ZACK 257

ZACK 257 (November 2020)

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 84 Seiten | Farbe | 7,90 €
ISSN: 1438-2792

Die Ausgabe für den Monat des neuen Teil-Lockdowns enthält genügend virtuelle Reisemöglichkeiten, um den eigenen vier Wänden ein wenig entfliehen zu können. Außerdem erlaubt sie ein wenig Vorfreude: Einerseits wird das letzte, in Deutschland bisher noch unveröffentlichte Jerry Spring-Album im kommenden Sommer seinen Weg in das ZACK finden, vor allem aber die aktuell beste Serie aus dem niederländischen Sprachraum: Amoras! Freut euch auf eine sehr moderne Version eines Klassikers! Und noch eine Vorbemerkung: Nur Abonnenten haben die Möglichkeit, das limitierte Michel Vaillant Spezial 1 zu erwerben. Ein ganz spannender Versuch, Sammler- und Verlagsumsatzinteressen zu vereinen, oder? Schreibt eure Meinung gerne in die Kommentarfelder! Und eine entschuldigung vorweg: Der Scanner ist leider auch in den Lockdown gegangen und deshalb musste ich auf Fotos zurückgreifen.

Der Neustart

Giant ist zurück! Die von Mikaël allein verantwortete Serie erzählt vom Kampf der irischen Arbeiter im New York des Jahres 1932 gegen Arbeitsbedingungen, Armut und andere Migranten, insbesondere die Italiener. Jede Nationalität hat sich ihr eigenes Revier geschaffen und verteidigt es. Giant hatte das am eigenen Leib erfahren müssen und wird jetzt von Arbeitskollegen in seine Wohnung geschleppt und dort von einem Tierarzt behandelt. Gleichzeitig haben Mary Ann und ihre Kinder Staaten Island erreicht und versuchen, in die USA einreisen zu dürfen. Mary Ann war die Frau von Giants Arbeitskollegen Ryan. Der große Ire hatte es aber nicht über sein Herz gebracht, ihr vom Tod ihres Mannes zu schreiben, sondern hatte sogar in seinem Namen geschrieben und Geld geschickt. – Eindrucksvolle Bilder, die die damalige Armut und Arbeitsbedingungen gut wiedergeben und einen Blick auf europäische Wirtschaftsflüchtlinge werfen. So lange ist das noch gar nicht her. History Graphic Novel.

Die Fortsetzungen

Schon in die zweite Runde geht Das Wüstenschwert aus der Reihe Tanguy & Laverdure. Die beiden Kampfpiloten der französischen Armee sind auf einem Einsatz im Nahen Osten und versuchen, einen Krieg zu verhindern. Laverdure war mit seiner Maschine angestürzt und auf Umwegen auf einem Minengelände im Grenzgebiet gelandet. Dort muss er feststellen, dass in dem schwerbewachten Areal illegal Bodenschätze abgebaut werden. Die islamistischen Rebellen scheinen darin verwickelt zu sein! Spannende Geschichte von Buendia und Zumbiehl die etwas erzählen, was durchaus passieren könnte, und so sehr aktuell sind. Philippe bekommt dadurch die Möglichkeit neben Fluggeräten und Luftkämpfen auch Wüsten und vor allem viele menschliche Aktionen zu zeichnen und bewältigt beide Aufgaben grandios. Politischer (aber nicht nationaler) Fliegercomic.

Auch Die Bank war im letzten Heft gestartet, bekommt aber erst jetzt das Titelbild. Boisserie & Guillaume zeichnen ein Sittengemälde über das Frankreich Mitte des 19. Jahrhunderts. Prostitution oder vielleicht besser Mätressentum ist gerade auch in den höheren Schichten gang und gäbe und verspricht noch immer Einfluss. Da Charlotte de Saint-Hubert so zwar viele Informationen bekommt, ihren Bruder aber trotzdem nicht besiegen kann, ist sie gezwungen, noch einen Schritt weiterzugehen. Maffre setzt die Texte mit eigenwilligem Strich um. Dabei legt er keinen Wert auf Schönheit, sondern auf Emotionen und schafft so eine eindringliche Stimmung! History-Thriller aus der Hochfinanz.

Weiter geht es mit Harmony. Im dritten Teil von Ago versuchen die mutierten Kinder aus ihrem Gefängnis zu entkommen. Harmony gelingt es dabei, Kontakt zu den verbündeten Erwachsenen aufzunehmen. Richards Reaktionen werden immer gewalttätiger und die ersten Toten sind bereits zu beklagen. Die Mutantenstory von Mathieu Reynés nimmt immer mehr Fahrt auf, die am Computer entstandenen Zeichnungen und vor allem ihr Layout sind sehr abwechslungsreich und unterstützen die Dynamik. Da Harmony ursprünglich für eine Magazinveröffentlichung konzipiert worden war (Spirou) sitzen die Cliffhanger natürlich perfekt! Mutanten-Science Fiction aus der Jetztzeit.

Den Abschluss (und keinesfalls das Schlusslicht) bildet Michel Vaillant. Er hatte 13 Tage Zeit, sich auf sein erstes Formel 1-Rennen seit Jahren vorzubereiten und nun ist es endlich soweit! Als er das erste Mal am Steuer des Boliden sitzt und sich zu qualifizieren versucht, kommt ihm natürlich seine große Erfahrung zu Hilfe aber wird das für eine gute Platzierung reichen? Aber es gibt ja auch noch die gute Nase des Champions. Philippe Graton und Denis Lapière sind auf den Pisten dieser Welt zuhause und können daher sehr detailliert die Abläufe beschreiben und sie in eine spannende Geschichte einbauen. Benéteau und Dutreuil sind mit ihren Zeichnungen auf gleichem Niveau! Modernisierte Form des Motorsportklassikers!

Und sonst?

Natürlich sind der Vater der Sterne und Tizombi wieder dabei aber auch mit gleich zwei neuen Auftritten der rasende Spaghetti. Wie gut, dass er seinen Weg aus dem StripGlossy in das ZACK geschafft hat. Dazu kommen News, Rezensionen, ein Artikel über die aktuelle L. Frank-Gesamtausgabe und eine tiefergehende Besprechung von Prinz Gigahertz. Wie immer also eine runde Sache. Für 4 Wochen Corona-bedingte Entschleunigung wird das natürlich nicht reichen, es ist aber zumindest schon mal ein sehr guter Anfang!

Dazu passen der vor kurzem verstorbene Soul-Interpret Johnny Nash und angesichts der viel zu warmen Temperaturen ein gekühlter moderner Riesling!

© der Abbildungen 2020 bei den jeweiligen Zeichnern und Verlagen c/o Blattgold GmbH

Loisel/Tripp – Das Nest GA 1

Gesamtausgabe Band 1: Marie – Serge – Die Männer

Story: Régis Loisel & Jean-Louis Tripp
Zeichnungen: Régis Loisel & Jean-Louis Tripp

Originaltitel: Magasin Général – Livre 1

Carlsen Verlag
Hardcover | 248 Seiten | Farbe | 36,00 €
ISBN: 978-03-551-76095-1

© 2018 Casterman, © Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2020

Das Nest ist eine weitere Glanzleistung des Franzosen Régis Loisel. Schon seine erste Serie Auf der Suche nach dem Vogel der Zeit eröffnete dem Fantasy-Genre neue Perspektiven. Mit seiner Interpretation von Peter Pan brachte er den Stoff zurück zu seinen Ursprüngen als Stoff für Erwachsene. Sein Partner Jean-Louis Tripp kommt ebenfalls aus Frankreich und ist bereits seit Jahren als Comiczeichner tätig, blieb auf dem deutschen Markt allerdings eher ein Geheimtipp. Seit mittlerweile fast 20 Jahren hat er eine Kunstprofessur in Quebec. Auch Loisel zog es nach Kanada und die beiden haben dort ein gemeinsames Atelier, in dem unter anderem ihre Gemeinschaftsarbeit Magasin Général entstanden ist.

Die Story

Loisel hatte schon länger die Idee, eine Erzählung über ein abgeschiedenes Dorf in der Vergangenheit zu erzählen. In gemeinsamen Gesprächen änderten sich sowohl die geographische als auch die zeitliche Verortung und so kam es zu dem kleinen Laden in Notre-Dame am See in der kanadischen Abgeschiedenheit in der Nähe von Quebec, der in den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts den Mittelpunkt des Dörfchens bildet. Es gibt einen Pfarrer, der die Stelle gerade angetreten hat, einen Einsiedler und drei Witwen, die das konservative Rückgrat der Moral bilden. Der Besitzer des Ladens ist gerade verstorben und seine Frau Marie, eine Zugezogene, muss ihre Rolle neu finden. Die meisten Männer des Ortes sind die meiste Zeit des Jahres nicht anwesend, sondern verdingen sich „im Wald“.

© 2018 Casterman, © Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2020

Marie beschließt nach reiflicher Überlegung, den Laden in Eigenregie fortzuführen. Für die damalige Zeit ist das fast schon ein Affront, denn Frauen haben solche Dinge nicht zu tun. Es wird aber auch der Widerspruch deutlich zwischen den warmen Worten über den Verstorbenen auf der Beerdigung und den Aussagen über den Geschäftsmann und so hat Marie nicht nur mit den Vorurteilen gegenüber Frauen zu kämpfen sondern auch mit dem Unwillen von Handarbeitern gegenüber Handeltreibenden.

Im zweiten Band strandet ein Motorradfahrer, Serge, in dem Örtchen. Da Winter herrscht, die Straßen fast unpassierbar sind und die Maschine zudem erst repariert werden müsste, bleibt Serge in dem Örtchen und nimmt zunächst bei Marie Quartier. Der Pfarrer muss schließlich für die Befriedung im Ort sorgen, denn die moralische Instanz verbietet, dass Nebeneinanderher-Leben unter einem Dach von zwei unverheirateten Personen unterschiedlichen Geschlechts. Serge entpuppt sich als begeisterter Koch und startet eine Neuheit in dem kleinen Örtchen: Ein Restaurant.

© 2018 Casterman, © Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2020

Natürlich mögen die zurückkehrenden Männer des Dorfes die in ihrer Abwesenheit eingetretenen Veränderungen gar nicht. Gebildete Männer mit Umgangsformen gefährden das traditionelle Gefüge, vor allem in Zusammenhang mit der selbständigen Marie, die ebenfalls ein „schlechtes“ Vorbild abgibt.

Die Zeichnungen

Während die Story von beiden gemeinsam entwickelt worden ist, herrscht bei den Zeichnungen in gewisser Weise ein aufeinander aufbauender arbeitsteiliger Workflow vor. Zunächst erstellt Loisel in Form von Bleistiftzeichnungen seine Vorstellungen von der Seite, anschließend kreiert Tripp die Reinzeichnungen, die dann von Francois Lapierre koloriert werden. Dankenswerter Weise enthält die vorzügliche Gesamtausgabe auch ein paar Beispiele der originalen Entwürfe so dass die Entwicklung deutlich wird.

© 2018 Casterman, © Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2020

Den Figuren sind die harte Arbeit und die schwierigen Bedingungen anzumerken. Sie sind nicht gestylt, haben keine Modelmaße und sollen nicht „schön“ sein. Sie sind ehrlich, haben überzeichnete Ecken und Kanten und sind sogar leicht karikierend dargestellt. Dadurch unterstützen die Zeichnungen aber die Geschichte und drängen sich nicht in den Vordergrund! Vom Aufbau her ist das Werk sehr klassisch: Jede Seite hat drei in ihrer Höhe variierende Panel-Reihen mit eckigen Kästen. Auch diese Ordnung unterstützt aber den Fluss der Geschichte, die von so vielen Regeln getragen wird. Zwar werden diese alle hinterfragt, das Leben läuft aber weiter.

Die Ausgabe

Dem ersten Band mit den Originalalben Eins bis Drei beigefügt ist neben den schon erwähnten Vorzeichnungen ein illustrierter Essay von Sarah Hurlburt über das Werk und seine graphischen und erzählerischen Symbole. Gerade für europäische Leser*innen ganz hilfreich!

Das im Hardcover verwendete Papier ist dick genug, um nichts durchscheinen zu lassen, aber trotzdem angenehm in der Hand. Die Farben sind leicht matt, aber kräftig und die Ausgabe daher sehr wertig! Da sich die einzelnen Bände auch nicht an die übliche 48-Seiten-Begrenzung halten ist angesichts des Umfangs auch der Preis vollkommen angemessen.

Das Nest wird auf dem Backcover als Graphic Novel angepriesen. Im eigentlichen Sinne ist es das auch, denn hier wird mit graphischen Mitteln eine Erzählung präsentiert. Die Autoren haben wirklich etwas zu sagen und präsentieren gesellschaftliche Entwicklungen und Brüche, allerdings in einer sehr gut dargebotenen Form. Werke mit diesem Schlagwort haben oft genug zurecht damit zu kämpfen, dass ihr Inhalt zwar gut gemeint ist, ihre Form aber dem Massengeschmack nicht entspricht. Hier haben wir beides!

Für mich war die Gesamtausgabe dieses modernen Klassikers lange überfällig und gehört zu den diesjährigen Spitzentiteln! Loisel und Tripp sind Meister ihres Faches und das gemeinsame Werk gehört in jede gut sortierte Sammlung!

Dazu passen ein Ricard mit Wasser und Eis und Musik von Les Négresses Vertes!

© der Abbildungen 2018 Casterman, © Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2020

Loukia – Verbrechen und Strafe

Verbrechen und Strafe

Autor: Bastien Loukia nach Fjodor Dostojewski

Zeichner: Bastien Loukia

Originaltitel: Crime et Châtiment

Knesebeck Verlag

Hardcover | 160 Seiten | Farbe | 25,00 €

ISBN: 978-3-95728-442-6

Ich muss gestehen, dass ich mir nicht ganz sicher war, ob ein russischer Klassiker als Comic funktionieren würde. Emotionale Dramatik, viele Personen und nicht zuletzt Handlungsmuster und gesellschaftliche Konstrukte, die seit langer Zeit veraltet sind. Würde die implizit als bekannt vorausgesetzte moralische Ebene noch grafisch umsetzbar sein? Würden sich die ausschweifenden Erklärungen abbilden lassen? Ähnlich äußert auch der Künstler selbst seine Vorbehalte.

Der Inhalt – russische Emotionen

Ich muss allerdings sagen, dass Bastien Loukia die Aufgabe hinbekommen hat! Verbrechen und Strafe umfasst in der deutschen Taschenbuchausgabe mehr als 750 engbedruckte Seiten und Fjodor Dostojewski formuliert entsprechend der russischen Literaturtradition der damaligen Zeit einerseits sehr genau, andererseits lässt er sich aber auch Zeit um alles detailliert zu beschreiben. Zudem ist die Frage der gesellschaftlichen Stellung eines Studenten mittlerweile eine ganz andere, viel weniger wichtige. Was es dagegen immer noch gibt ist, dass Frauen sich selbst zugunsten der Familie opfern wollen oder müssen und dass Süchtige im Spiel oder für den Suff alles vernichten: ihr Leben aber auch das ihrer Angehörigen.

Der Held dieses Stückes Rodion Raskolnikow ist ein in Armut lebender Student der Rechte. Er muss um überhaupt über die Runden zu kommen persönliche Erinnerungsgegenstände verpfänden und empfindet die Wucherzinsen der Pfandleiherin, ja, ihren Stand als so ungeheuerlich, dass er beschließt sie zu töten. Da er bei dieser Tat angetroffen wird, verübt er noch einen weiteren Mord.

Er wird vom Untersuchungsrichter Petrowitsch der Tat verdächtigt doch ein Unschuldiger gesteht zunächst die Tötungen. Raskolnikow gerät aber immer tiefer in die moralischen Verstrickungen, fürchtet sich vor Entdeckung und muss erkennen, dass seine Tat nicht etwa aus einer hohen moralischen Überlegenheit gegenüber der Wucherin, sondern aus persönlichen, niedrigen Beweggründen geschah.

Die Umsetzung – französische Finesse

Loukia schafft es nicht nur, die lange Geschichte in ihren wesentlichen Zügen auf rund 150 Comicseiten sehr verständlich wiederzugeben, sondern gleichzeitig noch einen tiefen Einblick in die ärmlichen Lebensverhältnisse in St. Petersburg zu geben. Gemeinschaftsunterkünfte, Prostitution zur Sicherung des Überlebens, Gewalt und schimmlige Wohnungen sind sehr eindrücklich gelungen und bleiben vermutlich noch längere Zeit im Gedächtnis präsent.

Mit Sicherheit hätte Dostojewski (zurecht) die Kategorisierung seines Romans als „Horror“ weit von sich gewiesen, die Darstellung des inneren Konfliktes Raskolnikows‘ und die Umsetzung seiner Alb- und Fieberträume kommt dem aber schon recht nahe. Und das ist dann auch die Brücke zur Neuzeit: Mögen sich die gesellschaftlichen Verhältnisse und Moralvorstellungen noch so sehr auf ihre Zeit beziehen, der innere Konflikt, der durch das Überschreiten der Grenzen ausgelöst wird, ist immer der gleiche!

Deutsche Schriftsteller haben immer gerne die gesellschaftliche Frage gestellt, ihre russischen Kollegen haben sich dagegen mehr auf die Moral und das Gewissen konzentriert. Bastien Loukia genügen kleine Veränderungen in der Darstellung des Gesichtes, der Körperhaltung, um diese psychologischen Tiefen deutlich zu machen. Beim Lesen sind tatsächlich die Details wichtig, die Stellung der Augenbrauen als Merkmal zum Beispiel. Wenn nötig wechselt Loukia auch vom strengen Reihenaufbau der Seiten in einen aufgelockerten, manchmal sogar in eine ganz freie Aufteilung.

Auch wenn er sich teilweise an Gemälden von Kasimir Malewitsch orientiert und die Bildsprache komplett wechselt, nie stehen die Zeichnungen um ihrer selbst willen dar, sondern dienen immer nur dem Fortgang der Erzählung.

Die Wertung

Verbrechen und Strafe ist sicherlich keine leichte Kost und erfordert mehr als ein Handtuch am belebten Strand. Es lädt sogar dazu ein, mehrfach gelesen werden zu wollen. Diese Herausforderung lohnt sich aber, denn Loukia bietet das brillante Ergebnis einer Auseinandersetzung, das Moderne und Original verbindet, das zeitlos Interessante präsentiert und die zeitgebundenen Stilelemente weglässt.

Insofern passt auch die Veröffentlichung durch von dem Knesebeck! Der Verlag hat in den letzten Jahren immer wieder Kleinode der Comickunst präsentiert, ohne dabei Trends hinterherzulaufen! Die Graphic Novel kommt im klassischen Albenformat daher, gebunden als Hardcover und auf stabilem, leicht glänzendem Papier. Der Preis von 25€ ist dabei vollkommen angemessen! Es bleibt zu hoffen, dass diese Ausgabe ein angemessen breites Publikum finden und nicht nur in Slawistik-Bibliotheken stehen wird. Verdient hätte sie es!

Dazu passen eine Kombination aus heißem schwarzem Tee und kaltem Wodka und die sehr spannenden Iva Nova!

© der Abbildungen 2020 von dem Knesebeck GmbH & Co Verlag KG, München / 2019 Éditions Phillipe Rey

Swysen/Bazile – Chaplin

Ein Leben für den Film

Autor: Bernard Swysen

Zeichner: Bruno Bazile

Originaltitel: Les étoiles de l´histoire: Chaplin

Panini Comics

Hardcover | 88 Seiten | Farbe | 20,00 €

ISBN: 978-3-7416-1951-9

Ein schwieriger Mann

Biografien sind prinzipiell immer spannend: die beschriebenen Personen haben etwas Besonderes und taugen daher als Vorbild oder zur Abschreckung. Zudem müssen sie bekannt genug sein um potenzielle Käufer*innen anzulocken, denn der Verlag will ja schließlich auch leben. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass sich um die Person entweder Mythen ranken oder aber Skandale.

Bei Charles Chaplin ist es eine Mischung aus allem: Ein berühmter Schauspieler und Regisseur, der es irgendwann geschafft hat aus der Stummfilmzeit in die Moderne zu wechseln, mit der Figur des Tramp ein „Erfinder“ im Bereich der Comedy, als Mitbegründer der „United Artists“ ein Pionier des Autorenkinos und ein skandalumwitterter Lebemann der mehrfach Minderjährige heiraten musste um die Schwangerschaft zu legalisieren.

Bernard Swysen beschreibt den Menschen dahinter sehr liebevoll. Beginnend mit seinem Start in einfachen und immer einfacher werdenden Verhältnissen und Rückschlägen in der Theaterkarriere erzählt er das Hadern des jungen Chaplin mit seiner Heimat England und seiner traditionellen Strenge. In Amerika fand er Weite, Anerkennung und das Gefühl, dass jede*r etwas werden kann.

Swysen beschreibt aber auch die Enttäuschungen, die Charles mit seinen Frauen erlebte. Irgendwie waren seine ersten Ehefrauen immer nur hinter dem Geld, dem Glamour und der Abfindung her. Die Kritik an Chaplin, der sich immer wieder mit jungen, minderjährigen Mädchen vergnügte und damit die Grundlage für das spätere Verhalten selbst zu verantworten hatte, wird zwar erwähnt, hätte aber auch prominenter seien können. Seine übertriebene, fast schon zwanghaft Akkuratesse wird dagegen deutlich und lässt erahnen, warum er oft genug mit sadistischen und diktatorischen Zügen beschrieben worden ist.

Neben der glücklichen Zeit mit Oona, seiner wohl vierten Frau, stehen auch seine Filme und ihre Rezeption sowie die Vorwürfe im Nachkriegsamerika wegen angeblicher Zersetzung und kommunistischer Ideen im Mittelpunkt. Schließlich erklärte sein Wunschland, dass es ihn nicht mehr wolle und so wurde die Schweiz zu seinem Refugium.

Die Zeichnungen

Bruno Bazile ist in Frankreich durchaus bekannt, hat er doch unter anderem die Geschichten um Sarkozix verfasst. Da diese sich aber mit französischer Innenpolitik beschäftigen ist eine Übersetzung kaum wahrscheinlich. Aber er ist auch noch für ein paar andere Serien verantwortlich. In dieser Graphic Novel beweist er, dass er sich nicht zu verstecken braucht. Seine Zeichnungen von Chaplin und seinen Begleitern erlauben es, die Figuren altern zu sehen. Auch bekannte Schauspieler wie etwa Douglas Fairbanks und natürlich sowohl der „echte“ Chaplin als auch seine Filmfiguren sind gut getroffen.

Regelmäßige Leser*innen von comix-online wissen, dass eines meiner Qualitätskriterien die Mundpartie ist. Oft genug fällt den Künstler*innen nichts anderes ein, als immer wieder die gleiche Lippenstellung mit einer weißen Füllung zu präsentieren. Bazile bietet zwar auch noch etwas Luft nach oben hin zu einer realistischen Darstellung, ist aber sehr flexibel und trifft fast immer den richtigen Ausschnitt und Winkel!

Die Ausgabe

Ansonsten bewegt sich der Band mit seinen 70 Comic-Seiten auf klassischen frankobelgischen Pfaden. Ruhiges Layout, detaillierte Hintergründe und durch das Überformat auch visuell sehr ansprechend! Dankenswerter Weise gibt es auch noch einen Anhang mit einer Übersicht aller Filme von Charles Chaplin, übersichtlich sortiert nach Jahr und Studio und ein paar Fotos aus seinem Leben. Insofern eine runde Sache!!

Dazu passen eigentlich eher dramatische Klänge ohne Gesang, am besten mit ein wenig Knistern. Wäre mir aber ehrlich gesagt zu langweilig ohne den dazu laufenden Film. Daher also in Erinnerung an den gerade verstorbenen Toots Hibbert die Empfehlung für Toots & the Maytals mit „Reggae Got Soul“ und dazu ein Gin Tonic!

© der Abbildungen 2020 Panini Verlags Gmbh / DUPUIS 2019, by Swyers, Bazile | Charlie Chaplin TM © Bubbles Inc. S. A.

Den Dooier/Matena – De Teloorgang van oude Knudde

Eine Graphic Novel aus der LeesTekenReeks

Autor: A. den Dooier (=Dick Matena)

Zeichner: Dick Matena

Uitgeverij Personalia

Broschur A5 | 96 Seiten | schwarz-weiß | 7,95 €

ISBN: 978-94-928-4087-5

Cover Teloorgang van oude Knudde

Die Graphic Novel

Der Verlust des alten Knudde ist ein typischer Vertreter des „Regionalen Romans“ in den Niederlanden. Im Regelfall geht es um das Leben der einfachen Leute, ihren Kampf um das tägliche Überleben und um die regionalen Besonderheiten.

Diese Geschichte erzählt von einer Familie im Brabanter Land. Der älteste Sohn hat sich dem mühsamen Landleben und seinem Vater entzogen. Der jüngere Sohn ist geistig zurückgeblieben und wird von den anderen Dorfbewohnern gemobbt! Just in dem Moment als der Vater keinen Ausweg mehr sieht und sich das Leben nimmt, kehrt der verlorene Sohn zurück. Dieser hat aber mehr Lust an Geselligkeit als an Arbeit und auch andere Bewohner sind einige dem Jenever nicht abgeneigt.

Die Familie muss im Laufe der Geschichte noch mehr Tote beklagen und die Tragik der Ereignisse steigert sich. Insofern ist die Geschichte archetypisch. Die handelnden Personen sind als Schweine dargestellt. Möge sich jeder das Bild dahinter denken. Die Zeichnungen sind schwarz-weiß, relativ düster und bedrückend. Erstmals ist die Novel 1986 in einer Sammlung von ähnlichen Geschichten quasi als Parodie erschienen.

Der Künstler

Dick Matena ist einer der „Großen“ der niederländischen Comicszene. In seiner Karriere hat er schon von Strips für Kinder und Disney-Comics bis hin zu experimentellen Werken alles gemacht. Unter dem Pseudonym A. den Dooier hat er seiner Liebe für den regionalen Streeksroman (nicht zu verwechseln mit dem deutschen „Heimatroman“) freien Lauf gelassen und einige Werke verfasst.

Die Reihe

Margreet de Heer hat in ihrer Rolle als Stripmaker des Vaderlands 2018 eine Liste mit lesenswerten holländischen Graphic Novels erstellt. Diese sollen als Beispiel für die spezielle Entwicklung von Comics in den Niederlanden stehen und als solche die gleiche Wertschätzung erfahren wie Malerei, Bildhauerei oder andere Kunstformen. Daraus ist dann die Leestekenreeks geworden in der eben diese herausragenden Comics erneut veröffentlicht und mit Materialien für den Unterricht oder die private vertiefte Auseinandersetzung angeboten werden. Dieser sogenannte Leesbrief ist auch hier enthalten. Wir drücken die Daumen für diese gute Idee!

Gerade für Leser*innen aus Deutschland sicherlich auch ein Hinweis auf die Qualität, denn eine Aufnahme in diese Reihe setzt voraus, dass es sich um ein herausragendes Werk handelt. Zudem bekommt man Informationen über Künstler und Hintergründe „gratis“ mitgeliefert. Für absolute Sprachneulinge allerdings eher nicht zu empfehlen. Ihr solltest schon gewisse Grundkenntnisse der Sprache und einen gewissen Wortschatz mitbringen.

Dazu passen ein Bessen Jenever (was denn sonst?) und moderner Country, etwa von „Little Big Town“.

© der Abbildungen 2020 Uitgeverij Personalia

Gratis Comic Tag 2020 – weitere Perlen

GCT 2020 zum Vierten – persönliche weitere Empfehlungen ohne „Rubrik“

Nun steht der Gratis Comic Tag 2020 also wirklich kurz vor der Tür! Comix-online hat bereits einige der diesjährigen Gratishefte vorgestellt: Western, von deutschsprachigen Künstler*innen und für Kids. Es gibt aber noch so viel mehr, dass eine letzte kleine subjektive Liste folgen soll. Dieser Liste werden keine Comics fernöstlicher Stilrichtungen angehören; Nicht, dass mir nicht der eine oder andere Titel durchaus gefallen würde, ich traue mir selbst schlichtweg nicht zu, auch nur halbwegs eine Einordnung hinzubekommen und so würde ich über ein „Das gefällt mir“ nicht hinauskommen. Ich gelobe Besserung.

Illustration: Artur Fast

Alle Infos zum GCT, insbesondere eine Suchmaschine für Aktionen in eurer Nähe und alle Titel findet ihr auf der offiziellen Seite.

Die Rückkehr aufs Land

Jean-Yves Ferri und Manu Larcenet haben ein (mittlerweile) dreibändiges Meisterwerk verfasst, das durch Corona eine ungeahnte Aktualität erfahren hat. Viele Großstädter haben sich während des Lockdowns überlegt, dass eine Kleinstadt doch auch Vorteile hätte: Die Konkurrenz um das Klopapier ist geringer, der Garten bietet mehr Auslauf als der Etagenbalkon und die Fahrten zur Arbeitsstelle fallen schließlich bei Homeoffice weg. Die Rückkehr aufs Land beschreibt in kurzen Episoden alle Tücken, die jetzt eben gefehlt haben und lässt das Knollenmännchen, mehr noch aber seine unerschütterliche Frau Prüfungen bestehen, die teilweise nur mit Kartons zu bewältigen sind. Sehr liebevolle Halbseiter die auf Deutsch bei Reprodukt erschienen sind.

Roald Dahl reloaded

Hexen hexen ist ein Kinderbuchklassiker des bereits 1990 verstorbenen Autoren Roald Dahl. Er erscheint immer wieder in neuen Fassungen und ist in der von Pénélope Bagieu Teil des Reprodukt-Beitrages zum GCT 2020. Oma muss als Ablenkung Geschichten erzählen, um von der Trauer abzulenken und Geschichten über Hexen eignen sich dazu besonders, denn schließlich gibt es ja keine, oder doch? Liebevolle Geschichte, die aber für sehr zartbesaitete nicht ganz geeignet ist. Bagieus Zeichnungen sind kantig, nicht einfach und schon gar nicht weichgespült. Trotzdem oder viel eher gerade deswegen kann man als Leser*in aber glauben, dass Sorgen ernst genommen werden und findet möglicherweise die gewünschte Ablenkung.

Klassische und urbane Sagen

Klassiker zuerst: Unter dem Label „Mythen der Antike“ werden klassische Stoffe neu aufbereitet und geraten dadurch vielleicht wieder in den Blickwinkel der jungen Generation. Falls nicht, finden sich wenigstens ältere Leser*innen, die die Geschichten nur wiederauffrischen wollen. Als Beispiel findet sich der komplette erste Teil (von drei) der Ilias im Programm. Clotilde Bruneau hat den Text aufbereitet, Pierre Taranzano hat das Ganze in schöne Bilder gepackt. Klassische frankobelgische Schule (allerdings mit teilweise computergenerierten Hintergründen) aus dem Hause Splitter.

Die Entstehungsgeschichte der Teenage Mutant Ninja Turtles behandelt dagegen moderne urbane Mythen. Im klassischen Schwarz-Weiß müssen die mutierten Schildkröten ihren bis dato größten Kampf gegen Ninjas durchstehen. Mehr von Eastman und Laird’s Epen bei Dani Books. Als Zugabe präsentiert dieses Heft ein paar Entwürfe und Illustrationen und lohnt sich schon deswegen!

Fantastisches London

Viktorianisches England, Crime and Suspense, Fantastische Begebenheiten und eine unerschrockene Heldin sind die Ingredienzien dieser Serie von Thierry Gloris und Jacques Lamontagne aus dem Splitter-Verlag. Pik-As ist eine fantastische Detektei die Fälle im Grenzbereich übernimmt. Die sehr detaillierten Zeichnungen bieten das Böse, das Unglückliche aber auch das Schöne ungeschminkt dar und platzieren das Ganze vor ungemein detaillierten Hintergründen. Ein Fest für die Augen! Das Heft enthält den kompletten ersten Band Die Parapsychologin und könnte dafür sorgen, dass gleich sieben Titel auf der Einkaufsliste landen.

Horror von Alan Moore

Cinema Purgatorio ist eine Reihe von ineinander verwobenen Geschichten, die dem Kopf Alan Moores entsprungen sind. Teilweise zeichnet er selbst für das Szenario verantwortlich, teilweise hat er diese Aufgabe anderen überlassen. Im Original sind insgesamt 5 verschiedene Geschichten Teil dieses Universums. In jedem der insgesamt 18 Hefte der Serie ist jeweils ein Kapitel erschienen. Die auf Deutsch beim Dantes Verlag erscheinenden Ausgaben widmen sich aber jeweils nur einer Storyline. Drei erste Kapitel werden hier vorgestellt. Schwarz-weiß Horror (nur) für Erwachsene.

Und sonst

Daneben gibt es noch viele weitere Titel und jede*r von euch sollte einen eigenen Blick auf das große Angebot werfen. Eine Nichtaufnahme hier ist kein Indiz für einen schlechten Comic, sondern viel eher limitierten Zeitbudgets geschuldet!

Nutzt das Event um mal wieder in einen Comic-Shop, einen Schauraum, eine teilnehmende Buchhandlung oder einen anderen Ort zu gehen und nehmt nicht nur Hefte mit, sondern schaut euch um und besucht die Stätte eures Vertrauens auch danach wieder.

Die geschenkten Hefte lassen sich dann überall genießen, vorzugsweise mit einer an den verschwindenden Sommer erinnernden Limonade und einer Playlist mit College Punk.

© der Abbildungen 2020 Gratis Comic Tag und den jeweiligen Verlagen und Künstler*innen

Gratis Comic Tag 2020 – Comics für KIDS

GCT 2020 zum Dritten – Comics (nicht nur) für Kids – eine Übersicht

Der diesjährige Gratis Comic Tag ist anders als alle anderen: Nicht nur, dass er im September stattfindet, er ist auch noch dezentral und Corona-bedingt (hoffentlich) etwas weniger vom Gedränge geprägt. Alle Infos zum GCT findet ihr auf der offiziellen Website. Dort könnt ihr auch sehen, wann und wo bei euch in der Nähe welche Aktionen stattfinden werden.

Illustration: Artur Fast

Comix-online will Euch im Vorhinein den einen oder anderen Tipp geben, um im großen Angebot an Titeln das für euch richtige zu entdecken. In Teil 1 wurden Western, in Teil 2 Comics von deutschsprachigen Künstler*innen vorgestellt. Heute folgen Titel mit dem Label „Comics für Kids“. Das ist etwas verwirrend, denn zum einen sind nicht alle Titel mit diesem Label für jedes Alter geeignet, zum anderen gibt es auch Hefte ohne diese Bezeichnung, die Kindern sehr viel Spaß machen dürften. Wie immer gilt aber, dass es sich hierbei um eine persönliche Meinung handelt und nicht etwa um eine fundierte Analyse der Altersangemessenheit…

Alte Bekannte

Comics für Kids lassen sich unter verschiedenen Aspekten sortieren und sicherlich haben alle ihre Berechtigung. Beginnen möchte ich mit Titeln, die die Eltern kennen. Der eine oder die andere mag vielleicht beschließen, sie zunächst einmal selbst zu lesen und dann weiterzugeben.

In diese Kategorie gehört mit Sicherheit Onkel Dagobert und Donald Duck von Don Rosa. Die Egmont Comic Collection ist schon seit Jahrzehnten der Verlag für Comics mit dem Label Walt Disney und als solche auch der Hausverlag für den Barks-Epigonen Don Rosa. Eine Library seines Namens ist gerade gestartet und „Der Sohn der Sonne“ ist aus Band 1. Onkel Dagobert und sein Widersacher Mac Moneysac geraten mal wieder aneinander und die Ducks gehen auf die Suche nach einem Schatz der Inkas. Ich mag diese extrem detailreichen Bilder mit den vielen Strichen und freue mich über jede Gelegenheit, Don Rosa mal wieder zu lesen.

Die Minions haben nun schon ein Jahrzehnt auf dem Buckel und zählen damit als alte Bekannte. Waren sie anfangs nur als Sidekick gedacht, haben sie sich mittlerweile zum Star entwickelt und durften ihre wortlosen Scherze und Slapsticks bereits 2014 auch in Form eines Comics präsentieren. Renaud Collin und Didier Ah-Koon geben ihr Bestes. Für die kurze Unterhaltung zwischendurch, aber wohl eher für Jungs.

Natürlich darf auch Bibi Blocksberg nicht fehlen. Ihrem Comic fehlt zwar das entsprechende Label, die Abenteuer der 13-jährigen Hexe mit ihrer Freundin Miyu passen hier aber am Besten rein. Die Zeichnungen kommen von der Japanerin Hirara Natsume, die Texte von Olivia Vieweg (die auch in Teil Zwei hätte auftauchen können). Die bei Tokyopop erscheinenden Abenteuer sind schneller als die bekannten Geschichten, vielleicht auch etwas schräger. Sie dürften sich aber um einiges näher an der Welt der 8 bis 10-jährigen Mädchen bewegen als die alten Hörspiele und dienen natürlich als erster Einstieg in die Welt der Mangas.

Abenteuer wird es immer geben

Splitter/toonfish ist der mittlerweile größte Comic-Verlag in Deutschland und bringt weiterhin eine große Anzahl an neuen Reihen auf den Markt. Während sich Splitter dabei um Comics für Erwachsene kümmert, bedient toonfish die Kleineren. In Der Club der Drei Schwestern versuchen drei junge Mädchen mit sich und ihrer Umwelt klar zu kommen. Einerseits scheint ihre Mutter ein Geheimnis verbergen zu wollen, andererseits scheint ein komischer Traum doch Bezüge zur Wirklichkeit zu haben. Barbucci zeichnet traumhaft, verspielt und liebevoll nach einem Szenario von Di Gregorio. Dieses Heft mit dem Anfang von Teil 1 mag zu dem einen oder anderen Eintrag auf einer Wunschlist führen.

Die Campbells sind vom Setting etwas klassischer: Ein alleinerziehender Pirat möchte nur noch für seine heranwachsenden Töchter da sein und gibt sein spannendes Leben daher auf. Nur sieht die Umwelt das manchmal anders und so werden die Drei immer wieder mit der Vergangenheit konfrontiert. Natürlich hinkt der Vergleich, aber wer Lust an Pippi Langstrumpf hatte sollte es hiermit versuchen. Jose Munuera ist ein Meister der familientauglichen Unterhaltung und liefert hier ganz viele kleine Häppchen ab, die unbedingt ausprobiert werden sollten. Mehr im Carlsen Verlag.

Auch Valentin aus der Feder von Goscinny und gezeichnet von Tabary macht Spaß. Die Geschichten sind schon etwas älter und einen Vagabunden wie Valentin trifft man heute nicht mehr. Die Geschichten sind aber so liebevoll, die Emotionen so zart und der Slapstick so laut krachend, dass es trotzdem nicht aus der Zeit gefallen wirkt. Der All-Verlag hat gerade eine Gesamtausgabe gestartet.

Superheld*innen sind super!

In der diesjährigen Champions League steht Cristiano Ronaldo oder auch CR7 nicht im Finale. Dafür hat er jetzt seine eigene Comic-Serie und darf in StrikerForce das Übel dieser Welt bekämpfen. Die Idee dabei ist gar nicht schlecht, denn es gibt ein Gadget, dass Superschurken keine Chance lässt. Es muss seinen Gegner aber mit hoher Geschwindigkeit treffen und wer wäre da besser geeignet als der Ballkünstler? Ronaldo selbst verhehlt seine Begeisterung für Superhelden nicht und hofft auf die integrative Kraft dieser Geschichten. Umgesetzt ist das Ganze im Animated-Style, der eher nur jüngere ansprechen dürfte.

Comics haben es nicht erst seit Corona schwer und eigentlich haben es nur Mangas geschafft, sich wirklich im Buchhandel zu etablieren. Dies gilt umso mehr in den Vereinigten Staaten. Kein Wunder also, dass die Verlage versuchen, sich mit Graphic Novels für Kids und Heranwachsende dort positionieren wollen. Diese angepeilte Zielgruppe würde nie in Comic-Shops gehen und wäre daher ansonsten verloren. Panini ink bringt 3 Leseproben dieses Genres in einem Heft und behandelt dabei relevante Themen:

Die 15-jährige Harleen Quinzel ist ein engagiertes Mädchen. Sie ist nicht konsumorientiert, macht sich Gedanken und ist zudem auf sich allein gestellt. Damit ist eine Katastrophe fast schon vorprogrammiert. Der junge Bruce Wayne ist dagegen schon 18 als er zu Sozialstunden in Arkham verdonnert wird. Es kommt zu einer Begegnung mit den kriminellen Nightwalkern. Das Heft beschließen die ersten Seiten der Geschichte von Mera. Die Prinzessin des Unterwasserreichs will sich den Wünschen ihres Vaters nicht fügen.

Und sonst?

In diese Übersicht könnten auch noch andere Titel einsortiert werden, die das Label ebenfalls nicht aufweisen, oder andere, die bereits unter einer anderen Überschrift besprochen worden sind. Es geht hier aber nicht um Vollständigkeit und daher ist das selbstverständlich nur der Anreiz, auch die anderen Folgen zu lesen.

Mit dem Gratis Comic Tag bekommen natürlich Verlage die Möglichkeit, für ihre Produkte zu werben. Gleichzeitig können sich aber auch Händler präsentieren und potenziellen Comic-Fans die breite Auswahl vorführen. Nicht zuletzt ist es eine Super Gelegenheit, in Sachen hineinzuschnuppern, die man sonst nicht entdeckt hätte. Deshalb an dieser Stelle ein großes Dankeschön an all die Held*innen im Hintergrund, die dieses Event möglich machen!

Dazu passen die großartigen Randale, die Rockmusik für Kinder machen (etwa den Hardrockhasen Harald) und ein Nojito!

© der Abbildungen 2020 Gratis Comic Tag und den jeweiligen Verlagen und Künstler*innen

Gratis Comic Tag 2020 – Graphische Literatur aus deutschsprachigen Landen

GCT 2020 zum Zweiten – Titel von deutschsprachigen Künstler*innen – eine Übersicht

Der zweite Teil des Überblicks über die diesjährigen Titel des Gratis Comic Tages wirft einen Blick auf deutschsprachige Künstler*innen. Erfreulich viele von ihnen haben es zwischen die Heftdeckel geschafft. Außerdem ist es beachtlich, wie groß das Spektrum der Stilarten und Themen ist. Teil 1 hatte das Thema Western. Alle Infos zum GCT findet ihr auf der offiziellen Website.

Oskar Rohr, der Fußball und der Nationalsozialismus

Ich habe lange überlegt, in welcher Reihenfolge ich die Titel präsentieren möchte, immer war klar, dass ich mit diesem Titel anfangen möchte. Der gebürtige Münsteraner Julian Voloj hat sich darauf spezialisiert, Comic-Biografien von Menschen zu schreiben, die aufgrund äußerer Umstände ihren Weg nicht so einfach gehen konnten.

Nach Joe Shuster und Jean-Michel Basquiat beschreibt er erstmals ein deutsches Thema: Oskar Rohr war ein begnadeter Fußballer; als Stürmer war er maßgeblich an der ersten Deutschen Meisterschaft des FC Bayern München 1932 beteiligt und doch kennt heute kaum jemand seinen Namen. Als Jude teilte er das Schicksal von Millionen anderen als Internierter in einem Konzentrationslager! Seine Geschichte und damit auch eine Geschichte des Deutschen Fußballs unter dem Hakenkreuz wird in der bei Carlsen erschienen Graphic Novel Ein Leben für den Fußball von Julian Voloj (Text) und Marcin Podolec (Zeichnungen) erzählt. Das Heft zum GCT enthält den Anfang der Geschichte bis zum Wechsel nach München.

Kindercomic mit Piff-Puff-Bäng und Happy End

Der Kasseler Verlag Rotopol profitiert sicherlich von seiner Nähe zur dortigen Kunsthochschule denn er hat sich auf innovative, persönliche Werke spezialisiert, die von den Künstler*innen selbst getrieben werden. Dabei wagt er sich nicht nur auf den Bereich der Graphic Novel für Erwachsene, sondern bietet das Gleiche auch für Kinder! Allein schon dieses Wagnis ist es Wert, gewürdigt zu werden.

Pimo & Rex von dem ebenfalls aus der Münsteraner Ecke kommenden Thomas Wellmann bietet eine fast schon anarchische Geschichte über die beiden Helden Pimo & Rex die als Reisegefährten nach einer wilden Kneipenfeierei eine junge Frau vor düsteren Gestalten retten müssen. Magret wird von Wesen mit Zauberkräften entführt doch die Helden können sie – natürlich – befreien, müssen vorher aber noch einen Kampf gegen Skelette bestehen.

„Kinder“ ist für diesen Comic sicherlich auslegungsfähig. Es gibt genügend Anspielungen auf das Leben von Erwachsenen, die von Kleineren sicherlich nicht verstanden werden können und auch die Kampfthematik ist nicht jedermanns Sache. Für etwas Ältere könnte das aber gut funktionieren!

Horror und ein Zombie mit Superkräften

Seit Jahren ist Levin Kurio mit seinen Weissblech Comics beim GCT dabei. Der Schleswig-Holsteiner aus Schönwalde ist dabei ein echtes Multitalent, denn er ist in den meisten Fällen nicht nur für den Text, sondern auch Zeichnungen und Farben zuständig! In der WC-Anthologienreihe Horrorschocker erscheinen seit mittlerweile 56 Ausgaben Stories im Stil der alten Klassiker die die Leser*innen das Gruseln lehren sollen. Seite kurzem hat Levin auch Spaß an Superheld*innen mit deutscher Provenienz gefunden, wenn auch natürlich mit einem eigenen Dreh: die Origin-Geschichte von Zombieman beweist seine Lust am Fabulieren.

(c) 2020 Levin Kurio

Eine Ankündigung sei gewagt: So niemand etwas dagegen hat wird es in absehbarer Zeit ein Weissblech-Horror-Spezial auf comix-online geben. Seid gespannt was dort geschrieben sein wird.

Die Superheld*innen-Universen von ASH, LDH und Trachtman

Eher klassische Wesen mit Superkräften gibt es einerseits bei Austrian Superheroes-ASH und Liga der Deutschen Helden-LDH. Mittlerweile tummeln sich dort schon richtig viele Figuren in dem vor fünf Jahren gestarteten Universum.

ASH präsentiert dabei in diesem Jahr Heldinnen! Jedes der Hefte besteht aus einer längeren Story in Fortsetzungen und ein oder mehreren Kurzgeschichten mit Fokus auf die einzelnen Figuren. Hier gibt es gleich vier davon: Diana ist eine Geschichte über das Wasserwesen Donauweibchen gezeichnet von Isa Griesenberger in einem sehr US-artigen Stil. Team Berlin erzählt warum Göre und LAN zusammenarbeiten. Dozerdraws hat dafür einen eher am animated-style orientierten Weg gefunden. In Wasserscharaden getextet von Eggy und gezeichnet von Dagmar Wyka treffen wir Donauweibchen wieder, die zusammen mit Lorelei Unsinn macht.

Schwestern von Eli Baum übt deutliche Kritik am Heimwesen der katholischen Kirche in sehr schönen Bildern. Graphisch sicherlich am herausragendsten in diesem Heft. Den Abschluss bildet eine Geschichte über Lady Heumarkt und die Liebe von Benedict Anatol Thill und Verena Loisel mit sehr verzerrten Zeichnungen, die ebenfalls aus der Masse herausstechen. Wenn nicht anders angegeben sind die Texte von Harald Havas, der es geschafft hat, ein ganzes Universum mit Leben zu füllen UND andere daran teilhaben zu lassen. Die Vielfalt allein in diesem Heft beweist, dass Superheld*innen auch künstlerisch vielfältig und divers sein können!

Daneben gibt es auch noch den bayerischen Superhelden Trachtman von Christoph Kloiber und Henning Mehrtens. Wer ist der Echte ist die titelgebende Frage, denn bei einem Besuch in Bamberg (was zu Franken gehört und damit bereits einen Auslandseinsatz für den Helden bedeutet) kommt es zu einer Wiederauferstehung eines 1628 auf dem Scheiterhaufen verbrannten Hexers der Rache nehmen will. Im Kampf mit ihm wird Trachtman durch die Alternativwelten geworfen und sammelt dort Kräfte von seinen anderen Inkarnationen ein. Die Szenarien sind mehr oder weniger witzig, herausragend ist jedoch der Craftbiergnom der den goldenen Hopfen stehlen will! Vielleicht eher lokal von Interesse, schon wegen der deutlichen Dialekt-Färbung.

Und dann war da noch Werner

Lang lang ist es her, dass ein langnasiger Motorradfahrer mit Vorliebe für Bier und Wortwitz seinen ersten Auftritt hatte. Seitdem hat Werner 13 Bände hingelegt, die alle bei Bröseline neu verlegt worden sind. Ausschnitte aus den Bänden 7 bis 12 gibt es in 2020, die früheren Bände waren bereits im letzten Jahr zu sehen. Die Zeichnungen und Kurzgeschichten von Brösel (d. i. Rötger Feldmann) sind platt, laden zu erhöhtem Bierkonsum und Arbeitsverweigerung ein und respektieren weder Ausbilder, Polizisten oder Nazis. Vielleicht waren die Bände deswegen in den Neunzigern mehr Hype als ein neuer Asterix und der Film und das Rennen haben sicherlich dazu beigetragen. Die Karawane ist längst weitergezogen, der Hype findet woanders statt, aber Werner ist immer noch da.

Dazu passen – extra für den Craftbiergnom – ein Josefs Dunkel aus der Josefs-Brauerei Bigge und natürlich deutsche Musik von The Frits aus Wattenscheid.

© der Abbildungen 2020 Gratis Comic Tag und den jeweiligen Verlagen und Künstler*innen

Adams/Rodríguez – Die Insel des Dr. Moreau

Die Insel des Dr. Moreau

Story: Ted Adams, Gabriel Rodríguez nach H. G. Wells

Zeichnungen: Gabriel Rodríguez

Originaltitel: The Island of Dr. Moreau 1 & 2

Panini Comics
Hardcover | 108 Seiten | Farbe | 25,00 €
ISBN: 
978-3-7416-1752-2

Herbert George Wells ist einer der Wegbereiter der modernen Science-Fiction und als solches ein Klassiker, viele seiner Werke sind aber zu Unrecht ein wenig in Vergessenheit geraten. Teilweise liegt das daran, dass der Stoff keine Adaption in bewegten Bildern erfahren hat, teilweise wahrscheinlich eher daran, dass die Kinoversionen nicht in der Lage waren, sich nachhaltig in das Gedächtnis zu spielen.

Die Insel des Dr. Moreau gehört sicherlich zu den Letzteren, denn an sich ist der Roman an Aktualität und Thematik sehr frisch! Wenn er wie in dieser Fassung dann auch noch leicht modernisiert daherkommt ist ein Bestseller eigentlich schon vorprogrammiert. Hmmh, zumindest hätte er das verdient!

Die Story

Ellie Prendick ist eine studierte Biologin, die sich 1896 nach einem Schiffsunglück irgendwo im Pazifik an das Ufer einer abgelegenen Pazifikinsel retten kann. Dort trifft sie auf einen abgehalfterten Säufer, Mr. Montgomery, einen von der Hochschule suspendierten Wissenschaftler, Dr. Moreau, und ein paar kapuzenbewehrte Angestellte. Schnell erinnert sie sich an die grausamen Experimente des Dr. mit Lebewesen, wegen denen er Europa hatte verlassen müssen und muss feststellen, dass er seine Experimente nicht nur fortgesetzt hat, sondern auch Kreaturen geschaffen hat, die halb menschlich, halb tierisch zu sein scheinen.

Während einige der Kreaturen sich dieser Situation scheinbar klaglos unterordnen und andere durch eine Quasi-Religion gehalten werden, scheinen andere mit ihrer Rolle unzufrieden zu sein. Durch das Auftauchen der Fremden wird nicht nur Montgomery zu einem sabbernden Etwas, auch die Wesen erkennen, dass sich Machtverhältnisse verschoben haben.

Kaum ein Roman dieser Zeit ist so aktuell, wenn es um die Grenzen des Machbaren geht. Überall greift die Menschheit durch Gentechnik in evolutionäre Prozesse ein, verändert oder zerstört die Umwelt und lässt ethische Diskussionen über die eigene Tätigkeit nicht mehr zu. Geändert wurde in dieser Adoption von Ted Adams und Gabriel Rodríguez lediglich das Geschlecht der Besucherin, die im Original noch männlich war. Dadurch kommt in der Graphic Novel eine weitere Konfliktschicht hinzu.

Das Artwork

Rodríguez hat fast die gesamte Geschichte im Doppelseitenlayout angelegt; die Leserichtung geht also immer von links nach ganz rechts und macht nicht wie üblich in der Mitte der Seite halt. Dadurch ergeben sich ungewohnte Bildmöglichkeiten, insbesondere für Landschaften im Panorama-Modus und für Ansammlungen von Geschöpfen. Die Zeichnungen sind sehr detailreich und erlauben sowohl rasante Action durch die Abfolge vieler Panels in einer Reihe als auch ruhig bei flächefüllenden Illustrationen. Die Ausgabe bietet dabei die seltene Möglichkeit, das gesamte Werk in seinen Bleistiftzeichnungen vor der Kolorierung zu betrachten, da diese ebenfalls enthalten sind.

Erst diese reinen Zeichnungen bieten die Chance, den Zeichner in Reinkultur zu sehen, denn gerade im amerikanischen Raum können inks and colours sowohl in positiver als auch in negativer Seite den ursprünglichen Künstler komplett verändern. In dem zusätzlich auch noch abgedruckten Interview darf Gabriel Rodríguez dann auch noch erklären, warum er sich für dieses innovative Layout entschieden hat und warum die Beiden diesen Stoff adaptiert haben.

Die Empfehlung

IDW ist aktuell einer der innovativsten Plätze im amerikanischen Comic-Business. Diese Literaturadaption ist dafür ein weiterer Beweis, denn sie vereinigt handwerkliches Können auf hohem Niveau mit der Auswahl relevanter Themen und sinnvollen Goodies wie Reinzeichnungen und Interview.

Auch die deutsche Ausstattung ist angemessen: Hardcover mit Glanzlackapplikation, größeres Format und festes Papier lassen den Preis von 25 € als der Wertigkeit entsprechend erscheinen. Definitiv ein Band auch für diejenigen, die sonst mit Material aus den USA nicht so viel anfangen können! Für mich einer der Kandidaten für die Jahresbestenliste: politisches Thema wie aktuell auch z.B. bei Schreiber & Leser und gut gemachte Science-Fiction und nicht nur für die Älteren, die H. G. Wells noch in der Schule gelesen haben.

Dazu passen alter Hardrock in neuen Schläuchen von Samantha Fish und ein Bier aus der inklusiven Josefs-Brauerei Bigge.

© der Abbildungen 2020 Panini Verlags GmbH / Ted Adams, Gabriel Rodríguez & Idea & Design Works, LLC

Zep – The End

Ein Ökothriller

Story: Zep
Zeichnungen: 
Zep

Originaltitel: The End

Schreiber und Leser

Hardcover | 96 Seiten | Farbe | 19,80 € |

ISBN:  978-3-96582-026-5

Vor Corona schien es nur ein Thema zu geben: Die drohende ökologische Katastrophe, ausgelöst durch den menschenverursachten Klimawandel und die daraus erwachsenden Folgen für die Menschheit. Jetzt ist die Mode vorbei und Viren, Verschwörungstheorien und Rassismus haben die aktuelle Medienhoheit. Trotzdem sollten wir uns nichts vormachen: Das Thema Ökologie wird uns weiterhin beschäftigen müssen.

Der in der Schweiz geborene Comickünstler Zep hat zwei Standbeine. Einerseits arbeitet er an seinem Millionenseller Titeuf für alle Altersgruppen, andererseits veröffentlicht er schon seit Längerem inhaltlich getriebene Graphic Novels. In The End fabuliert er eine Antwort der Natur auf das Ausbleiben des Wandels.

Die Story      

Die Dystopie beginnt romantisch mit einem Liebespärchen in der Natur, doch schon nach wenigen Augenblicken sind die beiden tot und es liegen noch weitere Leichen herum – Szenenwechsel: Ein Praktikant tritt seine Stelle bei einem leicht verschrobenen Wissenschaftler in Schweden an. Dieser ist nicht nur ein Liebhaber der Doors (und der Titel ist auch eine Reminiszenz daran) sondern glaubt, eine Eigenart der DNA aller Bäume entdeckt zu haben. Seiner Meinung nach speichern alle Bäume die gesamte Geschichte der Erde in ihrer DNA, löschen diese aber, wenn Menschen dem Baum zu nahekommen. Er konnte diesen Fund nur in einem vor Millionen Jahren tiefgefrorenen Baum nachweisen.

Er geht weiter davon aus, dass Bäume miteinander kommunizieren und dafür sowohl Gase als auch Pilze nutzen. Die Bäume seien sogar so etwas wie die Hüter der Erde. Natürlich wurde er dafür angefeindet und hat schließlich seinen Lehrstuhl verloren. Leicht verbittert arbeitet er in der schwedischen Einsamkeit weiter an seinen Ideen.

Der Praktikant findet im Wald unbekannte Pilze und versucht, diese auf die nahegelegene Chemiefabrik zurückzuführen. Er selbst war früher Aktivist einer Öko-Gruppe und scheut den Einsatz unerlaubter Mittel nicht. Tatsächlich schlägt wie so oft Ökonomie Ökologie und so gibt es genügend illegale Entsorgungen. Wird die Natur zurückschlagen?

Das Artwork

Die meisten Bilder bestehen nur aus einer Farbe, schwarzen Konturen und manchmal weißen Flächen. Die dadurch erzeugte Stimmung passt perfekt zu dem Thema, zumal die Farben mit ihren Erdtönen bzw. dem gewählten Grün der Natur entsprechen. Die Zeichnungen sind dabei durchaus realistisch, allerdings durch die Kolorierung sehr zurückhaltend. Da die einzelnen Bilder keine Rahmen haben wirkt das Ganze dabei sehr luftig und „natürlich“ im Gegensatz zur menschgemachten „Ordnung“.

Im Gegensatz zu manchem post-Katastrophen-Szenario steht hier im Übrigen die Action nie im Vordergrund! Die Schockeffekte wirken auch ohne Gewalt und die Erklärung ist durchaus einleuchtend. Natürlich kann man der Story von Zep vorwerfen, etwas esoterisch zu sein, aber auch dafür gibt es eine lange Tradition zu der unter anderem der im Werbetext genannte Mega-Roman „Herr der Ringe“ gehört. Bäume sind schließlich nicht die schlechtesten Erdretter! Und tatsächlich erweisen sie sich auch in gewisser Weise als fair!

Kurzum: Top Tipp für alle, die über Corona den Klimawandel nicht vergessen haben, für alle, die gut gemachte Science-Fiction mögen und für alle, die eine spannende Story abseits ausgetretener Pfade lieben! Die Ausstattung im Hardcover mit schwerem Papier tut ihr übriges!

Dazu passen ein nachhaltig angebauter Wein und ein Album von Pole, etwa „2“. Natürlich mag der Eine oder die Andere auch die Doors auflegen wollen…

© der Abbildungen 2020 Verlag Schreiber & Leser / 2019 Rue de Sèvres, Paris

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