Zeitung zu arbeiten. Diese möchte allerdings nur (zumindest angehende) Stars einstellen aber keine blutjungen Anfänger. Es kommt daher zunächst darauf an, den Chef überhaupt neugierig zu machen.
Dies gelingt auf durchaus witzige Weise und der zukünftige Held darf sich bewähren: Er muss ohne Startkapital die Welt in vier Monaten umrunden, darf sich kein Geld leihen oder schicken lassen, und soll dabei spannende Artikel verfassen.
Als erfahrene Leser*innen von Jules Verne wissen wir natürlich, dass das in vier Monaten zu schaffen ist, die Reise ist aber kein Plagiat. Die Etappen, Herausforderungen und Begleitumstände wurden von Charlier passgenau entworfen, um einen unerfahreneren, aber unerschrockenen jungen Mann „wachsen“ zu lassen.
Realistische Spirou-Schule
Eddy Paape hat unter anderem mit Luc Orient gezeigt, was für ein Meister er ist. Diese Serie liegt zeitlich etwas weiter zurück, und so ist nicht nur der Held etwas jünger und unerfahrener, auch Paape hat noch nicht die spätere Sicherheit. Allerdings beweist er bereits eine große Klasse in der Ausgestaltung von Landschaften: wilde Meere und weite Wüsten gelingen ausgezeichnet.
Auch die Spannung der Szenen auf dem engen Schiff wird durch die Zeichnungen unterstützt. Das Layout ist dabei klassisch vier-spaltig; die Abwechslung wird nicht durch die unterschiedlichen Panelgrößen erzeugt, sondern durch die unterschiedlich gewählten Perspektiven.
Ein gelungener Auftakt!
Nicht immer ist es einfach, auf dem doch teilweise sehr vollen deutschen Comicmarkt noch neue Serien zu platzieren. Viele große, alte Player setzen auf die Zugpferde und kreieren einen Kosmos von Nebenprodukten um diese herum. Andere versuchen es mit sehr modernen, künstlerischen Stoffen oder Konzept-Serien. Insofern ist ein Start einer „alten“ Serie mit 13 Bänden immer auch ein Wagnis.
Wer auf die alten Klassiker steht, wird auch an Marc Dacier seine Freude haben. Gelungen erzählt und sorgfältig umgesetzt! Wie immer gibt es auch eine limitierte Vorzugsausgabe mit Druck und Variantcover!
Dazu passen Billie Holiday und ein Grolsch Herfstbock aus der Dose.