Rolf Kauka’s Fix und Foxi wurde des Öfteren als Deutsche Micky Maus bezeichnet und war nicht nur ein sehr erfolgreiches Magazin mit eigenständigen deutschen Comic-Produktionen sondern ebnete auch frankobelgischen Serien wie Gaston (als Jojo), Spirou und Fantasio (als Pit und Pikkolo) oder den Schlümpfen den Weg.
(subjektive) Best-of Sammlung
Die ersten Versuche des Verlegers Rolf Kauka basierten auf Deutschen Märchen und Sagen, das Heft hieß dementsprechend Till Eulenspiegel. Schon bald kamen hinzugedichtete Nachfahren des Reinicke Fuchs mit den Namen Fix und Foxi dazu, die schließlich das Magazin übernahmen. Aus dem anfangs eher realistischen Stil entwickelte sich der heute noch bekannte, und um das wöchentliche Magazin entwickelte sich ein ganzer Kosmos aus Reihen für unterschiedlichste Altersgruppen, eine Zeichentrick-Fernsehserie und das unvermeidliche Merchandise.
Diese Sammlung enthält die (vom Redaktionskollektiv so definierten) besten Geschichten aus den Jahren 1953 bis 1971. Einen großen Teil nehmen dabei natürlich die Geschichten um die beiden Hauptfiguren und ihre Entourage ein: Lupinchen und Oma Eusebia, Knox und der Wolf Lupo. Es gibt aber auch ein Widersehen mit Pauli, Mischa und Tom & Biber sowie weniger bekannten Figuren wie Hops und Stops, Kater Fridolin und Teufelchen Diabolino.
Zu allen Serien gibt es einen kleinen einführenden Teil, der die Hauptverantwortlichen nennt. Zwar war Rolf Kauka wie auch Walt Disney quasi für alles verantwortlich, es wurden aber teilweise auch damals schon andere Namen genannt. Außerdem gibt es heutzutage viele Informationen über die Beteiligten. Viele davon kamen zusammen mit Walter Neugebauer aus dem ehemaligen Jugoslawien.
Gelungene Mischung!
Die Mischung ist wirklich als gelungen zu bezeichnen. Es werden sowohl die Anfänge präsentiert als auch sehr bekannte Geschichten. Im Mittelpunkt stehen dabei zwei Aspekte: der „dokumentarische“, aber eben auch der „Fan-bezogene“, der besonders beliebte Stories erneut präsentiert. Natürlich wird aufgrund der schieren Masse jede*r Leser*in mindestens einen persönlichen Favoriten vermissen. Die Schnittmenge dürfte aber vorhanden sein.
Anfangs etwas irritierend, schon nach kurzer Zeit des Lesens aber sehr stimmig ist die Reproduktion der Originalvorlagen. Wer immer eine weiße Seite erwartet, wird sich umstellen müssen. Dadurch kommt man dem Original aber deutlich näher, als wenn man nur die Panel neu platziert hätte.
Moderne, in sich stimmige Bibliothek
Die Bände der Reihe passen (inhaltlich wie formal) gut zueinander und haben alle nicht nur einen Pappschuber, sondern auch ein Lesebändchen. Hervorzuheben ist die Mühe, die dem Schuber ein anderes Motiv verpasst hat als dem darin befindlichen Band! Im Inneren finden sich dann auch noch unzählige Cover der Hefte.
Was aber deutlich fehlt ist eine Auseinandersetzung mit dem politischen Hintergrund von Rolf Kauka, der in seinen Comics nicht nur immer wieder auf die aktuelle Politik der Bundesrepublik von Rechts Einfluss genommen hat, sondern auch in geheimdienstliche Aktivitäten verstrickt war. Meiner Meinung nach ist das Eine vom Anderen nicht zu trennen. Mehr zu den frankobelgischen Aspekten hier oder in diesem Ausstellungsbericht.
Dazu passen eine Afri Cola und The Who – Live at Leeds.
Immer seltener sterben Serien mit ihren Schöpfern, auch Valerian und Veronique hatte schon zu Lebzeiten des Zeichners Jean-Claude Mézières mit den – durch andere kreierte – Einzelbänden einen Ableger bekommen. Umso logischer ist es, dass diese Spezial-Reihe nun fortgesetzt wird. Im Zuge der Veröffentlichung dieses neuen Bandes sind dann auch die beiden älteren als Hardcover neu aufgelegt worden. Sie passen somit besser zu der Gesamtausgabe der Hauptreihe.
Kreativdroge
Wer sich schon immer mal gefragt hat, wo die Kreativen eigentlich ihre Ideen hernehmen, wird hier eine (mögliche) Antwort finden. Sowohl die Delphen, deren Aufgabe es ist, intergalaktische Soaps zu schreiben, als auch der Traumservice von Galaxity sind in einer großen Schaffenskrise gefangen. Um weitere Geschichten zu erfinden, benötigen sie unbedingt eine ganz bestimmte Substanz, die im Weltall nur äußerst selten zu finden ist. Glücklicherweise gibt es auf der Erde des 20. Jahrhunderts noch ein unentdecktes Vorkommen.
Mehrere Unterhändler*innen machen sich auf in ein kleines Dorf in Osteuropa. Der dortige Herrscher/Warlord veranstaltet eine Auktion und mehrere potentielle Käufer haben Abgesandte geschickt. Galaxity wird unter anderem durch Albert vertreten, der als „Onkel“ mit Valerian und Veronique die Reise auf sich genommen hat. Die beiden Held*innen sind allerdings in einem jugendlichen Alter und erinnern sich an keines ihrer Abenteuer. Selbst als sie auf einen Schnarf treffen, wissen sie zwar von seinen Eigenheiten, können sich aber keinesfalls an ihn erinnern.
Dazu kommen eine toughe Außerirdische, ein surfender Posterboy mit wenig Qualitäten und eine Erdenbewohnerin mit IT-Skills. Christin schafft eine spannende Atmosphäre, da die Leser*innen viel mehr über die Kinder wissen als diese selbst und spielt mit den Eigenschaften der beiden. Die Geschichte ist stimmig und enthält viele Links zu der Hauptserie.
Gelungene Mischung!
Virginie Augustin kombiniert zwei verschiedene Stilrichtungen in ihren Zeichnungen. Einerseits sind die beiden Hauptfiguren sehr jugendlich und hätten auch in eine 5 Freunde-Geschichte gepasst, andererseits ist die teils technik-lastige Architektur der Welten und Schiffe präsent. Auch die Außerirdischen und Albert sehen aus „wie immer“. Dadurch wird die Geschichte einerseits glaubwürdig, passt aber trotzdem vollkommen zu dem Kanon der bisherigen Bände.
Das Layout der Seiten wechselt zwischen drei und vier Streifen und enthält maximal ein paar Überschneidungen, ist also nicht fancy. Dadurch lenkt aber auch nichts von der Story, die konsequent vorwärtsgeht, aber auch Zeit für einen langen Ritt auf einer Welle hat, und den Einzelbildern ab. Und Augustin übernimmt auch den Spirit der Serie, sich selbst nicht ständig zu ernst zu nehmen.
So darf es weitergehen!
Manchmal werden erfolgreiche Serien „totgeritten“, um auch den letzten Cent aus den Fans herauszuquetschen. Ein solche Vorgehen kann ich hier beim besten Willen nicht entdecken! Der Band ist eigenständig, erfreut die Fans mit vielen mehr oder weniger versteckten Hinweisen auf das Original und übernimmt gerade so viel, dass sich langjährige Fans noch „Zu Hause“ fühlen. Trotz allem sind aber auch Neulinge in der Lage, die Geschichte zu verstehen und zu genießen.
Das Upgrade zu einer Hardcoverausgabe ist natürlich mit höheren Kosten für Leser*innen verbunden, passt aber im Bücherschrank besser zu der aktuellen Gesamtausgabe. Wer bisher alles im Softcover hatte, wird das neue Format verschmerzen können. Ansonsten gutes Papier wie immer und ein kleines Vorwort von Pierre Christin. Mehr über den Szenaristen hier.
Dazu passen ein Lentebok und ein wenig Spaß mit Bite me Bambi!
Oft totgesagt und doch nicht tot zu kriegen … oder doch? Lange schien es so, als würde die namengebende Hauptserie Spirou aus dem entsprechenden Comic-Magazin verschwinden. Es gab zwar Spinn-offs und Einzelbände, vor ein paar Jahren kehrte sogar das Marsupilami zurück und durfte seinen Zorn über die Behandlung durch die beiden Helden zum Ausdruck bringen. Alles das zündete aber nicht wirklich. Nun also kehrt sie doch zurück, nur um wieder zu verschwinden?
Eine Rückkehr an einen klassischen Ort
Die Rahmenhandlung startet bereits vor der eigentlichen Geschichte, denn der Verlag feiert seinen Geburtstag und möchte seinen Helden an Bord haben. Traditionellerweise wird dabei in der Übersetzung der Carlsen-Verlag genannt. Spirou ist allerdings auf Camping-Tour mit Pips und Fantasio und kehrt – nach einem höchst vergnüglichen Intermezzo mit einer wahnsinnigen Erfindung – in Rummelsdorf beim Grafen ein.
Es besteht eine leichte Verwirrung, da Stefanie einen äußerst positiven Artikel über Koralion geschrieben hat. Diese aus Tiefenrausch bekannte Unterwasser-Stadt hat zudem Kylo Protz – leicht zu erkennen als Zyklotrop, als Fachberater. Und dann ist da noch der invasive Pfeilschwanzkrebs, der die Gewässer um Korallion heimzusuchen scheint.
Also machen sich die Zwei und Pips, ausgestattet mit einem neuen, sehr coolen Gadget auf Pilzbasis, auf den Weg in die Unterwasserenklave um näheres zu erfahren. Dort erleben sie sehr rasante Abenteuer, die einerseits nette Hinweise auf die älteren Abenteuer der Serie verbergen, sich aber auch nicht scheuen, andere Werke wie etwa Star Wars zu zitieren! Unglücklicherweise passiert allerdings etwas, das als Tod von Spirou interpretiert werden könnte.
Moderner Stil mit liebevollen Verweisen auf die Vergangenheit
Die Geschichte von Benjamin Abitan und Sophie Guérrive enthält bereits unheimlich viele Anknüpfungspunkte an die Serie, Olivier Schwartz packt noch eine riesige Masse an Details obendrauf. Und so lohnt es sich, jedes Plakat, jeden Namen eines Geschäftes und jeden Hintergrund nach Bekanntem anzusuchen! Wer einen ersten Eindruck über den Stil gewinnen möchte, kann sich das neue Rückcover ansehen und dabei nebenbei überlegen, ob er/sie alle items den entsprechenden Perioden zuordnen kann.
Schwartz arbeitet in einer Art Mischung aus dem traditionell rundlichen Marcinelle-Stil und Anklängen an Yves Chaland. Er schafft damit eine Stimmung, die traditionellen Fans genauso gefallen dürfte, wie Neueinsteiger*innen, da das Ganze doch sehr modern rüberkommt. Auf jeden Fall stellt er die Krebse genauso bedrohlich dar wie die Schläger, die freudigen Szenen wie die verzweifelten.
Ein Neuanfang mit Potential
Der Neustart einer totgesagten Serie ist sicherlich nicht einfach, besonders, wenn es sich um ein Aushängeschild handelt. Hier aber ist er meiner Meinung nach gelungen! Die alten Fans werden mit einer Fülle an Reminiszenzen an vorangegangene Teams abgeholt und können sich in dem Kosmos wiederfinden. Der Stil der Zeichnungen ist dagegen modern, schreckt aber wiederum die „Alten“ nicht ab. Die Story ist schnell in ihrem Tempo, varianten- und facettenreich und nimmt aktuelle Themen wie die invasiven Arten und den Urlaubskick auf.
Zudem ist der Band konzipiert als der Start einer Serie von Werken, die sich inhaltlich aufeinander beziehen und nicht nur einen Reihentitel gemeinsam haben. Im Ursprungsland ist der Nachfolger bereits angekündigt, hier dauert es erfahrungsgemäß etwas länger. Aber das Warten lohnt sich wahrscheinlich! Wie immer hat die Ausgabe einen redaktionellen Anhang, der auf das neue Team, die Figuren und einige der Anspielungen näher eingeht.
Dazu passen ein Urlaubscocktail mit Schirmchen eurer Wahl und ein wenig Nostalgie von Blondie!
Und wieder präsentiert der Lappan Verlag eine Auswahl der besten Cartoons des Bielefelders. Woche für Woche erscheinen 3 Bilder im stern, die besten sind hier gesammelt. Til Mette ist ein politischer Mensch, irgendwo im (sehr weiten) grünen, linksliberalen Spektrum verortet. Im einführenden Interview antwortet er auf die Frage, was ihm zu „Alter, weißer Mann“ einfällt mit „Ich, ich, ich“. Seine gezeichneten Kommentare zu allem, was hier passiert (und oft genug schiefläuft), genießt man am Besten bei einer Flasche Wein!
Super Zeiten für Karikaturisten?
Die Welt scheint ein wenig aus den Fugen geraten: eine Krise löst die andere ab, wird zwischendurch aber auch gerne mal zur Katastrophe. Nach Klima kamen Corona, Flut, Dürre, die Ukraine, die Berlinwahl und das eine oder andere Erdbeben. Noch alles in Erinnerung? Nun möchte Til Mette nach eigener Aussage die Sachen nicht noch schlimmer darstellen, als sie es ohnehin schon sind. Vielmehr trauert er der harmlosen Pointe ein wenig nach, dem Blödsinn. Auch er ist es leid, immer die gleichen Themen zu bearbeiten.
Trotzdem finden sich in diesem Band begnadete Schlaglichter, etwa zu documenta 15, Verschwörungsschwurbler*innen oder Nachhaltigkeit. Wie immer bleibt einem das Lachen bei den richtig guten Sachen ein wenig im Halse stecken, weiß man doch, dass es Leute und Situationen gegeben hat, die zu dem Witz Anlass gegeben haben.
Für alle, die Satire und Zynismus ertragen können, etwa wenn bei einer Konferenz ein Mann im Schwimmentenring ausruft „Seien wir ehrlich. Das mit dem 1,5°-Ziel wird nix. Lass uns über 2,5° reden.“, ist diese Sammlung ein Schmankerl!
Ein Geschenkband …
für andere, aber auch für einen selbst! Der Titel legt nahe, nicht den Wein als Mitbringsel zu ersetzen, sondern der Flasche das Buch hinzuzufügen. Das Getränk findet sich im Übrigen auch in vielen der Cartoons wieder, ist oft der einzige Farbtupfer und vielleicht auch ein wenig ein Symbol für die Hoffnung, dass alles doch nicht so schlimm kommen möge.
Eines aber ist den Bildern auch noch gemein: Sie alle tragen ein wenig Hoffnung in sich, dass irgendwer (= wir alle) doch mal aufwachen möge, sich daran erinnernd, welche Errungenschaften die Freiheit, die Demokratie und das über das Vegetieren hinausgehende Leben haben, und aktiv dafür eintreten möge!
Das Licht am Ende des Tunnels …
ist aus Energieeinsparungsgründen ausgeschaltet! Es gibt daher nur eine Handlungsalternative: Lasst es uns wieder einschalten, nachdem wir die Cartoons genossen haben! Und wer mehr möchte, greife zu den politisch korrekten Cartoons.
Dazu passen natürlich eine gute Flasche Wein und Dropkick Murphys mit „Ten Times More“.
Der Carlsen Verlag ist vor allem bekannt durch Serien wie Tim und Struppi, Spirou oder Petzi, hat aber auch ein dezidiert politisches Programm. Dabei beschäftigt man sich mit Themen wie Klimakatastrophe, Missbrauch oder eben amerikanischer Politik. Im Original ist das Werk im niederländischen Verlag Scratch books erschienen. Und auch dort sind (gesellschafts-) politische Themen alles andere als eine Ausnahme. Nun also eine Graphic Novel über einen der erfolgreichsten politischen Clans in den USA, die Kennedys.
Der Mann, der Präsident werden wollte anstelle des Präsidenten
Man möge mir das Wortspiel verzeihen, es liegt für die Anfänge aber nicht ganz fern. Joseph P. Kennedy ist 1938 nicht nur ein Selfmade-Millionär. Er hat durchaus Ansprüche auf das Präsidentenamt und es scheint nicht ausgeschlossen, dass er der erste irisch-katholische Inhaber dieses Amtes werden könnte. Um ihn daran wenigstens etwas zu hindern, schickt ihn der amtierende Präsident Roosevelt als Botschafter nach London. Die Zeiten sind kritisch: Sollen die Siegermächte des Ersten Weltkrieges zusehen, wie Deutschland unter der Führung von Hitler eine Bestimmung nach der nächsten ignoriert und sich sogar fremde Länder einverleibt oder um im Jargon zu bleiben, anschließt?
Es ist die Zeit des Appeasements, europäische Regierungen hoffen, dass Hitler keinen Krieg beginnen werde, wenn man ihm Zugeständnisse macht. Entscheidend in dieser Situation ist die Frage, ob die USA zu einem Krieg bereit sind oder nicht. Joseph Kennedy hat hierzu eine klare Haltung: Er äußert sich nicht nur klar antisemitisch und bewundernd über die Erfolge der Nazis, er intrigiert auch um die USA in einer Bebachter-Rolle zu halten.
Mick Peet zeichnet ein klares Bild des Patriarchen, seines privaten Verhaltens und auch der anderen Familienmitglieder und erlaubt immer wieder den Blick von außen, wenn er „Fremde“ reden lässt. Durch Zeitsprünge und Rückblicke ermöglicht er die Hinterfragung von Standpunkten ohne zu viel erklärenden Text hinzufügen zu müssen. Im Anhang werden die einzelnen Situationen dann näher erläutert und unterfüttert.
Zeichnungen im europäischen Stil
Es mag etwas verwundern, eine Auseinandersetzung mit einer DER Familien des politischen Amerikas in einem sehr europäischen Stil zu lesen. Einerseits kommt das Buch natürlich aus den Niederlanden, es wäre aber vielleicht auch unmöglich, es ohne den gebotenen Abstand zu publizieren.
Erik Varekamp benutzt ein strenges dreizeiliges Gerüst, das er nur selten etwas aufbricht. Er benutzt klare, konturierende Linien, lässt aber Emotionen zu. So sind etwa die Gesichter des Führers voll von Geschrei. Das Gesicht des „Helden“ ist dagegen fast unbeweglich und gleicht einer Maske im Spiel für den angestrebten Erfolg.
Ein Comic mit Anspruch
Literatur hat schon immer viele unterschiedliche Aufgaben gehabt die von Unterhaltung über Anregung und Flucht aus der Wirklichkeit bis zu Einflussnahme reichen. Die Akte Kennedy will ganz sicher ein politisches Statement abgeben, wie und warum die USA in der Zeit kurz vor dem Zweiten Weltkrieg agiert haben. Wenn man aus der Geschichte lernen möchte, muss man sie zunächst einmal kennen und verstehen. Dieses Buch kann dabei hilfreich sein!
Durch den ausführlichen Anhang, der teilweise mit Dokumenten angereichert ist, wird versucht, der Gefahr zu begegnen, dass alles ja nur Fiktion sei. Während Filme und geschriebene Literatur eher als „wahr“ angesehen werden, ist graphische Literatur oft mit dem Stigma der „Fantasie“ verbunden. Obwohl hier mi dem reißerischen Tiel „top secret“ geworben wird, möchte das Werk ernstgenommen werden. Diesem ersten Band werden noch zwei weitere folgen!
Dazu passen ein Cola libre sowie Normahl mit „Sacco und Vanzetti“!
Meine Jahresbestenliste und ein paar Worte zum Geleit
Es ist wieder so weit, das Jahr nähert sich dem Ende. Niemand hätte sich träumen lassen, dass die „Katastrophe“ Corona/COVID von viel Schlimmeren abgelöst werden würde. In diesem Sinne wünsche ich allen Leser*innen von comix-online Frohe Festtage und einen guten Start in ein hoffentlich gutes Neues Jahr.
Wie immer folgt eine rein persönliche Übersicht über meine Favoriten in den schon bekannten Kategorien. Dazu ein paar Worte über einige Künstler, die uns in diesem Jahr verlassen haben. Ihr könnt gerne die Kommentarmöglichkeit am Ende des Artikels nutzen, um entweder eure Favoriten mitzuteilen oder aber eure Gedanken zu meiner Auswahl zu posten.
Für comix-online war das Jahr sehr erfolgreich. Mehr als 83.000 gezielte Aufrufe einzelner Seiten (also ohne die Startseite) sind ein neuer Rekord. Die Charts mit den am häufigsten aufgerufenen Seiten der letzten 30 Tage bzw. der „All-Time-Favourites“ zeigen durchaus Bewegung und lassen eure Präferenzen deutlich werden. Trotzdem freue ich mich über Kommentare oder Feedback, gerade auch bezüglich Informationen, die euch fehlen.
Die besten Comics
Die Königskategorie ist in gewisser Weise schwierig: Eigentlich erwartet wahrscheinlich jede*r hier, das Marsupilami-Abenteuer von Flix zu sehen. Mit Sicherheit ein toller Titel, ein Verkaufserfolg und eine Anerkennung des deutschen Zeichners und Szenaristen durch die belgischen Markeneigner. Aber ich möchte hier trotzdem das Spotlight auf fünf andere Titel werfen:
Platz 1 geht an eine Künstlerin aus Deutschland: Jennifer Daniel mit Das Gutachten! Die Autorin wirft einen Blick auf die deutsche Geschichte der 70-er Jahre. Während die einen es die bleierne Zeit nennen, war es für andere die Zeit des Erwachens. Mit sehr persönlichem Blick seziert Jennifer Daniel das Gebilde, in dem der Held funktionieren soll, und das doch immer mehr Risse bekommt!
Knapp dahinter ein ebenfalls politischer Titel: Rorschach 4. 35 Jahre nach den Watchmen verkleidet sich jemand als Rorschach und verübt zusammen mit einer als Cowgirl verkleideten Begleiterin ein Attentat auf den Präsidentschaftskandidaten der Republikanischen Partei. Das FBI versucht, diesen Anschlag aufzudecken und Autor Tom King führt uns immer tiefer in eine Mischung aus Wahrheit und Fiktion, die kaum noch auseinander zu halten sind. Jorge Fornés setzt das in tolle Bilder um.
Adventureman ist eine sehr spannende Mischung aus Pulp und moderner Geschichte. So würde die Gattung wohl aussehen, wenn sie heutzutage entwickelt werden würde. Hohes Tempo, viel Action, eine große Prise Humor und ein Stückchen Irrwitz. Matt Fractions Story treibt Terry Dodson zu rasantem Tempo und macht sehr viel Spaß.
Platz 4 geht an einen wiederentdeckten Klassiker, Alain Cardain von Yvan Delporte und Gérald Forton. In der Reihe ZACK-Spezial, wofür dieser Band auch ein wenig stellvertretend steht, werden frankobelgische Klassiker, die es aus unterschiedlichen Gründen nicht nach Deutschland geschafft haben, ansprechend präsentiert. Hier geht es um die Anfänger der Eroberung des Weltalls. Die Ausgaben sind limitiert und nur für ZACK-Abonennt*innen erhältlich.
Platz 5 ist ein Doppelband: Die Fälle von Lord Harold dem Zwölften spielt im London während des Übergangs zur Moderne. Der junge Lord begeistert sich für die wissenschaftlichen Aspekte der Kriminologie und möchte sein Wissen anwenden. Dem Adel war damals eine Beschäftigung allerdings komplett fremd. Im Mittelpunkt steht der Stadtteil Blackwater, der modernisiert werden soll, gleichzeitig aber die Heimat auch der Kleinkriminellen ist. Sehr witzig, spannend und doch mit ernsthaftem Hintergrund erzählt von Philippe Charlot mit Bildern von Xavier Fourqemin.
Die besten Graphic Novels
Es ist immer ein wenig schwierig, Graphic Novels und „reguläre“ Comics voneinander abzugrenzen. Ich versuche mich gar nicht erst an einer Definition, habe aber klare Vorstellungen.
Platz 1 geht an die Literaturadaption Nur noch Stille aus dem All-Verlag. Fabrice Colin hat die Geschichte von R. J. Ellory für das Comicformat umgearbeitet, Richard Guérineau kongenial umgesetzt. Eine trügerische Kleinstadtidylle wird durch den brutalen Mord an kleinen Mädchen empfindlich gestört. Es gibt falsche Verdächtigungen, Alpträume und eine 60-Jahre lange Verfolgung!
Der folgende Platz geht an das Biopic Anaïs Nin von Léonie Bischoff. Die berühmt-berüchtigte Schriftstellerin wird in all ihren Widersprüchen porträtiert. Bischoff konzentriert sich dabei auf die Seele von Nin und ihre frühkindlich geprägte Verlassensangst, die später zu dem unstillbaren Bedürfnis nach körperlicher Zuneigung geführt hat. Leichte Zeichnungen mit Buntstiften schaffen ein Klima der Annäherung ohne Vorurteile.
Platz drei wird von wieder einer anderen Spielart eingenommen. bestemming: canada erzählt 10 Geschichten über Menschen, die aus den Niederlanden nach Kanada ausgewandert sind. Da die Berichte von zehn sehr unterschiedlichen Zeichner*innen umgesetzt werden, kommt dabei nicht nur eine interessante Sammlung von Schicksalen zum Ausdruck, der Band bietet auch noch einen guten überblick über die aktuelle niederländische Szene.
Die besten Gesamtausgaben
Gesamtausgaben von Klassikern waren schon immer im Programm auch von Verlagen, die ansonsten kein großes Comic-Segment hatten. So auch bei meinem diesjährigen Favoriten, der Marvel Comics Library aus dem Taschen-Verlag! In bisher drei Bänden im XXL-Format, jeweils mehrere Kilo schwer, mit Lesebändchen versehen, in einem speziellen Karton ausgeliefert und auf weltweit 5000 Exemplare limitiert, wurden die jeweils ersten 20 Ausgaben der bahnbrechenden Serien Spider-Man, Avengers und Fantastic Four publiziert. Neben kompetenten, persönlichen Einleitungen von Experten sind die Hefte in fantastischer Reproduktionsqualität abgedruckt, inklusive Werbung, Cover und Leserbriefseiten. Eine Vielzahl an Abbildungen und editorischen Notizen runden die Werke ab, die zurecht mit dem Will Eisner-Award ausgezeichnet worden sind. Coffetable books at their best!
Platz zwei wird gehalten von der Gesamtausgabe einer klassischen Westernserie, die in der Vergangenheit eine sehr wechselhafte Veröffentlichungsgeschichte in Deutschland erlebt hatte und trotzdem nie komplettiert worden war: Chinaman von Serge Le Tendre und Olivier TaDuc. Im Mittelpunkt steht der aus China ausgewanderte Chen Long Ann. Der ursprüngliche Triaden-Killer wendet sich gegen seinen Herren und kämpft fortan gegen Rassismus und Unterdrückung jeder Form. Man kann immer darüber streiten, ob Gesamtausgaben Geldschneiderei sind oder nicht. Solange sie Käufer*innen finden, sind sie für mich legitim. In diesem Falle jedoch wird es Zeit, dass das Highlight des Western-Genres jetzt endlich angemessen auf Deutsch vorliegt.
Auch Platz 3 wird von der Neuausgabe einer Western-Serie erobert: Die Blauen Boys haben in Deutschland nie die Wertschätzung wie bei unseren westlichen Nachbar*innen erfahren. Dabei stellen sie mit ihrer Mischung aus Komik und ernsthafter, faktenbasierter Kritik an Kriegen und Armee eine sehr seltene Mischung dar. Band 1 der Integral-Reihe ist schon vor geraumer Zeit erschienen, die Fortsetzung lag lange auf Eis. In diesem Jahr nun erfolgte mit den Bänden 2 und 3 der Re-Start! Die ersten Bände waren in Deutschland nur in heute fragwürdigen Übersetzungen erschienen.
Ein Novum in der Geschichte: Ein Szenarist nimmt gleich zwei Plätze hintereinander in der Rangliste ein. Cauvin ist nicht nur für die Blauen Boys verantwortlich, sondern auch für die Geschichten mit den Gorillas aus dem Chicago der Prohibitionszeit: Sammy & Jack. Die auf 10 Bände angelegte Reihe kommt mit ausführlichen redaktionellen Beiträgen und setzt auf Humor. Die Zeichnungen stammen von Berck. Auch diese Serie hat eine bewegte Publikationshistorie in Deutschland.
Platz 5 ist eine „echte“ Gesamtausgabe: Miss October von Stephen Desberg und Alain Queireix erzählt einen Krimi über eine junge Frau, die ein Trauma aufzuarbeiten hat und nebenbei als Diebin arbeitet, einen Bullen, der sich in die falschen Leute verliebt, und einen Serienkiller. Alle vier Bände sind jetzt in einem Integral wieder aufgelegt worden.
Die besten Sekundärwerke
Das beste Sekundärwerk in diesem Jahr hat bisher auf dieser Seite keine Rezension erhalten. Trotzdem hat der Ausstellungskatalog Horror im Comic von Alexander Braun jede*n Leser*in verdient! In verständlicher Sprache, trotzdem aber voller Details wird die Geschichte dieser Spielart hergeleitet, psychologisch erklärt und über die verschiedenen Varianten und Epochen sehr anschaulich präsentiert. Die dazugehörige Ausstellung im Dortmunder schauraum: comic und cartoon war für sechs Monate zu sehen und ist mittlerweile beendet. Der Katalog ist aber regulär beim avant-Verlag erhältlich.
Die deutsche Independent-Szene steht im Fokus des ICOM. Dabei geht es sowohl um Marketing nach außen als auch um Unterstützung für die Mitglieder nach Innen. Ein Schwerpunkt der jährlichen Comic!-Jahrbücher ist die Vorstellung der ICOM Preisträger*innen. Der inhaltliche Aspekt stand in diesem Jahr unter dem Motto Comics und Umwelt. Ein verdienter zweiter Preis!
Der dritte Platz geht eindeutig an das Team der Reddition. In 2022 ist leider nur ein Dossier erschienen, das dem Szenaristen André-Paul Duchâteau gewidmet war. Die Dezember-Ausgabe 2021 war eine Doppelnummer gewesen, insofern ist der Regelmäßigkeit des Erscheinens Genüge getan. Wer auch immer zu einem Thema der Comicwelt Informationen sucht, ist gut beraten zunächst im Archiv der Reddition-Ausgaben zu suchen. Für Abonnent*innen gibt es jeweils eine limitierte Extrabeilage.
Die besten Magazine
Auf Platz 1 in diesem Jahr das ZACK! Jeden Monat liefert Georg F. W. Tempel einen guten Querschnitt aus aktuellen Comics, Gags und Informationen ab, der nicht nur die „Generation ZACK“ bedient, sondern auch über den Tellerrand schaut und Comics nach Deutschland bringt, die hier (meistens) nicht als Alben erscheinen. Hervorzuheben ist dabei, dass angefangene Serien auch beendet werden, selbst wenn sie über Jahre laufen. Dabei stehen neben den runderneuerten Klassikern wie Michel Vaillant oder Rick Master auch spannende Projekte wie Amoras oder MADI im Fokus. Serien aus Deutschland haben dort ebenfalls ihren Platz, aber nicht um eine Quote zu erfüllen, sondern weil sie wie etwa die Frau mit dem Silberstern einfach gut sind! 50 Jahre ist es nun her, dass die erste Ausgabe erschienen ist und das Jubiläumsjahr hat unter anderem eine Erweiterung des Umfanges auf nun 92 Seiten gebracht. Weiter so!
Kann eine Zeitschrift, die nur alle drei Jahre erscheint und außerdem noch in der aktuellen Nummer keine einzige Comic-Seite enthält, den zweiten Platz im Ranking von Comic-Magazinen einnehmen? Ja! CAMP erscheint zwar nur selten und hat ein deutlich breiteres Spektrum, ist aber definitiv sehr unterhaltsam, anregend und die eigenen Lesegewohnheiten herausfordernd. Da es zudem viele Artikel enthält, die dem Comic-Segment zuzuordnen sind, stehe ich zu dieser Auswahl. Da wären etwa die Adaptionen der Nestor-Burma-Romane oder Nosferatu im Comic, aber auch Überlegungen zur Cancel-Kultur, zu Isaac Asimov oder dem Sammeln von Spielzeugrobotern. Rezension folgt!
Platz 3 geht an den Relaunch des Wandelnden Geist: Das Phantom ist zurück auf dem Kiosk-Markt! Alle zwei Monate werden Geschichten aus den unterschiedlichen internationalen Veröffentlichungen präsentiert. Dabei kommen sowohl „alte“ Sonntagsseiten von Lee Falk zum Abdruck wie auch aktuelle Stories aus Schweden oder den USA! Die Hefte haben in der Mitte jeweils ein Poster zum herausnehmen. Zauberstern Comics haben damit allen Phans einen Wunsch erfüllt.
Und dann ist da noch …
das Jubiläum des Jahres! Während in der realen Welt Superreiche wesentliche Teile ihres Einkommens spenden, aufgrund einer Scheidung riesige Summen abgeben müssen und trotzdem superreich bleiben oder sich aus Spaß eine Software mit blauen Häkchen kaufen, feiert die wahrlich reichste Ente der Welt bereits ihren 75. Geburtstag! Comix-online gratuliert Onkel Dagobert!
Ein vollständiger Nekrolog ist an dieser Stelle nicht möglich. Ein guter Anlaufpunkt dafür sind die entsprechenden Seiten von Wikipedia in den jeweiligen Landessprachen. Den vollständigsten Überblick findet man sicherlich auf der englischsprachigen Variante. Trotzdem soll hier an ein paar erinnert werden:
Jean-Claude Mézières, Neal Adams, George Pérez, Tim Sale, Alan Grant, François Corteggiani und viele mehr !
Auf comix-online ist es ein guter Brauch, Rezensionen mit einem Vorschlag für ein passendes Getränk und musikalische Begleitung abzuschließen. An dieser Stelle darf daher der Hinweis nicht fehlen, dass Im Dezember Terry Hall, der Sänger und Songwriter der Specials, Fun Boy Three und vieler weitere Combos von uns gegangen ist. In diesem Sinne: „Ghost Town“!
Wer kennt ihn nicht, den kleinen Giftzwerg der Kalif werden möchte anstelle des Kalifen? Erdacht von René Goscinny und gezeichnet von Jean Tabary Mitte der 60-er Jahre, erlebte Isnogud, Der Großwesir seine Fehlschläge bis in die späten 70-er! Nach dem Tod des Szenaristen setzte Tabary ab 1977 die Reihe allein fort, 2008 übernahm dann die nächste Generation der Familie Tabary, die Rechte an der Serie liegen mittlerweile bei Renés Tochter Anne Goscinny. Auf Deutsch sind einige der Geschichten in verschiedenen Magazinen (vor-)veröffentlicht worden und waren als die Abenteuer des Kalifen Harun Al Pussah lange bei Egmont EHAPA heimisch. Mittlerweile liegen die Rechte bei Carlsen.
Gerade erschienen ist ein Sammelband im Hardcover mit allen Alben der Tabary-Jahre. Er beginnt folgerichtig mit der Geschichte Das Paradekissen, die den 13. Band der Reihe komplettiert (in Deutschland als Nummer 15 erschienen). Während Goscinny im Regelfall 8-seitige Kurzgeschichten entworfen hatte, die dann zu einem Album zusammengestellt wurden, wechselte Tabary danach zu Alben-langen Erzählungen.
Es folgen Isnoguds Kindheit und Isnogud und die Frauen. Beide Stories sind einem Thema gewidmet, reihen aber Gag an Gag und vereinen anarchistischen Humor, die Bösartigkeit des Großwesirs, die Dummheit des (Mietsklaven) Tunichgut und die Naivität des Kalifen. Tabary bezieht sich dabei immer wieder auf Personen, die bereits in früheren Geschichten aufgetreten waren und stellt so eine Kontinuität her.
Diesem Schema folgen auch die beiden letzten Alben von Jean TabaryIsnoguds Geburtstag und Isnogud endlich Kalif?! die allesamt in Deutschland bereits mehrfach in Zeitschriften oder Alben veröffentlicht worden waren. Eine Besonderheit stellt Isnoguds Komplize dar. Der Großwesir muss sich in der Hölle rechtfertigen warum trotz aller Hilfestellungen der Plan Kalif zu werden immer noch nicht umgesetzt worden ist. Er erhält eine letzte Frist und bekommt Hilfe von bereits in der Hölle sitzenden. Im Original ist das der unschwer zu identifizierende Adolf Hitler, für die deutsche Ausgabe hatte Tabary allerdings die betreffenden Seiten auf Anfrage neu gezeichnet. Die Carlsen-Ausgabe enthält sowohl die originalen als auch die angepassten Seiten.
Wie auch bei Asterix wurde moniert, dass die Glanzzeit der Serie mit dem Tod des Szenaristen René Goscinny geendet habe. Bei Isnogud wird die Umstellung etwas dadurch verdeckt, dass gleichzeitig der Wechsel von Kurzgeschichten zu Alben stattgefunden hat, die es erlauben, Gags über viele Seiten zu variieren. Dieses Stilmittel kleidet Jean Tabary in seine Zeichnungen trefflich aus.
Die Panel sind voll von Details, das mittelalterliche Bagdad ermöglicht neben verspielten Hintergründen und Wüstenlandschaften auch den Gegensatz von Luxus im Palast und tiefstem Elend und Armut in den Slums. Dazu passen die oft karikierend überzeichneten Nebenfiguren, teilweise als Phänotypen verwendet, und die „Stars“ mit ihren deutlichen Emotionen. Ein Klassiker des frankobelgischen Comics aus dieser Zeit!
Die Geschichten mit dem Großwesir sind auf Deutsch schon in diversen Kiosk-Ausgaben und Kompilationen erschienen und damit eher bekannt. Wer aber alle von Jean Tabary allein verantworteten Geschichten gesammelt und in gutem Zustand haben möchte (und damit die ebenfalls bei Carlsen vorliegende Sammlung der Goscinny-Jahre ergänzen möchte), ist mit dieser Ausgabe gut beraten.
Die ergänzenden editoriellen Texte beleuchten die Verfilmungen und die Veröffentlichungsgeschichte der für den deutschen Markt vorgenommenen Änderungen in Isnoguds Komplize und setzten damit ebenfalls dort an, wo die zeitlich frühere Sammlung aufhört. Preislich ist die Ausgabe mit fünf und ein Viertel Alben eher ein Schnäppchen. Von Goscinny und Tabary sind auch die Geschichten um Valentin lieferbar.
Der großartige André Franquin hat der Welt zwei Geschenke gemacht, die ein wenig Anarchie in sich tragen und die Welt, wie wir sie kennen, hinterfragen: Gaston und das Marsupilami. Ersterer hinterfragt nicht nur den Arbeitsalltag und das traditionelle Arbeitsethos, sondern führt es teilweise auch ad absurdum. Das Fabeltier wiederum ist eher dazu da, um Alltagssituationen „verkehrt“ zu lösen. Es vereinigt dabei kindliche Schläue, Naivität und vor allem Neugier und produziert dadurch immer wieder unerwartete Ergebnisse.
Die Tagesstreifen
Auch wenn die Hochzeit der Comicstrips in Tageszeitungen, ja, sogar des Mediums insgesamt, vorbei sind, gibt es doch immer noch genügend Fans dieser Comicgattung. Kein Wunder also, dass auch Batem gefragt worden war, ob er nicht neben seiner Reihe mit dem gelb-schwarzen Tier auch Strips produzieren könne. Er nahm sich schließlich Hubert Colson, das ist der richtige Name von Désert, dazu und die Huba Gags konnten ihren Lauf nehmen!
Natürlich ist der Platz in einem Streifen auf maximal vier bis fünf Panels begrenzt, statt langer Argumentation und Entwicklung ist daher eher schnelle Action oder Situationskomik gefragt. Eine große Anzahl der Gags dreht sich zum Beispiel um den acht Meter langen Schwanz des Marsupilamis, der sich verheddert, verknotet, aber auch als Waffe tätig werden kann.
Viele andere Gags beweisen, dass die Zielgruppe eher auf den Kinderseiten der Zeitungen verortet wird. Der Humor ist immer fröhlich und selbst Bring M. Backalive wird eher verächtlich gemacht als ernsthaft bedroht. Die tägliche Dosis Freude und Entspannung also und damit genau das, was von einem nicht Abenteuer/Action-orientierten Strip erwartet werden kann.
Die Zeichnungen
Naja, das Marsupilami von Batem sieht genau so aus, wie das Marsupilami von Batem! Fans werden sich hier also sofort heimisch fühlen, auch wenn formatbedingt die Panel etwas größer abgedruckt sind als das Zielformat. Wegen der Detailfülle in den Zeichnungen ist das aber alles andere als störend.
Alle Strips sind in Farbe. Das gute Papier gibt diese auch brillant und satt wieder. Obwohl die Seiten nicht glänzen, reflektieren sie doch das Sonnenlicht ein wenig und bekommen dadurch sogar noch etwas mehr Tiefe.
Weihnachten naht
Das Buch im Querformat wird wahrscheinlich seinen Weg in viele Nikolausstiefel und weihnachtliche Geschenkverpackungen finden, ist es doch ein Charakter, den die (Groß-)Eltern kennen und die Kleinen trotzdem mögen. Meiner Meinung nach kann man damit nichts verkehrt machen! Allerdings soll damit beileibe nicht gesagt werden, dass das Buch nur für Kinder wäre. Wie heißt es doch so schön: Für alle von 8 bis 77!
Dazu passen eine Limonade auf Zitronen-Ingwer-Basis sowie Dandy Livingstone mit „Rudy, A Message to You“!
In der Bibliothek der Comic-Klassiker erscheinen in unregelmäßiger Folge nationale wie internationale Must-Haves. Sie ist damit quasi die aktuelle Version der Reihen, die vor Jahren von der Bild und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung verlegt worden waren. Die Aufmachung wirkt aber etwas gediegener und präsentiert die Stoffe in lesbarerer Form! Die Gesamtausgabe enthält alle 18 Geschichten des deutschen Meisterdetektivs.
Kombiniere …
Deutschland im Jahre 1950. Es geht wieder aufwärts, das Wirtschaftswunder nimmt seinen Lauf und neben der Sorge um das nackte Überleben ist wieder Zeit für Zerstreuung. Bestandteil dieses Paketes ist die Illustrierte QUICK mit schnell konsumierbaren News aus aller Welt. Stars und Sternchen bildeten dabei eine Säule, schon ab dem zweiten Jahr aber auch die Geschichten um Nick Knatterton! Bis 1959 sollten die Comics im Magazin bleiben, Lizenzen wurden auch in das Ausland verkauft.
Manfred Schmidt, Erfinder, Texter und Zeichner der Serie, hatte die erste Geschichte als Parodie auf die aus Amerika kommende Kunstform der Comics, speziell Superman, geplant. Für einen deutschen Bildungsbürger waren Bildgeschichten bestenfalls etwas für Kinder, keinesfalls aber wertvoll. Überrascht vom Erfolg und Zuspruch der Leser*innen entstanden dann aber doch insgesamt 18 Episoden mit dem superschlauen Helden in markanter Kleidung mit Pfeife und spitzem Kinn.
Die Geschichten sind voll von Anspielungen auf die damalige politische Großwetterlage und präsentieren ein zeitgemäßes, krudes Frauenbild (giftiger Vamp oder naive Sekretärin) samt üppiger Kurven. Vor allem anfangs fühlt man sich an die wilden, Slapstick getriebenen Abenteuer von Tim bei den Sowjets erinnert. In den späteren Folgen wird die Handlung etwas systematischer entwickelt.
Detailreiche Zeichnungen mit Erklärungen
Ein wesentliches Merkmal der Zeichnungen von Schmidt sind die Kästchen, die Details aus den Bildern erklären. Manchmal wirken diese Texte, als ob der Zeichner seinen Leser*innen nicht zutrauen würde, die Bildsprache zu verstehen. Meistens sind sie aber ironische Anmerkungen, die den Fokus auf bestimmte Details legen. Die Zeichnungen sind schwarz-weiß, haben teilweise mit Wasserfarben gemalte Anteile, und nutzen ein Raster für die Kleidung der Hauptperson.
Schmidt setzt häufig auf Speedlines und Wölkchen, um Bewegung zu visualisieren und pflegt ansonsten einen karikaturesken Stil. Damit ist er mit seinen wöchentlichen zwei Streifen in der Tradition der Zeitungscomics ohne wirklich dazuzugehören. Nick Knatterton ist ein Produkt seiner Zeit und würde so heutzutage niemals ein Publikum finden. Der dahinterstehende rasante Slapstick, die Überhöhung der natürlichen menschlichen Eigenschaften in der Person des Helden und die teils bissigen Kommentare auf das Zeitgeschehen sind aber ein wertvoller Bestandteil der Geschichte des deutschen Comics und damit ein notwendiger Teil einer Comic-Bibliothek in unseren Landen!
Ansprechende Darbietung
Der Hamburger Verlag hat sich erfolgreich bemüht, Nick Knatterton in einer wertigen Form zu präsentieren! Das gut gebundene Hardcover im Querformat steckt in einem hochformatigem Schuber und passt daher in jedes Regal. Damit ähnelt dieser Band auch den anderen Teilen der Reihe. Die jeweiligen Wochenlieferungen wirken durch den großzügigen Weißraum ohne jede Ablenkung und jede der Geschichten bekommt eine kurze Einführung.
Sicherlich gibt es antiquarisch noch die eine oder andere Ausgabe der Geschichten für weniger Geld. Der Preis dieser Ausgabe ist aber für die Ausstattung angemessen und ein neues Buch hat, nicht nur für Sammler*innen, seine Vorteile! Vielleicht auch ein Geschenktipp für Weihnachten für die Opas!
Dazu passen ein klassischer Weinbrand sowie Bill Ramsey mit “Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett”, auch wenn dieser Schlager erst ein paar Jährchen nach der Einstellung der Comics aufgenommen wurde!
Seit einiger Zeit öffnet Dupuis seine Tresore und erlaubt Szenarist*innen und Zeichner*innen, selbst die bekanntesten Figuren für eigene Interpretationen zu verwenden. Herausgekommen sind nicht nur einige vorzügliche Sammelbände mit Kurzgeschichten wie etwa zu Gaston oder den Blauwbloezen (auf Deutsch leider nicht erhältlich). Auch Spirou und Fantasio wurden z.B. in den Niederlanden durch Legendre und Cambré oder in Deutschland durch Flix umgesetzt. Lucky Luke durch Ralf König gehört ebenfalls in diese Kategorie. Mittlerweile sind die zunächst national gedachten Bände sogar in Frankreich in Übersetzung erschienen.
Das Wundertier
Das Abenteuer von Spirou in Berlin zeigte die große Verehrung, die der in Berlin lebende Zeichner Flix für André Franquin empfindet. Nicht nur der lebendige Zeichenstil und die Bildkomposition erinnerten an den Meister, es waren auch Unmengen an mehr oder weniger versteckten Hinweisen auf Franquin’sche Geschichten enthalten. Flix hat nun den Kolleg*innen der Comixene in Nummer 139 erklärt, dass er gerne schon damals das Marsupilami eingebaut hätte. Als es in einem Gespräch um ein neues Projekt ging, hatte er nach einem Marsupilami-Projekt anfragen lassen und erstaunlicherweise die Erlaubnis erhalten.
Das Humbodt-Tier ist das Ergebnis dieser Absprache. Der wohl berühmteste deutsche Naturforscher Alexander von Humboldt hat auf seinen Reisen so viele Artefakte gesammelt, dass immer noch unausgepackte Sendungen in einem Lager stehen. Was wäre, wenn in einer dieser Kisten ein Exemplar des Wundertieres aus Palumbien gewesen wäre? Flix zeichnet die Entdeckung durch den Forscher auf eine sehr liebenswürdige, karikierende Weise und erklärt auch, wie es passieren konnte, dass das Tier so lange in einer Art Tiefschlag gelegen hat.
Schließlich wird es 1931 aber doch von Mimmi, der unerschrockenen Tochter einer alleinerziehenden Mutter, befreit. Das Tier und das Mädchen freunden sich an und erleben aufregende Abenteuer im Dschungel der Großstadt. Die Rolle des immer wieder scheiternden Jaguars nehmen hier ein paar Nazis ein und auch der Großwildjäger Bring M. Backalive findet eine Entsprechung. Mehr sei hier nicht verraten.
Eigenständiger Stil mit hohem Hommage-Faktor
Flix ist einer der wenigen Zeichner in Deutschland, die damit auch ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Er kann sowohl Klassiker wie Faust aufarbeiten als auch Tagescomics mit autobiographischen Inhalten zeichnen und dabei eigenständige Merkmale unterbringen. Auch das Marsupilami verweist wieder auf viele Elemente von Franquin und ist grundsätzlich an den lebendigen Marcinelle-Stil angelehnt. Gleichzeitig haben die Figuren aber auch die Flix-Nasen!
Im Layout orientiert sich Flix am klassischen Spirou-Layout, geht aber mit gewagten ganzseitigen Darstellungen darüber hinaus. Im Wesentlichen vermittelt er eine sehr warmherzige, kindgerechte Atmosphäre. Es gibt einige gruselige Szenen, auch bei diesen muss aber kein Elternteil befürchten, dass Kinder etwa ab 8 Jahren beim eigenständigen Lesen überfordert wären. Insofern ist dieser Band tatsächlich auch ein Comic für die ganze Familie. Da genügend Aufhänger mit Diskussionspotential (Nationalsozialismus, Gier, „Raubkunst“, gesellschaftliche Vorurteile) vorhanden sind, kann die Auseinandersetzung je nach Alter aber auch viel tiefer gehen.
Klassiker-Potential
Einige Bestseller sind vorprogrammiert. Auch hier erwarte ich zumindest in Deutschland einen großen Verkaufserfolg, da die Mischung aus Bekanntheit von Flix, Liebe zur Figur des Marsupilami und Nostalgie-Faktor mit Franquin-Reminiszenzen stimmt. Wegen seiner Vielschichtigkeit hat das Humboldt-Tier aber sogar das Potential, zu einem künftigen Klassiker zu werden. Flix ergeht sich nicht in Romantik, sondern erzählt eine moderne, stimmige und lebendige Geschichte, die unter vielen verschiedenen Aspekten genossen werden kann. Nicht, dass das immer erforderlich wäre, etwas kann auch auf einem kleinen Gebiet große Klasse haben.
Hier aber wird es etwas geboten, an dem Großeltern, Eltern und Kinder gemeinsam Spaß haben können und jede*r eigene Aspekte mag. Wann gibt es so etwas schon mal? Insofern ein klarer Tipp! Und für diejenigen, die auch etwas für die Sammlung haben wollen: Im Oktober erscheint eine Luxusausgabe mit Bonusteil und signierter Grafik!
Dazu passen eine familiengerechte Limonade sowie Lily Allen mit “LDN”!