Die zweite Zusammenarbeit zwischen Achdé und Jul bringt den Cowboy, der schneller schießt als sein Schatten, erstmalig nach Europa.
Zugleich ist der Band gespickt mit Anspielungen auf die aktuelle politische und gesellschaftliche Situation und steht unter dem Motto „Ein Plädoyer für die Freiheit“. Nein, Lucky Luke steht nicht plötzlich in der ersten Reihe der Revolution, keine Bange! Er nimmt aber die Art der Anspielungen aus der Tradition des Uderzo/Goscinny-Asterix auf und bietet daher auch erwachsenen Lesern nicht nur viele Momente des Schmunzelns sondern teilweise auch der Verzweiflung weil vieles, was vor Kurzem noch undenkbar gewesen wäre heute schon beinah als harmlos aufgefasst wird. Der mittlerweile siebte Band von Achdé mit Geschichten um den erwachsenen Westernhelden zeigt einerseits die ganze Routine in den Zeichnungen des Morris-Nachfolgers, beweist aber andererseits den Spaß an Details und witzigen Szenen wenn Jolly Jumper beispielsweise während des Captain’s Dinners Heu (fr)isst. Zudem macht es dem gebürtigen Franzosen augenscheinliches Vergnügen mit der Brille des Amerikaners auf seine Hauptstadt zu schauen.
Worum geht es: Das Abenteuer beginnt ganz klassisch da Lucky Luke die Daltons zurück in ein Gefängnis transportiert. Dabei begegnen sie Auguste Bartholdi der mit dem Arm der zukünftigen Freiheitsstatue auf Promo-Tour durch die Vereinigten Staaten ist. Er muss Geld sammeln um die Statue durch Gustave Eiffel in Paris fertigstellen und nach Amerika verschiffen zu lassen. Unser Held ist nicht nur der Beschützer hilfsbedürftiger Ladys und so begleitet und verteidigt er auch Bartholdi auf seiner Tour. Sein Gegenspieler ist ein Gefängnisdirektor der auf eben jener Insel, auf der die Freiheitsstatue aufgestellt werden soll, ein ausbruchssicheres Gefängnis errichten möchte. Er ist dabei unschwer als Prototyp des polternden Populisten zu erkennen der heutzutage so oft von sich reden macht.
Aufgrund der bereits verübten Anschläge wird Luke von höchster präsidialer Stelle gebeten, auch den Transport der Statue von Paris nach New York zu begleiten und sicherzustellen. Während bisherige Schifffahrten den Cowboy kalt ließen wird sein Verdauungstrakt nun auf das Äußerste beansprucht.
In Paris lernt Lucky alle wichtigen Sehenswürdigkeiten kennen und nimmt am gesellschaftlichen Leben teil. Zu einem Running Gag wird dabei seine Schwarz/Gelb/Rote Kleidung!
Der „Cowboy in Paris“ ist sein Geld wert! Spannende Story, gute Zeichnungen, grafische und textliche Details, die zum mehrmaligen Lesen auffordern – was will man mehr!
Dazu passen ein petit café und französischer Country, etwa von Raphaelle Dess.
In Kürze hier auf comix-online ein Interview mit Achdé und Jul!
Wer zu den Anfängen möchte muss erst einmal weit in die
Zukunft reisen um zu verstehen.
Dieses neueste Abenteuer aus der Reihe „Spirou par/Robbedoes door“ ist zunächst nur auf Französisch oder Niederländisch erhältlich und spielt in einer Steampunk-artigen Zukunft. Die Erde ist schon lange nicht mehr und die Geschicke der Welten werden von der Admistratie unter Z geleitet. Robbedoes/Spirou ist ein Agent eben dieser Verwaltung, Ijzerlijm/Stefanie in dieser Zukunft seine Schwester und der Graf der Opa der Beiden. Während Robbedoes versucht, im Rahmen der Vorschriften Verstöße aufzudecken, gehört seine Schwester den Rebellen an. Während einer wilden Verfolgungsjagd mit Robotern werden sie von Kwabbernoot/Fantasio gerettet der seinerseits ein Doppelagent ist und ein Faible für Siebziger-Jahre Kunst hat.
Im weiteren Verlauf bereisen die drei begleitet von Spip
mehrere Welten auf der Suche nach Material gegen das Regime, der eigene
Vergangenheit und nach Selbstbestimmung. Filippi, wahrlich kein Unbekannter in
der Comic-Welt, führt in einer sehr schnellen und spannenden Geschichte alle
bekannten Figuren des Rummelsdorf/Rommelgem-Universums zusammen. Gegen Ende
wird immer deutlicher, dass Zantafio/Wiebeling die Fäden in der Hand hält. Ob
er sich das tatsächliche Ende allerdings so vorgestellt hat darf mehr als
bezweifelt werden.
Die Zeichnungen von Fabrice
Lebeault sind ein echtes Feuerwerk! Teilweise erinnern die Bilder an
außerirdische Landschaften wie bei Valerian/Ravian, teilweise ist auch etwas
Bourgeon mit dabei. Die Figuren sind sehr modern angelegt, nehmen aber die
klassischen Bestandteile auf und haben daher einen hohen Wiedererkennungswert.
Am stärksten verfremdet wirkt für mich neben Spip/Pips, der zunächst ein
anderes Tier ist, Spirou/Robbedoes, der ein sehr weibliches Gesicht bekommen
hat. Durch die Verfremdungen unterstützen die Zeichnungen die andere Geschichte
der Hauptfiguren und erleichtern die Trennung der Identitäten.
Das Überformat erlaubt den teils ganzseitigen Illustrationen eine noch größere Wirkung und fordert ein mehrmaliges Lesen des Comics will man alle Details wenigstens wahrgenommen haben. Neben den extrem detailreichen Darstellungen gibt es aber auch kleinere Folgen mit hoher Geschwindigkeit oder Nahaufnahmen der Gesichter und ihrer Emotionen. Lebeault beweist, dass er alle Facetten seiner Kunst beherrscht. Umso erstaunlicher, dass von ihm auf Deutsch bisher kaum etwas veröffentlicht worden ist. Nur der alte Splitter-Verlag und Finix führen seinen Namen auf. In den Niederlanden ist immerhin noch De Boeman erschienen, allerdings auch schon vor über 12 Jahren.
Deutsche Leser*innen müssen sich noch etwas gedulden; „Foundation Z“ soll zwar bei Carlsen erscheinen, ein Termin ist aber
noch nicht bestimmt. Für alle, die nicht warten können oder wollen ist dieser
Band ein Muss!
Dazu passen würde ein echtes Siebziger-Jahre Getränk mit
bunter Farbe wie „Grüne Wiese“ und zeitgerechter Glam-Rock zum Beispiel von The Slade!
Originaltitel: Brocéliande 01: Forêt du Petit Peuple
Splitter Verlag
Hardcover | 56 Seiten | Farbe | 14,80 € |
ISBN: 978-3-96219-157-3
Nach den Elfen und den Orks verfolgt auch diese neue Splitter-Serie das Prinzip der durchgehenden bzw. sich ergänzenden Geschichten von unterschiedlichen Teams. Alle drei Monate erscheint ein neues Abenteuer über eine geschichtsträchtige, mythenbeladene und zauberhafte Gegend in dem Wald von Broceliande, also einem Gebiet, das Teile der Normandie und die Bretagne umfasst.
Im ersten Band erzählt Olivier Peru seine Interpretation der Geschichte der ersten und folgenschweren Begegnung zwischen Merlin und Viviane. Obwohl schon tausendmal gehört, beinhaltet diese Geschichte neue Elemente: Die Korrigans – übellaunige Kobolde – zwingen einen Geschichtenerzähler ein neues Abenteuer zu erfinden, in dem sie eine tragende und heldenhafte Rolle spielen. Orignace, so der Name des Schreibers, scheint nun teilweise zu berichten, teilweise scheinen seine Vorgaben aber auch die Handlung zu treiben.
In einer Nebenhandlung versuchen drei Brüder einen weißen Hirsch zu erlegen, der größer und feiner als alles bisher gesehene sein soll. Auf jeden Fall zeigt Merlin nicht nur Viviane seinen geheimen unsichtbaren Palast, auch die drei Schurken können das sagenhafte Land betreten und möglicherweise dort sogar Unheil anrichten.
Neben all der zauberhaften Grundstimmung kommt somit auch
die schnelle und gewalttätige Seite einer Abenteuergeschichte nicht zu kurz. In
der Serienbeschreibung heißt es, dass einerseits dem Sehnsuchtsort Wald ein
mythischer Anstrich gegeben werde, andererseits Humor und Action aber ihren
Anteil hätten. Das klingt zwar etwas überhöht, ist aber als Beschreibung nicht
verkehrt und wird sicherlich den entsprechenden Käuferkreis definieren.
Die Seiten von Bertrand Benoit quellen förmlich über ob all der Details und der liebevollen kleinen Geschichten innerhalb der Panele. Die Gesichter sind ausdrucksvoll wie selten gesehen und geben die Stimmung ihres Trägers lebhaft wieder.
Benoit beherrscht allerdings nicht nur menschliche Figuren sondern auch Wölfe, Hirsche und Drachen und alle diesen großen Tiere dürfen neben kleinen Waldbewohnern ihren Auftritt genießen. Die Farben und der Stil der Kolorierung entsprechen der aktuellen französischen, hauptsächlich durch die Editon Soleil geprägten, Fantasy-Vorgabe, gehören qualitativ aber eher zum oberen Drittel.
Dieser erste Band macht definitiv Lust auf mehr und die Bretagne und die mit ihr verwobene Artussage waren schon immer einer der Lieblingsfluchtorte für Deutsche. Dem Erfolg steht also nichts entgegen. Der relativ geringe Preis und die wie immer vorzügliche Ausstattung aus Hardcover, Überformat und gutem Papier mit satten Farben sind dabei sicherlich nicht hinderlich.
Wer auf unterhaltsame Weise mehr über diese Gegend erfahren möchte und Krimis mag sei im Übrigen auf die „Bretonischen Geheimnisse“ von Banalec verwiesen, das in dieser Gegend spielt. Mehr Information gibt es dann nur noch im Reiseführer.
Dazu passen ein Glas französischer Cidre und Mike Oldfields
Tubular Bells.
Was ist eigentlich ein Klassiker? Definitiv
wohl ein Titel, der seit 50 Jahren auf dem deutschen Markt erhältlich ist und
dessen immer noch erscheinende neue Folgen mit einer Millionenauflage über den
Ladentisch gehen!
Asterix der Gallier ist das
erste Abenteuer von 1959, ursprünglich in Pilote
erschienen und von René Goscinny und Albert Uderzo in Eigenregie entwickelt
um den immer wieder verlangten Klonen von erfolgreichen amerikanischen oder
europäischen Serien etwas Eigenes entgegenzusetzen. Die beiden Franzosen haben
sich dabei ein Setting ausgesucht, dass allen potentiellen Leser*innen in
Frankreich aus der Schule bekannt, im Comic bisher aber noch nicht
breitgetreten worden war: Die Geschichte der Gallier.
Asterix als Serie war nie als Comic für Kinder
konzipiert, sondern bot und bietet mit all seinen Anspielungen auf die aktuelle
politische Entwicklung Spaß auch für Erwachsene. Zudem liehen im Laufe der Zeit
immer wieder bekannte Personen aus Politik, Film und Showbusiness Nebenfiguren
ihr Gesicht. Der Name des Helden ist dabei das Ergebnis der Zusammenfassung von
zwei Kriterien: er sollte mit A beginnen (jede*r Bibliothekar*in wird wissen,
warum) und an den gallischen Helden Vercingetorix
erinnern. Ein Asterikus ist die
Bezeichnung für ein kleines Sternchen und da der Held nicht dem Model der
Superhelden entsprechen sollte, sondern klein zu sein hatte, war der Name
gefunden. Besonderen Spaß hatten die Beiden im Folgenden daran, alle Namen der
Gallier auf –ix enden zu lassen. In späteren Abenteuern wurde dieses Spielchen
auch auf andere Völker angewendet.
Die vorliegende Jubiläumsausgabe enthält den klassischen ersten Band in neuen
Farben und mit dem noch von Uderzo 2006 gezeichneten neuen Titelbild sowie 8
zusätzliche Seiten mit Bildmaterial und einem Text von Volker Hamann zur Entstehungsgeschichte.
Obwohl schon viele zum Stammpersonal der
Gallier gehörende Aktive vertreten sind, sehen sie teilweise noch etwas anders
aus. Erst im Laufe der Zeit haben sie sich zu den ikonographischen Figuren
entwickelt die heute nahezu jeder Westeuropäer kennt. Insbesondere Idefix fehlt hier aber noch, da er erst
im 5.Asterix-Band Tour de France
seinen ersten Auftritt hatte.
1966 wurde diese erste Asterix-Geschichte
erstmals auf Deutsch in KaukasLUPO modern veröffentlicht, allerdings
in einer sehr eigenwilligen Übersetzung und unter dem Titel Siggi der Unverwüstliche. Rolf Kauka
wurden die Lizenzen nach der Veröffentlichung von insgesamt 4 Titeln entzogen
und Adolf Kabatek konnte den
Stuttgarter EHAPA-Verlag überzeugen, nicht nur die freigewordene Lizenz für das
Magazin MV-Comics zu übernehmen,
sondern auch dem Beispiel der Tim-Bücher des Carlsen-Verlages zu folgen und ein
Asterix-Buch herauszugeben. Das war der Beginn einer Erfolgsgeschichte ohne
gleichen. 1968 erschienen die ersten beiden Bände sowohl in einer
Softcover-Kiosk-Ausgabe als auch als gebundenes Hardcover für den Buchhandelsvertrieb
und daran hat sich bis heute nichts geändert. Natürlich gibt und gab es
zusätzliche Veröffentlichungen in Sammelbänden, Mundartausgaben, Wimmelbücher
und und und.
Zur Story: Asterix, Obelix und die anderen
Gallier wohnen zu Zeiten von Julius Cäsar in einem kleinen Dorf, das als
einziges in Gallien nicht von den Römern besetzt worden ist. Es ist zwar von
vier römischen Lagern umzingelt, die dort stationierten Legionäre haben
allerdings kein leichtes Leben denn Miraculix, der Druide des Dorfes, besitzt
das Rezept für einen unbesiegbar machenden Zaubertrank den die Dorfbewohner
regelmäßig zu sich nehmen. Begegnungen zwischen Galliern und Römern nehmen
daher immer einen sehr einseitigen und für die Römer äußerst schmerzhaften
Verlauf. Um hinter das Geheimnis der übermenschlichen Kräfte der Gallier zu
kommen wird ein Legionär als Gallier verkleidet und auf Spionagemission
geschickt. Ihm gelingt es, den Trank zu probieren und beweist seine Stärke im
Kampf gegen seine Legionärskollegen eindrücklich.
Da der Trank seine Wirkung allerdings nur
zeitlich begrenzt entfaltet und der Spion das Rezept nicht mitgebracht hat,
lässt Gaius Bonus den Druiden entführen um mithilfe des Trankes Cäsar werden zu
können. Miraculix und der ihm zu Hilfe kommende Asterix machen sich als
Gefangene über die Römer lustig und beweisen ein immer wiederkehrendes
Grundmuster der Serie: Übermacht alleine genügt nicht, wenn Witz, Zusammenhalt,
Schläue und ein wenig Zaubertrank auf Seiten der Gallier stehen…
Lohnt sich der Kauf dieser Sonderausgabe? Wer
den Band schon sein Eigen nennt wird alleine wegen des neuen Covers
möglicherweise nicht bereit sein, Geld auszugeben. Wer allerdings auch nur ein
wenig Interesse an den Hintergründen zur Entstehungsgeschichte hat und gerne
auch begleitendes Bildmaterial anschaut, wird an den acht zusätzlichen Seiten
seine Freude haben! Wer Asterix der Gallier dagegen noch nicht gelesen haben
sollte, kann jetzt unbedenklich zuschlagen!
Im Übrigen verlost COMIX-online fünf Exemplare der Softcover-Ausgabe! Wer teilnehmen
möchte, erfährt im facebook-Auftritt von COMIX-online alles Notwendige. Vielen
Dank an EGMONT EHAPA Media für die Bereitstellung der Gewinne!
Dazu passt natürlich lauwarme Cervesia und Musik aus vergangenen Zeiten. Die Aufzeichnungen von Troubadix sind im Laufe der Zeiten leider/glücklicherweise verloren gegangen aber Saltatio Mortis tut es auch.
Bier ist seit einigen Jahren wieder in aller Munde,
insbesondere, wenn es sich um neue Geschmäcker oder alte Sorten handelt. Um
Bier, seinen Brauprozess im Wandel der Zeiten und natürlich auch um die
persönlichen Schicksale der handelnden Personen geht es in dem 8-bändigen
Zyklus „Hopfen und Malz“, der ursprünglich zwischen 1992 und 1999 bei Glenat erschienen ist.
Der Autor Jean van
Hamme aus Brüssel ist einer der bekanntesten und erfolgreichsten
europäischen Comic-Szenaristen und dem deutschen Publikum eher von XIII oder Thorgal bekannt obwohl fast alle Serien von ihm in deutscher
Übersetzung vorliegen bzw. veröffentlicht werden. Ältere Einzelwerke wie Epoxy oder Western sind nur noch antiquarisch zu bekommen.
Von dem Zeichner Francis
Vallès, der in den letzten Jahren hauptsächlich mit Stephan Desberg und eben van
Hamme zusammengearbeitet hat, liegt nur wenig vor.
Hopfen und Malz ist eine Serie über die Brauerfamilie Steenfort; den prägenden Personen einer Epoche ist
jeweils eines von insgesamt sieben Album gewidmet – von Charles, 1854 bis zu
Frank, 1997. Comicplus + hat in seiner limitierten Gesamtausgabe von 2016/2017
den abschließenden achten Band mit Kurzgeschichten in den zeitlichen Ablauf
integriert, so dass sich eine sehr lesbare Handlung über eineinhalb
Jahrhunderte ergibt. Es sei dazu gesagt, dass die gesamte Story zwar auf
historischen Fakten beruht, sich aber als reine Fiktion hinsichtlich der
Personen und Unternehmen präsentiert.
Die Story beginnt 1854 in dem belgischen Dorp und dem
Bierbrauer Alfred de Ruiter. Da er seine Angestellten allerdings nicht gerade vernünftig
behandelt und er Moderne auch nicht so aufgeschlossen ist, schafft es einer
seiner ehemaligen Arbeiter – Charles Steenfort – dem Alteingesessenen mit
eigenem Bier Konkurrenz zu machen. Schon hier wird deutlich, dass es um Macht
gehen wird, um Ränkespiele und um psychologische Profile der Akteure. Anders
als sonst bei van Hamme üblich gibt es aber keine wiederkehrenden positiven
Charaktere mit Identifikationspotential. Wen das an aktuelle TV-Serien erinnert
liegt im Übrigen nicht falsch, denn das Skript war ursprünglich als Drehbuch
geplant und wurde erst 10 Jahre später als Comic realisiert. Die
Fernsehadaption erfolgte dann aber doch noch.
Der Comic führt beispielhaft durch die Geschichte des
Brauens und die notwendigen Anpassungen der jahrhundertealten Tradition an
moderne Errungenschaften.
Das Thema der Marktkonzentration, das Ende des letzten
Jahrtausends bereits sehr deutlich zu spüren war, wird ebenfalls nicht
ausgespart. Alleine der Hype des keinen Craft-Brauereien wurde nicht
vorhergesehen.
Daneben gibt es aber auch deutliche zeitgeschichtliche und
politische Themen von Feindschaft, Kollaboration oder „Sünde“ die reflektiert
werden. Hier zeigt sich die Limitierung des Ansatzes: Aufgrund der Beschränkung
auf 48 Seiten pro Epoche und der Notwendigkeit, auch noch die Story und die
Bier-bezogenen Aspekte voranzubringen, sind die Positionen viel zu
oberflächlich und schwarz-weiß dargestellt um wirklich zu überzeugen. Immerhin
beweist das aber, dass Fragestellungen dieser Art auch in nicht-graphic-novel-Formaten
auftauchen können.
Auch wenn die Deutschen in dem 1917 spielenden dritten Band
fast nur karikaturenhaft beschrieben werden, die Auseinandersetzung mit dem
Faschismus in den eigenen (belgischen) Reihen ist in Band 4 schon wesentlich
ehrlicher und verzichtet auf moralisch eindeutige Schuldzuweisungen.
Die Darstellung des jeweiligen Ambientes und der Kleidung
stehen der inhaltlichen Genauigkeit der Story in nichts nach. Vallès schafft es mit seinem
realistischen Stil fast in jedem Bild, einen visuell stimmigen Eindruck zu hinterlassen
und seine Gesichter (für mich immer ein erstes Kriterium der Qualität) sind
nicht nur detailreich, sondern transportieren auch zum Text und der Geschichte
passende Emotionen.
Das Layout der Geschichten ist dagegen eher klassisch: nur
selten wird von der drei- oder vierreihigen Aufteilung abgewichen. Wenn, dann
ist es meistens um einen schnellen Kameraschnitt zu simulieren und Emotion oder
Geschwindigkeit zu transportieren.
Comicplus + integriert in die Gesamtausgabe nicht nur die
Cover der einzelnen Ausgaben sondern ergänzt das Ganze mit viel
Hintergrundmaterial über die TV-Serie, einzelnen Zeichnungen und Abbildungen
von (imaginären) Werbematerialien für Steenfort-Biere.
Die im Original „Meister
der Gerste“ genannte Serie ist nicht nur allen Freund*innen der Braukunst
an Herz zu legen, sondern stellt auch einen spannenden und lesenswerten Versuch
dar, einen so langen Zeitraum exemplarisch darzustellen. Niemand erwarte
allerdings, dass hier objektive Fakten im Sinne eines aufgeklärten Schulunterrichts
präsentiert würden denn dafür stehen viel zu viele Klischees im Vordergrund.
Der erste und zweite Band enthalten jeweils 2 Alben und die
dazugehörigen, ergänzenden Überleitungen, der dritte versammelt die letzten
drei Abenteuer. Alle Bände sind als Hardcover mit Glanzapplikationen auf dem
Titelbild erschienen, auf jeweils 1000 Exemplare limitiert und noch lieferbar.
Die Serie bietet solides Handwerk mit einem nicht
alltäglichen Setting. Van Hamme
beweist einmal mehr seine Fähigkeit, lange Handlungsbögen zu spinnen, darf sich
hier aber sogar Generationenübergreifend betätigen. Vallès ist in Deutschland eher unterschätzt. Neben dieser Serie
liegt nur noch die Gesamtausgabe von Tosca
vor. Die Serie selbst ist nicht nur ein tolles Geschenk für Bierliebhaber mit
Comicleidenschaft oder Comicliebhaber, die gerne Bier trinken sondern auch für
sich selbst eine nette Abwechslung zu der 25-sten Geschichte im gleichen
Ambiente!
Dazu passt natürlich nichts Anderes als belgisches Bier! Wer
mag, kann ein klassisches Lambiek
probieren und mit einem Abtei-Bier
weitermachen. Für alle anderen tut es aber auch ein Belgian Blonde! Im Hintergrund darf die Musik in diesem Falle nicht
ablenken – Wie wäre es mit den australischen The Triffids?
Ein paar
abschließende Worte zu dieser Rubrik: Neue Comics erscheinen mit einer hohen
Frequenz Monat für Monat. Auch wenn sich der klassische Buchhandel vieler Orten
mit einer Comic-Ecke schmückt, zeigt sich, dass der knappe Platz oft für
Dauerseller und Neuerscheinungen gebraucht wird. Es gibt aber viele
Veröffentlichungen der letzten Jahre die es nicht verdient haben, unterzugehen
und dem Vergessen anheimzufallen.
Wenn jemand von euch einen bestimmten Titel hier gerne sehen würde oder gar selbst ein paar Worte darüber verlieren möchte: Dafür ist die Kommentarspalte dar 🙂
Schon immer gab es Abenteuer von Spirou (und Fantasio), die nicht in alle Sprachen übersetzt worden
sind. Auch die Nummerierung der regulären Reihe von Spirou und Fantasio des
deutschen Carlsen-Verlages stimmt mit der Reihenfolge im französischen und
niederländischen Raum nicht überein. Die deutsche Spezialreihe umfasst
einerseits die Bände „Une Aventure
par“/“Robbedoes door“-Veröffentlichungen, andererseits aber auch die
Werkausgabe der Bände von Rob-Vel und
Jije und klassische Abenteuer von Franquin, die woanders separat
erschienen sind. Viele Kurzgeschichten, die innerhalb des Magazins SPIROU
erschienen sind, haben nicht den Weg in eine Albenveröffentlichung geschafft
und sind in Deutschland zum Beispiel in dem JNK-Magazin COMIX oder gar nicht
erschienen.
Daneben gibt es mittlerweile aber auch rein lokale Ausgaben,
bei denen eine Übersetzung zwar möglich, nicht aber zwingend vorgesehen ist.
Gerüchteweise sollen die verschiedenen Spezialausgaben sogar die reguläre Serie
mit einem festen Team komplett ersetzen.
Das letzte Exemplar dieser lokalen Ausgaben ist das
grandiose „Spirou in Berlin“ von Flix, dem es als erstem deutschen
Künstler vergönnt war, eine Geschichte mit Spirou und Fantasio zu schreiben und
zu zeichnen. Flix, mit bürgerlichem
Namen Felix Görmann, ist einer der
bekanntesten und kreativsten Köpfe der aktuellen deutschen Comicschaffenden und
hat bereits einige Preise gewonnen und wurde mit Ausstellungen unter anderem in
Oberhausen belohnt. Seine Spirou-Interpretation schafft es trotz aller
Vorgaben, seinen eigenen Stil zu transportieren, ist aber mit hunderten von
Anspielungen an das Spirou-Universum versehen. Franquin ist fast auf jeder
Seite vertreten und somit ist dieser Comic auch ein Spiel für alle, die Zitate
suchen mögen. Viele Hinweise sind dabei nicht unbedingt graphisch umgesetzt und
selbst die Kauka-Ära kommt vor.
Die Geschichte spielt in den beiden Deutschlands im Jahre
1989 und somit in einer der spannendsten Zeiten der aktuellen Historie. Der
Graf von Rummelsdorf erhält eine Einladung zu einem Mykologenkongress in Ost-Berlin,
möchte dort aber nicht hinfahren. Fantasio steckt mal wieder in einer Krise und
muss eine Titelstory abliefern, ist also ob der Ablehnung zutiefst enttäuscht.
Der Graf wird jedoch entführt und Fantasio wittert seine Chance während Spirou
einfach nur helfen möchte. In Ost-Berlin werden alle Register einer
Agentenstory gezogen, der Widerstand gegen das Regime porträtiert und nebenbei
noch neben Pips weitere Tiere als Akteure präsentiert. In einer tour de force
gelingt es dem Grafen und seinen Freunden, einen bisher beschriebenen aber noch
nie gesichteten Pilz zu entdecken, neue Freundschaften zu schließen, die
Stasi-Überwachung ins Lächerliche zu ziehen und das Thema Flucht aus der DDR zu
beschreiben. Alles weitere wäre zuviel der Spoilerei!
Flix gelingt es,
das Layout der Seiten immer wieder zu variieren und dem Tempo der Geschichte
anzupassen. Seine Figuren sind teilweise sehr reduziert und haben zum Beispiel
keine Münder, sind andererseits wenn nötig aber sehr detailreich angelegt.
Viele Panele kommen ohne Text aus und konzentrieren den Fokus daher auf den
Bildinhalt, andere bilden eher einen Rahmen für Soundwörter. Dieser Comic ist
also definitiv einer, der ein mehrmaliges Lesen erfordert!
Der Preis von 16 € ist für deutsche Verhältnisse angemessen
da es sich um eine wertige Hardcover-Ausgabe handelt.
Mehr zu diesem Comic wäre angesichts des Presse-Hypes eine
reine Wiederholung.Flix ist im Übrigen gerade auf einer Lese- und Signiertour
durch Deutschland.
Eine andere Richtung schlägt das von den Amoras-Veröffentlichungen bekannte Team Cambré und Legendre ein. Sie bewegen sich mit ihren bisher zwei Teilen sowohl
konzeptuell als auch zeichnerisch eher im bekannten Rahmen der bisherigen
Spirou-Abenteuer und könnten auch das aktuelle Team der regulären
Veröffentlichungen darstellen. Trotzdem sind ihre Geschichten bisher nur auf
Niederländisch verfügbar. Dementsprechend heißt der titelgebende Held auch Robbedoes!
In einem fast Slapstick haften Beginn gewinnt Fantasio im bereits
2017 erschienenen ersten Band eine Puppe, die sich nicht nur bewegen, sondern
auch sprechen kann. Obwohl im Comic deutlich als künstlich zu erkennen,
scheinen die handelnden Personen sie von einem echten kleinen Mädchen nicht
unterscheiden zu können, was zu herrlichen Szenen führt.
Der Graf hat (natürlich) eine neue Erfindung gemacht, die er auf einem Kongress vorstellen möchte. Scheinbar haben allerdings dunkle Gestalten davon Wind bekommen so dass ein sicherer Transportweg für das „Ei“, also die neue Entwicklung, gefunden werden muss. Fantasio und Spirou machen sich getrennt vom Grafen auf den Weg und nutzen die Puppe als Versteck. Um die Tarnung perfekt zu machen, verkleidet sich Fantasio als Mutter und die Drei ziehen als Familie los… Wer die klassischen Geschichten liebt wird seine helle Freude an dieser Tour haben.
Auch der zweite Band sprüht vor Einfällen mit technischem
Einschlag und kommt ähnlich wild daher. Fantasios Cousin Zantafio hat mal
wieder eine tolle Idee: Mithilfe von mechanischen Fischen möchte er
Schmuggelware außer Landes bringen. Da die Geschichte zur Weihnachtszeit
spielt, gelingt es Cambré und Legendre spielend, noch jede Menge
Klischees durch den Kakao zu ziehen und auch Stefanie darf ihre bekannte Rolle
der den alten Kollegen ärgernden Reporterin spielen.
Auch in dieser Serie spielen landestypische Elemente ihre
Rolle und Verweise finden sich überall. Referenzen auf die Originalserie sind
hier nicht so direkt angebracht, sondern deuten sich eher durch das Verständnis
der Psyche und der Handlungsweisen der Akteure an; die Comics ähneln daher
nicht so einem Suchspiel wie bei Flix.
Es findet sich auch weniger Ehrfurcht vor den alten Meistern als bei der
Geschichte aus Deutschland. Vom Spaß her können es beide aber miteinander
aufnehmen!
Immer wieder erstaunlich ist der Preis der Softcoverausgaben
mit 6,95 €, der hier in Deutschland selbst für Lucky Luke und Asterix bereits
überschritten wird. Dafür gibt es solide gedruckte und haltbare Ausgaben auf
leicht glänzendem aber griffigem Papier.
Eine Erwähnung soll auch die bereits 2014 erschienene Geschichte aus dem SPIROU-Magazin 3997 finden. In dem wöchentlichen Heft erscheinen immer wieder Kurzgeschichten des Stammteams aber auch anderer Künstler die nur selten den Weg über die Landesgrenzen finden. Dabei beweist Dupuis auch durchaus sehr viel Humor wie mit der an einem 1. April veröffentlichten angeblich verschollenen Geschichte von Rob-Vel. Üblicherweise finden sich allerdings viele verschiedene Serien in einer Ausgabe. In der Nummer 3997 dreht sich aber alles um den Pagen mit der roten Uniform: Ein Autor und 71 Zeichner*innen erzählen in „Spirou a disparu“ die Geschichte eines Verschwindens und wie bei den vielen mittlerweile veröffentlichten Hommagen benutzt jeder Zeichner seinen eigenen Stil. Hier allerdings geht es um eine fortlaufende Geschichte so dass jeder nach einem vorgegebenen Skript zwar eigene Akzente setzen kann, Übergabepunkte aber beachten muss. Autor ist Pascal Jousselin dem wir auch den unglaublichen Imbattable verdanken.
Natürlich leidet darunter der
Lesespaß da man sich nicht so leicht „eingrooven“ kann. Andererseits ist das
eine perfekte Möglichkeit eben besonders auf die Zeichnungen zu achten und sie tatsächlich
im Vergleich des gleichen Kontextes genießen zu können.
Das Heft sollte auf einschlägigen Verkaufsplattformen oder
(im französischen Raum) bei Comichändlern relativ problemlos zu bekommen sein.
Fazit: Die
nationalen Ausgaben beweisen, wieviel Potential in einer so alten Serie steckt
und wie viele neue Ideen daraus und damit generiert werden können. Während
fortlaufende Serien den Vorteil bieten, dass sich Handlungsstränge und damit
auch Personen entwickeln können, Probleme vertieft werden und Epiken sich
entwickeln können, bietet das Franchise-Unternehmen mittlerweile nicht mehr nur
noch amerikanischen Superhelden die Möglichkeit ständig neuer Inkarnationen.
Dadurch können Kreative unterschiedlichen Alters und Herkunft die jeweils
eigenen Aspekte in den Vordergrund stellen und eine „Vergreisung“ vermeiden.
Der nächste Schritt der Crossover hat
bei frankobelgischen Serien allerdings abgesehen von zitatgleichen, ein
Panel dauernden Gastauftritten bisher nur im Rahmen der Memes zur
Fußballweltmeisterschaft stattgefunden als bei Frankreich gegen Belgien überall
Tintin und Asterix zu sehen waren.
Dazu passt Up-Tempo-Musik wie zum Beispiel Buster Shuffle und
ein „Schirmchen-Getränk“!
UPDATE: Ab dem Frühjahr 2025 werden im ZACK die neuen Abenteuer von Julie Wood zu verfolgen sein. Sie sollen thematisch direkt an die bekannten Stories anschließen. Warten wir ab, was das für die alten Geschichten bedeuten mag.
Jean Graton ist bekannt als der Vater von Michel Vaillant und damit dem Automotorsport auf das innigste verbunden, er hat in den siebziger Jahren aber auch eine Serie über eine Motorrad fahrende junge Frau geschrieben: Julie Wood! Der MOSAIK Verlag hat sich nicht nur der Aufgabe verschrieben, Michel Vaillant komplett und einheitlich zu veröffentlichen, er hat auch eine Gesamtausgabe mit den Abenteuern „der kleinen Schwester“ begonnen. Der erste Teil der Gesamtausgabe beinhaltet die ersten drei Alben, die ursprünglich noch unter dem Serientitel „Die Woods“ bei Dargaud erschienen sind. In Deutschland erschienen alle drei Bände bereits 1977 bzw. 1978 im alten ZACK, die ersten beiden später dann ebenfalls als Alben im Koralle-Verlag. Auf eine Neuveröffentlichung mussten die Fans also 40 Jahre warten!
Das Warten hat sich allerdings gelohnt: Man merkt den Zeichnungen an, wieviel Spaß Jean Graton dabei hatte, rasante Rennszenen mit Motorrädern zu erstellen! Die Geschichten sind auf dem Höhepunkt seines Schaffens entstanden und atmen den Geruch von Motoröl und die Lautstärke der aufheulenden Motoren förmlich aus.
Julie Wood und ihr Bruder Indy sind mit Autos aufgewachsen. Beide verbindet der Wunsch, Rennen zu fahren und an ihren Fahrzeugen zu basteln. Während Indy als Mann zwar gewisse Widerstände zu überwinden hat, letztendlich aber relativ einfach seinen Berufswunsch umsetzen kann, hat es Julie als junge Frau deutlich schwieriger. Trotzdem schafft sie es, ihren Vormund zu überzeugen, und darf eine Lizenz als Fahrerin beantragen. Während ihres ersten Rennens muss sie sofort erfahren, dass Fahrkünste allein nicht ausreichen um sich auf der von Machos dominierten Piste durchzusetzen. Ihrem Status als zukünftige Heldin geschuldet kann sie aber trotzdem beweisen, dass sie eine gute Fahrerin ist.
Für die damalige Zeit äußerst selten ist, dass die Geschichten einen längeren Handlungsbogen transportieren. Zwar ließen sich alle Bände aufgrund der Einführungen auch alleine konsumieren, der Bogen um die Beziehungen zwischen Julie und ihren Kontrahenten, die Entwicklung im Verhältnis der beiden Geschwister und der Krimiplot im Hintergrund wird aber erst in der Kombination der Bände ersichtlich und spannend.
Eingeleitet wird die Gesamtausgabe mit einem Artikel über die „echte“ Julie, also die Frau, die für die den Zeichnungen zugrundeliegenden Fotos auf einem Motorrad posierte, und ihre Beziehung zu Jean Graton. Um das Gefühl der Siebziger besser verstehen zu können werden in der Einleitung des Weiteren DIE Motorräder der Zeit, prägende Schallplatten und wichtige politische Ereignisse beschrieben. Für alle, die die damalige Zeit nicht miterlebt haben, sicherlich eine sehr gute Hilfestellung um sich einzugrooven. Alles schien möglich, alles war neu und doch gab es schon Anzeichen, dass nicht alles toll sein würde. Definitiv war es aber die richtige Zeit um den Kerlen eine toughe Heldin an die Seite zu stellen, die nicht nur ihren eigenen Kopf hat, sondern aus eigenen Fähigkeiten heraus der männerdominierten Welt zeigen konnte, wo es langgehen wird.
Die Tatsache, dass es sich dabei um eine Blondine handelt, hat in einem Magazin, das hauptsächlich Jungs als Zielgruppe hatte, sicher nicht geschadet.
Erwähnt werden sollte dabei, dass Graton mit diesem Thema durchaus offensiv umgeht. So muss sich die Heldin nicht nur damit herumschlagen, dass eine Fotoserie mit ihr nicht nur die Sportlerin zeigen soll sondern sie auch zu anzüglichen Posen aufgefordert wird. Zudem ist Julie sehr schlagkräftig und die von ihr verteilten Ohrfeigen entwickeln sich fast schon zum Running Gag!
Über die Handlung selbst möchte ich gar nicht allzu viel verraten. Neben den zu erwartenden Rennen gibt es eine Liebesgeschichte, den bereits erwähnten Krimiplot, der so auch von Greg in einem Andy Morgan Abenteuer hätte verwendet werden können, sehr schöne Wüstenlandschaften und das, was neudeutsch comig-of-age heißen würde: Das Erwachsenwerden ist nicht leicht und Träume sind in der Realität nicht immer so einfach umsetzbar.
Ist Julie Wood ein Comic für ältere Männer, die mit dem ZACK groß geworden sind? Sicherlich! Ein großer Schuss Nostalgie und die damit transportierten Erinnerungen an die eigene Jugend gehört für die Käufer dieser Gesamtausgabe bestimmt dazu! Trotzdem wird hier eine moderne Heldin dargestellt, die sich in einer Männerwelt zu behaupten weiß und ständig reflektiert, ob sie das richtige macht, sich letztendlich aber immer dafür entscheidet, keinen Rollenbildern zu gehorchen, sondern ihren eigenen Träumen zu folgen. Mag das Setting etwas veraltet wirken, das Thema ist es nicht.
Den Zeichnungen von Jean Graton ist anzumerken, dass sie zu seiner besten Zeit entstanden sind: kraftvoll, dynamisch und trotzdem voller Details. Wie für dieses Genre üblich sind oft Details über Maschinen oder Rennstrecken eingestreut, so dass der Textanteil manchmal etwas zu hoch wirkt. Er entspricht aber den Erwartungen der Leser*innen, dabei und informiert sein zu wollen. Die Übersetzung beinhaltet teilweise Sprechblasen mit englischem Content, insbesondere bei Ausrufen oder anderen emotionalen Inhalten, was teilweise etwas deplatziert wirkt. Insgesamt hat Uwe Löhmann bei der Übersetzung aber einen guten Job gemacht!
Da auch die Cover der deutschen und französischen Originale sowie einige Titelbilder des ZACK abgebildet sind und in der Einführung die oben bereits beschriebenen weiterführenden Informationen vorhanden sind, erfüllt die Ausgabe alle Anforderungen an eine moderne Gesamtausgabe und ist allen Freund*innen des klassischen Rennsportcomics wärmstens zu empfehlen!
Wer die Zeit bis zum Erscheinen des zweiten Bandes nicht abwarten kann, sollte einen Blick in die aktuellen Veröffentlichungen der Hauptserie Michel Vaillant werfen: im gerade erschienenen Band „Die Bugatti-Affäre“ spielt Julie Wood ebenfalls mit.
Da der Comic in den USA spielt, passt dazu ein klassisches Budweiser und nichts anderes als Joan Jetts „I love Rock’n’Roll“!
In der Rubrik „Klassiker des Monats“ sollen Comics vorgestellt werden, die nicht mehr taufrisch sind. Sie können schon Jahrzehnte auf dem Buckel haben oder wie in diesem Fall erst ein Jahr. Ihnen allen ist aber gemein, dass Sie es nicht verdient haben unter der Flut der Neuerscheinungen begraben und vergessen zu werden!
Wenn man fragen würde, ob das Marsupilami oder Gaston die wichtigere Erfindung des Altmeisters André Franquin wären, würden die Antworten wohl in etwa gleichverteilt ausfallen. Der sympathische und chaotische Redaktionsbote war Franquins Möglichkeit, den Serienzwängen von Spirou zu entgehen und – auf seine Art und Weise – Kritik am Arbeitsablauf und den Verhältnissen bei Dupuis und in der Spirou-Redaktion zu äußern, und gehört zu den absoluten Klassikern der neunten Kunst.
Während in Frankreich schon 2014 die Rückkehr des Chaoten auf die Seiten des Spirou-Magazins mit einem Kalender gefeiert wurde und immer neue Texter*innen und Zeichner*innen um ihre Interpretation geboten wurden, mussten deutsche Leser*innen dagegen auf den „neuen“ Gaston warten. Der deutsche Hausverlag Carlsen konzentrierte sich zunächst auf die vorbildliche Edition des „ganzen Gaston“ in einem fünf Hardcover vereinenden Schuber. Nicht enthalten sind darin allerdings verständlicherweise die Neukreationen mit dem vertrottelten Jo-Jo zu Kauka-Zeiten. Von 1968 bis 1978 veröffentlichte Kauka mit allen bekannten „Anpassungen“ die Abenteuer des Redaktionsboten Gaston Lagaffe erstmals in deutscher Sprache und bereitete damit die Basis für alles Weitere.
Die Tatsache, dass es überhaupt wieder neue Comics mit Gaston gibt, ist durchaus zu hinterfragen, hatte Franquin doch verfügt, dass die Figur von keinem anderen gezeichnet werden dürfe. Die Bewertung möge allerdings jede*r selbst vornehmen.
Im Februar 1957 hatte eine noch namenlose Figur ihren ersten Auftritt; anfangs stand sie einfach nur im Weg doch schon nach kurzer Zeit wurde Gaston der Star einer zunächst halb- und später ganzseitigen Geschichte. Während Gaston durchaus mit anderen Figuren aus dem Spirou-Universum interagierte entwickelte sich eine ganze Gemeinschaft aus speziell für diesen Strip kreierter Personen und Tiere mit zum Teil ikonographischen Auftritten.
2017 konnte nun also das 60-jährige Jubiläum gefeiert werden. Schon zu früheren Zeiten war es bei Spirou üblich, Jubiläen mit Hommagen anderer Künstler*innen zu feiern und so geschah es auch jetzt.
Im Carlsen Verlag ist die deutsche Übersetzung des französischen Originals erschienen die XXX Beiträge ganz unterschiedlicher Stilrichtungen präsentiert. Von der Form her handelt es sich dabei um einzelne, ganzseitige Illustrationen, One-Pager aber auch mehrere Seiten umfassende Werke. Sie sind teilweise an den Stil der jeweiligen Hauptserie angelehnt, teilweise wird versucht, den Stil Franquins zu treffen oder zu karikieren und entwickeln die beliebten Hauptmotive der Originalserie weiter. Der/die Leser*in darf sich also nicht nur über neue technische Meistererfindungen oder Auftritte des Gastophons freuen, auch die unendliche Geschichte der gescheiterten Vertragsunterzeichnung wird fortgeführt.
Der Band ist vorbildlich als Hardcover ausgeführt. Leider vermisse ich eine Überblicksseite mit der Auflistung aller Beiträge, gemeinhin als Inhaltsverzeichnis tituliert. Das Auffinden eines speziellen Beitrages würde dadurch sicherlich erleichtert… Schön ist dagegen das einheitliche Layout das sowohl Akteure und Titel benennt, andererseits teilweise das von Franquin zur Meisterschaft veredelte Spiel mit der Signatur aufnimmt.
Bereits im letzten Jahr ist in den Niederlanden ein Band erschienen, der 47 Beiträge von niederländisch-sprachigen Künstlern aus Holland und Belgien vereint. Die zwei erhältlichen Ausgaben unterscheiden sich neben dem Preis in der Bindung (Hard- bzw. Softcover) und im Motiv des Umschlags.
In zwei Vorworten des Herausgebers und von Marc Legendre werden noch einmal sehr persönlich die Bedeutung von Franquin und vor allem Gaston für den europäischen Comic und sein Einfluss auf viele der heute aktiven Künstler herausgestellt. Die Kombination aus menschlichem Slapstick, Alltag und tierischen Akteuren waren damals einzigartig.
Die beteiligten Künstler*innen versuchen jeweils mit ihrem Stil das Wesen von Gaston oder Guust, wie er bei unseren Nachbarn heißt, zu erfassen. Die Resultate bewegen sich daher zwischen einer seitenfüllenden Zeichnung und 24 Panelen auf einer Seite. Die Figurendarstellung ist von Franquin-ähnlich über karikierend bis zu grahic-novel-artig ebenfalls sehr unterschiedlich. Allen Beiträgen ist aber anzumerken, dass sie sich liebevoll und achtungsvoll dem Thema nähern.
Thematisch haben einige versucht, Gaston in eine andere Lebenszeit (sei es Jugend oder Rente) zu versetzen, um nicht zu nah am Original zu sein. Andere spielen dagegen mit den bekannten Szenarios der verhinderten Vertragsunterschrift, der Liebesbeziehung mit Fräulein Trudel oder der sagenhaften Faulheit.
Einige der beteiligten Künstler wie Marc Legendre, Daan Jippes, Eric Heuvel, Griffo oder Romano Molenaar sind auch teilweise auf Deutsch erhältlich, die meisten sind aber eine Neuentdeckung wert!
Eindeutig eine ideale Ergänzung zu der deutschen Ausgabe, zumal es keine Überschneidungen gibt.
Gerade in ihrer Kombination beweisen die beiden Bände mit über 100 Beiträgen die Wichtigkeit von Gaston für den aktuellen europäischen Comic. Beide sind auf den üblichen Bezugswegen noch erhältlich.
Dazu passt nichts Anderes als Jazz und Cocktails! Wer es noch authentischer mag möge doch bitte das Geschrei einer Lachmöwe im Hintergrund laufen lassen.
PS: Sollte jemand von euch Leser*innen einen Wunsch für folgende Beiträge dieser Reihe haben oder gar selbst einen Klassiker vorstellen wollen: Es gibt eine Kommentarfunktion unter dem Beitrag!
Michel Vaillant ist wohl DIE bekannteste Rennfahrerserie überhaupt weltweit und ihr Erfinder und anfangs auch alleiniger Szenarist und Zeichner Jean Graton war ein ständiger Gast auf allen Rennstrecken dieser Erde um das Flair der Piste und der Boxen, den Geruch und das Adrenalin hautnah einzufangen. So spielen in dieser Serie nicht nur die erfundenen Personen des Clans Vailant und ihrer Hauptgegner mit, sondern auch unzählige echte Rennfahrer. Noch heute besteht diese enge Verbindung: So nahmen beispielsweise am 24 Stunden Rennen von Le Mans im letzten Jahr (2017) zwei Oreca 07 für das Team Vaillante Rebellion unter anderem gesteuert von Nelson Piquet junior, Nicolas Prost und Bruno Senna teil. Damit wurde ein Vaillante aus der zweiten Staffel von der neuen Generation vormaliger Weltmeister gefahren.
Die allererste Geschichte wurde bereits 1957 in Tintin veröffentlicht und war von Graton noch in der klaren Linie Herges angelegt. Später wurden die Zeichnungen aufgelockerter und moderner und Graton erhielt die Unterstützung seines Sohnes Phillippe bei den Szenarien und des Studios Graton bei den Zeichnungen. Bis 2007 sind 70 Alben in der nun sogenannten ersten Staffel erschienen von denen aktuell 61 Bände in der ZACK-Edition erhältlich sind!
Nach den ersten Anfängen als Michael Voss noch in der Mickyvsision 1965 und den grandiosen Zeiten im alten ZACK hatte Michel Vaillant in Deutschland eine Verlags-Odyssee durchzustehen, ehe der jetzige Verlag vor 12 Jahren begann, nach und nach zunächst alle unveröffentlichten und dann alle vergriffenen Publikationen einheitlich neu herauszubringen. Auch die lesenswerte zweite Staffel mit neuen Kreativen und einer modernisierten Handlung läuft bereits seit 2012 und ist ebenfalls im MOSAIK Verlag auf Deutsch erschienen. Den Vorabdruck bietet der Tradition folgend das „neue“ ZACK!
Der aktuelle Band (Nummer 54) erschien erstmalig vor 20 Jahren auf Deutsch und ist jetzt um redaktionelle Inhalte ergänzt und in guter Druckqualität wieder aufgelegt worden. Da es sich bei „Die Bugatti-Affäre“ eigentlich eher um einen Krimi handelt, ist dieser Band sehr zeitlos! Steve Warson – zu dieser Zeit noch mit Julie Wood liiert, die daher ebenfalls kurze Auftritte hat – wird von einem ehemaligen Schulkameraden gebeten, an einer Geburtstagsüberraschung für dessen todkranken Vater mitzuwirken. Er möchte ihm ein Rennen in Zandvoort mit klassischen Bugatti-Autos und aktuellen erfolgreichen Fahren schenken und wer wäre besser für eine solche Aufgabe geeignet als Steve, der immer schnell zu begeistern ist. Da es für ein solches Unterfangen einiger Bugattis bedarf, kommt die Cité de l’Automobile – Musée National – Collection Schlumpf zu einem großen Auftritt, denn Steve besucht dieses größte Automobilmuseum der Welt in Mühlhausen. Alleine diese Bilder sind es schon wert, den Comic zu lesen!
Wie für Serien aus dieser Zeit typisch, steht nicht alleine die Handlung im Vordergrund: Immer wieder werden Rennstrecken und Autos – wie auch hier – detailliert vorgestellt und beschrieben. Die Zielgruppe sind halt technikbegeisterte Jungen und männliche Erwachsene. Dass dieses Konzept auch heute noch funktioniert lässt sich immer wieder beobachten, wenn Jungen oder Jugendliche bei Messen am Stand von Michel Vaillant die Alben durchblättern! Ein wesentliches Erfolgsmerkmal von Michel Vaillant ist dabei die Akribie der Vorbereitungen und die Genauigkeit der Darstellungen. So ließe sich dieses Album durchaus als Museumsführer für einige Bugattis aus der Automobilstadt verwenden.
Zurück zum Ablauf: Nachdem Steve es unter großen Schwierigkeiten tatsächlich geschafft hat, alle Beteiligten zur Mitwirkung zu überreden und ein phantastisches Rennen in Zandvoort stattgefunden hat, soll dem todkranken, im Rollstuhl sitzenden und vor Rührung überwältigtem Mann eine Nacht im Kreise der Oldtimer ermöglicht werden.
ACHTUNG SPOILER: Am folgenden Tag beginnt dann die Krimihandlung, die auf sehr offensive Weise mit den guten und schlechten Charaktereigenschaften von Steve Warson aber auch von Michel Vaillant spielt. Der sonst so strahlende Held muss sich tatsächlich am Ende entschuldigen.
Die Zeichnungen bewegen sich hauptsächlich im strengen 4×2 Layout mit teilweisen Verbindungen innerhalb der Zeile oder von zwei Zeilen. Selten wird auch einmal ein dreizeiliger Aufbau verwendet. Die ganzseitigen Illustrationen dienen entweder der katalogartigen Darstellung vieler unterschiedlicher Modelle oder dienen der Dramatik und der Geschwindigkeit im Rennverlauf und sind daher bewusst eingesetztes und für die jeweilige Aufgabe optimales Stilmittel gerade wegen ihrer Exklusivität!
Klare Kaufempfehlung für diesen Titel der trotz seines Alters auch heute noch nichts von seinem Reiz verloren hat: Klassische Autos, Lautstärke der Motoren und ein ehrlicher Betrug J
Dazu passen ein guter und starker Kaffee und der Sound dröhnender Motoren.
Diese Rezension wartet schon ein wenig auf ihre Veröffentlichung. Mittlerweile ist bereits das 36. Abenteuer der Schlümpfe im Splitter-Imprint toonfish erschienen. Damit bleibt die deutsche Veröffentlichung nahe am Original und der geneigte Leser kann tatsächlich alle Bände auf Deutsch in einheitlicher Ausstattung genießen.
Die Schlümpfe gehören dabei zu den bekanntesten Figuren der Welt. Neben den Comics von Peyo gab es schon sehr früh extrem viel Merchandise der blauen Wichtel, mehrere Zeichentrickserien von Dupuis bzw. dem Studio Hanna-Barbera und mittlerweile immerhin drei „Realfilme“, die zu internationalen Blockbustern geworden sind. Sie haben sich dabei seit ihrem ersten Auftritt 1958 als Nebenfiguren in Johann und Pfiffikus zu absoluten Helden gewandelt. Zudem sind sie auch musikalisch sehr erfolgreich vermarktet worden, wenn auch zugegebenermaßen nicht jeder Geschmack damit getroffen wurde. International findet man sie unter den Trademarks „Smurfs“ oder „Schtroumpfs“.
Die Comics sind glücklicherweise durch diesen ganzen Ruhm nicht wesentlich anders geworden. Noch immer stehen die Alltagsprobleme der 100 Schlümpfe samt der später dazu gestoßenen Schlumpfine mit sich selbst und vor allem mit dem bösen Zauberer Gargamel im Mittelpunkt der Geschichten. Jeder der Schlümpfe hat dabei bestimmte Eigenschaften die sein Verhalten und seine Wünsche bestimmen und die meistens schon durch den Namen ausgedrückt werden. Im Mittelpunkt dieses Abenteuers stehen neben Schlumpfine, die als Archetyp aller positiven wie negativen Klischees die Frauenrolle bedient, Hefty und Schlaubi. Während ersterer ausgestattet mit Herz-Tattoo und Muskelkraft eher für die einfachen Lösungen zuständig ist, stellt der einzige bebrillte Schlumpf den Schlauberger dar, der jede Regel kennt, aber auch nicht eine davon brechen würde.
Beide zusammen entdecken eine Amphore im Bach, bergen und öffnen sie und stellen fest, dass diese scheinbar nur Kiesel enthält. Die zurückgelassene Amphore wird dann später von Gargamel gefunden. Tatsächlich waren in ihr aber auch zwei Dschinns, die nun ihren jeweiligen Befreiern dienen müssen. Was zunächst nach einem außerordentlichen Glücksfall aussieht, entpuppt sich als deutlich komplizierter, denn sosehr sich Agenoir und Adenior, so die Namen der Dschinn-Zwillinge, auch bemühen, ein funktionierendes Ergebnis entsteht nur dann wenn sich Schlaubi, Hefty und Gargamel gleichzeitig und ernsthaft dasselbe wünschen.
Bis die Schlümpfe gemerkt haben, dass eine Kooperation der beiden Antagonisten notwendig ist, hat der Dschinn, der im Schlumpfdorf untergekommen ist, bereits ebenso viel Unruhe gestiftet wie sein Zwilling in Gargamels Hütte. Und ebenso selbstverständlich ist das Spektrum der Wünsche der Schlümpfe vollständig inkompatibel mit dem des bösen Zauberers. Aber es bleibt ihnen allen nichts anderes übrig als zu kooperieren und nebenbei zu versuchen, die jeweils andere Seite auszutricksen. Die beiden Autoren bedienen sich dabei munter der klassischen Sagenwelt so dass der erwachsene und mitteleuropäisch sozialisierte Leser das Ergebnis bereits kennt und umso mehr Freude an der Herleitung hat!
In heutigen Zeiten ist man vielleicht versucht, in die Notwendigkeit zur Kooperation völlig unterschiedlicher kultureller Ansätze etwas hinein zu interpretieren, doch dieser Comic will einfach nur gut unterhalten ohne zu belehren (Naja, vielleicht ein bisschen, denn Eigennutz zahlt sich halt nie aus) oder Statements abzugeben. Genau das entspricht aber auch der Erwartungshaltung des Publikums seit fast 60 Jahren!
In einem zweiten Handlungsstrang geht es ebenfalls um ein Dauerthema, nämlich Eifersucht! Weil Schlumpfine sich um die beiden Dschinns kümmert, befürchten sofort einige Schlümpfe nicht mehr beachtet zu werden und fühlen sich vernachlässigt. Sie schlüpft dabei fast in eine Mutterrolle und steht dadurch Papa Schlumpf in seiner Verantwortung für alle an der Seite. Die anderen geraten dadurch natürlich in eine noch stärkere Kinderrolle, die für einiges Wiedererkennen sorgt :-).
Was man der Reihe absolut zu Gute halten muss, ist, dass sie nicht wie andere ähnliche Konzepte in den 50ern und 60ern stecken geblieben ist, sondern immer wieder neu Themen für sich gefunden hat, die auch die aktuelle Kindergeneration ansprechen. Selbst die allerersten Abenteuer sind dabei so zeitlos, dass sie immer noch funktionieren und nicht wie beispielsweise Jo, Jette und Jocko nur noch dokumentarischen Reiz haben.
Klassische vier Panelreihen als Grundlayout werden immer mal wieder durchbrochen. Obwohl die Figuren und die Farbgebung moderat modernisiert worden sind, unterscheiden sich die aktuellen Schlümpfe immer noch nur wenig von den Originalen und verbreiten den gleichen Charme wie früher. Einzig das Cover ist deutlich moderner und spricht die aktuelle Käufergruppe an ohne die alten Hasen zu verschrecken.
Nebenbei sei erwähnt, dass toonfish nicht nur die Alben der Schlümpfe sondern auch die Kurzgeschichten und verschiedene thematisch orientierte Zusammenstellungen veröffentlich hat. Die ebenfalls von Peyo stammenden und später fortgesetzten „Urväter“ Johann und Pfiffikus liegen in einer vorbildlichen Gesamtausgabe vor und auch Benni Bärenstark wurde mittlerweile in 14 Alben komplett veröffentlicht.
Wie gewohnt nun die Frage, welche Musik und welches Getraänk den Lesegenuss abrundet: Dazu passt „Vader Abraham“? Nein, nicht wirklich. Eher etwas chillige Lounge-Musik und natürlich ein Sarsaparilla-Cocktail! Da dieser etwas schwierig zu bekommen sein dürfte, geht auch etwas mit Himbeeren (eisgekühlt!) und Minze.