Corteggiani, Ameur/Andrade – Chief Joseph

Die wahre Geschichte des Wilden Westens

Story: Francois Corteggiani, Beratung: Farid Ameur
Zeichnungen: 
Gabriel Andrade

Originaltitel: La Véritable Histoire du Far West : Chef Joseph

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |56 Seiten | Farbe | 17,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-124-9

Cover Chief Joseph

Die wahre Geschichte des Wilden Westens ist eine der aktuellen Konzeptserien, die versuchen das Erzählen einer spannenden Geschichte und die Wiedergabe historischer Details zu kombinieren. Der Historiker Farid Ameur steht hinter den Geschichten dieser Reihe und stellt sicher, dass anstatt von gefärbten Legenden die Wahrheit wiedergegeben wird. Zudem steuert er einen Anhang bei, der einzelne Aspekte besonders beleuchtet. Sie hat damit einen ganz anderen Ansatz als die ebenfalls bei Splitter erscheinenden Western Legenden.

Ein gewiefter Stratege

Chief Joseph ist einer derjenigen Häuptlinge, die für ihre Erfolge im Kampf gegen die übermächtige Kavallerie verehrt werden. Erzogen von Missionaren und deswegen vertraut mit einigen Bräuchen der Weißen musste er erdulden, dass das einst friedliche Volk der Nez Pencé aus ihrem angestammten Gebiet vertrieben und fast vollständig vernichtet wurde.

Chief Joseph selbst war ein Mann des Friedens. Er wusste, dass sein Volk eine militärische Auseinandersetzung nicht würde gewinnen können. Und doch wurde er gezwungen, diesen Weg zu gehen. Er versuchte, sein Volk aus dem Wallowa-Tal im Grenzgebiet zwischen Idaho, Washington und Oregon über die Rocky Mountains durch den Yellowstone-Park und Montana in die kanadische Sicherheit zu bringen. Dabei waren bis zu vier Armee-Einheiten auf seiner Spur.

Chief Joseph page 3

Corteggiani, im Western-Genre bereits sehr verdient, beschreibt, unter welchen Strapazen die schließlich doch erfolglose Flucht geschah und verschweigt dabei keinesfalls die Gewalt. Er zeigt klar auf, wo seine Sympathien liegen: Bei dem Volk, dass aufgrund der Gold-Gier der Siedler gezwungen werden sollte, in ein unfruchtbares Reservat zu ziehen und die ursprüngliche Kultur aufzugeben! Ein graphisch ganz anders umgesetztes Beispiel der Western-Erzählungen von Corteggiani ist Der Weg des Untergangs.

Ein klassischer Western in guter Qualität

Gabriel Andrade ist alles andere als unbekannt, hat aber bisher nichts mit dem klassischen Western-Setting zu tun gehabt. Seine Zeichnungen lassen allerdings das Gegenteil vermuten, ist es doch geprägt von allen Bestandteilen, die man als Leser*in sehen möchte: grandiose Weiten, der Wechsel von der Totalen in die Handlung, raue Männer im Kampf. Auch bei ihm wird deutlich, auf wessen Seite er sich sehen würde: Während die Nes Pencé Würde ausstrahlen, fehlt diese bei den Soldaten vollkommen.

Chief Joseph page 5

Ein Band mit vielen Schlachten hat naturgemäß auch eine Menge an Actionszenen. Andrades Körperdarstellungen sind auch in der Bewegung anatomisch korrekt. Der Schrecken des Krieges wird deutlich, es fließt aber nicht übermäßig viel Blut und auch Splatterszenen sind nicht zu entdecken. Jede*r Liebhaber*in dieser Gattung wird die Zeichnungen daher lieben.

Eine Art Rehabilitation

Natürlich kann man die Geschichte nicht mehr ändern. Die indianische Kultur und Tradition sind fast vernichtet und viele Völker, die ja größtenteils nur wenige 1000 Mitglieder umfassten, leben nur noch in den Geschichten über sie. Trotzdem ist es wichtig und richtig, dem Märchen „der historischen Eroberung und Urbarmachung des Westens“ die Wahrheit entgegenzusetzen. Und diese ist geprägt von falschen Versprechungen, Verrat und systematischer Ausrottung.

Chief Joseph page 10

Diese Geschichten zu erzählen und dabei nicht in die Rolle des geifernden Anklägers zu verfallen, sondern die Fakten für sich sprechen zu lassen ist ein Verdienst dieser Reihe! Der umfangreiche historische Anhang hilft dabei, enthält er doch ein paar Belege und Hinweise für eventuell gewünschte Vertiefungen.

Dazu passen Of Monsters And Men mit „Dirty Paws“, und ein frisches Quellwasser!

© der Abbildungen Editions Glenat 2023 Francois Corteggiani, Gabriel Andrade & Farid Ameur | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2024

Achdé/Jul – Lucky Luke 102

Letzte Runde für die Daltons

Story: Achdé
Zeichnungen: 
Jul

Originaltitel: Lucky Luke – Un cow-boy sous pression

Egmont Comic Collection

Softcover/Hardcover | 48 Seiten | Farbe | 7,99 € / 15,00 € |

ISBN: n/a / 978-3-7704-0967-9

Cover Lucky Luke 102
© 2024 Lucky Comics/ Story House Egmont

Zum ersten Mal in seiner Geschichte muss der Cowboy, der schneller schießt als sein Schatten, den ganzen Wilden Westen retten. Tatsächlich scheint nichts mehr so zu sein, wie es sein soll. Der Grund: Es gibt wegen eines Streiks der Brauereiarbeiter kein Bier mehr.

Lucky Luke und die Deutschen

Lucky Luke hat sich schon mit allen Möglichen Personen und Bevölkerungsgruppen beschäftigt, seit dem Achdé und Jul übernommen haben sogar mit aktuellen gesellschaftspolitischen Themen. Eine Bevölkerungsgruppe, die einen nicht unwesentlichen Anteil an Einwander*innen gestellt hat, war allerdings bisher noch nicht gewürdigt worden: Die Deutschen! Nun also eine Sammlung an Klischees, Vorurteilen und kleinen Spitzen gegen die östlichen Nachbarn der Franzosen.

Detail Lucky Luke 102 page 11
© 2024 Lucky Comics/ Story House Egmont

Natürlich verlangt ein solches Setting eine ganz bestimmte Zutat: Bier! Und tatsächlich ist jenes nicht mehr verfügbar, da ein anderes deutsches Exportgut die Arbeiter in der Brauereiindustrie aufgescheucht hat: Die Ideen eines gewissen Herren mit Namen Karl Marx! Luke wird beauftragt, in der Stadt Milwaukee, dem Zentrum der deutschen Brauer, wieder für geordnete Verhältnisse zu sorgen und die Produktion des Gerstensaftes erneut in Gang zu bringen.

Zunächst aber hat der führende Brauereibesitzer eine „Schnapsidee“, denn er möchte Gefängnisinsassen als Streikbrecher einsetzen, unter ihnen auch die Daltons. Die Letzte Runde für die Daltons enthält die übliche Menge an Humor, die man in dieser Serie mittlerweile erwarten darf, einiges davon auch mit sehr gutem Wortwitz übertragen! Die Menge an Vorurteilen dürfte aber den einen oder die andere Leser*in überfordern, geht die Richtung hier doch gerade mal wieder in Richtung Großmannssucht. Gerade deswegen aktuell zu empfehlen!

Lucky Luke 102 page 11
© 2024 Lucky Comics/ Story House Egmont

Satire mal anders

Satire würde ich eher im Bereich der Cartoons erwarten, nicht aber bei einer so erfolgreichen und eingeführten Reihe, die sonst eher für den all-age-Humor steht. Jul schafft es aber, viele Gags über die Deutschen so genial umzusetzen, dass es beim Lesen teilweise weh tut, immer aber Spaß macht. So werden viele deutsche Eigenschaften von einem Vertreter der First Nations vorgeführt und die Daltons in Lederhosen sind schon genial.

Ansonsten bringt auch dieser Band alles das, was von einem LL zu erwarten ist: Wimmelbilder, abstruse Szenen und Gags, die erwarten, dass man zu mindestens das Grundkonzept der Serie kennt. Vielleicht nicht das stärkste Album der Serie aber trotzdem – für mich persönlich – ein Must Have in der unüberschaubaren Menge von Neuerscheinungen.

Detail Lucky Luke 102
© 2024 Lucky Comics/ Story House Egmont

Zum über-sich-selbst-Lachen

Die Welt wird immer verrückter und auch die jüngsten Ereignisse in den USA sind für Europa nicht unbedingt ein Grund zur Freude. Man muss daher anfangen, über sich selber lachen zu können! Eine erste Lektion dafür ist dieser Comic!

Wer möchte, kann zur Hardcover-Ausgabe greifen, die am 12. November erscheint. Die Softcover-Kiosk-Ausgabe ist bereits erhältlich.

Dazu passen ein Schell’s Pilsener und „Funkytown“ von den Lucky Chops.

© der Abbildungen 2024 Lucky Comics/ Story House Egmont

Oger/Div. – Gunmen of the West

Revolverhelden und ihre Geschichten

Story: Tiburce Oger
Zeichnungen: 
Tiburce Oger, Dominique Bertail, Benjamin Blasco-Martinez, Paul Gastine, Christian Rossi, Ronan Toulhoat, Hugues Labiano, Félix Meynet, Jef, Laurent Hirn, Olivier Vatine, Eric Hérenguel, Stefano Carloni, Nicolas Dumontheuil

Originaltitel: Gunmen of the West

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |112 Seiten | Farbe | 25,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-377-9

Cover Gunmen of the West

So schön wie (Comic-)Romane und langlaufende Serien sind, so schön ist es auch, knackige, auf den Punkt gebrachte Geschichten serviert zu bekommen. Bereits zum dritten Mal hat Tiburce Oger sich ein Thema vorgenommen, kleine Episoden mit einer Rahmenhandlung versehen, und befreundete Kolleg*innen um die zeichnerische Umsetzung gebeten. Das ergänzt sein Portfolio, das er selber umgesetzt hat, etwa Ghost Kid.

Erschafft die Waffe den Revolverhelden? Oder nutzt er die Waffe?

In der Sammlung über die Gunmen of the West dreht sich alles um Revolverhelden. Der Anknüpfungspunkt sind aber bestimmte Waffen, die ebenfalls eine gewisse Berühmtheit erlangt haben. Alles beginnt mit dem Überfall auf eine Waffenhandlung. Ein junger Spund überschätzt sich maßlos und will Patronen klauen. Der Inhaber des Ladens verwickelt ihn in eine Diskussion in dem er von bestimmten Waffen und ihren Besitzern zu erzählen beginnt.

Alle diese Geschichten beruhen auf wahren Geschichten (wobei auch hier natürlich niemand mehr mit Bestimmtheit sagen kann, wo die Wahrheit aufhört, und die Legende beginnt). Die entsprechenden Fakten sind im Anhang nachzulesen. Auf teilweise innovative Weise bestätigen die Stories die Regel, dass Revolverhelden oft nicht lange genug gelebt haben, um ihre Geschichte selber erzählen zu können. Trotzdem haben sie eine wichtige Rolle gespielt.

Gunmen of the West page 3

Allerdings sind die geschilderten Leben keineswegs identisch. Einige haben es geschafft, der Vernichtung zu entgehen, Motive für den Werdegang sind komplett unterschiedlich und schließlich sind auch die Charaktere der „Helden“ nicht zu vergleichen.

Ein aktueller Überblick über realistische Stilrichtungen

Da jede einzelne Geschichte von anderen Zeichner*innen umgesetzt wurde, bildet der Band einen guten Überblick über aktuelle Arten, einen Western-Comic umzusetzen. Es gibt Randbereiche, die hier (meiner Meinung nach) zum Glück fehlen, so gibt es zum Beispiel keine sehr karikativen Elemente. Aus dem Bereich der realistischen Zeichnungen sind hier aber viele Ansätze vertreten.

Wer am Western-Comic besonders die weiten Landschaften mag, wird hier nicht ganz glücklich werden. Wer aber am liebsten die Interaktion mehr oder weniger hartgesottener Raubeine (übrigens beiderlei Geschlechts) mag, ist hier vollkommen richtig! Allerdings gibt es auch Einschläge von Romantik, Rache, Kampf um Gerechtigkeit einerseits, Selbstüberschätzung, toxischer Männlichkeit und Größenwahn andererseits.

Gunmen of the West page 6

Wie eine klassische Western-TV-Serie

Die Sammlungen von Tiburce Oger sind irgendwie vergleichbar mit Staffeln einer alten TV-Western-Serie. Jeweils unter einem (Season-)Thema versammeln sich unterschiedliche Interpretationen, die alle ihren eigenen Reiz haben, trotzdem aber zusammengehalten werden. Für mich eine perfekte Ergänzung zu den Reihen, die sich nur um eine Hauptfigur gruppieren bzw. den epischen Einzelwerken.

Handwerklich ist der Band wie alle Splittertitel ohne Fehl und Tadel, das Cover ist fast schon genial und die Qualität der einzelnen Darbietungen ausgezeichnet. Was will man mehr?

Detail Gunmen of the West page 8

Dazu passen JohnnyCash, etwa mit „Man in Black“, und ein Schlitz Tall Boy!

© der Abbildungen 2023 Bamboo Édition | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2024

Nuyten – Apache Junction 4

Sierra Madre

Story: Peter Nuyten
Zeichnungen: 
Peter Nuyten

Originaltitel: Sierra Madre

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |64 Seiten | Farbe | 18,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-411-0

Cover Apache Junction 4

Immer wieder passiert es, dass Vergleiche von lebenden Künstlern mit verstorbenen „Helden“ gezogen werden. Oftmals soll das nur als Marketinginstrument dienen und dafür sorgen, dass Verkäufe anziehen und sich die Fans des Alten zu solchen des Neuen konvertieren lassen. Manchmal aber ist eine Ähnlichkeit nicht von der Hand zu weisen. Und so glaube ich, dass wer Blueberry von Giraud mochte, Apache Junction auch mögen wird.

Ein neuer Zyklus

Vor mittlerweile mehr als zehn Jahren war der erste Band dieser Reihe erschienen, der noch nicht einmal einen eigenen Titel hatte. Schon damals waren die Ähnlichkeiten mit der großen europäischen Western-Serie aufgefallen, Peter Nuyten schaffte es im Folgenden, dieses zu bestätigen. Der drei Bände umfassende erste Zyklus ist mittlerweile als Gesamtausgabe erhältlich.

Die Geschichte spielt im Grenzgebiet der Apacheria, dem angestammten Stammesland der Apachen-Völker, Mexikos und der Vereinigten Staaten. Während sich mexikanische Rurales und amerikanische Soldaten im Wesentlichen in Ruhe lassen und Kriminelle sich in den Weiten der Sierra Madre gut verstecken können, werden die Apachen von allen verfolgt. Die Mexikaner haben eine bereits lange andauernde Feindschaft mit ihnen, die Amerikaner wollen die ursprünglichen Bewohner*innen am liebsten ausrotten, wenigstens aber in weit entfernte und unfruchtbare Reservate verbannen.

Apache Junction 4 page 3

In diesem Grundsetting kämpfen verschiedene indianische Gruppen, teilweise unter Führung von Geronimo, gegen Alle und vor allem um das nackte Überleben. In einem zweiten Strang versucht Roy Clinton für Gerechtigkeit zu sorgen. Einerseits möchte er für seinen Taten geradestehen, er sucht aber auch Rehabilitation für die ihm zu Unrecht angelasteten Geschehnisse. Vor allem aber möchte er die Unschuld von Ann Bentley beweisen. Diese glaubt zwar nicht daran, bricht aber trotzdem mit ihm auf.

Grandiose Bilder!

Peter Nuyten hat die Serie nicht nur geschrieben, er setzt sie auch alleine grafisch um. Seine Bilder aus der Wüste sind grandios! Die Weite und die Lebensfeindlichkeit werden mit jedem Blick deutlich und auch die Gebirgslandschaften könnten fast ohne Geschichte auskommen! Hier wird seine Liebe zum Detail deutlich, denn keine Kleinigkeit stört weder diese großartigen Totalen noch die Hintergründe der Action-Szenen. Und auch seine Darstellungen der handelnden Personen lassen auf eine ausgezeichnete Recherche schließen!

Apache Junction 4 page 4

Dem Band ist ein Anhang beigefügt, der ein wenig in die damalige Zeit und ihre Hintergründe einführt und auch viele Illustrationen besitzt. Diese verdeutlichen die Übereinstimmung der Fiktion mit der Realität! Für Fans des realistischen Western ein Muss! Der Niederländer ist in vielen Settings ein Meister, einer endzeitlichen Metro, dem asiatischen Dschungel und eben der Apacheria. Mein Liebling ist definitiv die Sierra!

Must have!

Wer in seinem Regal Serien wie Jerry Spring und Blueberry stehen hat, wird an Apache Junction seine/ihre helle Freude haben! Nicht nur grafisch, auch von der Erzählweise her gibt es hier viele Gemeinsamkeiten. Eine gut erzählte Geschichte mit mehreren Ebenen, glaubwürdigen Figuren und genügend klassischen Elementen, um rundum zu gefallen!

Detail Apache Junction 4 page 5

Die Aufmachung (gutes Papier, Hardcover mit guter Bindung und das bekannte etwas größere Format) sorgen für eine angemessene Präsentation; der Anhang unterstreicht die Wertigkeit, die der Verlag dem Start des neuen Zyklus beimisst.

Dazu passen The Wolfgangs, etwa mit „Cannibal Family“, und ein Rye Whiskey!

© der Abbildungen 2023 Peter Nuyten | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2024

div – Kurzgeschichten Die Blauen Boys

Die Festschrift zum 60. Album

Story: Thierry Gloris, Sti, Munuera, Renaud Collin, Olivier Dutto, Aimée de Jongh, Denis Lapière, Olivier Schwartz, Clarke, Lapuss‘, Joris Chamblain, Zidrou, Blutch nach Salvèrius, Lambil und Cauvin
Zeichnungen: 
Denis Bodart, Denis Goulet, Munuera, Renaud Collin, Olivier Dutto, Aimée de Jongh, Pau, Olivier Schwartz, Clarke, Baba, Olivier Frasier, Maltaite, Blutch nach Salvèrius, Lambil und Cauvin

Originaltitel: Les Tuniques Bleues – Des Histoires courtes par …

Piredda Verlag

Hardcover | 120 Seiten | Farbe | 30,00 € 
ISBN: 
978-3-949968-05-1

Cover Kurzgeschichten Die Blauen Boys

Die Blauen Boys sind eine der erfolgreichsten und bekanntesten Westernserien aus dem frankobelgischen Semi-Funny Comic-Segment. Einzig Lucky Luke spielt in einer komplett anderen Liga. 2016 erschien das 60. Album der beiden (Anti-)Helden Corporal Blutch und Sergeant Chesterfield. Da es schon seit geraumer Zeit im Spirou-Magazin üblich war, gut laufende Serien unter dem Signet „… par …“ wechselnden Teams anzuvertrauen, bot es sich an, die bis dahin im Magazin erschienenen Kurzgeschichten mit ein paar weiteren als eigenständigen Hommage-Band zu vermarkten. Nun endlich ist auch eine deutsche Übersetzung erschienen!

Kritik am Militarismus

Die allerersten Anfänge der Serie, noch gezeichnet von Salvérius, hatten eher ein Fort der Armee der Nordstaaten als Ausgangspunkt für Komik und Slapstick. Schon sehr bald wurden aber die Schlachtfelder des Sezessionskrieges der Blueprint für die Abenteuer und trotz der weiterhin vorhandenen großen Prise Humor begann die Kritik am bedingungslosen Abschlachten, an unfähigen Vorgesetzen und allgemein am Militarismus einen breiten Bereich einzunehmen.

Auch die dreizehn in diesem Band versammelten Kurzgeschichten, die jeweils einen persönlichen Blick der jeweiligen Szenarist*innen und Zeichner*innen darstellen, nehmen diese Grundtendenz auf. So steht natürlich auch hier das Thema der Fahnenflucht im Mittelpunkt einiger Geschichten. Neu ist aber, dass auch der Vorgesetzte seine Zweifel äußern darf. Eine sehr berührende Geschichte kommt von Aimée de Jongh, die das Thema der auf dem Schlachtfeld eingesetzten Kinder visualisiert.

Kurzgeschichten Die Blauen Boys page 5

Allen Geschichten gemein ist, dass, obwohl die Essenz der Serie immer getroffen wurde, sehr unterschiedliche Interpretationen entstanden sind. Der Band eröffnet daher einen, nein, viele neue Blicke auf ein Grund-Szenario, das schon viele Iterationen hinter sich hat. Gleichzeitig erfordern die Stories aber kein „Expert*innen-Wissen“. Jede*r kann sofort einsteigen und findet im Blaue-Boys-Setting viele Western-Narrative wieder.

Sehr unterschiedliche Zeichenstile

Wie auch schon die Story-lines sind die Zeichnungen nicht als Kopie des Originals angelegt. Im Gegenteil, die Zeichner*innen sollten ihren eigenen Stil einbringen und so ist ein bunter Strauß dabei herausgekommen. Einiges ist sehr realistisch, anderes ist bunt, frech und karikaturesk. Mit anderen Worten: Alle im Spirou der letzten 10 Jahre vorkommenden Stile finden sich auch in diesem Sammelband wieder.

Daher ist vollkommen klar, dass jede*r bestimmte Seiten nicht so gerne mag. Darauf kommt es aber nicht an, denn das Ziel ist, die Essenz in der fremden Darstellung wiederzufinden und Wert zu schätzen! Wer sich darauf einlassen kann, wird hier viel Spaß haben.

Detail Kurzgeschichten Die Blauen Boys page 9

Die Weitung de Perspektive

Für mich ist es wichtig, immer wieder die Möglichkeit zu haben, etwas Neues zu entdecken. Manchmal muss man leider feststellen, dass sich eine Sache totgelaufen hat. Für mich trifft das weder auf die Hauptserie zu, noch auf diesen Jubiläumsband. Es stecken so viele Möglichkeiten darin und sehr viele davon werden hier präsentiert!

Die Ausgabe als Hardcover ist gediegen, das Layout der jeweiligen Einführungsseiten sehr ansprechend und der haptische Eindruck hervorragend. Wer sich einen ersten Eindruck verschaffen möchte, braucht nur die hintere Umschlagseite zu nehmen und sich die dreizehn verschiedenen Profile anzusehen. Viel Spaß damit!

Kurzgeschichten Die Blauen Boys page 3

Dazu passen Jack White mit “Seven Nations Army” und ein starker Kaffee.

© der Abbildungen DUPUIS 2016, by Thierry Gloris, Sti, Munuera, Renaud Collin, Olivier Dutto, Aimée de Jongh, Denis Lapière, Olivier Schwartz, Clarke, Lapuss‘, Joris Chamblain, Zidrou, BlutchDenis Bodart, Denis Goulet, Pau, Baba, Olivier Frasier, Maltaite  / 2024 Piredda Verlag

Rossi – Golden West

Das letzte Aufbäumen

Story: Christian Rossi
Zeichnungen: 
Cristian Rossi

Originaltitel: Golden West

Splitter Verlag

Hardcover Überformat | 176 Seiten | Farbe | 39,80c € | 
ISBN: 978-3-98721-422-6

Cover Golden West

Es gibt Comics, bei denen man schon nach wenigen Seiten feststellt, dass sie zwar nicht schlecht sind, einen aber irgendwie nicht fesseln können. Bei Golden West ist das anders. Der im Original in vier einzelnen Bänden erschienene Comic über das Ende einer Zivilisation zieht einen in sich hinein und lässt nicht wieder los.

Ein Fluch als Sinnbild

Der junge Apache Woan macht einen schweren Fehler, der seinem Freund das Leben kostet. Da er sich damit außerhalb des Weltbildes seines Stammes gestellt hat (So etwas macht man nicht), gilt er als verflucht und muss fortan ohne die Gemeinschaft auskommen. Tatsächlich überlebt Woan und trifft im Laufe seines Lebens auf viele Menschen, die ihn lehren werden, dass die Zeit der Apachen vorbei ist. Seine Verfluchung steht quasi parallel zum scheiternden Überlebenskampf der Indigenen.

Golden West page 7

Auf sich allein gestellt, muss der Junge zunächst einmal überleben und sich damit in einer feindlichen Natur bewähren. Das betrifft nicht nur banale Dinge wie genügend Nahrung, er muss auch Jahreszeiten und Unfälle überleben, ohne ernsthaft zu erkranken. Schließlich trifft er auf Geronimo, der von der Verfluchung weiß, ihm aber trotzdem erlaubt, am Kriegszug teilzunehmen.  

Immer wieder werden sich die Pfade der Beiden kreuzen und es wird immer deutlicher werden, dass eine Zukunft nur vorstellbar wird, wenn sie der Vergangenheit in keiner Weise ähnelt. Das jedoch erfordert ein Umdenken, zumal ja die (meisten) Weißen alles daransetzen, die Apachen und alle anderen indigenen Völker auszurotten. Und auch die Mexikaner kommen als Verbündete keineswegs in Betracht.

Golden West page 8

Naturverbundenheit und Ruhe

Christian Rossi, bekannt für Westernreihen wie Jim Cutlass oder der Planwagen der Thespis, hat nicht nur das Szenario geschrieben, sondern sich auch in die Zeichnungen hineingemalt. Manchmal merkt man Zeichnungen an, dass der Künstler sich große Mühe gegeben hat, emotional aber nicht vollkommen involviert war. Hier ist Rossi mit Haut und Haaren, mit Pinsel und Feder bei der Sache.

Die Zeichnungen sind teilweise leicht unscharf und hauptsächlich in Sepia- und Rottönen gehalten. Nur das leuchtende Blau des Himmels kommt dazu. Er zeigt die Gewalt, aber auch die gewaltige Weite der Natur. Beim Lesen stellt sich die Frage, warum bei dem Angebot an Platz eine Kooperation nicht möglich gewesen wäre. Und auch die Antwort steht geschrieben: es lag nicht an den Ureinwohner*innen!

Golden West page 12

Eine sehr persönliche Darstellung

Der klassische Western nach dem Motto Weiß=gut, Rot=böse funktioniert schon lange nicht mehr. Spätestens seit Der mit dem Wolf tanzt sind die Storylines und Sympathien anders verteilt. Natürlich gibt es allerdings noch immer einige, die die Vormachtstellung des Mannes und einer Herrenrasse auf Teufel komm raus verteidigen wollen. Diese werden auch durch das Statement von Christian Rossi nicht überzeugt werden. Alle anderen finden aber einen sehr persönlichen Zugang zu den großen und bekannten Themen aus einer ungewohnten, „kleinen“ Perspektive.

Es ist immer schwierig, zu definieren, welche Titel unbedingt in eine „vernünftige“ Sammlung gehören sollten. Golden West wäre auf jeden Fall eine Bereicherung jedes Regals mit Westerncomics und wird dazu verleiten, es mehrfach lesen und genießen zu wollen.

Detail Golden West page 15

Dazu passen „Please don’t talk about me when I’m gone“ in der Version von San Lyon, und ein frisches Wasser ohne „Feuer“!

© der Abbildungen Casterman 2023, by Christian Rossi | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2024

Sprechblase 249 (Aug 2024)

Modesty Blaise und andere Themen

Redaktion: Gerhard Förster
Bildschriftenverlag Hannover (bsv)
Din A4 | 100 Seiten | Farbe | 11,90 €
ISSN: N/A

Cover Sprechblase 249

Lange ist es her, dass comix-online eine Ausgabe der Sprechblase besprochen hatte: es war die Nummer 238 mit dem Schwerpunkt Edouard Aidans. Es ist also wieder mal an der Zeit, bevor sich im Rahmen von gleich zwei anstehenden Jubiläen alle darauf stürzen werden. Die Zeitschrift mit dem Untertitel „Die wunderbare Welt der Comics“ ist aktuell in ihrem 49. Jahrgang und die 250. Ausgabe ist geplant für Anfang kommenden Jahres.

Eine Institution braucht eine Nachfolgeregelung

Die Sprechblase ist eine Zeitschrift für Menschen, die klassische Comics mögen. War sie anfangs fast nur auf die Generation Lehning ausgerichtet, ist die Generation ZACK mittlerweile ebenfalls stark vertreten. Wir alle, die wir zu einer dieser beiden Gruppen gehören, sind mittlerweile in die Jahre gekommen und auch Gerhard Förster, der die Zeitschrift vor langer Zeit von Norbert Hethke übernommen hatte, geht in den wohlverdienten Ruhestand, allerdings erst nach der Jubiläumsnummer. Wer Interesse hat, hier einzusteigen, melde sich bitte!

Intro Sprechblase 249

Die wohl coolste „Tödliche Lady“ aller Zeiten

Neben einer Vielzahl von Besprechungen und News wartet die „Blase“ immer mit einigen sehr ausführlichen Artikeln auf. Covermodel ist dieses Mal Modesty Blaise, eine Comic-Strip Heldin, die 1963 erstmalig das Licht der Welt erblickte und Leser*innen vieler Tageszeitungen erfreute. Gerhard Förster beschreibt nicht nur ausführlich inhaltliche Merkmale des Strips, er geht auch auf die Persönlichkeiten des Autors und einiger Zeichner näher ein.

Peter O’Donnell war während des Zweiten Weltkrieges als Unteroffizier tätig und schrieb danach verschiedene Szenarien, bevor ihm mit der Serie um die freiberuflich tätige Blaise ein Riesenerfolg gelang. Es war die Zeit, in der James Bond seine ersten Erfolge feiert und die Avengers (dt. Mit Schirm, Charme und Melone) die Fernsehzuschauer*innen begeisterten.

Zwar ist es notwendig, eine gute Story zu haben, ohne passende Zeichner wird es aber trotzdem kein Erfolg werden. Sowohl Jim Holdaway als auch Enrique Badia Romero (bekannt auch mit Axa) waren sehr wohl in der Lage, die schwierige Mischung aus versteckter Erotik in Zeitungen, die auch von Kindern gelesen wurden, Martial Arts und Spannung umzusetzen. In den Skandinavischen Ländern war der Strip am erfolgreichsten, aber auch in Deutschland erscheint jetzt bei Bocola eine Gesamtausgabe. Vervollständigt wird das Feature mit dem Abdruck der Origin-Geschichte!

Von Wastl über Fix & Foxi zum Blut auf der Prärie

Weitere Artikel beschäftigen sich mit der Geschichte von Wastl (oder eigentlich Jerom, wie er im flämischen Original heißt) und seinen unterschiedlichen Ausprägungen. Ursprünglich war er ein Sidekick in Suske und Wiske, erlebt aber wegen seiner Beliebtheit auch Soloabenteuer. Natürlich wird hier ein besonderes Augenmerk auf die erfolgreiche deutsche Bastei-Serie Wastl und ihre Nachfolger gelegt. Es gibt aber auch Anmerkungen zu den moderneren Interpretationen in Amoras und J.Rom.

Ein Wiederabdruck eines alten Interviews erinnert an Ludwig Fischer, einen der Fix und Foxi-Zeichner, die sich mit ihrem Stil aus der Masse hatten herausheben können.

Zu guter Letzt gibt es noch einen Western-Schwerpunkt. Der Abdruck des Comics Blut auf der Prärie findet mit dem dritten Teil seinen Abschluss. Ihm vorangestellt ist ein Faktencheck, der die Ereignisse gegen die Wirklichkeit prüft. Ein Comic von Look & Learn! Thematisch passend folgt ein Überblick über Filme und Comics, die sich mit Little Bighorn befassen. Subjektiv und erfrischend!

Sehr viele wissenswerte Informationen!

Es gibt verschiedene Sekundärzeitschriften auf dem deutschen Markt. Die Sprechblase richtet sich an ältere Comic-Fans (die natürlich auch so ihre Vorurteile haben, die hier auch gepflegt werden). Für diese Zielgruppe gibt es nichts Vergleichbares. Die Themen sind liebevoll kuratiert, die immens vielen Abbildungen passen zu den Inhalten und das Layout ist durch thematische Kästen und Rubriken gut gegliedert.

Im Übrigen findet der Fan nur hier eine Zusammenstellung aller Kleinverlagseditionen aus diesem Spektrum. Die Rezensionen sind vielfältig (und beinhalten erstmals auch eine vom Verfasser diese Zeilen) und machen Lust auf das eine oder andere Experiment. Es wäre schade, wenn sich kein Nachfolger finden würde. Glücklicherweise lässt Gerhard den potentiellen Kandidaten ja noch ein wenig Bedenkzeit.

Dazu passen ein guter Rotwein, ich würde einen Primitivo bevorzugen, und The Pioneers.

© der Abbildungen bei den jeweiligen Zeichnern und Verlagen 2024, c/o Bildschriftenverlag Hannover (bsv)

Lebon – Western Love 1

Der Rotschopf und der Schönling

Story: Augustin Lebon
Zeichnungen: 
Augustin Lebon

Originaltitel: Western Love, Tome 1

Splitter Verlag

Hardcover Überformat | 56 Seiten | Farbe | 17,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-389-2

Cover Western Love 1

Als der Western-Comic vor 80 Jahren seine erste richtige Blütezeit hatte, gesellte sich nach kurzer Zeit ein Sub-Genre hinzu, das bei fast allen amerikanischen Häusern große Erfolge verbuchen konnte und eigentlich erst durch SF/Horror im Zuge des kometenhaften Aufstiegs von EC sein Ende fand: Western Romance! Auch die hartgesottenen Kerle hatten so etwas wie eine Schokoladenseite und irgendwie musste der Westen ja auch nachhaltig besiedelt worden sein. Über Schwärmerei gingen die Inhalte allerdings selten hinaus und Inhalte wie bei Brokeback Mountain oder Zarter Schmelz waren selbstverständlich undenkbar. Der Splitter-Verlag startet nun einen ersten Versuch, ob sich diese Spielart erneut durchsetzen kann.

Eine Restaurantbesitzerin und ein Krimineller

Da es eine unendliche Vielzahl an Liebesgeschichten gibt, ist es notwendig immer wieder neue, unerwartete Plots zu schaffen, die nicht sofort vorhersehbar sind. Die Konstellation in einem Western mit Bankraub und wilder Horde eine Restaurantbesitzerin zum Ziel der Träume eines Kriminellen zu machen, ist da schon mal ein guter Startpunkt.

Western Love 1 page 4

Die Ausgangssituation ist relativ einfach: Der „Rotschopf“ führt ein Restaurant, das kurz vor dem Bankrott steht. Die einzige Lösung scheint eine reiche Heirat. Der „Schönling“ ist im dem kleinen Städtchen, um auszukundschaften, wie die Bank um ihre Einlagen erleichtert werden kann. Wie der Zufall es will, begegnen sich die Beiden in einer Weise, für die verbesserungsfähig eine höfliche Umschreibung wäre. Tatsächlich folgen Romanzen aber keiner Logik und so entwickelt sich das Ganze wider besseren Wissens.

Lebon nutzt dafür natürlich Klischees, twisted sie aber auf eine sehr liebevolle Weise (Kaktus!). Zusätzlich erzählt er aber auch eine knallharte Story, die fast schon einem Italo-Western gut zu Gesicht stünde. Die Szenen der Verliebtheit und die der Folter und des Pulverdampfes wechseln sich ab.

Humor und Härte

Augustin Lebon ist nicht nur für das Szenario verantwortlich, er hat auch die Zeichnungen erstellt. Dadurch ist die Kombination aus Geschichte und Umsetzung, die manchmal verrät, wie die entsprechenden Künstler Szenen unterschiedlich verstanden haben, eine Einheit. Lebon weiß, wann er eine linkische Position haben möchte, wann eine verzweifelte und wann eine durchsetzungsfähige. Er denkt Inhalt und Aussehen gleichzeitig und ist glücklicherweise auch fähig, das darzustellen!

Western Love 1 page 6

Grundsätzlich schwebt immer eine kleine Prise Semi-Funny im Raum. Das mildert die härtesten Szenen etwas ab und erlaubt den romantisch veranlagten Leser*innen, die Gewalt als notwendige Prüfung zu ignorieren. Die Fans knallharter Western können dagegen die Romantik ein wenig in den Hintergrund schieben, geht es doch schließlich um etwas ganz anderes.

Die Kombi machts!

Für mich funktioniert die Kombination ausgezeichnet. Dadurch haben wir es weder mit dem x-ten Aufguss einer bekannten Story zu tun, noch ist der Western zu einem reinen Kulissenspektakel degradiert worden. Und nicht zuletzt gefällt mir der Humor, der immer wieder hinter einer Ecke quasi unerwartet daherkommt!

Der vorliegende Band 1 führt in die Personen ein, erklärt ihre Hintergründe, und macht sie somit glaubwürdig. Der etwas linkische Gangster und die handfeste Köchin ergeben ein perfektes Duo und lassen daher für die Zukunft noch einiges erwarten!

Western Love 1 page 9

Dazu passen Jenny Don’t and the Spurs, etwa mit „Broken Hearted Blues“ und ein Bullit Frontier Whiskey!

© der Abbildungen Editions Soleil 2023, by Augustin Lebon | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2024

Cauvin/Lambil – Die Blauen Boys GA 5

1977 – 1978

Story: Raoul Cauvin
Zeichnungen: Willy Lambil

Originaltitel: Le Tuniques Bleues 13, 14, 15

Salleck Publications

Hardcover | 160 Seiten | Farbe | 34,90 € | 
ISBN: 978-3-89908-817-5

Cover Blaue Boys Gesamtausgabe 5

Wo sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere. Die Blauen Boys haben schon mehrere solcher Türen hinter sich. Entstanden aufgrund des Weggangs einer anderen Serie verstarb der erste Zeichner Salvérius bereits nach wenigen Alben (GA 1 und 2) und Lambil (GA 3 und 4) musste einspringen. Mittlerweile ist auch der Texter Cauvin verstorben, die Serie läuft aber weiter (auf Deutsch in Vorbereitung). Dazu kommen ein einmaliger Band von BeKa und Munuera sowie eine Hommage, die ebenfalls bald auf Deutsch escheinen wird.

Schlachten ganz unterschiedlicher Art

Obwohl die Serie sich bei unseren westlichen Nachbarn ausgesprochen gut verkauft, hatte sie in Deutschland einen schwierigen Start. Als Bud und Chester bei Bastei gestartet, wurde die Serie eher ins Klamauk-hafte gepackt. Carlsen übernahm dann später, versuchte aber unterschiedliche Formate, unter anderem am Kiosk, und erst bei Salleck erhielt sie unter dem Namen Die Blauen Boys eine regelmäßige und angemessene Veröffentlichungsform. In der Gesamtausgabe werden nun die ersten Bände neu übersetzt und gelettert in einer dementsprechenden Weise präsentiert.

Die Schlammschlacht beschreibt eine Wettersituation, die von Soldaten im Feld gefürchtet wird. Lang andauernder Regen macht das Gelände weich und rutschig und fügt den Schrecken einen weiteren hinzu: die Unkalkulierbarkeit. Leider nehmen nicht alle Vorgesetzten darauf Rücksicht. In einer Parallelhandlung geht es um romantische Gefühle, Ehre und Verrat. Der Grünschnabel enthält noch viel mehr Gefühle, besucht Sergeant Chesterfield doch Fort Bow. Dort muss er feststellen, dass scheinbar jemand seiner Angebeteten den Hof macht.

Nach dem ganzen Chaos wird es in Rumberley wieder etwas ernster. Wie immer ist die Kavallerie fast komplett aufgerieben worden. Neben einer Unmenge an Toten gibt es auch ein paar schwer Verletzte. Aufgrund taktischer Überlegungen beschließt de Generalstab, die Verletzten in Örtchen Rumberley zurückzulassen. Dessen Bewohner*innen sind der Sache aber alles andere als wohlgesonnen und rufen die Südstaatler.

Die Kombination aus lieblich und grausam macht’s

Lambil ist ein wahrer Meister darin, wunderschöne Landschaften auf das Papier zu bringen. Grüne Bäume, kräftiges Gras, der eine oder andere Vogel pfeift fröhlich vor sich hin und man sieht fast die Eichhörnchen durch den Wald fegen. Doch schon die nächste Szene kann komplett gegenläufig sein und von Kanonendonner künden, Leichenteile zeigen oder sonstige Schreckensszenarios präsentieren.

Bei all diesen Schockmomenten verletzt Lambil niemals die Grenzen des guten Geschmacks. Der Comic kann durchaus von Jugendlichen gelesen werden, diese werden bestimmte Szenen einfach überlesen und sind aus dem Manga-TV eh Schlimmeres gewohnt. Für mich macht diese Spannung aber einen großen Teil des Reizes aus, der den schon ansonsten üblichen Marcinelle-Genuss deutlich erhöht. Vielleicht ist der Moment auch genau der richtige, ist ein Stellungskrieg in Europa doch seit mittlerweile drei Jahren wieder Realität.

Ein – bei uns – unterschätzter Western

Das Genre des Western-Comics ist extrem vielfältig. Neben den klassischen Narrativen Rache, Macht, Gewalt und Eroberung gibt und gab es auch immer wieder weichere Themen. Neben der Saddle Romance gehören dazu auch interne Konflikte wie der Wunsch, dem Soldatendasein durch Desertion zu entfliehen oder wohlverstandene Kameradschaft. Chesterfield und Blutch bilden diese Topics ab, agieren aber gleichzeitig in einem klassischen Armee-Szenario mit Semi-Funny Elementen.

Die gewählte Form der Gesamtausgabe bringt endlich (!!) auch die frühen Abenteuer der Beiden in einer lesbaren Übersetzung und Ausstattung nach Deutschland. Die Ausgabe inkludiert die Titelbilder der Spirou-Vorveröffentlichungen und die der deutschen Erstausgaben. Dazu kommt ein eigens von Volker Hamann verfasster Text über die Serie.

Dazu passen Alice Cooper, etwa mit “Go to Hell” und ein Cuba Libre!

© der Abbildungen DUPUIS 1978, 1979, by Cauvin & Lambil / 2024 Eckart Schott Verlag

ZACK 300 (Juni 2024)

ZACK 300

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 100 Seiten | Farbe | 9,70 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK 300

Herzlichen Glückwunsch zu 25 Jahren mit dem „neuen ZACK“! Ich kann mich noch genau an den Kauf des ersten „neuen“ Heftes erinnern. Auf dem Land gibt es keinen Comic-Shop, Internet-Bestellungen waren im letzten Jahrtausend nicht wirklich gebräuchlich und der nächste größere Bahnhof war einige Kilometer entfernt. Trotzdem bin ich nach Dortmund gefahren um glücklich und staunend das Heft in Händen zu halten. Allein, mir fehlte der Glaube, dass dieser Versuch im Gegensatz zu allen anderen Magazinversuchen erfolgreich sein sollte. Glücklicherweise wurde ich eines Besseren belehrt (und schreibe mittlerweile sogar selber von Zeit zu Zeit in diesem Heft).

Die Neustarts/Abschiede

In diesem Heft gibt es nur Neustarts, die gleichzeitig aber auch Abschiede sind. Als Geburtstagsgeschenk enthält diese Nummer 14 Kurzgeschichten von alten ZACK-Held*innen. 13 davon sind aus der Festschrift zu 77 Jahren Tintin (Kuifje) entnommen. Dieses belgische Magazin war die Fundgrube, aus der damals die ersten Jahrgänge des ZACK fast komplett gefüllt worden waren. Ein Artikel von Volker Hamann über das Wochenblatt rundet diese Ausgabe ab.

Detail ZACK 300 page 93

Die vierzehnte Story ist gleichzeitig ein Appetizer auf das im Herbst startende „neue“ Westernabenteuer von Martin Frei. Nach dem Chaos mit der Albenausgabe der Frau mit dem Silberstern wird nun alles neu. Bullet Hill ist ein erster Vorgeschmack!

Das ZACK hatte immer einen großen Funny-Anteil. Dementsprechend dürfen natürlich Cubitus und Bojenberg nicht fehlen. Bénédicte Moret und Falzar präsentieren Gemeinsam trennt sich’s besser und Michel Rodrigue, Erroc und Marcy erinnern an die alten Zeiten: Ich war ein Star! Ebenfalls in diese Rubrik gehört Spaghetti der allerdings etwas fragwürdig stereotyp rüberkommt.

Detail ZACK 300 page 17

Etwas Besonderes haben sich Hermann und Yves H. einfallen lassen, lassen sie doch in Mad Dog, einem Prequel zu Comanche, Red Dust wieder auferstehen. Aber es gibt noch weitere Highlights: Bitteres Podium von Vincent Dutreuil und Denis Lapière bringt den klassischen Michel Vaillant zurück. Und auch Andy Morgan steht aus der Feder von Xavier, Matz und Jérôme Maffre wieder auf. Fast glaubt man sich beim Lesen in die Zeiten der ZACK-Parade zurückversetzt. Glücklicherweise sind allerdings Papier, Druckqualität und Layout tausendfach besser!

Detail ZACK 300 page 9

Der bunte Reigen wird komplettiert durch die Science-Fiction Sparte (Luc Orient, Bob Morane, Blake & Mortimer), einen weiteren Western mit Ringo und die Abenteuer/Krimi-Sektion mit Die Draufgänger und Dan Cooper. Wer hier nichts findet, ist selbst schuld!

Und sonst?

Im nächsten Heft geht alles wieder seinen gewohnten Gang! Alles? Nein, das Heft wird erneut dicker und kommt künftig mit 100 Seiten daher. Damit werden dann sechs Geschichten fortgesetzt werden können! Wer auf die Fortsetzungen seiner Lieblinge nicht warten mag, sollte einfach die 299 noch einmal lesen 🙂

Vielleicht wäre noch zu erwähnen, dass diese Jubelnummer mit einer Glanzlackapplikation auf dem Cover daherkommt und für Nostalgiker*innen nochmal an viele Titelbilder der Vergangenheit erinnert. Vielleicht ist Euer Lieblingsmotiv ja auch dabei.

Dazu passen ZSK („Alerta“) und ein Belgisches Leffe Bruin.

© der Abbildungen Le Journal de Tintin – Numero Special 77 ans © Hergé/Tintin-Imaginatio/Dargaud-Lombard S.A. /2023. www lombard.com / Martin Frei 2024 / Blattgold GmbH, Bad Dürkheim 2024

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