Es ist schon eine Weile her, dass deutsche Kioske und selbst Supermärkte eine ganze Reihe an Comicheften in den Auslagen hatten. Neben den üblichen DC- und Marvel-Titeln kamen dabei erstmals in größerer Anzahl Image-Serien in deutscher Übersetzung auf den Markt. Davon ist mit wenigen Ausnahmen nicht viel übriggeblieben, sieht man mal vom Dauerbrenner Spawn ab.
Ein Cop mit Finne
Erik Larsen ist neben Todd MacFarlane einer der Gründer von Image Comics, einem Zusammenschluss von Künstler(*innen) mit dem Ziel, die Rechte an den Charakteren nicht den Verlagen zu überlassen. Seine Schöpfung ist ein Mutant, eben jener Savage Dragon, der ohne Erinnerung inmitten eines Feuers gefunden wird. Seine Originstory durften wir in Heft 1 mitverfolgen.
Die reguläre Heftserie setzt zeitlich danach an: Der grüne Held mit Finne ist Polizist und bekommt Unterstützung von immer mehr anderen Mutant*innen. Während die meisten sich nicht auf der Seite des Gesetzes sehen, gibt es doch immerhin ein paar „vernünftige“. Leider sind jedoch dadurch weder Vorurteile noch sinnlose Regularien beseitigt (Welcher Superheld möchte schon in Polizeiuniform kämpfen?).
Also muss der Held wieder zum Einzelkämpfer werden. Trotzdem wird er in unzählige Kämpfe verwickelt. Gleichzeitig versucht er aus dem veränderten Verhalten seines Freundes und Förderers schlau zu werden. Es sieht so aus, als ob dieser das Vertrauen verloren hätte und den Supercop bewusst dorthin schickt, wo keine Action zu erwarten ist.
Geballte Action!
Natürlich steht bei dieser Art von Comic die Action im Vordergrund! Während andere Serien dieses Verlages durchaus leicht bekleidete Kämpferinnen präsentierten, ist Erik Larsen da deutlich zurückhaltender! Seine Splashpages eignen sich daher nicht als Pin-Up für pubertierende Jugendliche, sind aber actiongeladen und sehenswert.
Als Gaststars treten die Teenage Mutant Ninja Turtles auf, die bei Splitter übrigens ebenfalls gerade ihr Comeback feiern. Larsen liebt die ganzseitige Illustration und diese wiederum lieben das große Magazin-Format bei Zauberstern!
Geballte Superpower
Image-Comics waren nicht nur Creator-owned, ihre Held*innen räumten auch mit den etwas verschnarchten und formelhaft erstarrten traditionellen Superheld*innencomics auf. Die Action wurde realistischer, Kämpfe führten zu Blessuren und die heile Welt wurde wieder zur Illusion.
Wer das mag, wird Savage Dragon lieben, vor allem da diese Serie den Weg über den Teich bisher nicht gefunden hatte. Und immerhin wird ja nicht nur geprügelt, es geht auch um das Seelenleben der Protagonisten und ihre Sorgen.
Im Hintergrund läuft die neue Platte von Cock Sparrer („With My Hand On My Heart“).
Heft Din A 4 | 92 Seiten | Farbe | 9,00 € ISSN: 1438-2792
Die Osterglocken sprießen schon, die Bäume fangen an zu blühen und Allergiker*innen bekommen die Pollen zu spüren. Alles das passiert deutlich früher als noch vor ein paar Jahren. Vielleicht hat ja doch jemand etwas geweckt, was wir jetzt nicht mehr los werden? Wahrscheinlicher aber ist alles hausgemacht. Außerdem sind jetzt die Ergebnisse der ZACK-Serien-Umfrage da: Tadahhh: Erneut macht Rick Master das Rennen, Rani und Tangui & Laverdure folgen.
Die Neustarts
Das Heft startet mit Band 6 der Reihe Harmony: Metamorphosis. Azhael, der lange in Schach gehaltene dunkle Dämon, scheint befreit, hat allerdings noch nicht zu alter Macht zurückgefunden. Während zwei der Kinder, Eden und Payne, gefangen gehalten werden, versuchen Karl und Harmony sich vor ihren Häschern zu verstecken. Spannende Mystery-Serie von Mathieu Reynès in modernem Stil, die auch das Cover des Heftes ziert.
Ebenfalls zurück auf diesen Seiten ist Aleksis Strogonov. Der junge Mann hatte vor den Bolschewiken fliehen können und ist nun in einem Güterzug mit anderen Flüchtlingen auf dem Weg nach Deutschland. Er schafft es, nicht zurückgeschickt zu werden, ja, er wird sogar in einer Wohnung von einem Deutschen in Berlin untergebracht. Leider muss er feststellen, dass sein Kumpel alle um ihn herum gnadenlos belügt. Kino ist die zweite Folge der Serie nach einem Szenario von Jean Regnaud und mit Zeichnungen von Émile Bravo. Es ist klar, dass die Lügen böse Folgen haben werden.
Die Fortsetzung
Die Flintenweiber werden wegen eines Diebstahls eines mächtigen Ringes einer Elfenherrscherin von mehreren Organisationen verfolgt. Diesen Ring hatten sie in der ersten Folge von Band 3, Das Geheimnis der Elfe, an Inspektor Truchard übergeben. Leider scheint es eine Fälschung gewesen zu sein und schon wieder sind die Heldinnen der Gefahr der Festnahme und Schlimmeren ausgesetzt. Rasante Jagd in einer bunten Welt nach einem Text von Pierre Pevel mit Zeichnungen von Étienne Willem. Mehr aus dieser Welt auch im Paris der Wunder. Die Serie hat es meiner Meinung nach zurecht in die Top 10 geschafft!
Die Abschiede
Gleich drei Serien beenden ihren Auftritt: Den Anfang macht Michel Vaillant, der mit Platz 4 das Treppchen wieder knapp verfehlt hat. Seine Geschichte in Amerika, die mit Pikes Peak begonnen hatte und nun in Cannonball fortgesetzt wurde, endet mit einem dramatischen Cliffhanger der quasi aus dem Nichts kommend eine neue Partei in das Spiel bringt. Spannend, modern und mit Zeichnungen von Marc Bourgne & Olivier Marin, die jede*n Technikbegeisterte*n erfreuen dürften! Denis Lapière hat seine Neuinterpretation des klassischen Helden als ansprechende Mischung aus Rennsport, Krimi und Soap angelegt, die ein sehr filmisches Konzept verfolgt! Zudem ist die Verbindung der einzelnen Bände, die quasi wie Kapitel einer längeren Storyline funktionieren und doch eigenständig verständlich sind, auf der Höhe der Zeit des sequentiellen Erzählens.
Weniger traurig dürften viele Leser*innen darüber sein, dass MADI von Alex de Campi & Duncan Jones zunächst wieder aus dem Heft verschwindet. Das Projekt ist einerseits inhaltlich sehr komplex und liegt andererseits auch stilistisch nicht unbedingt im „Zielkorridor“ der Fans, ist es doch very british. Trotz allem wird die Serie fortgesetzt werden und verdient einen zweiten Blick!
Ihr endgültiges (vorläufiges?) Ende hat dagegen Sauvage erreicht. Die Geschichte über die in Mexiko stationierten und kämpfenden französischen Truppen findet ihr logisches Ende mit dem Abmarsch der Truppen. Der Held, Felix Sauvage, entschließt sich allerdings, die Armee zu verlassen und in Nordamerika zu bleiben. Dort trifft er erneut auf Black Calavera, eine Tänzerin von etwas zweifelhaftem Verhalten. Felix Meynet zeichnet auf jeden Fall unverwechselbar, das Szenario von Yann braucht sich nicht hinter anderen Westernserien zu verstecken!
Und sonst?
Natürlich gibt es wieder Gag-Seiten von Grott & Bott sowie von Parker & Badger. Letztere haben es sogar in die Top Ten der Serien geschafft. Dazu kommen ein Interview mit Jamiri, ein Beitrag über eine kurze Zeitspanne im Leben von Jonathan Lassiter vom Verfasser dieser Zeilen und natürlich der Rückblick auf das ZACK vor 50 Jahren.
Dazu passen Cock Sparrer mit ihrer neuen Single „With my Hand on my Heart“ und ein erstes Frühlingsbockbier.
Liesel Van Helsing ist eine Verwandte des berühmten Vampirjägers. In der Zenescope-Welt ist sie nicht die Einzige, die Vampire, Monster und Ähnliches jagt. Ihr zur Seite stehen ihr Geliebter, der Gott Hades, und weitere Mitstreiterinnen wie Robyn Hood, die teilweise eigene Serien haben, sich in Crossovern aber immer wieder begegnen. Der Plan von Zauberstern ist, zumindest die VH-Miniserien chronologisch und komplett zu veröffentlichen.
Vampire und Monster
Zunächst wird die Serie (siehe VH2) um den allermächtigsten aller Vampire, Dracula, abgeschlossen. Dieser hatte Liesels Vater in einen Blutsauger verwandelt und sich an den daraus erwachsenen psychologischen Qualen erfreut, muss nun aber im Kampf gegen Van Helsing und Hades bestehen.
Danach folgen die ersten drei von fünf Teilen der Miniserie, die … gegen Frankenstein betitelt ist. Wer nun aber tatsächlich den Wissenschaftler erwartet, oder aber wenigstens seine Kreatur, wird enttäuscht sein. Es geht allerdings darum, dass eine befreundete Kämpferin und Wissenschaftlerin ihren Mann, der im Kampf gegen den Mottenmann schwer verletzt wurde, retten möchte und etwas nicht wirklich Beherrschbares erschafft.
Die erste Serie diente der Einführung der Figuren, die zweite hatte eine ganz angenehme Mischung aus Humor und Action. Der Kampf gegen die Monster hat zwar ein paar Horrorelemente und stellt die Frage nach den Grenzen des Erlaubten, setzt aber meiner Meinung nach zu sehr auf spitze Zähne und Geifer. Da es sich um wechselnde Teams handelt, ist allerdings glücklicherweise davon auszugehen, dass das in Zukunft wieder anders werden wird.
Zähnchen
Bei Serien mit weiblichen kämpfenden Protagonistinnen ist es immer wieder erstaunlich, welche Vorstellungen Zeichner von praktischen, funktionalen Kampfoutfits haben. Wie gut, dass sie nicht selbst darin antreten müssen. Davon abgesehen, mag Leonardo Colapietro augenscheinlich spitze Zähne, triefenden Geifer und Momentaufnahmen ultraschneller Kampf-Bewegungen. Wer auf dergleichen steht, wird hier reichlich Freude finden.
Action
Das Zenescope-Universum verwebt zahlreiche Serien um monsterjagende Held*innen in einer Welt, die einerseits sehr modern und urban ist, andererseits aber auch mittelalterlich anmutende Vampirhöhlen und Monster in Zirkuskarussells erlaubt. Sie reiht sich daher mühelos in ähnliche Welten bei image oder etwa Buffy ein. Für mich macht das großen Spaß, wenn und solange ein wenig Soap-Opera damit verknüpft ist und nicht nur immer größere Monster hervorgezaubert werden.
Das war hier bisher der Fall und somit steht einer Empfehlung eigentlich nichts im Wege 😊 Dazu gibt es wieder ein Poster sowie zwei ganzseitige Abbildungen.
Dazu passen Madness („Round We Go“) und ein Primitivo aus Madurien.
Der Wandelnde Geist kann nicht nur nicht getötet werden, da jeweils ein Sohn das Geschäft seines Vaters übernimmt und den Mythos erhält, er hat auch eine bewegte Reise durch die unterschiedlichen Comic-Verlage hinter sich. 1988 hatte er bei DC Halt gemacht. Heft 10 enthält die komplette Mini-Serie als Deutsche Erstveröffentlichung!
Geschichte wiederholt sich (nicht)
Von Zeit zu Zeit kommt es vor, dass nicht nur die „Guten“ eine Traditionslinie begründen, sondern auch ihre Gegner. Bei normalen Lebewesen spricht man dann von Erzfeind*innen, die immer wieder kehren, oder aber von Organisationen. Diese mögen ihre führenden Köpfe verlieren, sie wachsen aber (leider, allerdings zum Vergnügen der Leser*innen) immer wieder nach.
Die Miniserie erzählt zweigleisig von sich wiederholenden Ereignissen. Zunächst einmal sind da die potentiellen Nachfolger ihres Vaters in der Reihe der Träger des Phantom-Kostüms, die heimlich in dem Buch der Geschichte stöbern und die Aufzeichnungen ihrer Vorgänger studieren. Auf der anderen Seite steht die Familie Chessman, die zunächst in ihrer Inkarnation als Piraten dem 13. Phantom das Leben schwer gemacht haben. In der Jetztzeit ist es wieder so weit. Die Familie besitzt ein Konglomerat aus mehr oder weniger legalen Unternehmungen und kreuzt erneut die Wege und die Klingen mit dem Kämpfer für Gerechtigkeit.
Joe Orlandos Interpretation des Phantom
Joe Orlando war einer der ganz großen des US-Comic-Business. Seine Karriere hatte bei EC begonnen. Über Warren und Marvel kam er zu DC, wo er bis zum Vice President aufstieg. Seine Wurzeln im Horror-Comic lassen sich aus seinen Pencils für das Phantom noch gut herauslesen. Der Dschungel (egal ob grün oder grau) hat fast schon eine eigene Persönlichkeit und drückt Gefahr aus. Seine Personen sind fast immer teilweise im Schatten.
Orlando unterstützt dabei die Parallelität der Geschichten und ermöglicht über die Teile hinweg eine immer mehr steigende „Suspense“, die auch durch die Heftwechsel (im Original erschien die Story in 4 separaten Teilen) nicht beeinträchtigt wird. Klassischer US-Style der 80-er und damit natürlich auch für z. B. Batman-Fans interessant!
Die Mischung machts!
Die Phantom-Reihe aus dem Zauberstern-Verlag unterscheidet sich von den zur Zeit drei anderen aktuellen Veröffentlichungen durch die Vielfalt des präsentierten Materials. Natürlich riskiert man dabei, dass jeweils eine Fraktion erklärt, mit diesem Heft nicht ganz glücklich zu sein. Man erschafft aber eine breite Basis, die das wirtschaftliche Überleben (und damit das weitere Erscheinen) sichert! Zudem dürfte die breite Masse zufrieden über die Abwechslung sein.
Das Format sichert eine gute Lesbarkeit, insbesondere wenn schreibschriftähnliche Fonts auf farbigem Hintergrund benutzt werden! Aufgrund der etwas längeren Story fallen in diesem Heft Werbeanzeigen, Poster und Leser*innenseite weg.
Dazu passen The Jam („When You’re Young“) und ein Potts alkoholfreies Weizen.
Heft Din A 4 | 92 Seiten | Farbe | 9,00 € ISSN: 1438-2792
2024 scheint das Jahr werden zu wollen, das „die Straße“ in das Bewusstsein zurückholt. Die Bahn war das erste Opfer der zu erwartenden Streiks, die Bauern blockierten alles Mögliche mit ihren Treckern und schließlich ging eine täglich größer werdende Anzahl von Menschen mal nicht für Individualinteressen auf die Straße, sondern zur Verteidigung der Demokratie! Welch ein Lichtblick!
Der Neustart
Die Flintenweiber zieren nicht nur das Cover dieser Ausgabe, auch Band 3 der Serie, Das Geheimnis der Elfe, nimmt seinen Anfang. Pierre Pevel beginnt die neue Geschichte mit einem ruhigen Rückblick. 1911 löst die Anwesenheit von Bewohner*innen der Anderswelt kein Erstaunen mehr aus. Der Raub des Siegelringes ist allerdings immer noch ungeklärt, die verschiedenen Mächte sind weiter auf der Suche nach ihm und die Rachegelüste gegenüber den Diebinnen sind noch ungestillt. Étienne Willem darf daher gleich wieder zur Action übergehen und die Vorbereitung einer Hinrichtung zeichnen. Liebevolle Zeichnungen mit viel Spaß im und am Detail in einer spannenden Story!
Die Fortsetzungen
Das Science-Fiction-Projekt MADI von Alex de Campi & Duncan Jones geht bereits in die sechste Runde. Die Flüchtenden müssen dringend zu Geld kommen und es besteht die Hoffnung, dass Dean seine besonderen Kräfte einsetzen könnte. Allerdings erlaubt das den Verfolgern auch, die Spur wiederaufzunehmen … Es war einmal in der Zukunft wird dieses Mal gezeichnet von James Stokoe, der eine extrem detailreiche Bebilderung in Bonbon-Farben anbietet. Spielhölle mal anders!
Eigentlich wollte Michel Vaillant nur ein nicht wirklich legales Rennen quer durch die USA gegen einen Blogger fahren. Cannonball, so der Name, entwickelt sich jedoch ganz anders als klar wird, dass Terroristen das Auto gehackt haben und das Unterschreiten einer bestimmten Geschwindigkeit eine Bombenexplosion auslösen wird. Ein Patch kann jedoch nicht online eingespielt werden. Wird es Steve Warson gelingen, mit einem USB-Stick in den dahinrasenden Wagen einzusteigen? Packende Action von Dennis Lapière mit sehr untypischen Rennszenen von Marc Bourgne & Olivier Marin.
Felix Sauvage konnte entkommen und darf somit hoffen, die Informationen über einen bevorstehenden Angriff noch rechtzeitig übermitteln zu können. Bevor es so weit ist treffen wir aber an einem Lagerfeuer Frauen wieder, die den meisten Leser*innen klassischer frankobelgischer Western sehr bekannt vorkommen dürften. Félix Meynet gelingt damit in Black Calavera eine sehr nettes Pastiche. Die weiteren Bilder sind dann eher Schachtengetümmel und Explosionen.
Der Abschied
Der erste Band von Libertalia, Triumph oder Tod, geht in diesem Heft zu Ende. Die Überlebenden landen an einem Strand des Indischen Ozeans, um dort ihre Kolonie zu gründen, müssen allerdings noch eine letzte tödliche Prüfung überstehen. Fabienne Pigière & Rudi Miel haben eine modernes Piratenabenteuer geschrieben, das etwas andere Akzente setzt, gleichfalls aber die Erwartungen an dieses Genre erfüllt. Die detailreichen Zeichnungen von Paolo Grella passen dazu, sogar besser als zu Bob Morane. Man darf auf den nächsten Band gespannt sein.
Und sonst?
Die Gag-Seiten von Grott & Bott, Parker & Badger und Tizombi beschäftigen sich wie immer mit Alltagsproblemen und ihren ungewohnten Auswirkungen. Erstaunlicherweise beschweren sich viele Leser*innen, wenn die Serien aus irgendwelchen Gründen fehlen, vergeben aber eher abwertende Noten. Nun ja, für mich gehören sie als Pausenprogramm dazu, haben aber auch ihren eigenen Reiz!
Den Reigen beschließen ein Interview zum Mord im Orient-Express und eines mit Dino Attanasio zu seinem Schaffen, ein Bericht über das Gold der Belgier in der ZACK-Edition sowie der Rückblick auf das ZACK vor 50 Jahren. Weiter so!
Dazu passen Duffy mit ihrer Version von „Tainted Love“ und ein Oberdorfer Helles.
Zauberstern Mastermind Simeon Hrissomallis hatte schon als Mitarbeiter beim damaligen Infinity Verlag währen des ersten deutschen Heftchen-Booms dafür geworben, diese Gründerserie des image-Verlages nach Deutschland zu holen. Nun, es hat ein paar Jahrzehnte gedauert, aber jetzt mögen die Spiele beginnen:
Freaks are bad? Not always!
Savage Dragon ist eine etwas andere Superheldenserie. Typischerweise gibt es ein paar Held*innen die Bösewichte mit oder ohne Superkräfte zur Strecke bringen. Hier sind es eher die guten Jungs, die auf die Mütze bekommen. Einer der Freaks mit Superkräften fragt dann auch ziemlich unverblümt, warum man sich an Regeln halten solle wenn man doch auch so alles haben könne. Der superstarke Mann ohne Namen mit der grünen Haut und der Finne auf dem Kopf kann sich an nichts erinnern was ihn selbst und seine Vergangenheit angeht. Er wird inmitten der Überbleibsel eines Brandes gefunden, gepflegt und überredet, der Polizei Chicagos beizutreten.
Obwohl er das zunächst nicht will, lässt er sich doch überzeugen und kämpft von diesem Moment an gegen eine Vielzahl von Superwesen, die sich dem Bösen zugewandt haben. Als Held erfährt er einerseits Verehrung und Achtung, nicht nur von Kolleg*innen, sondern auch von jungen Frauen. Er erlebt aber auch den alltäglichen Rassismus, der in den USA allgegenwärtig ist. Einem seiner Kollegen der entsprechend auftritt macht er sehr deutlich, dass von einem Polizisten als Vertreter von Recht und Ordnung ein Verhalten erwartet wird, das tadellos ist!
Dieses erste Heft enthält die komplette Miniserie The Dragon. Diese erzählt die Origin des Helden. Geplant ist, in einem zweimonatlichen Rhythmus alle anderen Abenteuer des grünen Muskelberges zu veröffentlichen, dann allerdings wieder mit 100 Seiten.
Creator owned and long lasting!
Erik Larsen hat anders als einige seiner Gründungskollegen bei image nicht auf Nummer Sicher gesetzt, sondern einen Charakter aus der Schublade geholt, den er schon als Jugendlicher entwickelt hatte. Sein Zeichenstil ist explosiv, Splashpages sind nicht nur zu Anfang des jeweiligen Heftes zu finden und die Soundwords sprengen fast den Seitenrahmen. Zwar kann Larsen auch ruhig, die Action ist aber nie weit entfernt.
Da mittlerweile mehr als 260 reguläre Ausgaben der Serie erschienen sind – zu denen noch diverse Miniserien kommen – ist nicht zu erwarten, dass der Stoff in Kürze ausgehen wird.
Endlich!
Die Rückkehr der Helden bringt neben Klassikern wie Flash Gordon und Phantom auch neue Serie auf den deutschen Markt. Zunächst sind das Van Helsing und Savage Dragon. Das Prinzip, alle zwei Monate ein Din-A-4-großes Heft auf den Markt zu bringen, scheint sich einzuspielen. Umso besser!
Limitierte Ausgabe
Für Fans enthält die erste Nummer ein Poster in der Heftmitte, das sich entnehmen lässt, ohne die Story zu beschädigen und das Artwork der Originalcover. Für die Zukunft wird wieder eine Seite mit Leser*innenzuschriften geplant! Zudem gibt es eine limitierte Ausgabe.
Dazu passen New Model Army („I did nothing wrong“) und ein American Porter.
Die Abenteuer des wohl bekanntesten klassischen amerikanischen Science-Fiction Helden gehen weiter. Der Zauberstern Verlag folgt in seinen Serien zwei unterschiedlichen Konzepten: Flash Gordon und Phantom enthalten Material aus diesem Jahrtausend und gleichzeitig klassische Stoffe, die bisher nicht auf Deutsch erschienen sind, Van Helsing, Mikros und Savage Dragon bringen die jeweiligen Serien fortlaufend.
Das Böse ist immer und überall …
… war eine nette Textzeile aus einem deutschen Titel der 80-er. Die moderne Story Zeitgeist, die im Original bei Dynamite erschienen ist, kombiniert den klassischen Stoff, der quasi neu erzählt wird, mit dem Bösen, das auf der Erde zumindest im 20. Jahrhundert durch die Nazis und Adolf Hitler verkörpert worden ist. In einer an Computerspiele angelehnten Grafik unterstützen die bekannten Handelnden Menschen jüdischen Glaubens gegen die kombinierten Angriffe von Ming und Nazis, während auf Mongo Flash Gordon, Dale und Zarkov versuchen, den Tyrannen zu bekämpfen.
Der zweite Teil des Heftes bringt fortlaufende Geschichten aus der amerikanischen Heft-Serie aus dem Jahr 1967.
Inhaltlich sind die Geschichten sehr gleichwertig, zeichnerisch stechen die Zeichnungen von Al Williamson heraus! Wer klassische amerikanische Comics liebt, die sich an Zeitungsstrips orientieren, wird hier auf jeden Fall zuschlagen wollen! Für Fans enthält das Heft nicht nur eine Karte von Mongo, sondern auch zwei klassische Heft-Cover als Abbildungen.
Der Klassiker in Serie
Weit bevor Science-Fiction durch Star Trek und Star Wars neu definiert worden war, dominierten Held*innen von Edgar Rice Burroughs oder Hans-Rudi Wäscher den Markt. Ihr Erfolg wurde weltweit nur noch getoppt durch Flash Gordon (und seine Nachahmungen). Dementsprechend schön ist es, dass die Serie jetzt auch endlich wieder auf Deutsch erscheint und viele der noch fehlenden Klassiker erhältlich werden. Die Purist*innen werden sich aufregen, dass „der moderne Krams“ nicht dazu passt, andere werden sich über das „alte Zeugs“ beschweren. Ökonomisch gesehen macht es Sinn, beide Zielgruppen zu vereinen!
Dazu passen Madness („Shut Up“) und ein Mönchshof Kellerbier.
Über die „alte“ Marcinelle-Schule und die Stars des Spirou-Magazins wie Franquin, Peyo oder Morris ist schon viel geschrieben worden, auch in der Reddition. Die Künstler prägten den frankobelgischen Comic über Jahrzehnte und hatten einen großen Anteil daran, die Kunstform zu etablieren. Spirou hatte jedoch einen weiteren Höhenflug Ende der 70-er bis Ende der 80-er Jahre, der wesentlich zu der heutigen Wahrnahme von Comics beigetragen hat, denn diese werden nicht mehr (nur noch) als Kinderkram betrachtet.
Die Voraussetzung
Jede lebendige Gemeinschaft von Künstler*innen benötigt ein Umfeld, das Kreativität ermöglicht und fördert und Neues ausprobieren möchte. Zwei Dinge sind dafür essenziell: ein Redaktionsleiter, der junge Talente erkennt, um sich versammelt und ihnen den Rücken stärkt, und ein Medium, das wahrgenommen wird. Das Spirou-Magazin hatte wie alle Comic-Journale an Auflage verloren. Die Kundschaft hatte zwar weiterhin ein großes Budget zur Verfügung, verteilte dieses aber auf eine größere Bandbreite. Trotzdem verkaufte das Magazin noch zwischen 125.000 und 200.000 Exemplaren pro Woche und war damit alles andere als ein Nischenprodukt.
Als Herausgeber, der für die inhaltliche Ausrichtung verantwortlich war, fungierte zunächst Alain De Kuyssche, später ein Kollektiv, aus dem dann nur noch Phillipe Vandooren übrigblieb. De Kuyssche war derjenige gewesen, der das Heft für junge Talente geöffnet hatte und auch denen Publikationsfläche bot, die noch keine Stars waren. Diese Zeit wird von Volker Hamann und Roland Mietz ausführlich einführend beschrieben.
Die Stars
Dem folgen – wie langjährigen Leser*innen der Reddition bekannt – sehr ausführliche Artikel zu den einzelnen Künstlern, von denen heute die meisten zu den Stars der aktuellen Szene zählen. Tome & Janry gehören dazu, die nicht nur die namensgebende Serie „Spirou“ revolutioniert haben, sondern mit „Der kleine Spirou“ auch das Thema der leicht anstößigen Gags in die Zeitschrift für Kinder gebracht haben (Michael Hein). Falk Straubs Artikel über Frédéric Jannin würdigt einen hierzulande eher unbekannten Künstler bevor erneut Volker Hamann auf Frank Pé eingeht. Dieser hat nicht nur die Darstellung von Tieren im Comic auf ein neues Niveau gehoben und mit Jonas Valentin einen Bestseller kreiert, sondern auch mit Die Bestie dem Marsupilami eine erwachsene Version an die Seite gestellt.
Stefan Schmatz darf dann sowohl Yann & Conrad und ihre Helden ohne Skrupel vorstellen als auch den beiden eigene Artikel widmen, die ihre nicht mehr gemeinsame Zeit beschreiben. Yann ist einer der vielseitigsten und erfolgreichsten Szenaristen, Conrad als der Asterix-Zeichner der kommerziell wohl erfolgreichste aktuelle Zeichner.
Auch Bernard Hislaire, am bekanntesten wohl durch Sambre, erhält einen Artikel von Jan Raidner. Den Abschluss macht erneut Volker Hamann mit einem ausführlichen Artikel über Frank Le Gall, den Schöpfer von Theodor Pussel. Von diesem Zeichner stammt auch die Beilage für Abonnent*innen der Reddition, die die Geschichte „Jahresende“ als Sonderdruck erhalten. Zum festen Repertoire der Zeitschrift gehören die ausführlichen Comicographien, die dieses Mal den Serien Jonas Valentin und Theodor Pussel gewidmet sind.
Ein kompetenter Überblick
Mittlerweile gibt es für Comic-Fans viel mehr Möglichkeiten, sich zu informieren. Das Netz ist immer nur einen Klick entfernt und selbst fremdsprachige Artikel lassen sich schnell zumindest so weit übersetzen, dass man den Sinn erahnen kann. Ein so umfassender Überblick wie in den Dossiers der Reddition erfordert dagegen schon sehr viel mehr Mühe, will man das Ganze selbst erledigen. Insofern ist ein Magazin (mit dieser Ausrichtung) unverzichtbar!
Geballte Sachkompetenz, lesbar aufbereitet und ausführlich illustriert zu Themen, die für Comic-Fans immer interessant sind, ist durchaus ein Alleinstellungsmerkmal! Aus diesem Grund taucht die Reddition auch regelmäßig in der Jahresbestenliste von comix-online auf! 24 Euro im Jahr sind für diesen Quell der Information inklusive eines limitierten Goodies absolut angemessen. Ein Abo ist allen zu empfehlen!
Dazu passen Ian Dury and the Blockheads mit „Hit me with your Rhythm Stick” und ein Herrnbräu Tradition.
Heft Din A 4 | 92 Seiten | Farbe | 9,00 € ISSN: 1438-2792
Ein neues Jahr, ein neues Glück oder so ähnlich … Comix-online wünscht allen aus der Generation ZACK ein frohes Neues Jahr!
Auf jeden Fall solltet ihr an der Wahl der ZACK-Serie des Jahres 2023 teilnehmen. Das geht entweder über den im Heft abgedruckten Coupon oder online. Ich bin gespannt, wie das Voting ausfällt, habe ich doch meine klaren Favoriten!
Die Fortsetzungen
Felix Sauvage ist ein französischer Hauptmann, der seine Klappe nicht halten kann. Dementsprechend wird er auf ein Himmelfahrtskommando geschickt, zusammen mit seinem Rivalen Hugon. Dieser wird schnell als Spion enttarnt, es droht ihm somit die Exekution. Black Cavalera ist eine sehr spannende Geschichte aus einem eher unüblichen Teilbereich des Western-Comics von Yann, unverwechselbar in Szene gesetzt von Félix Meynet. Die Kolorierung ist allerdings Geschmackssache. Die Serie ziert das Januar-Cover.
Die zweite Staffel von Michel Vaillant ist bereits bei Band 11 angekommen, Cannonball ist ein (illegales) Straßenrennen quer durch die USA zu dem Michel von einem bekannten Blogger herausgefordert worden war. Mittlerweile ist klar, was mit den Autos während des nächtlichen Überfalls kurz vor dem Start passiert ist: Der Wagen wurde gehackt und Michel wird gezwungen, sich an einem Anschlag zu beteiligen. Die (von Marc Bourgne & Olivier Marin tadellos umgesetzten) Rennszenen dienen Dennis Lapière erneut nur dazu, einer viel größeren Geschichte einen tollen Rahmen zu geben. Vielleicht mehr Netflix als Jean Graton, aber eine echte Bereicherung!
Madi ist ein Science-Fiction-Projekt von Alex de Campi & Duncan Jones. Es war einmal in der Zukunft berichtet von Menschen, die ihren Körper optimieren und sich teilweise als Söldner verdingen. Das bedeutet jedoch ständige online-Verfolgbarkeit, die zumindest dann sehr hinderlich ist, wenn man nicht nach fremden Regeln spielen möchte. Durchaus spannende Geschichte, die durch den Stilmix herausfordert. Die aktuellen Teile stammen von Pia Guerra & Matt Wilson sowie Glen Fabry & Adam Brown. Möglicherweise ist das Ganze zu „englisch“ für die frankobelgisch geprägte ZACK-Leser*innenschaft. Ich bin gespannt auf die Jahreswertung!
Libertalia erzählt die Geschichte von Freiheit und dem Mut zu Veränderungen angesichts von untragbaren Verhältnissen. Der gesuchte Olivier Mission ist der letzte überlebende Offizier auf seinem Schiff und übernimmt das Kommando, die Gefahren für Leib und Leben der Besatzung enden damit aber keinesfalls. Fabienne Pigière & Rudi Miel lassen sich in Triumph oder Tod Zeit, die Seefahrt und ihre Herausforderungen zu beschreiben und gleichzeitig auf die Verfehlungen des Adels einzugehen. Ihre klare Wertung wird von Paolo Grella sehr detailverliebt umgesetzt. Stilistisch liegt Libertalia irgendwo zwischen Sauvage und dem klassischen frankobelgischen Stil.
Der Abschied
Der erste Teil von Movie Ghosts geht zu Ende. Wird Jerry Fifth es schaffen, seiner Geliebten, einem Geist, die Ruhe zu schenken, die sie braucht, um Hollywood endlich verlassen zu können? Dafür muss er zunächst aber selbst am Leben bleiben was durchaus nicht einfach ist! Stephen Desberg hat mit Sunset … und weiter ein weiteres Mal seine Vielseitigkeit bewiesen! Die Verknüpfung von Krimi und Thriller-Elementen mit dem Mystery-Touch, angesiedelt in Hollywoods Traumwelt ist ein sehr schöner Einfall, der von Attila Futaki sehr passend umgesetzt wurde. Wie gut, dass das ZACK nicht immer nur auf eingefahrenen Pfaden wandelt, sondern Neuentdeckungen wie diese einbringt!
Und sonst?
Dazu kommen gleich mehrere Gag-Serien: Parker & Badger, Tizombi, Grott & Bott und StarFixion. Letzteres ist eine echte Bereicherung gegenüber den Vorläuferreihen! Die inhaltlichen Beiträge beleuchten das ZACK vor 50 Jahren, stellen Shunas Reise und die neue ZACK-Edition-Serie Rio vor und gehen auf das Jari-Michel-Vaillant-Crossover in ZACK-Spezial 10 (Rezensionen folgen) ein.
Glücklicherweise ändert sich im neuen Jahr nicht alles, das ZACK bleibt. Comix-online hat es gerade zur besten Magazin-Veröffentlichung des Jahres 2023 gekürt. Wenn es so weitermacht, wird es schwierig werden, es von diesem Platz zu verdrängen.
Dazu passen Chelsea (Be What You Want To Be) und ein Vielanker Winterbock.
Meine Jahresbestenliste und ein paar Worte zum Geleit
Dann wollen wir mal … Schon wieder ist ein Jahr vergangen. Vieles ist gleichgeblieben, München ist zum Beispiel zum elften Mal hintereinander Deutscher Meister geworden. Vieles hat sich aber auch geändert: das politische Klima ist rauer geworden, Emanzipation und Bekämpfung der Klimakrise sind nur noch Worthülsen, während zum Beispiel ein Tempolimit in weite Ferne gerückt ist.
Im Comic-Bereich durften wir dagegen einiges erleben: angefangen mit Magazin-Neustarts etwa bei Zauberstern oder mit dem neuen Independent-Blättchen Graphica über das 50jährige Jubiläum des ZACK bis hin zur erstmaligen Veröffentlichung frankobelgischer Klassiker in Deutschland!
Immer für euch unterwegs
Auch für comix-online gab es einen neuen Rekord: Erstmals waren es mehr als 100.000 direkte Zugriffe auf einzelne Artikel, also ohne die Startseite! Vielen Dank für dieses Vertrauen! Die Charts mit den am häufigsten aufgerufenen Seiten der letzten 30 Tage bzw. der „All-Time-Favourites“ zeigen durchaus Bewegung und lassen eure Präferenzen deutlich werden. Trotzdem freue ich mich über Kommentare oder Feedback, gerade auch bezüglich Informationen, die euch fehlen.
Die besten Comics
Grundsätzlich sind sich die meisten Seiten in diesem Jahr einig: Der neue Asterix, Die weiße Iris, ist seit Jahrzehnten der beste „neue Asterix“. Dem kann ich mich durchaus anschließen. Der neue Szenarist Fabcaro hat es geschafft, ein altbekanntes Thema (Die Römer versuchen das gallische Dorf von innen heraus zu zerstören) völlig neu zu inszenieren und dabei eines der modernen Streitthemen, Wokeness, satirisch zu erfassen. Die Zeichnungen von Conrad stehen für sich!
Offizielles Cover Asterix #40 Die Weiße Iris – (c) Egmont Ehapa Media GmbH Fotograf: LES ÉDITIONS ALBERT RENE
Platz 2 geht für mich an den ersten Band der neuen Reihe Wikinger im Nebel. Lupano und Ohazar haben mit ihrem sehr witzigen und teils schwarzen Humor das Sujet umgekrempelt und neben den Schlachtengemälden und Hägars Familienstrip eine eigenständige Welt aufgemacht, die filosofische Fragen stellt (Plündern ja, Kirchen abfackeln nein?) und Rollenbilder neu definiert!
Platz 3 geht an einen Altmeister: Francois Bourgeon hat mit Die Zeit der Blutkirschen 2 vermutlich sein letztes Werk vorgelegt. Es schließt den letzten Zyklus der Saga Reisende im Wind ab und endet während der Revolution. Diese Serie gilt nicht zu Unrecht als Startpunkt für die historizierenden Comics.
Knapp danach ein weiterer Titel aus dem Splitter-Verlag: Carbon und Silizium von Mathieu Bablet ist die Geschichte zweier KI, die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch beide verloren sind. Gerade im Zuge der Diskussionen um ChatGPT, Bard und Co ein wichtiger Ansatz, der auch grafisch überzeugt.
Auf Platz 5 folgt ein weiterer melancholischer Beitrag über künstliche Wesen: Rostige Herzen von dem Duo, dem fast alles gelingt, BeKa und Munuera, ist der Einstieg in eine neue Reihe, die böse Menschen und gute Roboter als Symbole für vieles, was bei uns nicht mehr stimmt, benutzt.
Die besten Graphic Novels
Was kein Comic ist und auch kein Strip, das muss wohl eine Graphic Novel sein … In diesem Sinne die Top 3!
Platz 1 geht mit einem Tusch an Ein unerwarteter Todesfall von Dominique Monféry. Toxische Männlichkeit im Hohen Norden zeigt brutale männliche Gewalt, die nicht immer nur unter Druck entsteht und eine trotz allem erfolgreiche Überlebensstrategie einer jungen Frau.
Ein deutscher Titel konnte sich an zweiter Stelle platzieren: Der Zeitraum von Lisa Frühbeis schildert die Ängste und Nöte einer zwangsläufig alleinerziehenden Frau. Zwar ist das Thema keinesfalls neu, die grafische Umsetzung ist jedoch vollkommen anders als gewohnt und vereinbart persönliche Betroffenheit und „Nicht-Kunst“ mit genialen Farbakzenten.
Knapp dahinter eine Biografie auf Platz 3: In Fritz Lang schildern Arnaud Delande und Èric Liberge die Lebensgeschichte des deutschen Regisseurs, seiner Auseinandersetzung mit dem aufkeimenden Faschismus und seine teils skandalösen Beziehungen.
Die besten Gesamtausgaben
Einer meiner Lieblinge unter den frankobelgischen Zeichner*innen war schon immer Pierre Seron. Umso mehr freut es mich, dass nun endlich auch seine poetischste Serie, Die Zentauren, erstmals komplett auf Deutsch erscheint! Es darf allerdings nicht verheimlicht werden, dass der Verfasser als Übersetzer des redaktionellen Teils beteiligt war.
Auch in diesem Jahr sind drei neue Bände der Marvel Comics Library bei Taschen erschienen. Die XXL-Bände haben rund 700 Seiten, sind mehrere Kilo schwer, und präsentieren im Coffee-Table-Format die bahnbrechenden ersten Ausgaben der Marvel-Klassiker, die etwas ganz Neues erschaffen hatten. Sorgfältige Reproduktionen erlauben einen 100%igen Genuss, der von sachkundigen Einführungen abgerundet wird! Ein stolzer, aber berechtigter Kaufpreis ist der einzige, kleine Wermutstropfen!
Der dritte Platz steht ein wenig stellvertretend für ein ganzes Albenprogramm: Georg F. W. Tempel, der Herausgeber von ZACK und ZACK-Edition, hat es sich zur Aufgabe gemacht, Perlen neu oder erstmals komplett auf Deutsch herauszugeben. Dazu zählen etwa Reihen wie Jari oder Alain Cardain. Preiswürdig ist aber die Reihe Bob Morane Classic, in der erstmals alle 19 Abenteuer von Dino Attanasio und Gerald Forton erscheinen werden!
Die besten Sekundärwerke
Es gibt kaum jemanden, der so gut lesbar so viele Informationen und Debattenbeiträge zwischen zwei Buchdeckel packen kann wie Dr. Alexander Braun. Dementsprechend führt er auch dieses Jahr wieder die Liste der besten Werke über Comics an: Staying West! ergänzt, was in seinem ersten Werk über Comics und den Wilden Westen außen vor bleiben musste, nimmt Stellung in der Debatte über Politische Korrektheit und grenzt Notwendiges von Übertriebenem ab und erzählt ganz nebenbei noch vieles über Italienische Westerncomics, Karl-May-Adaptionen und den Streit im Studio Vandersteen. Ein Muss!
Platz 2 gehört der Reddition, die Jahr für Jahr erscheint! Im Frühjahr hieß der Schwerpunkt Schweiz, das Winterheft war der neuen Generation der Spirou-Künstler gewidmet (Besprechung folgt!). Anregende Artikel, ausführliche Listen und meistens gute Einordnungen machen das Magazin ebenfalls zu einem Must-Have!
Platz drei geht an Burkhard Ihme und das ICOM Comic!-Jahrbuch. Ebenfalls Jahr um Jahr schafft es der Verein, nicht nur seine Preisträger*innen ausführlich darzustellen und zu Wort kommen zu lassen, sondern präsentiert Informationen, stößt Debatten an und macht Spaß!
Die besten Magazine
Vor mittlerweile über 50 Jahren ist die erste Ausgabe des ZACK erschienen. Die Namensgebende Zeit (Generation ZACK) endete dann aber doch und jahrelang war es düster; frankobelgische Magazine kamen und gingen. Seit 295 Ausgaben läuft aber das „neue ZACK“, das es mittlerweile auf mehr Ausgaben geschafft hat als das alte Koralle-ZACK. Jeden Monat ein bunter Querschnitt durch das frankobelgische Spektrum (und Angrenzendes) und erneuerte Klassiker wie Rick Master oder Michel Vaillant sind den ersten Platz in dieser Sparte wert!
Gleich dahinter kommen die Magazine des Zauberstern Verlages. Was mit dem Phantom begonnen hatte, hat mittlerweile durch Mikros, Flash Gordon, Van Helsing und Savage Dragon Verstärkung bekommen! Hut ab und weiterhin viel Erfolg!
Platz 3 ist dagegen ein Nachruf! Leider musste die Comixene mit der Nummer 146 ihr Erscheinen einstellen. Lesenswerte Informationen, streitbare Meinungen und tolle Illustrationen werden allerdings nicht ganz verschwinden, sondern sollen Alfonz ein wenig aufpeppen!
Und dann ist da noch …
… ein geglückter Relaunch! Das Universum um Spirou drohte unterzugehen. Jetzt allerdings ist die erste Folge eines Mehrteilers aus der Hauptserie erschienen (Der Tod von Spirou), die Spezial-Bände enthalten Variationen von unterschiedlichen Teams, dem Meister Franquin wird vielfältig gehuldigt, unter anderem mit einer Neuausgabe der Gesamtausgabe, und die Freunde von Spirou (Rezension folgt) bringen erneut die politische Dimension während des Zweiten Weltkrieges zurück! So kann man es machen!
Eure Lieblinge in 2023
Eure Charts, basierend auf den Abrufzahlen:
Platz 1 geht an Hägar und die Gesammelten Chroniken von 1973, gefolgt von dem ZACK-Spezial 7 und dem zweiten Bob Morane-Sonderband von Forton. Sehr knapp dahinter Mitton und Messalina 1/2.
Die weiteren Plätze: ZACK-Spezial 6 – Jari 1, Asterix – Die weiße Iris, Sammy & Jack Integral 3, Michel Vaillant Collector’s Edition 1, Michel Vaillant Legendes 1 (die NL-Ausggabe! Wenn man die deutsche Ausgabe dazu addiert, wäre das mit weitem Abstand die Höchstmarke!), Asterix – Im Reich der Mitte und Lakota von Serpieri.
Das erste ZACK (284) folgt auf Platz 12, der erste Sekundärtitel (Staying West!) auf Platz 32.