ZACK 251

ZACK 251 (Mai 2020)

Herausgeber: Klaus D. Schleiter

Chefredaktion: Georg F. W. Tempel
MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag
Heft Din A 4 | 84 Seiten | Farbe | 7,90 €
ISSN: 1438-2792

Die Neustarts

Millenium kehrt zurück in das ZACK und startet mit Teil 2 Versuchung. Plague, einer der versiertesten Hacker Schwedens, hat die Hacker Republic verlassen. Seine Funkstille macht Lisbeth Salander misstrauisch und so versucht sie zusammen mit dem Journalisten Mikael Blomkvist herauszufinden, wo er sich aufhält. Dieser schreibt an einer Story über Schwedens Rechte und die SÄPO. Schon bald müssen sich die beiden eines Angriffs von Maskierten erwehren. Sylvain Rumberg trifft den Ton der originalen Geschichten weiterhin sehr gut und liefert einen tollen Thriller ab, der von Belén Ortega düster und hart umgesetzt wird. Hohes Niveau und eine Bereicherung des Spektrums.

Ebenfalls erstmals dabei ist Spaghetti, eine ursprünglich aus der Feder von Dino Attanasio und René Goscinny stammende Serie. Im StripGlossy sind bereits einige neue Geschichten von Frans Hasselaar erschienen, die von Daan Jippes umgesetzt worden sind. Funnyspass garantiert. Der heutige Dreiseiter zwingt den Helden der Serie, Pizza auszufahren und stellt ihn vor einige Prüfungen.

Die Fortsetzungen

Yann lässt in seinem Western Sauvage die kleine Esmeralda in eine ungewünschte Umgebung verfrachten: Sie hat zu viel genervt und wird dem Orden der Karmeliterinnen übergeben. Felix lässt dieses geschehen und bittet darum, an die Front versetzt zu werden. Meynet liefert routinierte Zeichnungen ab, die weiterhin in der Kolorierung nicht meinem Geschmack entsprechen.

Auch die Morde im Mai nehmen Fahrt auf: Während in der Story von Jacques Post in Rotterdam klarer wird, welche Verbindungen zwischen dem Agenten und der Polizei bestehen und der Held eine Verbündete gewinnt, planen die Deutschen den Einmarsch. Eric Heuvel beweist, dass er einer der bekanntesten niederländischen Comic-Zeichner ist und einer der führenden Vertreter der Ligne Claire! Zur Spannung trägt IMHO wesentlich bei, dass die Geschichte zwei Zeitebenen hat: Die der Untersuchungskommission von 1948 und die der untersuchten Handlung 1940.

Natürlich haben Parker & Badger, Tizombi und der Vater der Sterne wieder ihren Auftritt. Dazu kommt der schon siebte Teil der Serie über Verfilmungen frankobelgischer Comics von Bernd Hinrichs und eine Einführung in Locke & Key, eine Horror-Serie von IDW.

Die Abschiede

Gleich zwei Serien verabschieden sich erstmal wieder: Den Anfang macht Rani, die Serie über eine junge Französin, die von ihrem Halbbruder um ihr Erbe gebracht werden soll. Der adelige Scharlatan spielt ein mehrfach falsches Spiel, das zu einem echten Cliffhanger führt. Gute Unterhaltung des Altmeisters Jean van Hamme in der Umsetzung von Francis Vallès. Da die Folgebände im Original schon erschienen sind, ist auf eine baldige Fortsetzung zu hoffen.

Rick Master ist nicht nur einer der ältesten ZACK-Helden, sondern auch einer derjenigen, die stark modernisiert worden sind. In seinen neuen Abenteuern von Zidrou spielt seine Freundin Nadine eine deutlich größere und aktivere Rolle als in der klassischen Serie. In Für Frankreich gefallen ermitteln sie und Rick eigentlich parallel. Simon van Liemt setzt das in seinem eigenen Stil um, der genügend Referenzen an Tibet enthält um alte Fans zufriedenzustellen, der Serie aber trotzdem ein modernes, jugendliches Flair verpasst hat.

Das alte ZACK hatte sich mal den Untertitel „Das europäische Comic-Magazin“ verpasst. Mir würde immer noch keine treffendere Kurzbezeichnung einfallen. Dazu empfehle ich die sehr kurzweiligen Klänge von The Muffs und ¾ trockenen Prosecco mit ¼ Rhabarbersaft.

Abbildungen © 2020 MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag und den jeweiligen Zeichnern und Verlagen

Forster/Dinter/Richter – Crystal.Klar

Crystal.Klar – Die Graphic Novel

Story: Dominik Forster
Zeichnungen: 
Adrian Richter, Stefan Dinter

Originalausgabe

Panini Comics

Hardcover | 160 Seiten | Farbe | 20,00 €
ISBN: 
978-3-7416-1782-9

Wer kann glaubhafter über den Weg in die Drogensucht und die Kriminalität berichten als einer, der diesen Weg selbst beschritten hat? – Niemand!

Insofern ist der Auftrag eines Ex-Junkies an sich, andere anhand des eigenen Beispiels davon zu überzeugen, einen anderen Weg einzuschlagen, ein toller, schwieriger und vor allem bedingungslos zu unterstützender! Man muss sich das eher so wie ein Mosaik vorstellen: Der eine macht es so, die andere so und erst in der Draufsicht ergibt sich ein schlüssiges Bild, das alle Bestandteile erfordert.

Die Geschichte

Ein Steinchen in diesem Konzept ist der jetzt erschienene Comic, der in Form einer Graphic Novel zunächst von Domink Forsters Jugend erzählt. Domi war nicht wirklich akzeptiert bei seinen Mitschüler*innen: zu strebsam, zu langweilig, zu uncool. Später muss er auf einer Freizeit feststellen, dass trinken und rauchen notwendig zu sein scheint, und er gehört dann tatsächlich „dazu“. Er gerät aber auch in Kontakt mit Leuten, denen die legalen Sachen nicht genügen, und fängt an, immer mehr unterschiedliche Drogen zu konsumieren. Seine alte Clique kommt damit nicht klar und so konzentriert sich Dominik nur noch auf die neuen.

Seine Freundin Seven und er durchleben alle Geschichten einer Horrorstory: Er schlägt sie, sie brüllen sich an und landen doch wieder im nächsten Rausch und im Bett. Ähnlich entwickelt sich die kriminelle Karriere: Hat er anfangs einfach nur seine Aggressionen nicht unter Kontrolle, kommt sehr schnell der gesteigerte Geldbedarf zum Tragen: Er beklaut Familie, Arbeitgeber und Freunde und fängt schließlich an, zu dealen.

Die Geschichte endet damit, dass Domi, kaum 20, für Jahre in den Bau einfährt. Das Leben von Dominik Forster aber geht danach weiter, denn er unterzieht sich einer Therapie und entdeckt seinen Lebenssinn darin, andere von dieser Karriere abzuhalten. Nach seiner Entlassung geht er in Schulen und stellt sich der Diskussion, schreibt ein Buch und arbeitet dann an der Umsetzung in eben diesen Comic!

Die Umsetzung

Im Anhang befinden sich entsprechend Zeitungsausschnitte über die Veranstaltungen, Stimmen von Teilnehmer*innen, aber auch Briefe aus dem Knast, die seine Entwicklung dokumentieren. Gerade dieser Teil ist sehr eindrucksvoll, zeigt er doch, dass der Weg nicht nur gut gemeint ist, sondern auch angenommen wird! Und ehrlich gesagt: Die Story alleine könnte auch als Grundlage für eine hippe Netflix-Serie dienen, die dann eher nicht abschreckend wirkt.

Die Zeichnungen von Adrian Richter und Stefan Dinter lenken nicht von der eigentlichen Geschichte ab. Sie sind auf das Wesentliche reduziert, transportieren aber trotzdem Emotionen und erlauben eine „Mitleiden“ bzw. „Miterleben“. Die Figuren sind eindeutig wieder zu erkennen und unterschiedlich genug um sowohl den „süßen Jungen“ als auch den „harten Kerl“ zu zeigen und auch die gemeinsame Person im Hintergrund der beiden Ausdrucksformen!

Das Konzept

Es gibt eine Umsonst-Version, die stark verkürzt die wesentlichen Punkte darstellt und auf Veranstaltungen und an Krisenpunkten verteilt wird. Das ist sicherlich diejenige Fassung, die die größte Verbreitung finden wird. Dieser gebundenen Ausgabe ist zu wünschen, dass sie nicht nur in den Regalen der Schulbibliotheken und auf Büchertischen verstaubt, sondern ebenfalls den Weg zu gefährdeten oder sogar schon abgerutschten Jugendlichen findet!

Das Projekt wird unterstützt von blu:prevent und der DAK. Die Blaukreuzler werden wie auch „Über den Berg“ im Anhang näher vorgestellt.

Dazu passen Cola (in diesem Fall mit Zucker) und Urban Hip-Hop.

© der Abbildungen 2020 Dominik Forster & Panini Verlags GmbH

Ritstier/Kusbiantoro – Saul 2

Endstation

Story: Willem Ritstier
Zeichnungen: Apri Kusbiantoro

Originalausgabe

Uitgeverij Personalia

Softcover | 48 Seiten | Farbe | 8,95 € |

ISBN: 978-94-928-4051-6

Wie gewohnt publiziert Personalia viele der in StripGlossy vorveröffentlichten Comics anschließend als Album. Jelmer und die Meimoorden habe ich bereits besprochen, die Fantasy-Serie Saul folgt nun, wenn auch mit dem zweiten Band.

Die Story

Saul ist ein typischer Fantasyheld: muskelbepackt, kampferprobt und freier Oberkörper. Der Planet Boritas auf dem die Geschichte spielt bietet einerseits archaische Krieger, die mit Schwertern oder Pfeil und Bogen ausgerüstet sind, andererseits aber auch Reste einer technischen Zivilisation, die über U-Boote und andere fortschrittliche Maschinen verfügt. Das Wissen darum ist aber den meisten verlorengegangen.

Im ersten Band ist Saul von Lea, einer Schwertkämpferin und Kopfgeldjägerin, gefangengenommen worden. Lea will – und das ist der Start der zweiten Folge – Saul in der Hauptstadt Hyremdahr abliefern um die auf ihn ausgesetzte Belohnung von 80.000 Sem zu kassieren. Auf dem Weg in die Stadt müssen sie ein großes Wasser überqueren, finden allerdings keinen Skipper, der sie übersetzen würde. Sie alle haben Angst da bisher niemand zurückgekehrt ist.

Die beiden machen sich also in einem kleinen Boot selbst auf den Weg und damit beginnt die gefährliche und abenteuerliche Reise die jede*n Rollenspieler*in in hellste Freude versetzen würde! Ungeheuer, tierische Gegner, technische Fallen, der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt. Die Story von Willem Ritstier folgt natürlich genretypischen Pfaden, macht das aber auf durchaus spannende Weise und weiß daher zu gefallen! Für alle Storm oder Conan Fans und natürlich für die Liebhaber*innen von Flash Gordon empfiehlt sich durchaus ein Blick!

In den Niederlanden ist Ritstier durchaus bekannt da er in fast allen Comic-Magazinen und auch in einigen Tageszeitungen mit seinen Strips vertreten war. In Deutschland ist nur wenig davon veröffentlicht und so dürfte er am ehesten als Szenarist von Ronson und eines Storm-spinn offs in Erinnerung geblieben sein.

Die Zeichnungen

Apri Kusbiantoro zeichnet ganz in der Tradition von Don Lawrence, dem ursprünglichen Zeichner von Trigan und Storm. Die Gesichter sehen zwar nicht immer gleich aus, es gelingt ihm aber überzeugend, Emotionen in ihnen darzustellen! Sein Verständnis des Körpers ist dagegen sehr hoch entwickelt und so sehen die Kampfszenen sehr realistisch aus.

Für dieses Genre ist ebenfalls notwendig, dass der Zeichner fremde Welten glaubwürdig darstellen kann: Flora und Fauna müssen nicht nur furchteinflößend sein, sondern auch so andersartig, dass Leser*innen sich sofort in einer fremden Umgebung wähnen. Auch das gelingt dem in Indonesien geborenen Künstler sowohl bei den technisch geprägten Landschaften als auch unter Wasser perfekt! Die Affen wirken dagegen etwas wie aus einem frühen Science-Fiction Film.

Der Seitenaufbau und die Gestaltung der einzelnen Panels sind sehr flexibel und abwechslungsreich genug. Obwohl Kusbiantoro an dem klassischen Aufbau festhält sprengen einzelne Rahmen immer wieder das Muster und verlassen auch die rechteckige Form und selbst ganzseitige Illustrationen finden ihren Platz.

Ein gelungenes klassisches Fantasyabenteuer mit SF Einschlag braucht etwas härtere Musik als Begleitung; ein Grund mal Tagada Jones zu empfehlen! Dazu passt die „Hopfenanarchie“ vom Brauhaus Thombansen.

Abbildungen © 2019 Uitgeverij Personalia

Duchâteau/Tibet – Rick Master Gesamtausgabe 8

1974 – 1976

Story: André-Paul Duchâteau
Zeichnungen: Tibet

Originaltitel: RIC HOCHET – L‘INTÉGRALE 6-7

Splitter Verlag

Hardcover Überformat | 168 Seiten | Farbe | 34,00 € |

ISBN:  978-3-95839-584-8

Die Serie

In Zeiten wie diesen, wo nicht nur Restaurants und Kneipen geschlossen sind und Kinoabende verteilt vor den Fernsehgeräten stattfinden, hat der eine oder die andere vielleicht die Zeit, sich Klassikern zu widmen. Ich möchte heute daher den aktuellen Band der Rick Master Gesamtausgabe näher vorstellen. Die erste Geschichte um den Journalisten, seinen Freund Kommissar Bourdon, dessen Nichte Nadine und die gemeinsam gelösten Kriminalfälle ist bereits 1955 erschienen und bis zum Tod des Zeichners Tibet im Jahr 2010 wurden insgesamt 77 Alben verlegt!

In Deutschland debütierte der blonde Held in MV-Comix und war dann Stammgast im Koralle-ZACK. In den verschiedenen Publikationen waren die Geschichten allerdings nicht chronologisch und zudem oft auch nur gekürzt oder ummontiert erschienen. Die folgenden Alben bei Koralle, Bastei, Carlsen und Kult schafften es nicht, die Serie komplett einheitlich zu bringen. Dem setzt die seit 2017 bei Splitter erscheinende Gesamtausgabe ein Ende: in 25 Bänden werden alle Abenteuer erhältlich sein! Zudem beinhaltet jeder Band reichlich Zusatzmaterial in Form von Covern der ursprünglichen Tintin-Veröffentlichungen, Ausschnitten aus anderen Werken von Tibet und André-Paul Duchâteau und natürlich Artikeln über die Beiden und ihre Serie.

Auch die neuen Abenteuer von Rick Master von Van Liemt und Zidrou werden von Splitter als Alben verlegt. Die Vorveröffentlichung erfolgt im ZACK. Die Gesamtausgabe erscheint alle zwei Monate und zwar abwechselnd mit einer überarbeiteten Neuveröffentlichung von alten und mit neuen Bänden.

Band 8

Der gerade erschienene Band 8 umfasst die Jahre 1974 – 1976 und damit eine der spannendsten Phasen der Serie. Rick Master öffnet sich erstmals dem Thema Science-Fiction und beweist einmal mehr die Wandlungsfähigkeit der Autoren. Natürlich ändert sich nichts am Grundkonzept, nur die Varianz wird größer.

Den Beginn macht zunächst der dritte Teil des Porträts von André-Paul Duchâteau. Volker Hamann beweist einmal mehr sein grandioses Wissen um die Welt der Neunten Kunst und seine Fähigkeit, dieses auch weiterzugeben! Im Mittelpunkt dieser 20 Seiten stehen die anderen Serien des Texters, unter anderem das bald auch auf Deutsch wieder startende Rennfahrer-Epos Andre Chevallier (bzw. Rolf Thomsen wie es im Koralle-ZACK betitelt war). Schon allein die zusätzlichen Illustrationen würden einen Kauf rechtfertigen.

Die ersten Seiten von Angriff der Ausserirdischen wurden im November 1974 im Tintin veröffentlicht, die erste deutsche Ausgabe kam 1977 als ZACK-Album 17. Der etwas absonderliche Frédéric Louaisil hatte 1970 behauptet, im Finistère auf der Straße des Unmöglichen Außerirdische gesehen zu haben. Nun, 1974, stößt er bei einem abendlichen Spaziergang im Nebel scheinbar erneut auf fremde Wesen und wird bei dem Versuch, diese zu fotografieren von einem blitzartigen Schlag getroffen. Sein Neffe Bob sowie Rick sollen helfen, diese Geschichte zu beweisen.

Im Laufe der Zeit werden mehrere Personen vermisst oder aber auf grausame Weise zugerichtet tot aufgefunden und Panik macht sich im Ort bereit. Selbst der französische Präsident wird eingeschaltet und auch Kommissar Bourdon quartiert sich vor Ort ein… Sehr spannendes Who-dunnit in einer Gegend, in der übernatürliche Phänomene von niemandem ausgeschlossen werden!

Auch Die Linie des Todes beginnt mysteriös: Scheinbar unabhängig voneinander sterben drei Menschen an einem Herzinfarkt. In einem der Fälle kann Rick Master gerade noch verhindern, dass unschuldige Kinder ebenfalls sterben müssen. Es ist schon auffällig genug, dass die Ereignisse gleichzeitig stattgefunden haben, doch als Rick und Bourdon feststellen müssen, dass die drei Orte auf einer geraden Linie liegen, gilt es eine Erklärung zu finden. Sie müssen feststellen, dass Professor Hermelin an einer Strahlenwaffe gearbeitet hat…

Deutsche Leser*innen durften an der Aufklärung dieses Falles mit allen Wirrungen und Verirrungen insbesondere des Kommissars im Jahre 1977 über fünf Folgen des ZACK teilhaben, mussten allerdings auf den ersten ungekürzten Genuss noch ein wenig warten.

Den Abschluss bildet Eine heiße Spur von 1975/76. Auch diese Geschichte schaffte es relativ schnell nach Deutschland, allerdings nur in die ZACK-Parade und musste daher im ungewohnten Taschenbuchformat überzeugen. Waren die Arbeiten von Aidans extra dafür konzipiert, in beiden Formaten zu funktionieren (vgl. etwa Tunga), musste hier mehr Hand angelegt werden.

Erneut dreht es sich um eine scheinbare wissenschaftliche Errungenschaft, denn es geht das Gerücht, dass es eine Möglichkeit gäbe, seine Identität spurlos und komplett zu verändern. Der Preis dafür sind zwar 5 Millionen aber für echte Gangster wäre das eine akzeptable Summe und so machen sich Rick, Kommissar Bourdon und Nadine auf in die winterlichen Berge! Rasante Action gepaart mit Spannung und vielen Leichen!

Die Zeichnungen

Tibet schaffte es über die Laufzeit von mehr als fünfzig Jahren stets, den sich wandelnden Anforderungen der Leser*innen gerecht zu werden! Obwohl die handelnden Personen sich altersmäßig nicht veränderten, die Dekors, die Fahrzeuge und die Settings taten es sehr wohl.

Mitte der siebziger Jahre gab es schon die eine oder andere Veränderung in der frankobelgischen Comic-Landschaft. Der Erwachsenencomic, die Revolte, freiere Sexualitätsdarstellungen hatten ihren Siegeszug angetreten und von all dem waren Tibet und Rick Master weit entfernt. Nichtsdestotrotz geht es hier um einen Klassiker aus dem Tintin-Magazin, dem von Hergé verantworteten Hort der klaren Linie, mit 4-Panel-Reihen aus denen sich mal drei ergeben können, um rechteckige Rahmen und höchstens mal ein Soundword.

Tibets Meisterschaft waren vielleicht nicht die Gesichter. In der leicht karikierenden Darstellung der Personen als Ganzes ist aber die Geschwindigkeit der Actionszenen bereits angelegt. Kein Dekors lenkt von dem Wesentlichen der Handlung ab und wenn es gezeichnet wird, hat es auch eine Aufgabe in der Erklärung der Umgebung oder der Schaffung einer Stimmung! Und das beherrscht er meisterhaft!

Die Wertung

Wunderschöne und wertige Aufmachung für den Klassiker! Das Vorwort und die Abbildungen, die ausführlichen Hinweise zu den bisherigen Veröffentlichungen sind Bestandteile einer nahezu perfekten Gesamtausgabe! Dazu kommt, dass diese Reihe wohl tatsächlich und erstmalig alle Abenteuer des Journalisten in einheitlicher Form präsentieren wird. Generell also schon mal ein großes Lob an den Splitter-Verlag!

Wer erstmal reinschnuppern möchte, ist mit Band 8 sicherlich gut bedient; die Geschichten sind spannend, nicht zu zeitgebunden und Tibet hatte zu dieser Zeit nicht nur eine große Lust zu zeichnen, sondern befand sich auch auf dem (lange andauernden) Höhepunkt seiner Schaffenskraft. Also nicht nur jetzt eine Empfehlung!

Nadine hätte vermutlich Musik gehört, die im deutschen TV in der disco gelaufen wäre, Rick hätte allein möglicherweise lieber der Hitparade gelauscht. Beides gefällt mir als Basis für einen Soundtrack dazu nicht besonders und so empfehle ich eher The Undertones, etwa mit „Teenage Kicks“ vom Ende des Jahrzehnts und dazu einen oder zwei Glenmorangie.

© der Abbildungen Splitter-Verlag 2020, ÉDITIONS DU LOMBARD (DARGAUD-LOMBARD S.A.) 2004/2005

Marvel Comics 1000

Die Jubiläumsausgaben 1000 und 1001

Story: Al Ewing und viele andere
Zeichnungen: 
Steve Epting und viele andere

Originaltitel: US-Marvel Comics 1000, 1001 (2019)

Panini Comics

Broschur | 132 Seiten | Farbe | 15,99 €
ISBN: 
978-3-7416-1566-5

Marvel wurde im letzten Jahr 80 Jahre alt und hat mit verschiedensten Publikationen sein Jubiläum gefeiert. Begonnen hatte alles 1939 mit dem Comic-Ableger Timely Comics. Das mit Pulps etablierte Konzept sollte mit einem anderen Medium fortgeführt werden und schon der erste Titel ließ (rückwirkend) Großes erahnen, kam er doch als Marvel Comics #1 heraus. Er präsentierte die ursprüngliche Fackel, den Sub-Mariner und – damals noch Mainstream – den Westernhelden Masked Raider.

1941 wurde Stan Lee die Leitung übertragen und 1951 erfolgte der erste Namenswechsel zu Atlas Comics. Wieder 10 Jahre später hieß es dann Marvel Comics und so blieb es bis heute. Diese Kontinuität galt allerdings nicht auf Seite der Eigentümer, denn Marvel wechselte ein ums andere Mal den Besitzer bis schließlich 2009 Disney den Verlag übernahm.

Die Ausgabe

Eine besondere Art des Feierns waren die Titel Marvel Comics 1000 und 1001 vom Oktober und Dezember des letzten Jahres, die nun auch auf Deutsch in einem Sammelband erschienen sind. Natürlich ist so ein Rückblick immer eine persönliche Auswahl der Highlights und Meilensteine, dieser ist allerdings eine besonders gelungene! Marvel Comics 1000 präsentiert für jedes der abgelaufenen 80 Jahre genau eine Seite mit einem prägenden Detail, erstellt von den aktuellen Superstars der Szene.

Dabei kommen viele Szenarios von Al Ewing, dem es dadurch gelingt, so etwas wie einen roten Faden durch die Geschichte zu verfolgen und ein Geheimnis aus den Anfangstagen durch all die Jahrzehnte weiter zu entwickeln. Dabei gelingt es sogar, den Bogen von dem Masked Raider und die Three X’s über Conan und Darth Vader bis hin in die Zukunft zu spinnen und das Gesicht hinter der Maske zu enthüllen.

Nicht immer ist die Story stringent und mehr als einmal werden die Durchschnittsleser*innen ein Nachschlagewerk ihrer Wahl bemühen wollen um festzustellen, welche Serie oder welche Hauptfigur hier gerade im Fokus steht. Das ist meiner Meinung nach aber kein Manko, sondern ein positiver Nebeneffekt. Lasst euch dadurch vor allem nicht abschrecken: da jedes Teilchen genau eine Seite umfasst, ist auch bei Nichtwissen weder der Lesefluss eingeschränkt noch wird die Geschichte unverständlich.

Zeichnerisch bieten die beiden Jubi-Nummern alles, was geht. Es macht keinen Sinn, jetzt Namen zu droppen, denn (fast) alle, die nicht rechtlich daran gehindert sind, für Marvel zu schreiben oder zu zeichnen und Lust hatten, sind auch dabei. Stilistisch geht es daher von klassisch über kindgerecht, von Fantasy-orientiert bis hin zu fast schon expressionistisch und auch die Textmenge variiert von sehr wenig bis hin zur gerade eben noch Platz für eine winzige Illustration lassend.

Die Empfehlung

Gewisse Meilensteine gehören in jede Comic-Sammlung. Marvel Comics 1000 ist einer davon! Welche Ausgabe ihr euch schlussendlich ins Regal stellen wollt, bleibt euch überlassen, aber das hier ist definitiv der Preis-Leistungs-Sieger und das limitierte Hardcover ist verlagsvergriffen.

Zugleich ist dieser Band eine Leistungsschau von über 100 aktuellen Kreativen und bietet eine einmalige Gelegenheit für einen Überblick in die Spitzenklasse der (US-)Comic-Branche.

limitierte Hardcover-Ausgabe

Dazu passt das New York Ska Jazz Ensemble und ein Mix-Kasten mit dem Besten, was euer Getränke-Dealer zu bieten hat.

© der Abbildungen 2020 Marvel Characters B.V. c/o Panini Comics, Stuttgart

MacKay/Foreman – Black Cat 1

Auf Raubzug

Story: Jed MacKay
Zeichnungen: 
Travel Foreman, Michael Dowling

Originaltitel: US-Black Cat (2019), 1 – 5

Panini Comics

Broschur | 124 Seiten | Farbe | 14,99 €
ISBN: 
978-3-7416-1607-5

Jedes vernünftige Comic-Universum benötigt eine Heldin, die den Grenzbereich des Legalen und des Illegalen abdeckt, zwar mit den anderen Held*innen gegen das absolut Böse kämpft, andererseits aber auch für ihren eigenen Luxus Eigentumsrechte missachtet. Bei Marvel ist das Black Cat, die vor Jahren fast Spidey geheiratet hätte und nun wieder ihre eigene Serie füllen darf!

Die Serie

Felicia Hardy ist ein Poster Girl mit schlohweißen Haaren und einer Maskierung, die auch nur im Comic als solche durchgehen kann. Sie hat sich in der jüngeren Vergangenheit hauptsächlich in den Veröffentlichungen des Wandkrabblers betätigt und sich im Zuge der Auseinandersetzungen mit der Diebesgilde auf die Seite der „Guten“ gestellt. Infolgedessen liegt sie mit der von Odessa Drake geführten Organisation im Clinch!

Die Katze kann aber auch ansonsten das Mausen nicht sein lassen und bricht daher in das Anwesen von Dr. Strange ein. Natürlich verläuft dieser Raubzug nicht wie geplant und Freund*innen magischer Einschübe kommen voll auf ihre Kosten. Ähnlich turbulent aber auf ganz andere Weise verläuft auch der zweite größere Diebeszug: Das Objekt der Begierde befindet sich im Hauptquartier der Fantastischen Vier und Johnny Storm erlebt ein Rendezvous der unerwarteten Art.

Zusätzlich gibt es noch ein wenig Rahmenhandlung um auch für die weiteren Abenteuer den Grund zu legen. Sehr positiv dabei ist der Bezug auf die schon lange Geschichte der maskierten Diebin: alte Gefährten kehren zurück und die Fähigkeit, ihren Gegner*innen Pech zu bringen ist immer für einen Lacher gut!

Die Umsetzung

Jed MacKay hat das Storytelling übernommen und trifft den ironischen, leicht amüsierten Grundton der Serie sehr gut. Black Cat ist kein weiblicher Deadpool, die ihre Gegner totquatscht, aber auch kein bierernster Charakter. Spaß und ein gewisse Hedonismus sind gepaart mit Abenteuerlust und Adrenalinsucht; eine gute Ausgangsposition für witzige Dialoge und irrsinnige Twists.

Travel Foreman und Michael Dowling setzen das ganz gefällig in Bilder um. Der Seitenaufbau ist klassisch genug um nicht mit Image verwechselt zu werden, aber abwechslungsreich genug. Die Gesichter gerade der Nebenfiguren könnten manchmal etwas ausdrucksstärker sein und die körperbegrenzenden Linien etwas feiner, aber grundsätzlich ist das eine völlig zufriedenstellende Arbeit der Beiden!

Wie immer gibt es einige Cover (und den Rest in einen separaten Miniheft!)  und ein paar weiterführende Informationen in einem angemessenen Paperback! Gerade in Zeiten des auf die eigenen vier Wände begrenzten Lebens ein netter Sonnenstrahl oder etwas weniger poetisch: Gute Unterhaltung aus dem Haus der Ideen! Natürlich sind auch wieder Variantausgaben am Start!

Das Extra-Heft!

Dazu passen die fröhlichen The Busters und ein Nojito!

© der Abbildungen 2020 Marvel Characters B.V. c/o Panini Comics, Stuttgart

Andolfo – Mercy 1

Die Dame, die Kälte und der Teufel

Story: Mirka Andolfo
Zeichnungen: 
Mirka Andolfo

Originaltitel: Mercy – Prima Volume

Panini Comics

Hardcover | 68 Seiten | Farbe | 20,00 €
ISBN: 
978-3-7416-1756-0

Mercy ist eine neue Serie der Italienerin Mirka Andolfo die gleichzeitig in vier Ländern, Italien, Frankreich, USA und Deutschland, erscheint. Andolfo ist fast schon ein Star der Szene: Einerseits hat sie für die großen Verlage in den USA (Marvel, DC und Image) gearbeitet, andererseits ist ihr „Tier-Comic“ Contronatura – Tierisch menschlich auch hierzulande ganz erfolgreich. Ihre neue Serie hat weder etwas mit Superheld*innen noch mit Tieren zu tun, sondern ist eine Mischung aus Mystery und Horror! Und wie fast immer in diesem Genre hat der Horror auch eine sexuelle Komponente.

Das Setting

Der Schauplatz der Geschichte sind die USA zu einer Zeit da die Entfernungen noch in Pferdekutschen überbrückt wurden und Nachrichten sich nicht in Sekundenschnelle um die halbe Welt verbreitet haben. Lady Nolwenn Hellaine und ihr Begleiter, der sich als Butler ausgibt, kommen mitten in der Nacht während der Ausgangssperre in ein kleines Fleckchen namens Woodsburgh um das Herrenhaus wieder in Beschlag zu nehmen. Wir als Leser*innen wissen, dass die Lady nicht sehr menschlich ist: Weder nimmt sie normale Nahrung zu sich noch braucht sie Schlaf. Viel deutlicher ist allerdings, dass sie sich von Menschen ernährt!

Ebenfalls in diesem Städtchen lebt ein garstiger alter Mann der Waisen zu sich nimmt um sie für sich arbeiten zu lassen. Dazu gehört auch die kleine „Rothaut“, die übersinnliche Fähigkeiten zu haben scheint. Mindestens hat sie Visionen und erkennt auch die Lady in einer davon. Auf der ersten Gesellschaft der neuen adligen Bewohner kommt es zum Eklat…

Die Zeichnungen

Panini Deutschland bringt die Geschichte im Albenformat auf glänzendem Papier was den Zeichnungen mit ihren kräftigen Farben gut zu Gesicht steht. Im kleineren Heftformat würden einige der Details übersehen werden. Gerade die ganzseitigen Illustrationen mit eingestreuten kleineren Panels passen gut zu der Horror-Atmosphäre. Insgesamt wirkt die Kolorierung am Computer manchmal etwas flächiger als die per Hand, aber das ist nun mal ein Zeichen der Zeit.

Die Entwicklung der Figuren über verschiedene Stadien hinweg wird im Anhang netterweise vorbildlich aufgezeichnet; mehrere Entwürfe und Studien sowie die Entwicklung einer Seite vom ersten Entwurf bis zur Druckdatei finden sich als Extra in diesem schönen Hardcover.

Spannender Serienstart der Lust auf mehr macht! Hoffen wir, dass sich die Gute nicht zu viel Zeit mit dem nächsten Band lässt!

Dazu passen Kate Bush und italienischer Rotwein!

© der Abbildungen 2020 Mirka Andolfo / Panini Verlag

StripGlossy 16 – März 2020

Stripglossy 16 – Songfestival

Herausgeber: Mirjam van der Kaaden & Seb van der Kaaden

Verlag StripGlossy Personalia vof
Heft Din A 4 | 132 Seiten | Farbe | 8,95 €
ISBN: 978-9-49284-070-7

European Song Contest – eine Tradition in vielen europäischen Ländern, die für Party, ausgelassene Stimmung, mehr oder weniger gute Musik und das Warten auf 12 Punkte steht. Deutschland hatte in den letzten Jahren durchwachsenen Erfolg, darf als eines von vier (Zahl-)Ländern aber immerhin jedes Mal in der Hauptrund mitmachen. Die Niederlande haben es da schwerer und müssen sich jeweils qualifizieren. Umso größer war die Freude über den Gewinn im letzten Jahr nach 44 Jahren des Wartens.

Margreet de Heer

Jede Ausgabe des StripGlossy wird von einem/einer Künstler*in betreut und hat daher einen besonderen und persönlichen Schwerpunkt. Margreet de Heer hat für „ihre“ Ausgabe den ESC – bzw. auf Niederländisch das „Songfestival“  – gewählt, das im Mai in Rotterdam hätte stattfinden sollen. Wegen Corona musste es allerdings leider abgesagt werden und so bleibt für dieses Jahr nur die Konserve übrig. Das ist besonders Schade, denn man sieht dieser Ausgabe an, mit wie viel Liebe und Sorgfalt sie gestaltet worden ist.

Das Titelbild ist ein Klappcover, das den Sänger des niederländischen Beitrags Jeangu Macrooy und seine Fans zeigt. Er hat auch noch weitere Auftritte im Heft; der schönste ist ein gemeinsamer mit Lucky Luke in einer Art Rätselcomic! Margreet de Heer hat daneben aber auch noch weitere ESC-Iconen verewigt, etwa Lenny Kuhr, die Gewinnerin von 1969 oder Getty Kaspers, die 1975 mit Teach In gewonnen hatte. Neben weiteren kleinen Strips zu diesem Thema gibt es dann noch eine bildgewaltige Umsetzung des letztjährigen Gewinnersongs „Arcade“ von Duncan Laurence und Floor de Goede.

Margreet de Heer ist aber nicht nur ein Songfestival-Fan, sie ist auch die erste „Stripmaker des Vaderlands“ und somit offizielle niederländische Botschafterin für Comics. Als solche bildet sie wie andere Literat*innen oder bildende Künstler*innen bedeutende Ereignisse der Niederlande ab, nur eben in ihrem Medium. Für Deutschland wäre das wohl noch undenkbar! Das lange und ausführliche Interview mit ihr gibt auch darin weitere Einblicke.

Comics

StripGlossy ist aber auch ein Magazin für Comics: Die hier vorpublizierten Meimoorden erscheinen gerade im ZACK in deutscher Übersetzung und auch Spaghetti hatte hier sein Comeback. Aktuell laufen der lesenswerte Historiencomic über die Kreuzzüge Jelmer mit seinem zweiten Teil, der auf Deutsch bereits bei Splitter erschienene Endzeitthriller von Peter Nuyten Metro 2033, der Krimi Scarlet Edge von Anco Dijkman, die neuen Abenteuer von Tom Poes und Co, die in ein Computerspiel versetzt worden sind sowie eine weiter Geschichte des Klassiker De Generaal von Peter de Smet.

StripGlossy hat viel Text und erfordert daher schon ein wenig Kenntnisse der Sprache um es komplett zu genießen. Dadurch, dass Serien aber teilweise bereits auf Deutsch vorliegen oder aber nachträglich in Übersetzung erscheinen, eignet es sich auch als „Lernhilfe“ der besonderen Art.  Für alle in Deutschland, die ein wenig Niederländisch können, der Toptipp! Für die Niederlande und Flandern inzwischen unverzichtbar und gut etabliert! Und diese Ausgabe ist natürlich ein Muss für alle Songfestival/ESC-Fans in jedem Land!

Dazu passen ein Duvel Tripel Hop und natürlich Jeangu Macrooy mit „Grow“, dem diesjährigen Song der Niederlande.

Abbildungen © 2020 StripGlossy / Personalia vof

Worley/Waller – Omaha 1

Omaha the Cat Dancer – Band 1

Story: Reed Waller, Kate Worley
Zeichnungen: 
Reed Waller

Originaltitel: The Omaha The Cat Dancer Series 1

Schreiber und Leser

Klappenbroschur | 256 Seiten | S/W | 29, 80 € |

ISBN:  978-3-96582-023 – 4

nur für Erwachsene

Die Serie

Omaha ist ein Klassiker der Underground-Comics und wird oft als weibliche Antwort auf Fritz the Cat bezeichnet. Das ist vielleicht ein wenig zu kurz gegriffen. An Robert Crumb wird zunehmend lauter Kritik geäußert da er in seinen Comics gewaltverherrlichende und rassistische Storyelemente verwendet hat. Einerseits wird das als schonungslose Offenlegung des eigenen Hintergrundes und der eigenen Psychosen gesehen, andererseits aber eben auch als typische Inhalte eines weißen (mittlerweile auch alten) Mannes gesehen. Zu dieser Kontroverse gibt es im aktuellen Comic!-Jahrbuch des ICOM ausführlichere Positionsbeschreibungen als auch ein Interview mit Robert Crumb.

Omaha ist nicht einfach nur die Antwort, denn die Geschichten erzählen nicht von Gewalt und haben auch nicht die sexuellen Handlungen als Selbstzweck im Fokus. Zudem ist Fritz einfach nur ein Egoist, faul und alles andere negierend. Die Held*innen hier haben ihre Bedürfnisse, arrangieren sich aber mit anderen und kümmern sich um sie. Ich würde es daher eher als menschliche Antwort bezeichnen.

Alle handelnden Personen sind Tierfiguren und passen zu dem damaligen Trend der Furry Adventures. Vieles war mit dieser leichten Abstraktion einfacher, die Sittenwächter ließen sich dadurch allerdings nicht täuschen. Omaha ist eine junge Frau, eine Katze, die ihr Geld mit Bewegungstanz verdient und als solche zu einem Star in der Strip-Szene aufgestiegen ist. Persönlich hat sie wenig Probleme damit, ihren Körper zu zeigen, sie befürchtet allerdings, dass sie von Männern nicht mehr unbeeinflusst angesehen wird, da alle in ihr den Star sehen könnten. Zudem ist ihr schon klar, dass ihr Beruf keine zukunftssichere Entscheidung ist, aber sie könne ja nichts anderes. Auch ihr Verdienst scheint ihr nicht angemessen. Das Thema der Ausbeutung ist also durchaus präsent.

Die Story

Anfangs sind es einzelne Versatzstücke, kurze Geschichten aus dem Alltag einer Schönheitstänzerin, die überlegt, wie sie sich nennen soll, Privates und Berufliches miteinander verbinden will und schließlich ihren Kater findet.

Im Laufe der Zeit kommen tiefergehende Überlegungen hinzu: Wie findet mein Freund meinen Job, kommt er damit zurecht? Nicht vergessen werden darf dabei, dass die Texte aus den 70-er Jahren stammen und immer noch von der sexuellen Revolte geprägt sind. Langsam beginnt nun auch eine kriminelle Handlungsebene Einzug zu halten. Es geht um Erpressung von Würdenträgern und Entscheidern, schließlich sogar um einen Mordversuch an der Heldin.

Im zweiten Teil müssen Omaha und Chuck, ihr Freund, zunächst einmal flüchten. Es gibt verschiedene Player in diesem Stück deren Bedeutung und Ansinnen den beiden Katzenwesen nicht klar ist und so fühlen sie sich als Spielball der Gewalten. Die Handlung entwickelt sich immer mehr zu einer Darstellung der (menschlichen) Sorgen, innerhalb von Beziehungen und innerhalb der Familie. Vertrauen und „Liebe“ sind dabei die Stichworte, die das reine Ausleben sexueller Wünsche immer mehr ablösen.

Die Ausgabe

Es ist deutlich zu merken, dass im zweiten Teil Kate Worley, die damalige Lebensgefährtin des Zeichners und anfänglichen Autors Reed Waller, das Szenario übernommen hat. Was anfangs noch zusammenhanglos dahinplätscherte um dann in einer spannenden Story zu kulminieren, hatte keine Strategie für eine langfristige Struktur. Die Nebenpersonen hatten zu wenig Hintergrund und die Story war nicht vom Ende her gedacht.

Gerade wegen der Steigerungen ab der Mitte des ersten Bandes eine auch sehr gut lesbare Geschichte! Natürlich stehen sexuelle Szenen die ganze Zeit nicht gerade im versteckten Hintergrund. Es geht aber nicht um billigen Voyeurismus oder um Gewalt, sondern um gleichberechtigten Sex, der nur ein wenig freizügiger ist als heutzutage jede moderne TV-Serie. Und: heute selbstverständlich, damals neu: es gibt nicht nur Heteros…

Leider ist Kate Worley 2004 im Alter von nur 46 Jahren an den Folgen eines Krebserkrankung verstorben. Sie konnte daher den langfristigen Ruhm ihrer Serie nicht mehr erleben. Die jetzt begonnene Gesamtausgabe wird vier Teile umfassen und die Serie erstmals komplett auf Deutsch veröffentlichen.

Die Ausgabe von Schreiber & Leser mit der Klappenbroschur, dem wertigen Cover und dem verwendeten dickeren Papier ist schön! Es wird aufgrund der Dicke schwierig sein, den Band zu lesen ohne sichtbare Spuren auf dem Einbandrücken zu hinterlassen, da der Bundsteg eher klein ist aber es ist ja auch nicht als Ausstellungsstück gedacht! Für Freunde der Anfänge der Graphic Novel!

Dazu passen Suzi Quatro (erste LP mit Can the Can) und ein Lager.

© der Abbildungen 1978 – 2020 Reed Waller / Verlag Schreiber und Leser

Fix & Foxi – Die Entdeckung von Spirou, Lucky Luke und den Schlümpfen

Katalog zur Ausstellung im Karikaturmuseum Krems, Krems an der Donau

Text: Martin Budde, Volker Hamann, Roland Mietz

Verlag Volker Hamann Edition Alfons

Klappenbroschur Überformat | 140 Seiten | tw. Farbe | 29,00 €

ISBN: 978-3-946266-18-1

© aller Abbildungen 2020 Dr. Stefan Piëch; © Fix, Foxi, Lupo und andere Kauka-Figuren: 2020 YFE – Your Familie Entertainment

Es ist schon ein wenig schräg in Zeiten wie diesen einen Ausstellungskatalog zu besprechen. Weltweit sind wir aufgefordert, zuhause zu bleiben und soziale Distanz zu wahren und gleichzeitig haben sich überall Kunstschaffende bemüht, kulturelle Werke zu proben oder vorzubereiten. Trotzdem: Theatervorstellungen und Konzerte fallen aus, neue Filme werden verschoben und Ausstellungen hängen zwar an den Wänden, können aber nicht gezeigt werden. Gut, dass es für letztere oft wenigstens Kataloge gibt!

Die Ausstellung

Ausstellungen mit Originalen der Fix & Foxi-Produktion, ihren Ablegern und ihrem aktuellen Wirken als TV-Helden in ihrem eigenen weltweiten Kanal hat es in den letzten Jahren schon ein paar gegeben, unter anderem in Oberhausen. Zu danken ist dabei unter anderem Dr. Stefan Piëch, der das umfassende Archiv Rolf Kauka’s nicht nur für sich erworben hat, sondern es auch der Öffentlichkeit zeigen möchte. Die aktuelle Ausstellung „Fix & Foxi XXL – Die Entdeckung der Schlümpfe, Spirou und Lucky Luke“ vom 15. März bis 26. Oktober 2020 im Karikaturmuseum Krems ist momentan natürlich nicht zu besichtigen, bildet aber als neuen Schwerpunkt die Rezeption frankobelgischen Materials ab. Kaukas Produktionen boten erstmalig umfangreiche Klassiker aus den französischen und belgischen Magazinen und bereiteten somit den Boden für den späteren Erfolg des Koralle-ZACK.

© aller Abbildungen 2020 Dr. Stefan Piëch; © Fix, Foxi, Lupo und andere Kauka-Figuren: 2020 YFE – Your Familie Entertainment

Das spiegelt sich natürlich auch in dem vorliegenden Katalog wieder. Die ursprüngliche Grundlage bildeten Texte von Roland Mietz für das Lexikon der Comics, die dann zu einem Themenschwerpunkt in der Reddition ausgeweitet worden waren. Daraus entstand dann zunächst der mittlerweile vergriffene erweiterte Katalog für die Ausstellung im Wilhelm-Busch Museum in Hannover 2016 und jetzt die erneut wesentlich erweiterte Ausgabe für Krems. Diese Ausgabe kommt nicht nur in einem wesentlich größeren Format daher (Coffee-Table) und bietet daher noch mehr Raum für die abgebildeten Zeichnungen, Drucke und Fotos, sondern enthält auch intensiv aufbereitete Informationen zu den lizensierten Stoffen.

Lucky Luke & Co.

Gerade diese Periode wird oft auf die unsägliche „Eindeutschung“ von Asterix verkürzt. Vergessen wird dabei gerne, dass unzählige Klassiker wie Schnief und Schnuff, Pit und Pikkolo, Jojo, Prinz Edelhardt und Kukuruz, Gin und Fizz aber auch Bobo und Old Nick neben Lucky Luke und den Schlümpfen hier ihre ersten großen Auftritte hatten und dadurch auch für den großen kommerziellen Erfolg von Fix & Foxi und Lupo (modern) gesorgt haben. Wer darüber mehr erfahren möchte, sollte bei diesem Katalog unbedingt zuschlagen! Darüber hinaus bietet das Werk viele Illustrationen von Kauka-Zeichnern, die ihre eigenen Figuren in Interaktion mit den lizensierten Helden zeigen.

© aller Abbildungen 2020 Dr. Stefan Piëch; © Fix, Foxi, Lupo und andere Kauka-Figuren: 2020 YFE – Your Familie Entertainment

In weiteren Kapiteln werden die Anfangsjahre dargestellt, die von Tierfabeln und Eulenspiegeleien ausgehend die Entwicklung hin zu modernen, schließlich sogar einheitlich aussehenden anthropomorphen Figuren reicht. Die Idee von Rolf Kauka war es nie, ein Magazin zu verlegen, seine eigentliche Leidenschaft war der Trickfilm. Trotzdem hat er ein Imperium mit mehreren Titeln und unzähligen Neben- und Merchandiseprodukten geschaffen. Die Zeichner – soweit bekannt – die die Werke schufen, aber auch die Konflikte um Urheberrechte und Bezahlung sowie natürlich auch der unlängst verstorbene Peter Wiechmann werden ebenfalls vorgestellt.

Die Empfehlung

Wie bei der Edition Alfons Tradition fehlt auch hier ein Werkverzeichnis nicht! Ein Muss für jeden Fix & Foxi-Fan ist dieser Katalog definitiv schon wegen der Abbildungen. Meines Erachtens aber auch für alle, die sich für die frankobelgischen Klassiker interessieren! Viel wichtiger als Horrido oder der Heitere Fridolin waren Lupo und die diversen anderen Kauka-Produktionen die das Material in Heften aber auch in Alben oder Taschenbüchern unter das Volk brachten.

© aller Abbildungen 2020 Dr. Stefan Piëch; © Fix, Foxi, Lupo und andere Kauka-Figuren: 2020 YFE – Your Familie Entertainment

© aller Abbildungen 2020 Dr. Stefan Piëch

© Fix, Foxi, Lupo und andere Kauka-Figuren: 2020 YFE – Your Familie Entertainment

© der Texte: 2020 Edition Alfons

error: Content is protected !!