Bess – ZACK Lach Box 6: Häuptling Feuerauge 1

Alle Strips und Sonntagsseiten vom 11.09.1967 bis 05.05.1968

Story: Gordon Bess
Zeichnungen: 
Gordon Bess

Originaltitel: Redeye

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Softcover | 72 Seiten | schwarz-weiß | 18,00 € |

Limitiert auf 555 + 55 Exemplare

ISBN: n/a

Cover ZACK Lach Box 6

Eine der beliebtesten Serien des Koralle-ZACK bekommt endlich eine angemessene (Gesamt-) Veröffentlichung im deutschsprachigen Raum. Nun ja, zumindest einen Anfang! Diese Lach Box präsentiert alle Tagesstreifen und Sonntagsseiten der ersten neun Monate in chronologischer Reihenfolge.

Die verrückte Welt des Mittelstandes

Natürlich stehen im Mittelpunkt dieser Serie ein Häuptling einer der First Nations, seine Familie und weitere Stammesmitglieder. Ihre Probleme unterscheiden sich aber gar nicht wirklich von denen aller anderen Mittelstandsamerikaner*innen: Kindererziehung, Balance zwischen Job und Familie, Krankenversicherungen, … Und der dem Alkohol zugeneigte Häuptling Feuerauge ist klar genug, um die Probleme seiner Mitmenschen erkennen zu können, aber fehlerhaft genug, um nicht zum „Oberschlau“ zu werden.

Die Sympathiepunkte, die fast alle Figuren in der Serie sammeln, sind dabei international und generell, die Serie ist daher ohne Schwierigkeiten auch in europäischen Ländern verständlich. Da jeden Wochentag nur 3 bis maximal 4 Bilder zur Verfügung stehen, müssen die Gags sitzen. Eine längere Hinführung ist nur am Sonntag möglich. Die Serie spielt daher zwangsläufig mit Stereotypen.

Im Gegensatz zu anderen Strips beziehen sich die Folgen nicht aufeinander. Die Leser*innen können also wie etwa auch bei Hägar zwischendurch aussetzen und zu jeder Zeit wieder einsteigen. Das bedeutet aber auch, dass Nachdrucke wie etwa im Koralle-ZACK einfach möglich sind: Man muss nur die besten Gags raussuchen und kann sie frei verteilen. Hinweise auf die Umbrüche der Zeit finden sich im Übrigen ebenfalls: Bess war kein Freund des Militärs und ein Pferd, dass den Kampfeinsatz verweigert, gibt es nicht nur bei den Blauen Boys!

Weniger ist mehr!

Einerseits erlaubt der chronologische Abdruck, die Entwicklung der Serie und der Zeichenkunst von Gordon Bess bewundernd zuzusehen. Von Tag zu Tag werden der Strich sicherer, die Figuren stimmiger und die Aufteilung perfekter. Bess nutzt dabei zunächst das Stilmittel der fehlenden Sprechblasen, gibt es aber schon bald in den Sonntagsseiten wieder auf.

Back-Cover ZACK Lach Box 6

Seine Zeichnungen sind fokussiert auf das Wesentliche, bestehen im Wesentlichen aus Konturen und akzentuierenden Schraffuren. Einzig die Kleidungsstücke sind teilweise flächig aus Rasterfolien erzeugt. Diese Einfachheit erlaubt die volle Konzentration der Leser*innen auf den Gag und sorgt gleichzeitig dafür, dass auch der einfache Zeitungsdruck die Bilder nicht zerstören kann.

Ein Must-Have für Comic-Strip-Liebhaber

Es gibt zwei Arten von Comic-Strips: Während Serien wie Nicky Saxx oder Modesty Blaise eine durchgehende Geschichte erzählen, versuchen Gag-Serien wie Peanuts, Calvin & Hobbes oder eben Häuptling Feuerauge, die Leser*innen mit Humor zum erneuten Kauf zu animieren. Viele der Serien aus der zweiten Kategorie sind mittlerweile vergessen, da sie entweder zu sehr auf einen lokalen Bereich zugeschnitten oder aber zu zeitgebunden waren.

Die „guten“ Gag-Serien sind aber in gewisser Weise unsterblich und funktionieren immer. Daher ist es gut, dass nun auch zumindest die Anfänge von „Redeye“ in einer angemessenen Form vorliegen. Der Band beginnt mit einer kleinen Einführung von Peter Nover, der die Serie, die Hintergründe und einige Archetypen vorstellt.

Dazu passen natürlich die Royal Guardsmen mit „Snoopy vs. The Red Baron“, ebenfalls aus dem Jahr 1967, und ein Glas Feuerwasser!

© der Abbildungen 2025 Hearst Holdings, inc., King Features Syndicate, inc./Distr. Bulls| 2025 Blattgold GmbH

ZACK 308 (Februar 2025)

ZACK 308

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 100 Seiten | Farbe | 9,70 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK 308

Die Zeit vergeht wie im Fluge, der Januar ist fast schon wieder Geschichte. Die Welt ist in diesem Monat nicht besser geworden und es besteht auch kein großer Grund zur Hoffnung. Da bleiben zwei Möglichkeiten: selber aktiv werden oder sich in die die kleinen Fluchten begeben. Vielleicht wird ja doch eine Mischung daraus! Dieses Heft bietet sowohl ein paar Anregungen als auch Fluchtmöglichkeiten!

Die Neustarts

Gleich zwei neue Abenteuer starten in diesem Heft. Neben der Rückkehr eines beliebten Duos gibt es den Neustart einer Mantel-und-Degen-Reihe!

Coverboy des ZACK 308 ist Mick Tanguy. Sein Freund Laverdure konnte dem Tod gerade noch von der Schippe springen, sitzt jetzt aber im Arrest. Frankreich möchte zunächst abwarten, welche politischen Konsequenzen der Diebstahl des Prototyps hat, doch es ist fraglich, ob die Rote Flut am Schwarzen Meer noch aufzuhalten ist. Spannende Dauerwerbesendung für die französische Luftwaffe im Brennpunkt aktueller politischer Krisen von Patrice Buendia & Fredéric Zumbiehl. Die beiden sind dabei teilweise sehr kritisch. Sébastien Philippe zeichnet am liebsten Luftkämpfe und bekommt ausgiebige Gelegenheiten …

ZACK 308 page 5

Ebenfalls neu ist der Buckelige von Montfaucon. Philippe Pelaez hat eine Story verfasst, die kurz nach dem Tod von Ludwig XI. spielt. Die Zeiten sind rau, die Bürger begehren mehr Macht und Einfluss und natürlich gibt es wie nach jedem Tod eines Herrschers Auseinandersetzungen über die Erbfolge und die Neuverteilung der Macht. Der von den 13h17 bekannte Éric Stalner zeichnet sehr detailgenau das Elend, aber auch die Unterschiede zwischen den Ständen und lässt deutlich erkennen, welche Personen sein Mitgefühl haben und welche nicht. Die gewählten Erdfarben passen sehr gut zum Ambiente! Unsere Schwester hat das Potential, sich zu einem Liebling zu entwickeln!

ZACK 308 page 72

Die Fortsetzungen

Die Ballade der Carol Walsh ist die aktuelle Version der Westernserie von Martin Frei. Leser*innen der früheren Hommage werden zwar einige Figuren wiedererkennen, die Beziehungen zu einem gewissen Leutnant mit ZACK-Vergangenheit wurden aber komplett ausradiert. Die Titelheldin arbeitet als Lehrerin in dem Städtchen Snowflake, inmitten von Indianer*innen, Farmer*innen und Städter*innen. Dementsprechend gehört natürlich auch ein Saloon mit Abendunterhaltung dazu. Dort nun scheint jemand mit der Suche nach ihr starten zu wollen, denn scheinbar gibt es ein Geheimnis aus der Vergangenheit … Nicht zu vergleichen mit dem frankobelgischen Stil, der den europäischen Western groß gemacht hat, aber auch nicht schlecht!

Detail ZACK 308 page 21

Satire, Klamauk, Comedy: In Heute frischer Fisch wird alles geboten. Die Witze sind keinesfalls alle pc, da Charel Cambré und Marc Legendre aber nichts heilig ist, am allerwenigsten sie selbst, ist dieser Roadtrip mit Hindernissen eine echte Bereicherung der Szene. Comic-Fans, der Kunstbetrieb, Leute, die sich nicht an Geschwindigkeitskontrollen halten, und Rassisten – alle bekommen ihr Fett weg. Und nicht zu vergessen: zwischendurch wird es wieder queer.  Ich bin gespannt darauf, wie diese Serie abschneiden wird.

ZACK 308 page 50

Die Abschiede

Viele haben im Forum geschrieben, dass sie Libertalia lieber lesen, wenn alle Teile vorliegen. Nun, jetzt ist dieser Zeitpunkt wieder gekommen, denn die Mauern von Eden sind gelaufen. Wie so oft bei edlen Theorien gibt es auf der einen Seite diejenigen, die sich dann doch lieber persönlich bereichern wollen, und auf der anderen diejenigen, die „ihre“ alte Ordnung bedroht sehen. Die Serie macht es den Leser*innen doppelt schwer, inhaltlich und grafisch, und erfordert daher mehr Zeit. Gibt man ihr diese, lohnt es sich! Sehr spannende Erzählung von Rudi Miehl & Fabienne Pigière, die uns nun zunächst auf den dritten Teil warten lässt.

Detail ZACK 308 page 37

Und auch Verbrechen am Meer gehen irgendwann zu Ende. Die noch immer in Badeklamotten rumlaufenden Rick Master und Nadine sind wiedervereint, allerdings als Gefangene! Ihr brutaler Entführer will unbedingt etwas wieder haben, was ihm zwar nicht gehört, aber zumindest in seinem Besitz gewesen war. Dabei scheut er nicht, von seiner Waffe und anderen Foltermitteln Gebrauch zu machen. Werden unsere Held*innen sich daraus befreien können? Zidrou und Simon van Liemt beantworten diese Frage natürlich …

ZACK 308 page 87

Und sonst?

Parker & Badger kämpfen wie immer erfolglos mit einem Auto und einem Treppengeländer und bei Tizombi lernen wir, dass Makeup keine Persönlichkeiten verändert! Michael Klein blickt zurück auf das ZACK vor fünfzig Jahren, Christian Endres bespricht den Band von Walter Moers aus der Anderen Bibliothek über die Kunst des Edward Gorey und der Verfasser dieser Zeilen stellt noch einen maskierten Helden vor: Ledergesicht von Pevel und Créty, bald neu in der ZACK-Edition.

Wie immer vielseitig und anregend genug, um sich bei diesem Schmuddelwetter damit in eine warme Ecke zu verziehen. Das ZACK bringt aber unter anderem auch einen osteuropäischen Krieg, eine politische Alternative der Gleichberechtigung und den Kampf für die Rechte der Frauen mit sich.

Dazu passen The Specials mit „Soldiers who want to be heros” und ein Ingwer Tee.

© der Abbildungen bei den jeweiligen Künstlern und Verlagen / Blattgold GmbH, Bad Dürkheim 2025

Brugeas/Mr Fab – Colt and Coal

Kapitalisten, ein Sheriff und die Arbeiter

Story: Vincent Brugeas
Zeichnungen: 
Mr Fab

Originaltitel: Colt & Coal

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |72 Seiten | Farbe | 19,80 € | 
ISBN: 978-3-98721-477-6

Cover Colt and Coal

Kaum ein Genre ist so vielseitig wie das des Western. Das Setting erlaubt einen Sprung in eine Umgebung, die allen Leser*innen mehr oder weniger archetypisch vertraut ist, und eröffnet dadurch die Möglichkeit innerhalb dieses Raumes alles andere zu variieren. Colt and Coal ist so ein Beispiel; es hätte auch in fast jeder anderen frühindustriellen Umgebung spielen können, aber dann hätte der Sheriff als Wahlbeamter gefehlt…

United and strong!

Ein Kapitalist in der klassischen Definition ist ein Ausbeuter. Er zahlt seinen Arbeitern gerade so viel, dass es zum Überleben eben reicht, maximiert aber lieber seinen Profit als für Ausbildung, Gesundheitsvorsorge oder ähnliches auch nur einen Penny aufzuwenden. Falls ein Arbeiter stirbt, gibt es genügend andere, die seinen Platz einnehmen könnten. Und wenn Angehörige sterben, hat das überhaupt keine Auswirkungen. In diesem Fall geht es um eine Mine, daher auch der Titel Colt and Coal!

Währenddessen sorgt natürlich eine Gouvernante für die Erziehung der Kinder des Minenbesitzers, diese sollen schließlich einmal in die Fußstapfen ihres Vaters treten. Sollte es doch einmal zu Problemen kommen sorgt der Minen-eigene Sicherheitsdienst für Ordnung und dann gibt es ja auch noch den Sheriff, der vollkommen abhängig ist.

Colt and Coal page 3

Es begab sich aber, dass es grausam zugerichtete Tote gab, dass Gerüchte über die geplante Gründung einer Gewerkschaft die Runde machten, und schließlich, dass der Sheriff auf das Unternehmensgelände gerufen werden musste. Auch wenn es vollkommen unklar ist, wer hinter den Morden steckt, zunächst einmal werden die Arbeiter gefangengesetzt und gefoltert, denen eine Selbstorganisation zugetraut wird. Doch ein Ausbruch von Gewalt ist nicht mehr zu stoppen.

Realistische Trostlosigkeit

Während Vincent Brugeas die Story langsam zu einem Höhepunkt führt, setzt Mr Fab von Anfang an klare Zeichen: Es gibt Herrschende und es gibt Leidende. Und er macht auch klar, dass die Natur eindeutig in die letztere Kategorie fällt. Stimmungsmäßig ist somit nach wenigen Seiten klar, dass es hier auf eine Katastrophe hinausläuft; das Gute ist zu schwach, um zu siegen.

Colt and Coal page 4

Dabei benutzt Mr Fab nicht einmal die Stilmittel, die heutige TV-Western oftmals nutzen: die Gesichter sind nicht übermäßig verschmutzt, die Sprache ist verständlich und die Menschen sind nicht gezeichnet. Es ist nur, dass eine Mischung aus Verzweiflung und dem Bösen überall zu spüren ist.

Keine großartige Weite

Wyoming als Schauplatz steht im Normalfall für eine grandiose Landschaft. Hier wird diese schon auf den ersten Seiten als reine auszunutzende Ressource definiert. Der Sheriff ist niemand, der auf der Seite der Guten steht, und auch die Arbeiter haben keine Chance. Einzig der Gouvernante wird für eine lange Zeit eine ambivalente Rolle zugewiesen bevor auch sie am Schluss eingeteilt wird.

Detail Colt and Coal page 8

Wer diese Ausweglosigkeit und die Dekonstruktion einer Ära mag, kommt hier voll auf seine/ihre Kosten! In Colt and Coal geht es um Unterdrückung, Rassismus (allerdings ausnahmsweise mal nicht gegenüber den First Nations), toxische Männlichkeit und Hybris. Lesenswert!

Dazu passen Billie Bragg mit seiner Version der „Internationale“ und ein Porter!

© der Abbildungen Editions Glenat 2024 by Vincent Brugeas and Mr Fab | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2025

ZACK 307 (Januar 2025)

ZACK 307

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 100 Seiten | Farbe | 9,70 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK 307

Mit etwas Verspätung gegenüber der gewohnten Geschwindigkeit nun also die Besprechung der Januar-Ausgabe des gerade zum besten Magazin des Jahres gewählten ZACK. Der schöne Aufmacher hätte auch gut zum Valentinstag oder für das Mai-Heft gepasst: eine sehr romantische Szene aus dem neu gestarteten Western von Martin Frei der nun einen neuen Titel hat. Und bitte nicht vergessen: Bis zum 31. Januar könnt ihr wieder euere ZACK-Serie des Jahres wählen. Coupon im Heft oder online.

Aus technischen Gründen in dieser Besprechung Fotos anstelle von Scans.

Der Neustart

Opener des ZACK 307 ist die neu gestaltete Serie Die Ballade der Carol Walsh. Die von Martin Frei getextete und gezeichnete Western-Serie hat sich von ihren Bezügen zum Blueberry-Abenteuer Der Sheriff gelöst und spielt nun in Snowflake. Der Held, Bullet Hill, verließ die von ihm gesäuberte Stadt, Miss Welsh blieb und zwei Jahre später startet die eigentliche Geschichte: Ein Revolverheld kommt in die Stadt und sucht nach einer Frau, die möglicherweise ihren Namen geändert hat… Dazu rasante Action, Saloonszenen und eine Postkutsche – alle Bestandteile für einen guten Western sind da!

ZACK 307 page 5

Die Fortsetzungen

Libertalia ist eine grafisch anspruchsvolle Piratenserie, umgesetzt von Paolo Grella. Anders als üblich stehen hier aber nicht die Schlachten und Raubzüge im Vordergrund, sondern die Selbstorganisation der Piraten als Freie und Gleiche in einer neu gegründeten Siedlung. Während die Gründer mit anarchistischen Idealen und dem Glauben an das Gute im Menschen planen, setzen Gier, Alkohol und Neid auf der anderen Seite den Träumen Grenzen. Sehr spannender Ansatz von Rudi Miehl & Fabienne Pigière. Die Mauern von Eden sind bisher bestenfalls labil.

ZACK 307 page 37

Rick Master ist mal nicht als Reporter unterwegs. Er befindet sich mitten im Sommerurlaub am Strand als ein kleines Mädchen gerettet werden muss. Nun fliehen die Beiden in einem „requirierten“ Eiswagen vor ihren schießenden Verfolgern mit sehenswerten Action- und Slapstickszenen. Und auch Nadine wird – noch im Bikini – Opfer eines Verbrechens. Verbrechen am Meer ist eine humorige Tour de Force von Zidrou und Simon van Liemt, die sicherlich wieder eine hohe Jahresplatzierung einbringen wird!

ZACK 307 page 53

In Heute frischer Fisch nehmen die beiden Comic-Künstler Charel Cambré und Marc Legendre die sich selbst zeichnen eine Anhalterin mit. Der Trip En route! wird zur Herausforderung und führt zu ersten ernsten Verwerfungen. Bissiger Humor, nicht immer korrekte Seitenhiebe und frische Zeichenkunst machen die Serie zu einem meiner Lieblinge!

ZACK 307 page 67

Die Abschiede

Leider schon wieder zu Ende geht Amoras von Marc Legendre und Charel Cambré. Allerdings ist das Ende ein echter Cliffhanger: Was hat Lambik getan? Wiske schließt aus Hinweisen auf eine sehr unschöne Tat! Wer mehr davon haben will, sei auf den ersten Band der Folgeserie Die Chroniken von Amoras verwiesen.

ZACK 307 page 23

Auch Michel Vaillant verabschiedet sich zunächst wieder. Das Ziel ist bereits der zwölfte Band der zweiten Staffel, die im Gegensatz zur ersten Serie auf fortlaufende Geschichten setzt. Der Vorgänger Cannonball enthält ein paar Hintergründe zur Eskalation des Verhältnisses zu Bob Cramer und es ist klar, dass die Geschichte mit der Atomwaffendivision weitergehen wird. Spannung, aktuelle Politik und Motorsport im Menu von Denis Lapière mit großartigen Zeichnungen von Marc Bourgne & Benjamin Benéteau.

ZACK 307 page 83

Und sonst?

Parker & Badger kämpfen mit Coupons und dem inneren Schweinehund, bei Tizombi erfahren wir einen Einsatzzweck für Brieftauben und Grott & Bott straucheln mit menschlichen Verhaltensweisen. Dazu Michael Klein mit dem Rückblick auf das ZACK vor fünfzig Jahren, Christian Endres mit einer Liebeserklärung an The Caped Crusader und der Verfasser dieser Zeilen mit ein paar Bemerkungen zur Rückkehr von „Wastl“ als J.Rom in der ZACK-Edition.

Auch für 2025 sind bereits neue Serien angekündigt die einerseits neue Erfahrungen erlauben werden, andererseits die Herzen der Generation ZACK erfreuen dürften. Ja, Julie Wood kehrt auf die Seiten des ZACK zurück!

Dazu passen Junior Dell und eine karne melk.

© der Abbildungen bei den jeweiligen Künstlern und Verlagen / Blattgold GmbH, Bad Dürkheim 2024

Corteggiani, Ameur/Andrade – Chief Joseph

Die wahre Geschichte des Wilden Westens

Story: Francois Corteggiani, Beratung: Farid Ameur
Zeichnungen: 
Gabriel Andrade

Originaltitel: La Véritable Histoire du Far West : Chef Joseph

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |56 Seiten | Farbe | 17,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-124-9

Cover Chief Joseph

Die wahre Geschichte des Wilden Westens ist eine der aktuellen Konzeptserien, die versuchen das Erzählen einer spannenden Geschichte und die Wiedergabe historischer Details zu kombinieren. Der Historiker Farid Ameur steht hinter den Geschichten dieser Reihe und stellt sicher, dass anstatt von gefärbten Legenden die Wahrheit wiedergegeben wird. Zudem steuert er einen Anhang bei, der einzelne Aspekte besonders beleuchtet. Sie hat damit einen ganz anderen Ansatz als die ebenfalls bei Splitter erscheinenden Western Legenden.

Ein gewiefter Stratege

Chief Joseph ist einer derjenigen Häuptlinge, die für ihre Erfolge im Kampf gegen die übermächtige Kavallerie verehrt werden. Erzogen von Missionaren und deswegen vertraut mit einigen Bräuchen der Weißen musste er erdulden, dass das einst friedliche Volk der Nez Pencé aus ihrem angestammten Gebiet vertrieben und fast vollständig vernichtet wurde.

Chief Joseph selbst war ein Mann des Friedens. Er wusste, dass sein Volk eine militärische Auseinandersetzung nicht würde gewinnen können. Und doch wurde er gezwungen, diesen Weg zu gehen. Er versuchte, sein Volk aus dem Wallowa-Tal im Grenzgebiet zwischen Idaho, Washington und Oregon über die Rocky Mountains durch den Yellowstone-Park und Montana in die kanadische Sicherheit zu bringen. Dabei waren bis zu vier Armee-Einheiten auf seiner Spur.

Chief Joseph page 3

Corteggiani, im Western-Genre bereits sehr verdient, beschreibt, unter welchen Strapazen die schließlich doch erfolglose Flucht geschah und verschweigt dabei keinesfalls die Gewalt. Er zeigt klar auf, wo seine Sympathien liegen: Bei dem Volk, dass aufgrund der Gold-Gier der Siedler gezwungen werden sollte, in ein unfruchtbares Reservat zu ziehen und die ursprüngliche Kultur aufzugeben! Ein graphisch ganz anders umgesetztes Beispiel der Western-Erzählungen von Corteggiani ist Der Weg des Untergangs.

Ein klassischer Western in guter Qualität

Gabriel Andrade ist alles andere als unbekannt, hat aber bisher nichts mit dem klassischen Western-Setting zu tun gehabt. Seine Zeichnungen lassen allerdings das Gegenteil vermuten, ist es doch geprägt von allen Bestandteilen, die man als Leser*in sehen möchte: grandiose Weiten, der Wechsel von der Totalen in die Handlung, raue Männer im Kampf. Auch bei ihm wird deutlich, auf wessen Seite er sich sehen würde: Während die Nes Pencé Würde ausstrahlen, fehlt diese bei den Soldaten vollkommen.

Chief Joseph page 5

Ein Band mit vielen Schlachten hat naturgemäß auch eine Menge an Actionszenen. Andrades Körperdarstellungen sind auch in der Bewegung anatomisch korrekt. Der Schrecken des Krieges wird deutlich, es fließt aber nicht übermäßig viel Blut und auch Splatterszenen sind nicht zu entdecken. Jede*r Liebhaber*in dieser Gattung wird die Zeichnungen daher lieben.

Eine Art Rehabilitation

Natürlich kann man die Geschichte nicht mehr ändern. Die indianische Kultur und Tradition sind fast vernichtet und viele Völker, die ja größtenteils nur wenige 1000 Mitglieder umfassten, leben nur noch in den Geschichten über sie. Trotzdem ist es wichtig und richtig, dem Märchen „der historischen Eroberung und Urbarmachung des Westens“ die Wahrheit entgegenzusetzen. Und diese ist geprägt von falschen Versprechungen, Verrat und systematischer Ausrottung.

Chief Joseph page 10

Diese Geschichten zu erzählen und dabei nicht in die Rolle des geifernden Anklägers zu verfallen, sondern die Fakten für sich sprechen zu lassen ist ein Verdienst dieser Reihe! Der umfangreiche historische Anhang hilft dabei, enthält er doch ein paar Belege und Hinweise für eventuell gewünschte Vertiefungen.

Dazu passen Of Monsters And Men mit „Dirty Paws“, und ein frisches Quellwasser!

© der Abbildungen Editions Glenat 2023 Francois Corteggiani, Gabriel Andrade & Farid Ameur | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2024

Achdé/Jul – Lucky Luke 102

Letzte Runde für die Daltons

Story: Achdé
Zeichnungen: 
Jul

Originaltitel: Lucky Luke – Un cow-boy sous pression

Egmont Comic Collection

Softcover/Hardcover | 48 Seiten | Farbe | 7,99 € / 15,00 € |

ISBN: n/a / 978-3-7704-0967-9

Cover Lucky Luke 102
© 2024 Lucky Comics/ Story House Egmont

Zum ersten Mal in seiner Geschichte muss der Cowboy, der schneller schießt als sein Schatten, den ganzen Wilden Westen retten. Tatsächlich scheint nichts mehr so zu sein, wie es sein soll. Der Grund: Es gibt wegen eines Streiks der Brauereiarbeiter kein Bier mehr.

Lucky Luke und die Deutschen

Lucky Luke hat sich schon mit allen Möglichen Personen und Bevölkerungsgruppen beschäftigt, seit dem Achdé und Jul übernommen haben sogar mit aktuellen gesellschaftspolitischen Themen. Eine Bevölkerungsgruppe, die einen nicht unwesentlichen Anteil an Einwander*innen gestellt hat, war allerdings bisher noch nicht gewürdigt worden: Die Deutschen! Nun also eine Sammlung an Klischees, Vorurteilen und kleinen Spitzen gegen die östlichen Nachbarn der Franzosen.

Detail Lucky Luke 102 page 11
© 2024 Lucky Comics/ Story House Egmont

Natürlich verlangt ein solches Setting eine ganz bestimmte Zutat: Bier! Und tatsächlich ist jenes nicht mehr verfügbar, da ein anderes deutsches Exportgut die Arbeiter in der Brauereiindustrie aufgescheucht hat: Die Ideen eines gewissen Herren mit Namen Karl Marx! Luke wird beauftragt, in der Stadt Milwaukee, dem Zentrum der deutschen Brauer, wieder für geordnete Verhältnisse zu sorgen und die Produktion des Gerstensaftes erneut in Gang zu bringen.

Zunächst aber hat der führende Brauereibesitzer eine „Schnapsidee“, denn er möchte Gefängnisinsassen als Streikbrecher einsetzen, unter ihnen auch die Daltons. Die Letzte Runde für die Daltons enthält die übliche Menge an Humor, die man in dieser Serie mittlerweile erwarten darf, einiges davon auch mit sehr gutem Wortwitz übertragen! Die Menge an Vorurteilen dürfte aber den einen oder die andere Leser*in überfordern, geht die Richtung hier doch gerade mal wieder in Richtung Großmannssucht. Gerade deswegen aktuell zu empfehlen!

Lucky Luke 102 page 11
© 2024 Lucky Comics/ Story House Egmont

Satire mal anders

Satire würde ich eher im Bereich der Cartoons erwarten, nicht aber bei einer so erfolgreichen und eingeführten Reihe, die sonst eher für den all-age-Humor steht. Jul schafft es aber, viele Gags über die Deutschen so genial umzusetzen, dass es beim Lesen teilweise weh tut, immer aber Spaß macht. So werden viele deutsche Eigenschaften von einem Vertreter der First Nations vorgeführt und die Daltons in Lederhosen sind schon genial.

Ansonsten bringt auch dieser Band alles das, was von einem LL zu erwarten ist: Wimmelbilder, abstruse Szenen und Gags, die erwarten, dass man zu mindestens das Grundkonzept der Serie kennt. Vielleicht nicht das stärkste Album der Serie aber trotzdem – für mich persönlich – ein Must Have in der unüberschaubaren Menge von Neuerscheinungen.

Detail Lucky Luke 102
© 2024 Lucky Comics/ Story House Egmont

Zum über-sich-selbst-Lachen

Die Welt wird immer verrückter und auch die jüngsten Ereignisse in den USA sind für Europa nicht unbedingt ein Grund zur Freude. Man muss daher anfangen, über sich selber lachen zu können! Eine erste Lektion dafür ist dieser Comic!

Wer möchte, kann zur Hardcover-Ausgabe greifen, die am 12. November erscheint. Die Softcover-Kiosk-Ausgabe ist bereits erhältlich.

Dazu passen ein Schell’s Pilsener und „Funkytown“ von den Lucky Chops.

© der Abbildungen 2024 Lucky Comics/ Story House Egmont

Oger/Div. – Gunmen of the West

Revolverhelden und ihre Geschichten

Story: Tiburce Oger
Zeichnungen: 
Tiburce Oger, Dominique Bertail, Benjamin Blasco-Martinez, Paul Gastine, Christian Rossi, Ronan Toulhoat, Hugues Labiano, Félix Meynet, Jef, Laurent Hirn, Olivier Vatine, Eric Hérenguel, Stefano Carloni, Nicolas Dumontheuil

Originaltitel: Gunmen of the West

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |112 Seiten | Farbe | 25,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-377-9

Cover Gunmen of the West

So schön wie (Comic-)Romane und langlaufende Serien sind, so schön ist es auch, knackige, auf den Punkt gebrachte Geschichten serviert zu bekommen. Bereits zum dritten Mal hat Tiburce Oger sich ein Thema vorgenommen, kleine Episoden mit einer Rahmenhandlung versehen, und befreundete Kolleg*innen um die zeichnerische Umsetzung gebeten. Das ergänzt sein Portfolio, das er selber umgesetzt hat, etwa Ghost Kid.

Erschafft die Waffe den Revolverhelden? Oder nutzt er die Waffe?

In der Sammlung über die Gunmen of the West dreht sich alles um Revolverhelden. Der Anknüpfungspunkt sind aber bestimmte Waffen, die ebenfalls eine gewisse Berühmtheit erlangt haben. Alles beginnt mit dem Überfall auf eine Waffenhandlung. Ein junger Spund überschätzt sich maßlos und will Patronen klauen. Der Inhaber des Ladens verwickelt ihn in eine Diskussion in dem er von bestimmten Waffen und ihren Besitzern zu erzählen beginnt.

Alle diese Geschichten beruhen auf wahren Geschichten (wobei auch hier natürlich niemand mehr mit Bestimmtheit sagen kann, wo die Wahrheit aufhört, und die Legende beginnt). Die entsprechenden Fakten sind im Anhang nachzulesen. Auf teilweise innovative Weise bestätigen die Stories die Regel, dass Revolverhelden oft nicht lange genug gelebt haben, um ihre Geschichte selber erzählen zu können. Trotzdem haben sie eine wichtige Rolle gespielt.

Gunmen of the West page 3

Allerdings sind die geschilderten Leben keineswegs identisch. Einige haben es geschafft, der Vernichtung zu entgehen, Motive für den Werdegang sind komplett unterschiedlich und schließlich sind auch die Charaktere der „Helden“ nicht zu vergleichen.

Ein aktueller Überblick über realistische Stilrichtungen

Da jede einzelne Geschichte von anderen Zeichner*innen umgesetzt wurde, bildet der Band einen guten Überblick über aktuelle Arten, einen Western-Comic umzusetzen. Es gibt Randbereiche, die hier (meiner Meinung nach) zum Glück fehlen, so gibt es zum Beispiel keine sehr karikativen Elemente. Aus dem Bereich der realistischen Zeichnungen sind hier aber viele Ansätze vertreten.

Wer am Western-Comic besonders die weiten Landschaften mag, wird hier nicht ganz glücklich werden. Wer aber am liebsten die Interaktion mehr oder weniger hartgesottener Raubeine (übrigens beiderlei Geschlechts) mag, ist hier vollkommen richtig! Allerdings gibt es auch Einschläge von Romantik, Rache, Kampf um Gerechtigkeit einerseits, Selbstüberschätzung, toxischer Männlichkeit und Größenwahn andererseits.

Gunmen of the West page 6

Wie eine klassische Western-TV-Serie

Die Sammlungen von Tiburce Oger sind irgendwie vergleichbar mit Staffeln einer alten TV-Western-Serie. Jeweils unter einem (Season-)Thema versammeln sich unterschiedliche Interpretationen, die alle ihren eigenen Reiz haben, trotzdem aber zusammengehalten werden. Für mich eine perfekte Ergänzung zu den Reihen, die sich nur um eine Hauptfigur gruppieren bzw. den epischen Einzelwerken.

Handwerklich ist der Band wie alle Splittertitel ohne Fehl und Tadel, das Cover ist fast schon genial und die Qualität der einzelnen Darbietungen ausgezeichnet. Was will man mehr?

Detail Gunmen of the West page 8

Dazu passen JohnnyCash, etwa mit „Man in Black“, und ein Schlitz Tall Boy!

© der Abbildungen 2023 Bamboo Édition | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2024

Nuyten – Apache Junction 4

Sierra Madre

Story: Peter Nuyten
Zeichnungen: 
Peter Nuyten

Originaltitel: Sierra Madre

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |64 Seiten | Farbe | 18,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-411-0

Cover Apache Junction 4

Immer wieder passiert es, dass Vergleiche von lebenden Künstlern mit verstorbenen „Helden“ gezogen werden. Oftmals soll das nur als Marketinginstrument dienen und dafür sorgen, dass Verkäufe anziehen und sich die Fans des Alten zu solchen des Neuen konvertieren lassen. Manchmal aber ist eine Ähnlichkeit nicht von der Hand zu weisen. Und so glaube ich, dass wer Blueberry von Giraud mochte, Apache Junction auch mögen wird.

Ein neuer Zyklus

Vor mittlerweile mehr als zehn Jahren war der erste Band dieser Reihe erschienen, der noch nicht einmal einen eigenen Titel hatte. Schon damals waren die Ähnlichkeiten mit der großen europäischen Western-Serie aufgefallen, Peter Nuyten schaffte es im Folgenden, dieses zu bestätigen. Der drei Bände umfassende erste Zyklus ist mittlerweile als Gesamtausgabe erhältlich.

Die Geschichte spielt im Grenzgebiet der Apacheria, dem angestammten Stammesland der Apachen-Völker, Mexikos und der Vereinigten Staaten. Während sich mexikanische Rurales und amerikanische Soldaten im Wesentlichen in Ruhe lassen und Kriminelle sich in den Weiten der Sierra Madre gut verstecken können, werden die Apachen von allen verfolgt. Die Mexikaner haben eine bereits lange andauernde Feindschaft mit ihnen, die Amerikaner wollen die ursprünglichen Bewohner*innen am liebsten ausrotten, wenigstens aber in weit entfernte und unfruchtbare Reservate verbannen.

Apache Junction 4 page 3

In diesem Grundsetting kämpfen verschiedene indianische Gruppen, teilweise unter Führung von Geronimo, gegen Alle und vor allem um das nackte Überleben. In einem zweiten Strang versucht Roy Clinton für Gerechtigkeit zu sorgen. Einerseits möchte er für seinen Taten geradestehen, er sucht aber auch Rehabilitation für die ihm zu Unrecht angelasteten Geschehnisse. Vor allem aber möchte er die Unschuld von Ann Bentley beweisen. Diese glaubt zwar nicht daran, bricht aber trotzdem mit ihm auf.

Grandiose Bilder!

Peter Nuyten hat die Serie nicht nur geschrieben, er setzt sie auch alleine grafisch um. Seine Bilder aus der Wüste sind grandios! Die Weite und die Lebensfeindlichkeit werden mit jedem Blick deutlich und auch die Gebirgslandschaften könnten fast ohne Geschichte auskommen! Hier wird seine Liebe zum Detail deutlich, denn keine Kleinigkeit stört weder diese großartigen Totalen noch die Hintergründe der Action-Szenen. Und auch seine Darstellungen der handelnden Personen lassen auf eine ausgezeichnete Recherche schließen!

Apache Junction 4 page 4

Dem Band ist ein Anhang beigefügt, der ein wenig in die damalige Zeit und ihre Hintergründe einführt und auch viele Illustrationen besitzt. Diese verdeutlichen die Übereinstimmung der Fiktion mit der Realität! Für Fans des realistischen Western ein Muss! Der Niederländer ist in vielen Settings ein Meister, einer endzeitlichen Metro, dem asiatischen Dschungel und eben der Apacheria. Mein Liebling ist definitiv die Sierra!

Must have!

Wer in seinem Regal Serien wie Jerry Spring und Blueberry stehen hat, wird an Apache Junction seine/ihre helle Freude haben! Nicht nur grafisch, auch von der Erzählweise her gibt es hier viele Gemeinsamkeiten. Eine gut erzählte Geschichte mit mehreren Ebenen, glaubwürdigen Figuren und genügend klassischen Elementen, um rundum zu gefallen!

Detail Apache Junction 4 page 5

Die Aufmachung (gutes Papier, Hardcover mit guter Bindung und das bekannte etwas größere Format) sorgen für eine angemessene Präsentation; der Anhang unterstreicht die Wertigkeit, die der Verlag dem Start des neuen Zyklus beimisst.

Dazu passen The Wolfgangs, etwa mit „Cannibal Family“, und ein Rye Whiskey!

© der Abbildungen 2023 Peter Nuyten | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2024

div – Kurzgeschichten Die Blauen Boys

Die Festschrift zum 60. Album

Story: Thierry Gloris, Sti, Munuera, Renaud Collin, Olivier Dutto, Aimée de Jongh, Denis Lapière, Olivier Schwartz, Clarke, Lapuss‘, Joris Chamblain, Zidrou, Blutch nach Salvèrius, Lambil und Cauvin
Zeichnungen: 
Denis Bodart, Denis Goulet, Munuera, Renaud Collin, Olivier Dutto, Aimée de Jongh, Pau, Olivier Schwartz, Clarke, Baba, Olivier Frasier, Maltaite, Blutch nach Salvèrius, Lambil und Cauvin

Originaltitel: Les Tuniques Bleues – Des Histoires courtes par …

Piredda Verlag

Hardcover | 120 Seiten | Farbe | 30,00 € 
ISBN: 
978-3-949968-05-1

Cover Kurzgeschichten Die Blauen Boys

Die Blauen Boys sind eine der erfolgreichsten und bekanntesten Westernserien aus dem frankobelgischen Semi-Funny Comic-Segment. Einzig Lucky Luke spielt in einer komplett anderen Liga. 2016 erschien das 60. Album der beiden (Anti-)Helden Corporal Blutch und Sergeant Chesterfield. Da es schon seit geraumer Zeit im Spirou-Magazin üblich war, gut laufende Serien unter dem Signet „… par …“ wechselnden Teams anzuvertrauen, bot es sich an, die bis dahin im Magazin erschienenen Kurzgeschichten mit ein paar weiteren als eigenständigen Hommage-Band zu vermarkten. Nun endlich ist auch eine deutsche Übersetzung erschienen!

Kritik am Militarismus

Die allerersten Anfänge der Serie, noch gezeichnet von Salvérius, hatten eher ein Fort der Armee der Nordstaaten als Ausgangspunkt für Komik und Slapstick. Schon sehr bald wurden aber die Schlachtfelder des Sezessionskrieges der Blueprint für die Abenteuer und trotz der weiterhin vorhandenen großen Prise Humor begann die Kritik am bedingungslosen Abschlachten, an unfähigen Vorgesetzen und allgemein am Militarismus einen breiten Bereich einzunehmen.

Auch die dreizehn in diesem Band versammelten Kurzgeschichten, die jeweils einen persönlichen Blick der jeweiligen Szenarist*innen und Zeichner*innen darstellen, nehmen diese Grundtendenz auf. So steht natürlich auch hier das Thema der Fahnenflucht im Mittelpunkt einiger Geschichten. Neu ist aber, dass auch der Vorgesetzte seine Zweifel äußern darf. Eine sehr berührende Geschichte kommt von Aimée de Jongh, die das Thema der auf dem Schlachtfeld eingesetzten Kinder visualisiert.

Kurzgeschichten Die Blauen Boys page 5

Allen Geschichten gemein ist, dass, obwohl die Essenz der Serie immer getroffen wurde, sehr unterschiedliche Interpretationen entstanden sind. Der Band eröffnet daher einen, nein, viele neue Blicke auf ein Grund-Szenario, das schon viele Iterationen hinter sich hat. Gleichzeitig erfordern die Stories aber kein „Expert*innen-Wissen“. Jede*r kann sofort einsteigen und findet im Blaue-Boys-Setting viele Western-Narrative wieder.

Sehr unterschiedliche Zeichenstile

Wie auch schon die Story-lines sind die Zeichnungen nicht als Kopie des Originals angelegt. Im Gegenteil, die Zeichner*innen sollten ihren eigenen Stil einbringen und so ist ein bunter Strauß dabei herausgekommen. Einiges ist sehr realistisch, anderes ist bunt, frech und karikaturesk. Mit anderen Worten: Alle im Spirou der letzten 10 Jahre vorkommenden Stile finden sich auch in diesem Sammelband wieder.

Daher ist vollkommen klar, dass jede*r bestimmte Seiten nicht so gerne mag. Darauf kommt es aber nicht an, denn das Ziel ist, die Essenz in der fremden Darstellung wiederzufinden und Wert zu schätzen! Wer sich darauf einlassen kann, wird hier viel Spaß haben.

Detail Kurzgeschichten Die Blauen Boys page 9

Die Weitung de Perspektive

Für mich ist es wichtig, immer wieder die Möglichkeit zu haben, etwas Neues zu entdecken. Manchmal muss man leider feststellen, dass sich eine Sache totgelaufen hat. Für mich trifft das weder auf die Hauptserie zu, noch auf diesen Jubiläumsband. Es stecken so viele Möglichkeiten darin und sehr viele davon werden hier präsentiert!

Die Ausgabe als Hardcover ist gediegen, das Layout der jeweiligen Einführungsseiten sehr ansprechend und der haptische Eindruck hervorragend. Wer sich einen ersten Eindruck verschaffen möchte, braucht nur die hintere Umschlagseite zu nehmen und sich die dreizehn verschiedenen Profile anzusehen. Viel Spaß damit!

Kurzgeschichten Die Blauen Boys page 3

Dazu passen Jack White mit “Seven Nations Army” und ein starker Kaffee.

© der Abbildungen DUPUIS 2016, by Thierry Gloris, Sti, Munuera, Renaud Collin, Olivier Dutto, Aimée de Jongh, Denis Lapière, Olivier Schwartz, Clarke, Lapuss‘, Joris Chamblain, Zidrou, BlutchDenis Bodart, Denis Goulet, Pau, Baba, Olivier Frasier, Maltaite  / 2024 Piredda Verlag

Rossi – Golden West

Das letzte Aufbäumen

Story: Christian Rossi
Zeichnungen: 
Cristian Rossi

Originaltitel: Golden West

Splitter Verlag

Hardcover Überformat | 176 Seiten | Farbe | 39,80c € | 
ISBN: 978-3-98721-422-6

Cover Golden West

Es gibt Comics, bei denen man schon nach wenigen Seiten feststellt, dass sie zwar nicht schlecht sind, einen aber irgendwie nicht fesseln können. Bei Golden West ist das anders. Der im Original in vier einzelnen Bänden erschienene Comic über das Ende einer Zivilisation zieht einen in sich hinein und lässt nicht wieder los.

Ein Fluch als Sinnbild

Der junge Apache Woan macht einen schweren Fehler, der seinem Freund das Leben kostet. Da er sich damit außerhalb des Weltbildes seines Stammes gestellt hat (So etwas macht man nicht), gilt er als verflucht und muss fortan ohne die Gemeinschaft auskommen. Tatsächlich überlebt Woan und trifft im Laufe seines Lebens auf viele Menschen, die ihn lehren werden, dass die Zeit der Apachen vorbei ist. Seine Verfluchung steht quasi parallel zum scheiternden Überlebenskampf der Indigenen.

Golden West page 7

Auf sich allein gestellt, muss der Junge zunächst einmal überleben und sich damit in einer feindlichen Natur bewähren. Das betrifft nicht nur banale Dinge wie genügend Nahrung, er muss auch Jahreszeiten und Unfälle überleben, ohne ernsthaft zu erkranken. Schließlich trifft er auf Geronimo, der von der Verfluchung weiß, ihm aber trotzdem erlaubt, am Kriegszug teilzunehmen.  

Immer wieder werden sich die Pfade der Beiden kreuzen und es wird immer deutlicher werden, dass eine Zukunft nur vorstellbar wird, wenn sie der Vergangenheit in keiner Weise ähnelt. Das jedoch erfordert ein Umdenken, zumal ja die (meisten) Weißen alles daransetzen, die Apachen und alle anderen indigenen Völker auszurotten. Und auch die Mexikaner kommen als Verbündete keineswegs in Betracht.

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Naturverbundenheit und Ruhe

Christian Rossi, bekannt für Westernreihen wie Jim Cutlass oder der Planwagen der Thespis, hat nicht nur das Szenario geschrieben, sondern sich auch in die Zeichnungen hineingemalt. Manchmal merkt man Zeichnungen an, dass der Künstler sich große Mühe gegeben hat, emotional aber nicht vollkommen involviert war. Hier ist Rossi mit Haut und Haaren, mit Pinsel und Feder bei der Sache.

Die Zeichnungen sind teilweise leicht unscharf und hauptsächlich in Sepia- und Rottönen gehalten. Nur das leuchtende Blau des Himmels kommt dazu. Er zeigt die Gewalt, aber auch die gewaltige Weite der Natur. Beim Lesen stellt sich die Frage, warum bei dem Angebot an Platz eine Kooperation nicht möglich gewesen wäre. Und auch die Antwort steht geschrieben: es lag nicht an den Ureinwohner*innen!

Golden West page 12

Eine sehr persönliche Darstellung

Der klassische Western nach dem Motto Weiß=gut, Rot=böse funktioniert schon lange nicht mehr. Spätestens seit Der mit dem Wolf tanzt sind die Storylines und Sympathien anders verteilt. Natürlich gibt es allerdings noch immer einige, die die Vormachtstellung des Mannes und einer Herrenrasse auf Teufel komm raus verteidigen wollen. Diese werden auch durch das Statement von Christian Rossi nicht überzeugt werden. Alle anderen finden aber einen sehr persönlichen Zugang zu den großen und bekannten Themen aus einer ungewohnten, „kleinen“ Perspektive.

Es ist immer schwierig, zu definieren, welche Titel unbedingt in eine „vernünftige“ Sammlung gehören sollten. Golden West wäre auf jeden Fall eine Bereicherung jedes Regals mit Westerncomics und wird dazu verleiten, es mehrfach lesen und genießen zu wollen.

Detail Golden West page 15

Dazu passen „Please don’t talk about me when I’m gone“ in der Version von San Lyon, und ein frisches Wasser ohne „Feuer“!

© der Abbildungen Casterman 2023, by Christian Rossi | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2024

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