Reddition 68 – Mai 2018

Reddition 68 – Mai 2018

Herausgeber: Volker Hamann
Verlag Volker Hamann, Edition Alfons
Heft Din A 4 | 76 Seiten | Farbe | 10,00 €
ISSN: n/a

 

Schon im 34. Jahrgang und mit einer hohen Verlässlichkeit zweimal im Jahr erscheint die Zeitschrift für Graphische Literatur REDDITION aus dem hohen Norden. Sie stellt damit eine der wenigen Konstanten im Sekundärbereich über die Neunte Kunst dar. Wie immer ist die Ausgabe Schwerpunktthema-zentriert. Während es in der letzten Ausgabe noch um eine Ikone der Popkultur, nämlich Batman, ging, ist das Dossier dieser Ausgabe der argentinischen Comicliteratur mit einem besonderen Fokus auf Hector German Oesterheld gewidmet. Der Einblick wäre aber nicht komplett ohne Beiträge zu Alberto Breccia und Hugo Pratt sowie zu weiteren Vertretern dieser Zeit und Provenienz.

Während die Zeitschrift als solche auch im Laden und im Bahnhofsbuchhandel erworben werden kann, erhalten Abonnenten jeweils eine Zugabe: in diesem Fall ist es die kleinformatige deutsche Erstausgabe von „Guardia Nocturna“ von Oesterheld und Pratt aus Cero Extra 39 vom April 1961. Eine Leseprobe der Reddition findet sich auf den Seiten der Edition Alfons.

Diese Ausgabe ist bereits die dritte, die sich mit Comics aus Argentinien befasst. In den 25 Jahren seit den letzten beiden Nummern hat sich aber vieles getan und es sind neue Quellen aufgetaucht, so dass es sich keinesfalls um einen Aufguss handelt. Zudem ist Deutschland gerade dabei, Oesterheld und insbesondere den auf dem Titel abgebildeten Helden Eternauta zu entdecken.

Es ist schwierig, den argentinischen Comicmarkt ohne die politische Entwicklung dieses Landes zu betrachten. Waren Comics in den 50-er Jahren ein Massenprodukt und der Markt somit auch ein Magnet für ausländische, insbesondere italienische Autoren und Zeichner, änderte sich mit dem Militärputsch gegen Allende und der Diktatur alles. So zählt auch Oesterheld neben seinen vier Töchtern zu den ermordeten Opfern und seine Witwe war eine der Madres de Plaza de Mayo, eines Zusammenschlusses von Müttern der verschwundenen Kinder. Dankenswerter Weise wird dieser Bereich weder verschwiegen noch in ideologischer Weise benutzt und mit Dokumenten (u.a. einem Brief von Hergé an den Präsidenten Argentiniens) und Interviews der eigenen Bewertung der Unmenschlichkeiten zugeführt.

Daneben stehen aber gerade auch die Kunst und das Vorgehen Oesterhelds im Vordergrund. In einem Interview und einem von ihm verfassten Beitrag wird deutlich, wie seiner Meinung nach eine Geschichte entstehen muss und welche Schritte, welches Engagement und welche Begeisterung dafür notwendig sind, einen guten Comic zu erschaffen. Selten wird den Gedanken eines Künstlers so viel Raum gegeben! Und Oesterheld hat bewiesen, dass seine Herangehensweise erfolgreich ist: Sgt. Kirk, Ernie Pike und nicht zuletzt der bereits genannte Eternauta sind dafür leuchtende Beispiele.

 

In weiteren Artikeln werden Zeitgenossen vorgestellt: Der schwierige Alberto Breccia, Lopez, Munoz, Del Castilla, Pratt und nicht zuletzt Enrique Breccia. Dabei wird Wert darauf gelegt, nicht nur die 50-er und 60-er darzustellen sondern auch die Arbeiten für den englischen und amerikanischen Markt mit der gewohnt sorgfältigen und vielfältigen Dokumentation des Bildwerkes einzubeziehen.

Ich möchte jetzt nicht weiter auf die einzelnen Artikel eingehen um den Lesespaß nicht zu gefährden! Unbedingte Kaufempfehlung!

 

Dazu passt natürlich argentinischer Tango und Rotwein. Da der ganze Text aber nicht so schnell verdaut werden kann sollte es zwischendurch vielleicht auch das eine oder andere Glas Wasser tun.

© Verlag Volker Hamann, Edition Alfons 2018 und die jeweiligen Künstler bzw. Agenturen

ZACK 230 (08/2018)

ZACK 230 – August 2018

Herausgeber: Klaus D. Schleiter

Chefredaktion: Georg F. W. Tempel
Verlag MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag
Heft Din A 4 | 84 Seiten | Farbe | 7,90 €
ISSN: 1438-2792

Schon seit 1999 erscheint das neue ZACK im Mosaik-Verlag und bringt regelmäßig alle 4 Wochen Comics, Artikel und Besprechungen an die Leser*innen.

Für die Kontinuität sorgt dabei der Chefredakteur der seit Jahren unverändert Georg Tempel heißt! Mit seiner Erfahrung und seinem eigenwilligen aber nie abseitigem Geschmack hat er das ZACK zu einem spannenden Heft gemacht. Er bedient dabei sowohl die Liebhaber des „klassischen ZACK“ mit den modernisierten Klassikern Bob Morane, Michel Vaillant oder aber in diesem Heft Rick Master und Tanguy & Laverdue genauso wie aktuelle Spirou-Klientel mit der in diesem Heft startenden Coming-of-Age-Serie Harmony. Western, Seefahrer, History/Sandalen-Comics fehlen im Repertoire genau sowenig wie anspruchsvollere Themen über das Schicksal der „jüdischen Brigade“ im zweiten Weltkrieg, die Kollaboration „Es war einmal in Frankreich“ oder das Schicksal der „SOS Lusitania“ das im Original bei Bamboo in Frankreich erschienen ist. Von unseren niederländischen Kollegen wurde Rhonda von VanO. veröffentlicht. Tempel scheut sich aber auch nicht, schwarz-weiß Comics oder solche über politische Zustände in Lateinamerika zu veröffentlichen. Dazu kommen immer einige One-Pager und zwei längere Artikel. Besonders hinweisen möchte ich darauf, dass der Verlag Bernd Glasstetter die Gelegenheit gibt, sich auch kritisch und sehr persönlich zu politischen Themen zu äußern.  Auch wenn es sicherlich nicht immer eine Maistreammeinung ist, die hier vertreten wird, regt sie doch zumindest hoffentlich ein wenig dazu an, über den Tellerrand hinauszuschauen.

Das aktuelle Heft bringt die ersten Seiten von Harmony, einem Comic von Mathieu Reynès, der stilistisch den klassischen frankobelgischen Stil mit Mangaeinflüssen vermischt. Die oft beschworenen Einflüsse aus dem Animationsfilm sind dagegen meines Erachtens nicht mehr so besonders als das sie eine Abgrenzung darstellen würden. Der Einstieg präsentiert die neue Heldin erstmal als seltsam und macht daher definitiv Lust auf mehr.

Rick Master ist im dritten Teil einer Geschichte über eine unheimliche Mordserie die scheinbar von einem kleinen Ratgeber ausgelöst worden ist. Man merkt den neuen Teilen dieser klassischen Serie an, dass sie deutlich spritziger und moderner sind, das Augenzwinkern auf die eigenen Geschichte aber nicht verleugnen möchten. So hängt z. B. im Büro des Verlegers ein Bild mit Michel Vaillant. Viel Spaß beim Entdecken der weiteren Verweise. Sowohl die aktuelle Variante von Tanguy & Laverdue als auch die Abenteuer um Cassio und die langsame Auflösung von verschiedenen Verbindungen aus dem klassischen in das moderne Rom über die Jahrtausende hinweg sind routiniert und handwerklich korrekt. Stephan Desberg beendet mit diesem nunmehr 8-ten Teil einen weiteren Zyklus und schafft es Vorfreude auf die weiteren Bände zu entfachen.

Die Abenteuer von Solo in der Kannibalenwelt sind früher schon einmal limitiert als Hardcover erschienen und werden nun einem breiteren Publikum koloriert dargeboten.

Die Artikel dieses Heftes beschäftigen sich mit Oblivian Song, der neuen Serie von Robert Kirkman und der Comic-Biographie über Joe Shuster.

Dazu passt bei diesem Wetter am Besten ein selbstgemachter Smoothie mit ganz viel Eis und vielen gemischten Früchten sowie – dem alten ZACK angemessen – natürlich ein Mix-Tape!

Abbildungen © 2018 MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag und den jeweiligen Zeichnern und Verlagen

Die Sprechblase 238 – Mai 2018

Die Sprechblase 238 – Mai 2018

Herausgeber: Gerhard Förster
Verlag Abenteuer pur
Heft Din A 4 | 100 Seiten | Farbe | 9,90 €
ISSN: n/a

 

Nach nur einer Ausgabe in 2017 ist im Mai die 238. Ausgabe der Sprechblase erschienen. Im nunmehr schon 43. Jahrgang bedient die Zeitschrift aus Österreich schon lange nicht mehr nur die Generation Lehning und die Wäscher-Fans sondern auch die Leser*innen klassischer Comics frankobelgischer Prägung und wagt immer wieder Schritte in die aktuelle Landschaft.

Das Schwerpunktthema dieser Ausgabe ist Edouard Aidans, dem 10 Seiten gewidmet werden. Wie oft in der Sprechblase ist der gesamte Artikel auf mehrere Teile verteilt. Auf diesen ersten Seiten beschreibt Bernd Weckwert die Anfänge der Karriere des in Deutschland hauptsächlich durch die alten ZACK-Serien Tunga und Sven Janssen (Marc Franval im französischen Original) bekannten Zeichners und Texters bis zum Ende der 60er Jahre. Wie bei allen Comicschaffenden dieser Zeit ist die Biographie eng mit den verschiedenen Journalen wie Tintin, Spirou und Pilote verbunden und auch den Namen Greg wird man fast immer lesen. Das Layout der Beiträge mag manchmal etwas überladen daher kommen, ist aber einzig der Tatsache geschuldet, dass so viele Bilddokumente anders gar nicht präsentiert werden können.

Ebenfalls interessant für die mit dem ZACK aufgewachsenen Fans ist der dritte Teil der Veröffentlichung von Michel Vaillant Werbecomics.

Ein weiterer längerer Artikel beschäftigt sich mit den Hintergründen von Franquins Meisterwerk „QRN ruft Bretzelburg“. Dieser drittletzte Spirou-Band von André Franquin ist nicht nur der politischste sondern erschien auch mit einer 15-monatigen Pause in dem Wochenmagazin da Franquin nicht in der Lage war, weiterzuarbeiten. Welche Besonderheiten sonst noch in diesem Band zu entdecken sind beschreibt ebenfalls Bernd Weckwert.

Der im Vorläuferheft angekündigte zweite Teil des Artikels über Buffalo Bill musste krankheitsbedingt leider verschoben werden. Trotzdem kommt das Thema „Western“ nicht zu kurz. In mehreren Beiträgen werden Comics, eine Heftchenserie und Romanautoren vorgestellt. Daneben gibt es noch viel Bildmaterial speziell von Romancovermalern. Alle diese Themen werden in der typischen Sprechblasenweise abgehandelt: Liebevoll, detailreich und persönlich. Irgendwie wirken diese Artikel immer wie ein Besuch auf einem bisher nicht bekannten Dachboden voller Schätze und Fundstücke!

Auch die ursprüngliche Klientel wird bedient: Neben einem Interview mit Helga Wäscher über die alten Zeiten und den Leserbriefen gibt es wie immer das Harry-Magazin mit Besprechungen nicht nur von Comics, die sonst eher selten zu finden sind. In diese Richtung kann sicherlich auch der Artikel über die Gesamtausgabe der „Biber Patrouille“ eingeordnet werden.

Abgerundet wird das Heft durch zwei Disney-Beiträge über Don Rosa und die neue Hommage-Reihe sowie einen einordnenden Artikel über heimatliche (ASH, LDH und Verwandtes) und amerikanische (Thanos) Superhelden.

Wie immer kurzweiliger, informativer, interessanter und zum Schmunzeln anregender Lesespaß zu dem am besten eine Tasse Kaffee und irgendeine Swing oder Jazz Platte passt.

Abbildungen © 2018 Verlag Abenteuer pur

Knax – Das Comic-Magazin für junge Sparkassenkunden

KNAX 4/2018

Story: Götz Bachmann, Holger Fath, Barbara Behrendt
Zeichnungen: Roberto Freire, Boris Zatko, Franz Gerg

Deutscher Sparkassen Verlag
Heft | 24 Seiten | Farbe | gratis
ISSN: n/a

Mit dem Erscheinen des Heftes 4/2018 möchte ich auf das Comic-Magazin für junge Sparkassenkunden KNAX aufmerksam machen.

Schon seit 1974 erleben die KNAXianer und die mit ihnen im Clinch liegenden Felsensteiner alle zwei Monate ihre Abenteuer auf einer Insel ohne Einflüsse von außen. Damit handelt es sich um eine der am längsten laufenden Werbecomicserien in Deutschland und kann eine beachtliche Liste von kreativen Mitwirkenden verzeichnen. Den Anfang machte Peter Wiechmann und der Kauka-Verlag produzierte die ersten Ausgaben. Ein paar Jahre durfte dann Comicon ran bevor Kipkacomics im Jahr 1988 übernahmen. Fred Kipka hat sicherlich den längsten Run in dieser Sache, da er 20 Jahre lang alle Geschichten verfasste. Seit Sommer 2004 werden die Texte von einem Team um Götz Bachmann und das Artwork vom Studio R. (Roberto) Freire verfasst. Dabei hat sich der Coverschriftzug im Laufe der Jahre immer wieder verändert wie die folgenden Beispiele belegen:

    

Neben dem regulären Heft gibt es einen jährlichen Kalender, der teilweise einen Bastelbogen für einen Jahressammler enthält, und diverse Sonderausgaben. Die Hefte enthalten neben drei Comics auch redaktionelle Inhalte, eine Leserbriefseite und Gewinnspiele. Um die Figuren herum gibt es eine Internetseite und viele regionale KNAX-clubs der Sparkassen. Die Sparkassen benutzen das Figurenensemble auch zu Werbezwecken auf Hüpfburgen und zu besonderen Anlässen wie den Weltspartagen.

Thematisch relativ simpel versuchen die faulen Felsensteiner den KNAXianern Geld, Essen oder andere Errungenschaften abzunehmen, scheitern dabei aber immer wieder an ihrem eigenen Unvermögen. Wurde anfangs noch versucht, den jungen potentiellen Kunden den Geldkreislauf nahezubringen, sind die aktuellen Geschichten frei von erklärenden Ansprüchen. Nur die Botschaft, dass sich Arbeit immer lohnt und die Trickserei nie, ist ständig vorhanden.

Zeichnerisch sind die Geschichten auf einem für Werbecomics relativ hohen Niveau.

 

Die aktuelle Ausgabe ist thematisch jahreszeitenbedingt urlaubsorientiert. Cover, Hauptgeschichte und Gewinnspiel handeln von Ferien am Meer und zur Stärkung des Brandings bietet das KNAX-Heft zwei Motive in Postkartengröße, die ausgeschnitten und auf Postkarten geklebt werden können (old school :-)).

In der ersten Geschichte müssen Didi und Dodo einen Sandburgenwettbewerb gegen die Felsensteiner bestehen. Zielgruppengerecht wir wieder einmal bewiesen, dass Übereifer, Überheblichkeit und vor allem der Einsatz von unfairen Mitteln sich nicht auszahlt.

Die zweite Geschichte erzählt sehr liebevoll von einem typischen Männerplan eines Tages in der „Wildnis“ der etwas anders verläuft als geplant. Im Gegensatz zu Geschichten aus dem Land des neuen Weltmeisters überleben hier zwar alle Wildschweine. Sie müssen allerdings trotzdem unfreiwillig ihre Position räumen. Ihre Mimik vermag dabei zu überzeugen und ist sehr detailliert dargestellt.

Der One-pager, der traditionell das Heft beschließt, ist die eintausendste Wiederholung eines klassischen Gags, aber ebenfalls nett dargestellt.

Die Zeichnungen, insbesondere die Mundpartien, sind natürlich keine Super-Leistung. Angesichts der Laufzeit dieser Serie und des eingegrenzten Settings ist es aber trotzdem beachtenswert, dass dem Kreativteam immer neue Wendungen einfallen und allzu offensichtliche Wiederholungen unterbleiben.

Das Heft gibt es nur in Sparkassenfilialen für junge Kund*inn*en.

Dazu passt eigentlich nur ein Getränk: Capri-Sonne! Und der Soundtrack dazu? „Pack die Badehose ein…“

Ich wünsche allen einen schönen Urlaub!

Abbildungen © 2018 Deutscher Sparkassen Verlag

Jost, Culliford / De Coninck, Diaz: Die Schlümpfe 34: Die Schlümpfe und der Flaschengeist

Die Schlümpfe 34: Die Schlümpfe und der Flaschengeist

Story: Alain Jost und Thierry Culliford
Zeichnungen: Jeroen De Coninck und Miguel Diaz

Splitter Verlag – Toonfish
Hardcover | 48 Seiten | Farbe | 12.95 €
ISBN: 978-3-95839-905-1

Diese Rezension wartet schon ein wenig auf ihre Veröffentlichung. Mittlerweile ist bereits das 36. Abenteuer der Schlümpfe im Splitter-Imprint toonfish erschienen. Damit bleibt die deutsche Veröffentlichung nahe am Original und der geneigte Leser kann tatsächlich alle Bände auf Deutsch in einheitlicher Ausstattung genießen.

Die Schlümpfe gehören dabei zu den bekanntesten Figuren der Welt. Neben den Comics von Peyo gab es schon sehr früh extrem viel Merchandise der blauen Wichtel, mehrere Zeichentrickserien von Dupuis bzw. dem Studio Hanna-Barbera und mittlerweile immerhin drei „Realfilme“, die zu internationalen Blockbustern geworden sind. Sie haben sich dabei seit ihrem ersten Auftritt 1958 als Nebenfiguren in Johann und Pfiffikus zu absoluten Helden gewandelt. Zudem sind sie auch musikalisch sehr erfolgreich vermarktet worden, wenn auch zugegebenermaßen nicht jeder Geschmack damit getroffen wurde. International findet man sie unter den Trademarks „Smurfs“ oder „Schtroumpfs“.

Die Comics sind glücklicherweise durch diesen ganzen Ruhm nicht wesentlich anders geworden. Noch immer stehen die Alltagsprobleme der 100 Schlümpfe samt der später dazu gestoßenen Schlumpfine mit sich selbst und vor allem mit dem bösen Zauberer Gargamel im Mittelpunkt der Geschichten. Jeder der Schlümpfe hat dabei bestimmte Eigenschaften die sein Verhalten und seine Wünsche bestimmen und die meistens schon durch den Namen ausgedrückt werden. Im Mittelpunkt dieses Abenteuers stehen neben Schlumpfine, die als Archetyp aller positiven wie negativen Klischees die Frauenrolle bedient, Hefty und Schlaubi. Während ersterer ausgestattet mit Herz-Tattoo und Muskelkraft eher für die einfachen Lösungen zuständig ist, stellt der einzige bebrillte Schlumpf den Schlauberger dar, der jede Regel kennt, aber auch nicht eine davon brechen würde.

Beide zusammen entdecken eine Amphore im Bach, bergen und öffnen sie und stellen fest, dass diese scheinbar nur Kiesel enthält. Die zurückgelassene Amphore wird dann später von Gargamel gefunden. Tatsächlich waren in ihr aber auch zwei Dschinns, die nun ihren jeweiligen Befreiern dienen müssen. Was zunächst nach einem außerordentlichen Glücksfall aussieht, entpuppt sich als deutlich komplizierter, denn sosehr sich Agenoir und Adenior, so die Namen der Dschinn-Zwillinge, auch bemühen, ein funktionierendes Ergebnis entsteht nur dann wenn sich Schlaubi, Hefty und Gargamel gleichzeitig und ernsthaft dasselbe wünschen.

Bis die Schlümpfe gemerkt haben, dass eine Kooperation der beiden Antagonisten notwendig ist, hat der Dschinn, der im Schlumpfdorf untergekommen ist, bereits ebenso viel Unruhe gestiftet wie sein Zwilling in Gargamels Hütte. Und ebenso selbstverständlich ist das Spektrum der Wünsche der Schlümpfe vollständig inkompatibel mit dem des bösen Zauberers. Aber es bleibt ihnen allen nichts anderes übrig als zu kooperieren und nebenbei zu versuchen, die jeweils andere Seite auszutricksen. Die beiden Autoren bedienen sich dabei munter der klassischen Sagenwelt so dass der erwachsene und mitteleuropäisch sozialisierte Leser das Ergebnis bereits kennt und umso mehr Freude an der Herleitung hat!

In heutigen Zeiten ist man vielleicht versucht, in die Notwendigkeit zur Kooperation völlig unterschiedlicher kultureller Ansätze etwas hinein zu interpretieren, doch dieser Comic will einfach nur gut unterhalten ohne zu belehren (Naja, vielleicht ein bisschen, denn Eigennutz zahlt sich halt nie aus) oder Statements abzugeben. Genau das entspricht aber auch der Erwartungshaltung des Publikums seit fast 60 Jahren!

In einem zweiten Handlungsstrang geht es ebenfalls um ein Dauerthema, nämlich Eifersucht! Weil Schlumpfine sich um die beiden Dschinns kümmert, befürchten sofort einige Schlümpfe nicht mehr beachtet zu werden und fühlen sich vernachlässigt. Sie schlüpft dabei fast in eine Mutterrolle und steht dadurch Papa Schlumpf in seiner Verantwortung für alle an der Seite. Die anderen geraten dadurch natürlich in eine noch stärkere Kinderrolle, die für einiges Wiedererkennen sorgt :-).

Was man der Reihe absolut zu Gute halten muss, ist, dass sie nicht wie andere ähnliche Konzepte in den 50ern und 60ern stecken geblieben ist, sondern immer wieder neu Themen für sich gefunden hat, die auch die aktuelle Kindergeneration ansprechen. Selbst die allerersten Abenteuer sind dabei so zeitlos, dass sie immer noch funktionieren und nicht wie beispielsweise Jo, Jette und Jocko nur noch dokumentarischen Reiz haben.

Klassische vier Panelreihen als Grundlayout werden immer mal wieder durchbrochen. Obwohl die Figuren und die Farbgebung moderat modernisiert worden sind, unterscheiden sich die aktuellen Schlümpfe immer noch nur wenig von den Originalen und verbreiten den gleichen Charme wie früher. Einzig das Cover ist deutlich moderner und spricht die aktuelle Käufergruppe an ohne die alten Hasen zu verschrecken.

Nebenbei sei erwähnt, dass toonfish nicht nur die Alben der Schlümpfe sondern auch die Kurzgeschichten und verschiedene thematisch orientierte Zusammenstellungen veröffentlich hat. Die ebenfalls von Peyo stammenden und später fortgesetzten „Urväter“ Johann und Pfiffikus liegen in einer vorbildlichen Gesamtausgabe vor und auch Benni Bärenstark wurde mittlerweile in 14 Alben komplett veröffentlicht.

Wie gewohnt nun die Frage, welche Musik und welches Getraänk den Lesegenuss abrundet: Dazu passt „Vader Abraham“? Nein, nicht wirklich. Eher etwas chillige Lounge-Musik und natürlich ein Sarsaparilla-Cocktail! Da dieser etwas schwierig zu bekommen sein dürfte, geht auch etwas mit Himbeeren (eisgekühlt!) und Minze.

Abbildungen © 2016 Splitter

Sergeef/Xavier: Winter 1709 – Buch 1

Winter 1709: Buch 1

Story: Nathalie Sergeef, Philippe Xavier
Zeichnungen: Philippe Xavier

Splitter Verlag
Hardcover | 54 Seiten | Farbe | 14,80 €
ISBN: 978-3-95839-330-1

Auch diese Rezension wartet schon eine gefühlte Ewigkeit! Der zweite und abschließende Band ist mittlerweile erschienen und auch unsere Nachbarn aus den Niederlanden können diesen comic nun in ihrer  Landessprache lesen.

Irgendwie passt dieser Comic nicht zur aktuellen Jahreszeit: Während draußen fast schon eine heiße Dürreperiode herrscht, bestimmen hier Schnee und Eis das Ambiente und die Zeichnungen von Phlippe Xavier bringen die Atmosphäre so eindringlich rüber, dass einem beim Lesen unweigerlich kalt wird. Es handelt sich allerdings nicht um eine Kälte, die einen an Wolldecken und ein heimeliges Kaminfeuer denken lässt: Es geht um eine mörderische Kälte! Auch der Inhalt und die teilweise sehr blutrünstigen Zeichnungen sind nicht geeignet, irgendeine Wohlfühlstimmung aufkommen zu lassen!

Schon die erste Seite bereitet das Setting: Blutspuren an denen Dexter seine helle Freude hätte mit vier darübergelegten Textfeldern stimmen auf eine gewaltige und gewalttätige Geschichte ein. Es herrscht Krieg und zwar der letzte unter der Herrschaft Ludwig XIV. Die ohnehin vom Krieg gebeutelte Bevölkerung muss einen der härtesten Winter seit langer Zeit überstehen und damit neben der Kälte auch den Hunger überleben. Neben strategischen Geländegewinnen gerät damit auch die Versorgung mit Lebensmitteln in den Mittelpunkt.

 

Sergeef und Xavier liefern aber nicht nur ein History-Abenteuer ab: Das Ganze lässt sich auch prima mit den Stereotypen eines (Italo-)Western beschreiben. Viel (lebensbedrohende) Landschaft, seitenweise nur Atmosphäre ohne Text, viel – durchaus explizite – Gewalt, ein stoischer Held und immer wieder Gehängte oder sonst zu Tode gekommene Personen, die „dekorativ in der Gegend“ platziert werden. Schon das Cover deutet diese Verbindung an: Tausche das Schwert gegen ein Rifle aus und schon ist die Verwandlung geschehen. Eine Warnung sei also definitiv ausgesprochen: Dieser Comic ist nichts für schwache Nerven oder Zartbesaitete! Dass der Comic nicht geratet ist, ist meiner Ansicht nach allerdings richtig, denn weder werden übertriebene Gewaltszenen gezeigt noch Gewaltverherrlichung betrieben. Kriege waren noch nie ästhetisch oder zu befürworten und das beginnende 18.Jahrhundert macht dort keine Ausnahme. Die Ästhetisierung der Gewalt wie etwa in 300 scheint aber auch nicht das vorrangige Ziel der beiden Künstler gewesen zu sein!

Die künstlerische Leistung von Xavier steht für mich in Winter 1709 eindeutig im Vordergrund: Die Landschaften erinnern an die ersten Bände von Girauds Blueberry, die Gesichter an Swolfs Durango, das Setting könnte auch einem Django-Western alle Ehre machen und von den Gesichtern mit ihren unterschiedlichen Ausdrücken könnte sich ein Pellerin eine Scheibe abschneiden. Dazu trägt allerdings auch die kongeniale Kolorierung durch Jean Jaques Chagnaud ihr Scherflein bei!

Der Text von Nathalie Sergeef unterstützt die Zeichnungen dabei passend. Es ist durchaus nicht üblich, dass Texter sich in Teams so sehr zurücknehmen, dass mehrere Seiten ohne Sprechblasen auskommen. Es spricht aber für die Abstimmung zwischen den Beiden, dass es hier unaufgeregt passiert. Erstaunlich ist dagegen die Direktheit, die der Comicleser aus der Vergangenheit eher männlichen Autoren zuschreibt als einer Autorin. Der Anteil der beiden am Szenario wäre also durchaus interessant. Entsprechende Aussagen dazu sind mir aber nicht bekannt.

Zur Geschichte:

Ein einsamer Reiter stürzt in unwirtlicher Natur, wird getötet und daraufhin sowohl von seinem Mörder als auch von zufällig anwesenden Kindern verzehrt. Während die Kinder für diesen Frevel auf Drängen der Geistlichkeit gehängt werden, versucht der Held der Geschichte die Papiere, die der Getötete bei sich trug, wiederzuerlangen. In ihnen geht es um eine Schiffsladun      g Weizen, die in den schrecklichen Zeiten überlebensnotwendig für beide kriegführenden Parteien ist. Dementsprechend gering sind leider auch die Skrupel der Akteure!

Im Folgenden steht die Jagd nach den Informationen über den Ort der Übergabe, die Beweggründe für oder gegen die eine oder andere Seite und natürlich die Schlechtigkeit von Profiteuren im Vordergrund. Die Szenen spielen dabei sowohl in der Natur und in Ruinen als auch in hochherrschaftlichem Umfeld wo Xavier beweisen kann, dass er sich auch in den Kostümen der damaligen Zeit perfekt auskennt. Bitte erspart mir die Details und lest selbst!

Insgesamt also ein zwiespältiger Eindruck: Fantastische Zeichnungen, spannender Seitenaufbau mit toller Kolorierung und eine gelungen erzählte Geschichte auf der positiven Seite, (zu)viel Gewalt auf der anderen. Natürlich lässt sich niemand durch Videospiele oder Comics dazu verleiten, plötzlich mordend durch die Welt zu ziehen! Auf der anderen Seite wäre gerade in heutigen Zeiten eine Abwechslung zur Tagesschau auch mal ganz schön.

Dazu passt kräftiger melodischer Metal a la Blind Guardian und ein Glas heißer und kräftig gewürzter Glühwein (ja, auch im Sommer!)!

[Sven Krantz-Knutzen]

Abbildungen © 2017 Splitter Verlag

Suske und Wiske neu erzählt: Amoras

Seit 2013 gibt es bei unseren Nachbarn eine modernisierte Fassung des Klassikers „Suske en Wiske“. Die erste, mittlerweile komplette Hauptserie hatte 6 Bände, im darauf folgenden Spin-Off ist gerade der dritte Band erschienen. Für eine deutsche Veröffentlichung hat sich leider noch kein Verlag gefunden.

Einen ersten Überblick bietet dieser Artikel.

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